Armselig

Man verzweifelt ja häufig am Publikum. Weil es einem so qualitätsverachtend erscheint, so rätselhaft und unverständlich in seinen Konsumentscheidungen.

Aber nicht immer.

In den vergangenen eineinhalb Jahren haben sich nur zwei Hefte des „Stern“ am Kiosk so schlecht verkauft wie die Ausgabe 46/2011. Das erleichtert mich sehr. Ich weiß noch, wie ich im Supermarkt vor dem Heft stand, es fassungslos anstarrte und der Impuls, es als Monument der Schrecklichkeit kaufen zu müssen, schnell niedergerungen wurde von der Angst, dass mich jemand dabei sehen könnte.

35 Replies to “Armselig”

  1. Aus dem Artikel von »meedia«:

    Nur 244.763 Interessenten fand der stern 46/2011 mit einer auf einen muskulären Oberarm tätowierten Angela Merkel als Titelheldin.

    Wenn ich mich auf den Menschen beziehe, schreibe ich: »er ist muskulös gebaut« oder »er hat einen muskulösen Oberarm«. Wenn ich mich im medizinischen Sinne auf den Muskel beziehe, schreibe ich: Der Sportler hat ein muskuläres Defizit.

  2. @ Stefan: Tolle Überschrift!
    @ stefanolix: Mit dem „muskulär“ klingt der Meedia-Artikel, als wäre er von Olaf Schubert geschrieben worden.

  3. @Alberto: Bei Olaf Schubert könnte sich das (eng angelehnt an das Original) so anhören:

    Der Mensch ist ja in seiner gesamten Darreichungsform eher unterschiedlich. Der eine ist am Arm eher mussgulär [spannt seinen Bizeps an], bei dem anderen zeigt sich am Bauch schon der Schnitzelfriedhof …

    Youtube: „Olaf Schubert: Menschen“

  4. Wäre so ein Titelbild auch ohne die Fußball-WM 2006 passiert? Ich habe den Eindruck, damals sind ein paar falsche Weichen in den Köpfen gestellt worden.

  5. @Axel_K Die nationalistische Komponente in der deutschen Politik ist noch immer ziemlich schwach ausgeprägt, verglichen mit dem , was woanders passiert.

  6. Geht’s nur mir so, oder wäre das Titelbild noch halbwegs witzig, wenn nicht direkt daneben „PREUßEN“ prangen würde…

  7. @9 Andreas: Möge es so bleiben. Der Stern arbeitet ja gerade dagegen an.

    @8 PK Dick: Du scheinst kein Freund von Differenzierung zu sein.

  8. Gerade seit der WM 2006 haben rassistische und nationalchauvinistische Kräfte unter den Fußballfans heftige Niederlagen einstecken müssen. Sie haben z.B. vor der WM gegen Nationalspieler gehetzt, die ursprünglich aus anderen Staaten stammen.

    Was ist dann geschehen? Erstens gab es nach langen Prozessen endlich eine Verurteilung wegen Volksverhetzung gegen einen führenden NPD-Funktionär (allerdings laufen Berufungsverfahren bis heute).

    Zweitens sind NPD & Co. mit ihrer Hetze auf der ganzen Linie gescheitert: heute sind die Nationalspieler »mit Migrationshintergrund« zu allseits respektierten Leistungsträgern geworden. Wer seit den WM-Turnieren 2006/2010 für Deutschlands Fußballer jubelt, der bezieht Özil, Khedira, Boateng & Co. selbstverständlich mit ein.

    Mit der WM 2006 begann also unter den deutschen Fußballfans eine weitgehend positive Entwicklung. Heute stehen dumpfe Nationalisten zu Recht im Abseits, wenn sie eine Nationalmannschaft nur mit »deutschstämmigen« Spielern besetzen wollen oder wenn sie ausländische Spieler rassistisch beleidigen.

    Deshalb beunruhigen mich die schwarz-rot-goldenen Fahnen überhaupt nicht. Es geht nicht um Aggression oder Chauvinismus, sondern um die Freude am sportlichen Wettbewerb.

  9. @stefanolix: Im Fußball vielleicht (wenngleich ich da auch schnell zahlreiche Ausnahmen aufzählen könnte), aber wenn man sich andere Themenbereiche ansieht (z.B., äh, Politik?), dann sieht die Sache ein wenig anders aus.

  10. Es war eine Antwort auf Axel_K, sein Kommentar bezog sich auf die WM 2006 und die Nationalfarben.

    Dass es in anderen Bereichen immer noch Nationalismus gibt, auch von der dumpfen und dummen Sorte, will ich überhaupt nicht bestreiten. In der zweiten und dritten Liga gibt es sehr finstere Ecken in manchen Stadien.

    Aber die Stimmung von hunderttausenden Fans der Nationalmannschaft wirkt natürlich in die Gesellschaft hinein. Viele Deutsche haben die Nationalmannschaft als Gesamtheit für sich »adoptiert«. Zumindest diese Deutschen scheinen mir resistent gegen NPD und Neonazismus zu sein: Wer ein wirklicher Fan der Nationalelf ist, jubelt Schweinsteiger und Neuer genauso wie Cacau, Özil und Khedira zu.

    PS: Übrigens verwenden die Neonazis nicht Schwarz-Rot-Gold, sondern andere Farbkombinationen und Symbole.

  11. Ich hatte mich ja schon immer gefragt, warum der Stern (also der Stern auf dem „stern“) so verwurschtelt ist. Mir deucht, für genau diese Fälle: Wenn man mal einen Mann mit ausladendem Hut auf der Titelseite unterbringen muss.

  12. @Twipsy
    Hans-Ulrich Jörges natürlich, das eigentliche Grauen im Innenteil des „Stern“!
    Am nächsten Tag würde er es natürlich weglasern lassen, weil er über Nacht seine Meinung zu Merkel mal wieder komplett über den Haufen geworfen hätte.

  13. Wozu die Aufregung? Wahrscheinlich muss man jahrelang auf Journalistenakademien rumgehopst sein, um das „Monument der Schrecklichkeit“ als solches ausmachen zu können. Klärt mich jemand auf?

  14. @ 22:

    Wenn Du an diesem Titelbild nichts Schreckliches erkennen kannst, ist Dir wirklich nicht zu helfen.

  15. Wie hätte der photogeshopte Oberarmbizeps ausgesehen, wenn das Objekt der Begierde Amy Whinehouse mit ihrer Turmfrisur gewesen wäre?

    @Albert
    Wozu scannt man solche Katasphropen auch noch für die Nachwelt ein?

  16. wen interessiert das?
    könnte man sich als journalist fragen.

    niemand könnte eine mögliche antwort sein.

    wie kommt sowas zustande in sendern?

    könnte eine gute frage sein.

    im wdr zum beispiel ist glaube ich das verhältnis von
    denen, die etwas tun, und denen die das verwalten
    1 zu 5 das heisst grob geschätzt 500 tun was
    3000 verwalten die tuenden.

    glauben sie ernsthaft, dass jemand verantwortung für etwas
    übernehmen will, soll, kann?

    das wäre, bytheway, mal ne wirklich gute frage.

    und sie fordern was genau?
    dass ein youtubevideo nicht gelöscht wird?

    dass frau streisand sozusagen woanders wohnt?

    ich erhelle ihren horizont:
    frau streisand wird nicht umziehen.

    ich habe das video gesehen und fand es lustig und prima. bemerkenswert fand ich
    dass jemand seine zeit damit verschwendet, sowas herzustellen.

    der ansatz ist gut. sowohl von den machern also auch von den kritikern.

    was dabei verloren geht oder nie da war:

    ob im auto oder nicht.

    das ganze is so erzkonservativ und langweilig, dass die deutsche rentnerarmee frohlockt.

    und da treffen sich streisand und journalismus.

    die frage ist muss das dauernd
    auch in blogs wie ein streisand song dauergeschleift werden?

    habt ihr nix besseres zu tun, als diesem subventionsquatsch die hand zum kompromiss zu reichen?

  17. @ Österreicher: Ich versteh’s auch nicht. Angela Merkels Konterfei als Tätowierung auf dem Bizeps zeugt ganz eindeutig von Stilsicherheit und gutem Geschmack. Genauso wie das schwarzrotgoldene T-Shirt.

  18. Verstehe die Überheblichkeit nicht. Über Geschmack kann man sicher trefflich streiten, aber wo da jetzt die verdammungswürdige Todsünde stecken soll, ist mir schleierhaft.

  19. Mal abgesehen davon, dass das eine Layout Sünde ist, sghe ich in dem Cover dieser stern Ausgabe jetzt nich t direkt den Bruch mit sonstiger Stern Titelbild Ästhetik – ist doch der Stern so etwas wie die Bild für politisch interessierte mit wenig Lust auf Buchstaben.

  20. Was an diesem Titelbild schrecklich ist? Ganz einfach: es ist keine nackte Frau drauf. Man hätte das Bild von Frau Merkel statt auf einen Oberarm auf eine Brust tätowieren sollen, das hätte seitens der Stern-Leser auch nicht soviel neue Sehgewohnheiten erfordert.

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