Hier könnte eine Überschrift stehen

Dass ich die „Neue Woche“ neulich gekauft habe, war nur ein Versehen. Eigentlich hätte es die etwas verwirrend benannte „Woche heute“ sein sollen. In der „Woche heute“ stand nämlich vorletzte Woche folgendes herzerwärmendes Stück:

Oder genauer:


Es wäre nicht ganz abwegig, dahinter einen Versuch des für seinen sparsamen Journalismus bekannten Bauer-Verlag zu vermuten, ob die Leserschaft den Unterschied zwischen einem „Woche heute“-Artikel und einem ebenfalls nur als Platzhalter dienenden Blindtext erkennt.

Es scheint aber doch ein paar Beschwerden gegeben zu haben. Jedenfalls entschuldigte sich die Redaktion in der nächsten Ausgabe mit dem Foto eines Blumenstraußes dafür, dass der richtige Text aufgrund eines „technischen Fehlers“ „auf dem Weg zur Druckerei verloren gegangen“ sei:

Freundlicherweise veröffentlichte die Redaktion in diesem Heft dann noch den geplanten Artikel und verriet endlich der gespannten Öffentlichkeit, wie Helene Fischer ihrem und unserem Flori aus der Krise hilft und welche rührende Liebeserklärung sie abgab.

Nun. Die Fischer hatte bei einer Hitparadensendung im NDR überraschend über ihre Urlaubspläne gesagt:

„Ich denke mal, es wird mich wieder ans Meer ziehen. Gott sei Dank teilen Florian und ich diese Liebe zum Meer und zur Sonne. Vielleicht werden wir gemeinsam den Tauchschein machen.“

Und die „Woche heute“ erklärt:

„Wir“ — so offen und deutlich hat sich die schöne Helene Fischer noch nie zu ihrem Florian Silbereisen bekannt und für ihn geschwärmt. Wie gut wird dem Moderator das tun! Wie sehr werden ihn die liebevollen Worte seiner Freundin aufbauen!

Ich kann mir nicht helfen. Ich fand den Blindtext weniger enttäuschend.

[eingesandt von Bernhard S.]

54 Replies to “Hier könnte eine Überschrift stehen”

  1. Naja, die Volte „Ich fand den Blindtext weniger enttäuschend“ ist schon nett. Aber: So etwas passiert in jeder Redaktion mal. Sehr hübsch war die Bildunterschrift „Auf diesem Bild sehen wir den dicken, doofen Bürgermeister aus H.“, die mir zu Lokalzeitungs-Zeiten mal durchgerutscht ist. Gab zuerst Schweißausbrüche, dann gehörig Ärger und schließlich einiges an Gelächter. Und dann war auch gut.

    „Ich bin ein kleiner Blindtext“ ist hingegen ganz niedlich, finde ich.

  2. Sorry, aber ich tue mich schwer damit zu erkennen was den Blindtext und was den Qualitätsjournalismus aus dem Hause Burda darstellen soll. Sieht beides so gleich aus… ;-)

  3. Besonders schön finde ich ja, dass im Text „kleiner Blindtext mehr sondern ein echter“ durch Fettschrift hervorgehoben wird.

  4. Och liebe Leute, diesen Code kann man doch ganz leicht knacken. Fangen wir mal ganz oben an: ut ipissit quat. Heißt eindeutig: „Wie er pißt, spricht er“. Hl. Turing, wir kommen …

  5. @8 Kommentar der Woche! :D

    Btw. welche Ausgabe war das mit dem Blindtext und wo gibt’s sowas? So’ne Zeitschrift kostet doch < 1€, das wär' mir so'ne Blindtext-Doppelseite durchaus wert!

  6. ’noch einmal‘ haben die den Originaltext gedruckt? Die finden also das Pseudolatein der Grafikdesigner so gut, dass sie das wiederholen. Oder verstehe ich da was falsch?

  7. Boah, die Begründung der Redaktion ist mal wieder typisch: „… auf dem Weg zur Druckerei verloren gegangen…“ Wie denn? Es kam eine Windböe und, hups, waren die Überschriften in dem Artikel weg. Klaro. Ich würde mal sagen: Unfähigkeit bei der Bedienung eines Redaktionssystems gekoppelt mir Schnarchbacken in der Schlussredaktion.

  8. @Stefan, Danke! Muss mich allerdings nach einer anderen Bezugsquelle umgucken, dort steht ja leider „Einzelheft (Deutschland) – Derzeit leider nicht über PresseKatalog.de bestellbar.“

  9. Hallo Stefan?? Sie wollen vielleicht gemeinsam den TAUCHSCHEIN machen!! Etwas intimeres können Frau und Mann im Leben nicht teilen!

  10. was mich fast noch mehr beeindruckt als der blindtext im blindtext: haben sie das blättchen gekauft, stefan? kaufen sie jede ausgabe? :-)

  11. Ich kann nicht genau beschreiben, welches Gefühl ich der Fähigkeit entgegenbringe, aus einem „wir“ eine Titelstory zu machen. Respekt ist es nicht, aber doch so etwas wie der böse Zwilling von Bewunderung.

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  13. Hier könnte ein Kommentar stehen. Nehets ratnemmok nie etnnök Reih. Wieviele alte Tanten wohl gerätselt haben, ob sie einer Art Bibelcode auf der Spur sind. Oder ob sie die belgische Ausgabe bekommen haben. Nehets ratnemmok nie etnnök Reih.Hier könnte ein Kommentar stehen.

  14. In welchem Font sieht das „n“ bitte genauso aus wie das „u“ ? (Entschuldigung)

    Oder hat hier der Designer aus Styling-Gründen einfach _wirklich_ zweimal ein u (n) gedruckt?

  15. Das (große) Foto: Ich bin so froh, dass die beiden sich so nahe sind!
    Und wie sie ihn anschaut und sich freut! Aber wieso schaut er so verkniffen? Oh Gott: Da sind doch hoffentlich keine Probleme zwischen den beiden im Busch?! Oh Gott!

  16. Hihi, das gabs bei uns auch mal: als dem Kunden die bestellte Website vorgestellt wurde, lief eine Laufschrift über den Bildschirm, dass besagtes Projekt suckt. XD

  17. @31

    Der Flori schaut so verkniffen, weil er offenbar seinen Unterleib verloren hat. Musste er aber auch, sonst wäre er ja durch die Knie von der Helene durchgewachsen. Was das jetzt für die Beziehung der beiden bedeutet? Ich vermute mal es kriselt ziemlich arg. Armer halber Flori.

  18. Spannender wäre der ‚Artikel‘ natürlich, wenn die Blindtext-Bildunterschrift ‚Ich habe einen kleinen‘ lauten würde – wobei, würde das außer Helene Fischer jemanden wirklich interessieren?

  19. @Ommelbommel/24: Für die Zielgruppe ist diese Nachricht vermutlich bedeutsamer als für dich die Nachricht, daß sich Merkel mal wieder auf nichts geeinigt hat. Das erfährst du aber trotzdem.

  20. @Hannah/36: Noch spannender wäre der Artikel, wenn die
    Blindtext-Bildunterschrift „Bin Laden ist derzeit in“ lauten würde. Lautet sie aber nicht.

  21. Ach was Blindtext, das ist eindeutig eine verschlüsselte Botschaft ;-).

    Verschwörungstheoretiker vor! :-)

  22. Erstaunlich, dass solche Pannen immer wieder und ueberall passieren, und trotzdem schadet es irgendwie nicht dem weltweit guten Ruf der Deutschen fur deren hohe Qualitaet all ihrer Produkte.

  23. Von beiden Seiten peinlich.
    Nicht nur, dass diese Menschen eh schon durch das Raster der Sympathie fallen, nein, sie müssen sich auch noch dafür rechtfertigen oder rechtfertigen lassen..
    Grandiose Langweilernummer über überbewertete Langweiler mit Gurkenlasterpotenzial.

  24. Es ist ja schon putzig, dass die Redaktion behauptet, sie drucke den Text NOCHMAL auf Seite 66/67 ab. Streng genommen ist es ja erst das erste Mal. Ich gebe zu, das ist jetzt sehr pingelig.

  25. @Christian K/46: Es ist nicht pingelig, sondern einfach Quatsch. Sprache ist nicht logisch, sondern praktisch, und die mathematische Logik gilt in natürlichen Sprachen sinnvollerweise nicht.

  26. Hätte ich mir diese Zeitung gekauft und den Platzhaltertext während des Lesens Entdeckt, hätte ich mich glaube ich totgelacht.
    Aber das darf natürlich mal passieren. Fehler passieren ja bekanntlich jedem von uns ab und zu mal.

  27. @ Lothar (#47): Das ist überhaupt kein Quatsch. Der Text wurde auf Seite 66/67 eben nicht nochmal gedruckt, sondern erstmals. Wenn man das „nochmal“ unbedingt unterbringen will, kann man schreiben, dass die Redaktion nochmal versucht hat, den Text ins Heft zu bringen, und das ist ihr bei diesem zweiten Versuch wohl geglückt. Vielleicht hat die Redaktion das auch ausdrücken wollen. Hat sie aber nicht, und so wie die das geschrieben haben, ist es schlicht falsch.

    Und was die Gültigkeit mathematischer Logik in natürlichen Sprachen angeht: Die Sprache selbst kann noch so unlogisch und verquast sein, ohne dass deswegen die Welt anders wäre als sie ist. Wenn man „nochmal“ sagt, obwohl „nochmal“ eindeutig nicht zutrifft, ist das eben falsch, auch wenn es in einem grammatisch korrekten Satz steht. Wenn man logische Zusammenhänge mit einer natürlichen (mutmaßlich in sich nicht logischen) Sprache beschreibt, ändern sich diese logischen Zusammenhänge dadurch nicht. Sie liegen nämlich außerhalb der Sprache. Falsch bleibt falsch, egal, ob Sie es als Gleichung auf Kästchenpapier schreiben oder als Mitteilung der Redaktion ausformuliert.

  28. @gnaddrig/49: Offenbar konnte ich mich nicht verständlich machen, muß auch nicht unbedingt recht behalten. Als letzten Versuch ein Beispiel:

    „Die Redaktion hat da schönen Mist gemacht.“

    Wenn der Satz für dich ok ist: Sie hat weder Mist gemacht – den machen Kühe – noch ist Mist oder das, was der Redaktion da passiert ist, schön. Jetzt klarer?

  29. @48 Der Durchschnittsleser dieses Blattes hätte wohl den Enkel um eine Übersetzung gebeten (der hat ja Latein).
    @35 Tofuwurstjournalismus.

  30. @ Lothar (#50): Jetzt bin ich vollends verwirrt. Christian K hat doch in #46 gar nicht von schönem Mist gesprochen, sondern von „nochmal“?

    Und das mit dem schönen Mist sollte ein Witz sein, oder?

  31. Ach ist das schön! Da ist einfach der Text auf dem Weg in die Druckerei verloren gegangen.
    Eins sagt mir das aber: Ich werde nie wieder mit den“kleinen Blindtext“ experimentieren. Man weiß ja nie.

    Liebe Grüße aus dem Spinnstübchen

  32. @ Gudrun: Das wäre doch mal ein Beruf: Blindtextautor. Weil: Lorem ipsum ist mittlerweile schon recht abgenudelt, und Aich bin ein kleiner Blindtext uch bin ein kleiner Blindtext und stehe an stelle ch usw. kann man sicher auch nicht mehr allzu oft bringen.

    Der professionelle Blindtexter kann pseudolateinische, pseudofranzösische, pseudoenglische, pseudedeutsche usw. Texte beliebiger Länge schreiben, so ähnlich wie manche Komiker den Klang dieser Sprachen auf der Bühne nachahmen (bin zu faul, da jetzt was auf Youtube zu suchen).

    Oder jemand schreibt eine Software, die das erledigt. Wenn man schon Musik verschiedener Stilrichtungen vollautomatisch komponieren lassen kann, sollte das mit solchen Blindtexten auch gehen.

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