Immerhin: Das Auto müsste sie stehen lassen

Aus der aktuellen „Zeit“:

Ich mag den zweiten Satz in seiner bedeutungsschwangeren Bedeutungslosigkeit. Oder anders gesagt: Schätzen Sie mal, wie groß die Steigerung ist, die die „Zeit“ hier stolz meldet, ohne sie zu melden.

Ich sag’s Ihnen: 1 Promille.

Um 0,10 Prozent ist die Auflage der „Zeit“ im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Diese Tatsache war ihr eine Jubel-Meldung im Blatt in eigener Sache wert. Sie musste dafür nur die Tatsache weglassen.

53 Replies to “Immerhin: Das Auto müsste sie stehen lassen”

  1. Klar, Steigerung um 0.1% ist wahrlich nicht viel – aber ist für Verlage nicht bereits ein ausfallender Schwund der Auflage ein Jubelgrund?

  2. Die Zeit wird in Bonn eigentlich wöchentlich am Bahnsteig verschenkt, geht sicher auch mit in die Auflage rein, oder?

    Und 180.000 neue Leser sieht ja fast nach einer neuen Berechnungsmethode der Reichweite aus, gleiche Auflage aber 10% mehr Leser (nur ne Vermutung, weiß nicht, wie viele es aktuell sind), naja…

  3. @Malte: Die „Reichweite“ ist in diesem Fall das Ergebnis der Allensbacher Werbeträger-Analyse, also einer Hochrechnung auf der Grundlage einer Umfrage. Danach ist die Zahl der Leser (nicht Käufer) der „Zeit“ von 2011 auf 2012 von 2,16 Mio auf 2,34 Mio gestiegen.

  4. Wenn sie wenigstens das Adjektiv „kleine“ vor Steigerung geschrieben hätten…oder „um ca. 500 Exemplare“. Jeder, der den Satz liest, wird unmittelbar Schlussfolgern, dass es ein winzigkleine Steigerung sein muss. Ich fand die 513 Exemplare als schon viel mehr, als ich nach dem Lesen erwartet hätte.

    Das ist wie wenn mein Chef mit den Budgetzahlen jongliert, und glaubt, dass keiner so schlau wie er ist und das nicht bemerken kann. Er ist sich da jedesmal sicher und ehrlich überrascht, wenn’s doch jedesmal wieder rauskommt.

  5. Das nächste mal können sie ja noch den Bevölkerungsrückgang mit einrechnen und eine relative Steigerung vermelden.

  6. Nunja. Ich sehe da jetzt auch nicht so den Aufreger. Eben kein Auflagenschwund. Darauf kann man wohl stolz sein.

    Nur ist es eben das gängige Mittel, das auch in jeder Erhöhung der Strom-, Gas- oder Sonstwasrechnung verwendet wird. Dort steht auch nie, was es vorher gekostet hat. Das muss man immer selbst heraussuchen.

    Im Übrigen: Wäre die Auflage geschrumpft, hätte man, sofern man eine Meldung hätte bringen müssen (warum auch immer), die Vokabel „angepasst“ verwendet. Immer, wenn sich eine Zahl zum Unangenehmen verändert, wurden die z. B. Stromkosten nicht erhöht, sondern angepasst.

    Angepasste Grüße

  7. @Stefan: „Danach ist die Zahl der Leser (nicht Käufer) der »Zeit« von 2011 auf 2012 von 2,16 Mio auf 2,34 Mio gestiegen.“

    Was, nur 4 Leser pro Zeitungsexemplar? Wer glaubt solchen Mist? Oder gilts schon als Leser, wenn man am Bahnhof am Zeitungsstand vorbeikommt und die Headline aus dem Augenwinkel wahrnimmt?

  8. Noch besser finde ich „das beste Ergebnis in einem zweiten Quartal“.

    Es muss mit aller Gewalt ein Rekord sein und sei es auch noch so schwachsinnig.

  9. Erst die Altmaier-Geschichte, bei der ich lesen muss, dass journalistische Ethik (Privatleben, Zwangs-Outing) durch einen Interessenverband der Schwulen definiert werden könne. Jetzt lese ich, die Zeit hätte „als journalistisches Medium“ bei einer winzigen Randnotiz zwingend nicht nur absolute Zahlen, sondern auch einen Prozentwert nennen sollen. Kurios.

    Es muss wohl am Wetter liegen. Zeit, dass Sommer wird.

  10. @Kommentar #3: Es stimmt: Die Reichweite kann man durch das Verteilen kostenloser Exemplare erhöhen. Auch in Dresden wird die ZEIT auf dem Hauptbahnhof verschenkt — in unmittelbarer Nähe des größten Zeitungsladens.

  11. (@theo: Oder um es ausführlicher zu sagen: Sie fänden das normal, wenn Sie hören oder lesen würden: „Google hat 2011 einen Gewinn von x gemacht. Das entspricht einer Steigerung.“ / „Unser Kaffee kostet jetzt 4,80 Euro. Das bedeutet eine Steigerung.“ Sie fänden das nicht kurios? Sie würden dann nicht fragen: „Steigerung um was?“)

  12. Ich vermute, die Steigerung stand ursprünglich dabei, wurde aber aus offensichtlichen Gründen wegredigiert.

    Die beste Lösung wäre sicher gewesen, von einer „stabilen“ Auflage zu sprechen. Vielleicht ist der Chef gerade im Urlaub.

  13. Ich hatte im vergangenen Jahr drei vierwöchige Gratis-Probeabos der Zeit.
    Ob die mich als drei Abonnenten in ihre Rechnung einfließen lassen?

  14. Ich habe genau dieses Artikelschnipselchen gestern zum Anlass genommen, im Wikipedia-Artikel über die Zeit die grafische Auflagenstatistik einzufügen (zum besseren Vergleich immer nur vom letzten Quartal, wie üblich). Das habe ich anschließend auch noch bei der FAZ und Süddeutschen gemacht. Interessanterweise muss man sagen, dass es der Zeit erheblich besser geht als den beiden Tageszeitungen. Die (irreführend beschriebene) Stabilisierung der Lage, die Stefan oben herausgekratzt hat, würde ich aus Redakteurssicht daher tatsächlich positiv bewerten ^^

  15. @19 Dabei sollte man aber berücksichtigen, dass die Süddeutsche (431.756) sowie die FAZ (355.260) täglich so viele Exemplare an den Mann bringen. Die Zeit ihre etwas höhere Auflage dagegen nur ein mal in der Woche. Die Zeit müsste man aus wirtschaftlicher Sicht also mit anderen Wochenmagazinen wie Spiegel oder Focus vergleichen und nicht mit den täglich erscheinenden Zeitungen.

  16. Tja, der Klassiker halt. Die Wahrheit™, die schreiben ja immer alle – nur eben nicht die ganze Wahrheit. Ein feiner Unterschied.
    In meinen Augen sind Zahlen kein Journalismus – sondern die realitätsbezogene Interpretation selbiger. Aber erzähl das mal irgendjemandem.

  17. @22:
    Dies ist sicherlich eine Gelegenheit, über den Journalismus an und für sich zu debattieren. *seufz*

    @21:
    Die Zeit steht mit ihrer Auflagenentwicklung auch im Vergleich zu anderen Wochenblättern gut da.

    @16,17:
    Bei der Zahl der Abonnenten hat die Zeit die absolute Zahl genannt.
    Und von Kaffee bis Google: vom Prinzip her hättest du schon recht. Vielleicht aber etwas kleinkariert und preußisch, das Eine mit dem Anderen gleichzustellen. Hier im Rheinland hält man es da lieber mit Groucho Marx:

    „Ich habe eiserne Prinzipien.
    Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“

    :-)

  18. Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut!
    (Wilhelm Busch)

  19. Hm, 2,34 Mio Leser bei 504.072 verkauften Exemplaren. Macht mehr als 4,6 Leser je Exemplar. Ist das glaubwürdig, wo die Belegung von Wohnungen im Schnitt nur noch knapp über 2 Personen liegt? Demnach muss die ZEIT überproportional in Großfamilien gelesen und/oder an mehrere Haushalte weitergereicht werden bzw. liegt häufig bei Ärzten und Friseuren aus. Letzteres konnte ich noch nicht beobachten; aber ggf. gehe ich ja zum falschen Friseur. Famlien mit 4 und mehr Kindern sind heute aber selten. Könnte es also sein, das man bewusst übertreibt, um mehr Werbung zu bekommen oder das Niveau der Werbepreise zu rechtfertigen?

  20. 4,6 geht ja noch.
    Ich stelle mir gerade vor, wie die 13.000 neuen Abonnenten und die 180.00 neuen Leser sich um die 513 zusätzlich verkauften Exemplare raufen.

  21. Diese dauernde Freude, dass es Zeitungen schlechter geht, ist sehr unheimlich. Diese dauernde „geht-Sterben“-Predigt von Stefan Niggemeier, der seit Jahren nur von Print lebt, ist unheimlich. Dass worüber nicht geredet wird, von Google bis Amazon, ist noch viel unheimlicher. Geschichte wiederholt sich nicht. Die Werner -Höfers von 1944 sind heute trotzdem wieder da.

  22. Alter Schwede, den ganzen Tag frage ich mich schon, was die Überschrift bedeutet …. jetzt hab ich es endlich! :-D
    Da hatte ich wohl eine sehr lange Leitung!

  23. @32, Jan-Hendrik: Trösten Sie sich. Mir ging’s wie Ihnen. Musste den Beitrag drei Mal lesen, bis ich dachte: Aha, da schlummert der Gag.

  24. Ja, Herrgottnochmal, bitte, ich gebs zu, mensch!! Ja! Ja! Ich habs IMMER noch nicht begriffen, also jetzt sagt mir doch endlich, was diese vermaledeite Überschrift, von der ich ja WEISS, dass sie einen Witz haben muss, jetzt sagt mir doch …

  25. oh mann. wie immer. 1 minute nach abschickung. begriffen. aha. ok. ganz gut. das ist ein guter beweis dafür, dass es gut ist, den dampf mal abzulassen, nicht wahr, kann man doch wieder ganz neu auf die dinge schauen, und die sachen fliegen einem zu, einfach so, wie das glück, wenn man nicht nach ihm hascht.

  26. @30: Wie weiter oben schon angedeutet: Bei den 13.000 neuen Abonnenten wird es sich keineswegs nur um zahlende Leser handeln, sonder vor allem auch um Bezieher von Probeabos.
    Oder tue ich den Statistikern der Zeit etwa Unrecht, wenn ich ihnen diese Zahlen-Schönfärberei unterstelle?

  27. So ist es dann wohl heutzutage

    Es freu’n sich die großen Verlage
    Über Steigerungen ihrer Auflage
    Ist’s im Bereich von Promille
    Bewahrt man darüber Stille
    und bleibt bei den Zahlen halt vage

  28. Gaaaaaah!

    Könnte einer von euch Überschriftsverstehern dann bitte auch mal die Erklärung rausrücken?

  29. Tatsächlich sind Überschrift und Text nicht ganz richtig. Die Auflage (gedruckte Exemplare) ist nicht gestiegen sondern im Vergleich zum letzten Jahr sogar um -1.18% gefallen. Und der suggerierte Anstieg der Abonnenten bezieht sich nicht auf ein Quartal sondern auf ein Jahr. Im letzten Quartal lag das Wachstum bei den Abonnenten nur bei immerhin 3.879.

    Aber solche Darstellungen sind Branchen üblich. Vor einem guten Jahrzehnt habe ich Anzeigen für den Vermarkter einer Tageszeitung gemacht. Jeden Monat gab es eine neue Zahl aus einer Studie. Da wurden schon damals Äpfel mir Birne verglichen um irgendeinen vermeintlichen Rekord dar zustellen. Das Ganze hat eigentlich nichts gebracht und verpuffte; Mediaplaner schauen Zahlen im echten Leben eben genauer an.

    Quelle http://www.ivw.eu

  30. Was die Zeit das schreibt ist natürlich schwurbelig und es werden natürlich Äpfel mit Birnen verglichen.

    Aber die gedruckte Auflage hat doch noch weniger Aussagekraft. Sobald im Rahmen einer Werbeaktion eine größere Menge an Freiexemplaren gedruckt wird, geht die gedruckte Auflage in die Höhe. Die Zeit hätte einfach von „verkaufter Auflage“ schreiben können, aber dann wäre vermutlich jeder Leser etwas stutzig geworden ;)

  31. Ich finde die Steigerungsmeldungen unter 1% immer besonders wichtig. Aber nett finde ich auch das Unterstreichen der 0,1 mit der zusätzlichen Null; das bringt etwas Gewicht in die magere Zahl! ;-)

  32. @winston t. wolf: Naja nee.

    Unter „Auflage“ die verkaufte Auflage zu verstehen, ist nicht nur üblich, sondern sinnvoll.

    Und die Steigerung der Abonnentenzahlen bezieht sich auf genau den Vergleich, den die „Zeit“ selbst nennt: 2. Quartal 2012 gegenüber 2. Quartal 2011.

  33. Die Pressemitteilung des Verlages ist nur unwesentlich länger als der Text, dafür aber wesentlich präziser:

    „IVW II/2012: Rekordauflage für DIE ZEIT – 504 072 verkaufte Exemplare | 16.07.2012

    DIE ZEIT setzt ihre Erfolgsserie fort und erreicht bei der aktuellen IVW-Erhebung die höchste verkaufte Auflage in einem zweiten Quartal seit Bestehen.
    Im 2. Quartal 2012 verkaufte die Wochenzeitung von jeder Ausgabe durchschnittlich 504 072 Exemplare und legte im Vergleich zum hervorragenden Vorjahresquartal noch einmal leicht zu (+0,10 Prozent). Besonders stark wuchs DIE ZEIT im Abonnement – auf 336 668 Exemplare, das sind 11 774 Exemplare (+3,62 Prozent) mehr als im Vorjahr.

    Bereits bei der AWA 2012 erreichte DIE ZEIT ein neues Rekordergebnis und steigerte die Reichweite auf 2,34 Mio. Leserinnen und Leser – 180 000 mehr als in 2011.“

  34. Schönfärberei.
    Die „Zeit“ hat sich schon lange selber überlebt. Vor allem hat sie Leser verloren und sich komplett ungläubig gemacht, nachdem Giovanni di Lorenzo sich unerträglich mit Guttenberg vereinte. Erzähle man mir was man möchte, aber die Steigerung der Abonenten ist albern. Dass so eine Kleinigkeit überhaupt erwähnt wird schreit förmlich nach Lächerlichkeit.

  35. Wie die angeblich steigende Zahl der Abonennten zustande kommt, habe ich am eigenen Leib erfahren dürfen. Ich habe an einer Umfrage teilgenommen, in der man gebeten wurde, die Qualität des Job-Newsletters der Zeit zu bewerten. „15 Minuten Zeit nehmen, 3 Mal die Zeit umsonst lesen“ stand da. Ich bin kein Idiot und habe noch nie irgendwelche (Intrnet-)Käufe getätigt, die ich nicht haben wollte. Der Zeit habe ich als Marke vertraut, meine Adresse eingegeben und vermutlich irgendwo ein Kreuzchen gemacht — und bekam nach den drei freien Ausgaben einen Brief, in dem ich als neue Abonnentin begrüßt und aufgefordert wurde, 187,10 € zu zahlen. Ich habe umgehend per Email daraufhin gewiesen, dass ich wissentlich nie ein Abo abgeschlossen habe und keine weitere Zeitung haben wolle, worauf sie „das Abo“ kündigten und ich 10.80 € zu entrichten hatte für die in der Zwischenzeit an mich gesendeten Zeitungen. Die Zeit ist für mich mit dieser Aktion absolut unseriös geworden und hat mich als potenziellen Kunden für immer verloren. Wer noch mehr über die sauberen Praktiken der Zeit lesen möchte, kann dies u.a. hier tun: http://meedia.de/background/meedia-blogs/stefan-winterbauer/stefan-winterbauer-post/article/zeit-keult-probeabos-mit-japan-katastrophe_100033766.html

  36. #46

    Das wird ja immer schlimmer. Letzte Woche nennt der Fleischhauer bei SpOn den Nigge seinen „Kollegen“.

    Jetzt fordert einer schon „Neutralität“.

    What’s next?

  37. @47: Hatte schon mehrere solcher Abos und habe deine Erfahrungen nicht gemacht. Dass du vor dem Erhalt der letzten Ausgabe das Probe-Abo kündigen musst (ganz formlos per E-Mail), steht in den Teilnahmebedingungen – und ist gängige Praxis bei derartigen Angeboten.
    Sollte man sich schon durchlesen, wenn man so etwas in Anspruch nimmt.

  38. Ich verstehe die Aufregung nicht. Manchmal muss man eben nicht nur zwischen den Zeilen lesen, sondern auch zwischen den Satzzeichen!

    Zwischen dem Wort „Steigerung“ und vor dem „.“ wurde genau der Abstand gesetzt, der der Steigerung entspricht! Also, wer das nicht sieht… ;)

  39. „nachdem Giovanni di Lorenzo sich unerträglich mit Guttenberg vereinte“
    Imo hat er sich in dem Gespräch schön selbst demontiert.

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