„Soll ich auf die schießen, damit Sie was zu filmen haben?“ – „Ach, okay, warum nicht.“

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Die Kriegsreporterin Kitty Logan war frustriert. Sie war nun schon eine Weile im Osten der Ukraine unterwegs gewesen, hatte aber statt Kämpfen bloß verlassene Haustiere filmen können. Endlich hatte sie Glück und fand eine Gruppe von separatistischen Kämpfern an der Front, ihre ukrainischen Gegner auf der anderen Seite eines offenes Feldes.

„Soll ich auf die schießen, damit Sie was zu filmen haben“, fragte sie der Kommandant. Die Fernsehjournalistin zögerte. „Wir müssen eh auf sie schießen, weil sie uns vorher beschossen haben“, fuhr der Mann fort. Der Redaktionsschluss nahte, und Kitty Logan dachte sich: „Ach, okay, warum nicht.“ So beschrieb sie es auf ihrer Facebookseite.


Screenshot via examiner.com

Eine gefühlte Ewigkeit habe sie daraufhin im Schützengraben im Kugelhagel verbracht. Innerhalb von einer Stunde war das totale Chaos ausgebrochen, beide Seiten beschossen sich mit Raketen und Mörsern und taten es noch, als sich das Kamerateam schließlich davon machte. „Von wegen Waffenstillstand“, notierte Kitty Logan auf Facebook. „Fühlte mich aber ein kleines bisschen schuldig.“

Aber sie hatte nun gutes Material für ihren Bericht und zeigte, mit Aufnahmen ganz nah an den Kämpfern, wie der Waffenstillstand gebrochen wird. Das Stück lief im Programm der Deutschen Welle.

Kitty Logan dachte, dass ihr Facebook-Eintrag privat sei, sichtbar nur für Freunde, die sie kennt. Aber er blieb es nicht, sorgte für Empörung und hatte Konsequenzen: Die ukrainischen Behörden entzogen ihr die Akkreditierung.

Auf Twitter notierte Logan „fürs Protokoll“: „Ich habe nie jemanden gebeten, irgendetwas anders zu schießen als Bilder, und würde das auch nicht tun.“

Bei der Deutschen Welle in Bonn betont man, dass Kitty Logan als erfahrene freie Reporterin seit vielen Jahren für den Sender aus Kriegsgebieten berichte. Der Ablauf an dem fraglichen Tag in der Nähe des Flughafens von Doneszk sei anders gewesen, als Logan es flapsig auf Facebook notierte: Der Kommandant habe ihr gesagt, man werde nun das Feuer auf die Regierungstruppen eröffnen, und ihr die Wahl gegeben, vorher das Gebiet zu verlassen oder die Kämpfe zu filmen. Das Team sei geblieben, auch weil der Schützengraben der sicherste Platz in der Umgebung war.

„Wir haben an der journalistischen Arbeit von Kitty Logan nichts auszusetzen und keine Zweifel an ihrer Integrität“, sagt Deutsche-Welle-Sprecher Christoph Jumpelt. „Ihr privater Facebook-Post ist allerdings sehr unglücklich formuliert. Sie hat sich dafür auch gegenüber der Regierung in Kiew entschuldigt. Mit keiner Silbe hat sie die Soldaten gebeten, das Feuer zu eröffnen.“

Bis die Situation mit den ukrainischen Behörden geklärt ist, will die Deutsche Welle die Reporterin nicht einsetzen.

[via stopfake.org]

72 Replies to “„Soll ich auf die schießen, damit Sie was zu filmen haben?“ – „Ach, okay, warum nicht.“”

  1. Sehe ich wie @1.
    Wenn die einzige Quelle für diese Geschichte sie selber ist, dann kann sie dass auch widerrufen bzw. präzisieren. Was wenn sie jetzt auf Facebook einen Eintrag macht, auf dem sie sagt wie es wirklich war?

  2. Da haben Leute wieder einen schönen Aufreger gefunden. Als ob besagter Kommandat den Beschuss von einer Reporterin abhängig gemacht hätte. Wenn die Szene so statt gefunden hat, war seine Frage vermutlich neckisch formuliert und offenbart nur eine erschreckend lapidare Haltung gegenüber Krieg als solchen. Kenny Logan scheint ihren Einfluss nicht zu überschätzen, sieht sich bestimmt nicht als Kriegstreiberin, auch wenn sie (der Wahrheit entsprechend) mit „Ja, bitte“ geantwortet hat. Die Entscheidung lag nie bei ihr und sie selbst mag ob der Erfüllung ihres „Wunsches“ selbst überrrascht worden sein. Dass sie es sich insgeheim gewünscht hat, somit ehrlich geantwortet, scheint nur verständlich, es ist ihr Job, dazu ist sie dort. Sieht es als Anekdote.

  3. Der private Post und die Stellungnahme der DW widersprechen sich ja nicht einmal.

    Für mich klingt das bei beiden Seiten so, als wenn die Kämpfer der Reporterin zuliebe schlicht früher als geplant geschossen haben, damit sie ihre Story und Bilder bekommt.

    Hier könnte man höchstens mit der Moral argumentieren, aber als Kriegsreporter ist man für solche Bilder dort.

  4. Die eigentliche Story hier ist, dass eine „erfahrene“ Reporterin der Ansicht ist, Dinge die sie ins Internet schreibt seien privat. So nach dem Motto: „Alt+Druck – was ist das überhaupt?“

    Die Story danach ist, dass wir alle geltungssüchtig sind und das Facebooks Geschäftsmodell ist. Irgendwie möchte man ja auch mal vor den eigenen Freunden angeben. Womit wir beim zweiten Lehrstück sind: „Freunde“ auf Facebook sind keine Freunde, womit wir wieder bei Punkt 1 wären.

    Vielleicht ruft Brian Williams sie ja mal an und erklärt ihr, warum das alles so nicht geht…

    Ich hab Mitleid mit ihr, klingt für mich wie die Story um Justine Sacco…

  5. Karl Kraus, Die letzten Tage der Menschheit, 2. Akt, 7. Szene

    Bei der Batterie. Die Schalek nähert sich.

    Die Schalek: Was is das für eine Stellung? Das soll eine Stellung sein? Ich hab schon bessere Stellungen gesehn!

    Der Offizier: Bitte Nachsicht zu haben – in der kurzen Zeit –

    Die Schalek: Sie, Herr Oberleutnant, wissen Sie was, ich möcht bißl schießen.

    Der Offizier: Von Herzen gern Fräulein, aber das is momentan leider unmöglich, weil es den Feind aufregen könnte. jetzt is grad eine Gefechtspause und wir sind froh –

    Die Schalek: Aber bitt Sie machen Sie keine Geschichten also der Kurat darf und ich darf nicht? – wenn ich schon eigens herausgekommen bin – wie Sie wissen, schildere ich nur aus dem persönlichen Erleben – bedenken Sie, daß ich die Schilderung unbedingt vervollständigen muß – es is doch für Sonntag!

    Der Offizier: Ja – also – eine Verantwortung kann ich nicht übernehmen –

    Die Schalek: Aber ich! Geben Sie her. Also wie schießt man?

    Der Offizier: So –

    (Die Schalek schießt. Der Feind erwidert.)

    Der Offizier: Also da ham mrs!

    Die Schalek: Was wollen Sie haben? Das is doch intressant!

  6. „Kriegsreporter“ sind nicht für solche Bilder da, sondern dafür zu filmen, fotografieren, „schießen“ was passiert.
    Und wenn nichts passiert, dann ist das eben (glücklicherweise) so.
    Und so ein Facebook-Post wird umso peinlicher (und entlarvender?), wenn sie gedacht hat das wäre privat.
    Das öffentliche zurückrudern zeigt doch nur, dass ein für die Allgemeinheit bestimmtes Posting wahrscheinlich anders ausgesehen hätte, und das lässt an der Objektivität (soweit so etwas überhaupt möglich ist) der gesamten Berichterstattung zweifeln.

  7. Ist beides problematisch: Die Frage des Soldaten hätte sie mit „Das dürfen Sie nicht von uns abhängig machen“ beantworten müssen. Und sie hätte, sollte sie jetzt die Wahrheit sagen, nicht aus Profilierungsgründen an der Wahrheit schrauben dürfen. Das eine ist Berufsethos, das andere eine Charakterfrage…

    Übrigens: TV-ReporterInnen arbeiten selten allein. Sollte sie eingewilligt haben, dass ab jetzt für’s Bild geschossen wird, weiß ihr Kamerateam das. Und die kennen andere Kamerateams. Sowas spricht sich rum.

    Die Arbeit in solchen Regionen und Koflikten stumpft ab. Das ist in gewissem Maße gut, vor allem für die eigene Seele. Man sollte das aber nicht zu lange machen – auch, weil dann irgendwann die Gewöhnung dazu führt, dass tatsächlich der Redaktionsschluss wichtiger ist als die Tatsache, dass Krieg herrscht, und im Gegensatz zu einem selbst viele andere bald wieder weg und nicht zum Arbeiten hier sind.

  8. Puh… da haben wir aber nochmal Schwein gehabt, daß die Dame nur ein paar Separatisten besucht hat… und nicht Putin…

  9. @5 @11 – einmal Muriels Punkt – und dann mag ich dieses Bashing auf Einzelpersonen nicht. Sicherlich hätte man da anders drauf reagieren können, aber die Frage ist, ob das was sie geschrieben hat die ganze Geschichte ist oder nur ein Teil der subjektiven Empfindungen, denen sie anschließend ausgesetzt war. Offensichtlich hatte sie in dem ganzen Geschehen eine aktivere Rolle, als das normalerweise der Fall sein sollte, aber wie gesagt…erstens Einzelbashing, zweitens lernt sie hoffentlich etwas dazu (ohne dass der Internetmob sie zum Selbstmord führt, weil der Internetmob sie arbeitslos macht…)

  10. @Dennis: „Einzelbashing“? Wenn man aufschreibt, warum eine freie Reporterin der Deutschen Welle ihre Akkreditierung in der Ukraine verlor und vorerst nicht mehr für den Sender arbeitet, ist das „Einzelbashing“? (Es ist auch, wenn ich das richtig sehe, nicht der „Internetmob“, der sie arbeitslos macht, wenn überhaupt, sondern die ukrainische Regierung aufgrund ihres eigenen Facebook-Eintrags.)

  11. Ihr arrogant-zynischer Ton den sie hier privat an den Tag legt passt natuerlich hervorragend zu ihrer ’neutralen‘ Rolle als Journalistin. Nicht, dass ich glaube, dass JournalistInnen neutral wären, aber es gibt natuerlich interessante Einblicke in den journalistisch-industriellen Komplex der Kriegsberichterstattung wo natuerlich in gefuehlt jedem 1-minuetigen Einspieler immer jemand ballert. Urlaub machen, schönen Essay ueber die Medienindustrie schreiben und dann eine neue Krise begleiten…

  12. Dass man als Kriegsreporter irgendwann abstumpft, kann ich mir ja vorstellen. Aber wer sowas schreibt, sollte dringend mal Abstand nehmen und sich reflektieren. Das Verständnis, das einige hier für die Dame aufbringen, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

  13. Absolut daneben die Dame! Es gibt zig analoge Fälle, der berühmteste ist das Foto in Vietnam wo die Kugel durch den Kopf jagt. Das Foto ist ein Standbild eine Kamera, die das ganze gefilmt hat. Den Film kennt kaum jemand. Auch hier war die Präsenz der Reporter Auslöser! Man sass in einer Kneipe am Strassenrand und interviewte einen Offizier. Der sah einen Gefangenen auf sich zu kommen und sagte zum Team:“ soll ich Euch mal zeigen wie man mit Vietcong umzugehen hat“? Stand auf und lief Richtung Gefangener, das Team schön dabei. Dann der Kopfschuss…

  14. Gab es da nicht auch diesen russischen Schauspieler Michail Poretschenkow, der mit einem „Press“ Abzeichen mal kurz das Maschinengewehr von den Donezker „Separatisten“ bekam und auf Ukrainer schoss, gefilmt von russischen Medien ? Ohne Anwesenheit von Medienvertretern wäre auch das wohl eher nicht passiert.
    http://de.euromaidanpress.com/2014/11/02/cpj-russischer-schauspieler-fur-das-tragen-von-presseinsignien-und-abfeuern-von-waffen-scharf-kritisiert/

  15. Jetzt mal von der Frage abgesehen, ob der Kommandant den Angriff wirklich von der Antwort der Reporterin abgemacht hat (einen gewissen Zynismus darf man ihm wohl auch unterstellen), derartig flapsig darüber zu schreiben, sollte schon geahndet werden.
    Auch, wenn sich herausstellt, dass das alles anders war.

    In der Physik gibt es Phänomene, wo die Art der Messung das Ergebnis beeinflusst. Im Journalismus ist es z.T. wohl ähnlich: der Beobachter beeinflusst das Beobachtete.

  16. Die Organisation stopfake.org ist sicherlich eine eigene Recherche und Geschichte wert. Aber vielleicht bin ich einfach zu skeptisch geworden.

  17. @Stefan Niggemeier: Nur für den Fall, dass du meinen Kommentar nicht einfach absichtlich ignoriert hast: Ich würde mich total über deine Meinung freuen. Die Die Frage war ganz aufrichtig und nicht bloß rhetorisch gemeint.

  18. @19 Dr.Klusenbreuker,
    wenn Sie den Kopfschuss in der Straße in Saigon meinen, dann stimmt ihre Widergabe nicht, meiner Meinung nach. Ich kenne die Geschicht auch nur so, wie auf wikipedia beschrieben
    https://de.wikipedia.org/wiki/Nguy%E1%BB%85n_Ng%E1%BB%8Dc_Loan

    Während der Tet-Offensive wurde der Vietcong festgenommen und für einen Anschlag verantwortlich gemacht und ohne Gerichtsverhandlung einfach auf der Straße vom Polizeichef erschossen. Aber das wurde nicht gemacht, um den Reportern etwas zu bweisen. Die waren einfach da, weil zu der Zeit eine hohe Mediendichte in Saigon herrschte.

    Zu dem Fall:
    Es war falsch von ihr zu sagen: „Ok, why not?“
    Aber ich denke, das hat sie gar nicht wörtlich so gesagt, entsprach aber wohl ihrer inneren Einstellung und ist doch nah an der Haltung, das ein Reporter neutral sein soll. Sie hätte natürlich sagen sollen: „Das ist ihre Entscheidung, Soldat!“

    Ob sie dadurch unglaubwürdig wird? Nein, das glaube ich nicht.. Im Gegenteil, es zeigt, dass sie nah dran war und auch die Absurdität des Kriegs zeigt: Es war zu dem Zeitpunkt gar kein Gefecht und man wollte nur zurückschießen, weil die anderen irgendwann früher am Tag auch mal geschossen hatten.

    Krieg ist Schrott!

  19. @Muriel: Ich sehe das wie Nicole (#13).

    Ich habe keine Erfahrung, wie das ist als Kriegsreporter, und ich kann den Stress nur erahnen, unter dem man da steht. Ich kann mir schon vorstellen, dass man in der Ausnahmesituation eine besondere Art von Zynismus entwickelt. Trotzdem kann ich mir dann nicht vorstellen, dass man, wenn man so integer ist, wie die DW behauptet, einfach mal flapsig hinschreibt: Ups, bin womöglich nicht ganz unschuldig an einem größeren Feuergefecht heute. Auch nicht vermeintlich privat, aber immerhin auf Facebook. (Schon gar nicht, wenn es dann wiederum angeblich gar nicht so war.)

  20. Leider bestätigt dies meine Vermutung, dass heuer etliche Journalisten (sicher nicht alle) alles andere als unparteiisch sind und es mit der journalistischen Aufklärungspflicht und ähnlichen Tugenden nicht genau nehmen. So konnte sie doch wunderschön berichten wie die pösen Separatisten die Waffenruhe gebrochen haben. Journalisten Berichten anscheinend gemäß eines Narrativs den Ihre Arbeitgeber, Interessenverbände oder ähnliche Gruppen verfolgen. Ergo: Der aufrechte Journalismus, die vierte Gewalt schafft sich scheibchenweise ab, egal ob in Sachen Ukraine oder Syrien oder…

  21. 26, Designieure:
    Erstens ist mir nicht klar, wieso der Fall einer einzelnen Journalistin Ihre Vermutung bestätigen soll, dass „etliche“ Journalisten alles andere als unparteiisch seien, zweitens geht aus dem Text von SN an keiner Stelle hervor, dass sie berichtet hätte, dass die „pösen Separatisten“ die Waffenruhe gebrochen hätten.

  22. Ursprünglich war es mal so, dass KriegsreporterInnen von stattfindenen Kämpfen berichtet haben. Jetzt scheint es so zu sein, dass Kämpfe stattfinden, damit KriegsreporterInnen was zu berichten haben. Mag es auch hier „nur“ um eine Verschiebung des zeitlichen Ablaufs gegangen sein, so bleibt das Ganze doch zum Erbrechen zynisch. Zumal es sich mit Sicherheit nicht um einen Einzelfall handelt, unbenommen der Unterschiede in den Details. Der Brennpunkt-Schulhof im Kleinen, das Kriegsgebiet im Großen.

    Auch Nachrichten und Berichte sind zu einer Industrie geworden, in der pünktlich geliefert werden muss – eine komplette Umkehrung des Prinzips. Man kann sich nur noch fürchten.

  23. Ich stimme zu, dass der Eintrag möglicherweise auf einen Mangel an Distanz und/oder Ethos hindeutet, mindestens aber auf eine Überforderung mit der Situation vor Ort und dem persönlichen Umgang damit.

    Der Fall erinnert aber eben auch daran, dass die Vorstellung des „neutralen Beobachters“ (überhaupt: Sollten Berichterstatter nicht eher nach „Objektivität“ streben als nach „Neutralität“? Scheint mir ein ziemlich großer Unterschied) im Krieg hochproblematisch ist, und zwar wahrscheinlich auch dann, wenn gerade keiner der Berichterstatter unangemessene Facebook-Einträge über seine Arbeit veröffentlicht.

    Das heißt nicht, dass einzelne Personen nicht die Verantwortung für ihr Handeln – sei’s in der Situation, sei’s bei der Berichterstattung danach – tragen. Es heißt aber auch, dass eine grundsätzliche Debatte über Kriegsberichterstattung notwendig ist.

    Zumal derartige Erkenntnisse ja nicht neu sind.

    Wir haben’s leider noch immer nicht geschafft, die Problematik der Berichterstattung routinemäßig zu thematisieren und offen damit umzugehen. Wäre diese routinierte, transparente Selbstreflexion Standard und gäbe der Öffentlichkeit mehr Kontext der journalistischen Arbeit an die Hand, dann wäre sicher auch ein gelassenerer Umgang mit den Fehltritten möglich.

    Stattdessen vermitteln die Medien größtenteils immer noch den Anspruch, „die Wahrheit“ berichten zu wollen, was schon für sich genommen eine Irreführung des Publikums ist.

  24. Journalisten die in Krisenregionen arbeiten, langweilen sich die meiste Zeit. Wenn man/frau Pech hat passiert tagelang gar nichts, vor allem wenn es sich um bewaffnete Konflikte handelt. Zugang zu Regionen zu bekommen, in denen Kampfhandlungen stattfinden ist darüber hinaus mit einem hohen organisatorisch / logistischen Aufwand verbunden. Da möchten die Kollegen dann vermutlich auch nicht mit leeren Händen zurück kommen. Man lese dazu auch beispielsweise nochmal den letzten veröffentlichten Text von Volker Handloik aus Afghanistan, der posthum erschien und in dem er von solch einem ähnlichen Fall berichtet.

  25. Bin mir nicht sicher, was ich beängstigender finde: Das Verhalten der Reporterin oder das Verständnis für ihr Verhalten.

  26. Ich verstehe nicht so recht, WAS an der Geschichte das eigentlich Kritische ist?

    Dass sie das „Angebot“ des Kommandanten angenommen hat oder dass sie die Geschichte auf Facebook erzählt hat?

    Während des letzten Irakkrieges war es für die Presse eine besondere Auszeichnung, wenn man als „Embedded Journalist“ hautnah dabei sein durfte – da waren die seriösesten Medien vertreten und haben sich geiernd in die Situation geworfen. Haben dort die Soldaten für die anwesenden Medien etwa nicht für „spektakuläre Bilder“ gesorgt? Als Kriegsreporter ist man da, um genau solche Bilder nach Hause zu liefern. Wenn man das nicht möchte, läuft man eben durch die Städte und spricht mit den Menschen.

    Dass die Dame die Entstehung so einer Situation mal erzählt und auch ihre eigene Haltung hinterfragt, ist doch positiv interessant. Dies hätte sie aber auch bewusst öffentlich machen können. Das würde ich mir von Journalisten in ähnlichen Situationen auch mal wünschen.

  27. @SN
    Ich finde hier auch die unreflektierte Benutzung von Facebook die eigentliche Nachricht, zusammen mit der folgenden reflexhaften Empörung. Zu den Vorgängen ist nur zu sagen: nichts genaues weiß man nicht. Die einzige Quelle ist eine recht flapsig erzählte Anekdote unter Freunden. Dass sich das nicht genau so zugetragen hat, könnte man eigentlich annehmen (Stichwort: Seemannsgarn). Es ist auch ein Unterschied, ob ein Profi für das Publikum kommuniziert und dabei auf Objektivität achten muss, oder seine privaten Eindrücke schildert und dabei seine eigene Rolle thematisiert (Ausnahme: Ronzheimer). Dabei ist es schon interessant, dass sie das privat etwas anders erlebt hat als im Bericht, aber dass deshalb ihre Karriere zerstört wird, ist ein Symptom des Aufregungsmaschienerie Internet. Die Anwesenheit von Reporten verändert immer das Geschehen, gerade im Krieg und wenn sie embedded sind. Aber geschossen haben immer noch die Soldaten und zwar um die Gegenseite zu töten, nicht um ins Fernsehen zu kommen (sehe ich zumindest so).

  28. Zu Objektivität vs. Neutralität: ich denke, mit „Neutralität“ ist gemeint, dass man bei der Berichterstattung sich _nicht_ mit einer Partei gemein macht. Ist sicher nicht ganz einfach, wenn man von der einen Partei vor der anderen beschützt wird.
    Und „Objektivität“ heißt, dass man die Dinge so berichtet, wie sie sind, weder verharmlost noch aufbauscht. Ist ein relativ großer Überschneidungsbereich.

    Und im konkreten Fall ist es eigentlich egal – selbst wenn sie so gedankenlos war, flapsigerweise zu sagen: „Ok, macht mal!“ (wie gesagt, bis zu der Stelle könnte man ihr zugute halten, das nicht ernst genommen zu haben) und danach, wenn sie eigentlich zu der Erkenntnis hätte gekommen sein können, dass diese Flapsigkeit unangemessen war, wiederholt sie sie einfach.

    Das ist, wenn überhaupt, „zu viel“ Objektivität und Neutralität. Das ist Gleichgültigkeit.

    Wobei ich mich jetzt frage, ob ich auch zu gleichgültig bin, weil nicht empörter, oder ob das daran liegt, dass meine Klischees und Vorurteile über Kriege und Kriegsberichterstattung so glänzend bedient wurden.

  29. @34 HH
    „aber dass deshalb ihre Karriere zerstört wird“

    Das hört man in letztes Zeit häufiger. „Der arme Porsche-Azubi fordert auf Facebook, kleinen Flüchtlingsmädchen mit dem Flammenwerfer zu begegnen und schon wird vom Mob seine Karriere/sein Leben zerstört“.

    Sie darf noch als Journalistin arbeiten. Aber nach einem Fehlverhalten (und da ist wohl eher das Posting auf FB gemeint als die ursprüngliche Situation) hat sie die Akkreditierung für eine bestimmte Krisenregion verloren. Das ist nun wirklich keine ungewöhnliche Härte in meinen Augen.

  30. Zu dieser Thematik möchte ich zum wiederholten Mal an etwas Ausführlicheres erinnern:
    Wer ein wenig Zeit hat, kann sich in folgender ZDF-Doku umfassender über die bisherigen Rollen unterschiedlicher Medien im Kriegsfall informieren.

    http://bit.ly/1lGQQku

    „Diese Art der „Gehirnwäsche mit Tradition“ hat der amerikanische Wissenschaftler Norman Solomon erforscht, und die beiden Dokumentarfilmer Loretta Alper und Jeremy Earp haben dies in einem wunderbar eindrucksvollen Film erzählt.“
    „Am Ende schaffen wir es, das Bombardieren von Menschen wie einen Akt der Nächstenliebe aussehen zu lassen…“

  31. @ 37 Thomas
    Ja, die Reaktion der Ukraine ist auch verständlich. Aber das Rad dreht sich ja weiter, mit Druck auf WDR, der sie jetzt eventuell nicht mehr beschäftigt etc.

  32. Kurze Anmerkung (ohne inhaltliche Bewertung):
    Ich finde die Überschrift irreführend. Die Überschrift suggeriert, dass nur geschossen wurde um Filmmaterial zu produzieren. Das entspricht allerdings nicht ganz dem Inhalt der im Artikel beschrieben wird.

  33. @43: Natürlich wird in Kriegen oder sonstigen bewaffneten Konflikten auch geschossen, wenn keine Journalisten dabei sind. Das sollte derartig klar sein, dass ein Zitat eines Dialoges noch lange nicht das Gegenteil nahelegt. Oder nahmen Sie jetzt ernsthaft an, dass die ausschließlich für die Kameras aufeinander schießen?

    Technisch gesehen (Disklaimer wie vor und so) war Sinn der Frage: „Soll ich jetzt schießen oder später irgendwann?“ und dann hieß die Antwort: „Wenn ich es mir aussuchen kann, dann jetzt.“

  34. „Wir müssen eh auf sie schießen, weil sie uns vorher beschossen haben“, sagte einer der Separatisten zu Kitty Logan. So wie sie es auch wiedergegeben hat.

    „Mit keiner Silbe hat sie die Soldaten gebeten, das Feuer zu eröffnen.“, sagt der Deutsche-Welle-Sprecher.

    Ja wie nun? Laut Kitty Logan hat die ukrainische Armee das Feuer eröffnet und die Separatisten dieses erwidert. Laut dem Sprecher der Deutschen Welle eröffneten aber die Separatisten das Feuer. Wem soll man denn jetzt glauben? Ich glaube da keinem mehr.

  35. Es gibt einen Waffenstillstand. Ein Kommandant erzählt Logan, dieser wäre bereits von der anderen Seite gebrochen worden, und deswegen wäre ein Vergeltungszurücschießen angesagt, und wenn sie möchte, könne man das ein bißchen vorziehen. Und Logan, die erfahrene Kriegsreporterin, glaubt ihm das alles nicht nur blind, sondern ist auch noch gern dabei.
    Dann versucht sie sich rauszuwieseln, und ihr Arbeitgeber will einfach mal Gras über die Sache wachsen lassen, und bei Stefan-Niggemeier.de gibts Leute, die ..äh…irgendwie das Problem nicht sehen, und diese Empörungskultur ist ja sowieso nur peinlich und überhaupt. Ganz große Klasse.

  36. @Mycroft, 43

    Tut mir leid, aber ich werde aus Ihrem Kommentar nicht ganz schlau, was wollen Sie sagen?

    Wie Herr Konz richtig festgestellt hat, suggeriert die Überschrift etwas anderes, als im Artikel steht. Der Herr Steil, seines Zeichens Chef von Focus-Online, wäre sicher stolz auf so eine irreführende aber klickgenerierende Headline!
    Vielleicht war es aber auch ironische Absicht, die aber im Netz in der Regel nicht funktioniert.

  37. @JS: Aber das ist doch eine Frage, die in solchen Situationen nie eindeutig zu erklären ist. Haben die Regierungstruppen am Vormittag „angefangen“ und die Separatisten am Nachmittag bloß darauf „geantwortet“? Oder muss man, weil es zwischendurch ruhig war, neu zählen und die Separatisten haben dann wieder „angefangen“?

    @Roman Konz: Die Überschrift ist doch nur das Zitat aus dem Facebook-Eintrag von Frau Logan. Natürlich ist das nicht die ganze Geschichte, aber schon der Kern ihrer eigenen Facebook-Darstellung.

  38. @SN(47): Ich empfinde die Verkürzung als Entstellung. Es ist für mich nah am Kern, aber doch so daneben, dass sie das Verhalten in ein deutlich (noch) schlechteres Licht rückt.

  39. #47 sehe ich auch genauso. Der eine oder andere verständnisvolle Kommentator sollte mal versuchen, sich in die konkrete Situation hineinzudenken: ist es denn egal, wer da womöglich auf der „anderen Seite“ zu Schaden kommt, wenn so ein angeblich geplantes Zurückschiessen „vorgezogen“ wird, was auch immer damit eigentlich gemeint sein könnte. Ich selbest bin von Kämpern der Nordallianz auf einem exponierten Berghügel nahe HodschaBauDin seinerzeit im Kampf gegen die Taliban im Jahr 2000 gefragt worden, ob sie für mich mal ein paar Granaten abfeuern sollten. Und obwohl gewiss kein Freund der Taliban habe ich das kategorisch abgelehnt, einfach aus dem Grund, weil ich als Journalist nicht für den Tod irgendeines Menschen verantwortlich sein möchte, nur um ein paar Bilder zu haben.
    Wenige Tage später waren andere Journalisten an gleicher Stelle und die sind mit Sicherheit auch gefragt worden – die hatten dem Vorschlag offensichtlich zugestimmt und gerieten unter massiven Gegenbeschuss ( Volker Handloik, der später mit dem gleichen Übersetzern gearbeitet hatte, und ein knappes Jahr danach von diesen die Geschichte hörte, hat das beschrieben, vgl. #31 )
    Von dem „Rückbeschuss“ berichtete der betroffene Journalist nach seiner Rückkehr auch bei Lesungen; aber als Heldenstory. Die Vorgeschichte ließ er weg.

  40. So wie ich die Sache interpretiere, hatte die Journalistin keinen echten Einfluss auf das Geschehen. Durch das Verhalten des Kommandanten hat sie aber den Eindruck gewonnen, sie hätte eine Entscheidung (mit) getroffen. Um das zu verarbeiten hat sie es bei Facebook gepostet. War sicherlich der falsche Ort. Dennoch für mich keine große Sache.

  41. … und ist doch nah an der Haltung, das ein Reporter neutral sein soll. Sie hätte natürlich sagen sollen: „Das ist ihre Entscheidung, Soldat!“ (civichief #24)

    Ach ja, die vielgerühmte Parteilosigkeit des Journalisten.
    Warum sollte man eine déformation professionnelle zum Ethos verklären? Was Journalismus von Propaganda unterscheidet, ist nicht, dass er sein Publikum zu keiner Haltung überzeugen wollen darf, sondern dass er auf die Mittel der Auslassung und Lüge verzichtet.

    Die Journalistin hätte die Frage des Kommandanten durchaus verneinen können, und wenn es deshalb an diesem Tag zu keinem Gefecht gekommen wäre, so hätte sie sich, ohne es zu täuschen, zu recht von ihrem Publikum feiern lassen können, weil sie zu einer friedlicheren Welt beigetragen hat.

  42. na jetzt, da die böse dame und kriegstreiberin nicht mehr dabei ist, bricht ja dann umgehend die waffenruhe aus. vielleicht wäre das eine strategie, derer sich die OSZE annehmen könnte. aufenthalts- und berichtsverbot für alle art von journalisten. dann fragt auch kein kommandeur mehr, ob’s jetzt a bissl schießen geben soll.

  43. Das zeigt mal wieder, dass heutzutage jeder glaubt, alles mögliche bei Facebook posten zu müssen. Warum muss ich denn meinen Freunden öffentlich mitteilen, dass ich mich in dieser Situation so verhalten habe? Klingt für mich ein bisschen nach Prahlen…

  44. Also ganz ehrlich, ich find den Eintrag überhaupt nicht problematisch. Ich würde ihn auch dann nicht problematisch finden, wenn er absichtlich öffentlich gepostet worden wäre.

    Ich meine, wie hier schon so viele Leute gesagt haben: Die Entscheidung war mit Sicherheit nicht wirklich von der Reporterin abhängig.
    Es steht ja sogar wörtlich in ihrem Post: Noch bevor sie geantwortet hat, wurde ihr gesagt, dass sowieso geschossen werden „muss“.

    Allein anhand dessen, was im kritisierten Post wirklich drin steht, kann man höchstens vermuten (eindeutig ist auch das nicht), dass der Angriff ein bisschen früher erfolgt ist, damit sie das Ganze filmen kann. Aber auch in diesem Fall bin ich der Meinung, dass ihre Reaktion absolut richtig war:

    Wenn man mal die Möglichkeiten, wie die Frage gemeint war, auf das reduziert, was wirklich realistisch ist, ist eigentlich klar, dass ihr eigentlich nur angeboten wurde, sie in ihrer Arbeite ein wenig zu unterstützen, indem man ihr die Möglichkeit gibt, etwas zu filmen, was völlig unabhängig von ihr sowieso passiert wäre und was noch viel wichtiger ist: etwas, das zu filmen ihr Job ist, wegen dem sie da überhaupt hingekommen ist!

    Anders gesagt; Egal, wie die Frage formuliert war, die eigentliche Bedeutung war offensichtlich „Möchtet ihr den Angriff, den wir gleich starten, gerne filmen?“ und darauf etwas anderes als ja zu antworten, wäre mmn ziemlich unprofessionell von ihr gewesen.

    Ich glaube auch, dass ihr Kommentar, dass sie ein bisschen ein schlechtes Gewissen habe, nicht einmal wirklich darauf bezogen gewesen sein muss. Sie könnte auch gemeint haben, dass sie ein schlechtes Gewissen hat, weil sie sich eine Gelegenheit gewünscht hat, etwas produktives im Sinne ihres Jobs zu machen, was nunmal bei einer Kriegsreporterin praktisch bedeutet, dass sie sich „gewünscht aht, dass Menschen sterben“.

    Daran, diese „Anekdote“ zu erzählen und auch am Ton, in dem sie das gemacht hat, finde ich absolut nichts falsches, im Gegenteil: Ich finde, so eine Geschichte gibt demjenigen, der sie liest, einen ganz anderen Einblick darin, was da eigentlich an der Front los ist und in welcher Situation die Menschen dort sich befinden.

    Das heißt nicht, dass ich es nicht schockierend finde, so etwas zu lesen, aber mich schockiert dann doch viel eher die Vorstellung des Kommandanten, der so abgestumpft ist, dass er eine solche Frage stellt (und sich wahrscheinlich gar nichts mehr dabei denkt).
    Wenn ich das lese, stelle ich mir einen Menschen vor, der vom Krieg so abgestumpft ist, dass die Möglichkeit, einer Reporterin dabei zu helfen, gutes Filmmaterial zu kriegen, für ihn das Highlight des Tages oder sogar der Woche / des Monats ist, weil er so zumindest mal eine Sache tun konnte, die nicht nur zerstört, sondern dazu beiträgt, etwas von wert (das Filmmaterial) zu produzieren. Dass diese Hilfe darin besteht, etwas zu zerstören, ist nicht einmal relevant, weil das ja sowieso das ist, was er die ganze Zeit tut.

    Aus meiner Sicht ist das ein sehr mächtiges Bild und wahrscheinlich ist das entstandene Filmmaterial nicht halb so informativ wie der eigentlich gar nicht für die Öffentlichkeit gedachte Facebook-Eintrag.

    Am erschreckendsten daran finde ich aber, wie viele Leute so etwas lesen und es dabei schaffen, das eigentlich relevante daran komplett zu übersehen, um dann zu dem Schluss zu gelangen, dass die Reporterin eine schlechte Person sein muss, weil als Kriegsreporterin(!) nicht gesagt hat „Ne, macht das mit dem Schießen lieber wenn wir weg sind, damit will ich nichts zu tun haben“ …

    Für mich hat das Ganze so etwas von „wasch mich, aber mach mich nicht nass“: Man möchte gerne über den Krieg informiert werden, aber wenn jemand es wagt, dabei nicht die gewohnte „journalistische Distanz“ (die ein Kriegsreporter vermutlich selbst so nicht haben kann, wenn er das Ganze hautnah miterlebt) zu bewahren und den Leser/Zuschauer damit an die unerfreuliche Tatsache denken lässt, dass diejenigen, die sich da umbringen, ganz echte Menschen sind und nicht nur „Fernsehmenschen“ bei denen man sich daran gewöhnt hat , sie emotional nicht an sich heran zu lassen, sucht man sich schnell etwas an der Geschichte raus, das man zu Ungunsten des Reporters auslegen kann und regt sich darüber auf, wie unprofessionell der Reporter doch ist. Sich über einen unprofessionellen Reporter aufzuregen, ist nämlich sehr viel angenehmer, als sich vorzustellen, was in den Menschen vorgehen muss, die sich in der Ukranie gerade gegenseitig umbringen…

    Zugegebenermaßen ist vieles, was ich mir dabei denke, reine Spekulation meinerseits, aber es ist auch nicht mehr aus der Luft gegriffen, als die Idee, dass nur das zögerliche „ja“ einer Kriegsreporterin den Frieden an dieser Front verihindert hat!

  45. Im Glauben ihr Post auf FB sei privat ,hat sie die Sache glaube ich etwas „ausgeschmückt“. Wer hat Geschehnisse nicht schon mal zu seinem Vorteil etwas dramatischer dargestellt…?
    Ihre angebliche Antwort „ach okay“ halte ich genauso für übertrieben dargestellt wie die Frage des Kommandanten, ob sie quasi den Schießbefehl geben will. Sie wollte sich auf FB wahrscheinlich wichtiger machen als sie ist

  46. @55: Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass eine Kriegskorrespondentin es nötig hat, irgendetwas auszuschmücken, um sich wichtig zu machen…

    Allerdings gibt es genug andere Gründe, Erlebnisse ein wenig abzuändern, wenn man von ihnen erzählt: sei es, um das Gefühl besser zu vermitteln, dass man dabei hatte, oder auch einfach nur ein Stilmittel, um eine bessere Geschichte zu erzählen.
    Man darf dabei halt auch nicht vergessen, dass die Nachricht eigentlich an einen geschlossenen Personenkreis gerichtet war, der ihn vielleicht ganz anders verstanden hat…

  47. @civichief

    Sie irren, ich habe den GANZEN Film gesehen: der Todesschütze sass an einem Tisch in einer Strassenkneipe die 2 Reporter ihm gegenüber. Er gab ein Interview. Da sah er ihm entgegenkommend den Gefangenen. Die Reporter sahen ihn nicht. Er sagte so etwa: „wollen Sie wissen wie man mit den Vietcong umzugehen hat“? Stand auf und die beiden mit laufender Kamera hinterher!
    Man muss Reportern beibringen, ab wann sie die Kamera aus machen. Es gibt zig solcher Filme, bei denen man sich wegdrehen sollte und das Filmen demonstrativ einstellen sollte. Ich habe ca. 5 davon gesehen. Man könnte sogar sagen:“ Manchmal wäre nichts passiert, wenn KEINE Kamera dabei gewesen wäre“.

  48. @57 Dr. Klusenbreuker

    Wenn das so ist, liegen sie richtig.
    Ich habe den Film nicht gesehen, kenne nur das Foto und die Erzählungen und Berichte.

    Ich schaue keine Filme freiwillig, in denen Menschen getötet oder misshandelt werden. Ich muss mich auf Berichte verlassen.

    Da sind sie mir im Vorteil.

  49. @Malvar:

    Ich finde das in mehrfacher Hinsicht problematisch und weiss, dass fanatische Krieger es lieben, sich vor Publikum produzieren zu können. Für uns ist das natürlich schön weit weg, solange auf, meinetwegen Krasnocirpschki geschossen wird nehmen wir das hier natürlich leichter mal locker, etwas anders sähe das schon aus, wenn es um ein paar Raketen auf Wetzlar ginge..

    Trotzdem mag ich das nicht zu leichtfertig dämonisieren. Isch ned sooo leicht.

    Vielleicht hat hier jemand seinen Hemingway im Bürgerkrieg auswendig parat? Würde mich nicht wundern, wenn der mal eine ähnliche Situation geschildert hat. Vielleicht kann ja jemand die Dame mithilfe einer Parallele in eine glanzvolle Tradition stellen?

    Dass so ein Kriegsbericht mit donnernden Kanonen eindrucksvoller ist und sich besser verkaufen/absetzen lässt, braucht man hier ja wohl nicht erläutern.

    Zweiscneidig, das Ganze. Da muss es vielleicht noch irgendwas zwischen Lila-Halstuch-Naivität und abgefucktem Zynismus geben.

  50. Verhalten erklären zu können, es nachvollziehen zu können, ist eine Fähigkeit, keine Schwäche – und das klar trennnen zu können von entschuldigen, eine weitere, wichtige. In einfachen Worten: Es gibt für so gut wie alles auf dieser Wetl eine Erklärung. Aber nicht für alles eine Entschuldigung.

    Das Problem finde ich: Versetzen wir uns mal in die Lage der Reporterin. Wie sie die Frau eines Soldaten trifft, der in dem Gefecht – SOLLTE es sich zugetragen haben, nachdem und vor allem WEIL die Reporterin ihr „Ok“ gegeben hat – getötet wurde. Der vielleicht eine Stunde später nicht mehr dagewesen wäre. Vielleicht auch nur woanders gestanden hätte. Überlebt hätte.

    Das ist die menschliche Seite.

    Tatsächlich wäre ich vorsichtig, das mit der Frage nach evtl fehlender Neutralität zu vermengen, die sehe ich in diesem konkreten Gefall nicht in Frage gestellt. Problematisch ist die Inszenierung – SOLLTE es sie gegeben haben.

    Nachrichten sind keine Spielfilme. Krieg ist schlimm. Es ist gut, dass es Leute gibt, die das zeigen. Zu Hause im Wohnzimmer ist das ja ein abstrakter Begriff. Aber ich mache mich gemein mit der Quote, mit einer nach Überspitzung gierenden Masse, wenn ich eingreife als Journalistin. Das ist die berufliche Komponente.

    Aber: Ich verstehe nicht, woher diese Tendenz hier in den Kommentaren zur Verallgemeinerung kommt. Ist es nicht ein Zeichen dafür, dass das eben NICHT die verbreitete Art ist, zu arbeiten, dass dieser Vorfall thematisiert wird?

  51. Erinnert mich daran, dass ich am 1. Mai in Berlin vor ein paar Jahren zwei „Journalisten“ belauschen durfte (die beiden standen neben mir), die sich darüber unterhielten, wieviel Geld der eine dafür gezahlt hat, daß die Krawallbrüder endich mal ein bißchen Krawall machen und ein Feuer auf dem Platz anzünden und den Supermarkt plündern.

    Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich, daß es sich genau so abgespielt hat, wie die gute (?) Frau es auf Facebook gepostet hat. Ohne wilde Bilder nach Hause zu kommen ist halt schlecht fürs Geschäft.

  52. @46: ich empfinde die Überschrift nicht irreführend, weil sie bei mir keine Erwartungen ausgelöst hat, die der Artikel nicht hält. Kann jetzt natürlich einfach daran liegen, dass ich bei Überschriften immer etwas vorsichtig bin und lieber erst den Rest lese, als blindlings drauflos zu extrapolieren.
    Und sie ist jedenfalls nicht _bewusst_ irreführend. Sie gibt die Übersetzung eines Zitates eines Dialoges in einem Facebookeintrag wieder. Der komplette Eintrag ist im Original weiter unten dargestellt, so dass man selbst nachvollziehen kann, ob die Zitate grob vereinfachend oder verfälschend aus dem Zusammenhang gerissen sind, oder ungenau übersetzt. Sind sie mMn nicht.
    Wie gesagt, wie man die ursprüngliche Situation zu bewerten hat, darüber kann man geteilter Meinung sein.

  53. @58 civichief:

    ich hab das auch nicht freiwillig gesehen. Ich habe Jahre gebraucht diese Filme wieder aus dem Kopf zu kriegen. Das Thema welche Verantwortung Journalisten tragen und welche Konsequenz ihre blosse Präsenz haben kann, wird nicht oft genug thematisiert. Hinterher aufregen gehört ja auch zum „Geschäft“…

  54. @16 – aus meiner Sicht schon. Die Dinge zu überspitzen hilft natürlich dabei, das Fehlverhalten herauszuarbeiten. Bashing wird es dadurch, dass Du recht aufreißerisch darüber berichtest…aber vermutlich würde es sonst auch keiner Lesen. Ist recht unproblematisch, wenn wir von Firmen reden oder finanzstarken Einzelakteuren oder bei krassem Fehlverhalten…die Dame hat bereits die Akkreditierung verloren und Du trittst halt noch mal deftig nach.

    Ich will damit nicht rechtfertigen was die Dame vielleicht/ganz sicher gemacht hat usw. aber es bleibt bei meiner Meinung – Einzelbashing. Wir können’s auch bei nem agree to disagree belassen. Finde die Sachen normalerweise nur irgendwie fairer von Dir, deswegen wollte ich diesmal schreiben, dass ich das nicht so empfinde.

  55. @Dennis: Entschuldigung, aber an welcher Stelle trete ich denn nach? Ich finde diesen Eintrag (der eigentlich Teil der „Die lieben Kollegen“-Kolumne in der FAS war) sogar für die Verhältnisse dieses Blogs außergewöhnlich nüchtern. Ich enthalte mich einer Wertung, schildere einfach, was die Reporterin geschrieben hat, was die Konsequenzen waren, wie die DW den Fall sieht. Ich kann wirklich nicht erkennen, was das mit „Bashing“ zu tun hat oder wo ich auch nur überspitze.

  56. Hat zwar nichts mit dem Theam hier zu tun, aber

    @Dr.Klusenbreuker
    Ich kann mich wie gesagt nur auf die Berichte und auf Ihre Aussagen verlassen. Leider sind diese widersprüchlich.
    Das berühmte Foto ist laut Quelle wiki und andere Seiten kein Standbild von einem Film oder Video. Es ist ein Foto, das zufällig im Moment des Kugelaustritts gemacht wurde, wie der Fotograf Eddie Adam beschreibt.
    Genau dieses Bild fehlt aber auf dem Film vom Kameramann Vo Suu, weil der Film-Kameramann im Moment des Schusses von einem Soldaten zufällig blockiert wurde (wiki und andere Quellen).

    Ich finde den Widerspruch zwischen Ihnen und den schriftlichen Quellen sehr interessant und spannend.
    Ich glaube, aus diesem Grund gibt es auch euronews no comment: Hier kann man auch nie wirklich sagen, was man sieht. Man braucht einen Reporter. Einen Reporter, dem man vertrauen kann.
    Und hier sind wir wieder bei Niggemeiers Thema: Kann man Kriegsberichterstattern vertrauen, wenn sie auch Insezenierungen akzeptieren. Ich glaube, darauf will Stefan Niggemeier hinaus.
    Wie gesagt, ich kann das Verhalten von Frau Logan nachvollziehen und ihr Bericht lässt sich mit ihrem Facebook-Eintrag gut einordnen.
    Aber was ist mit Berichten, die nur gesendet werden und es gibt keine Erläuterung der Korrespondenten?

  57. @65 „„Soll ich auf die schießen, damit Sie was zu filmen haben?“ – „Ach, okay, warum nicht.““

    Die Übersetzung des Textes ungekürzt (an der relevanten Stelle):
    „Soll ich auf sie schießen, damit sie was auf die Kamera kriegen?“ …Moment mal…errr…“Wir müssen ohnehin auf die Feuern, die haben vorhin auf uns geschossen.“ Oh, OK, warum nicht.

    Wir bekommen zum einen durchaus mit, dass zwischen dem ersten Satz und ihrem „Nicken“ noch ein wenig mehr passiert als in der Überschrift angedeutet wird, womit wir bei der Überspitzung wären.

    Und damit auch beim nachtreten – die Überschrift hat für mich die Musik gemacht (und zugegeben auch der erste Teilsatz mit dem „frustriert“…

    Ich habe mir jetzt den Text nochmal durchgelesen und die Überschrift außen vor gelassen. Es stimmt, er ist tatsächlich recht sachlich und nicht nachtretend. Er wurde es für mich durch die Kombinationaus Artikelt + Überschrift. Also insofern möchte ich meine Kritik tatsächlich zurückschrauben und sagen: Ich finde die Überschrift überspitzt das zu sehr, der Artikel ist davon losgelöst ok. Interessant für mich ist wie sehr mich die Überschrift angespitzt hat den Artikel insgesamt so zu sehen, wie ich das in den vorigen Posts geschrieben habe.

    Kannst Du das mit der Überschrift nachvollziehen?

  58. Wenn ihr auf die pseudo-rhetorische Frage: „Warum nicht (auf andere Menschen schießen)?“ keine Antwort einfällt, (so dass sie sie überhaupt für rhetorisch hielt), dann ist das schon ein Grund, ihre Eignung anzuzweifeln.

  59. Da ist man also in einem Krisengebiet und findet keine schießenden Truppen, sondern nur zurückgelassene Haustiere.
    Was ja tendentiell auch eine Story wäre. Oder gab es einen klarern Auftrag vom Sender, der dann in der bekannten Form erfüllt wurde?

  60. Good Job! Mit dieser unglaublich skandalösen Enthüllung (09.08.15), beruhend auf einem depperten Privatposting sowie einer plausiblen Gegendarstellung, wird hier eine Welle gemacht, die letztendlich als Steilvorlage für Kopp (12.08.15) und RT Deutsch (15.08.15) diente. Dass die das hier abgepinselt und ihren Vorstellungen entsprechend ausgeschmückt haben, da kannste aber Gift drauf nehmen ;-)
    Ja, ich weiß. Nur weil die Verschwörungsheinis alles umdeuten, kann man sich keine Schere in den Kopf implantieren. Aber vorauszusehen war es, gleich nachdem ich es hier zum ersten mal gelesen habe.

  61. Oe: Am Fr. 19.5.2006 wurde von Radio Antenne Salzburg in den 19-Uhr-nachrichten ein hoher BZOe-funktionaer (ich glaube, es war der burgenlaendische Spitzenkandidat) gefragt, wer BZOe-obmann wird. Antwort: das wird zum gegebenen Zeitpunkt bekanntgegeben und: „Kommt Zeit, kommt Rat, kommt ATTENTAT“.

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