Googeln als erste Journalistenpflicht

Weil so oft darüber geschimpft wird, dass Journalisten immer häufiger Googeln mit Recherchieren verwechseln — schön wär’s ja schon, wenn die Journalisten überhaupt googeln würden, bevor sie schreiben.

Die Kollegin, die für „Die Welt“ einen Artikel aus der „Frankfurter Rundschau“ wiederverwerten musste, hätte dann vielleicht gemerkt, dass die einzigen sinnvollen Treffer für die Suche nach „Rob Mobile“ die sind, die offenbar ebenfalls den Artikel aus der „Frankfurter Rundschau“ zur Grundlage hatten. Der Klingeltonanbieter, der den geschmacklosen „Natascha im Keller“-Ton anbot, heißt nämlich nicht „Rob Mobile“, wie die „FR“ einmal versehentlich schreibt, sondern „Bob Mobile“. (Und er hat keinen „rülpsenden Frosch“ im Angebot, wie die „Welt“ improvisierte, sondern „rülpsende Kröten“, aber vielleicht ist das auch egal.)

Ich weiß schon: Für solche Artikel haben die Autoren oft sehr wenig Zeit. Die Geschichten wirklich nachzurecherchieren, ist Utopie. Aber die drei Minuten, einen Namen bei Google einzugeben und sich von der Website des Anbieters, um den es geht, einen eigenen Eindruck zu verschaffen, müssen drin sein — sonst kann der professionelle Journalismus gleich einpacken.

(via ix, der auch drauf reingefallen ist)

9 Replies to “Googeln als erste Journalistenpflicht”

  1. Au ja. Fehler übernehmen – das ist immer peinlich. Für Blogger und für Journalisten. Blogger können sich entschuldigen, Journalisten stehen dann gern am Pranger. Mein schlimmstes Erlebnis in der Richtung war Anfang April 1996, als ein kress-Mitarbeit (nein, es war NICHT Stefan Niggemeier, dem ist sowas sicher noch NIE passiert) eine Meldung der Konkurrenz „new business“ umformulierte, wonach Loriot mit einer Art Nudel-an-der-Nase-Spot Werbung für Patex mache.

    Das Problem: Die Meldung war ein Aprilscherz. Uiuiui, das standen wir anschließend schön am Pranger. Tenor: Unter dem alten (Günther) Kress wäre das nicht passiert! Der sagte dazu nur milde lächelnd: „Man darf abschreiben, aber man muss es können.“ Auch im Zeitalter von Google.

  2. macht die frankfurter rundschau eigentlich auch noch was anderes als fehler, fragte ich mich gerade nachdem meine gesichtsfarbe wieder auf normalrot gesunken war.

    und das journalisten gerne am pranger stehen wusste ich noch gar nicht. danke für den hinweis.

  3. (ich hab vor kurzem mal einen bösen verriss über eine fernsehsendung geschrieben und ab der mitte des textes den namen des regisseurs versehentlich durch einen anderen namen ersetzt, grrr.)

    nee, ich finde den fehler der fr gar nicht schlimm – das ist halt ein flüchtigkeitsfehler. (und den von ix schon gar nicht, das war ja nur eine hingeworfene notiz.)

    aber der fehler der „welt“ zeigt eine grundsätzlich bedenkliche arbeitsweise – und wie war das nochmal mit dem unterschied zwischen bloggern, die sachen einfach ungeprüft übernehmen, und journalisten, die sich auskennen und richtig recherchieren?

  4. Blöd wird das mit solchen Fehlern aber, wenn ich Blogger etwas aus einer Zeitung abschreibt und Wochen später deswegen Post (oder eine Abnahmnung) von einem erbosten Menschen bekommt, weil er sich falsch dargestellt fühlt – und gehofft hatte, dass sich das in der Zeitung versendet – und zu feige war gegen die Zeitung vorzugehen.

    Natürlich muss man auch die Quellen, die man abschreibt prüfen, aber so manches Blatt aus Frankfurt gilt schon als renommiert.

  5. […] PS: Gerade als ich mit dem Testberichtschreiben fertig bin, ereilt mich die Mahnung, nicht alles zu glauben, was das Netz behauptet und wenigstens mal eine kleine Googlerecherche zu starten. Unter Umständen habe ich gar nicht den nördlichsten Golfplatz der Welt getestet, sondern lediglich den zweit-, dritt- oder gar viertnördlichsten? […]

  6. […] Das ist zwar nicht ganz falsch, aber es kommt trotzdem glasklar raus, dass der Autor noch nie ein Wiki von nahem gesehen hat, sonst würde er die Aufzählung kaum mit “Kalender” und “Statistiken” beginnen, und auch keine Lust hatte, sich vor dem Runterhacken des Artikels besser zu informieren. Die Lektüre des Wiki-Artikels bei Wikipedia (dort müssen sie es ja wissen) hätte schon geholfen. Aber dass Journalisten nicht googeln, weiss man ja von Stefan Niggemeier. (Zugegeben, der Autor konnte nicht mehr schnell ein Wiki bei JotSpot eröffnen, denn von Google gekaufte Firmen machen immer direkt mit der Mitteilung die Registration dicht, das war bei Writely auch schon so. Vermutlich würde die Publicity gleich nochmal 100’000 Accounts bringen, und die will man nicht mehr.) […]

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