Aserbaidschan: Kritischer Journalist als „Hooligan“ verhaftet


Mehman Huseynov. Foto: Emin Huseynov

Die Nachricht aus Aserbaidschan ist schlecht, aber keine Überraschung: Der 23-jährige Journalist und Fotograf Mehman Huseynov ist gestern abend verhaftet worden. Nach Angaben des Instituts für die Freiheit und Sicherheit von Reportern (IRFS), für das er gearbeitet hat, wird ihm Hooliganismus vorgeworfen. Anlass (oder Vorwand) sei eine Auseinandersetzung mit Polizisten am Rande einer Demonstration vor dem Büro des Bürgermeisters am 21. Mai, in der Woche des Eurovision Song Contest. Die Polizisten hatte die Proteste mit Gewalt aufgelöst und war auch gegen Berichterstatter vorgegangen.

Laut IRFS war Huseynov bereits im März von den Behörden verhört worden. Die Beamten hätten ihm geraten, weniger aktiv zu sein. Auch die beiden Blogger Emin Milli und Adnan Hajizade, die es gewagt hatten, sich mit einem satirischen Video über Korruption in der Verwaltung lustig zu machen, waren vor drei Jahren wegen Hooliganismus verurteilt worden.

Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ teilte mit, sie halte die Vorwürfe gegen ihn für politisch motiviert und vermute, er solle für seine kritischen Berichte vor dem Grand-Prix bestraft werden. Mehman ist der jüngere Bruder von Emin Huseynov, einem der beiden Haupt-Organisatoren der Kampagne „Sing for Democracy“. Auch Mehman selbst war ein sehr sichtbarer Teil der Bürgerrechtsbewegung. Am Abend, an dem in notgedrungen kleinem Rahmen das Konzert von „Sing for Democracy“ stattfand, hüpfte er mit seiner Kamera quirlig und glücklich durch den Saal.

In den Wochen vor dem Grand-Prix ist er unter anderem von stern.de und dem NDR-Medienmagazin „Zapp“ vorgestellt worden.

Nachtrag, 21:50 Uhr. Mehman scheint wieder auf freiem Fuß zu sein.

63 Replies to “Aserbaidschan: Kritischer Journalist als „Hooligan“ verhaftet”

  1. Welcher normale Europäer möchte zur Zeit etwas Neues aus Aserbeidschan erfahren?
    Schon mal etwas von der Fußball-EM gehört, Herr Niggemeier?

  2. Ich finde es sehr gut, dass zumindest ein bekannter Journalist in Deutschland sich nicht nur vor dem ESC, sondern vor allem danach noch mit den schwierigen Verhältnissen in Azerbaidschan beschäftigt. Sehr gut, Herr Niggemeier!

  3. @Charles Nolte:

    Also ich kann sowohl Fußball-EM als auch Aserbeidschan gleichzeitig verarbeiten. Und ich finde es gut, wenn man jetzt nach dem Grand Prix nicht sofort die ganzen Mißstände in Aserbeidschan vergisst und wieder zur Tagesordnung übergeht.

  4. Das mußte doch so kommen, diktatorisch-totalitäre Regime sind ziemlich nachtragend und vergessen nichts!
    Was wollen wir nun tun, Herr Niggemeier?
    Soll die Bundeswehr in Azerbaidschan einmarschieren und das Regime stürzen? Werden sie sich vor der Azerischen Botschaft an das Geländer ketten und die Freilassung von Herrn Huseynov fordern?
    Werden sie die Vereinten Nationen auffordern eine das Regime sicherlich beeindruckende Protestnote nach Baku zu schicken?
    Entschuldigen sie den Zynismus, aber was haben sie eigentlich erwartet, was nach dem abflauenden ESC-Hype passieren würde?

  5. Lustig: Wenn man am Rand des ESC-Contests über Menschenrechte sprach, wurde einem vorgeworfen, dass man sich ja doch nur wegen und während des Events dafür interessiere. Spricht man nun danach darüber, ist das anscheinend noch empörender – jetzt gibt es doch andere Themen! Am besten also nie?

    (ad Fußball-EM: Stick it.)

  6. @ Frank Reichelt: Genau das, was Stefan Niggemeier tut, ist das richtige. Wie Anke Engelke gesagt hat: „Europe is watching you.“ Das kann nicht ohne Berichte aus Afghanistan funktionieren. Öffentlichkeit ist die wichtigste Waffe gegen solche Regime, nur dann kann auf es Druck, wie auch immer geartet, aufgebaut werden.

  7. #1 Charles Nolte klingt für mich wie ein satirischer Seitenhieb auf die Mainstreammedien, die eben solche Berichte gar nicht oder nur unter „ferner liefen“ bringen. Es läuft eben nur noch EM statt Song-Contest. Und das muss man eigentlich auch anprangern…

  8. @ 5

    Sie haben Recht…man sollte besser einfach zu allem, was man alleine nicht ändern kann, schweigen und es schnell vergessen.

    Wie reimte schon Konstantin Wecker so selig:

    „…..
    die Schüler schleimen wieder um die Wette
    die Denker lassen Drachen steigen
    Utopia ornaniert im Seidenbette
    die Zeiten stinken und die Dichter schweigen

    Ich will mich jetzt mit einem runden Weib begnügen
    Drei Kinder zeugen, Eigenheime pflanzen
    Und die Menschheit endlich mal um mich betrügen
    Wohin denn leiden?
    Schließ mir, Herr, den Mund
    Wirf mir die Augenbinde runter und den Stirnverband
    Es herrscht wieder Frieden im Land.“

    P.S. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es Menschen, denen Ungerechtigkeit widerfährt, durchaus Kraft und Trost spendet, wenn sie wissen, dass ihrer gedacht wird und sie nicht völlig vergessen sind. Auch wenn diese Anteilnahme an ihrer konkreten Situation nichts unmittelbar ändert. Sie mögen ja vielleicht so abgebrüht sein und das irgendwie „kitschig“ und gefühlsduselig finden, – wobei ich allerdings glaube, dass dieser demonstrative Zynismus meist auch nur ein „cooles“ Etikett für Bequemlichkeit ist – aber ich zum Beispiel bin fest davon überzeugt, dass selbst solche kleinen „Gesten“, vielen Betroffenen durchaus Mut und Kraft geben können. Wenn´s anders wäre, hätten Friedenspreise – oder auch nur das Wort Solidarität – keinen Sinn.

  9. Kommentar #1 ist die gröbestmögliche Bestätigung, dass Herr Niggemeier richtig handelt. Kommentar #9, vor allem das Postskriptum, unterschreibe ich.
    Bei dieser Gelegenheit möchte ich Herrn Niggemeier ganz allgemein ein Kompliment zu seiner ausgezeichneten Arbeit aussprechen. Das betrifft insbesondere auch seine kritischen Betrachtungen zur deutschen Presselandschaft. In dieser Hinsicht verdanke ich ihm bzw. dem Blogroll auf dieser Website auch den Hinweis auf den Blog von Herrn Pantelouris, der ebenso beachtenswert ist.

  10. (Nicht wundern, hab ein paar Selbstgespräche gelöscht.)

    @Frank Reichelt: Ich habe genau das, was jetzt passiert, erwartet. Weil es das war, was die Bürgerrechtler vor Ort erwartet haben. Von daher weiß ich gar nicht, worauf Ihr Zynismus überhaupt zielt.

    Ich weiß, was ich tun kann und werde: Meinen winzigen Beitrag dazu leisten, Öffentlichkeit herzustellen. Öffentlicher, internationaler Druck hat mit großer Wahrscheinlichkeit dazu beigetragen, dass Eynulla Fatullayev freigelassen wurde. Öffentliche Aufmerksamkeit ist die beste Chance für Mehman und viele andere.

    Was Sie (und wer auch immer mit „wir“ gemeint ist) nun tun wollen, Herr Reichelt, ist ganz allein Ihre Sache. Was immer es ist, könnten Sie es woanders tun als hier?

  11. Nach diesem letzten ESC höre ich noch die Songs, die ich mag und schaue auch ein paar Videos dazu.
    Aber der gefühlsmäßig stärkste Eindruck wird hervorgerufen durch die Gedanken an diese Menschen und eine gewisse Sorge um sie. Mich interessieren diese Nachrichten und ich schaue gezielt danach, auch wenn ich nicht viel mehr tun kann im Moment.

  12. „Vielleicht sollte man das anprangern von Menschenrechtsverletzungen den Profis von amnesty international überlassen, die verstehen ihr Handwerk!“ Zitat F.Reichelt

    Lustig. Noch während ich meinen ersten Beitrag schrieb, musste ich an meine Mutter denken, die in den 70er Jahren viel Zeit mit ehrenamtlicher Tätigkeit für AI verbracht hat. Meine Mutter war Krankenschwester – kein „Menschenrechtsprofi“ -, sondern einfach jemand, die ganz „naiv“ davon überzeugt war, man könne den unter Pinochet „desaparecidos“ in Chile dadurch helfen, dass man ihre Namen und Schicksale auch in Europa bekannt macht, Briefe an Abgeordnete schreibt, Öffentlichkeit herstellt. („Profis“ gab es bei AI damals nicht – und auch heute, sind die meisten dort weiterhin ehrenamtliche Enthusiasten.)
    Öffentlichkeit ist oft die einzige „Waffe“ und der einzige Schutz, den solche Leute und ihre Angehörigen haben. Völlig egal, wer, wann, wie oft, zu welcher Gelegenheit und sogar aus welcher Motivation heraus – Hauptsache, die Personen und ihr Anliegen werden nicht vergessen, Hauptsache, sie verschwinden nicht sang- und klanglos völlig von der Bildfläche. Das ist manchmal nicht nur metaphorisch gleichbedeutend mit Tod, sondern oft auch ganz real.
    Natürlich darf man politische oder soziale Überzeugungen auslagern und an solche Leute delegieren, von denen man hofft, sie könnten da schlagkräftiger und nachhaltiger wirken als man es selbst kann oder will. Aber hier jegliches „dilettantische“ Engagement (im positiven Wortsinne) mitleidig zu belächeln oder gar als – da sind wir wieder – „Menschenrechtismus“ zu diskreditieren, ist auch nur bestenfalls ein Ausdruck schlechten Gewissens.
    Die Methode ist alt: Man legt selbst die Ethik- oder Vernunft-Latte so hoch, dass andere sie nur reißen können und dabei zwangsläufig ungeschickt und bemitleidenswert aussehen. Dann steht man selbst immer glänzend da; so richtig lässig und ohne moralischen Achselschweiß an der Seitenlinie.
    Meine Mutter hatte für solchen Zynismus und selbst für´s „Anprangern“ keine Zeit – und wahrscheinlich auch ein zu mitfühlendes Herz. Sie lief einfach ganz pragmatisch unter dieser Latte durch und hat schnöselige Drübersteher wie Herrn Reichelt kalt ignoriert.

    Wer das „Anprangern von Menschenrechtsverletzungen“ nur Profis überlassen möchte, hat – so glaube ich – die Ethik hinter den Menschenrechten nicht verstanden, geschweige denn verinnerlicht.

  13. Die zynische Betrachtungsweise einiger Kommentatoren hier ist einfach nur erschreckend. Vor gerade mal 23 Jahren hatten wird eine ähnliche Situation wie in Aserbaidschan noch in einem Teil unseres Landes. Ist das alles schon vergessen?

  14. Meinungsfreiheit ist, wenn man ungestraft Leute verächtlich machen kann, die sich für Meinungsfreiheit anderswo einsetzen.

  15. Ich würde die Diskussion gerne weiterführen, allerdings hat Herr Niggemeier oben unmißverständlich klar gemacht, dass weitere Beiträge meinerseits nicht erwünscht sind.
    Daran halte ich mich selbstverständlich.

  16. @#18 Frank Reichelt: muss ich das vestehen? Sie schreiben das Sie nicht schreiben dürfen? Wenn Sie schon schreiben obwohl es ja „unerwünscht“ ist dann schreiben Sie doch was vernünftiges.

  17. @ 18…
    Nun stilisieren ausgerechnet Sie sich mal nicht zum Märtyrer der redlichen Sache.

    Sie dürfen hier alles sagen. Allerdings werden Sie wahrscheinlich feststellen, dass, wenn Sie Ihre Auffassung sachlich und weniger höhnisch vortragen, von Ihren „Argumenten“ garnicht mehr so viel übrig bleibt.

    Denn wenn man Ihre rhetorischen Fragen im ersten post auf ihren Kern bringt, wollten Sie doch wohl sagen, dass es offensichtlich Angelegenheiten gibt, die so groß und kompliziert sind, dass der einzelne daran eh nichts ändern kann und er, wenn er es denn trotzdem versucht, sich entweder lächerlich macht oder er dies nur aus Eitelkeit tut. Hinter Ihren Aussagen steckt der Vorwurf des immer wieder gern bemühten „Gutmenschen“tums.
    Auch wenn ich ungern auf diese Seite verweise, aber unter dem Wikipedia-Artikel zu diesem Wort finde ich Ihre Haltung treffend zusammengefasst.
    Allerdings scheinen Sie zu vergessen, was viele einzelne „gute Menschen“ gemeinsam erreichen können und – wie oben schon erwähnt – auch in diesem Land vor knapp über 20 Jahren auch erreicht haben. Oder gehörten Sie auch zu jenen, die den Demonstranten geraten haben, sie sollten nachhause gehen und die komplizierte Politik den Fachleuten im ZK überlassen?

    Ihre ostentative Häme offenbart im Grunde nichts anderes als Faul- und Feigheit und – so meine Vermutung – ein uneingestandenes Unbehagen denen gegenüber, die sich zu kritischer Auseinandersetzung und Engagement entschlossen haben.
    Übrigens – So abwegig sind einige Ihrer Vorstellungen garnicht: Ich habe lange Zeit in England gelebt und bin regelmäßig an der über fast 4 Jahre gehenden Non-Stop-Demonstration vor der Südafrikanischen Botschaft am Trafalgar Square in London vorbeigefahren, wo Menschen bei Wind und Wetter, 24 Stunden lang, Tag und Nacht gegen das Apartheidregime protestiert haben. Auch wenn sich Herr Niggemeier sicher nicht so ins Zeug wirft, hätte ich dennoch keine Veranlassung, den von Ihnen so bespöttelten Blogeintrag kleinzureden.

  18. „Welcher normale Europäer möchte zur Zeit etwas Neues aus Aserbeidschan erfahren?“

    Bloss weil auf nem Haufen Kacke immer ne Menge Fliegen sitzen, ist Shice fressen noch lang nicht „normal“. Und die Fußball-EM ist nicht der Mittelpunkt des Universums, nur weil damit die minderintelligenten so gut bei Laune gehalten werden.

    „Schon mal etwas von der Fußball-EM gehört, Herr Niggemeier?“

    Angesichts der gröhlenden Halbaffen, die mit tumb mit ihren nationalistischen Flaggen rumwedeln, ist die schlicht unübersehbar.
    Da muss wer noch mal üben, bei den subtilen Suggestivfragen … oder wieder Fussball gucken gehn, das kriegt ja schliesslich jeder hin.

  19. »Welcher normale Europäer möchte zur Zeit etwas Neues aus Aserbeidschan erfahren?«

    Hier, Hier, ICH! Denn es kann ja nicht angehen, dass der Medienkeller drei Wochen nach dem ESC schon wieder zugesperrt wird, nach dem Motto: „Jungs, wir bauen ab!“

    »Schonmal was von nachfolgender Berichterstattung gehört, Herr Nolte?«

    Denn so funktioniert Journalismus auch. Er kritisiert Zustände, erschafft Aufmerksamkeit und reflektiert danach, welchen Effekt, oder auch nicht dadurch zustande kam.

  20. Bei manchen Leuten fragt man sich, warum sie diesen Blog überhaupt lesen. Ich geh doch auch nicht zu einem, sagen wir mal, NPD-Blog und kommentiere dann dort rum, wie übel ich die Ansichten dort fnde.
    Kommentator Nr.1 zum Beispiel würde ich einen EM-Blog und einen Blog „We give a shit about other people’s problems“ empfehlen. Da hat er sicher mehr von.

  21. @Kommentare zu 1: Könnte das nicht auch ironisch gemeint sein?

    @Frank Reichelt: Irgendwie schade, dass Herr Niggemeier Sie mit der Bitte, „es woanders“ zu tun, vor Ihnen selbst schützt. Ich hätte gerne gelesen, wie Sie Ihre Selbstwidersprüche auflösen bzw. (was mir wahrscheinlicher erscheint) sich noch mehr darin verstricken.

    @25 (Robert): Warum machen Sie das nicht? Und ob der Kommentator aus 1 an anderer Stelle „mehr [da]von“ hätte – wer weiß? Auch hier erfährt er doch jede Menge Resonanz.

  22. @ Robert (#25): Sie hätten recht, wenn #1 ernst gemeint wäre. Ich verstehe #1 wie alter Jakob (#8) als satirischen Seitenhieb auf die Mainstreammedien und deren an die kurze Aufmerksamkeitsspanne der Spaßgesellschaft angepasstes Verhalten. Und das kann man durchaus kritisch sehen. Sollte man wohl.

  23. Ein, wie ich finde, sehr schlauer Mensch hat gestern geschrieben:

    „Es hat etwas von Sushibar. Das Karussell der Konflikthäppchen ist immer in Bewegung, wir greifen uns was raus und ziehen uns was aus Afghanistan oder Irak rein. Dann rasch weitergedreht, bevor uns übel wird. Aus den Augen, aus dem Sinn. Möglichst weit weg. Neues muss her!“

  24. @28 (Matthias Schumacher): Ob der Mensch wirklich so schlau ist, wenn er in eine Sushibar geht, obwohl ihm davon übel wird?

    Unabhängig davon kommt in der Sushibar alles immer wieder an Ihnen vorbei (so lange es nicht gegessen wird oder (so hoffe ich zumindest) es aufgrund einer zu langen Laufzeit vom Fachpersonal wieder vom Band genommen wird). „Aus den Augen, aus dem Sinn“ bzw. „Möglichst weit weg“ oder gar „Neues muss her“ passt bei diesem Bild nur bedingt.

    Eher könnte man es mit Rudi Carells laufendem Band vergleichen, wo so viel an einem vorbeiläuft, dass man sich gar nicht alles merken kann. Und der werte Herr Niggemeier ist einer von denen, die immer mal wieder ein bereits vorbeigelaufenes Objekt hintenrumtragen und erneut aufs Band stellen, damit es eventuell doch im Gedächtnis bleibt.

  25. @16, tisch.
    „Vor gerade mal 23 Jahren hatten wird eine ähnliche Situation wie in Aserbaidschan noch in einem Teil unseres Landes. Ist das alles schon vergessen?“

    Bei Dir offensichtlich schon, denn die DDR war ein Unrechtsstaat, in dem hunderte Regimegegner ermordet und Abertausende zum Teil jahrzehntelang weggesperrt wurden.

    In Aserbaidschan gibt’s seit 15 Jahren keine Todesstrafe mehr. Amnesty International schätzt die Anzahl der politischen Gefangenen auf „mindestens 17“.
    Wie krass ist das denn? 17! Wo stecken die die bloß alle hin? Bauen wohl nur Gefängnisse da.

    „Die zynische Betrachtungsweise einiger Kommentatoren hier ist einfach nur erschreckend.“

    Ja, bei Dir bekommt man wirklich Angst. Die Maueropfer drehen sich im Grab um und die Stasiopfer palmieren ihre Gesichter.

    In unserem schönen Heimatland Deutschland übrigens wird man nicht, wie jener Reporter, von der Polizei aufs Revier „gebeten“, da kommt das BKA direkt zu Dir ins Haus und stellt Dir die Bude auf den Kopf, wenn über Deinen Internetanschluß ’ne falsche HTML-Seite aufgerufen wurde:
    http://www.heise.de/newsticker/meldung/BKA-Razzia-nach-Attacken-auf-Gema-Server-1617360.html

    Die Polizei schafft es seit mehr als einem halben Jahr nicht, die entsprechende Seite abschalten zu lassen:
    http://www.1337core.de/2012/06/durchsuchungen-bei-anonymous-mitlaufer.html

    Bin mal gespannt, wieviele Leute wegen angeblicher „Computersabotage“ in den Knast wandern und ob die anschließend als „politische Gefangene“ gelten.

  26. Ist eigentlich schon einmal denjenigen, die ab und an behaupten, der ein oder andere täte etwas lediglich, um sein Gewissen zu beruhigen, aufgefallen, dass dieser Vorwurf eigentlich nur von Leuten kommen kann, die entweder der Meinung sind, das Gewissen habe entweder schon allgemein keine sinnvolle verhaltenssteuernde Funktion und man solle lieber nicht auf sein Gewissen hören, oder aber die der Meinung sind, dass etwas Richtiges falsch wird, nur weil man nicht im Gewissen beunruhigt sein möchte. Ist das nicht gewissermaßen etwas gewissenlos, wenn man so denkt?

    Denn das würde je bedeuten, dass diese Leute behaupten möchten, dass sie selbst Gutes tun um des Guten Willen und nicht um des ruhigen Gewissens willen. Das müssen aber edle Menschen sein. Ich bin mir hingegen aufgrund gewisser Menschenbeobachtungen gewiss, dass es solche Menschen nicht gibt.

    Also: Bitte vergewissern Sie sich, dass Sie alle Ihr Gewissen beruhigen.

  27. @Jeff: In Aserbaidschan sterben Regimegegner auch ganz ohne Todesstrafe gewaltsam. (Ich bin jetzt zu faul, entsprechende Links rauszusuchen, Sie würden sie vermutlich eh nicht lesen.)

  28. @ 30

    Aserbaidschan ist ein wirklich schönes Land. Warum ziehen Sie denn nicht dorthin, wenn es Ihnen hier zu ungemütlich wird…

    (Das ist keine Frage. Antworten Sie bitte nicht.)

    Aserbaidschan hat ca. 9 Millionen Einwohner. Die BRD hat 9 mal soviel. Hätten wir hierzulande (9×17=) 153 politische Gefangene, würden Sie das sicher auch lächerlich finden….

    (Wieder keine Frage. Bitte auch darauf nicht antworten.)

    „Schau in den Spiegel“: Da spricht ein Relativierer.

  29. Hmm…nee…..der würde das wahrscheinlich nicht lächerlich finden, sondern irgendwie ganz knorke…Immerhin werden die ja nicht umgebracht…gibt ja keine Todesstrafe mehr….

  30. @33:
    „@Jeff: In Aserbaidschan sterben Regimegegner auch ganz ohne Todesstrafe gewaltsam. (Ich bin jetzt zu faul, entsprechende Links rauszusuchen, Sie würden sie vermutlich eh nicht lesen.)“

    Doch, würde ich. Immer her damit! Würde mich doch sehr wundern, wenn es nur in Deutschland Todesopfer durch Polizeibrutalität gäbe.

    @34/35:
    Ne, was ich „lächerlich“ finde, ist, anderen Zynismus vorzuwerfen und dann allen Ernstes die Situation in Aserbaidschan mit der damaligen Situation in der DDR zu vergleichen. Das ist der Gipfel des Zynismus.

  31. @37:
    Keine Links gefunden oder warum das Ablenkungsmanöver?

    Ja, durchaus. Ich umgebe mich, wie Du, in erster Linie mit Leuten, die mir nach dem Maul reden.

  32. das Problem mit Typen wie J. ist, dass sie jeder kritischen Anmerkung – eigentlich egal zu welchem Thema – schon beinahe zwanghaft mit dem relativierenden Hinweis begegnen, anderswo, zu anderer Zeit, hätten andere Menschen anderen Menschen noch andere, viel schlimmere Dinge getan. Der Erkenntnisgewinn ist mager, aber man kann sich so schön als vermeintlich „meta“kritischer Geist gerieren. (Umgekehrt – also im positiven Sinne – funktioniert es natürlich genauso gut. Hauptsache nur, es führt zu nichts!)

    Dabei hat „tisch“ in seinem Beitrag- zumindest habe ich es so verstanden – lediglich auf die Ähnlichkeit und Vergleichbarkeit der Situation betroffener Dissidenten in zwei autoritären Regimes hingewiesen. Jemand dessen – ironischerweise meist sogar auf dem Papier verbrieften – Bürger- und Freiheitsrechte z.B. durch organisierte ungerechtfertigte und illegale Polizeigewalt, durch gesellschaftlich geduldete und geförderte Korruption massiv eingeschränkt werden, der sich mit staatlicher Willkür und Repressalien (Zwangsumsiedlung, falschen Anschuldigungen, Zensur usw.) konfrontiert sieht, mit Gesinnungschnüffelei und Meinungszwang, wird seine Situation wahrscheinlich nur als graduell anders wahrnehmen, als das Menschen in Staaten tun, in denen sogar ganz offen und legal mit noch viel härteren Mitteln und höheren Strafandrohungen – z.B. der Todesstrafe – gegen dissidente Personen vorgegangen wird.
    Wo – wie gesagt – „tisch“ – meiner Ansicht nach zulässigerweise und zurecht – daran erinnert hat, dass es auch vor gerade einmal einer Generation in Deutschland Opfer massiver Menschenrechtsverletzungen gegeben hat (und man die hier gelegentlich zur Schau getragene „Leck-mich-am-Arsch-attitude deshalb zumindest einigermaßen geschichtsvergessen und borniert finden kann), macht J. aus dem Gedanken kurzerhand eine Art lustiges „Menschenrechtsquartett“, (um sich inkonsequenterweise im gleichen Atemzug über den Vergleich aufzuregen): Die Perspektive ist dabei eine völlig andere! Da werden dann nämlich nicht mehr die „Opfer“ betrachtet, sondern mal eben, die Macht und Skrupellosigkeit der Regime und Täter gegeneinander aufgerechnet – irgendwie schon geil, oder?! – um dann verquast zu schlussfolgern, wenn es in der DDR die hundertfache Vollstreckung der Todesstrafe gegeben hat, dann können doch 17 inhaftierte politische Gefangene nicht wirklich „stechen“. Läppisch! J. gewinnt: Mit „Hunderten“, mit „Stasiopfern“, mit „Todesstrafe“ gegen 17 (17!…Nur??…Paaah!) kleine Hanseln, die wahrscheinlich ohnehin nur wirklich kriminell sind und sich aber in der Rolle der politisch Verfolgten irgendwie schicker finden. Und dabei gehen ihnen dann westliche „Gutmenschen“ und „Menschenrechtisten“ auf den Leim.

    Zu Ende gedacht heißt das, solange das diktatorischste und terroristischste Regime der Welt (only for argument´s sake sag ich jetzt mal: Birma) nicht Geschichte ist (ich mach jetzt mal den Ahmadinedschad;-), erübrigt sich eigentlich jede kritische Anmerkung, zu den autoritären Waisenknaben in Aserbaidschan. Und solange ein Mob im Iran minderjährige Jungs an Baukränen aufhängt und kleine Mädchen steinigt, locken doch ein paar (17! – Pffft!)
    unter fadenscheinigen Vorwänden Inhaftierte keinen echten Menschenrechtsaktivisten vom Sofa.

    Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass selbst in einer Diskussion über (and again for argument´s sake sag ich nochmal: Birma), J. einwerfen würde, dass irgendwann, irgendwo von irgendwem im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen noch vielviel schlimmere Greueltaten an irgendwem anderes verübt worden sind und sich insofern auch jede Kritik an Birma doch eigentlich verbietet.

  33. Ich schätze, der eine oder andere unter denjenigen, die sich hier als superabgebrühte Bad Guys inszenieren, trällert morgens unter der Dusche in einem Augenblick der Entspannung ein ganz sentimentales Liedchen und muss sich dafür gleich wieder am Riemen reißen, indem er dreimal laut „Es ist geil, ein Arschloch zu sein“ brüllt…

  34. Wenn man die Anzahl der politischen Häftlinge in Aserbaidschan auf die Bevölkerung von China (ca. 1.3 Mrd, Stand 2010) hochrechnet, erhält man übrigens die Zahl 2470.

    „Die genaue Zahl politischer Gefangener ist nicht bekannt. Der überparteiliche US-Kongressausschuss zur Beobachtung der Menschenrechtslage China listet in seinem im Oktober veröffentlichten Jahresbericht 2010 1.452 politische Häftlinge namentlich auf und unterhält eine Datenbank über 5.500 Fälle. Das gilt nur als ein Bruchteil der wahren Zahl“ (Quelle: taz-online vom 16.11.2010)

    Demnach ist Aserbaidschan in dieser Angelegenheit tatsächlich wahrscheinlich nicht mal „halb so schlimm“ wie China. Beruhigend.

    Die birmanische Junta ließ übrigens noch 2007 auf buddhistische Mönche schießen, verübt(e) ethnische Säuberungen, Vertreibungen, unterdrückt religiöse Minderheiten und Dissidenten, verlangt Zwangsarbeit, setzt Kindersoldaten ein, ließ (und lässt wahrscheinlich) systematisch foltern und vergewaltigen. Nach dem katastrophalen Zyklon „Nargis“ von 2008, bei dem über 80.000 Menschen in Myanmar umkamen und ganze Landstriche im Irrawaddy-Delta dem Erdboden gleich waren bzw. unter Wasser standen, behinderte und verweigerte das Regime massiv den Einsatz von internationalen Hilfsmaßnahmen. Dadurch sind unzählige weitere Menschen in der Folge buchstäblich verhungert oder krepiert.

    Dort schaut der Westen seit Jahrzehnten zu. Zwar erhielt einerseits Frau Aung San Suu Kyi den Friedensnobelpreis, andererseits machte vor allem Großbritannien mit den Militärs, die sich – während die Landbevölkerung kurz gehalten wird – ein prächtig vergoldetes Xanadu in Naypyidaw gebaut haben, gute Geschäfte mit den reichen Bodenschätzen des Landes.
    Beunruhigend.

    Es gibt also wahrscheinlich wirklich schlimmere Regime als Aserbaidschan, aber glaubt jemand wirklich, dass sich ein Mehman Huseynov durch solches Wissen getröstet fühlt?

  35. @41:
    Das Problem mit Typen wie Ihnen ist, daß sie geil werden, wenn sie lange Küchenpsychologie-Texte schreiben.

    @43:
    Das Problem mit Typen wie Ihnen ist, daß sie geil werden, wenn sie lange Küchenpsychologie-Texte lesen.

    @39:
    Ich sieze nur Leute, die ich nicht leiden kann. Stefan Niggemeier gehört nicht dazu.

  36. @ superglue (## 41 und 44): Stimmt genau. Das Argument „Anderswo ist es noch viel schlimmer“ zieht nicht. Egal, womit man sich beschäftigt, es gibt immer ein Problem, das wichtiger, dringender, schlimmer ist. Oder jemanden, der das findet.

    Den Leuten sind unterschiedliche Dinge wichtig. Manche engagieren sich im Tierschutz, obwohl doch Kinder misshandelt werden, verwahrlosen oder verhungern. Andere arbeiten für den Umweltschutz, obwohl doch in Syrien gefoltert wird, Mexiko von den Drogenkartellen terrorisiert wird, in Griechenland Flüchtlinge aus Afrika unter unwürdigen Bedingungen eingesperrt werden, im Iran Menschen gesteinigt werden usw. usf. Manche machen Theater oder Musik oder schreiben Reiseberichte, obwohl doch der Rechtsextremismus in Deutschland grassiert und immer neue Opfer fordert und man was dagegen tun müsste. Es gibt tausend Probleme, deren Lösung man für wichtiger als den Tier- und Umweltschutz halten kann, von trivialer Unterhaltung mal ganz abgesehen. Deshalb sind Tier- und Umweltschützer, Musiker und Reiseberichtschreiber aber weder gewissenlos noch verschwenden sie ihre Kraft an Sinnloses. Sie haben einfach andere Prioritäten.

    Und es ist gut, dass die Leute so unterschiedlich sind und unterschiedliche Prioritäten haben. Würden alle an dem einen ganz dringenden Problem (oder den Top 5 der Liste der dringendsten/wichtigsten Probleme) arbeiten, stünden sie sich bloß gegenseitig im Weg, und andere, ebenfalls dringende Probleme würden gar nicht angegangen, weil sie es nicht in die Top 5 schaffen. Und daraus folgt direkt: Die Menschenrechtssituation in Aserbaidschan anzuprangern ist gut und notwendig. Vielleicht spendet es betroffenen Aserbaidschanern wie Mehman Huseynov Trost, ermutigt sie zum Weiterkämpfen und trägt so dazu bei, die Situation dort mittelfristig zu verbessern.

    Dadurch wird die Welt zu einem besseren Ort als vorher, auch wenn ungezählte andere Probleme bleiben. Aber diese anderen Probleme haben ja auch ihre Bekämpfer – Leute befassen sich mit den Problemen Syrien, China, Weißrussland, Kinderarmut, Rechtsextremismus, Korruption, Kinderpronographie usw. und tun was dagegen. Und dabei können sie es nicht gebrauchen, dass allenthalben Leute kommen und sagen „Aber [hier anderes Problem denken] ist doch viel schlimmer, das sollte man zuerst angehen.“ Dieses Argument verursacht letztlich Untätigkeit, weil sich natürlich nie alle werden einigen können, welches Problem nun wirklich das allerdringendste ist. Also soll einfach jeder an der Baustelle seiner Wahl die Schippe schwingen, die Leute an den anderen Baustellen nicht behindern und sich freuen, dass auf diese Weise die Arbeit an vielen Baustellen weiterkommt. Langsam vielleicht, aber immerhin.

  37. @44:
    In der DDR gab es 250000 politische Gefangene. Hochgerechnet auf die Bevölkerungszahl von China waren das fast 20 Millionen.

    Was genau ist nun das Problem in China, wenn man’s mit der DDR vergleicht?

    Einfach drollig, diese Menschenrechtisten.

  38. #41: danke, schön gesagt.
    #47: Mir ist nicht klar, was Sie eigentlich wollen. Ist Ihre Aussage, dass in Aserbaidschan alles gut ist, und dass man das Land deshalb in Ruhe lassen und so akzeptieren soll? Und ist Ihnen diese Meinung so wichtig, dass Sie sie so vehement vertreten müssen? Ernsthaft? DAS liegt Ihnen so am Herzen? DAS ist es, wofür Sie stehen und eintreten?
    Und glauben Sie, dass all die Errungenschaften unserer Zivilisation, all die sozialen Fortschritte, durch Menschen erreicht wurden, die so denken wie Sie? Glauben Sie, die Menschheit wäre so weit gekommen, wenn mehr Menschen dächten wie Sie?
    Ernsthaft??

  39. @49:
    „Mir ist nicht klar, was Sie eigentlich wollen.“

    Warum nicht? Liegt doch auf der Hand. Mir geht dieser unreflektierte Empörungswahnsinn auf den Sack. Ihr hinterfragt nicht, Ihr glaubt einfach nur, was Euch vorgesetzt wird.

    Aus einem Polizeiverhör eines einer Straftat verdächtigten Reporters wurde durch Reporter ohne Grenzen die Verhaftung eines „vermutlich“ unschuldigen Reporters. Wieso denn nur „vermutlich“? Er ist Reporter. Er ist aus Aserbaidschan. Ist doch völlig logisch, daß er unschuldig ist. Da muß man doch nicht recherchieren.

    ROG hält es interessanterweise nicht mal für nötig, in der PM und/oder auf ihrer Startseite durch ein Update darauf hinzuweisen, daß Mehman Huseynov noch an dem Abend, an dem er „vermutlich“ in den Knast gesteckt wurde, entlassen wurde und ähnlich fröhlich in die Kamera gegrinst hat wie auf dem „I am Offline“-Fratzenbuchfoto.

    Reporter, die nicht (mehr) im Knast hocken, sind dem ROG offensichtlich keine Meldung wert. Bad news are good news.

  40. @51:
    „ROG HÄLT die Vorwürfe gegen ihn FÜR politisch motiviert und VERMUTET, dass Husejnow für seine kritischen Berichte und sein Engagement vor dem ESC bestraft werden soll.“

  41. J. glaubt nichts und empört sich nur über Dinge, die er anhand eigener Erfahrung verifizieren kann. Dann bleibt natürlich selbstverständlich nicht mehr viel übrig.

    Na klar. Alles Lüge!…Nur die DDR, die hatte wirklich 250000 politische Gefangene…Die hat J. alle gezählt.

  42. @ 47

    Sie haben´s begriffen…aber die „Kennzahlen“ von Regimen vergleichen (Stichwort „Menschenrechtsquartett“)…hmm..das hatten doch eigentlich Sie angefangen (Nr. 30)…Meine Beispiele dienten ja genau dazu, Ihnen den Unsinn Ihre Argumentation vor Augen zu führen…

    „Was genau ist nun das Problem in Aserbaidschan, wenn man’s mit der DDR vergleicht?“

    Einfach drollig, diese Relativierer.

  43. Sowohl AI (http://www.amnesty.org/en/news/azerbaijan-retaliates-against-eurovision-democracy-activists-2012-06-13), als auch die schwedischen CivilRights Defenders, der CPJ und diverse andere Onlinemedien berichten übereinstimmend über den Vorfall.

    Es gibt keinen Grund anzunehmen, das Ganze sei ein hoax. Auch gibt es keine Hinweise darauf, dass Huseynov sich dessen schuldig gemacht hat, was ihm vorgeworfen wird (bzw. es gibt Berichte, dass der fragliche Vorfall am 21. Mai von mehreren Polizisten provoziert wurde.) Außerdem – ja! – die ganze Sache ergibt einfach mehr Sinn, wenn man sie als revanchistische Repression eine autoritäten Staates betrachtet, statt anzunehmen Huseynov sei ein Hooligan, den man erst über 2 Wochen nach der Tat auf die Schliche gekommen ist…
    Dass er entlassen wurde, scheint ebenfalls wenig zu bedeuten, da die Anklage offenbar nicht fallengelassen wurde, er sich nur auf Kaution auf freiem Fuß befindet und immerhin mit einer möglichen Strafe von 5 Jahren Gefängnis konfrontiert wurde.

    J. scheint gedanklich irgendwie in der zwangsneurotischen – irgendwie fassbinderschen – Vorstellung einer „Welt am Draht“ hängen geblieben zu sein, in der er der Einzige ist, der den fake durchschaut. während der Rest der Welt dumm oder faul genug ist, sich täuschen zu lassen.
    Ich gebe zu – ich war nicht dabei – verlasse mich also auf Berichte, die ich als glaubwürdig einschätze. So what?! Deshalb schlucke ich ja trotzdem nicht alles „was mir vorgesetzt wird“. Aber ich war auch vor meiner Geburt nirgends dabei und bin trotzdem fest davon überzeugt, dass es die Welt davor auch schon existiert hat.

    Wie analysierte es MAxi neulich so treffend:

    „Ich habe manchmal das Gefühl, dass dem „J.“(Änderung von mir) nicht bewusst ist, dass hier durchaus auch erwachsene und gefestigte Persönlichkeiten mitdiskutieren, denen so eine ärgerliche und gezwungene Kacke einfach auffällt…“

    Der Krampfstammler ist so eigentümlich still…dafür der J. so aktiv….Hmmmm….

  44. @Jeff:

    Ihnen fällt zwischen:

    „Aus einem Polizeiverhör eines einer Straftat verdächtigten Reporters wurde durch Reporter ohne Grenzen die Verhaftung eines »vermutlich« unschuldigen Reporters.“

    und

    „ROG HÄLT die Vorwürfe gegen ihn FÜR politisch motiviert und VERMUTET, dass Husejnow für seine kritischen Berichte und sein Engagement vor dem ESC bestraft werden soll.“

    keinerlei Unterschied auf? Also ist es genau die gleiche Aussage und es macht keinen Unterschied, ob jemand vermutlich unschuldig ist oder seine Verhaftung vermutlich politisch motiviert ist.

    Damit haben sie gerade bewiesen, dass es in Aserbaidschan keine politischen Gefangenen gibt. Es gibt nur noch vermutlich Unschuldige. Danke dafür.

  45. @ bettkantenschläfer

    Bitte füttern Sie das J. nicht durch direkte Ansprache;-)
    J. hat zu diesen Vorfällen in Aserbaidschan ohnehin keine Meinung, weil sich diese notwendigerweise auf Quellen stützen müsste, deren Glaubwürdigkeit er ganz grundsätzlich in Zweifel zieht (ohne dafür freilich trifftige Gründe anzuführen) oder denen er sogar bewusste Manipulation und Unredlichkeit unterstellt. Er sieht hingegen keinen Grund oder Veranlassung, die Rechtsstaatlichkeit des Vorgehens der Behörden in Aserbaidschan gegen Huseynov in Frage zu stellen.

    Ihm geht es deshalb nur darum, lautstark und pöbelnd unterstellen zu können, dass alle, die sich auf Berichte von irgendwelchen Menschenrechtsorganisationen berufen, leichtgläubige und hyperventilierende „Menschenrechtisten“ sind, die den Propagandalügen von „Gutmenschen“ auf den Leim gehen.

    Für ihn ist die Meldung ein Hoax und gar keine Aufmerksamkeit wert. Huseynov war „vermutlich“ nie im Gefängnis, wurde – wenn überhaupt nur freundlich auf die Polizeistation gebeten und nachdem man ihm gutmütig auf die Schulter geklopft hat, „vermutlich“ wieder nachhause geschickt, wo er seine „Fratze“ lächelnd in die Kamera gehalten hat. „Vermutlich“ ist Huseynov ohnehin nicht „unschuldig“, sondern in Wahrheit ein gewalttätiger Hooligan, den man zurecht anklagt. Das hält er – ungeachtet gegenteiliger Berichte – für wahrscheinlicher. Der Rest ist „unreflektierter Empörungswahnsinn“….und der geht ihm – dem Oberchecker und Anti-Politsperenzchen-Beauftragten des Internets – nun mal auf den Sack.

    Wenn das stimmt und ich mich irre, dann bin durch eine Vielzahl bislang grundsätzlich glaubwürdiger Quellen getäuscht worden. Das Risiko gehe ich ein. Meinen Fehler – wenn man denn so wollte – fände ich entschuldbar. Wenn J. sich irrt und die Berichte stimmen, dann ist er bestenfalls nichts weiter als ein naiver Hofnarr und Speichellecker eines autoritären Regimes oder einer, der sich trotz der Informationslage nicht nur geweigert hat, die Bewertung der Vorfälle als zulässig anzusehen, sondern einer, der diese auch noch aggressiv als Lüge propagiert und deren Vertreter ins Lächerliche gezogen hat. Reaktionäre Agitprop, wie es sie im Internet im Dutzend billiger gibt.
    Richtig ist an J. Position derzeit nur, dass wir alle keine first hand information haben, weil niemand von uns dabei war.
    Aber der Horizont auf den er uns blicken lässt, entspricht in etwa einem Kreis mit dem Radius Null. Das hält er wahrscheinlich sogar für einen guten Standpunkt.

    Aber so sind sie die Relativierer.

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