Jörg Pilawa

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

So weit ist es gekommen: Ich habe Mitleid mit Jörg Pilawa.

Das ist etwas unangenehm, sehr ungewöhnlich und vermutlich völlig unnötig. Man kann schließlich davon ausgehen, dass der Mann sich, als er im vergangenen Jahr zum ZDF wechselte, zusichern ließ, dort alles wegmoderieren zu dürfen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Neben dem Ratespiel „Rette die Million“, das er schon hat, der „Terra X Show“ und der „Logo-Show“, die schon bekannt sind, also mutmaßlich auch eine „Landarzt-Show“, eine „Auslandsjournal-Show“ und eine „Aktenzeichen-XY-Show“, den bunten „heute journal“-Abend, das Wissensformat „Frag doch mal das Mainzelmännchen“, ein Promi-Kartenspiel „Frontal 17 + 4“, das „heute-Quiz“, das „Mona-Lisa-Quiz“, das „Aspekte-Quiz“, „Pilawas Quiz-Quiz“, „Pilawas Pilawa-Quiz“ und eine Ratesendung mit Fragen.

Und eben, anscheinend, womöglich, „Wetten dass“. In der öffentlichen Diskussion, wer am besten als Nachfolger von Gottschalk geeignet wäre, fallen viele Namen, aber darauf, dass der wahrscheinlichste, Pilawa, es nicht werden sollte, können sich ungefähr alle verständigen. Er würde es vermutlich nicht einmal schaffen, so bemerkenswert schrecklich zu sein wie Wolfgang Lippert damals. Er wäre einfach nur Pilawa. Der Name ist zum Synonym für den farblosen, austauschbaren, allgegenwärtigen Fernsehmoderator geworden, und ich mag mir nicht ausmalen, wie das ist, wenn der mutmaßliche Karrieretraum zum Greifen nah ist und man dutzendfach nachlesen muss, wie wenig Euphorie das auslöst. (Auch wenn Pilawa sich damit trösten mag, dass es womöglich eine schweigende, einschaltende Mehrheit gibt, die es zumindest nicht aktiv stört, wenn er moderiert, oder das nach Jahren der Konditionierung als ARD-Zuschauer einfach für eine Art Naturgesetz hält.)

Da rackert sich einer ab, und je mehr er schafft, umso weniger Begeisterung löst er aus. Dabei ist Pilawa doch nur so, wie er sein soll; wie es sich die Fernsehmacher wünschen. In dieser Woche musste er in seinem großen ZDF-Quiz der Spannung wegen bei der Finalfrage endlos vorgeben, dass das, was bei einem Bruch unter dem Strich steht, womöglich gar nicht der Nenner ist. Das brauchte Gottschalk, der Glückliche, nie zu tun.

Aber letztens hatte Pilawa mal kurz die Haare ein bisschen anders.