Apocalypse Then

In Großbritannien ist in der vergangenen Woche der Text veröffentlicht worden, der in den siebziger Jahren im Radio im Fall eines Atombombenanschlags auf das Land durchgegeben werden sollte [pdf]. Er beginnt mit den Sätzen:

This is the Wartime Broadcasting Service. This country has been attacked with nuclear weapons. Communications have been severely disrupted, and the number of casualties and the extent of the damage are not yet known. We shall bring you further information as soon as possible. Meanwhile, stay tuned to this wavelength, stay calm and stay in your own homes.

Und endet mit den Sätzen:

We shall repeat this broadcast in two hours‘ time. Stay tuned to this wavelength, but switch your radios off now to save your batteries until we come on the air again. That is the end of this broadcast.

Zwischendurch wird den Briten erklärt, dass sie kein Wasser verschwenden sollen und sich frische Nahrungsmittel nicht so lange halten wie Essen in Dosen, weshalb sie zuerst gegessen werden sollten. Vor allem aber:

Remember there is nothing to be gained by trying to get away.

Faszinierend ist auch, dass die Regierung sich sehr darum sorgte, dass die Bevölkerung das fatale Gefühl bekommen könnte, die nationale Institution, die BBC, sei ausgelöscht worden. Nur eine vertraute BBC-Nachrichtenstimme könne die Menschen beruhigen, schrieb 1974 der damalige Kommunikationsminister. Das Problem war nur, dass der einzige BBC-Sprecher, der nach Sicherheitsmaßstäben als zuverlässig genug eingestuft wurde, relativ unbekannt war — die Starmoderatoren der damaligen Zeit hatten nicht die nötige Freigabe der Behörden bekommen.

Wer letztlich ausgewählt wurde, ist unbekannt — aber laut „Independent“ ist die Aufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich produziert worden.

Die Grafik, mit der die BBC die Meldung über die apokalyptische Ansage illustriert, ist aber vermutlich eher nur ein Symbolfoto:

18 Replies to “Apocalypse Then”

  1. klingt verdammt cool: „auslöscht worden“ – hat sowas dynamisches, son bisschen bayerisch – aber „ausklöscht“ wär noch ein wenig knackiger gewesen

  2. „Wer letztlich ausgewählt wurde ist unbekannt“? Das kann sich aber nur auf die allerersten Versuche beziehen. Was hält der Independent daran denn für neu genug?
    Die ganze WTBS-Sache ist schon seit einiger Zeit bekannt — auch dafür, dass die „Voice of Doom“ am Ende (heh heh), also in den Achtzigern, Peter Donaldson war. Peter Donaldson ist sowieso ein Halbgott, also ist das nicht weiter verwunderlich (wer den Halbgottstatus nicht nachvollziehen kann, möge sich die relativ obskure Radioserie ‚Ectoplasm‘ suchen. Oder mal ins News Quiz reinhören, wo er leider nur die Nachrichtenschnipsel liest. Ansonsten war der Mann die beruhigende Standard-Nachrichtenstimme von Radio 4).

    Ich versteh‘ nicht ganz, was da noch öffentlich(er) gemacht worden ist; der Text und die Details waren schon vor Jahren bekannt. Die BBC hat Donaldson den Text sogar nochmal nachsprechen lassen und auf die eigene Website gestellt — keine Ahnung ob das noch auffindbar ist, dieselbe Aufnahme lässt sich aber durchaus im Netz finden, und wenn sie auch nur in Musikvideos/-stücke eingemixt ist.

    Hier ist ein Artikel aus dem Telegraph von 2005 mit praktisch identischem Inhalt, aber netteren Anekdötchen:
    http://tinyurl.com/4r9ds8

    Richtig toll ist die (ebenfalls bekannte) Liste von Programmen, die für die nächsten Wochen nach dem Angriff auf der Sendeliste standen und sozusagen zur Notfallausstattung gehörten. Alles extrem gute und zeitlose Eigenproduktionen. Da fragt man sich, was in Deutschland gebunkert worden wäre… wann hat Deutschland denn zum letzten Mal Radio gehört, das nicht „die Achtziger, die Neunziger und das Bestevon heute spielt?

    Die BBC ist eben eine nationale Institution, und das mit Recht. Wer so viele herausragende Programme produziert, kann im Ernstfall auch beruhigen. Jede Generation hat ihre Radiohelden, einige sind Jahrzehnte später noch bekannt, und das Ganze gehört einfach dazu. Nicht weiter verwunderlich.

    Mein eigener Musikwunsch für den Ernstfall ist übrigens das hier:
    http://www.youtube.com/watch?v=frAEmhqdLFs

    Und entschuldigung für das Gelaber: Ist ein Lieblingsthema. :D

  3. @Armin: Danke! (Ich mag den Pfeil, der von den Batterien zu den Ersatzbatterien wandert.)

    @shuttlecock: Das wusste ich nicht. (Und, komisch, der BBC scheint es auch nicht richtig bewusst gewesen zu sein.) Ist aber sehr interessant, danke für den Link!

  4. Ha, hab‘ den alten Artikel doch noch gefunden; der Audiolink oben rechts auf der Seite enthält auch die Donaldson-Version dieser Ansage.

    http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/politics/4565880.stm

    Komische Sache. Anscheinend führt ein Halbieren der Nachrichtenteams zu einer Verdopplung der Nachrichten. Oder da ist wirklich noch was sensationelles Neues dabei gewesen, das aber sofort wieder zurückgerufen wurde (weil doch noch geheim).

    Oder es gibt zuviele Hippies bei der BBC, natürlich.

  5. Und was lesen wir wohl morgen im Bildblog über die „Bildleser wissen es zuerst“-Spalte bei der Bild?

  6. […] Manches möchte man unter keinen Umständen im Radio hören: “Dieses Land wurde mit Atomwaffen angegriffen. Alles ist kaputt… und denken sie daran, dass es überhaupt nichts nützt, jetzt vor die Tür zu gehen, weil bald der Fallout einsetzt. Belassen sie ihr Radio auf diese Frequenz eingestellt, aber schalten sie jetzt ab, um Batterien zu sparen. In zwei Stunden melden wir uns wieder.” Huiuiuii! Das ist der sinngemäß überstezte Ausschnitt aus dem Text (PDF), den die BBC in Großbritannien in den 70er Jahren auf allen Frequenzen verbreitet hätte, wenn aus dem Kalten ein atomar Heißer Krieg geworden wäre. Berichte bei der BBC gibt es auf deren Internetseite. (Hinweis gefunden bei Stefan Niggemeier) […]

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