Die scheinheilige Empörung über Schumachers gestohlene Krankenakte

Was wäre so schlimm daran, wenn jemand die medizinischen Informationen über Michael Schumacher veröffentlicht würde? Ich frage für Michael Konken, den Vorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes, der am Dienstag vorsorglich an die Medien appellierte, die gestohlenen Daten keinesfalls zu veröffentlichen, dem dafür aber kein guter Grund einfiel: Das sei „Sensationsjournalismus ohne Substanz und Relevanz“, formulierte er hilflos; der Inhalt der Akte habe „weder politische noch gesellschaftliche Bedeutung“.

Dass ein Inhalt weder politische noch gesellschaftliche Bedeutung hat, kann nicht im Ernst ein Grund sein, seine Veröffentlichung zu untersagen. Und genau genommen wäre es Sensationsjournalismus ohne Relevanz, aber mit Substanz: Er würde ja zur Abwechslung mal nicht auf Spekulationen und Hörensagen, sondern auf gesicherten Informationen eines behandelnden Arztes beruhen.

Im Original fuhr Konken noch fort: „Die Veröffentlichung wäre ein vollkommen inakzeptabler und äußerst schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von Michael Schumacher.“ Ich kann nur erahnen, wie lange sie in der DJV-Pressestelle überlegt haben, ob sie ihn nicht vielleicht sogar „total super übervollkommen inakzeptabel“ sagen lassen sollen, damit niemand daran zweifelt, wie unglaublich inakzeptabel der Chef das findet, und niemand darauf kommt, ihn zu fragen, warum eigentlich.

Die Antwort liegt natürlich einerseits auf der Hand: Man muss schon moralisch sehr verkommen sein, solche Unterlagen zu stehlen, sie zum Verkauf anzubieten oder zu veröffentlichen. Aber daran gibt es doch gar keinen Zweifel. Dafür brauchen wir doch keine Pressemitteilung des DJV, um das zu sehen.

Interessant würde es doch, andererseits, dort, wo Konken erklären müsste, warum gerade diese potentielle Veröffentlichung so ein viel äußersterer schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte Schumachers wäre als all die tatsächlichen Veröffentlichungen, die es in den vergangenen Monaten über seinen Gesundheitszustand gegeben hat.

All die Spekulationen und Gerüchte, all die Fantastereien und Behauptungen unter Bezug auf wissende Quellen. Wie die „Bunte“, die vor knapp zwei Wochen schrieb, was „aus Klinikkreisen zu erfahren“ sei und was sie „aus dem medizinischen Umfeld der Klinik in Grenoble“ erfahren habe: Dass zum Beispiel möglicherweise das Gehirn Schumachers stärkere Schäden davongetragen habe als bisher in der Öffentlichkeit bekannt. Oder dass „man“ in der Klinik nicht mehr an eine vollständige Genesung Schumachers glaube.

Keine Ahnung, ob die Illustrierte da einfach wild vor sich hinspekulierte oder über beste Drähte verfügte — womöglich zu jemandem, der Einblick in Schumachers Krankenakte hat? Und was von beidem wäre schlimmer, ekliger, eine größere Persönlichkeitsrechtsverletzung?

Das ist ein interessantes ethisches Labyrinth: Die Veröffentlichung der Krankenakte wäre gerade deshalb auch so empörend, weil ihr Inhalt wahr wäre. Im Gegensatz zu all dem unzuverlässigen Geraune, mit dem die Medien ihre Schumacher-Berichterstattung füllen. Und wenn sie doch, wie sie suggerieren, bestens informiert sind: Woher? Wer hat da aus dem Krankenhaus berichtet und für wieviel Geld?

Es wird ja vermutlich nicht reichen, einfach — wie anscheinend der „Focus“ — treuherzig in Richtung Krankenzimmer Schumachers zu spazieren und sich als „unerwünschter Besucher“ wieder herauswerfen zu lassen.

Die Schweizer Boulevardzeitung „Blick“ „wusste“ nach der Verlegung Schumachers von Grenoble nach Lausanne, was im Inneren des Krankentransporters vor sich ging: „Schumacher soll zwar nicht gesprochen haben. Aber er habe mit der Transportbesatzung per Kopf­nicken kommuniziert. Während der über 200 Kilometer langen Fahrt von Grenoble nach Lausanne habe er über weite Strecken die Augen geöffnet gehabt.“ Angeblich weiß „Blick“ auch, dass Schumacher viel Gewicht verloren hat.

Die „Bild“-Zeitung hatte da sogar konkrete Kilo-Angaben, sowohl was den Verlust angeht als auch den aktuellen Stand. Sie erzählte nicht nur von den Operationen, die an Schumachers Kopf durchgeführt wurden, sondern wusste auch, wann „Schumis Wille am stärksten“ war. Und sie berichtete ohne Quellenangabe, wie er atmet, ob er sprechen kann und dass er mit den Augen kommuniziere: „Sie reagieren auf Corinna deutlich stärker als auf andere Menschen“.

All das scheint den Chefsprecher der deutschen Journalisten nicht zu einem Appell herausgefordert zu haben. Vielleicht waren ihm die Türen da einfach nicht offen genug zum Einrennen.

Und man weiß ja auch gar nicht, woher „Bild“ und „Blick“ und „Bunte“ ihre Informationen hatten und ob sie überhaupt zutrafen. Nur dass sich die Medien sonst (wenn sie nicht gerade damit beschäftigt waren, Gerüchte zu kolportieren) einig waren, dass zuverlässige Informationen ausschließlich von der Managerin Schumachers zu haben sind. Und dass diese Managerin dringend darum bat, die Privatsphäre Schumachers zu achten.

Die Aufregung um die gestohlenen medizinischen Unterlagen ist heuchlerisch. Für die Boulevardmedien ist der Fall ein Traum, weil sie so tun können, als würden sie anständig und verantwortungsvoll mit Michael Schumacher umgehen. Undenkbar, dass sie solche geheimen, gestohlenen Informationen kaufen und veröffentlichen würden – also, undenkbar in diesem einen Fall.

Aber ich bin gespannt, was passiert, wenn irgendein, sagen wir, ausländisches Medium die Akte doch noch veröffentlicht. Werden „Bild“ und „Bunte“ — und „Focus Online“ in seinem ewigen Schumacher-Live-Ticker — dann nicht berichten, was darin an Fakten stand?

Sondern stattdessen auf ihre anderen, dubiosen Quellen zurückgreifen, um gegen den Willen der Familie über Schumachers Gesundheitszustand zu spekulieren?

„Bild“ und Co. haben den Markt erst geschaffen, der Menschen glauben lässt, dass eine Kranken-Akte Schumachers viel Geld wert ist. Die einzige zulässige Berichterstattung über seinen Gesundheitszustand jenseits der offiziellen Statements der Managerin wäre: keine.

47 Replies to “Die scheinheilige Empörung über Schumachers gestohlene Krankenakte”

  1. Vielen Dank mal wieder!

    Tja, und oft sind „ausgedachte, zusammengeflunkerte Geschichten“ leider spannend genug – viele Köche laufen bekanntermaßen erst zu Höchstform auf, wenn sie „nichts im Hause“ haben…
    ;-)

  2. Das wäre doch mal ein Thema für echten Enthüllungsjournalismus: Wer hat die Akte gestohlen und zum Verkauf angeboten? Wie haben die das hingekriegt? Haben Verlage oder Zeitungen schon zugegriffen? Welche, und wieviel haben sie bezahlt?

  3. „Der Inhalt dieser Akte hat schließlich weder politische noch gesellschaftliche Bedeutung.“ (Konken)

    Das muss man auch erstmal bringen, einem Thema Relevanz und Bedeutung absprechen, das seit Monaten den Boulevard in Atem hält.

  4. Danke, sehr guter Beitrag.
    Die ganze Heuchelei an Konken und dem DJV aufzuhängen ist legitim, scheint mir aber den Fokus von den eigentlichen Heuchlern – Boulevardmedien und ihre Konsumenten – ein wenig wegzulenken.
    Der Beitrag zeichnet auch schon einen Weg vor, wie der Inhalt der gestohlenen Krankenakte trotz aller Beteuerungen und Ermahnungen doch noch seinen Weg in die Medien finden könnte (oder pessimistischer: wird): wer dem Dieb die Akte abkauft kann sich zwar nicht direkt auf sie berufen, aber dennoch faktenbasiert und damit wahrheitsgetreu berichten und hat schon dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Es kann weiterhin ungestraft und nebulös auf „gut informierte Kreise“ und „zuverlässige Quellen“ verwiesen werden ohne sich dem moralischen Makel auszusetzen, diese konkrete heiße Ware bezahlt zu haben. Man kann nur hoffen, dass nun zunehmend wirklich auch rechtlich gegen diese „Berichtertattung“ vorgegangen wird.

  5. @Oliver (#8): Naja, dass ein Thema den Boulevard in Atem hält, ist noch lange kein Zeichen von Relevanz und Bedeutung.

    Dass natürlich eine riesige Leserschaft offensichtlich derart nach Informationen (oder als Informationen verkleideten Spekulationen) über den Gesundheitszustand von Michael Schumacher giert, dass die Boulevardpresse diesen umsatzbringenden Selbstläufer natürlich nach Kräften melkt und ihre Seiten dauernd mit sowas füllt, ist eine andere Sache. Die Entwicklung von Schumachers Gesundheitszustand wird dadurch kein bisschen relevanter und geht immer noch niemanden außer ihm selbst, seiner Familie, u.U. seinem Arbeitgeber etwas an. Da hat Herr Konken schon recht.

    Bleibt die Frage, wieso er zu der seit Monaten durch die Presse schwappenden Spekulationsblase zu Schumachers Gesundheitszustand nichts zu sagen hat.

  6. Pepito:

    Stefan konnte schlecht die alte Story über die all die unsäglichen Schumacher-Speklationen 1:1 wiederkäuen, das wäre langweilig und brächte keine Aufmerksamkeit, deswegen nutzt er Konken/djv, um der Story einen neuen Spin zu geben – also als ein Mittel zum Zweck der Empörung.

    (Michael Konken hat ja zuvor Medien im Fall Schumacher um mehr Zurückhaltung gebeten, insofern vermag ich da zumindest für den djv keine Heuchelei zu erkennen.)

  7. Heuchlerisch wäre die Medien-Aufregung um die gestohlene Krankenakte, wenn man sich in bei „Bild“ und Co. bewusst wäre, welchen Anteil man selbst an dieser ganzen Maschinerie hat. Leider habe ich allerdings den Verdacht, dass die Verantwortlichen der besagten Blätter nicht einmal merken, was sie da Tag für Tag treiben. Umso schlimmer…

  8. Rechtliche Frage: Warum ist es für Journalisten strafbar, wenn sie aus einer gestohlene Krankenakte von Michael Schumacher berichten würden, es aber offenbar nicht strafbar ist, wenn aus einer Ermittlungsakte der Staatanwaltschaft zum Steuerverfahren Hoeneß berichtet wird? In beiden Fällen machen sich unstreitig diejenigen strafbar, die die Akten kopieren/stehlen. Aber die Annahme der Daten bzw. die Veröffentlichung durch Journalisten fällt doch unter Quellenschutz!? Zusatz: Die Krankenfakten zu veröffentlich ist wie die wilde Spekulation unanständig. Warum war die Veröffentlichung der Hoeneß-Steuerfakten dann akzeptabel? Weil es nicht so intim ist wie Krankheit?

  9. ich behaupte mal, dass diese akte (die nun angeblich gestohlen wurde) nur ein mcguffin ist.
    es spielt gar keine rolle, ob die wirklich weg ist … was da nun drin steht oder oder oder …
    es ist nur wichtig, dass die leser sich dort die schönsten geschichten zu ausdenken können. als monteure verkleidete journalisten, die in hochsicherheitstrakte einbrechen …
    schon allein daraus kann man ganze boulevardartikel bauen.

  10. Also, fassen wir mal zusammen: Herr Konken und der DJV haben nichts Falsches gesagt – nur etwas, was Sie, Herr Niggemeier, für überflüssig halten. Dafür ist Ihr Aufsatz dann aber reichlich lang geraten…

  11. @wg
    würden andere anders zusammenfassen: herr konken und der djv sagen ganz lange überhaupt gar nichts, obwohl es schon zum himmel schreiendes geraune aus den sehr gut unterrichteten dubiosen kreisen ist, die evtl. möglicherweise schon regelmäßig die hände aufhalten.
    da das seit monaten so läuft, hätte also schon längst lang und breit was gesagt werden können.
    mit der nötigen hochfrequenten empörung.

    @hausherr
    spricht einem aus der seele.
    es ist ein graus, was da abläuft. man kann nur immer schnell weg machen, wenn von bestimmten medien über michael schumacher berichtet wird. grausam

  12. „Die Veröffentlichung wäre ein vollkommen inakzeptabler und äußerst schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von Michael Schumacher.“ (Konken)

    Und warum galt das nicht analog für die Veröffentlichungen über Christian Wulff aus den Akten des (geheimen) Ermittlungsverfahrens? Da war doch laut Konken alles o.k.

  13. Das war nur eine Fingerübung. Jetzt versuchen Sie bitte mal selbst, die Begriffe „Sensationsjournalismus“, „Substanz“ und „Relevanz“ GLEICHZEITIG in einem sinnvollen Satz zu kombinieren, der auf ein post-it passt.

  14. Werner Berger,

    wenn Sie den Unterschied zwischen einer Ermittlungsakte gegen einen Spitzenpolitiker und einer Krankenakte nicht kennen und meinen, weil beides Verschluss-Sache sei, gelten gleiche moralische Bedenken, müssten wir an dieser Stelle eigentlich aufhören zu diskutieren.

    Außerdem muss Konken sich demnächst wohl 24 Stunden am Tag über alle bekannten Auswüchse des Journalismus empören, sonst darf er gar nichts mehr sagen. Gilt übrigens dann auch für uns alle. Der Vorwurf der Scheinheiligkeit fällt schneller auf einen selbst zurück als manche denken. Dieser Thread ist davor nicht gefeit.

  15. Der Ankauf oder das Sich-Verschaffen des gestohlenen Gutes ist Hehlerei im Sinne des Strafgesetzbuches.

    Der Hinweis des Verbandes kann daher nur als Satire verstanden werden. Ungefähr so wie: bitte nicht das Haus der Oma Meier in Wuppertal mittels Fackel in Brand setzen.

  16. @theo (auch auch #17): Sie haben ja völlig recht, vorallem mit den letzten beiden Sätzen. Dennoch geht es – so glaube ich – um etwas anderes. Thema ist jedenfalls für mich nicht, dass sich Herr Konken empört hat, sondern wie und mit welcher Begründung er dies getan hat.

    Die Argumente, die er nun anführt, würden in der Tat dazu führen, dass er sich 24 Stunden am Tag über diese Auswüchse des Journalismus empören müsste. Da er dies nicht tut, stellt sich also die Frage, wie ernst es ihm mit dem ist, was er da nun gesagt hat.

    Ich halte es für legitim diese Frage einmal aufzuwerfen. Denn wenn der DJV sich moralisch äußert, dann sollten solche moralischen Erwägungen auch nicht nur situativ Geltung beanspruchen. Das wäre für moralische Regeln ja ohnehin unsinnig.

  17. Es trifft nun mal nicht zu, dass sich der DJV bzw. sein Vorsitzender erst jetzt zur causa Schumacher zu Wort gemeldet hätten. Bereits am 7. Januar hat der DJV zu einer zurückhaltenden Berichterstattung aufgerufen. http://www.djv.de/startseite/profil/der-djv/pressebereich-download/pressemitteilungen/detail/article/zurueckhaltung-angemahnt.html Diesen Appell nun vor dem Hintergrund der aktuellen Vorfälle zu wiederholen, ist doch wohl legitim.

  18. @Grebenhof: Aber was ist denn für ein trauriger Appell? Die Medien sollen sich zurückhalten, aber dürfen natürlich so ausführlich berichten.

    Schön finde ich auch die Logik: „Er zweifle nicht daran, dass Neuigkeiten über Schumachers Gesundheitszustand den Medien durch die Ärzte in Grenoble und das Schumacher-Management umgehend übermittelt würden.“ Mit anderen Worten: Die Medien sollen sich zurückhalten, weil sie sich darauf verlassen können, von offizieller Seite „umgehend“ über Neuigkeiten informiert zu werden. Dass die Öffentlichkeit gar keinen Anspruch darauf hat, „umgehend“ über Neuigkeiten über die Genesung Schumachers informiert zu werden, dieser Gedanke liegt Konken fern.

  19. „dürfen natürlich so ausführlich berichten“

    Wenn sie es nicht dürften, hätten wir ein Problem.

  20. legal…illegal……
    ist doch eigentlich egal. Das ist ein kranker Mensch und das auf diese oder andere aufdringliche Weise auszuschlachten ist einfach nur eklig Pfui Teufel !

  21. Nachdem mich grade ein Kollege gefragt hat was ich denn an dem Artikel von Herrn Niggemeier so schlimm finde : nein. das war nicht gegen Herrn Niggemeier gezielt (im Gegenteil, sorry,das war unebabsichtgt) sondern gegen die heuchelnde Presse.

  22. Die Krankenakte selber ist ja gar nicht der Clou. Der Clou ist jetzt die Familie Schuhmacher dazu zu bringen doch die entsprechenden „Homestories“ zu machen oder rührende Interviews zu geben. „Damit man diesen Verbrechern zuvorkommt und dafür sorgt das sie für die Akte kein Geld mehr bekommen können weil sowieso schon alles publiziert ist“. Sinngemäß.

    Denn das ist der eigentliche Hauptpreis für die Medien. Das sie es jetzt doch noch selber preisgeben. Und danach braucht die Krankenakte ja nichtmal mehr auftauchen. Belastende Information zu kaufen/beschaffen ist die eine Sache – die Leute die sie betrifft aber dazu zu bringen, dass dann noch selber zu veröffentlichen – das ist das Prestige an der Nummer.

  23. naja, im Lügen sind sie Meister, die BILDblöd, Bunte und der ganze andere Boulevarddreck. Und wer Meister im Lügen ist, ist auch Meister im Heucheln. Und zu dem Gequatsche des Vorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes fällt mir nur ein: Krähe – Augen.

  24. und nochmal ich.

    Die Titelseite der BILDblöd spricht ja ohnehin mal wieder Bände:

    „Ein Toter bei Terror-Übung“ sagt alles.
    Es ist ganz offensichtlich, daß BILD-Journalisten erhebliche Probleme haben, kommunizierte Fakten und Tatsachen richtig zu verstehen und intellektuell einzuordnen.

  25. „Und zu dem Gequatsche des Vorsitzenden des Deutschen Journalisten-Verbandes fällt mir nur ein: Krähe — Augen.“

    Könnten Sie das näher erläutern? Oder möchten Sie nur mal so richtig auskotzen? (dann bitte keine Details)

  26. @ theo (#28): Dann ist der aktuelle Aufruf von Konken doch aber Teil dieses Problems, weil er das Berichtendürfen der Presse einschränken will.

    Was er mit dem Appell vom Januar sagt, ist nicht anderes als: „Ärzte/Management, gebt uns genügend Informationen, dann müssen wir sie uns nicht anderweitig (zur Not auch illegal) besorgen.“ Und das ist auch ein Problem.

    Wie soll es denn jetzt laufen – kann/soll/darf die Presse ausführlich berichten, oder kann/soll/darf sie es nicht? Und warum?

  27. Wie unter 15 nochmal meine Frage: Warum wäre es strafbar, eine Krankenakte von Schumacher zu veröffentlichen, nicht aber eine Ermittlungsakte von Hoeneß. Die Frage zielt nicht auf ethisch-moralische Unterschiede ab, sondern auf Straf- und Presserecht.

  28. 36, gnaddrig:

    Sehe ich anders, aber ich mag das nicht ausdiskutieren, weil es erfahrungsgemäß hier leider oft in einem Schwall von Rabulistik endet. Macht wenig Spaß. Ich klink mich deswegen mal hier aus.

    Peter Stollewerk:
    bitte mal selbst im Web suchen, es gibt da eine Unmenge Beiträge. Wenn es dich so brennend interessiert, warte nicht, bis andere die Arbeit für dich erledigen. :-)

  29. @ theo (# 23)
    Konken hat keine moralischen Bedenken erhoben, sondern auf die Rechtslage abgestellt, indem er die Verletzung von Persönlichkeitsrechten anführt. Wenn Sie allerdings der Auffassung sind, dass Spitzenpolitiker im Gegensatz zu Rennfahrern keine Persönlichkeitsrechte haben, dann sollten Sie sich tatsächlich aus dieser Diskussion zurückziehen.

    @ Peter Stollewerk (# 37)
    Einen Straftatbestand sähe ich bei Veröffentlichungen aus der Krankenakte nicht als erfüllt an. Wie in # 24 erläutert, kann Hehlerei nur an körperlichen Sachen begangen werden, nicht an den darin enthaltenen Informationen. Die Verletzung von Persönlichkeitsrechten als solche ist kein Straftatbestand, auch wenn zivilrechtliche Folgen wie Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche zu gewärtigen sind.

  30. Die ganze Zeit verbreitet der Boulevard routiniert das, was er für „Informationen“ hält, jetzt sind plötzlich Informationen verfügbar und nun weiß er vor lauter Betroffenheit nicht, wohin mit dem zornesroten Kopf ob der Frechheit, dass ihm so etwas zum Kauf angeboten wurde. Jede Wette, er ärgert sich doch nicht darüber, DASS die Akte gestohlen und zum Verkauf angeboten wurde, er ärgert sich darüber, dass dieser Diebstahl öffentlich wurde. Wo jeder von diesem Diebstahl nun weiß, ist es moralisch ja nicht mehr in Ordnung, die Infos daraus zu veröffentlichen, wären Diebstahl und Verkauf im Verborgenen abgelaufen, so hätten wir nun schon längst Auszüge aus der Akte in den Tageszeitungen gehabt.

  31. @theo @werner Berger

    Wenn es ausschließlich um die moralische Seite geht, dann geht meine Frage an die hier zu besprechende Thematik vorbei. Offenbar interessiert sich hier keiner für den rechtlichen Hintergrund. Oder es weiß keiner. Ich konnte zumindest auch nach Internetrecherche nicht wirklich eine eindeutige Antwort finden.

    Frau Kehm spricht in ihrer Erklärung ausdrücklich auch strafrechtliche Konsequenzen an:
    „Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Ankauf solcher Unterlagen/Daten sowie deren Veröffentlichungen verboten sind. Daten aus der Krankenakte sind höchst vertraulich und dürfen der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden.
    Gegen die Veröffentlichung von Inhalten aus der Krankenakte werden wir daher in jedem Einzelfall Strafanzeige wegen der Verwirklichung aller in Betracht kommender Straftatbestände stellen.“

    Ist es lediglich zivilrechtlich oder tatsächlich auch strafrechtlich relevant? Oder würde es nur gegen den Pressekodex verstoßen (was schlimm genug wäre)?

    Warum hat der Anwalt von Hoeneß nicht auch unter Strafandrohung öffentlich mitgeteilt, dass alle Medien welche Akteninhalte veröffentlichen zur Rechenschaft gezogen werden? Der STERN hat doch zB „gestohlenen“ Bankinformationen veröffentlicht. Das war offenbar kein Problem. Bei Wulff wurden auch Interna veröffentlicht. Medien hatten da insoweit keine Konsequenzen zu fürchten.

    Wenn es keinen interessiert, dann ist es auch ok und ich gebe hier Ruhe.

  32. @Peter Stollewerk:
    Ich als Datenschutzbeauftragter (kein Jurist) sehe da mehrere Paragraphen des BDSG (http://www.gesetze-im-internet.de/bdsg_1990/) , die hier greifen:
    – § 3 Abs. 9 besagt, dass u.a. Gesundsheitsdaten besondere Daten sind, denen das Gesetz an mehreren Stellen auch besonderen Schutz zugesteht.
    – § 43, 44 regeln die Bußgeld- und Strafvorschriften, die m.E. hier greifen.
    Als deutsches Gesetz gilt es natürlich nur für deutsche Medien bzw. deren Verantwortliche – wie auch eventuelle sonstige Regelung im Straf- oder Presserecht. Dazu müsste sich dann allerdings ein Jurist einlassen.

  33. @Honky, Peter Stollewerk

    Strafbar ist nur die ursprüngliche rechtswidrige Beschaffung, hier also das Stehlen der Patientenakte. Für beteiligte Journalisten kommen hier allenfalls Anstiftung und Beihilfe in Betracht, aber nur im Vorfeld der Tat.
    Die eigentliche Veröffentlichung der Daten aus der Krankenakte durch die Medien wäre wohl nicht strafbar, §§ 43, 44 BDSG greifen hier eben nicht, auch nicht die §§ 201 ff. StGB.
    Es gab letztes Jahr mal eine vom Land Hessen im Bundesrat eingebrachte Gesetzesinitiative zur Einführung eines Straftatbestandes der Datenhehlerei, die aber nicht verabschiedet wurde (BR-Dr 284/13 [B]). Dieser Tatbestand hätte im Falle der Veröffentlichung einer „gestohlenen“ elektronischen Patientenakte vielleicht greifen können.
    Etwas anders läge der Fall bei einer Veröffentlichung z. B. eines unbefugt im Krankenzimmer gemachten Fotos, weil hier § 201a Abs. 2 StGB ausdrücklich auch das Gebrauchen und Zugänglichmachen für Dritte unter Strafe stellt.

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