Judd Nelson lebt, während andere von seinem angeblichen Tod profitieren

In den USA rast seit gestern diese Meldung durch die sozialen Netzwerke:

Falschmeldung zum angeblichen Tod von Judd Nelson

Sie wird getwittert und geteilt, allein auf Facebook inzwischen mehr als 200.000 Mal. Nur die Originalquelle. Und die Nachricht vom Tod des Schauspielers geht immer noch rum, dabei ist sie längst widerlegt. Judd Nelson wurde nirgends tot aufgefunden. Er lebt. Sein Agent bestätigte das gestern gegenüber der „Los Angeles Times“ und schickte ein Foto mit. Es zeigt Nelson mit einer aktuellen Zeitung.

Gestreut wurde die falsche Nachricht von einer Seite mit der Adresse foxnews.es, also scheinbar eine (spanische) Seite des US-Senders „Fox News“ – in der Fakenews-Welt gilt das vermutlich als Ausweis von Seriosität. Doch auf der Seite befindet sich offenbar nichts, bis auf jene Meldung. Und sowieso sollte einen die Aufmachung stutzig machen. Der Betreiber hat sich nicht mal die Mühe gemacht, die Seite so aussehen zu lassen, als wäre sie tatsächlich ein Ableger von „Fox News“. Im Gegenteil: Sie ist geradezu nackt. Oben finden sich die üblichen facebook- und twitter-Buttons. Dann die Überschrift. Werbung. Text. Werbung. Das war’s. Kein Logo. Keine weiteren Texte. Keine Bilder. Nichts.

Falschmeldung auf der Fake-Seite "foxnews.es"

Anderen Screenshots zufolge scheint es jedoch mal eine weitere Version der Seite gegeben zu haben mit einem Foto, das einer Eilmeldung aus dem US-Fernsehen nachempfunden war, inklusive „Breaking“-Banner. Doch ob mit oder ohne Foto: Es hat funktioniert. Auch nachdem die „LA Times“ berichtet hatte, dass die Meldung falsch sei, posteten Fans weiter ihre Trauer über Nelsons Ableben.

Nach Angaben des spanischen Domain-Verwalters Dominios wurde die Seite foxnews.es von einer Person namens Fred Post registriert. Googelt man die dazugehörige Mail-Adresse, stößt man auf weitere Seiten, die mit diesem Namen und dieser Mail-Adresse angemeldet wurden. Als Wohnort gibt Fred Post die Stadt Uvalde, Texas an, was aber wohl so falsch ist wie die Todesmeldung. Und nun wird es spannend: Fred Post gehört auch die Adresse okmagazine.us, die umgeleitet wird auf ebuzzd.com. Und eBuzzd ist mehr als berüchtigt, denn die Seite hat sich zur Aufgabe gemacht, jede Menge Schwachsinn in die Welt zu grunzen.

Fake-Meldung auf ebuzzd.com

Aktuell findet sich dort beispielsweise die Nachricht, Angelina Jolie zeige erste Anzeichen einer Ebola-Erkrankung, was aber auch lediglich eine Grippe sein könne. Das finden manche Menschen vermutlich genau so lustig wie all die anderen Geschichten, mit denen eBuzzd immer wieder für Furore sorgt, vor allem mit Falschmeldungen: Das Magazin verkündete vor ein paar Monaten, Phil Collins sei ein Arm amputiert worden; es schrieb, US-Fernsehstar Austin „Chumlee“ Russel sei gestorben; oder die Schauspielerin Betty White. Alles Unsinns-Artikel und derweil, jedenfalls teilweise, wieder gelöscht. Aber auch sie verbreiteten sich zunächst.

Wer hinter eBuzzd steckt, lässt sich über den üblichen Weg nicht herausfinden; die Seite wurde anonym registriert. Das Online-Magazin „PandoDaily“ aber hat den Mann hinter den Todesmeldungen bereits im Frühjahr enttarnt und sich in einem langen, lesenswerten Artikel mit ihm befasst. Demnach soll es sich um einen 36-jährigen Ex-Trucker aus Texas handeln, der seinen Führerschein nach einem Drogentest verloren hat. Nun besitzt er etliche Websites, die er unter verschiedenen Pseudonymen angemeldet hat. Fred Post, der Name des foxnews-Fakers, ist laut „PandoDaily“ zwar nicht darunter. Aber es kann ja sein, dass er sich inzwischen weitere Pseudonyme zugelegt hat. Jedenfalls sieht die Methode, mit der nun die Falschmeldung von Nelsons Tod viral ging, jener der eBuzzd-Macher ähnlich.

Laut „PandoDaily“ verhöhnen sie die Leser, die auf ihre Falschmeldungen reinfallen. Wer eBuzzd nicht möge, solle die Seite halt nicht besuchen oder teilen, sagt der Chef der Seite. Und sein Bruder äußerte sich in einem (inzwischen gelöschten) Facebook-Post abgeblich so:

Seriously, all of the people that responded to this are idiots! Read the fine print! LOL! It is a webpage for hoaxes! Damn! Get out and do something with your life! Stop letting television rot your brain!

Lustig, nicht? Auch wenn man jetzt nicht genau weiß, wieso das Fernsehen daran schuld sein soll, wenn Menschen auf kalkuliert gestreute Falschmeldugen im Internet reinfallen. Allenfalls offenbaren die Falschmeldungen die Schwachstelle sozialer Netzwerke, in denen alles sofort weitergebrabbelt wird, ohne darauf zu achten, ob die Quelle zuverlässig ist. Die Macher setzen dabei gezielt auf die Schocksekunde: Man liest, dass jemand gestorben ist – und weil einen das so angeht, erzählt man es gleich weiter. Dass das so prima funktioniert, wollen die eBuzzd-Leute wohl als eine Art Medienkritik verstanden wissen. Dabei dürfte der wahre Grund ein anderer, viel profanerer sein: Geld.

Neben den Falschmeldungen steht Werbung, etwa Google Adwords, wie im aktuellen Fall. Damit, so „PandoDaily“, ließen sich mehrere Zehntausend Dollar in wenigen Tagen verdienen, wenn nur genügend Leute auf die Werbung klicken. Der eBuzzd-Chef dementiert das allerdings und sagt, er habe (zumindest mit eBuzzd) bisher kaum Geld verdient. Was man jetzt glauben kann oder nicht.

20 Replies to “Judd Nelson lebt, während andere von seinem angeblichen Tod profitieren”

  1. Ist die Werbebranche wirklich so abgezockt, dass sie auf jeder Scheißseite Werbung schaltet, nur um Kohle bei ihren Kunden abzuziehen? Und ist es den Auftraggebern wirklich egal, in welchem Umfeld ihre Anzeigen auftauchen?

  2. „wieso das Fernsehen daran schuld sein soll, wenn Menschen auf kalkuliert gestreute Falschmeldugen im Internet reinfallen“. Wieso?
    .
    Er sagt das deutlich und ich übersetze gerne: „…weil es Dein Gehirn verrotten läßt.“
    So falsch liegt er damit nicht.

  3. In den Radioforen haben wir mal eine Falschmeldung über den Tod eines Hollywood-Schauspielers (Name ist mir leider gerade entfallen), der auch regelmäßig für tot gehalten wird, besprochen, die an einem Sonntagnachmittag auftauchte. Wenn ich mich richtig entsinne ging die sogar über irgendwelche Sender, war jedoch durch ganz schnelles Checken der einzigen angegebenen Webseite als Hoax zu enttarnen.

    Das ist wirklich eine der Stellen, an denen sich die angebliche Schwarmintelligenz des Netzes eher als Schwarmdummheit enttarnt. Und man weiss wirklich nicht, welche von beiden größer ist. Wahrscheinlich stimmt aber auch an dieser Stelle das alte Sprichwort von der Unendlichkeit.

  4. … ’ne Frage: Wer oder was ist dieses „Facebook“ und „Twitter“. Versäume ich da was, obwohl seit „BTX“-Zeiten dabei? Übrigens finde ich unsere Halsbandsittiche auf der „KÖ“ ganz nett, weil die so schön zwitschern, abends und aufgeregt. :D
    Grüsse

  5. Auf vielen US „Nachrichten“-Seiten geht es längst nicht mehr darum, was richtig ist. Sondern ausschließlich darum, welche Schock-Headline die meisten Klicks bringt.
    Gawker, Buzzfeed, Hollywoodlife etc. bringen den ganzen Tag solche Pseudomeldungen. An denen ist nichts, aber auch gar nichts wahr. foxnews.es ist lediglich die Spitze des Schwachsinns.
    Und auch auf den etwas seriöseren Seiten wird die Meldung erstmal live gestellt und anschließend überprüft. Korrigieren kann man ja immer noch….

  6. @6, ek
    hihi, das ist so clever so zu tun als hätte man von Facebook noch nie gehört. Damit wirken Sie intellektuell und man merkt, dass Ihnen die alten Werte wichtig sind.

    Herzlichen Glückwunsch zu diesem Kommentar!

    Ich selbst muss zugeben, dass ich in den letzten 6 Jahren ab und zu mal eine Zeitung gelesen habe, eine Fernsehsendung verfolgt und auch die ein oder andere Website aufrief. Aber selbst ohne diese Quellen hat mich mein 90jähriger Großvater vor dieser Seite gewarnt, bei der die ganzen amerikanischen Firmen alle persönlichen Details über mich herausfinden.

  7. @10
    Kein Grund zur Panik, klar ist das nicht schön, aber da er zuvor schon sein Gehör verloren hat, konnte er musikalisch auch mit zwei Armen nichts mehr reißen.
    Außerdem ist noch völlig unklar, ob er die Gebrauchs- oder Hilfshand verloren hat, was ja für den Rehabilitationsverlauf nicht ganz unwichtig ist.
    Und auch wenn ich jetzt wirklich egoistisch bin, ich habe bereits eine handsignierte CD („I can’t dance“).
    Viel schlimmer ist es, dass die Ebolainfektion von Angelina Jolie verschleiert wird, bei all den Schwierigkeiten, die die in den Staaten mit der sinnvollen Pandemiebekämpfung haben, aber das stört ja keinen hier!

  8. Ich kannte bisher nicht mal den Namen dieses „toten“ Menschen.
    Womöglich… weil ich als Erwachsener all diese amerikanischen Kindereien zum Datensammeln und Weiterverkaufen nicht benutze?

  9. @Klaaus
    Ihr Kommentar erinnert inhaltlich aber frappant an einen typischen Facebook-Status.
    (Quasi anonym gepostet ist er natürlich noch bedeutungsloser.)

  10. Das stimmt nicht, dass Elvis tot ist! Er ist nur nach Hause gegangen! Das weiß man doch aus dem Film „Men In Black“, und das ist doch ein Dokumentarfilm, also wird es wohl stimmen…

  11. Ich habe „ebuzzd.com“ erst durch diesen Artikel kennengelernt und finde sie brilliant. Schon auf der Startseite steht ein Disclaimer, der zur Vorsicht rät; es wird auf die „terms“ verlinkt, in den deutlich „eBuzzd does not warrant that any of the materials on its web site are accurate, complete, or current.“ steht. Auch sind alle oben gennaten Meldungen mit „Hoax“ gekennzeichnet. Und mittlerweile scheint ja auch jeder außer mir die Seite zu kennen. Und trotzdem werden die Quatschmeldungen immer und immer wieder (auch durch seriöse Medien) weiterverbreitet. Selbst schuld, Schwarmdummheit, würde ich mal sagen.

  12. Die im Artikel formulierte Entrüstung kann ich nicht ganz nachvollziehen. Auf mich wirkt die Seite wie eine (wenn auch grelle) Satire auf die Auswüchse der (ebenfalls grellen) „News“-Seiten, die man in Deutschland wie auch in den USA findet, sodass man meiner Meinung nach keine journalistischen Maßstäbe anlegen kann. Und wenn man damit noch Geld verdienen kann: warum nicht?

    So gesehen ist der zitierte Facebook-Post zwar derb formuliert, aber nicht falsch. Um den Verweis auf das Fernsehen zu verstehen, müsste man wohl das amerikanische TV in seiner Gesamtheit kennen. Das, was man hier so mitbekommt, reicht finde ich aber schon, um am nicht-fiktionalen US-Fernsehen zumindest zu zweifeln.

  13. @18 gn0rkl: „Warum nicht?“ Stimmt. Warum eigentlich nicht Geld verdienen, indem man erstunkene Todesmeldungen ausposaunt, die etliche Fans und unter Umständen auch Freunde und Familie des Totgesagten ängstigen. Ähm. War eine rhetorische Frage, oder?

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