Blake Lively und ihre Schwester Not-So-Lively

Bekanntlich sehen die Titelfiguren auf deutschen Programmzeitschriften nur einander ähnlich und nicht irgendwelchen realen Personen. Um wen es sich handeln soll, kann man meist nur anhand der Beschriftung erkennen. Im Fall der aktuellen „TV Spielfilm“ steht da: Blake Lively.

Blättert man ins Heft, findet sich dort tatsächlich ein Geschichtchen über Blake Lively, illustriert mit einem Foto, das dem Cover-Bild verblüffend ähnlich und unähnlich sieht:

Es handelt sich anscheinend um exakt das Foto, das die Titelgestalter der „TV Spielfilm“ als Vorlage genommen und dem üblichen Veredelungsprozess ausgesetzt haben: die Haut durch Plastik ersetzt, die Haare durch Plastik, die Lippen durch Plastik und die Augen durch Puppenklimperplastikaugen. Sie haben ihr die Frisur gebändigt, einen neuen Arm gegeben, die Ringe abmontiert und was anderes angezogen, und all das passiert natürlich jeden Tag in irgendwelchen Zeitschriftenredaktionen, aber meistens zeigen sie dann im Inneren nicht das Ausgangsmaterial. (Ich möchte ungern von „Original“ sprechen, denn wer weiß, durch wieviele Photoshop-Veränderungen auch diese Fassung des Bildes schon gegangen ist, bis es auf dem Tisch der Redaktion oder im Heft gelandet ist. Realistisch erscheint mir der Körperbau jedenfalls auch nicht. Womöglich gibt es das Foto einfach im Angebot in beliebigen Farbtönen und anatomischen Wahrscheinlichkeitsgraden.)

Nun könnte man das natürlich als einen tollen Akt der Transparenz feiern, ähnlich der berühmten Dove-Werbekampagne. Ich fürchte, es ist aber doch einfach ein Fehler — so peinlich, dass sich der verantwortliche Gestalter bestimmt vor Wut die Haare wegretouchiert hat.

43 Replies to “Blake Lively und ihre Schwester Not-So-Lively”

  1. Angesichts der Popularität von diversen Photoshopdisastern und was damit zusammenhängt gerade im angloamerikanischen Raum sollte man diesen Blogeintrag glatt übersetzen und noch irgendwo anders ebendort veröffentlichen.

  2. Aber, wie haben die das mit dem Kleid gemacht? Muss dafür nicht auf eine reale Vorlage zurückgeriffen worden sein und dann einfach den Kopf dran geschraubt?

  3. Hm, für mich sieht ja eher das rechte Oberteil gefaked aus. Wie ausgeschnitten von einem anderen Model, samt Brüsten.

  4. Was ich nicht verstehe, warum der ganze Aufwand ?
    Es gibt doch sicher hunderte von Bildern von ihr, die sich für eine Cover eignen würden.

    Als einzigen Grund fiele mir nur ein, dass sie unbedingt ein Unikat als Cover haben wollten und deshalb was eigenes „kreieren“ mußten.

  5. @mark: Das Wort „Unikat“ ist im Zusammenhang mit „TV Spielfilm“-Covern ein bisschen abwegig. Sie musste halt aussehen, wie Frauen auf „TV Spielfilm“-Covern immer aussehen.

  6. @mark: Ich glaube, das machen die aus Wiedererkennungsgründen („Achtung, ich bin eine Fernsehzeitschrift“). So ähnlich wie Hitler beim Stern oder Spiegel („Achtung, ich bin ein Nachrichtenmagazin“).

  7. Apropos Photoshop-Desaster: Täglich sitze ich im Stadtbus und rege mich über die GEZ-Plakate mit Günther Jauch und Maybrit Illner an den Haltestellen auf. Irgendein übermotivierter Grafiker hat den beiden jegliche noch so kleine Andeutung von Persönlichkeit aus den Gesichtern wegretuschiert. Und das wahrscheinlich im Glauben, das Foto zu verbessern.

    Gute Photoshop-Arbeit finde ich aber fast noch schlimmer: Weil man bald keinem Bild mehr glauben kann.

  8. Schon in den 90ern hatte ich bei der damals noch abonnierten TV Today mal nachgefragt, warum sie ihre Covergesichter verunstalten; vor allem durch grotesk geweißte Augäpfel sahen sie regelmäßig aus wie Zombies. Konkreter Anlass war zudem ein Foto von Schwarzenegger, dessen Pupillenfarbe vom Cover zum Illustrierteninneren auf magische Weise von leuchtend grün zu blau wechselte (ansonsten gleiches Foto). Antwort war sinngemäß nur: „Aber unserern Lesern gefallen die Cover total gut!“– Ich fürchte, sie hatten damals schon recht und vielen gefällt das tatsächlich. (Da wurde mir außerdem zum ersten Mal klar, dass ich wohl immer naiv gedacht hatte, Zeitschriften hätten automatisch irgendwas mit Journalismus zu tun.)

  9. Letztes Jahr gab es eine Ausgabe, wo die TV-Spielfilm mit einem Anzeigen-Zweitumschlag für Artes „Summer of Rebels“ versehen war. Er war im üblichen TVS-Stil gehalten, aber das Foto war eines von Amy Winehouse (glaube ich?). Das Sensationelle: Es war eines mit Seele!
    Ich habe im ersten Moment einen inneren Luftsprung gemacht, weil ich dachte, die TVS, deren Inhalt und Kritiken ich eigentlich immer noch ein bisschen schätze, hätte sich einen kleinen Stilwechsel verschafft. (Diese Püppchen-Optik ist ja auch schon etwas in die Tage gekommen und gefällt wohl eher meinem alten Papa…)

    Leider hab ich kein Foto im Web gefunden. Aber es war im Vergleich zu sonst auffällig gut.

  10. hatte ich bei der […] abonnierten TV Today mal nachgefragt, warum sie ihre Covergesichter verunstalten; »Aber unserern Lesern gefallen die Cover total gut!«

    Schick!

  11. Ich finde das passend. Das Fernsehprogramm besteht großteils aus aufgeblähten Nichtigkeiten und Unwahrheiten – im besseren Falle, gelegentlich auch in der zwar mißbräuchlichen, dennoch ach so menschlich machenden Verwertung von Menschenmaterial (so sinngemäß Herr Niggemeier unlängst). Die Berichterstattung über das Fernsehprogramm folgt ihrem Gegenstand darin. Die gesammelte Auflistung desselben in buntbedrucktem Totholz könnte kaum passender präsentiert werden:

    Rudimentär menschlich scheinendes, in Wahrheit jeder Menschlichkeit entkleidetes Menschenmaterial, aufgeblasen zur Nichtigkeit und Lüge.

    Der König ist nackt. Auch mit arte trägt er noch nicht Unterhemd.

  12. Bei der Konkurrenz, dem Condé-Nast-Verlag, ein Bild mit Bearbeitungslizenzen zu kaufen und für eine Stunde einen sowieso bezahlten Mediengestalter zu beauftragen, den Körper zu wechseln, ist für Burda halt billiger, als selber ein Covershooting anzusetzen. Das Gesicht musste wahrscheinlich auf einen neuen Körper wandern, da ansonsten die TV-Spielfilm mit der spanischen Glamour Ausgabe aus dem September 2012 verwechselt werden könnte.

    http://www.blakelivelyweb.com/pictures/displayimage.php?album=1475&pid=119199#top_display_media

  13. Es ist bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis für solche Cover gar keine Fotos mehr verwendet werden, sondern von vornherein am Rechner gebaute Bilder. Wenn schon ganze Spielfilme am Rechner entstehen, sind solche Bilder doch ein Klacks. Die jeweils aktuellen Promis müssten sich nur in einem Studio vermessen lassen. Wer dann ein Coverbild von einem bestimmten Promi braucht, besorgt sich einfach den biometrischen Datensatz und kann auf der Grundlage dann ein makelloses „Foto“ bauen lassen, das allen Anforderungen des betreffenden Titels erfüllt. Das ist dann bestimmt noch billiger, und die armen Berühmten müssen sich nicht mehr andauernd für allen möglichen Mist fotografieren lassen.

  14. Danke für den Blogeintrag. Solche Geschichten lese ich immer wieder gerne, besonders auch wenn es um das „Goldene Blatt“ etc. geht (und TV-Zeitschriften sind ja in etwa auf dem selben Niveau), dafür liebe ich diesen Blog :)

  15. Ich habe schon länger niemanden auf dem TV Spielfilm Cover erkannt, nicht einmal Lena. Das liegt aber i.d.R. wenige an dem unsäglichen photogeschoppe, sondern dass ich diese jungen Damen allesamt nicht kenn und ihr Name mir auch nichts sagt. „Blake Lively“ habe ich noch nie gehört. Ich kenne auch keinen der Filme, in denen sie mitspielt. Die Serie „Gossip Girl“ kannte ich wenigtens, habe sie aber nicht verfolgt.

    Ich möchte nicht wissen, wie oft aus Versehen die Ausgabe, die man schon gekauft hat, nochmal gekauft wird.

  16. @Vetaro: Zu Deinen Teenagerreflektionen besteht Ähnlichkeit ldgl. hinsichtlich des Sujets, keinesfalls stilistisch oder inhaltlich.

  17. @tacke: Ich nehme an, Vetaro weiß, dass er mit einem professionellen Autor und Journalisten nicht mithalten kann. Das muss man ihm aber nicht noch so gönnerhaft ins Gesicht klatschen. Haben SIE mal was geschrieben?

  18. Ich gestehe, ich kaufe seit Jahren stumpf TV14 und schaue nicht auf Titelblätter von anderen TV-Magazinen. 2009 habe ich mal die Titelblätter von TV14 gesammelt und bin auf die Titelblattformel „Blonde Frau im weißen Kleid vor blauen Hintergrund“ gestoßen (http://brotbeutel.blogspot.de/2009/01/blonde-frau-mit-weiem-kleid-vor-blauem.html), wobei bei einigen Titelblättern die Kleider erst durch Photoshop weiß wurden. Offenbar gilt diese Formel auch für andere TV-Magazine. Ein Fall für das Bundeskartellamt? Oder gar eine Verschwörung?!

  19. Das Erstaunliche ist: Keine einzige dieser Titel-Damen find ich auch nur im geringsten ansprechend. Da seh ich jeden Freitag in der Sauna ganz ohne Photoshop schönere Frauen, mit allem, was dazugehört, einschließlich dem, was diese Blätter wohl als „Schönheitsfehler“ bezeichnen würden.

    Ich glaube, wir müssten unsere Kinder alle mal irgendwohin schicken, wo sie echte nackte Menschen sehen mit unverfälschten Körpern – würde dem Magerwahn vielleicht mal entgegenwirken.

  20. Ich kaufe seit Jahren sowieso keine Fernsehzeitung mehr, nachdem mir irgendwann aufgefallen ist, dass ich sie immer ungelesen und unbenutzt in den Müll geworfen haben. Alles was ich im TV gucke, kommt sowieso jede Woche um die gleiche Zeit, da brauche ich keine Zeitung für, und welcher durch Synchronisation und Werbung unguckbar gewordene Film auf welchem Kanal läuft, ist mir schon lange ganz gleich.

  21. Für einen Fehler halte ich das nicht. Es zeigt vielmehr, für wie unwahrscheinlich man es in der Redaktion hält, dass der durchschnittliche TVS-„Leser“ seinen Finger zwischen die Seiten legt, nochmal zurückblättert und die Bilder vergleicht. Der dumbe Konsument an sich verbringt seine Freizeit nicht so. Zu viel geistiger Aufwand.

  22. Es geht ja schon lange nicht mehr nur darum, die Person auf dem Cover einer TV-Zeitschrift etwas aufzuhübschen, um ihn oder sie etwas besser aussehen zu lassen. Denn „zufälligerweise“ ist die jeweilige Person ja oftmals gleichzeitig auf mehreren Heften von unterschiedlichen Verlagen zu sehen!

    Das ist mittlerweile eine Art Grafikdesignwettbewerb, in dem sich die jeweiligen Photoshop-Künstler in den Redaktionen wahre Grabenkriege (mwuhaha, sorry, der musste sein) bei der Beseitigung der Gesichtsfalten liefern. Mit der optischen Transplantation von Gliedmaßen wurde gewissermaßen eine neue Frontlinie eröffnet.

    Der direkte Vergleich am Kiosk bringt es an den Tag, wer der beste Realitätsverzerrer ist.

    Manchmal sieht man einfach den Wald vor lauter Bäumen nicht :)

  23. Aber das Preisleistungsverhältnis zwischen den beiden Puppenattrappen (aus der einen Seite) und mir stimmt!
    Bessere TV-Infos als in tv-Spielfilm finde ich nirgendswo.

  24. Stimmt, die Cover werden immer unnatürlicher uns sehen mehr und mehr bearbeitet aus. Doch im Kern geht es doch um den Inhalt des Heftes. Wenn es darum ginge, das Heft wegen dem Cover zu jaufen, wäre meine Wahl die TV Movie (http://www.abo-exclusiv.de/produkt/tv-movie/), die hat Jennifer Aniston auf der Front…

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