Maischberger sorgt sich um „traditionelle Werte“ und „Umerziehung“ der Kinder

Sandra Maischberger ist, um daran noch einmal zu erinnern, eine Moderatorin, die vom WDR jahrelang abhängig von der Einschaltquote ihrer Talkshow bezahlt wurde. Das war ein Skandal, der viel zu wenig Beachtung fand, obwohl er die Irrwege des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland in besonderer Weise illustrierte.

Morgen möchte Sandra Maischberger bei „Menschen bei Maischberger“ folgendes Thema diskutieren:

Homosexualität auf dem Lehrplan: Droht die moralische Umerziehung?

Interessante Frage.

Ich hätte ein paar Gegenfragen: Was ist „moralische Umerziehung“? Ist damit eine Art Gehirnwäsche gemeint, die Kindern ihre natürliche Abneigung gegen Homosexualität abgewöhnt? Oder wenn damit nur eine Erziehung hin zu mehr Toleranz und Akzeptanz gemeint sein sollte: Warum würde sie dann „drohen“?

Auf Twitter antwortete die Redaktion auf die Frage, was „moralische Umerziehung“ ist:

Meine Reaktion:

Aber die Frage hätte ich mir natürlich selbst beantworten können. Der Redaktion sind die Anführungszeichen nicht ausgegangen. Sie finden sich in der Themenankündigung auf der „Menschen bei Maischberger“-Seite gleich unter der Überschrift:

Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle: Sollen Kinder und Jugendliche über die „sexuelle Vielfalt“ im Unterricht aufgeklärt werden?

Sexuelle Vielfalt, das ist für die Maischberger-Leute also ein Begriff, den sie nur in Anführungszeichen verwenden, als sei das ein Kampfbegriff irgendeiner Homo-Lobby oder der „Ideologie des Regenbogens“, die die rechte Petition in Baden-Württemberg herbeiparanoisiert. Nein, mit dem Gedanken, dass es sexuelle Vielfalt gibt und dass diese Vielfalt etwas ganz normales ist, damit macht sich die „Maischberger“-Redaktion lieber nicht gemein. Aber die vage, perfide, radikale Unterstellung einer „moralischen Umerziehung“ von Kindern, die man in Verbindung mit der Formulierung von „Homosexualität auf dem Lehrplan“ sogar als Pflicht zum Schwulwerden lesen kann, die übernehmen die Maischbergers ganz ohne die Distanz auch nur eines Anführungszeichens.

Weiter fragt die Redaktion:

Und sind traditionelle Werte unserer Gesellschaft in Gefahr?

„Traditionelle Werte“ wie die Ablehnung von Homosexualität? Da waren jedenfalls anscheinend wieder keine Anführungszeichen nötig.

„Droht Aufklärung?“, wäre vielleicht noch eine schöne Zusatzfrage gewesen.

Die Gästeauswahl lässt das Schlimmste befürchten. Ich würde gar nicht so weit gehen wie der „Waldschlösschen-Appell gegen die Verharmlosung homosexualitätsfeindlicher Diffamierungen“, der die Medien auffordert, Menschen, die gegen die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben kämpfen, keine Plattform zu geben. Ich glaube, dass es nicht hilft, wenn man Leute wie Hartmut Steeb, der froh ist, dass keines seiner zehn Kinder homosexuell ist, oder Birgit Kelle aus dem Diskurs verbannt. Man muss sich mit ihnen und ihrer Forderung nach fortdauernder Diskriminierung von Homosexuellen auseinandersetzen.

Aber Voraussetzung dafür wäre, eine öffentlich-rechtliche Talkshow nicht nur als billige Boxbude zu betrachten. Und Voraussetzung wäre vor allem, sich die ideologischen Begriffe und Narrative der Gegner von Aufklärung und Gleichberechtigung nicht im Vorfeld schon zu eigen zu machen.

Ich kann nicht glauben, dass man darüber überhaupt diskutieren muss.

Die Pressestelle der ARD hat heute vormittag das idiotische „Maischberger“-Thema gleich weitergetwittert mit dem Satz: „Das dürfte für Diskussionsstoff sorgen.“ Jaha, „Diskussionsstoff“, super. Auf Facebook hat die Redaktion auf den schon seit dem Wochenende herrschenden Proteststurm heute mittag endlich reagiert, allerdings ohne jede Einsicht in das Problem. Stattdessen formuliert sie die „Bitte“: „schaut euch die Sendung an und urteilt dann.“ Ja, das würde euch so passen. Wenn das genügend Leute tun, ist das Kalkül der Leute, die kein anderes Kriterium kennen als die Quote, wieder aufgegangen.

René Martens bringt das ganze Elend im „Altpapier“ auf den Punkt:

Dass Maischberger irgendwann mal Nazis einlädt, um mit ihnen über Antisemitismus zu plaudern, kann man mittlerweile nicht mehr ausschließen.

Allein was das für „Diskussionsstoff“ brächte!

Nachtrag, 15:27 Uhr. Die Redaktion hat gerade überraschend noch ein paar Anführungszeichen für die „moralische Umerziehung“ auf der Sendungs-Homepage gefunden.

65 Replies to “Maischberger sorgt sich um „traditionelle Werte“ und „Umerziehung“ der Kinder”

  1. Zwischentöne zwischen Schwarz und Weiß kennen die Talkschuppen des deutschen Fernsehfunks, die schon vor langer Zeit die krude Vereinfacherei der Bildzeitung ins Fernsehen übertragen haben, leider nicht mehr. Seien wir mal froh, dass die Sendung nicht so heißt:“Schadet der Aufklärungsterror unseren Kindern?“ Es hätte mich nicht gewundert. Kontroverse um jeden Preis = Einschaltquoten, das ist die deutsche Fernsehtalkformel.

  2. Nach einigen Diskussionen mit Bildungsplan-Gegnern bei meinem Video der Demo letzte Woche habe ich ein wenig verstanden, warum manche Typen so drauf sind: https://www.youtube.com/watch?v=axPb-B7IeFQ

    Kurz: Viele wehren sich eigentlich weniger gegen Homosexualität als gegen Sexualkunde an sich. Und sie glauben, dass schon dreijährigen Kindern im Kindergarten anhand praktischer Beispiele beigebracht wird, wie der Sex bei Schwulen und Lesben abläuft.

    Insgesamt dreht sich bei den Bildungsplan-Gegnern alles um Sex, Sex, Sex – während der Bildungsplan von Toleranz und menschlichem Miteinander spricht.

    Diese eklatanten Missverständnisse führen dann dazu, dass bei der Demo auch eine junge Dame mit einem Schild „STOPP!!! dem Sozialkunde-Zwang an Grundschulen“ herumgelaufen ist. SOZIALKUNDE!
    http://blog.alvar-freude.de/2014/02/sozialkunde-zwang.html

    Dabei scheint mir, dass es an manchem Sexualkunde-Unterricht durchaus einiges zu verbessern gäbe. Aber anstatt daran zu arbeiten, trollen die nicht nur lauthals gegen jeglichen Sexualkundeunterricht, sondern auch gegen Toleranz und Akzeptanz!

    PS: Beim letzten Link geht der A-href-Tag nicht zu, daher ist der Rest der Seite ein Link und es ist etwas schwer mit dem Kommentieren ;-)

  3. Soll man über diese Reaktion jetzt eigentlich lachen oder weinen? Erst wählt man einen völlig übergeigten Sendungstitel, dann ignoriert man tagelang Kritik, rechtfertigt sich mit dem allseits bekannten „schaut es euch doch erstmal an“ und zehn Minuten nachdem es hier steht, wird es entschärft?

    Hat da in all der Zeit nicht mal selbst jemand in der Redaktion drüber gekuckt und gesehen, warum das kritikwürdig ist? Traute sich das niemand offen anzusprechen oder fand man das tatsächlich durch die Bank ok so und was ist eigentlich schlimmer?

    Ich befürchte man hat in der ARD immer noch nicht kapiert warum der Sendungstitel schlimm war und macht diese Alibi-Aktion nur damit der Shitstorm nicht noch größer wird. Hat ja bei Markus Lanz auch geklappt, der Internetpöbel hat ja immer irgenwas zu meckern.

  4. Ich frage mich, wann diese Ablenkungsmaschine auf Kosten von Minderheiten endlich in die Schranken gewiesen wird.

    Natürlich ist es sinnvoll, Kindern in der Schule etwas über das Leben beizubringen (und nicht nur die biologische Fortplanzungsprozesse), sonst besteht die Gefahr, dass diese ihr Wissen als „Stille-Post-Geflüster“ unter allerlei Missverständnissen erwerben. Und, liebe Eltern, der Schulhof bringt das Thema sowieso auf, und zwar lange bevor es in irgendeinem Lehrplan auftaucht.

    Wer als Bewohner einer Großstadt wie Berlin derart überrascht tut beim Thema Homoesexualität, liebe Frau Maischberger, ist entweder ein Heuchler oder ein verdammtes provizielles Landei.

  5. Ich finde den Sendungstitel übrigens auch mit Anführungszeichen noch „schlimm“, weil er so tut, als wäre das ein nachvollziehbarer Vorwurf. Dass die Redaktion auf Nachfrage keine Antwort hatte, was „Moralische Umerziehung“überhaupt sein soll, sondern nur auf die Quelle verweisen konnte, sagt alles.

  6. Und die gleichen Leute, die schimpfen vor und nach Maischberger dann über „Putin’s Spiele“und interpretieren in den deutschen Papageienlook sonstwas rein.
    Zuhause nimmt man dann natürlich Rücksicht auf die eigene Kundschaft.
    Furchtbare Doppelmoral

  7. Ja, Maischberger äußert sich und stilisiert sich dabei zur strahlenden Heldin, die einer gesellschaftlichen Debatte die notwendige Bühne gibt, auf der beide Seiten gleichwertig ihre Argumente austauschen können.

    Die Argumente der homophoben Gäste sind allerdings keine, sondern bestehen aus dumpfen Hasstiraden ohne jegliches Fundament. Das konnte man schon bei der „Hart aber fair“-Sendung vom 3. Dezember 2012 sehen.
    Eine Wiederholung der Verbreitung von Hetze über Öffentlich-Rechtliche ist nicht nur nicht nötig, sondern muss ein Ende haben.

    Widerlich ist auch der Klassiker der Verdrehung der Bedeutung der Kritik. Diese wird nicht als solche erkannt, verstanden, sondern als „vielfältige und verständlicherweise auch emotionale Reaktionen beider Seiten“ interpretiert, die die Notwendigkeit der eigenen Sendung nur noch bestärken.

  8. Bereits die Nutzung eines Zitates einer der beiden „Seiten“, ob als solches gekennzeichnet oder (noch schlimmer) nicht, verleiht dieser Gewicht.

    Die unkommentierte Übernahme durch die Redaktion, geadelt durch die Setzung als Titel verleiht der Aussage eine gewisse Legitimität.

    Die Formulierung als Frage impliziert außerdem, die korrekte Antwort sei „Ja“, denn warum sollte man sonst über das Thema diskutieren?

  9. „Die gesellschaftliche Debatte muss offensichtlich geführt werden“

    So habe ich mir das vorgestellt, wie bei Markus Lanz unmöglichem Ausrutscher wird Kritik komplett abgeblockt und ausgesessen. Wollen sich ARD und ZDF nun eigentlich wöchentlich für ihre bescheidenen Talker rechtfertigen? Findet das überhaupt keine kritische Reflektion mehr statt, innerhalb dieses riesigen Ladens? Wie fühlt sich das eigentlich für Homosexuelle bei dem Sender an?

  10. „Aber Voraussetzung dafür wäre, eine öffentlich-rechtliche Talkshow nicht nur als billige Boxbude zu betrachten.“

    That´s it. Irgendwann ist aus der Sandra Maischberger, die früher mal tolle Interviews geführt hat, eine Dompteuse geworden. Viel Krawall, gute Quoten.

    ARD, 20 Jahre nach dem Ende von „Der heiße Stuhl“ (RTL).

  11. @17. Wohl eher in dem Sinne, dass ein Nazi-Vergleich noch nie geholfen hat, erst Recht nicht bei einer ansonsten berechtigten und sachlichen Kritik.

  12. @linus

    Nein.
    Man kann und muß die Sendung für ihre reisserische und mit homophoben Ressentiments spielende Programmankündigung kritisieren. Ich finde es aber nicht richtig, die Nazikeule rauszuholen, bevor „Maischberger irgendwann mal Nazis einlädt, um mit ihnen über Antisemitismus zu plaudern“.

  13. Die gesamte Ankündigung der Sendung läßt wahrlich Schlimmes befürchten. Ein Satz kam aber meines Erachtens noch nicht in der Diskussion / in dem Artikel vor:
    Die Frage „Fürchten die Eltern um die sexuelle Orientierung ihrer Kinder?“ ist doch ebenfalls daneben. Als ob die sexuelle Orientierung eine Sache wäre, die anerzogen werden könnte.
    Nein, die Eltern fürchten eher, daß sich ihre Kinder aufgrund einer offenen Darstellung der Vielfalt des Lebens zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen. Welch eine Schande könnte dann eventuell in die Familie getragen werden, wenn diese Orientierung Grundlage für eine nichtheterosexuelle Identität wäre.

  14. @19, Max: Dann erklären Sie uns doch bitte, was der Unterschied zwischen einer feindseligen Einstellung gegen Juden und einer feindseligen Einstellung gegen Homosexuelle ist.

    Ok, das eine ist eine Religions-/Volkszugehörigkeit und das andere eine sexuelle Orientierung. Ansonsten gibt es dort überhaupt keinen Unterschied.

  15. Aufklärung (und „Aufklärung“) fängt damit an, dass man sowohl den Zuschauern und -hörern als auch den Diskriminierungsfreunden erklärt, dass Menschen nicht homo-, trans-, bi- oder intersexuell „werden“ oder „gemacht werden“ oder sich sowas als „Lebensstil“ aussuchen, sondern so geboren werden und garkeine andere Wahl haben als das zu sein was sie sind. Insbesondere öffentlich-rechtliche Sender und Sendungen haben das gefälligst zu leisten. Verdammt nochmal.

  16. sehr schöner Kommentar! Man hat sich schon fast an diese entsetzliche Talkshow-Maschinerie mit ihren pseudo-provokanten Fragen, die noch dem letzten Schwachsinn ein Fünkchen Wahrheit einhauchen wollen, gewöhnt. Gut so, da gegenzuhalten! Etwas tröstliches hat die Sendung: In den achtzigern kamen noch Kirchenfürsten wie Horst Hirschler und Co. in derartige Talkshows. Heute muss man schon bei evangelikalen Sekten oder im Millieu der Jungen Freiheit suchen, um die unverbesserlichen obligarorischen Krawallschachteln zu finden. Es gobt also gesellschaftlichen Fortschritt. Schrecklich ist es trotzdem: Man weiß zu 100 %, was heute abend passieren wird: Man habe ja nichts gegen Homosexuelle. ABER. ABER. ABER. Früher gab man sich wenigsten den Anschein, Experten zu Wort kommen zu lassen. Aber selbst dieses Feigenblatt schein verzichtbar geworden zu sein. Wer bitte ist Herr Steeb? Ein Evangelikaler, der sich seiner Zeugungsfähigkeit rühmt. (Alles Hetero-Kinder wohlgemerkt!) Was ist seiner Expertise? Keine. Außer dass es ihm offensichtlich gelingt, dumpfe un- und vorbewußte Ängste von Frau Maischberger zu bedienen. Verdient er ein Millionenpublikum? Nein. Fundamentalismus und Potenz sind allein nicht abendfüllend.

  17. @Max

    Die Aufforderung, die „Nazikeule“ stecken zu lassen, kommt meistens von Leuten, für die Nazis halt irgendwie irgendwas mit Juden und Autobahnen sind.

  18. Natürlich ist das Zitat von René Martens eine Zuspitzung. Aber es geht ja dabei nicht eigentlich um einen Nazi-Vergleich, sondern darum auszudrücken, dass man dieser Redaktion und Sendung inzwischen alles zutraut.

  19. Anführungszeichen, Zitate hin oder her: Unerträglich finde ich am Verhalten der Redaktion vor allem, dass die komplette Ankündigung suggeriert, die homophoben Unkenrufe der Gegner („traditionelle Werte in Gefahr“, „Furcht um die sexuelle Orientierung der Kinder“, „droht eine moralische Umerziehung“) wären keine dumme Hetze, sondern tatsächlich ein legitimer Diskussionsstandpunkt.

  20. @26: Kein „eigentlicher“ Nazi-Vergleich, das stimmt. Aber natürlich macht diese Zuspitzung nur dann Sinn, wenn man zwischen der Teilnahme der morgigen Gästen de und dem Einladen von Nazis gewisse Parallelen sieht, was einen indirekten Vergleich zwischen den morgigen Gästen und Nazis zumindest mittelbar voraussetzt.

    Das sollte aber kein Grund zum Jammern sein, Übertreibung dient der Veranschaulichung, und etwas Zuspitzung hat noch keiner Diskussion geschadet.

    An dieser Stelle möchte ich dem Autor aber eine gewisses Messen mit zweierlei Maß vorwerfen, wenn er Herrn Martenstein noch kürzlich einen ähnlich unglücklichen Vergleich zwischen der BVV von Kreuzberg und der Taliban nicht durchgehen ließ. Unabhängig von der Richtigkeit der dem Vergleich zugrundelegenden politischen Meinung müsste man dem Martenstein wohl ebenfalls das Recht auf Zuspitzung gewähren.

    Aus nachvollziehbaren Gründen lasse ich mich jetzt auch nicht zu einem Nazi-Taliban-Vergleich hinreissen.

  21. Auch das noch: Roger Klöppel, Bernd Lucke, Christine Haderthauer, Michael Hüther heute abend bei Plasberg.

  22. Arg! Jetzt kann man vollends nicht mehr über diese Lehrplanänderungen diskutieren, weil die Diskussion jetzt von Idioten überemotional besetzt ist, und das auch noch in einem Breitenmedium. Es wäre aber gut, das zu können, denn die Absicht des Entwurfs (mehr Akzeptanz für sexuelle Spielarten lehren) ist gut, aber die geplante Umsetzung in den Schulen ist viel zu scheiße. Wenn ich jetzt über eine bessere Umsetzung sprechen möchte (will ich aus mehreren Gründen wirklich), kann sofort jemand die Maischberger-Keule herausholen: Er stellt mich in ihre Ecke, und dort hört mir kein Liberaler mehr zu. Schade. Muss jetzt also auf Ruhe warten.

  23. Der Nazi-Vergleich hat halt noch ein bisschen Polemikpotential. Wenn man gesagt hätte [quote]“Dass Maischberger irgendwann mal erzkonservative Priester einlädt, um mit ihnen über Abtreibung zu plaudern,…“ [/quote] holt halt keinen mehr vom Baum runter. Auch wenn das Ergebnis ebenso voraussehbar ist…

    Ich seh‘ da jetzt keine Nazikeule, sondern eben nur einen polemischen Vergleich um die „Diskussionsbereitschaft“einiger Gäste zu prophezeien (ich hab noch genug Anführungszeichen, falls jemand welche braucht).

  24. auch mit den anführungszeichen bleibt es ein titel, der einen gefährlichen alarmismus nicht nur fahrlässig hinnimmt, sondern bewusst betreibt. die vorzeichen der diskussion werden damit von beginn an falsch gesetzt.

    die frage, die zur zeit WIRKLICH diskutiert wird, lautet nämlich nicht: „droht die moralische umerziehung?“ sondern: „ENDET sie endlich?“ es soll nicht der bisherige „neutrale“ boden der schulen mit „queerer ideologie“ verseucht werden, sondern im gegenteil: die aktuelle heteronormative unsichtbarkeits- und abwertungs-ideologie, die alle schulfächer und die pausenhöfe durchzieht, soll endlich zumindest abgemildert werden.

    es geht hier nicht um meinung und gleichwertige gegenmeinung. irrationale paranoia, religiöse dogmen und bewusste hetze gegen minderheiten stehen nun mal nicht auf der selben stufe wie aufklärung, information, wissenschaft und toleranz.

    homophobe hetze wird hier als diskussionswürdige meinung dargestellt: „mann muss doch drüber reden können“. ja, man kann über alles reden. man muss aber nicht jedem spinner, der irgendein problem mit der wirklichkeit hat, ein mikrophon ins gesicht halten.

    wer schon im titel die falsche frage stellt, wird in der sendung nicht die richtige antwort geben.

  25. den „nazi-vergleich“ halte ich übrigens für berechtigt, um eines klarzumachen: niemand käme auf die idee, eine talkshow zu den themen antisemitismus / rassismus /sexismus mit dem konzept zu inszenieren: „ob antisemitismus / rassismus /sexismus wirklich verkehrt sind, darüber kann und muss man streiten.“

    bei all diesen themen ist leider keineswegs ein vollständiger gesellschaftlicher konsens erreicht. nach maischbergers logik müssten wir also „ergebnissoffen drüber reden“ und zur diskussion jeweils „beide seiten und ihre argumente zu wort kommen lassen“, um die gesellschaftliche diskussion voranzubringen.

    glücklicherweise wird aber durchschaut, warum ein solches konzept unhaltbar und menschenverachtend wäre. dass es eben nicht einfach um „meinungsverschiedenheiten“ geht, sobald eine „meinung“ grundrechte und menschenwürde infrage stellt. es wird durchschaut, dass es keinerlei rationalen argumente auf der einen seite gibt, aber sehr viele auf der jeweils anderen.

    wieso wird das beim thema homosexualität nicht durchschaut?

  26. Eine moralische Umerziehung ist ja immerhin besser als eine unmoralische Umerziehung. Ich denke mal, dass damit tatsächlich ein mehr an Toleranz und Akzeptanz gemeint sind, was ja in der Tat über die rein biologischen Grundlagen hinausgeht und auf eine potentielle Änderung von homophoben Einstellungen herausläuft. Ich denke mal, im praktischen Unterricht mit pubertierenden Mädchen und Jungen lässt sich das Thema auch nicht behandeln, ohne auch auf die weltanschaulichen Aspekte einzugehen und für Toleranz zu werben. Ich finde das persönlich richtig. Sexuelle Aufklärung ist aber generell ein schwieriges Thema mit Konfliktpotential bei konservativ eingestellten (z.B. muslimischen) Eltern. Das ist auch nicht immer einfach zu entscheiden, wie sehr sich der Staat/ die Schule in die Erziehung in Bezug auf Religion/ Sexualität einmischen darf. Insofern ist die politische Auseinandersetzung darüber für mich verständlich und auch notwendig.

    Aber hier geht es ja nicht um sexuelle Aufklärung, sondern um das Für und Wider von der Verwendung von Anführungszeichen. »Sexuelle Vielfalt« in Anführungszeichen zu setzen finde ich ok, den Begriff könnte man außerhalb des Kontexts sicherlich auch anders verstehen. Die Anführungszeichen verdeutlichen, dass der Ausdruck nur innerhalb des angesprochenen Kontexts (im Sinne von sexueller Orientierung) zu verstehen ist. Ansonsten wäre ein eindeutigerer und neutralerer Ausdruck zu bevorzugen.

    Die Frage und der Text bei Maischberger sind sehr einseitig formuliert. Die Unterstellung, dass mit »moralische Umerziehung« die »Pflicht zum Schwulwerden« gemeint ist, kann ich aber nicht teilen. Tatsächlich steht da zwar »Fürchten die Eltern um die sexuelle Orientierung ihrer Kinder?«, aber das ist nicht gleichbedeutend mit »Müssen wir jetzt alle schwul werden?«

    @nona: Ich stimme zu, dass Menschen sicherlich teilweise mit entsprechender Disposition zu homo-, hetero- oder bisexueller Orientierung zur Welt kommen, aber ein Teil ist doch auch Erfahrung und Lebensstil? Das ergibt sich doch bereits aus der großen Veranlagung von Bisexualität z.B. bei Frauen oder auch Männern, die dann aber einen hetero- oder homosexuellen Lebensstil annehmen können (wenn sie wollen). Es gibt auch eineiige Zwillinge, von denen einer schwul und der andere hetero ist. Das spricht für den Einfluss von äußeren Einflüssen. Kann auch sein, dass ich mich irre. Hab leider in der Schule nichts darüber gelernt ;-) Ist für mich aber unabhängig von der moralischen Bewertung. Will sagen: Selbst wenn Homosexualität zum Teil im Lauf des Lebens erworben wäre, oder zum Teil eine Lebensstil-Entscheidung wäre, müsste man doch trotzdem akzeptieren, dass die Menschen leben wie sie wollen, oder nicht?

  27. @14, Thorsten

    Danke für den Link! Leider habe ich gleich das Gefühl bekommen, mich übergeben zu müssen. Vorgelesen – und das sogar in dem wahrscheinlich gewollt emotionslosen Ton der beiden Moderatoren – sind die Beiträge der DLF-Hörer echt noch schlimmer als geschrieben.

    Machmal (gerade bei Themen der Gleichberechtigung) muss man sich wirklich daran erinnern, dass es bereits 2014 ist. Und dass sich Das Erste bzw. die Maischberger-Redaktion so verhält, ist für mich fast unbegreiflich.

  28. @nothing #35:

    Tatsächlich steht da zwar »Fürchten die Eltern um die sexuelle Orientierung ihrer Kinder?«, aber das ist nicht gleichbedeutend mit »Müssen wir jetzt alle schwul werden?«

    Sondern? Was gäbe es denn bei der sexuellen Orientierung der Kinder zu befürchten, wenn es nicht auch eine „falsche“ Orientierung gäbe? Mir fällt als Alternative höchstens noch ein „Müssen wir jetzt alle lesbisch werden?“.

  29. Es würde schon helfen, wenn Leute mit mehr als drei eigenen Kindern nicht mehr in den Medien auftreten dürften.

  30. @nothing: Homosexualität ist kein Lebensstil. Es ist ein Teil der persönlichen Wesensart, den man nicht ablegen kann (es gibt da auch nichts zu „heilen“ – nicht nur dass das in der Praxis nicht funktioniert, es ist auch von vornherein keine „Krankheit“). Wir wissen nicht wirklich viel über die Ursachen (wir wissen generell herzlich wenig über diverse Bereiche der Sexualität und der Geschlechter), aber es spricht bislang furchtbar viel dafür, dass ähnlich wie bei Trans- und Intersexualität unterschiedliche Prädispositionen vorliegen, die weitgehend genetisch oder/und durch pränatale Einflüsse bedingt sind. Es gibt natürlich „abnorme“ sexuelle Prägungen, die sich durch Kindheitserlebnisse ergeben, aber die sexuelle Orientierung gehört soweit bekannt nicht dazu. Egal ob Kinder oder Erwachsene, man wird nicht schwul „gemacht“ oder „erzogen“ und wird auch nicht schwul davon, dass man Schwule sieht oder erlebt, und niemand sucht es sich aus ob man lieber das eigene oder das andere Geschlecht attraktiv findet. Zu fordern, dass all die „Unnormalen“ sich doch gefälligst „normal“ verhalten sollen und sich zu fügen und zu verstecken haben, weil sie es sich ja schliesslich aussuchen können ob sie ihrer ureigenen Wesensart gemäss leben oder nicht, entspricht einer Forderung nach Diskriminierung.

    Wer nicht versteht, warum die Sendungsbetitelung absolut furchtbar ist, der ersetze das Sujet am besten durch was anderes einseitiges, und überlege, ob das dann immer noch okay ist, meinetwegen etwa „Religionsvielfalt in Deutschland – Droht die Verjudung unseres christlichen Blutes?“

  31. @ nona: Vielen Dank für die Antwort, ich hab mich missverständlich ausgedrückt. Ich denke, das sehe ich zum großen Teil ähnlich. Unsere sexuelle Orientierung ist sicherlich zu einem großen Teil pränatal und genetisch bedingt, allerdings eben auch nicht vollständig. Ich stimme zu, dass es kaum möglich ist, im Erwachsenenalter eine festgelegte sexuelle Orientierung zu ändern. Zu fordern, dass Homosexuelle ihre Sexualität verstecken, ist unmenschlich. Dennoch ist die Vermischung der Frage nach der Ursache mit Frage der moralischen Bewertung möglicherweise problematisch. Wenn ich bisexuell bin und mich als Erwachsener dafür entscheide, einen homosexuellen Lebensstil zu führen, dann ist das doch auch nicht zu kritisieren?

    @ alter Jakob: Müssen wir alle schwul werden? Nein. Fürchten Eltern um die sexuelle Orientierung ihrer Kinder? Ein paar schon, andere nicht. Das ist doch einfach zu verstehen. Toleranz gegenüber Homosexualität ist nicht gleichbedeutend mit einer Pflicht zur Homosexualität. Aber in dem Maischberger-Text wird nirgendwo suggeriert, dass mit moralischer Umerziehung Pflicht zur Homosexualität gemeint ist. Ich will den Maischberger-Text gar nicht verteidigen. Ich kann den gar nicht anders lesen als ironisch, aber bin mir nicht sicher, ob der nicht doch ganz ernst gemeint ist. Ich kritisiere lediglich, dass der Maischberger-Text alleine anscheinend als Aufreger nicht ausgereicht hat, weshalb noch ein paar schlichte Parolen hinzu gedichtet wurden.

  32. Das bestätigt meine Annahme, dass kritische Zuschauer heute durch „klare Thesen“ (Achtung, Anführungszeichen!) und durch das gezielte Einladen bestimmter Gäste so provoziert werden sollen, dass sie mit ihrem lautstarken Protest unfreiwillig für bessere Quoten und für eine ausführlichere Vor- und Nachberichterstattung sorgen. Man könnte das Guerilla-Marketing nennen. Die Frage ist: Spielt man dieses zynische Spiel mit oder nicht? Nützt das der Debatte über ein Thema oder nicht? http://www.carta.info/69693/die-talkshow-ist-das-dschungelcamp-der-mittelschicht/

  33. ein wenig offtopic, wurde aber im Queer-Artikel, erwähnt:
    Nachtcafe Diskussion mit unter anderem Hartmut Steeb, Vorsitzender der evangelischen Allianz, Gabriel Stängle dem Initiator der Petition gegen den Bildungsplan, Andreas Stoch, Kultusminsiter in Ba-Wü.
    http://swrmediathek.de/tvshow.htm?show=bb4eac93-9bdc-11df-b44d-00199916cf68

    Die ,sagen wir mal, latent homophoben, Ansichten von Herr Steeb und Stängle ließen sich kaum verbergen, wurden aber von der politischen Seite vom Kultusminister und von der praktischen Seite von einer Mutter mit lesbischer Tochter locker und souverän ausgebremst. Verdeutlichte doch, dass diese ganze krude Diskussion nur der Ausgrenzung dient.

  34. @nothing:

    „Ich stimme zu, dass es kaum möglich ist, im Erwachsenenalter eine festgelegte sexuelle Orientierung zu ändern.“

    Nicht kaum. Es ist erfahrungsgemäss NICHT möglich. Es ist erfahrungsgemäss auch nicht möglich, homosexuelle Orientierung in Kinder und Jugendliche hinein oder sie aus ihnen herauszuerziehen.

    „Zu fordern, dass Homosexuelle ihre Sexualität verstecken, ist unmenschlich. Dennoch ist die Vermischung der Frage nach der Ursache mit Frage der moralischen Bewertung möglicherweise problematisch.“

    Die Frage nach der moralischen Bewertung an sich ist problematisch, und nichts weiter als ein Überbleibsel eigentlich längst überkommener diskriminatorischer Vorstellungen. Wir sollten inzwischen besser sein als das. Es gab Zeiten, da wurden Rothaarige ausgegrenzt und auf Scheiterhaufen verbrannt, und das war mit den damaligen Moralvorstellungen und religiösen Ansichten völlig vereinbar. Von der über Jahrhunderte ausgeübten und weithin gebilligten Diskriminierung dunkelhäutiger Menschen will ich mal garnicht erst anfangen, weil es so entsetzlich offensichtlich ist. Es ist ja nicht so dass die Kirche nicht lernfähig wäre, es dauert halt nur immer ein paar Tausend Jahre.

    „Wenn ich bisexuell bin und mich als Erwachsener dafür entscheide, einen homosexuellen Lebensstil zu führen, dann ist das doch auch nicht zu kritisieren?“

    Wer bisexuell ist, sollte seine Bisexualität seiner Wesensart entsprechend ausleben können. Es ist nicht weniger diskriminierend zu sagen, Bisexuelle „könnten“ ja auch heterosexuell leben.

  35. @nothing #35: Erfahrung und Lebensstil?
    Welches Geschlecht als sexuell anziehend empfunden wird, also kurz die sexuelle Orientierung, ist eine Eigenschaft, die einem Menschen innewohnt. Aber sicher keine Eigenschaft, die durch Erfahrung und Lebenstil geprägt wird. Deswegen ist es so elementar, diese Tatsache auch Kinder und Jugendlichen in geeigneter Weise zu erklären.
    In den 70er Jahren, in denen ich meine Pubertät erlebte, war eine solche gleichberechtigte Darstellung der Vielfalt nicht üblich. Stattdessen wurde ich mit im Rückblick betrachtet üblen Darstellungen von „Homosexuellen“ (gemeint waren immer Schwule, Lesben existierten in den Darstellungen nicht) konfrontiert, die mich bei meiner Selbstfindung zu heftigsten Selbstzweifeln und massiven Selbstablehnungen führten. Damals hätte ich mir gewünscht, die Vielfalt erklärt zu bekommen, um zu begreifen, dass ich nicht falsch, kaputt oder krank bin.
    Meinen Weg habe ich trotzdem mit großer Kraftanstrengung gefunden. Mein Lebenstil ist aber eher ein althergebrachter mit treuer, langjähriger Beziehung. Manche bezeihnen meinen Partner und mich als „altes Ehepaar“, was ich mittlerweile als mein größtes persönliches Glück empfinde.
    Vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erwarte ich eine entsprechende Darstellung des Themas, die dazu beiträgt, Hemmnisse und Anfeidungen zu minimieren. Weder die Ankündigung der Sendung noch, und da bin ich sicher, die Sendung selber wird dem gerecht werden. Schade um die vertane Chance.

  36. Ähm ja… also das Zitat ist dann meiner Ansicht nach doch ein ziemlicher Godwin.

    Ironie Ironie sag ich da nur.

    Ich hab dem gesamten Text der vor dem Zitat steht komplett zugestimmt und dann ist mir wieder eingefallen, dass ab einem gewissen Schaum-Level vor dem Mund halt sowas dabei raus kommt.

    Persönlicher Tipp: man kann auch ohne diese Vergleiche prima in Foren und Kommentarspalten für zu aggressiv und polemisch gehalten werden. Es braucht diese Vergleiche nicht. Jedes Mal, wenn man so richtig sauer ist, und was schreibt, egal was egal wann, sobald man das N-Wort verwenden will oder das J-Wort oder den Namen irgendeines Konzentrationslagers, dann lässt man es lieber. Ganz ehrlich. Immer.

  37. @nothing: Was soll ein „homosexueller Lebensstil“ denn eigentlich sein? Ist ein „Lebensstil“ nicht etwas mehr als dass ein Mann mit einem Mann zusammenlebt? Meiner Meinung nach unterscheiden sich die Lebensstile innerhalb der Gruppen (Homosexuelle/ Heterosexuelle/ Bisexuelle…) mehr als zwischen den Gruppen. Ich tu mir daher schwer, überhaupt von einem „homosexuellen Lebensstil“ zu sprechen. Ich finde das sogar ziemlich diskriminierend, um ehrlich zu sein.

  38. @Sebastian: Das ist kein Nazivergleich. Bei einem Nazivergleich stellt man einer bestimmten Tat/ Auffassung eine Tat/ Auffassung der Nazis gegenüber. Hier ging es aber darum, aufzuzeigen, dass möglicherweise nicht jede Meinung es gleichermaßen verdient hat, ein Podium zu erhalten (vergleiche die „teach the controversery“-Debatte, um mal ein völlig anderes Beispiel zu nennen). Und dass Homophobie sich wunderbar in die Nazi-Ideologie hineinfügt, das Beispiel mit den Nazis somit eigentlich nur eine Steigerung und keinen qualitativen Unterschied bedeutet, brauche ich ja wohl nicht zu erwähnen. Ich sage nur rosa Dreieck.

  39. @ nona: Ja, mit »es ist kaum möglich« meinte ich auch »es ist nicht möglich«. Das ist einfach nur eine andere Art das zu formulieren, vielleicht auch meinem Dialekt geschuldet. Zeigt aber, dass es schwierig ist, sich über so emotionale Themen auszutauschen, selbst wenn man derselben Meinung ist. Ich stimme zu, die Frage nach der moralischen Bewertung an sich ist problematisch, deshalb hatte ich angeregt, dass es nicht klug sein könnte, diese an eine bestimmte Theorie über die Entstehung von Homosexualität zu knüpfen: Homosexualität ist ja nicht nur deshalb zu akzeptieren, weil man bereits ab Geburt homosexuell ist, sondern sie ist unabhängig von der jeweiligen Entwicklungsgeschichte zu akzeptieren. Wenn ich bisexuell bin, mich aber dafür entscheide, in einer homosexuellen Partnerschaft zu leben, dann ist das zu akzeptieren. Selbst wenn ich mich anders entscheiden könnte, sollte meine Entscheidung akzeptiert werden. Dazu muss ich gar keinem Zwang unterliegen, denn es ist meine Freiheit, so zu leben, wie ich will. Dazu braucht es keine biologische Vorbestimmung als Entschuldigung.

  40. @nothing:

    Aber in dem Maischberger-Text wird nirgendwo suggeriert, dass mit moralischer Umerziehung Pflicht zur Homosexualität gemeint ist.

    Ich finde, im größeren Kontext lässt sich das durchaus hineinlesen. Wir reden hier von einer Debatte, die von der Seite der Diskriminierungs-Befürworter mit Begriffen wie „Ideologie des Regenbogens“ oder „Homosexualität als Leitkultur“ geführt wird. Leute wie Jasper von Altenbockum tun so, als drohe die Gefahr, dass man sich in Zukunft dafür entschuldigen müsse, heterosexuell zu sein. Wenn Homosexualität „normal“ ist, so die Logik, die dem zugrunde zu liegen scheint, ist Heterosexualität nicht mehr „normal“.

    Eine Formulierung wie „Homosexualität auf dem Lehrplan“ suggeriert in diesem Zusammenhang in Verbindung mit den ideologischen Kampfbegriffen der Diskriminierungs-Befürworter meiner Meinung nach schon (und sei es unabsichtlich), dass Kindern Schwulsein beigebracht werden soll. Und die völlige Unbestimmtheit, was mit „moralischer Umerziehung“ gemeint ist, lässt genug Raum für weitgehende Interpretationen. Etwas Harmloses kann es schon deshalb nicht sein, weil da sonst einfach „Erziehung“ stünde, nicht „Umerziehung“.

    Und, nein, es geht nicht bloß um Anführungszeichen. Mal angenommen, eine Talkshow hätte sich vor x Jahren das Thema ausgedacht: „Heiraten über alle Grenzen hinweg: Droht die Rassenschande?“ Dann hätten Anführungszeichen auch nicht geholfen, daraus eine akzeptable Diskussionsgrundlage zu machen.

    Ebenso ist es hier. Dass aber nicht einmal die Anführungszeichen da waren, macht die Blauäugigkeit (um mal den harmlosesten Begriff zu wählen) der Redaktion nur besonders augenscheinlich.

  41. @ inga: Nein, in dem Zusammenhang meinte ich nur, dass eine Frau mit einer Frau zusammenlebt oder ein Mann mit einem Mann. Ich wollte damit nichts andeuten. Wenn die Wortwahl unglücklich oder diskriminierend war, entschuldige ich mich.

  42. Noch ein Nachtrag zu dem, was Frau Maischberger zu dpa gesagt hat:

    „Die gesellschaftliche Debatte muss offensichtlich geführt werden“, sagte Maischberger weiter. „Das zeigen nicht nur die vielfältigen und verständlicherweise auch emotionalen Reaktionen beider Seiten.“

    Das ist wirklich eklig. Frau Maischberger wird für die Ankündigung und Besetzung ihrer Sendung kritisiert. Und sie macht daraus einen Beweis für die Notwendigkeit ihrer Sendung? Mit dieser Schein-Argumentation kann man jede Kritik ummünzen in eine Bestätigung.

  43. @ Stefan Niggemeier: Ja, die Debatte, die da geführt wird, ist in der Tag absurd, und die Idee, wir würden nun alle zur Homosexualität gezwungen werden, nur weil Homosexualität im Schulunterricht behandelt werden soll, macht sprachlos. Es ist kaum zu glauben, wie krude die Argumentation teilweise ist, noch dazu nicht nur in irgendwelchen Blogs, sondern in den angeblich so seriösen Zeitungen. Ich glaube allerdings, dass es die Maischberger-Internet-Redaktion – die die Debatte sicher einseitig und provokant aufgreift – hier stellvertretend für andere abkriegt.

  44. Das Schöne für die Talkshow-Redaktionen nach der Lanz-Debatte: Sie können mit der Krawalltour nur gewinnen.
    Maischbergers Team führt es vor. Am Ende wird ihr die Quote „recht geben“ bei den Programmunverantwortlichen. Und sollte es doch den einen oder anderen unzufriedenen Zuschauer (so ein paar hunderttausend) geben, die sich schriftlich angewidert zeigen, werden diese Beschwerden unter Zeitttotschlagender Internetgemeindenpöbel abgelegt. Fertig!

  45. Passt perfekt dazu:
    https://www.youtube.com/watch?v=IWJfdRpHWuk#t=1m05s

    Der Sendehinweis suggeriert für mich, dass die traditionellen Werte der sexuellen Vielfalt widersprechen und durch die Erziehung zu mehr Toleranz gefährdet sind. Der negativ besetzte Begriff „Umerziehung“ deutet an, wie diese Entwicklung zu bewerten ist.
    Kann sein, dass ich alles missverstanden habe oder die Quote durch reißerische Ankündigungen „gelanzt“ werden soll oder die homophoben Kirchenredaktionen im ÖR eindeutig zu viel Einfluss haben. Ich vermute eine Mischung aus den beiden letzten Punkten.

  46. Der ganze Ankündigungstext ist perfide, mit und ohne Anführungsstriche. Mit viel guten Willen könnte man eine ironische Umkehrung des Gesagten hineininterpretieren – die absurde Überhöhung des Textes gibt das durchaus her. Es klingt in etwas wie: „Dreut der Untergang des Abendlandes?“ Allerdings geht das nur, wenn die Absurdität von allen erkannt und geteilt wird, wenn die Antwort auf die gestellten Fragen auch von Seiten der Petitionisten ein klares „Aber natüüürlich nicht, Frau Maischberger!“ wäre. Das ist aber nicht zu erwarten, sondern es bestehen tatsächlich solche Ansichten.

  47. [braucht nicht veröffentlicht zu werden] „Ich glaube, dass es nicht hilft, wenn man Leute wie Hartmut Steeb, der froh ist, dass keines seiner zehn Kinder homosexuell ist, oder Birgit Kelle aus dem Diskurs verdammt.“

    …müsste es nicht „verbannt“ heißen?

  48. Guten Abend Frau Maischberger
    Ihre Sendung zum Bildungsplan habe ich gerade gesehen und ich finde Sie sollten Ihre Gäste ausreden lassen und nicht mit diskutieren. Ihre Aufgabe ist es die Leute ins Gespräch zu bringen und nicht Ihre Meinung mit ein zu bringen.Der arme Herr Steeb sollte wohl nur mit JA oder NEIN antworten. Ihre Ablehnung für ihn haben Sie unverholen rüber gebracht sowas ist nicht fair und für mich war diese Diskussion unerträglich.
    Mit freundlichen Grüßen
    Monika Müller

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