Jörg Thadeusz

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Er freut sich so darüber, dass zum Jubiläum seiner 250. Sendung Iris Berben noch einmal gekommen ist, dass er auf dem Weg zu ihr an den Tisch vor Glück die Hände erst zu Fäusten ballt und dann zusammenschlägt wie ein Kind, sich vor ihr verbeugt und gleichzeitig für das Fernsehpublikum noch eine große Hier-ist-sie-Präsentationsgeste versucht, was nur halb gelingt. Frau Berben lächelt diesen ungelenken, charmanten Mann amüsiert und natürlich formvollendet an, und weil sie bezaubert ist, ist sie bezaubernd.

Vielleicht ist es das, was Jörg Thadeusz unwiderstehlich macht: Diese Mischung aus Unbeholfenheit und großem Geschick, das auch nur wie ein Versehen wirkt. Claus Peymann sagte zu ihm: „Sowas Rundes und Naives, wie Sie es sind — oder scheinen –, gibt es wenig.“ (Thadeusz erwiderte grinsend: „Kann ich mir das merken, als Qualität?“)

Wenn er ein bisschen Zeit zum Denken gewinnen muss, wiederholt er stotternd die Silbe, an der er gerade hängt. Und wenn er aufgeregt ist, unsicher oder vielleicht ein bisschen verliebt, stapelt er Wörter aufeinander: „Schön, eigentlich, hatten wir es zusammen, hier, immer“, sagt er zu Iris Berben, nachdem er ihr einige alte Ausschnitte gezeigt hat. Häufiger folgt er Gesprächsabzweigen und merkt zu spät, dass sie in Sackgassen in unwirtlichen Gegenden führen, aber es ist immer eine freundliche Neugier, die ihn dort hinführt, oder ein kindlicher Übermut.

Dass die Gesprächssendung, die er seit fünf Jahren im RBB hat (dienstags, 22.15 Uhr), viel weniger Aufmerksamkeit bekommt, als sie verdient hätte, liegt gewissermaßen in der Natur der Sache, denn sie versucht — genau wie ihr Moderator — nicht mehr zu sein, als sie ist. „Fernsehen bedeutet, anderen Leuten zugucken zu dürfen“, hat er kürzlich in einem Aufsatz für die „Welt“ über den Sinn des Mediums geschrieben. „Wenn sie sich sportlich verausgaben, einen schönen Mund küssen, oder einfach nur miteinander reden.“ Bei Thadusz reden sie einfach nur miteinander.

Es ist erstaunlich, wie selten sowas überhaupt versucht wird im deutschen Fernsehen. Es ist so sehenswert, wenn es gelingt. Iris Berben hatte Thadeusz schließlich in einer Stimmung, in der sie gleichzeitig sehr wach und sehr entspannt war. Auf seine Frage: „Stimmt es, dass Sex unter Kokaineinfluss mehr Spaß macht?“ sagte sie, ohne zu zögern: „Dacht‘ ich mal.“