dpa macht Bock zum unabhängigen Gartenexperten

Am Freitagnachmittag gab die Nachrichtenagentur dpa Entwarnung:

Wachsende Unsicherheit für Autoren, Verlage und Betreiber von Suchmaschinen? Diese Folgen des neuen Leistungsschutzrechts schließt der Urheberrechts-Anwalt Ole Jani aus. Er begrüßt mehr rechtliche Klarheit durch die Novelle.

Der Experte, mit dem dpa „zur juristischen Einschätzung“ des gerade vom Bundestag beschlossenen Gesetzes gesprochen hatte, hatte darüber ausschließlich Positives zu sagen:

Das Gesetz schaffe rechtlich Klarheit, sagte Jani im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Auch die im Gesetz nicht näher definierten „einzelnen Wörter oder kleinste Textausschnitte“, die auch künftig von der Lizenzpflicht ausgenommen sein sollen, seien hinreichend bestimmbar. (…)

„Dass das eine oder andere auch noch ausgelegt werden muss, und notfalls am Ende des Tages auch noch mal durch ein Gericht, das ist nicht etwa ein Sündenfall oder ein Skandal, sondern das liegt in der Natur der Sache“, sagte Jani. (…)

Jani sagte, der Gesetzgeber sei gut beraten gewesen, die Länge der sogenannten „Snippets“ nicht auf eine bestimmte Zeichenzahl zu beschränken, wie in einem Entwurf angedacht. (…)

Jani lobte das Gesetz als Schritt zur Gestaltung der Rechtslage im Internet. Deutschland habe sich aus der Rolle des „retrospektiven Gesetzgebers“ befreit.

Es mag angesichts der von vielen Seiten geäußerten Kritik überraschend wirken, wie uneingeschränkt das Lob von Ole Jani für das Gesetz ausfällt. Es ist aber gar nicht überraschend, wenn man weiß, wer Ole Jani ist.

Ole Jani ist — in den Worten des Anwaltes und SPD-Politikers Jan Mönikes — einer der „Väter des Leistungsschutzrechtes“.

Robin Meyer-Lucht schrieb vor zwei Jahren, Jani gelte als „einer der wichtigsten Berater“ der Bundesjustizministerin zum Thema Urheberrecht. Er sei „parlamentarischer Berater für Urheberrechtsfragen“ der FDP-Bundestagsfraktion.

In der vergangenen Legislaturperiode wurde er auf der Internetseite der FDP- Fraktion als „Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Rechtspolitik im Arbeitskreis IV (Innen und Recht)“ mitsamt einer E-Mail-Adresse @fdp-bundestag.de aufgeführt. Auf den Seiten der Kanzlei CMS Hasche Sigle, für die er arbeitet, gibt er vage an, er sei „seit 2001 parlamentarischer Berater für Urheberrechtspolitik im Deutschen Bundestag“.

Dabei soll sein Einfluss gerade im konkreten Fall sehr handfest gewesen sein: „Ole Jani hat das Leistungsschutzrecht für Presseverlage in den Koalitionsvertrag geschrieben“, sagt ein Beobachter. Außer zur FDP und zur Bundesjustizministerin habe Jani enge Verbindungen zur Axel Springer AG.

Die dpa-Leser und -Kunden ahnen davon nichts. Jani wird als scheinbar unabhängiger Experte den „Kritikern“ des Gesetzes gegenüber gestellt, seine Verbindung zur FDP mit keinem Wort erwähnt.

Ich habe dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner gefragt, ob die Agentur das nicht hätte erwähnen müssen und ob die Verbindung Jani nicht als unabhängigen Experten disqualifiziere. Seine Antwort:

In der dpa-Berichterstattung sind zahlreiche Gegner und Befürworter des LSR ausgiebig zu Wort gekommen.

Aha. Schön. Nur war das gar nicht die Frage.

Nachtrag, 12:15 Uhr. Herr Jani teilt mir mit,

dass ich nicht Berater der FDP-Bundestagsfraktion bin und auch keinen Beratungsauftrag der FDP oder des Bundesjustizministeriums habe. Dass ich mehrere Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter / Referent mich für die FDP-Bundestagsfraktion mit dem Urheberrecht befasst habe, wird Ihnen bekannt sein. Diese Beratungstätigkeit habe ich aber schon vor längerem beendet.

18 Replies to “dpa macht Bock zum unabhängigen Gartenexperten”

  1. Bravo. Die Verlage und ihre Lobby lassen wirklich nichts unversucht um die Leser mit der Nase darauf zu stoßen dass man von ihnen im Zweifelsfall keine gründliche Recherche und neutrale, objektive Berichterstattung erwarten darf – eine Branche schafft sich ab.

  2. Ich finde ja, es sollte einen Flashmob vor dessen Kanzlei geben mit Plakaten wie:
    „Getter Jaani statt Ole Jani!“

    Aber was soll man von dem auch anderes erwarten? Er sieht ja auch schon aus wie der Guttenberg auf Gel-Entzug…

    Ist dem Jani seine Doktorarbeit eigentlich irgendwo veröffentlicht? *SCNR*

  3. Ich finde ja, es sollte einen Flashmob vor des­sen Kanz­lei geben mit Pla­ka­ten wie:
    »Get­ter Jaani statt Ole Jani!«

    Ich wäre dabei!

  4. Es ist doch gut, dass die dpa so gründlich recherchiert und sich andere Medien, ob online oder gedruckt, gleich darauf verlassen können und es ohne schlechtes Gewissen übernehmen sollten.

  5. Selbst wenn hier ein Skandälchen lauert, ich lasse mir die gute Laune an diesem schönen sonnigen Tag durch sowas bestimmt nicht verderben!

  6. Zitat: „Diese Bera­tungs­tä­tig­keit habe ich aber schon vor län­ge­rem beendet.“

    Na, das ist doch mal eine hoch präzise Auskunft. Ich habe mein Frühstück übrigens auch schon „vor längerem“ beendet. Grund: Ich habe fertig! :)

  7. Diese Bera­tungs­tä­tig­keit habe ich aber schon vor län­ge­rem beendet.

    Die Linke hat heute auch nix mehr mit der DDR zu tun, und trotzdem könnte ich wetten, wenn man zu Herrn Jaani – äh, Jani – das Wort „Linkspartei“ sagte, käme wie vom Pawlow’schen Hund ein „SED-Nachfolgepartei“ zurück… und bei den Linken ist das noch länger her…

    Den Umstand, dass Büchner das etwas verklausuliert, um nicht den Eindruck zu erwecken, seine Agentur sei unaufrichtig (darüber möge bitte jeder selbst brüten), leite ich mir damit her, dass er sich denken mag, wenn die Verlage für zu ihren Onlineprodukten verlinkende Snippets Geld kriegen, obgleich eine dpa-Meldung ursächlich sein mag, könnte dies dazu führen, dass die dpa mehr Geld von ihren Kunden verlangen kann – oder zumindest die Durchleitung der per lizensierter Snippets erzielten Einnahmen für dpa-Meldungen. Das ist sicherlich eine schöne Vorstellung, die in irgendeinem Paralleluniversum tatsächlich Potenzial für die Realität besitzen mag, doch ich habe leise Zweifel, ob es die Wissenschaft in angemessener Zeit schaffen kann, eine solche Parallelerde aufzutun, die nicht bereits von fleischfressenden Bakterien besetzt ist…

  8. Herr Jani teilt Herrn Niggemeier mit:
    – ich nicht Bera­ter (…) bin
    – auch kei­nen Bera­tungs­auf­trag (…) habe
    – schon vor län­ge­rem beendet
    und man kann dazu unumwunden feststellen:
    „Dass das eine oder andere auch noch aus­ge­legt wer­den muss, und not­falls am Ende des Tages auch noch mal durch ein Gericht, das ist nicht etwa ein Sün­den­fall oder ein Skan­dal, son­dern das liegt in der Natur der Sache.“

    Überhaupt ist der Satz das perfekte Rechtfertigungs-Kondensat für jede politische Lebenslage.
    a) Frau Merkel, was sagen sie zu der Kritik, ihre Regierung setze die Vorgaben des Verfassungsgerichts in ihrer Politik nur unzureichend um?
    b) Herr Steinbrück, ihre Verwicklung in *beliebiges Fettnäpfchen einfügen* hat ihre Kritiker auf den Plan gerufen. Was sagen sie zu deren Vorwürfen?
    c) Sehr geehrte/r Konservativ-Liberaler Politiker/in, die Uni X hat ein Verfahren zur aberkennung ihrer Doktorwürde eingeleitet. Es steht der Vorwurf des Betrugs und der Täuschung im Raum. Was sagen sie dazu?

    Passt doch (fast) immer…

    PS: Was sind denn nun „kleinste Text­aus­schnitte“? Ganz konservativ die Phoneme oder doch etwas liberaler nur die Morpheme?

  9. Ab und an wäre es sehr schön, diversen Personen straffrei eine Banane an den Kopf werfen zu dürfen.

    Immerhin zeigt derartiger Journalismus wie wichtig es ist, eine Vielzahl unabhängiger Medien zu haben. Leider erscheinen diese meist nicht in gedruckter Form.

  10. *ächz*

    ich kann nicht mehr aufhören mir den finger in den hals zu schieben.

    schnauze voll.

  11. @DasKleineTeilchen (12)
    Mach’s wie ich – amüsiere Dich! Gönn Dir – aus aktuellem Anlass ;-) ein paar Folgen duslog.tv …

    „…
    Come and walk with me

    1273 down the Rockefeller Street
    Life is marching on, do you feel that
    …“

  12. […] dpa macht Bock zum unabhängigen Gartenexperten « Stefan Niggemeier “Es mag ange­sichts der von vie­len Sei­ten geäu­ßer­ten Kri­tik über­ra­schend wir­ken, wie unein­ge­schränkt das Lob von Ole Jani für das Gesetz aus­fällt. Es ist aber gar nicht über­ra­schend, wenn man weiß, wer Ole Jani ist. Ole Jani ist — in den Wor­ten des Anwal­tes und SPD-Politikers Jan Möni­kes — einer der »Väter des Leistungsschutzrechtes«. Robin Meyer-Lucht schrieb vor zwei Jah­ren, Jani gelte als »einer der wich­tigs­ten Bera­ter« der Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin zum Thema Urhe­ber­recht. Er sei »par­la­men­ta­ri­scher Bera­ter für Urhe­ber­rechts­fra­gen« der FDP-Bundestagsfraktion.” […]

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