Raus aus der Komfortzone?

Rede in der Frankfurter Paulskirche am 1. Dezember 2014 auf Einladung der Aids-Hilfe.


Foto: ARD

Im vergangenen Monat veranstaltete die ARD eine „Themenwoche“ zum Thema „Toleranz“. Der Sender warb dafür mit mehreren Motiven. Eines zeigte einen Mann im Rollstuhl mit der Frage: „Außenseiter oder Freund?“ Über einem schwarzen Mann stand die Frage: „Belastung oder Bereicherung?“ Und über einem sich zärtlich zugewandten Männerpaar die Frage: „Normal oder nicht normal?“

Als das eine Welle von Widerspruch und Empörung auslöste, musste sich ARD-Koordinator Hans-Martin Schmidt rechtfertigen. Er sagte:

„Dass die Kampagne provoziert, war gewollt, wobei der Grad der Provokation sicherlich im Auge des Betrachters variiert. Wichtig ist bei dem Thema ja, dass wir unsere Komfortzone verlassen.“

Aha, habe ich gedacht. Und mich dann gefragt: Wer ist „wir“? Wessen Komfortzone ist das? Wer sind diese Leute, die beim Thema Toleranz ihre Komfortzone verlassen müssen?

Die Leute, die Homosexualität immer noch als etwas Widernatürliches empfinden, wollte die ARD mit ihren Plakatmotiven jedenfalls nicht zu sehr in ihrer „Komfortzone“ behelligen. Die beiden Männer, die Homosexualität symbolisieren sollen, küssen sich auf dem Plakatmotiv nicht einmal auf den Mund – was doch sonst eine eher klassische Form ist, zu zeigen, dass ein Paar sich nicht nur platonisch liebt. Der eine Mann küsst den anderen bloß auf die Stirn.

Wenn man schon Homosexualtität darstellen und fragen wollte, ob sowas „normal“ ist – wäre es wirklich eine zu große Provokation gewesen, wenigstens zwei Männer zu zeigen, die sich leidenschaftlich küssen? Wäre das schon zu ungemütlich gewesen für die Leute in ihrer „Komfortzone“, denen beim Gedanken an Homosexualität nicht ganz wohl ist, und bei ihrem Anblick erst recht nicht?

Der ARD-Mann sagt, die Plakate sollten provozieren, aber für Leute, die beim Anblick eines schwulen Paares fragen, ob das normal ist, für solche Leute sind diese Plakate keine Provokation. Sie bebildern einfach ihre Vorbehalte.

Oder meinte der ARD-Mann mit dem „Wir“ uns Betroffene, die Minderheiten, die Anderen. Diejenigen, die durch ihre Andersartigkeit anscheinend die Toleranz der „Normalen“ herausfordern? Müssen wir uns aus unserer Komfortzone herausbewegen, in der wir uns in das Gefühl eingekuschelt haben, dass die meisten Menschen tolerant sind, dass es Fortschritte gibt bei der rechtlichen Gleichstellung und immer weniger Diskriminierung?

Müssen wir aus unserer Komfortzone heraus und uns damit konfrontieren lassen, dass es immer noch eine beträchtliche Zahl von Menschen gibt, die tatsächlich vom Anblick zweier schwuler Männer abgestoßen sind? Ist das die Provokation, die die Werbemotive der ARD-Themenwoche „Toleranz“ darstellen wollten? Die Konfrontation der Lesben, Schwulen, Behinderten, Einwanderer mit der harten Realität, dass es mit der behaupteten Toleranz und Akzeptanz im Alltag gar nicht so weit her ist?

— Aber das wissen wir doch. Das erleben wir doch jeden Tag. Da gibt es immer noch viel zu wenige Komfortzonen, das ist doch das Problem.

Der Begriff der Komfortzone steht noch gar nicht im Duden. Er ist so eine typische amerikanische Psycho-Metapher. Der Begriff passt ganz gut zum heiklen Begriff der „Toleranz“, die ja im Gegensatz zur „Akzeptanz“ ein Gedulden und ein Ertragen von etwas beschreibt, das man eigentlich ablehnt oder einem zumindest unangenehm ist – etwas, das mindestens außerhalb der eigenen Komfortzone liegt.

Als Floskel ist das „Verlassen der Komfortzone“ positiv besetzt: Wir sollen unsere Komfortzonen verlassen, um uns neuen Aufgaben und Herausforderungen zu stellen, die uns menschlich, beruflich, wie auch immer, voranbringen.

Andererseits beschreibt der Begriff der Komfortzone, fürchte ich, auch sehr gut den Bereich, in den sich viele Menschen in ihrem Verhältnis Minderheiten gegenüber zurückgezogen haben. Sie sind bereit, das, was außerhalb passiert, zu ertragen, solange sie davon in ihrem Bereich nicht behelligt werden.

Ich weiß nicht, ob das eine schweigende Mehrheit betrifft oder nur eine beträchtliche Minderheit, aber mir scheint, als hätten diese Leute auf eine Art Deal gehofft. Er lautet auf Homosexuelle bezogen ungefähr so: Ihr habt doch in den vergangenen Jahren schon so viele eurer Forderungen erfüllt bekommen, jetzt gebt auch Ruhe, hört auf, uns mit weiteren Forderungen zu behelligen – und überhaupt: mit eurer Andersartigkeit.

Die Logik geht ungefähr: Ihr musstet auffallen, um gegen eure Diskriminierung zu protestieren. Nun gibt es keine Diskriminierung mehr, jetzt könnte ihr auch aufhören, aufzufallen.

Es ist der Wunsch, mit der weitgehenden Gleichstellung von Homosexuellen würden die Homosexuellen verschwinden. Das ist doppelt falsch. Es ist falsch, weil es so tut, als gebe es keine Diskriminierung mehr. Und es ist falsch, weil der Wille, sich nicht mehr verstecken und verstellen zu müssen, so zentral ist für den Kampf von Lesben und Schwulen – die Sichtbarkeit ist nicht nur Zweck, sondern auch Ziel.

Es gab im vergangenen Jahr viele Anlässe, darüber öffentlich zu reden. Zum Beispiel das Coming-Out von Thomas Hitzlsperger, als erstem prominenten deutschen Fußballspieler, wenn auch nach dem Ende seiner aktiven Zeit, und das von Tim Cook, dem Apple-Chef, als erstem amerikanischen Top-Manager. Aber die öffentliche Beschäftigung damit löste auch einen erheblichen Widerwillen bei einem Teil des Publikums aus. Menschen beschwerten sich über das Bohei, das um die Sache gemacht werde, die doch eine Privatsache sei, die man nicht in und mit der Öffentlichkeit verhandele. Sie haben nichts dagegen, dass Leute wie Hitzlsperger oder Cook schwul sind, wollen davon aber nichts wissen.

Sie missverstehen die Freude darüber, dass Menschen sich nicht mehr verstecken und verstellen und zu sich selbst stehen, und die Aufmerksamkeit, die damit zusammenhängt, dass sie die ersten in ihrem Bereich sind, mit einer Überhöhung von Homosexualität zu etwas Erstrebenswertem. Sie fühlen sich belästigt.

Über dem Diskurs liegt ein Gefühl von: Jetzt nehmt Euch mal nicht so wichtig. Und: Irgendwann muss auch mal gut sein.

Dahinter formuliert sich auch immer öfter, scheinbar aus der Mitte der Gesellschaft, eine erstaunlich selbstbewusst formulierte Ablehnung von Gleichstellung und Akzeptanz. Der frühere „Spiegel“-Ressortleiter und heutige „Welt“-Autor Mathias Matussek nennt sich stolz und höchstens viertelironisch „homophob“. Der Katzenkrimi-Autor Akif Pirincci wütet gegen die „Verschwulung“ der Gesellschaft.

Es formiert sich ein Widerstand, besonders massiv in der Frage, wie sexuelle Vielfalt in der Schule behandelt werden soll. Versuche, Homosexualität nicht nur als Form von Sexualität zu behandeln, sondern als ein Thema, das ganz selbstverständlich in allen Fächern eine Rolle spielt, werden als Versuche der „Sexualisierung“ diffamiert und als Umerziehungsversuch bekämpft. Medien – leider auch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, für die ich schreibe – leisten durch polemische und verfälschende Darstellungen ihren Beitrag dazu, die Diskussion zu hysterisieren und zu entsachlichen.

Der Protest kommt als Widerstand gegen vermeintliche Übertreibungen der Offenheit, Toleranz, Aufklärung daher. Aber er wirkt auch als Versuch, längst erkämpftes und sicher geglaubtes Terrain zurückzuerobern. Er nimmt mindestens fahrlässig in Kauf, dass Homosexualität wieder als etwas Anrüchiges, Gefährliches diffamiert wird. Ein anschauliches Beispiel dafür liefert die „Bild“-Zeitung, die sich – wie viele andere – an dem Pädagogik-Handbuch „Sexualpädagogik der Vielfalt“ abarbeitet, das sie „einfach widerlich und skandalös“ nennt. Sie zitiert dann die CDU-Politikerin Karin Prien: „Das ist hoch fragwürdiges, verstörendes, ideologisch verbrämtes Lehrmaterial.“ Und „Bild“ fügt hinzu:

„Was Prien, die das Ganze mit einer Anfrage aufgedeckt hat, meint: Linke Pädagogen versuchen seit geraumer Zeit, das traditionelle Familien- und Sexualbild aufzubrechen. Vielfalt steht bei ihnen dafür, dass Sexualität alle Spielarten umfasst, eben auch Homo- und Transsexualität.“

Dass Vielfalt bedeutet, dass Sexualität auch Homosexualität und Transsexualität umfasst – das ist anscheinend keine gemeinsame Grundlage der Debatte mehr. Sondern eine radikale ideologische Position linker Pädagogen.

Hier geht es nicht mehr darum, weiteren „Fortschritt“ zu stoppen. Hier geht es um Rückschritte. Plötzlich müssen sich Projekte wie SchLAu für ihre Arbeit rechtfertigen, die dem Kampf gegen Diskriminierung und Vorurteile dient – weil der Eindruck entsteht (und bewusst erweckt wird), sie machten etwas Unanständiges in den Schulen und wollten die Kinder umerziehen.

Im Frühjahr dieses Jahres eroberte Cochita Wurst die internationale Bühne, die verwirrende Persönlichkeit eines Mannes, der als Frau mit Bart auftritt. Sie gewann den Eurovision Song Contest. Es war ein Sieg der Vielfalt, der von Kommentatoren – bis hinein in den Deutschlandfunk – fassungslos als letzter noch fehlender Beweis für die völlige Degenerierung der Gesellschaft gedeutet wurde. Sie empfanden die Provokation der Figur nicht als Herausforderung von Gewohnheiten und Erwartungen, sondern als fundamentalen Angriff auf sich und auf ihre Vorstellungen von Normalität. Längst überwunden geglaubte Bekenntnisse der Scheintoleranz wurden in der Folge wieder geäußert, wie von Bela Anda, dem früheren Regierungssprecher und heutigen „Bild“-Politikchef. Er behauptete in einem Kommentar auf Bild.de: „Einige meiner besten Freunde sind homosexuell“ (und der einzige Satz, der noch trauriger ist, ist natürlich der, den seine homosexuellen Freunde sagen müssen: „Einer meiner besten Freunde ist Béla Anda.“) Und er fügte hinzu: „Ein Bart im Gesicht einer Frau, noch dazu ein Vollbart, stört mich, stört mein ästhetisches Empfinden, stört auch mein Rollenverständnis von Mann und Frau.“

Die harmlose, ganz unaggressive Figur Conchita Wurst machte deutlich, wie sehr Andersartigkeit immer noch als Bedrohung empfunden wird. Der Preis, den Lesben und Schwule nach Ansicht eines Teils der Gesellschaft dafür zahlen sollen, dass sie anerkannt werden, ist der, dass sie möglichst normal und unauffällig sein sollen. Von Trans-Menschen ganz zu schweigen.

Rational lässt sich das am Beispiel Conchita Wurst kaum fassen: Wenn ein Mann als Frau auftritt, soll er sich wenigstens den Bart abrasieren? Aber die Botschaft dahinter ist klar: Es ist eine der Pflicht zur Anpassung. Und ein – gefühlt – wachsender Unwille, sich selbst und sein Verhalten in Frage zu stellen.

Schon Ansätze, die zur Reflexion auffordern, werden als Zumutung abgetan, wie jüngst zum Beispiel ein Papier einer Gruppe, die sich die „Neuen Medienmacher“ nennen. Es soll Journalisten dazu anregen, über Sprache nachzudenken und darüber, wen sie mit bestimmten Formulierungen ausgrenzen. Das ist ausdrücklich als „Debattenbeitrag“ gekennzeichnet. Doch schon debattieren ist zuviel für Publizisten wie Henryk M. Broder, der dafür nur Häme und Verachtung hat und sich an Orwells „Neusprech“ aus 1984 erinnert fühlt.

Die vielleicht größte Zumutung zur Zeit ist eine Person namens Lann Hornscheidt, die sich nicht als Mann oder Frau definiert und entsprechend auch nicht als Professorin oder Professor angesprochen werden will, sondern als Professx. Auch über solche Sprachvorschläge kann und muss man streiten. Man darf sie selbstverständlich auch ablehnen. Aber was bestürzt, ist der Hass, der Lann Horscheidt entgegenschlägt, der Unwille, sich damit überhaupt auseinanderzusetzen, und der Reflex, auch in den Medien, zur Diffamierung. Es scheint da Leute zu geben, die die Herausforderung, dass es Menschen gibt, die anders sind als sie und als sie es für möglich gehalten hätten, einfach nicht ertragen.

Lann Horscheidt wirkt im Vergleich zu ihren Gegenspielern verblüffend wenig radikal. Vor allem, wenn er oder sie formuliert, dass es doch eine Bereicherung sei, auf andere Sichtweisen, fremde Lebenswelten, unbekannte Blicke auf die Welt zu stoßen, sich darauf einzulassen und damit auseinanderzusetzen.

Andersartigkeit zunächst einmal als Bereicherung empfinden, nicht als Zumutung. Warum sollten unsere Komfortzonen so eng zugeschnitten sein, dass wir sie verlassen müssen, um Vielfalt zu akzeptieren?

„Wichtig ist, dass wir unsere Komfortzone verlassen“, hat der ARD-Toleranz-Beauftragte gesagt. Im Rahmen dieser Themenwoche fand dann im HR-Fernsehen auch eine Diskussion mit dem selbsterklärten „homophoben“ Matthias Matussek statt. Und der Moderator und Redaktionsleiter Meinhard Schmidt-Degenhard rechtfertigte sich hinterher noch mit dem Satz: „Meines Wissens ist Homophobie nicht zwangsläufig menschenverachtend.“

Aus dieser Komfortzone werden wir gerade gründlich vertrieben: aus dem Glauben, dass wir hinter bestimmte Standards nicht mehr zurückfallen würden.


Symbolfoto: ARD

217 Replies to “Raus aus der Komfortzone?”

  1. Er behauptete in einem Kommentar auf Bild.de: „Einige meiner besten Freunde sind homosexuell“ (und der einzige Satz, der noch trauriger ist, ist natürlich der, den seine homosexuellen Freunde sagen müssen: „Einer meiner besten Freunde ist Béla Anda.“)

    Sehr schön :-)

    Die beschriebenen Probleme, die manche mit ihren Mitmenschen zu haben scheinen, sind mir immer wieder ein Rätsel. Kommt glüklicherweise weder in meinem privaten noch beruflichen Umfeld vor (als ein Mix aus IT-lern, Pädagogen und Sozialarbeitern vllt. nicht ganz repräsentativ) und wenn doch sind diejenigen immerhin schlau genug entsprechende Ansichten für ich zu behalten).

    Ich werde nie verstehen, wie man sich selber aufgrund von Eigeschaften, für die „die anderen“ genausowenig können wie man selber (bisher sind mir Diskussionspartner jedenfalls noch Beweise für eigenes Mitwirken daran in welchem Land und in welchem „sonstigen Zustand“ sie aus einem Geburtskanal kamen schuldig geblieben) über andere erhebt – und dann auch noch offen stolz darauf zu sein scheint? Erklären ließe das einzig dadurch, dass „Arschlochsein“ auch eine angeborene und nicht abzulegende Eigenschaft ist, ist aber schwer zu glauben.

  2. Mal eine Frage von einem Unwissenden. Oder vielleicht haben Sie einfach eine missverständliche Formulierung gewählt.

    „Homosexualität nicht nur als Form von Sexualität zu behandeln“

    Was ist HomoSEXualität denn sonst noch, außer eine Form von Sexualität?

    Meinten Sie vielleicht einfach nur, dass Homosexualität auch in anderen Fächern außer Sexualkunde Gegenstand des Unterrichts sein könnte? (Gedichte über Homosexualität in Deutsch, kleinere Exkurse über Homosexualität in der Antike in Geschichte?) In diesem Fall ist Homosexualität aber immer noch eine Form von Sexualität, wird aber nur nicht mehr im Rahmen des Sexualkundeunterrichts behandelt.

  3. Sehr schöne Rede, schade, dass ich sie mir nicht anhören haben können. Das mit der Toleranz ist aber auch schwierig, die fordert man immer nur von den anderen. Das kann bei der ARD dann nur schief gehen, denn gut gemeint ist selten gut gemacht. Um den alten Gemeinplatz zu bemühen.

  4. Das mit dem in anderen Fächern auftauchen ist, so denke ich, ganz einfach zu erklären: es wäre schön wenn jede zehnte Matheaufgaben in denen ein verheiratetes Paar vorkommt, ein schwules paar enthält. Einfach so. Das auch mal Bücher oder Kurzgeschichten mit schwulen Figuren im Unterricht auftauchen. Dass kurzum Homosexualität immer da auftaucht, wo auch Heterosexualität auftaucht. Das darf auch gerne eins von zwanzig malen nur sein. Aber so, als wäre das was ganz gewöhnliches, was nicht nur in speziellen Unterrichtseinheiten auftaucht, sondern auch sonst.

  5. @Fratermalus: Homosexualität ist ein wesentlicher Teil der Identität, der über die Wahl der Sexualpraktiken oder Sexualpartner weit hinaus geht. Oder so gesagt: Ich bin ja nicht nur im Bett schwul.

  6. Ich habe den ganzen Artikel nicht gelesen, aber da Du Dich so am Begriff der Komfortzone aufzuhängen scheinst, hier mal meine persönliche Sicht, die vielleicht zur Klärung beitragen kann.

    Ich bin von Kind auf tolerant erzogen worden, wenn man das so sagen kann. Meine Mutter war (und ist) allen Mitmenschen gegenüber offen und ich habe das, denke ich auch so mitgenommen.
    Ich bin in meinem Bekanntenkreis nicht und auch sonst fast nie mit Homosexuellen in Kontakt gekommen.
    Wenn ich (was sehr selten geschieht) zwei Männer sehe, die sich zärtlich küssen, löst das in mir ein Gefühl von Unbehagen aus, ob ich will oder nicht. Ähnlich geht es mir, wenn ich mit einem geistig behinderten Menschen in Kontakt komme. Das ist mir sehr unangenehm, weil diese Menschen natürlich nichts dafür können, dass es mir so geht und ich versuche alles um sie das nicht merken zu lassen. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sich das ziemlich schnell legen würde, wenn ich z.B. ein schwules Pärchen im Bekanntenkreis hätte und somit regelmäßig in dieser Situation wäre.
    Ich sehe es als selbstverständlich an, dass es mein Problem ist mit dem ich irgendwie klarkommen muss aber ich kann mir gut vorstellen, dass andere die Schuld bei denen Suchen, die das Unbehagen bei ihnen auslösen, anstatt bei sich selbst.
    Ich könnte mir vorstellen, dass das mit dem Verlassen der Komfortzone gemeint ist, dass man sich seinen eigenen Gefühlen stellt, anstatt Menschen zu diskriminieren – nur weil sie in diesem oder jenem Aspekt anders sind als man selbst (was traurigerweise der bequemere Weg zu sein scheint).

  7. @S.N.

    Hmm, nö, versteh ich nicht. Das müssten Sie vielleicht genauer Ausführen, eventuell anhand von alltäglichen Beispielen, damit auch ein „Hetero“ das versteht.

    Ich hab da schon drüber nachgedacht, aber abgesehen von den typischen Klischees (an die ich nicht wirklich glaube), beispielsweise dass Schwule generell auf Pink stehen würden oder sich generell weiblicher verhalten würden, fällt mir nicht ein, inwiefern sich die Homosexualität auf was anderes als die Sexualität auswirken könnte.

  8. Gute Rede. Gefällt mir.

    Die Toleranz geht halt so weit, dass „man“ sich inzwischen damit abfindet, dass „Sowas“ nicht mehr verboten ist. Aber bitte im heimlichen, alles andere integriert zu sehr als Normalität in den Alltag.

    Das mit der „Komfortzone“ könnte man auch so auslegen, dass das die von Leuten wie mir ist. Ein Hetero der manchem Homo ein guter Freund ist.

    Und manchmal zögert, ob er den nächsten Schwul-Spruch (unter uns höhö) passend beantworten soll, oder mal drüber weghört. Obwohl ich mir da inzwischen mit der Zeit manche subtile Erwiderung zugelegt habe, die nicht in schwerwiegendere Auseinandersetzungen führen. Demjenigen die Freude daran aber dauerhafter vermiest.

  9. Heterosexualität wirkt sich ja auch nicht nur aufs Bett aus. Ich mag den Begriff HomoSEXualität und HeteroSEXualität nicht.

  10. Ich möchte die Probleme die homosexuelle Menschen sicherlich nicht herunterspielen, aber als transsexuelle Frau habe ich dann schon manchmal ganz schön Neid auf die Stellung die diese erreicht haben. Wir sind eher so auf dem Stand wie die homosexuellen Menschen (ich finde übrigens falsch, „die Homosexuellen“ zu sagen, so wie auch „die Transsexuelle“ falsch ist, denn beides sind nur Eigenschaften die einen Menschen beschreiben) wie vor 20 Jahren. Ob wir je an den Punkt gelangen werden, wo „ihr“ heute steht, ich wage es zu bezweifeln. Dazu sind wir schon als Menge wohl doch zu gering. Homosexualität kann man nicht mehr marginalisieren und wegreden, uns leider schon.

    „Wir“ werden im Artikel zwar auch mal ganz kurz angesprochen, aber eigentlich nicht. Das mag jetzt überraschen, aber mit „Conchita Wurst“ habe ich selber meine Probleme und ich halte die Verwendung des Pronomens „sie“ für schwierig. Wenn man es nur auf die Kunstfigur abzielt, dann vielleicht schon. Aber der Mann hinter Conchita Wurst ist eben dies, ein Mann, der sich auch selber so sieht und definiert. Und um ehrlich zu sein, mir wäre es lieber gewesen, diese Nummer hätte es nie gegeben.

    Warum? Nun, das ist natürlich in aller erster Linie egoistisch, aber solche Menschen die die Frage von Geschlecht und Geschlechtern eher ins lächerliche ziehen, die schaden mir eigentlich. Denn mein Anliegen bzw. mein Leben ist eben kein Witz, keine Show, kein Spässchen oder eine Kritik an sicherlich kritikwürdigen Geschlechtsrollenbildern. Für mich ist es Ernst und Leid.

    Dies soll nun keineswegs heissen, daß ich nicht eigentlich dafür eintrete, daß natürlich Menschen wenn sie Bock drauf haben oder sich so definieren als Mischung der Geschlechter sich präsentieren und rumlaufen. Aber die Art und Weise wie bei dem ganzen Gerüttel an Definitionen um Geschlechter, ihre Existenz überhaupt und ähnliches den Bach runtergehen, das spricht mir schlußendlich irgendwo die Ernsthaftigkeit meines „Problems“ und meines Lebens ab. Denn wenn es keine Geschlechter gäbe, oder Unterschiede zwischen diesen nur aus der Gesellschaft entspringen würden, wie könnte ich dann überhaupt ein Empfinden haben, daß ich dem Geschlecht in das ich biologisch geboren wurde trotzdem gar nicht angehöre?

    Ich glaube ganz sicher und fest, daß es Menschen gibt, die mit den zwei Begriffen wie „Mann“ und „Frau“ nicht korrekt oder vollständig beschreibbar sind. Und ich trete dafür ein, daß jeder mit Respekt behandelt wird und jeder Mensch sein inneres Empfinden so ausleben kann wie gewollt – solange wie dadurch niemand anderes geschädigt wird. Aber ich glaube nicht, daß wir im großen und ganzen etwas gutes tun, wenn wir dabei alles über Bord kippen was irgendwie eigentlich doch stimmt und wahr ist.

    Wenn ich mit Bart rumlaufe (was ich normal nie mache, aber ein wenig Bartschatten sieht man leider immer), dann darf ich mich nicht wundern, wenn mich Leute zumindest irritiert und merkwürdig angucken. Heisst das, dass diese Menschen mir nicht erlauben so rumzulaufen? Nein. Habe ich ein Anrecht darauf daß Menschen mich nicht komisch angucken, wenn ich ungewohnt und nicht den üblichen Schemata entspreche? Ja, eigentlich schon, aber es ist die Natur des Menschen und mein Problem ist auch nicht anders als das von Großwüchsigen, Kleinwüchsigen, besonders hässlichen Menschen und anderen. Diese Gesellschaft ist scheiße, aber ich fordere keine Sonderrechte nur für mich oder meine Randgruppe.

    Grenzen sind m.E. dort zu ziehen, wo es hässlich wird: Wenn Menschen offen über mich oder andere Randgruppen lachen, uns beleidigen oder gar bedrohen. Aber über Sprachungenauigkeiten, falsche Begrifflichkeiten, Ablehnung und anderes versuche ich mich gar nicht mehr aufzuregen, denn das ist alles harmlos im Vergleich zu den wirklich großen Schweinereien.

  11. Aber eine Begrifflichkeit ist mir dann doch halbwegs wichtig, da sie ein häufiges Missverständnis transportiert:

    Dass Vielfalt bedeutet, dass Sexualität auch Homosexualität und Transsexualität umfasst

    NEIN! Transsexualität ist keine Spielart der Sexualität. Es geht nicht um Sexualität oder die sexuelle Orientierung. Es geht um die innere Identität. Das ist was völlig anderes weswegen es auch problematisch ist, daß es einen großen „LGBT“-Topf gibt, wo „wir“ (das T) mit sexuellen Spielarten in einen Topf geworfen werden.

    Die sprachliche Ungenauigkeit rührt daher, daß das „Sexualität“ sich hier eigentlich auf den lateinischen Wortstamm „sexus“ bezieht und das Geschlecht meint. Transsexualität ist – wenn überhaupt – eine Spielart der Geschlechter, nicht der Sexualität. Manche Betroffene bevorzugen deswegen auch den Begriff „Transidentität“, der aber in meinen Augen auch unelegant ist.

    Bitte, bitte, bitte sexualisiert nicht das, was für uns keine Frage der Befriedigung sondern der eigenen Person ist.

  12. Auch passend war der Text wo die ADR allen ernstes gefragt hat ob ein schwules Paar denn weiß wie viel Toleranz es seinen Mitmenschen abverlangt, wenn man sich in der Öffentlichkeit küsst oder Händchen hält.

    Dieser Irrsinn ist beispielhaft dafür wie „Toleranz“ in Deutschland verstanden wird. Es ist etwas dass die Mehrheit zähneknirschend der Minderheit gewährt. Natürlich nur ein bisschen hier und da und keine vollständige Gleichstellung. Das geht natürlich nicht und ist ein bei sexuellen Minderheiten ein Angriff auf die „Familie“. Aber die Minderheit hat dann gefälligst dafür dankbar zu sein und ist unverschämt wenn sie mehr möchte.

  13. Zwei Fragen an Herrn Niggemeier:

    – Was möchte der Autor?

    Und bezüglich Kommentar #7

    – Sind Homo- und Heterosexualität verschiedene Lifestyle.

    Ich habe mich selbst im Grundsatz nur im Bezug auf der Auswahl der Sexualpartner von Homosexuellen unterschieden.
    Und ehrlich gesagt, dachte ich, dass das der Sinn der Gleichberechtigung ist. Das eben Homosexuelle in allen Bereichen nicht von Heterosexuellen unterschieden werden. Sei zum Beispiel bei der Ehe oder Adoption.
    Vielleicht kann man da irgendwo noch mehr dazu lesen?

  14. Ich finde den Begriff „Toleranz“ bei diesen Themen tatsächlich schon total unangebracht. Hätte irgendwie gedacht, dass wir über dieses Stadium schon hinaus sind. Aber offensichtlich ist das nicht so…

  15. @Fratermalus: Gegenfrage: würden Sie einverstanden sein, wenn jemand versuchen würde das Zusammenleben mit Ihrer Frau auf „eine Form der Sexualität“ zu reduzieren? Lieben Sie Ihre Frau, haben Sie beide „in guten wie in schlechten Zeiten“ zueinander gestanden? Vielleicht verstehen Sie jetzt, was Herr Niggemeier hat ausdrücken wollen.

    Zum Text: Ich habe mich in den Beobachtungen des Autors wieder finden können. Auch mir ist die ARD themenwoche und deren Plakatwerbung schwer im Magen gelegen. Es bleibt die quälende Frage: Warum muss ich eigentlich in diesem Land als „Beroffene“ diesen ekelhaften wie billigen Versuch Einschaltquoten zu generieren auch noch durch eine Zwangsabgabe an den ÖR unterstützen? Das ist jetzt bewusst zugespitzt, aber es erinnert mich gerade etwas an das Dritte Reich, als man Juden dazu zwang Ihre (unfreiwillige) Ausreise aus Deutschland aus eigener Tasche zu bezahlen…

  16. Ich finde, die ARD könnte sich noch ein wenig mehr anstrengen. Der Mann links könnte dunkler sein, das Kind einen Tobsuchtsanfall mit hochrotem Kopf haben, der Rollstuhlfahrer Sabber auf dem Mund, und die beiden Männer sollen sich gefälligst in den Schritt greifen.

  17. @Froni: Hm, ich habe teilweise das gleiche Verständnisproblem wie Fratermalus – meiner Sicht nach liebe ich einen anderen Menschen. Und der einzige Unterschied den ich zwischen mir (hetero) und jemand homosexuellem sehe, ist dass bei mir der Mensch eben ein anderes Geschlecht hat als ich.
    Der Rest, also das ganze „in guten wie in schlechten Tagen“ und so, das ist doch gleich, oder?

    Wenn das, was Feathers McGraw angesprochen hat, durchgesetzt würde, wäre es dann in Ordnung?

  18. Also ich bin der generellen Annahme das für Akzeptanz erstmal Toleranz herrschen muss. Und wie ich das alles so mitbekommen hab, ist diese „Bewegung für mehr Gleich“ noch gar nicht so alt und deswegen finde ich kann das Thema noch gar nicht „durch sein“.

    Zum Thema Sexualität: Mir ist es grundlegend egal, wer sich wo was und wie reinsteckt. Und ich versteh auch nicht was an „homosexuell“ eine Eigenschaft sein soll – was aber wohl auch aus dem Konstrukt von mir egal was du in deinem Schlafzimmer machst liegt. Was ich mich manchmal frage, warum man sich so oft selbst auf etwas reduziert, sei es jetzt seine Sexualität (Ich bin homosexuell) oder auf sein Geschlecht (Ich bin eine Frau), weil prinzipiell möchten wir ja doch alle als Mensch betrachtet werden?

    … aber eine genauere Erklärung seitens Herrn Niggemeier würde ich sehr begrüßen.

  19. Ich möchte mal einen ganz anderen Punkt nennen:

    Die „Individualisierung“ der Gesellschaft durch die historischen Entwicklungen der letzten 200 Jahre.

    Grob gesagt, hat die
    – die Aufklärung das Individuum zum „Anküpfungspunkt der (Menschen)rechte“ gemacht,
    – die Reformation das Individuum zum „Anküpfungspunkt des Glaubens“ gemacht, und
    – der Kapitalismus das Individuum zum „wirtschaftlichen Anknüpfungspunkt“ (Wirtschaften zum persönlichen Vorteil) gemacht.

    Hinzugetreten sind Dinge wie industrielle Arbeitsteilung („Individualisierung der Arbeitsinhalte“, d.h. Spezialisierung) und „Auflösung der Grossfamilien“ in der Phase der Abwanderung der Landbevölkerung in die industriealisierten Städte (Landflucht).

    Die Theorie der Moderne ist vor allem eine „Theorie der Individualisierung“, der Vereinzelung. Das wird auch von der Mehrheit der Menschen so empfunden. Die meisten können dieses Gefühl aber nicht richtig (historisch) einordnen.

    Es sind nun nur noch zwei letzte Bastionen des „WIRs“ bzw. der „Gemeinschaft“ vorhanden, die noch nicht vollständig der Individualisierung, also dem „Ich, Ich, Ich“, dem „Ich-Phone“, dem „Ich-Pad“ und der „Ich“-AG anheim gefallen sind.

    Diese beiden Bereiche sind „die Sprache“ und „die Familie“. Meines Erachtens wehren die Menschen sich lediglich gegen die „finale Individualisierung“ dieser letzten Verteidungsstellungen des „WIRs“. Wie ich meine, zu Recht.

    Die Lösung der ganzen Problematik: Wir müssen in unserer Gesellschaft wieder ein „Wir“ dem historisch gewachsenen „Über-Ich“, der „Über-Individualiserung“ entgegenstellen, also wieder zur „Gemeinschaft ALLER Menschen“ zurückfinden. Dabei schliesst das einbindende gemeinsame „Wir“ das individuelle vereinzelnde „Ich“ nicht aus, vielmehr stehen die beiden nebeneinander.

    Dann klappt es auch mit dem (schwulen) Nachbar, denn er ist Teil von „unserer Gemeinschaft“.

  20. @ Jacob:

    Ich werfe mal die steile These in den Raum (und hoffe, dass irgendwelche homophoben, rassistischen, wie auch immer menschenfeindlichen Vollidioten meine Aussage nicht auf ein Schlagwort reduzieren und es als Argumentation übernehmen), dass aus evolutionären Gründen alle Menschen noch Vorurteile haben – entscheiden wir doch im Bruchteil einer Sekunde, ob eine Situation oder ein Mensch gefährlich für uns ist. Und in dieser kurzen Zeit wird das Gegenüber dann in eine Schublade einsortiert, die u.a. auf Erfahrungen basiert, die wir wiederum nicht immer beeinflussen können.

    Ein typischer Dresdener kennt z.B. Türken allenfalls aus den Horrormeldungen in den Nachrichten. Ihm fehlen positive Erlebnisse (und der Türke, der den Döner verkauft, wird eher als Verkäufer als über seine Nationalität/ Staatsangehörigkeit wahrgenommen). Das dürfte schon ein Grund sein, wieso PEGIDA dort solchen Zulauf erhält (neben Demonstrationstourimus, der sich inzwischen eingestellt hat, das sind nicht nur Dresdener, die dort ihre Fackelmärsche veranstalten).

    Wichtig ist letztlich, das zu reflektieren, das Hirn über den Bauch siegen zu lassen – und genau das nicht zu tun, werfe ich sowohl den selbsternannten Patriotischen Europäern als auch den Homophoben dieser Welt vor.

    Ich selbst finde es oft lustig, wenn ich mich beim Schubladendenken erwische und dann bemerke, wie dumm das eigentlich ist. Zum Beispiel, wenn ich ein stark sächselndes schwarzes Kind im Bus sehe. Oder vor einiger Zeit, bei einem youtube-Video: ein Typ, dem ich auf dem ersten Blick nicht im Dunkel begegnen wollte – Anfang/Mitte 20, aufgepumpt, „prollig“. Und dieser Typ zeigt dann, wie man Nutella-Pralinen herstellt und erweist sich als grundehrlicher, empathischer und offener Mensch.

    Letztlich geht es doch um grundlegende Regeln des Zusammenlebens: andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte. Und jeder möchte doch auf Grundlage seiner Worte und Taten beurteilt werden, nicht auf Grundlage irgendeiner Eigenschaft, die immer nur ein Teil der Persönlichkeit oder des Menschen ist, sei es nun das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, die Haar- oder Hautfarbe oder die Religion.

  21. Interessant, dass folgender Punkt noch gar nicht angesprochen wurde:

    Auf den Bildern 1, 3 und 4 ist die Anordnung der Begriffe/Assoziationen „negativ = oben“ und „positiv = unten“. Gerade bei Bild 2 ist es andersherum. Mir ist dies sofort ins Auge gefallen. Wahrscheinlich interpretiere ich aber schon zu viel…

  22. @Stefan Niggemeier

    Dahinter formuliert sich auch immer öfter, scheinbar aus der Mitte der Gesellschaft, eine erstaunlich selbstbewusst formulierte Ablehnung von Gleichstellung und Akzeptanz. Der frühere „Spiegel“-Ressortleiter und heutige „Welt“-Autor Mathias Matussek nennt sich stolz und höchstens viertelironisch „homophob“. Der Katzenkrimi-Autor Akif Pirincci wütet gegen die „Verschwulung“ der Gesellschaft.

    vs.

    Die vielleicht größte Zumutung zur Zeit ist eine Person namens Lann Hornscheidt, die sich nicht als Mann oder Frau definiert und entsprechend auch nicht als Professorin oder Professor angesprochen werden will, sondern als Professx. Auch über solche Sprachvorschläge kann und muss man streiten. Man darf sie selbstverständlich auch ablehnen. […]Es scheint da Leute zu geben, die die Herausforderung, dass es Menschen gibt, die anders sind als sie und als sie es für möglich gehalten hätten, einfach nicht ertragen.

    Zwei Abschnitte, die auf den ersten Blick keine direkte Verbindung haben. Dabei zeigen sie doch genau den Unterschied, was wir von Menschen gesellschaftlich erwarten dürfen und was nicht. Wird dürfen, so leid es einem auch tun mag, keine Akzeptanz erwarten, sondern nur Toleranz. Wir alle müssen mit der Möglichkeit leben, dass unsere Veranlagungen und Richtungsentscheidungen eben nicht von allen in der Gesellschaft getragen, haben aber einen Anspruch darauf, dass sie ertragen werden.

    Wir haben keinen Anspruch darauf, dass sich Matussek neben zwei sich leidenschaftlich küssenden Schwulen wohlfühlt, wohl aber darauf, dass er die Klappe hält und sich nicht abwertend darüber äußert.

    Und bei Hornscheidt ist doch auch genau das bei vielen das Problem. Während es für mich zwar ärgerlich wäre meine Hausarbeit mit einem „Professx“ auf dem Deckblatt abzugeben*, könnte ich damit sehr wohl leben. Aber andere fühlen sich durch die von oben ausgesprochene Verpflichtung anscheinend in die Ecke gedrängt. Hornscheidt versucht also durch die vorhandene Stellung etwas durchzusetzen, worauf es keinen Anspruch gibt. Wenn jemand sich mit „Professx“ betiteln möchte, so sollte das ertragen werden, muss aber doch nicht von den Studis mitgetragen werden.

    Viel Geschwafel, kurzer Sinn: Toleranz ist die Linie, hinter die wir uns alle in der Gesellschaft nicht zurückdrängen lassen dürfen. Akzeptanz ist schön und wünschenswert, aber nicht zu beanspruchen. Gleichberechtigung sorgt für Toleranz und kann in der Bildungsarbeit Akzeptanz fördern.

    (Völlig nebensächlich: Warum kommt in Ihrer Aufzählung das Kind nicht mehr vor? Problem als weiß-hetero-migrationsfrei abgestempelt und marginalisiert?)

    *s. erschöpfend Diskussionen hier im Blog oder überall sonst

  23. @HalloWelt
    Ich finde das einen validen Punkt. Denn hätte man es durchgezogen, müsste da ja eine Vokabel wie „abartig“ stehen. Das verrät einiges über die Toleranzvorstellungen hinter der Kampagne. Normalität ist eben gar keine Voraussetzung für Toleranz. Wer nur allem Normalen gegenüber tolerant ist, ist es gerade nicht.

  24. @ vonfernseher:

    „Wenn jemand sich mit ‚Professx‘ betiteln möchte, so sollte das ertragen werden, muss aber doch nicht von den Studis mitgetragen werden.“

    Dazu gab es neulich einen sehr guten Kommentar bei tagesspiegel.de: http://www.tagesspiegel.de/politik/csu-vorschlag-zur-deutschen-sprache-1-2-sprachpolizei/11089786.html

    Kurz zusammengefasst: Hornscheidt hat niemanden verpflichtet, auf „Herr“ bzw. „Frau“ zu verzichten sondern darum gebeten, die Alternative zu nutzen (oder besser: eine Alternative) – und sein oder ihr Vorschlag dazu war „Professx“.

    Der Autor des verlinkten Kommentars, Christoph Giesa, weist darauf hin, dass man jeden Christoph, der darum bäte, Chris genannt zu werden, auch Chris nennen würde – nicht, weil das verpflichtend ist, sondern einfach als Höflichkeit dem Menschen gegenüber.

  25. Sorry, aber kann man Conchita Wurst nicht einfach auch so nicht mögen, ohne gleich als Homophob zu gelten?

    Außerdem: Wie sieht es mit der Kehrseite der Medaillie aus?

    http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/friedhof-fuer-lesben-in-berlin-eroeffnet-a-962931.html

    Die, die darum kämpfen, nicht ausgegrenzt zu werden, grenzen andere aus? Das erinnert mich ein bisschen an extremen Feminismus, wo man alles Genderneutral prügeln muss, bloß damit sich ja niemand angegriffen fühlt, in seiner Persönlichkeit. Ich glaube es gibt in beiden Lagern nachholbedarf in Sachen Toleranz und Akzeptanz.

  26. @ Jackster:

    „Sorry, aber kann man Conchita Wurst nicht einfach auch so nicht mögen, ohne gleich als Homophob zu gelten?“

    Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!

    Nein, im Ernst: natürlich darf man sie nicht mögen. Es ist erlaubt, ihre Musik nicht zu mögen, ihr Styling, sie als Person. Für mich persönlich ist die Grenze dort, wo man sie als Mensch ablehnt, weil sie nicht in irgendein Bild passt.

  27. @2 Fratermalus

    Stellen Sie sich mal einen Spätsommertag vor, es ist Freitag Nachmittag und im Biergarten sitzen drei Arbeitskollegen zusammen, die die Woche ausklingen lassen.
    Das Gespräch dreht sich bereits um die Pläne der drei Männer für das Wochenende.
    Der erste will spontan sehen, was sich ergibt. Der zweite will die Abwesenheit seiner Frau nutzen, um mit ein paar Kumpels in diesem Jahr noch mal angeln zu gehen.
    Der Dritte ist leicht deprimiert. Er hat seiner Frau zuliebe einen Theaterbesuch zugesagt, eine Ballettvorstellung. Die Karten sind bestellt, die Frau freut sich wie verrückt, er kommt aus dieser Nummer nicht mehr heraus.
    Der erste fragt ihn, wann er das letzte Mal eine Ballettvorstellung gesehen hat.
    Nr 3:
    „Noch nie! Diese symbolträchtigen Verrenkungen sind mir zu anstrengend!“
    Nr 1:
    „Wenn du noch nie in einem Ballett warst, kannst du doch nicht wissen, ob dir das vielleicht doch irgendwo gefällt.“
    Nr 2:
    „Man weiß doch auch so, was einem gefällt, oder?“
    Nr 1:
    „Sicher? Wenn man, gerade bei irgendeiner Art von Kunst, etwas noch nicht erlebt hat, sollte man das erleben. Nur so kann man letzlich erfahren, was einem gefällt. Lehnt man irgendwelche Kunst von vornherein ab, ohne sie wenigstens einmal persönlich zu testen, dann verpasst man vielleicht sogar etwas, dass man mag. Man bringt sich eventuell selbst um eine Freude.“
    Stille. Nach einer Weile…
    Nr. 3:
    „Du bist ja echt ein Philosoph, da muss man wirklich mal drüber nachdenken!“
    Nr 1:
    „Um ehrlich zu sein, ist das nicht auf meinen Mist gewachsen. Das sagt mein Mann immer.“
    Pause…
    Nr 2:
    „Gut dass du das sagst. Ich wäre sonst die ganze nächste Woche voller Ehrfurcht um unseren weisen Mann herum geschlichen!“
    Alle drei lachen und stoßen an…..

    Was hat dieses Gespräch mit Sexualität zu tun?
    Und gibt es diesen Tisch wirklich irgendwo in Deutschland? Und falls ja, ist er die Ausnahme oder die Regel?
    Aber darum geht es eigentlich schon immer. Der homosexuelle Mensch will an diesem Tisch sitzen und sich genauso unbefangen äußern wie alle anderen. Ohne bei jedem Wort darauf zu achten, ob er sich vielleicht mit einem Nebensatz für die Zukunft ausgrenzt.
    Und damit das möglich ist, müssen immer noch Vorurteile und Ignoranz abgebaut werden, eigentlich nur, damit er an so einem Tisch sitzen kann. Wenn er das will.
    Die meisten werden das wollen. Der beste Weg, tiefsitzende Vorurteile abzubauen, die teilweise auch im Unterbewusstsein sitzen, ist Aufklärung von Kindesbeinen an.
    Kinder sind, bei enstprechend einleuchtender Erklärung, sehr viel schneller bereit ihre Meinung zu ändern, sie haben weniger vorgefasste, geprägte Vorstellungen.
    Aber eigentlich ist das Ziel all dieser Diskussionen nur das Begehren an diesem Tisch zu sitzen, nicht als irgend ein Sonderling oder ein Maskottchen, sondern als einer unter Gleichen.
    Und für uns als Vertreter der weißen heterosexuellen Mehrheit stellt sich die einfache Frage: Ist das zuviel verlangt?

  28. „Lann Horscheidt[sic!] wirkt im Vergleich zu ihren Gegenspielern verblüffend wenig radikal. Vor allem, wenn er oder sie formuliert, dass es doch eine Bereicherung sei, auf andere Sichtweisen, fremde Lebenswelten, unbekannte Blicke auf die Welt zu stoßen, sich darauf einzulassen und damit auseinanderzusetzen.“

    BITTE??? Auf der Webseite „xartsplitta.net“ für die laut Impressum Lann Hornscheidt verantwortlich zeichnet wird zu recht aufgeregten Aktionen aufgerufen: http://www.xartsplitta.net/offene-liste-interventions-ideen-formen-inspirationen/

    Darunter Aktionen die den normalen Lehrbetrieb der HU stören bzw. Eigentum anderer Leute beschädigen:
    – öffentliche vorlesungen verhindern
    – Dinge umbenennen (z. b. mit Farbe[…]) wie straßenschilder, öffentliche preise, gebäude, brücken, flughäfen, kleingartenanlagen
    – seiten in büchern rausreissen

    Beamte (und dazu zählen Professoren der HU) haben auch außerhalb des Dienstes „eine Wohlverhaltenspflicht“ und ich erwarte von „Dienern des Staates“, dass sie nicht durch zerstörerische Aktionen auffallen.

    Zur Auseinandersetzung mit der „Ideologie“ der Person Hornscheidt haben die Autoren von Sciencefiles schon einiges geschrieben: http://sciencefiles.org/2014/10/31/profxin-lann-hornscheidt-von-der-humboldt-universitat-entfernen/

    Viele Grüße,
    Nils

  29. @DaW #29
    Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Es geht mir nicht um die Bitte als Professx angeredet zu werden. Solange das eine Bitte ist, kann man ihr nachkommen oder nicht. Und auch die Diskussion, ob sich hier jemand einen Hochschultitel aneigne, den es nicht gibt, halte ich für müßig.

    Es wurden aber doch vielfach Geschichten gesponnen/Ängste geäußert, dass es z.B. zu einem Punktabzug wegen Nichteinhaltung der Form bei Arbeiten kommen könnte. Darauf bin ich eingegangen. Ich hätte das wohl noch deutlicher ausweisen sollen. Wenn es so herüberkam, wie Sie es verstanden haben, war das nicht meine Absicht.

  30. Ich fand die Darstellung des Pärchens eigentlich sehr gut, sie zeigt den zärtlichen Umgang eines Paares in der Öffentlichkeit, ob Homo oder Hetreo, mir begegnen im Alttag eher kleine Gesten der Zärtlichkeit als sexuelle Begierde und Intimität im innigen Zungenkuss. Oder wollen sie schockierende Tolleranz? Dann bitte aber auch den spastisch Behinderten, wie er sich gerade beim Füttern einsaut, oder die Bürgerin mit Migrationshintergrund in Burka und die Gruppe Jugendlicher mit Bierdosen hinterm Hauptbahnhof.
    Muss Akzeptanz und Respekt aus Erdulden von Dingen entstehen, die uns emotional Belasten? Oder sollten wir nicht lernen, dass wir so etwas gar nicht mehr wahrnehmen, weil es einfach zum Alltag gehört? Einfach nur ein Paar, einfach nur zwei Personen, Haut- oder Haarfarbe, Geschlecht, Alter oder körperlicher Zustand – egal. Menschen die mir im Alltag begegnen.

  31. Mein Problem bei dem Thema ist, dass ich den Begriff Toleranz falsch gewählt finde.
    Ich will als schwuler Mann keine Toleranz, ich will Akzeptanz. Es muss akzeptiert werden dass ich die gleichen Rechte habe wie alle anderen. Ausländer sollen nicht toleriert werden, sie sollen als Teil der Gesellschaft akzeptiert werden.
    Toleranz wird von vielen gleichgesetzt mit „wohl oder übel geduldet“, und genau deswegen glauben plötzlich Rechtspopulisten damit hausieren zu können, dass ihre Geduld nun am Ende sei.
    Es ist aber keine Frage der Geduld, und erst recht keine Frage der Duldung, denn Schwule, Ausländer, Behinderte etc. müssen von der „Allgemeinheit“ nicht geduldet werden, sondern es muss akzeptiert werden das sie TEIL der Allgemeinheit sind.

  32. @Fratermalus: Es gibt bestimmt Texte, die das besser erklären, aber ich habe gerade keinen Link auf die Hand, also versuch ich’s mal auf Schnelle mit ein paar halbgaren Gedanken:

    Homosexuelle haben zum Beispiel prägende Kindheits- und Jugenderfahrungen vom Anders-Sein oder vom Coming-Out. Als Homosexueller erlebe ich es täglich, wie es ist, einer Minderheit anzugehören. (Das muss gar nicht unbedingt eine schlechte Erfahrung sein.) Es gibt Erfahrungen von Diskriminierung, es gibt vielleicht auch Erfahrungen von Freiheit, weil es keinen vorgezeichneten (Hetero-)Standard-Weg mit Ehe und Kindern gibt. All das macht Schwule nicht zu einer homogenen Gruppe. Aber es sind Erfahrungen, die ihr Leben in unterschiedlicher Weise prägen und mit ihrer Homosexualität zu tun haben.

    Es geht nicht darum, Menschen auf ihre Homosexualität zu reduzieren, wie Christiane (#22) formuliert. Jeder Mensch ist natürlich sehr viel mehr als schwul, lesbisch, heterosexuell. Das ist eine Eigenschaft von vielen. Es geht darum, Homosexualität nicht nur auf das konkrete Ausleben von Sexualität zu reduzieren und dadurch zu etwas Intimem zu machen, was es genau so wenig ist wie Heterosexualität (vgl. die sehr öffentliche Institution der Ehe).

    Aber ich müsste wirklich mal einen guten, verlinkbaren Text dazu raussuchen. Falls jemand Tipps hat, gern her damit.

  33. @PeterLe: Warum fänden sie den Anblick zweier sich auf den Mund küssender Männer schockierend und belastend? Belastet sie der Anblick, wenn sich ein Mann und eine Frau küssen, auch? Wenn ja, wie halten Sie das aus, damit jeden Tag fast überall konfrontiert zu werden?

    Dass Sie vom innigen Kuss sofort zum „sich Einsauen“ kommen, finde ich dann schon eher beunruhigend.

    Oder sollten wir nicht lernen, dass wir so etwas gar nicht mehr wahrnehmen, weil es einfach zum Alltag gehört? Einfach nur ein Paar, einfach nur zwei Personen, Haut– oder Haarfarbe, Geschlecht, Alter oder körperlicher Zustand — egal. Menschen die mir im Alltag begegnen.

    Ja, das wäre ein ganz einfacher Weg für die ARD gewesen, ihre Plakatkampagne zu retten. Wenn sie zwischen die Bilder von Minderheiten auch solche von Vertretern von Mehrheitsgruppen gestreut hätte. Einfach ein unauffälliger weißer Mann, zum Beispiel, mit denselben Fragen wie: „Belastung oder Bereicherung?“

  34. Akzeptanz aus einer inneren Einstellung eines jeden Einzelnen heraus wäre sicherlich der Idealzustand. Da dies offensichtlich nicht funktioniert, kann und muss eine aufgeklärte Gesellschaft Toleranz einfordern.

    Niemand kann Akzeptanz vorschreiben, aber man kann Einfordern, dass niemand aufgrund „seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt“ wird und das „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt“ wird.

    „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“, auch sein Unbehagen gegenüber anderen Lebensweisen. Und dies, solange dabei nicht die Würde eines Anderen angegriffen wird.

    Diese Grenze wird meiner Meinung nach aber genau dann schon überschritten, wenn Menschen der Meinung sind, sich eine Komfortzone schaffen zu müssen, in der sie unbeheligt von o.g. Personen bleiben.

    So kann zum Beispiel jeder sein unbehagen über Frau Wurst äußern, aber es ist auch durch jeden zu tolerieren, dass sie öffentlich Auftritt, auch zur besten Sendezeit im öffentlich rechtlichen Fernsehen.

  35. @Schorch
    Was wir wollen, was wünschenswert wäre und was uns gesellschaftlich zusteht, sind aber verschiedene Dinge. Natürlich wäre ein positiver Umgang eines jeden mit jedem eine tolle Sache. Gesellschaftlich können man aber „nur“ verlangen, dass man geduldet wird. Und dazu gehört die Gleichberechtigung und Integration, nicht aber die völlige Abwesenheit von Ablehnung.

  36. Am Wochenende hat mir eine lesbische Freundin gesagt, dass sie im Büro nicht offen zu ihrer Homosexualität stehen kann, weil sie nicht weiß, wie ihre konservativen Chefs reagieren. Das hat mich schockiert.

  37. @Vonfernseher

    Es ging mir hier nur um die Auslegung des Wortes „Toleranz“ – Da dies häufig eben mit „Duldung“ gleichgesetzt wird, impliziert es für viele, das sie eine Wahl hätten Gruppen in ihrer Mitte zu dulden, oder eben nicht.
    Und solange z. B. Schwule immer noch nicht die selben Rechte haben, finde ich ich den Begriff Toleranz schlecht gewählt, denn Heterosexuelle müssen eben nicht tolerieren, das ich die gleichen Rechte habe und einfordere, sondern in dem Fall haben sie es zu akzeptieren.

  38. @SN:
    Danke für diese Rede!

    Und zu #38:
    Einen entsprechenden Text habe ich leider auch nicht parat, aber ich möchte aus eigenem Erleben ausdrücklich bestätigen, dass Homosexualität so viel mehr ist als die Frage, mit wem ich ins Bett gehe. Es sind auch weniger die großen Fragen um Diskriminierung und Gleichstellung, die meine schwule Identität prägen – die interessieren mich eher auf einer abstrakten Ebene.
    Sie haben bereits die fundamentale Erfahrung des Andersseins in Kindheit und Jugend erwähnt, das kann ich schon mal voll unterschreiben. Sie muss gar keine negative oder gar traumatische sein – aber es gibt sie eben.
    Und dann sind es vor allem die Kleinigkeiten des Alltags, die man oft so sehr internalisiert hat, dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt, geschweige denn darunter leidet – die aber eben doch – vielleicht gerade deswegen – identitätsprägend sind: Zum Beispiel die immer wiederkehrende Herausforderung, sich explizit erklären zu müssen, weil eben erstmal etwas anderes vorausgesetzt wird. Verbunden damit die Frage: Oute ich mich offensiv, oder warte ich auf eine Gelegenheit, mal ganz beiläufig von „meinem Freund“ zu sprechen, oder sag ich gar nichts? Oder das Auf-die-Zunge-beißen, wenn einem die junge Schnatterkollegin mit rührender Naivität erklärt, dass Schwule ja die viel besseren Freunde und Shoppingpartner seien. Oder der vollautomatisierte Schulterblick, bevor man seinem Freund nachts auf einer menschenleeren Straße einen flüchtigen Kuss gibt. Oder der halbunterbewusste Selbstcheck, wie „schwul“ man gerade wirkt (den Panti Bliss ja auch zum roten Faden ihrer phänomenalen Rede gemacht hat). Oder auch einfach ganz banal: Nach wem drehe ich mich auf der Straße um?

    Das alles prägt meine Identität, ohne auch nur im Ansatz etwas mit meinem Schlafzimmer zu tun zu haben. Und natürlich ist diese Identität nicht meine einzige, ich habe auch eine Idenität als Mann, als Mittdreißiger, als Deutscher, als Süddeutscher usw. usf. Aber es ist eben ein sehr wichtiger Teil meiner Persönlichkeit.

  39. @Jackster/30:
    Ach, der Friedhof wieder. Wo genau ist jetzt die Intoleranz, wenn man (bzw. in diesem Fall: frau) sich eine individuelle Begräbnisoption schafft? Freiheit bedeutet auch die Freiheit, sein eigenes Ding machen zu dürfen, solange niemand dabei zu Schaden kommt.
    Um die Diskussion hier nicht weiter zuzumüllen, erlaube ich mir mal, auf meinen eigenen Kommentar zum Thema zu verweisen.

  40. @37
    Nachdem in der Alltagssprache die Grenzen zwischen Toleranz und Akzeptanz schon immer verschwimmen, neigen Leute, die sich der Begrifflichkeiten viel besser bewusst sind schon zur Bewertung.
    Im zivilisierten Umgang mit Minderheiten in der Gesellschaft wird die Toleranz immer eine Übergangsphase zwischen Diskriminierung und Akzeptanz darstellen.
    Hart definiert bezogen auf unser Thema heißt das:
    Toleranz ist die Duldung des Andersartigen.
    Akzeptanz ist die Einordnung des vermeintlich Anderartigen in die Bandbreite des Normalen.
    Eine restriktive Auslegung dieser an sich richtigen Erklärung führt dann zur Erkenntnis:
    „Dulden ist Beleidigen“.
    Und diese Bewertung wird dem Begriff der Toleranz nicht gerecht, weil die Spielarten der Toleranz ein breites Spektrum haben von widerwillig bis wohlwollend.
    Toleranz ist erzwingbar aber ebenso freiwillig möglich. Toleranz ist unter Umständen von Gleichgültigkeit nicht zu unterscheiden.
    Ungeachtet Ihrer Lebenserfahrung werden Sie auch nicht auf Anhieb erkennen, ob der für Sie akzeptable Umgang, den andere mit Ihnen pflegen, auf wohlwollender Toleranz basiert oder auf tatsächlicher Akzeptanz.
    Deswegen würde ich den Begriff der Toleranz in diesem Plakat nicht zwingend als abwertend verstehen.

  41. @ 39 SN

    Genau das würde ich gut finden. Das hat mir gefelht. So ein Plakat mit Matussek und und dem Schriftzug: „Belastung oder Bereicherung?“ … Das trifft es …

    Es erfodrdert von mir jeden Tag viel Mühe solche intoleranten Menschen zu tolerieren …

    DAS ist wirklich anstrengend …

  42. Eine gute Rede. Und: Ich habe meine Haltung in der Kritk des Autors wiedererkannt. Er hat meine und die Vorbehalte anderer, die wie ich heterosexuell orientiert sind und leben, sehr klug und auch einfühlsam aufgedeckt. Um zu ergänzen : Es ist auch das Unbehagen daran, dass im politischen und gesellschaftlichen Wettkampf um Aufmerksamkeit und Zuwendung im Vorteil ist, wer sich als Mitglied einer Minderheit hervortun kann. Wie dem aber auch sei: Man kann nur hoffen, dass sich Menschen wie ich an die veränderte Welt noch besser gewöhnen. Sprachrohre eines Unbehagens (Matussek et al) helfen nicht, Reden wie die Ihre schon. Verstehen beruht auf gegenseitiger Wahrnehmung. Daran wirken Sie mit. Danke.

  43. „Vor allem, wenn er oder sie formuliert, dass es doch eine Bereicherung sei […]“

    Nur so aus Interesse: ist das die korrekte und gewünschte Bezugnahme auf Professx Hornscheidt? Also immer „er oder sie“ bzw. „ihm oder ihr“ etc. formulieren?

  44. Für mich gibt es keine größere Zurschaustellung von Sexualität und Intimität zwischen zwei Menschen, als die öffentliche Proklamation einer Ehe (die ja in Deutschland nach wie vor nur heterosexuell geprägten Menschen offen steht, wie oft vergessen wird).

    Warum wird zB so ein Aufhebens, das oft bis in den Kollegenkreis reicht, um die sog Hochzeitsnacht gemacht? Warum wird so etwas nicht als Zumutung empfunden, händchenhaltende oder küssende Männerpaare im Stadtbild aber von vielen schon? Es geht nicht in meinen Kopf und geneigte menschen mögen mir dies erklären…

    Warum gibt es die Gedankenkette Homosexualität-Sex-Intimes-tendenziell unanständig? Warum gilt sie nicht für heterosexuell Motivierte?

    Deutschland braucht einen bundesweiten Bildungsplan zu diesem Thema. Im Alltag hängen wir vielfach noch den überholten pathologisierungsmustern der freudschen psychoanalyse an.

  45. @38
    Mir hat Erving Goffmans Stigma-Büchlein sehr geholfen, mich in Minderheiten einzufühlen. Homosexualität wäre in seiner Sicht ein nicht sichtbares Stigma (wertneutral verwendet als Merkmal, das von der Masse abhebt), das die Träger zu anstrengendem Informationsmanagement nötigt: wem sag ichs wann?

    Bei einer kurzen Googlesuche hat sich leider nichts befriedigendes Verlinkbares gefunden.

  46. zu #47, Herdir:
    „. Das hat mir gefelht. So ein Plakat mit Matussek und und dem Schriftzug: „Belastung oder Bereicherung?“ … Das trifft es … “

    Tja, da war ich wohl nicht der Einzige, der diese Idee hatte. Allerdings habe ich Matussek eine der anderen Fragen zugeordnet:

    http://derzaunfink.wordpress.com/2014/11/12/diskriminierte-als-zumutung-die-toleranzwoche-in-der-ard/

    Auch hier im Forum werden einige Fragen deutlich, die es bezüglich der Akzeptanz von Schwulen und Lesben noch zu klären gibt. Ich erlebe z.B. auch bei den Menschen, die sich selber gern als „total tolerant“ beschreiben (und das irgendwie sogar sind), subtile Abwehrreaktionen, die ihnen selber gar nicht klar sind. Beispielsweise spüre ich (bei Freunden oder Bekannten) oft das dringende Bedürfnis, mein Schwulsein zur Kenntnis zu nehmen, aber mit Einzelheiten nicht behelligt zu werden.

    Und mit „Einzelheiten“ meine ich hier nicht irgendwelche sexuellen Erlebnisse, sondern z.B. die hier schon beschriebenen Probleme mit dem Coming-Out, mit dem täglichen Abwägen, wie viel Zärtichkeit zu meinem Partner ich in der jeweiligen Situation gefahrlos zeigen kann, oder meine hilflose Wut über die Zustände in anderen Ländern, in denen von „Komfortzonen“ überhaupt keine Rede sein kann.

    All das ist mir wichtig, es ist Teil meines Lebens, ich merke aber, dass diese Wichtigkeit von anderen gern mit einem „das ist doch heute alles kein Thema mehr“ oder mit einem unausprochenen „hat der denn kein anderes Thema mehr als diesen schwulen Kram“ wegzuwischen versucht wird. Es geht hier eben nicht nur um meine Sexualität. Und es schmerzt, wenn ich erlebe, dass mir wichtige Themen von anderen abgetan werden, weil sie mit dem – vielleicht oft unbewussten – Label „Sexuelles“ als „Privatsache“ oder gar als „Schmuddelkram“ abgewertet werden.

    Was ich damit sagen will: Auch wirkliche Akzeptanz ist mehr als nur lässiges Abnicken. Sie setzt voraus, dem Anderen auch zuzuhören und seine spezielle Perspektiven nachzuvollziehen und zu begreifen.

  47. @amfenster/45
    Dann drehen wir doch den Spieß mal um: Ein Friedhof nur für Heterosexuelle? Was das wohl für einen Aufschrei geben würde. Nach deiner Ansicht aber legitim. Man kann nunmal nicht vornerum die Gleichstellung fordern, nur um sich hintenrum eine Sonderrolle einrichten zu wollen.

    Es werden noch einige Jahre vergehen, ehe dieses vorurteilsbehaftete Klischeedenken (auf beiden Seiten wohlgemerkt) wegfällt. Stell dir vor, jemand outet sich, und keinen Interessierts. Alle so „Na und?“, das ist der Idealfall.

    Ehrlich gesagt finde ich das Motiv weder zu extrem, noch zu soft. Man hat hier meiner Meinung nach einen Mittelweg gewählt, der eine hohe Akzeptanzschwelle (gegenüber der Werbung an sich) schafft. Quasi als „Eisbrecher“. Manchen ist es zu wenig „schwul“, manchen zu sehr. Das sind dann halt die persönlichen Ansichten.

  48. @Schorch
    Natürlich hat jeder die Rechte Homosexueller zu respektieren (ist hier wohl das passendere Verb). Man kann aber keinen dazu zwingen, es für sich zu akzeptieren. Es ist völlig legitim, wenn jemandem „das Schwulsein“ innerlich aber sowas von gegen alles geht, was ihn oder sie ausmacht. Man kann ihn/Sie nach außen zur Wahrung der Gleichberechtigung zwingen oder er/sie übt sie von sich aus.

  49. @Jackster: Das Spießumdrehen funktioniert aber nicht so einfach, weil es ein Unterschied ist, ob die sich separierende Gruppe die ist, die die Mehrheit und die Macht hat. Versuchsweise im Kopf auch mal durchspielen mit dem Unterschied zwischen Black-Power- und White-Power-Bewegung in den USA.

    Stell dir vor, jemand outet sich, und keinen Interessierts. Alle so „Na und?“, das ist der Idealfall.

    Ich bin mir nicht sicher, ob das der Idealfall ist. Warum soll man sich denn nicht dafür interessieren, wie für so viele andere Dinge auch?

  50. „Und der Moderator und Redaktionsleiter Meinhard Schmidt-Degenhard rechtfertigte sich hinterher noch mit dem Satz: ‚Meines Wissens ist Homophobie nicht zwangsläufig menschenverachtend.'“

    Das erinnert mich an Herrn Udo Voigt von der NPD, der einst auf die Frage, ob er sich als Rassist verstehe, antwortete, es spreche doch nichts gegen einen gesunden Rassismus.

  51. Ich möchte zu zwei Aspekten der Rede etwas erwidern.

    Wenn Herr Niggemeier sagt: Andererseits beschreibt der Begriff der Komfortzone, fürchte ich, auch sehr gut den Bereich, in den sich viele Menschen in ihrem Verhältnis Minderheiten gegenüber zurückgezogen haben. Sie sind bereit, das, was außerhalb passiert, zu ertragen, solange sie davon in ihrem Bereich nicht behelligt werden.

    kann ich nur sagen, dass es zunächst mal das Recht(!) jedes Menschen ist, seinen persönlichen Bereich so zu gestalten, dass er mit Dingen, Geschehnissen, Ansichten, die nicht in sein Weltbild passen, die ihm nicht gefallen, mit denen er sich nicht beschäftigen möchte, nicht konfrontiert wird. Warum Herr Niggemeier das „fürchtet“, ist mir nicht klar.

    Zu Lann Hornscheidt und ihre/seine Radikalität möchte ich nur bemerken, dass er/sie ausweislich des Impressums der Seite xartsplitta.net verantwortlich für Texte ist, in denen zu folgenden Aktionen aufgerufen wird:
    mit dem edding über krasse dinge in speisekarten drüberschreiben, (…) aufkleba_poster_plakate_bilder abmachen_überkleben, (…) kaugummis auf stühle von sexistischen mackertypen kleben, buchcover umdrehen, sätze in romanen unlesbar machen, seiten in büchern rausreissen, (..) deutschlandfahnen aus dem stadtbild entfernen

  52. @Stefan Niggemeier
    Sprich, die Mehrheit darf sich keine Sonderrollen erlauben sondern immer nur die Minderheiten?

    Ich schätze schon, dass dies der Idealfall wäre. Es sollte nichts besonderes sein, Homosexuell zu sein.

    @amfenster
    Ich habe noch nie Schalker Fans gesehen, die für Gleichberechtigung protestieren.

  53. @59 Andreas
    Ich glaube nicht, dass Herr Niggemeier Ihnen das Recht abspricht in Ihrem persönlichen Bereich alles auszublenden, was Sie ausblenden wollen.
    Die Frage ist nur, wo hört Ihr persönlicher Bereich auf?
    Dürfen sich zwei erkennbar Schwule, die keinen Hehl daraus machen in Ihrem bevorzugten Café oder Restaurant nicht in denselben Raum mit Ihnen sitzen oder nur nicht mit an Ihren Tisch?
    In irgendeiner Bahn, der gleiche Waggon oder nur nicht unmittelbar Ihnen gegenüber?
    In Ihrer bevorzugten Sportstätte, gar nicht, nach oder vor Ihnen, oder einfach nur genug Abstand?
    Wann dringen Sie mit der Gestaltung Ihres persönlichen Raumes in die persönlicheren Räume anderer ein?

  54. @jackster: wenn lesben und schwule für gleichberechtigung protestieren, gegen wen wir denn ihrer meinung nach da protestiert?

  55. @gebimmel
    Eben gegen jene, die es als etwas Sonderbares ansehen. Menschen generell und vorrangig über Ihre Sexualität zu definieren ist wohl das dümmste und ignoranteste, was man machen kann.

  56. Ein schwuler Freund von mir beklagte, durch die steigende (dabei unaufrichtige) Tolerierung des Schwulseins in der Gesellschaft, habe sich seiner Erfahrung nach in gleichem Maße die Solidarität der Schwulen mit anderen unterdrückten oder ausgegrenzten Minderheiten verringert. „Parallelbeispiel: Solange die Grünen noch angefeindet und beschimpft wurden, haben sie sich für Schwache stark gemacht!“

    Traurig oder aberwitzig? Für dieses Syndrom gibt es bestimmt schon einen Namen. Und ist nicht gerade so der Mensch?

  57. @jackster … ich habe auch noch nie gehört, dass Schalker Fans aufgrund Ihrer Liebe zum Verein für ihr Adoptionsrecht kämpfen müssen, kein Blut spenden dürfen, sich Konversionstherapien unterwerfen sollen und generell als „nicht normal“ (siehe Ausgangspunkt der Debatte, also die ARD-Motive) in Frage gestellt werden.

  58. @spacespencer
    Ohne Frage, alles erstrebenswerte Dinge, die eigentlich zur Selbstverständlichkeit gehören sollten. Aber ich komme trotzdem nicht mit der Logik mit „Wir wollen wie alle anderen sein und machen uns deshalb nen extra Friedhof auf“. Ich mein, klar, kann man machen, aber das transportiert nicht gerade das, nachdem verlangt wird. Sich über seine Sexualität oder sein Fan-sein zu definieren sind schon zwei verschiedene Dinge. Abgesehen davon find ich beides blöd.

  59. @61: Aber warum das „fürchte ich“? Weiter oben schrieb jemand, „Toleranz ist erzwingbar“. Ist es das, was wir wollen?

  60. @jackster: ich sehe da keinen widerspruch. die stiftung, die den friedhof eröffnet hat, sagte doch zur begründung selbst, man wolle den Friedhof als „Statement gegen die weitgehende Unsichtbarkeit von Lesben in Gesellschaft, Politik und Medien“ verstanden wissen. das ist für mich nachvollziehbar.

  61. @ Jackster

    Dürfen denn Lebenspartner gleichen Geschlechts Paargräber haben?

    Vielleicht liegt da ja (ein Grund) für den „extra“ Friedhof …

    Und nochein kleiner Hinweis:
    M.E. hatten wir hier schon diverse Wortmeldungen in denen herausgestellt wurde, dass es nicht um die Sexualität per se geht.

  62. @67 andreas: „fürchtet“, weil das keine gute entwicklung für eine gesellschaft wäre, wenn jeder sich darauf beschränkt, nur zu ertragen…

  63. Ich hatte den Eindruck gewonnen, dass es bei dieser Themenwoche in Wirklichkeit für mehr Toleranz gegenüber (oder Verständnis für) Intoleranz ginge. Anders kann ich mir nicht erklären, warum bei Radio Eins hierzu 4 Gäste zum Gespräch eingeladen wurden, von denen wenigstens 2 quasi der Inbegriff für Intoleranz und Hass auf Andersartigkeit sind, nämlich Sarrazin und Pirincci. Warum hat man die Woche nicht genutzt um Menschen einzuladen, die sich für die Rechte und den Schutz von Minderheiten und Wehrlosen und gegen Diskriminierung einsetzen?

    Ach, hat man ja: neben der wohl als erzkonservativ und antifeministisch einzuschätzenden Birgit Kelle (passt also zu den wütenden Herren) war Hilal Sezgin zum Gespräch geladen (Feministin, Tierrechtlerin, befasst sich intensiv mit Islamfeindlichkeit und -phobie). Hilal Sezgin taugt so gar nicht als Polemikerin, sie ist eher für eine freundliche, sachliche Diskussionsweise bekannt, obwohl sie laufend Anfeindungen ausgesetzt ist. Befragt wurde sie zum Thema Tierrechte. Wenn sie so in der Reihe der Intoleranten steht, drängt sich die Frage auf, inwiefern die Diskussion um und die Forderung nach Tierrechten eigentlich intolerant sind. Radio Eins hat aber versucht, es zu begründen: Dass bei konsequenter Durchsetzung von Tierrechten Echtlederschuhe auf der Strecke bleiben müssten, ist ziemlich intolerant gegenüber Lederschuhen, und also gegenüber als normal empfundenen Konsumgewohnheiten (z.B. die des Moderators, möchte ich unterstellen). Auf jeden Fall nerven diese Tierrechtler halt mit ihren Forderungen. Der Moderator konnte nicht verbergen (und er hielt dies wohl auch nicht für nötig), wie nervig und abstoßend er „diese Veganer“ findet und wie albern die Forderung nach Tierrechten (Man kann das Interview auf der Website des Radiosenders nachhören). Auf welcher Seite bei diesem kontroversen Thema Intoleranz und Voreingenommenheit herrschen, wurde in dem Gespräch ziemlich deutlich finde ich.

    Neben dieser seltsamen Idee, ausgerechnet zur Toleranzwoche Menschen ein Podium zu bieten, die für menschenverachtende und hassschürende Polemik bekannt sind, ist auch die Art und Weise wie sich bemüht wurde, Hilal Sezgins Beitrag zum Thema Tierrechte lächerlich zu machen, sowie ihre Einsortierung in eine Reihe von Hatern ein interessanter Hinweis darauf, wie es um die Offenheit, Neutralität und Toleranz in den Medien bestellt ist.

  64. vorschlag einer minimalen alltagsintervention:

    wenn das wort „homosexualität“ bzw. sein adjektiv oder adverb fällt, als nächsten satz einfügen: „sie schlafen mit frauen?“

    (oder andersrum, gemeint ist hetero-sex).

    kleines sesam öffne dich für abgründe.

    .~.

  65. Ach Leute, ich glaub ihr versteht mich falsch. Dann bleibt es halt dabei wie es gerade ist, jeder beansprucht irgendwie seine Sonderrolle, weil ihm gerade danach ist und ignoriert alles andere. Homosexualität und Fußballfan als neue „Religionsformen“. *Kopfschüttel*

  66. „Diese Person ruft zu Straftaten auf, vertritt zutiefst undemokratische Ansichten und arbeitet bewusst wissenschaftlich nicht integer. http://sciencefiles.org/2014/11/25/ein-profx-das-zu-straftaten-aufruft/

    „Verblüffend wenig radikal“ ist das beim besten Willen nicht.“

    Jetzt wäre es gut, nicht eine rechtslastig-maskulinistische Seite wie die Sciencefiles (über das Science kann man da streiten) als Beleg für die Radikalität anderer zu zitieren.

    Die zitierte Liste scheint mir so radikal wie ein Sonnenaufgang:
    http://www.xartsplitta.net/offene-liste-interventions-ideen-formen-inspirationen/

  67. @71: Das verstehe ich. Aber ist die „gesellschaftliche Forderung“ – wie auch immer eine Gesellschaft etwas fordern kann – nach mehr Toleranz nicht vielleicht der Grund, dass der ein oder andere (aus seiner Sicht) nur noch „erträgt“?

    Die Interaktion der „persönlichen Bereiche“ findet doch im Regelfall immer zwischen Individuen statt. Muss jemand, der z.B. Michel Friedman für arrogant und hypertroph hält, sich Antisemitismus vorhalten lassen? Und was tun wir, wenn jeglicher Dissens bzw. dessen Überwindung im Dialog zwischen Individuen durch überbordende Toleranzforderungen erstickt wird?

  68. @Jackster:

    Ich habe noch nie Schalker Fans gesehen, die für Gleichberechtigung protestieren.

    Und nur das qualifiziert für eine individuelle Wahl der Begräbnisstätte?
    Oder andersherum: Der Wunsch nach Gleichberechtigung disqualifiziert für individuelle Wünsche?

    Davon abgesehen: Ist Ihnen eigentlich klar, wie Sie da eine homogene Gruppe von „anderen“ konstruieren, nach dem Schema: Die wollen doch sonst immer…, warum wollen die jetzt plötzlich…? Als würden alle Lesben gleichermaßen für Gleichstellung demonstrieren, als würden alle Lesben auf diesem Friedhof (der in Wahrheit auch nur ein Grabfeld auf einem großen Friedhof ist) begraben sein wollen. Dass das alles unterschiedliche Personen mit unterschiedlichen Vorstellungen, Zielen und Wünschen hinsichtlich ihrer Homosexualität (und auch sonst) sind, kommt Ihnen anscheinend gar nicht in den Sinn.
    Den scheinbaren Widerspruch zwischen „für Gleichberechtigung kämpfen“ und „sich separieren“ könnte man auch als Einladung begreifen, nach der Motivation der Beteiligten zu fragen oder sie zu verstehen, vielleicht sogar seine eigenen Konzepte von Gleichberechtigung und davon, welche Differenzen sie mit einschließen und aushalten kann, zu hinterfragen. Man kann aber auch natürlich einen auf umgekehrt diskriminierte Mehrheit machen.

    Mir wird es als Mann im Übrigen auch versagt bleiben, dereinst auf diesem Grabfeld zu liegen. Ich komm damit klar.

  69. @jackster: also solange die rollen in der gesellschaft so verteilt sind wie derzeit, begrüße ich auch mal das streben nach einer sonderrolle…und zwar nicht, weil einem gerade danach ist, sondern, weil es für viele gesellschaftliche randgruppen eine dringende notwendigkeit für veränderungen gibt.

  70. Passenderweise habe ich gerade folgenden Link gefunden, der ziemlich gut beschreibt, was ich meine:

    Die Diskussion weicht der Diskursanalyse, d.h. der Beschreibung der Relation der anderen Aussage zur eigenen aus der Perspektive des Machtverhältnisses. Und damit ist auch die Idee der PC am Ende, denn der konkrete Schwarze, der möglicherweise einer tatsächlichen rassistischen Handlung eines konkreten Weißen ausgesetzt ist, wird zur abstrakten Größe innerhalb eines von der Macht des abstrakten Weißseins über das abstrakte Schwarzsein geprägten Kontextes.

    Diese Denkweise – es ist ja nicht einmal eine Ideologie, weil sie so ideenlos ist – ist unemanzipatorisch, antiliberal, geradezu unmenschlich. Der einzelne Mensch existiert drin nicht, er hat keine Vernunft, keinen Verstand, keine Moral, sondern ist kulturell determiniert, entweder als Täter oder als Opfer.
    (…)
    Abgesehen davon, dass die „Mächtigen“ sowieso die üblichen Verdächtigen sind – Amerikaner, Weiße, Männer, Heteros, Konzerne – geht es beim Eintreten für die Opfer niemals um konkrete Handlungen als vielmehr um die Einstellung. Es ist wichtiger, eine „Willkommenskultur“ für Flüchtlinge zu befördern als tatsächlich Flüchtlingen die Hand zum Willkommensgruß zu reichen.

  71. @PeterLe: Warum fänden sie den Anblick zweier sich auf den Mund küssender Männer schockierend und belastend? Belastet sie der Anblick, wenn sich ein Mann und eine Frau küssen, auch? Wenn ja, wie halten Sie das aus, damit jeden Tag fast überall konfrontiert zu werden?

    Wow.

    Ich sag mal so mit der Haltung Akzeptanz einfordern von jemandem, der einfach nur Dinge hingeschrieben hat, die im Kopf Reaktionen auslösen und _die auf dem Poster sind_, Beispiele für Dinge, auf die man eine „viceral reaction“ haben könnte, für die man sich selbst hasst, sobald man sich dabei erwischt…

    Ich denke mal, dass das beißender Sarkasmus ist, aber selbst wenn…

    Auf die Art erreichst Du exakt gar nichts, Stefan. Mit solchen Reaktionen sorgst Du dafür, dass Menschen, die über ihre inneren Zerwürfnisse mit Dir diskutieren möchten, Dir gegenüber einfach nur noch die Klappe halten.

    Und die ganzen Rassisten und Schwulenhasser hassen weiter. Die erreichst Du nämlich exakt überhaupt nicht. Die Leute irgendwo in der Mitte verprellst Du mit solchen Sätzen dann noch zusätzlich und dann bist Du wieder in Deiner Position wo Du Dich über die Intoleranz der Gesellschaft den ganzen Tag lang aufregen kannst.

    Man könnte echt meinen, dass Du Dir in der Rolle gefällst.

  72. @andreas, 71: man muss michel friedmann nicht mögen, aber sollte sich vielleicht selbst prüfen, aus welchen gründen man das nicht tut. ich denke, man sollte sich von der begrifflichkeit „tolerieren“ verabschieden, weil mit diesem wort auch immer ein „kräfteverhältnis“ kommuniziert wird. Derjenige, der toleriert, steht oben, und der andere muss sich tolerieren lassen. Es finden sich immer und überall genügend gründe, gegen etwas zu sein, aber man sollte diese gründe für sich selbst hinterfragen und hinterfragen, wo sie ihren ursprung haben. leider viel zu häufig in purer ignoranz. ich kenne das nicht, ich will das nicht, mir schmeckt das nicht. wenn eine kampagne oder austellung oder aktion zum hinterfragen anregt, zum nachdenken, sehe ich darin eine gute sache.

  73. Eigentlich wollte ich in meiner Kernaussage betonen, dass ich mir wünschen würde, dass es zur Normalität gehören würde, Homosexuell zu sein. Es ist halt meine Meinung, dass man sich mit einem extra Friedhof nur noch mehr abgrenzt anstatt sich anzunähern, Punkt. Da könnt ihr alle gern anderer Meinung sein.

  74. @67
    Ich habe mit überspitzten Fragen versucht darzustellen, was gemeint ist.
    Wo hört denn der persönliche Bereich auf?
    Wenn Sie im Park sitzen und die Sonne genießen wollen und fühlen sich dabei durch ein homosexuelles Pärchen auf der Nachbarbank gestört werden Sie unfreiwillig aus Ihrer Komfortzone rausgeholt. Sofern Sie (alles nur hypothetisch!) Ihre Mißbilligung irgendwie ausdrücken, dann holen Sie besagtes Paar aus deren Komfortzone.
    Für beide ist eine an sich schöner Moment zerstört.
    Beide haben das Recht den Park und die Sonne zu genießen.
    Jeder Bereich, der außerhalb Ihrer vier Wände liegt und von Ihnen als persönlicher Bereich empfunden wird, kann auch der persönliche Bereich von wem anders sein.
    Und der andere fühlt sich durch Ihre deutlich gemachte Mißbilligung herabgewürdigt.
    In seinem persönlichen Bereich.
    Ist das jetzt klarer geworden, was befürchtet wird?
    „Toleranz ist erzwingbar“ habe ich geschrieben. Als eine Spielart von Toleranz, die ebenfalls absoluit freiwillig und wohlwollend sein kann. Das war ein ganz anderes Thema im Thema, wo es darum ging, ob das Wort „Toleranz“ tasächlich negativ besetzt ist.

  75. @78: Bitte verzeihen Sie mir, aber dass „mit dem Wort ‚tolerieren auch ein Kräfteverhältnis kommuniziert wird‘ ist genau entlang der Argumentation, wie sie in dem von mir verlinkten Artikel beschrieben wird. Das ist mir zu kollektivistisch gedacht.

    Ich persönlich habe dargelegt wie Herr Friedmann auf mich wirkt; aber ich bin ihm gegenüber nicht „oben“ und er nicht „unten“. Und natürlich habe ich mich hinterfragt, ob der Grund, dass ich sein Auftreten für arrogant oder hypertroph halte. daran liegt, dass er jüdischen Glaubens ist. Ich kann das für mich guten Gewissens mit „Nein“ beantworten.

    Nur gibt es eben auch Menschen, die nicht „des Hinterfragens“ mächtig oder Willens sind. Was machen wir mit denen? Lassen wir die täglich eine DIN A4 Seite „man sollte aber…“ schreiben?

  76. Sorry, aber ich bin nur im Bett schwul – wie soll ich sonst noch schwul sein? Im selbstgewählten Ghetto derjenigen, die aus diesem simplen Fakt – ich habe Sex mit nem anderen Kerl – eine Lebensanschaung machen. Das ist so albern wie das ständig überkorrekte Benennen bzw. Umbenennen aller möglichen Behinderungen, Religionen, Geschlechtszugehörigkeiten und anderem.

    Wenn das so weiter geht, haben wir bald eine lesbisch humpelnde einbeinig sprechende kleinwüchsige Tatortkomissarin, nur um politisch korrekt die Vielfalt der Gesellschaft abzubilden. Und dann findet sich bestimmt noch jemand, der daran rummäkelt, weil vegan nach Kohlmeiers Thesen fehlt.

    Es nervt, wenn jeder sich als etwas Besonderes ansieht, daß auf keinen Fall unterdrückt werden darf bzw. dessen Stimme noch nicht genügend in den Medien präsentiert ist.

    Und daß es Bekloppte gibt, die in Medien den größten Schwachsinn verbreiten, wissen wir auch. da hilft nur, daß ohne großes Aufsehen die vermeintlichen Außenseiter- und Randgruppenthemen als selbstverständlich vorkommen, ohne wiederum zu betonen, wie toll man jetzt ist, weil man sowas jetzt als neue Sau durchs mediale Dorf treibt.

    Kurz gesagt: wer männlich ist und Sex mit mir haben will, kann sich melden. Wer permanent im Kopf hat, daß er schwul ist und das permanent der Menschheit mitteilen muß, läßt es lieber.

  77. @Jackster/79:
    Eigentlich wollte ich in meiner Kernaussage betonen, dass ich mir wünschen würde, dass es zur Normalität gehören würde, Homosexuell zu sein. Es ist halt meine Meinung, dass man sich mit einem extra Friedhof nur noch mehr abgrenzt anstatt sich anzunähern, Punkt.

    Auch hier wieder:
    Entweder ein extra Friedhof ist „nicht normal“ – dann müssen sich aber auch die Schalke-Fans fragen lassen, warum sie sich derartig abgrenzen.
    Oder ein extra Friedhof ist eben gerade Teil einer Normalität, an der lesbische Aktivistinnen genauso partizipieren dürfen wie Schalke-Fans.

  78. @Sebastian: Hm? Das verstehe ich nicht. Meine Fragen war nicht einmal provokant oder aggressiv gemeint, sondern tatsächlich als Reaktion auf die Aussage, dass „schockierend“ wäre, zwei sich auf den Mund küssende Männer zu zeigen. Alles weitere, von der „viceral reaction“ (was offenbar ungefähr Bauchgefühl bedeutet), für die man sich selbst hasst, habe ich da nicht gelesen.

  79. @andreas, 85: es ist doch ihr gutes recht, michel friedmann blöd zu finden. daraus ergibt sich auch kein „oben“ oder „unten“..wenn ich aber sage, ich toleriere die schwulen in meiner stadt, klingt das so, als gäbe es überhaupt eine wahl.

    ich finde, problematisch wird es dann, wenn sie annehmen, michel friedmann hätte weniger etwas in dieser gesellschaft verloren als sie oder dafür eintreten, dass ihm andere rechte zuteil werden als ihnen, bloss, weil weil er ihnen ganz und gar nicht sympatisch ist.

  80. @80:

    Beide haben das Recht den Park und die Sonne zu genießen.

    Unwidersprochen. Aber vielleicht ist das schon bei einigen Leuten das Problem, dass sie meinen der Park und die Sonne gehöre nur ihnen :-/

    Jeder Bereich, der außerhalb Ihrer vier Wände liegt und von Ihnen als persönlicher Bereich empfunden wird, kann auch der persönliche Bereich von wem anders sein.
    Und der andere fühlt sich durch Ihre deutlich gemachte Mißbilligung herabgewürdigt.
    In seinem persönlichen Bereich.

    Ich habe ja nirgendwo geschrieben, dass die Diskussion die einzige mögliche Verhaltensweise ist. Wenn mich etwas stören sollte, kann ich ja auch einfach weggehen.

    Und machen wir es uns nicht zu einfach, wenn wir derlei Konflikte „nur“ auf die Frage „hetero oder nicht“, „farbig oder nicht“ oder „behindert oder nicht“ reduzieren? Wenn ich z.B. ein exzessiv knutschendes Paar in der Bahn neben mir sitzen habe und mich das stört (und ich den Platz nicht verlassen kann), darf ich dann nur etwas sagen, wenn das Paar heterosexuell ist, weil ich fürchten muss bei einem homosexuellen Paar als „homophob“ bezeichnet zu werden? (zugegebenermaßen ein konstruiertes Beispiel, aber ich hoffe es wird klar, was ich meine)

  81. @tomas, 86: es soll ja leute geben, die auch dann schwul sind, wenn sie beim christopher street day mitlaufen und letztlich sind es ja auch veranstaltungen wie diese, die einst zu einer größeren gesellschaftliche akzeptanz führten und ihnen die möglichkeit einräumt, ihre sexualität überhaupt offen auszuleben und nicht dafür ins gefängnis zu gehen.

  82. zu #72, Flügelschlag:
    Die Einladung von Hilal Sezgin in einer „Toleranzreihe“ mit Sarrazin und Pirincci hat mich auch sehr gewundert. Ich hatte mir das so erklärt, dass man sich in der Redaktion wohl gefragt haben mag: „Welche Minderheiten nerven denn sonst noch immer so fürchterlich?“ und dann leider auf die Veganer*innen gekommen ist. Ich habe Sezgins Souveräntität angesichts dieser Zumutung sehr bewundert.

    Und das war auch mein Hauptproblem mit dieser ganzen Toleranz-Firlefanzwoche und vor allem mit dem Plakat: Dass man genau diejenigen Gruppen zum „Problem“ erklärt hat, die von der Mehrheit, die angeblich so viel Toleranz aufwenden muss, um sie zu ertragen, vorher marginalisiert wurden. Und natürlich immer noch werden.

    Mit anderen Worten. Problem sind die Diskriminierten, nicht die Diskriminierung. Schlimmer kann man den Begriff der Toleranz in meinen Augen nicht auslegen.

  83. „Über dem Diskurs liegt ein Gefühl von: Jetzt nehmt Euch mal nicht so wichtig. Und: Irgendwann muss auch mal gut sein.“ Richtig, weil ich ansonsten in den Medien nur noch von vermeintlichen oder realen Randgruppen lese – das nervt selbst mich als Schwulen irgendwann mal. Und weil wir dann irgendwann das haben, was jahrelang als Frauenhaus-Anzeige durch die Gegend geisterte: lesbische Migrantin als Mitarbeiterin gesucht. Es reicht dann nicht mehr, einer Minderheit anzugehören, man brauchte eine Mehrfach-Minderheiten-Behinderung.

    Es wird langsam zu viel. Warum ist es wichtig gewesen, daß Frau Simon von der Berliner Zeitung Anne Will dazu überreden konnte, ihr allseits bekanntes Lesbisch-Sein öffentlich zu bestätigen? Wieso war es wichtig zu erfahren, daß Jakob Augstein nicht der Sohn von Rudolf ist, sondern unehelich… Hat sich irgendwas in der Welt dadurch geändert?

  84. @92. andreas: in einer gesellschaft, in der homosexualität als etwas selbstverständliches wahrgenommen wird, würde in dem von ihnen geschildertem Szenario keiner mehr auf die idee kommen, das problem läge in dem fakt, dass sich mann und mann oder frau und frau vergnügen. bis dahin ist es zumindest möglich. sagen dürfen sie dennoch etwas.

  85. @86:

    Und daß es Bekloppte gibt, die in Medien den größten Schwachsinn verbreiten, wissen wir auch. da hilft nur, daß ohne großes Aufsehen die vermeintlichen Außenseiter– und Randgruppenthemen als selbstverständlich vorkommen, ohne wiederum zu betonen, wie toll man jetzt ist, weil man sowas jetzt als neue Sau durchs mediale Dorf treibt.

    Das klingt für mich (auf die Medien bezogen) irgendwie wie die Quadratur des Kreises… :-)

  86. @ Fink, #94: „Problem sind die Diskriminierten, nicht die Diskriminierung. Schlimmer kann man den Begriff der Toleranz in meinen Augen nicht auslegen.“

    Treffend ausgedrückt!

    Und ja, ich habe auch gestaunt, wie ruhig und sachlich Hilal Sezgin geblieben ist. Der Moderator verhielt sich hochgradig respektlos und unprofessionell. Man hat gemerkt, dass das für ihn was Persönliches war.

  87. @Thomas:

    Warum ist es wichtig gewesen, daß Frau Simon von der Berliner Zeitung Anne Will dazu überreden konnte, ihr allseits bekanntes Lesbisch-Sein öffentlich zu bestätigen?

    Damit es nicht so aussieht, als sei Lesbischsein etwas, das man in der Öffentlichkeit verschweigen müsse (im Gegensatz zum Heterosexuellsein). Damit Frau Will ganz selbstverständlich mit Frau Meckel über irgendwelche Roten Teppiche laufen kann, wie es auch Herr und Frau Irgendwas tun. Damit junge lesbische Mädchen ein sympathisches Rollenvorbild haben.

  88. @96:

    in einer gesellschaft, in der homosexualität als etwas selbstverständliches wahrgenommen wird

    Wo kann ich (vielleicht sogar amtlich bestätigt ;-)) nachlesen, dass eine „Gesellschaft“ diesen „Status“ erreicht hat? Will sagen, _für mich_ ist Homosexualität etwas völlig Selbstverständliches (wer bin ich denn, dass ich anderen vorschreiben könnte, in wen sie sich zu verlieben haben). Andere mögen das anders sehen – denen werde ich das aber auch nicht ausreden können.

    Und ein Teil dieser Anderen wiederum läuft herum und beklagt bei jeder noch so kleinen Gelegenheit (ob passend oder nicht!), dass unsere Gesellschaft(!) so homophob ist. Wie wollen wir gemeinsam dann den oben genannten Zustand je erreichen?

  89. @100: ich denke, wenn es soweit ist, werden wir es wissen, meinen sie nicht? fest steht, aktuell scheint es da noch einige hürden zu geben (siehe beispielsweise Kommentar 65).

  90. @99:

    Damit es nicht so aussieht, als sei Lesbischsein etwas, das man in der Öffentlichkeit verschweigen müsse (im Gegensatz zum Heterosexuellsein).

    Liegt das nicht im Auge des Betrachters, dass man das tun müsse?

    @101: Ich bin mir nicht sicher – ganz erreichen kann man diesen Zustand wohl nur, wenn man eine Gedankenpolizeit einsetzt, die jedem in den Kopf guckt und bei einem entsprechenden Gedanken gleich die Precops in Alarmbereitschaft versetzt :-)

  91. #99 „Damit es nicht so aussieht, als sei Lesbischsein etwas, das man in der Öffentlichkeit verschweigen müsse (im Gegensatz zum Heterosexuellsein). Damit Frau Will ganz selbstverständlich mit Frau Meckel über irgendwelche Roten Teppiche laufen kann, wie es auch Herr und Frau Irgendwas tun. Damit junge lesbische Mädchen ein sympathisches Rollenvorbild haben.“

    Wowereit ist bis auf den einen Fakt nicht derjenige, auf den ich sonst verweise, aber sein legendärer Satz hat jedem Mediengekreische danach den Wind aus den Segeln genommen und ihm das Handeln überlassen. Er tat es unter dem Druck, das es öffentlich werden wird, aber im Gegensatz zu Frau Will hat er selbst gehandelt und nicht unter der latenten Drohung von Frau SImon, die Bild würde es sowieso bringen.
    Und vermutlich würden viele damit besser fahren, es einmal zu erwähnen und fertig. Ich weiß, es trifft nicht auf alle zu, aber wir leben auch nicht mehr in den 90-ern oder 90-ern des letzten Jahrhunderts

  92. @Andreas (#97) „Das klingt für mich (auf die Medien bezogen) irgendwie wie die Quadratur des Kreises… :-)“

    Stimmt, aber es geht durchaus. Mal „Mord mit Aussicht“ gesehen? Was da alles an Spielarten des Lebens vorkommt, ohne Hauptthema zu werden – nur so geht es. Auch ohne verordnete Toleranzwoche, in der abstruse Sendungen wie markt-check angeblich Beiträge zu dem Thema leisteten.

  93. @102: eine gesellschaftliche akzeptanz bedeutet ja nicht, dass ALLE mitglieder der gesellschaft etwas akzeptieren, sondern wohl eher, dass etwas zur normalität wird. es gibt ja genügend dinge, über die sich heutzutage – gottseidank – nur noch randgruppen aufregen, die die gesellschaft aber total entspannt sieht. das frauenwahlrecht zum beispiel.

  94. zu #100, Andreas:
    „Und ein Teil dieser Anderen wiederum läuft herum und beklagt bei jeder noch so kleinen Gelegenheit (ob passend oder nicht!), dass unsere Gesellschaft(!) so homophob ist. Wie wollen wir gemeinsam dann den oben genannten Zustand je erreichen“

    Wir erreichen ihn jedenfalls nicht, indem wir bestehende konkrete Homofeindlichkeit und Diskriminierung einfach schon leugnen, bevor sie „abgeschafft“ sind. Wir wollen doch bitte an dieser Stelle nicht vergessen, dass es immer noch etliche rechtlche Benachteiligungen gibt, die weiterhin von der Regierung verteidigt werden. Und auch die Pöbeleien, die ich im Alltag hier und da erlebe, bilde ich mir sicher nicht nur ein.

    Es bestreitet doch niemand, dass es inzwischen Nischen gibt, in denen man recht undiskriminiert vor sich hinleben kann. Dafür bin ich auch dankbar. Der gesellschaftliche Raum als ganzer sieht aber immer noch anders aus.

    Allen, die der Meinung sind, Homofeindlichkeit sei doch inzwischen kein so großes Problem mehr, empfehle ich nach wie vor den Praxistest: Gehen Sie, wenn Sie ein Mann sind, mit einem männlichen Freund durch eine Fußgängerzone. Halten Sie in an der Hand, tätscheln Sie seinen Po, streichen Sie ihm durchs Haar. Küssen ist gar nicht unbedingt nötig. Beobachten Sie, ob sich in Ihrer Umgebung irgendetwas anders anfühlt als sonst. Und nach einer Stunde reden wir weiter über die heutige „Normalität“.

  95. @103:

    Er tat es unter dem Druck, das es öffentlich werden wird, aber im Gegensatz zu Frau Will hat er selbst gehandelt und nicht unter der latenten Drohung von Frau SImon, die Bild würde es sowieso bringen.

    Bis auf die explizite Erwähnung, dass es im „Fall Will“ die BILD war, die drohte, die sexuelle Orientierung zu veröffentlichen, kann ich da keinen großen Unterschied sehen. Wer sagt denn, dass Wowereit nicht auch jemand „überredet“ hat?

  96. @106:

    Allen, die der Meinung sind, Homofeindlichkeit sei doch inzwischen kein so großes Problem mehr, empfehle ich nach wie vor den Praxistest: Gehen Sie, wenn Sie ein Mann sind, mit einem männlichen Freund durch eine Fußgängerzone. Halten Sie in an der Hand, tätscheln Sie seinen Po, streichen Sie ihm durchs Haar. Küssen ist gar nicht unbedingt nötig. Beobachten Sie, ob sich in Ihrer Umgebung irgendetwas anders anfühlt als sonst.

    Ich bin weit davon entfernt, das Obige zu behaupten. Allerdings würde ich auch nicht so weit gehen, etwaige große Augen oder Getuschel schon unter „Homofeindlichkeit“ einzuordnen. Das mögen Sie natürlich anders sehen…

  97. @105: Nun mag der Mathematiker in mir durchschimmern, aber ab welcher Prozentzahl wäre denn „Normalität“ erreicht?

    Und um zu meinem Ausgangsanliegen zu kommen – wird diese „Normalität“ nicht eher dadurch erreicht, dass die persönlichen Bereiche der vermeintlich „Unnormalen“ mit dem der vermeintlich „Normalen“ kollidieren – und sich (Vor)Urteile abschleifen?

  98. zu 108, Andreas:
    „Große Augen“ mache ich auch, wenn ich etwas Ungewöhnliches sehe. Warum man über ein schwules oder lesbisches Paar „tuscheln“ sollte, finde ich zumindest hinterfragenswert. Aber wir wollen bitte nicht die berechtigte Kritik an der nach wie vor teils sehr ernsten Diskriminierung mit der weniger berechtigten in einen Topf werfen. Ich hoffe, ich täusche mich, wenn ich den Verdacht habe, dass Sie hier die berechtigte und notwendige Kritik an realen Missständen mit dem Hinweis auf vermeintliche Weinerlichkeit bei Kleinigkeiten zumindest tendenziell diskreditieren wollen.

    Noch gar nicht erwähnt wurde hier z.B., dass sämtliche schwule und lesbische Angestelle von „kirchlichen“ (d.h. meist staatlich finanzierten) Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Kindergärten weiterhin ohne fachlichen Grund gekündigt werden dürfen, und dass ich derzeit keine Partei sehe, die das grundsätzlich so skandalös findet wie es in einer Demokratie meines Erachtens sein sollte.

  99. PS: Was ich damit sagen wollte: WIr reden nicht von ein paar Kleinigkeiten, die noch zu klären währen. Diskriminierung ist für Schwule und Lesben in Deutschland immer noch oft ein ganz existenzielles Problem.

  100. @ 109, Andreas: Dann entgegne ich dem Mathematiker in einen mal, dass diese Frage gar nicht so entscheidend ist. Vielleicht ist es ja der Tag, an dem sich aktive Fussballspieler nicht mehr scheinverheiraten.

    Ich verstehe Ihren Ansatz, wonach Normalität“ „auch“ dadurch erreicht, dass die persönlichen Bereiche der vermeintlich „Unnormalen“ mit dem der vermeintlich „Normalen“ kollidieren und es gibt sicherlich viele Lebensbereiche, in denen dies möglich ist. Aber das bedeutet doch im Umkehrschluss nicht, dass jede andere Initiative oder jedes andere Engagement überflüssig ist. Im Gegenteil wird doch oftmals aus Angst vor den Konsequenzen die Kollision als solche vermieden.

  101. Und nochmal zu #108, Andreas: Jetzt verstehe ich erst, was Sie meinen. Mein Einwand lief darauf hinaus, dass es leider ziemlich wahrscheinlich ist (je nachdem, von welcher Fußgängerzone und Tageszeit wir reden), dass Sie wesentlich Unangenehmeres erleben werden als „große Augen und Getuschel“. Wie gesagt: Probieren Sie es einfach mal aus.

  102. @110:

    „Große Augen“ mache ich auch, wenn ich etwas Ungewöhnliches sehe. Warum man über ein schwules oder lesbisches Paar „tuscheln“ sollte, finde ich zumindest hinterfragenswert.

    Ich dachte jetzt an zwei oder mehr Personen, die etwas „Ungewöhnliches“ sehen und sich darüber (hinter vorgehaltener Hand) unterhalten. Aber ich habe zugegebenermaßen Ihren Praxistest auch nicht gemacht…

    Aber wir wollen bitte nicht die berechtigte Kritik an der nach wie vor teils sehr ernsten Diskriminierung mit der weniger berechtigten in einen Topf werfen.

    Mir ging es nur um die (in meinen Augen notwendige) Unterscheidung zwischen „Homofeindlichkeit“ (und ihre wie von Ihnen auch angesprochenen ganz realen Auswirkungen) und menschliche Reaktionen auf Ungewohntes. Womit ich hoffentlich auch ihre Befürchtungen zerstreuen konnte.

    Im übrigen wäre der Hinweis auf die von Ihnen geschilderten Missstände dann besser „investierte“ Sendezeit als das x-te Outing von Promi C, D oder E – der im Regelfall von den genannten Diskriminierungen wohl auch noch weniger betroffen sein dürfte…

  103. @112:

    Im Gegenteil wird doch oftmals aus Angst vor den Konsequenzen die Kollision als solche vermieden.

    Richtig. Das geht aber oft beiden Seiten so. Zumindest ist es das, was ich auch schon ganz am Anfang der Diskussion hier (die ich übrigens ausgesprochen sachlich finde – das habe ich auch schon ganz anders erlebt) ansprach…

  104. Dem Satz aus Ihrer Rede „Medien — leider auch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, für die ich schreibe — leisten durch polemische und verfälschende Darstellungen ihren Beitrag dazu, die Diskussion zu hysterisieren und zu entsachlichen.“ möchte ich hinzufügen, dass hier auch der Name Antje Schmelcher genannt werden muss, die in unverantwortlicher Weise journalistische Grundsätze missachtet, um in der FAS ihre kruden Interpretationen und rechtskonservativen Ängste zu verbreiten. Nach diesen Artikeln kam ich nicht mehr umhin, mein FAS-Abo zu kündigen. Ich zahle nicht für Textschrott, den queer.de zurecht beim Deutsche Presserat als Beschwerde laufen hat.

  105. zu #114, Andreas:
    Ich erlebe immer wieder den selben Ablauf: Jemand stellt eine konkrete Diskriminierung fest. Dann erwidert jemand: Ach, die Schwulen stellen sich doch bei jedem schrägen Blick schon an, als ginge die Welt unter. Dann heißt es, dass ja andere Gruppen schließlich auch diskriminiert würden, und dass die sich ja auch immer so zimperlich anstellten. Am Ende wird nicht darüber geredet, wie man die genannte Diskriminierung beseitigen könnte, sondern darüber, dass man ja heute gar nichts mehr sagen darf, ohne als Nazi beschimpft zu werden.

    Es ist vermutlich nicht paranoid, wenn man hinter diesen Abläufen ein homofeindliches Grundbrummen in unserer Gesellschaft vermutet.

    Deshalb habe ich so empfindlich auf Ihren Beitrag reagiert und diese Absicht hineingelesen. Es tut mir leid, dass ich Ihnen damit etwas unterstellt habe, was Sie nicht meinten. Danke für die sachliche Klärung.

  106. Seltsam, dass Herr Niggemeier hier einen Schlenker zu den Neuen Deutschen Medienmachern macht, die recht wenig mit dem Thema der Homophobie zu tun haben. Aber so erhält er halt Gelegenheit, auch hier en passant gegen den Intimfeind Broder schiessen zu können.

    Oder vielleicht ist er ja auch ein Anhänger der Intersektionalitätstheorie, derzufolge alle Arten von Bigotterie miteinander zusammenhängen? (Mit Ausnahme des Antisemitismus, natürlich.)

    A propos – wo endet eigentlich bei Antisemiten die „Komfortzone“? Vermutlich da, wo Juden sich dem jüdischen Staat allzu verbunden fühlen und es partout nicht lassen wollen, ihn gegen „berechtigte Kritik“ in Schutz zu nehmen. Vielleicht wäre ein Ausflug aus dieser Komfortzone heraus für Herrn Niggemeier auch mal empfehlenswert

  107. @ Thomas, # 118:

    Glückwunsch. Es ist Ihnen gelungen, einen Bogen von Broder über die Intersektionalitätstheorie zu Israel zu schlagen, ohne auch nur eine einzige inhaltliche Aussage zu treffen.

  108. @61/JUB 68

    Der persönliche Bereich hört in solchen Belangen genau da auf, wo er immer aufhört. In den „eigenen vier Wänden“ kann man mehr oder weniger beherbergen oder interagieren mit wem man will, ansonsten hat man sich an rechtliche Bestimmungen und die Hausordnung zu halten.

    Wer keine anderen Menschen, die nichts verbotenes tun, nicht (immer) aushalten kann soll sich halt nicht dort aufhalten, wo damit zu rechnen ist. Ich kann mich übrigens nicht entsinnen jemals wegen schwuler Paare meinen Platz gewechselt oder mich sonstwie an ihnen gestört zu haben. Wegen grölender Fußballfans, kollektiv kreischender Großfamilien oder Chartslärm aus den Smartphones absondernden Proleten hingegen schon. Alles „normal“, kann ich aber nicht ertragen, geh ich halt.

  109. @120
    Meine Fragen in #61 waren rhetorische Fragen, auf die ich eigentliche keine Antwort erwarte, sie stellten den Versuch dar, auf die Frage in #59 zu antworten.
    Sollten Sie hierbei in irgendeiner Form den Eindruck gewonnen haben, ich würde mich an homosexuellen Leuten in meiner Umgebung stören, darf ich Ihnen versichern, dass dem nicht so ist.

  110. @114 Andreas
    Ich weiß nicht, ob Sie schon mal Gelegenheit hatten, persönlichen Erfahrungen von Homosexuellen zuzuhören.
    Falls nicht, schauen Sie mal auf Nummer 38 und vor allem auf Nummer 44. Freiheit ist anders, oder?
    Nummer 52: Was ihn im Zusammenhang mit Erlebnissen aufgrund seiner sexuellen Orientierung beschäftigt, wollen nicht mal seine Freunde hören. Wer denn dann?
    Ich kann es Leuten mit derartigen Erfahrungen nicht verdenken, dass Sie eine schmale Grenze zwischen Erstaunen, Unbehagen (dass nicht zwingend böse gemeint ist) und direkter Ablehnung nicht immer erkennen können.
    Interessanterweise (aber meine persönliche Erfahrungen sind sicher nicht repräsentativ) habe ich immer wieder das Gefühl, dass sie mehr Mühe investieren, diese Grenze zu ziehen als andere sich bemühen, Ihnen gegenüber etwas Empathie aufzubringen.
    Deswegen gestalten sich derartige Diskussionen zuweilen schwierig.

  111. Schmidt begreift die eigene Kampagne nicht.
    Die Leute auf den ARD-Bildern sehen stinknormal aus, und genau dies sollen sie doch auch transportieren: nette, normale Menschen in alltäglichen normalen Situationen. (Witzig finde ich, dass der Schwarze etwas dem linken Schwulen, der Rollifahrer etwas dem rechten Schwulen ähnelt, das „normalisiert“ zusätzlich.).

    Dass die Schwulen-Darsteller alltägliche Zärtlichkeit zeigen statt wilder Knutscherei (wäre genau das nicht eine unzulässige Reduktion aufs Sexuelle?), die ich auch als Hetero bei anderen Heteros ungern demonstrativ aufs Auge gedrückt bekomme – all das bringt mich doch eher in eine gemütliche Komfortzone, als mich aus solcher herauszureißen: 5 normale Leute, die ich gern als Nachbarn hätte (das schreiende Kind nun vielleicht nicht unmittelbar nebenan …). Die Auswahlfragen beantworten sich dann auch von selbst.

    Hingegen würde der Rassist, Homophobiker, Kinder- oder Behindertenfeind gerade durch schrille provozierende Bilder (analog zu einem leidenschaftlich küssenden Schwulenpaar ließe sich ja auch bei den anderen was finden) erst in die Komfortzone der sich erfüllenden Vorurteile gebracht: „Da seht ihr doch selbst, wie unnormal, schamlos, kulturfremd, etc. die da sind …“, könnte er dann sagen, sich gemütlich zurücklehnend, „… und da fragt ihr noch?“

  112. @122:

    Ich kann es Leuten mit derartigen Erfahrungen nicht verdenken, dass Sie eine schmale Grenze zwischen Erstaunen, Unbehagen (dass nicht zwingend böse gemeint ist) und direkter Ablehnung nicht immer erkennen können.

    Nachvollziehbar.

    Interessanterweise (aber meine persönliche Erfahrungen sind sicher nicht repräsentativ) habe ich immer wieder das Gefühl, dass sie mehr Mühe investieren, diese Grenze zu ziehen als andere sich bemühen, Ihnen gegenüber etwas Empathie aufzubringen.

    Wenn ich die von Ihnen erwähnten Posts anschaue, sehe ich jetzt nicht nur Empathielosigkeit. Die Frage ist doch, wie „die Gesellschaft“ – von konkreten Personen wird dort ja nicht gesprochen – das in #38 und #44 erwähnte „Gefühl des Andersseins“ irgendwie abmildern oder gar eliminieren kann? Was könnte ich als Einzelner ganz konkret tun?

    Und dann noch mal ganz konkret auf #38 und die dort erwähnte Öffentlichkeit der Institution Ehe eingehend: ich hatte dieses Jahr das Glück zu erleben, wie mein Bruder und sein Freund im Frühsommer erst die Lebenspartnerschaft eingingen und dann im Herbst noch eine, sagen wir mal, „kirchlich geprägte Segnungsfeier“ feierten. Ich merkte wie wichtig es den beiden war, dass sie auch vor der Öffentlichkeit ihre Liebe demonstrierten (im besten Wortsinn).
    Wo ist da der Unterschied? Ist es der Begriff „Ehe“ gegenüber „Lebenspartnerschaft“?

  113. @121:

    Meine Fragen in #61 waren rhetorische Fragen, auf die ich eigentliche keine Antwort erwarte, sie stellten den Versuch dar, auf die Frage in #59 zu antworten.

    Als derjenige, auf den Sie antworten, darf ich vielleicht noch sagen, dass ich nicht ganz verstanden habe, warum Sie in #61 mich direkt ansprachen.

    Beim ersten Lesen kam ich mir ein bisschen wie in der Situation vor, gefragt worden zu sein, ob ich „immer noch“ meine Frau schlage – und jede Antwort daher falsch ist… :-)

  114. @124 und 125 Andreas
    „kann ich nur sagen, dass es zunächst mal das Recht(!) jedes Menschen ist, seinen persönlichen Bereich so zu gestalten, dass er mit Dingen, Geschehnissen, Ansichten, die nicht in sein Weltbild passen, die ihm nicht gefallen, mit denen er sich nicht beschäftigen möchte, nicht konfrontiert wird. Warum Herr Niggemeier das „fürchtet“, ist mir nicht klar.“

    Auf diese Einschätzung zur Gestaltung des persönlichen Bereichs und das Recht drauf habe ich mich bezogen. Außerhalb der vier Wände ist eine Vielzahl von Orten denkbar, die man als persönlichen Bereich empfindet, den man sich dennoch mit anderen teilen muss. Die Fragen sollten darüber zum Nachdenken anregen. Ansonsten begrüße ich es natürlich, dass Sie Ihre Frau nicht mehr schlagen. :-)

    Gute Frage
    „Was könnte ich als Einzelner ganz konkret tun?“
    Die Frage passt auf viele andere Sachen immer wieder gut
    Die Antwort ist ebenso universell.
    Im eigenen Aktionsradius, im Rahmen der eigenen „Flügelspannweite“ muss man sich reinhängen.
    Wenn Sie dafür sorgen, dass sich Leute (egal ob homosexuell oder schwarz oder Oglalla oder stinknormal) in Ihrem Umfeld akzeptiert fühlen, tun sie als Einzelner schon was.
    Und wenn Sie im Rahmen Ihres Umfeldes Verhaltensweisen erleben, die diskriminierend sind, dann sprechen sie das deutlich an.Damit würden Sie als einzelner schon eine Menge leisten.
    Und bevor Sie das fragen: In Ihrem Umfeld entscheiden Sie selbst nach Ihren Erfahrungen, was Sie für diskriminierend halten.
    Gute Nacht

  115. @124 und 125 Andreas

    „kann ich nur sagen, dass es zunächst mal das Recht(!) jedes Menschen ist, seinen persönlichen Bereich so zu gestalten, dass er mit Dingen, Geschehnissen, Ansichten, die nicht in sein Weltbild passen, die ihm nicht gefallen, mit denen er sich nicht beschäftigen möchte, nicht konfrontiert wird. Warum Herr Niggemeier das „fürchtet“, ist mir nicht klar.“

    Auf diese Einschätzung zur Gestaltung des persönlichen Bereichs und das Recht drauf habe ich mich bezogen. Außerhalb der vier Wände ist eine Vielzahl von Orten denkbar, die man als persönlichen Bereich empfindet, den man sich dennoch mit anderen teilen muss. Die Fragen sollten darüber zum Nachdenken anregen. Ansonsten begrüße ich es natürlich, dass Sie Ihre Frau nicht mehr schlagen. :-)

    Gute Frage
    „Was könnte ich als Einzelner ganz konkret tun?“
    Die Frage passt auf viele andere Sachen immer wieder gut
    Die Antwort ist ebenso universell.
    Im eigenen Aktionsradius, im Rahmen der eigenen „Flügelspannweite“ muss man sich reinhängen.
    Wenn Sie dafür sorgen, dass sich Leute (egal ob homosexuell oder schwarz oder Oglalla oder stinknormal) in Ihrem Umfeld akzeptiert fühlen, tun sie als Einzelner schon was.
    Und wenn Sie im Rahmen Ihres Umfeldes Verhaltensweisen erleben, die diskriminierend sind, dann sprechen sie das deutlich an.Damit würden Sie als einzelner schon eine Menge leisten.
    Und bevor Sie das fragen: In Ihrem Umfeld entscheiden Sie selbst nach Ihren Erfahrungen, was Sie für diskriminierend halten.
    Gute Nacht

  116. Ich finde die Diskussion hier sehr interessant und auch erstaunlich unaufgeregt.
    Ich würde gerne nochmal auf die von jacket aufgeworfene Frage des eigenen Friedhofs zurück kommen. Auch wenn mir persönlich das nämlich herzlich egal ist, glaube ich auch dass das die falschen Leute bestärkt. Nämlich die, die immer behaupten dass jetzt neuerdings Mehrheiten unterdrückt bzw. Minderheiten „gehypt“ werden. (ähnliches trifft z. B. auch auf Quoten aller Art zu). Nun ist es nicht unbedingt schlimm, diese Leute aus ihrer „komfortzone“ zu holen, aber ich frage mich ob man damit der Toleranz, oder der Intoleranz Vorschub leistet. Ich habe nämlich eher das Gefühl, dass solche Sachen die Fronten eher verhärten. Glaubt ihr trotzdem dass so etwas nötig ist? Oder wie wäre es z. B. meinetwegen mit einem Friedhof „hauptsächlich“ für homosexuelle, der aber nicht komplett für „heterosexuelle“ gesperrt ist? (ähnlich zu einem Club für homosexuelle, der ja auch grundsätzlich allen anderen offen steht). Wäre das nicht ein schöneres Zeichen für mehr Toleranz anstatt sich selber auszugrenzen?

  117. „Andererseits beschreibt der Begriff der Komfortzone, fürchte ich, auch sehr gut den Bereich, in den sich viele Menschen in ihrem Verhältnis Minderheiten gegenüber zurückgezogen haben. Sie sind bereit, das, was außerhalb passiert, zu ertragen, solange sie davon in ihrem Bereich nicht behelligt werden.“

    Bei diesem Absatz habe ich mich gefragt, was Sie eigentlich unter Toleranz verstehen. Schließlich ist es nur ein anderes Wort für Duldung – oder anders ausgedrückt: Die Aufforderung zur Toleranz ist Gleichbedeutend mit der Aufforderung sich in die hier beschrieben Komfortzone zurückzuziehen.

    Mir scheint Sie meinen Akzeptanz oder gar Respekt, wenn Sie von Toleranz sprechen, aber für Formen der Anerkennung des Fremden gibt es in dieser Gesellschaft doch gar keine öffentliche Diskussion. Soweit simma hi noch lange nicht. Das absehbar Höchste der Gefühle ist doch, das man „die Anderen“ nicht sanktioniert (abgesehn von Hartz 4 Empfängern – auf Verleieren darf man rumtreten) und ich fürchte, dass jene die sich zurückgezogen haben in die Toleranz-Komfort Zone diese mit Fackeln und Forken wieder verlassen, wenn man von Ihnen Akzeptanz oder gar Respekt verlangt…:-(

  118. Stefan, ganz besonderen Dank hierfür:

    Müssen wir aus unserer Komfortzone heraus und uns damit konfrontieren lassen, dass es immer noch eine beträchtliche Zahl von Menschen gibt, die tatsächlich vom Anblick zweier schwuler Männer abgestoßen sind? Ist das die Provokation, die die Werbemotive der ARD-Themenwoche „Toleranz“ darstellen wollten? Die Konfrontation der Lesben, Schwulen, Behinderten, Einwanderer mit der harten Realität, dass es mit der behaupteten Toleranz und Akzeptanz im Alltag gar nicht so weit her ist?

    – Aber das wissen wir doch. Das erleben wir doch jeden Tag. Da gibt es immer noch viel zu wenige Komfortzonen, das ist doch das Problem.

    Ich wollte eigtl. schon seit Tagen genau dazu was schreiben, aber ich hatte nicht die Nerven, mich NOCH EINMAL mit dieser IDIOTISCHEN AUSSAGE zu beschäftigen. Andauernd labern privilegierte Leute davon, dass sie doch nur mal provozieren wollten. Ja, nee, ist klar. Arschlöcher.

  119. Ja, Herr Niggemeier, zunächst möchte ich ganz herzlich danke sagen, für diesen hellsichtigen, intelligent geschriebenen Artikel. Das wäre sicherlich schön gewesen, Sie bei dieser Rede live und vor Ort zu hören.

    Am besten finde ich den Artikel dort, wo Sie beschreiben, was wahrscheinlich in denen vorgeht, die sich überfordert fühlen von der vermeintlichen öffentlichen Omnipräsenz der Homosexuellen. Allerdings finde ich das von Ihnen ganz oben gezeigte Plakat noch aus ganz anderen Gründen skandalös.

    Zunächst einmal könnte man sich fragen, warum es gerade homosexuelle Liebesbekundungen (in der Öffentlichkeit) sind, die die fundamentalen Begriffe „normal“ und „nicht normal“ als Interpretationsmöglichkeiten in den Untertitel geschrieben bekommen. Welche Begriffe beschreiben besser das, was wir wie selbstverständlich ablehnen und wie selbstverständlich annehmen? Dabei könnte eine Geschlechterrolle abseits eines tradierten Musters (nicht vertreten im Plakat), Herkunft oder Behinderung auch wunderbar untertitelt werden mit den Hauptschlagwörtern der Abgrenzung zwischen „wir“ und „die“. Es lässt sich also mit Berechtigung fragen, was die Verantworlichen Autoren und Produzenten dazu gebracht hat, gerade sexuelle Orientierung mit „normal“ und „nicht normal“ zu untertiteln. Ist bei der ARD Homosexualität der Prototyp für Andersartigkeit?

    Aber während sich bei „normal“ und „nicht normal“ die Dichotomie noch von selbst ergibt, da sich die Begriffspaare gegenseitig ausschließen, ist sie bei den anderen Paaren garnicht mehr klar und geradezu pervers. Mit „Vorbehalte bebildern“ sind Sie wahrscheinlich schon sehr nah dran an dem Mechanismus, der da tatsächlich in den Köpfen der Macher und Rezipienten abläuft. Nur wird es richtig gefährlich, wenn man sich angsichts eines Behinderten den Gegenbegriff zu „Freund“ überlegt.

    Richtig heimlich kommt die Keule daher im Bild ganz links, da „Bereicherung“ oder „Belastung“ erst einmal ganz simpel nach kultureller Bereicherung versus finanzieller oder sozialer Belastung klingt. Man kennt den Streit auswendig: „Boot voll“ und „belebende Vielfalt“ sind die Begriffe, an die man denken soll. Aber was ist das für eine perverse Sichtweise, die keine Abstufung kennt und einen Migranten, Ausländer, Asylberwerber – sobald er keine eindeutige Bereicherung ist (in welcher Hinsicht auch immer) sofort als Belastung begreift?

    Und dann noch dieses entsetzlich dumme Bild mit dem Kind. Als ob Behinderung, Herkunft und sexuelle Orientierung an Brisanz auch nur irgendetwas gemein hätten mit dieser alte-genervte-Leute-Nörgelei von den Blagen, den Göhren, die nie den Rand halten können und immer stressen in der Bahn, im Restaurant, auf der Straße. Die anderen drei Bilder (die problematisch genug untertitelt sind) werden praktisch nochmal zusätzlich entwertet, wenn sie gleichgesetzt werden mit der ewigen, jahrtausende alten Beschwerde von den zu lauten Kindern.

  120. #107 (Andreas) Es ist ein Nebenschauplatz, aber Frau Simon hat durchaus das Argument „Berliner Zeitung oder Bild“ gebraucht.

    Abgesehen davon, die Frage ist doch eine andere – macht sie ihre Arbeit gut. Der Rest interessiert mich überhaupt nicht. Genauso wie ich vor einigen Zeiten lieber einen kompetenten Außenminister anstelle eines schwulen Außenministers gehabt hätte. Oder einen kompetenten Berliner Bürgermeister. Da entwickelt sich bei mir keine Solidarität, nur weil die Kerle im Bett haben.

    Und wenn ich aus meinen Erfahrungen, die bis in die 80-er Jahre zurückreichen, berichten kann: einmal das Thema erwähnt, bevor man bei den klassischen Fragen nach Familie, Kinder etc. immer wieder rumeiert – dann war das Thema vom Tisch und es interessierte nur noch, ob ich halbwegs meine Arbeit hinkriege, ob ich ein halbwegs guter Volleyballspieler bin etc. Habe nie verstanden, warum man sich eine schwule Parallel-Welt aufbauen muß.

    Und da rede ich nicht nur von den großen Städten, sondern auch von Kleinstädten in Meck-Pomm und Sachsen. Dorf ist nochmal was anderes.

    PS: Es gibt, bei dem Namen nicht unwahrscheinlich, noch einen anderen Thomas hier. #118 stammt nicht von mir

  121. @103:
    Er tat es unter dem Druck, das es öffentlich werden wird, aber im Gegensatz zu Frau Will hat er selbst gehandelt und nicht unter der latenten Drohung von Frau SImon, die Bild würde es sowieso bringen.

    Bis auf die explizite Erwähnung, dass es im „Fall Will“ die BILD war, die drohte, die sexuelle Orientierung zu veröffentlichen, kann ich da keinen großen Unterschied sehen. Wer sagt denn, dass Wowereit nicht auch jemand „überredet“ hat?
    ————————————————-
    Der Unterschied: Wowereit hat es direkt gesagt, den Medien damit den Enthüllungsspielraum genommen und damit war für ihn das Thema vom Tisch. Danach hat er sich, mehr schlecht als recht, seinen eigentlichen Aufgaben gewidmet.

    Dieses unspektakuläre Herangehen bewirkt meiner Meinung nach mehr Akzeptanz als jedem immer wieder seine sexuelle Orientierung, Behinderung, Benachteiligung etc. aufdrücken zu wollen – irgendwann sind die Leute von solch massiven Akzeptanz-Bekehrertum genervt.

  122. @127:

    Und bevor Sie das fragen: In Ihrem Umfeld entscheiden Sie selbst nach Ihren Erfahrungen, was Sie für diskriminierend halten.

    Meine Frage bezog sich aber auch auf das als einschneidend geäußerte ‚Gefühl des Andersseins‘.

    Wird sich das aus Sicht der „Betroffenen“ irgendwann ändern? Soll es das überhaupt?

  123. Ich arbeite u.a. in der Gastronomie regelmäßig mit Schwulen zusammen. Das mal vorweg.

    Würden die mir zu jedem Dienstbeginn mitteilen, ich solle tolerant sein, oder würden sie mir regelmäßig mitteilen, dass sie schwul seien, würde ich ihnen über Kurz oder Lang einen Satz heiße Ohren verpassen.

    Und das nicht, weil ich intolerant bin oder etwas gegen Schwule hätte, sondern weil es nur noch nervt, nervt, nervt.

    Ihr könnt doch alle so schwul sein, wie ihr wollt… menschenskinder… aber geht doch euren Mitmenschen nicht permanent auf den Zeiger mit dieser Unerheblichkeit.

  124. Würden die mir zu jedem Dienstbeginn mitteilen, ich solle tolerant sein, oder würden sie mir regelmäßig mitteilen, dass sie schwul seien, würde ich ihnen über Kurz oder Lang einen Satz heiße Ohren verpassen.

    Hä? Also erzählt dir niemand andauernd, dass er/sie homosexuell ist, oder wie? Warum machst du dann so dicke Backen?

  125. Ich versteh’s auch nicht.
    Er/sie hat schwule Kollegen, die nicht regelmäßig sagen, dass sie schwul sind, aber es ist dann offenbar doch nötig, nochmal explizit festzustellen. dass es nerven würde, wenn sie es täten. Warum auch immer sie es tun sollten. Aber sie tun’s ja nicht. Gottseidank.
    Er/sie hat nichts gegen Schwule, solange sie nicht schwul sind und solange „es“ (was?) nicht „nervt, nervt, nervt“.
    Er/sie hält Schwulsein für eine Unerheblichkeit, aber offenbar nicht für unerheblich genug, um sich davon nicht belästigt zu fühlen.

    Ich versteh’s wirklich nicht.

  126. Geh ich mit meinem obigen Beitrag zur Arbeit und setze ihn dort ab?

    Nee… ich schreibe ihn unter den Beitrag von SN.

    Worauf beziehe ich mich also?

    *meinefresse…*

  127. @25, HalloWelt: Das ist mir auch sofort ins Auge gesprungen. Ich hatte auch gedacht, dass es genau um diesen Umstand geht. Erst danach habe ich den Text gelesen. Aus Überschrift und Anriss konnte man ja nicht erkennen, um was es überhaupt geht.
    Die Aussage kommt eindeutig Homophob daher. Das „oder“ in den Texten interpretiert man doch eindeutig als ein „oder ist es nicht auch so, dass“. Die oberen Beschreibungen werden durch die unteren infrage gestellt. Oben steht immer das gängige Vorurteil und unten die Alternative dazu.
    Somit steht auf dem Plakat: „Ist Homosexualität normal? Oder ist es nicht doch eher nicht abnormal“.

  128. @138 und 140
    Dort wo er arbeitet, ist es selbstverständlich, dass Schwule und Hetereos Schulter an Schulter Ihren Job machen, ohne dass es notwendig ist die sexuelle Orientierung des Einzelnen in irgendeiner Form zur Kenntnis zu nehmen.
    Entscheidend ist, dass gefüllte Teller und Gläser in kürzester Zeit vor dem Gast stehen. Alles andere spielt während der Arbeit keine Rolle. In einem stressigen Arbeitsumfeld wirkt es dann befremdlich, wenn ohne Not sexuelle Orientierungen angesprochen werden. Die Zeit für tiefgründigere Gespräche über die Befindlichkeit des Einzelnen ist nicht vorhanden.
    Das funktioniert in seiner Welt, mithin funktioniert es in der ganzen Welt.
    Sie möchten also bitte nicht mit Ihrer Befindlichkeit nerven, denn die ist völlig unerheblich. Statt derartige Reden zu halten und zu veröffentlichen, sollten Sie dafür sorgen, dass die Gäste ihr nächstes Bier kriegen.
    (Übertragen auf Ihre Tätigkeit: Einen Beitrag schreiben, den moehre gut findet oder der ihn wenigstens nicht nervt.)

  129. @ JUB 68

    Vollkommen richtig. Wobei sich dieser Umgang miteinander nicht nur auf mein Arbeitsleben beschränkt.

    Und ich denke, dass es nicht nur mich betrifft, dass dieses Gejammer und dieses sich Beschweren müssen nur noch nervt, weil es eben zu viel wird.

    @ SN
    Toleranz… Toleranz… Meingott… knutscht euch doch auf der Straße oder macht sonstwas, aber schreibt doch euren Mitmenschen bitteschön nicht vor (wie in diesem Fall), wie sie ihre Kampagne illustrieren.

    Jeder Depp erkennt auf dem Bild, dass die beiden Männer eben schwul sind. Na und?! Das reicht doch. Wieso müssen die sich auf diesem Bild unbedingt küssen? Was ändert das an der Bildaussage?

    Man kann es nämlich im Grunde auch übertreiben mit der Kritik.

  130. Ich bin nicht schwul, schwarz, Kind oder behindert, deswegen kann ich die „Betroffenheit der Betroffenen“ nur von außen versuchen nachzuvollziehen.
    Was mich aber manchmal gehörig nervt ist die Tatsache, dass ich mich mit den Problemen anderer auseinandersetzen muss. Keine der Eigenschaften (schwul, schwarz, Kind oder behindert) sind an sich ein Problem, aber sie verursachen in unserer Gesellschaft Schwierigkeiten. Soweit sind wir uns, glaube ich, alle einig. Ich verstehe aber nicht, warum man sich in Kleinkram verzettelt, anstatt das Problem an sich anzugehen: Minderheiten, egal welcher Art, sind nicht zu diskriminieren! Ich will keine Schwulen- oder Ausländerwitze hören, und Kinder und Behinderten muss entsprechend ihrer Bedürfnisse geholfen werden bzw. es braucht Rahmenbedingungen, die ein möglichst problemloses Zusammenleben ermöglichen. Jedem Menschen stehen die gleichen Rechte (und Pflichten) zu.
    Anscheinend sehen erschreckend viele Menschen das Thema Toleranz mit einem gewissen Abstand. Das gilt es zu ändern (keine Toleranz der Intoleranz…), damit jeder Mensch in seinen Rechten und als einzigartiges Lebewesen respektiert wird. Die ARD hat dazu sicherlich einen Beitrag leisten wollen. Das könnte man auch mal würdigen, anstatt mit kleinlicher Kritik das Wesentliche kaputtzureden. Wir müssen schauen, dass wir eine gute Balance zwischen individuellen Rechten und der Akzeptanz anderer hinbekommen, um eine friedliche und möglichst glückliche Gesellschaft zu erhalten.
    Das war es dann aber auch. Ich möchte nicht mit persönlichen Problemen Schwuler / Lesbischer / wasweißichnoch behelligt werden, genau wie mich auch nicht die Erektions- oder Persönlichkeitsstörung meines Nachbarn interessiert. Sexualität und auch die eigene Identitätsfindung anderer geht mich nichts an. Das ist Sache von deren Partnern, Freunden und Verwandtschaft oder im schlimmsten Fall deren Psychologen.
    Es wird aber verlangt, dass ich mich nicht nur tolerant zu verhalten habe, sondern mich auch übermäßig nach den Empfindlichkeiten von Minderheiten oder möglicherweise Benachteiligten zu richten habe, zum Beispiel sprachlich: Das Wort „Ausländer“ ist fast schon diskrimierend, stattdessen „Mitmensch mit Migrationshintergrund“ oder ganz neu „Mehrländer“. Bei Berufs- und anderen Bezeichnungen muss ich immer weibliche und männliche Form aufsagen, obwohl das grammatisch nicht notwendig wäre – „Schüler und Studenten“ beinhaltet grammatisch sowohl weibliche als auch männliche Personen. Inzwischen verkrampft mann sich dann in Konstruktionen wie „StudierendenCard“ statt Studentenausweis. Demnächst kommt sicher auch „Beschulte“ statt Schüler. Immer schön unpersönlich, abstrakt und nichtssagend, damit sich nur niemand diskriminiert fühlt.
    Oder das Beispiel Conchita Wurst: Ich finde es einfach hässlich, wie er / sie / es sich präsentiert. Das ist mein ganz persönlicher Geschmack, den ich normalerweise nicht herausposaunen würde. Selbstverständlich hat Conchita jedes Recht dieser Welt so auszusehen wie es beliebt. Ich habe aber auch mein Recht auf eine persönliche Meinung, ohne dass ich Lust habe zu betonen, dass ich selbstverständlich nichts gegen Homo- oder Transsexuelle habe.
    Oder das Beispiel Ausländer: Die große Mehrheit verhält sich hier anständig, angemessen, ist eine Bereicherung und wir (ja, wir „biodeutsche Mehrheitsgesellschaft“) profitieren sogar noch wirtschaftlich davon. Deshalb will ich aber trotzdem sagen können, dass mir ein türkischer Shisha rauchender schwuler Nachbar auf den Sack geht mit seiner lauten Musik, ohne dass ich mich rechtfertigen oder sprachlich verschwurbeln muss, ich hätte nichts gegen „transsexuelle Menschen mit Migrationshintergrund“, am besten mit dem Zusatz „einige meiner besten Freunde sind welche“.

  131. Wenn wir den Begriff Toleranz als heikel bezeichnen, sollten wir uns vielleicht nicht über anstrengende und überfordernde Diskussionen wundern.

    Und schon ziehe ich mich wieder in meine Komfortzone zurück.

  132. @olli/145:
    Ich fasse zusammen: Toleranz, Respekt, keine Diskriminierung – alles super, solange es nichts kostet, vor allem keine Anstrengung.

    Was den Nachbarn angeht, ist mir nicht ganz klar, was es zur Sache tut, dass er schwul und Türke ist. Dass die Shisha stinkt, darf man sagen. Dass er zu laut Musik hört, darf man sagen. Am besten übrigens ihm selbst, verbunden mit der Bitte, öfter mal durchzulüften bzw. die Musik leiserzudrehen.

  133. @145, olli: Wenn du schreibst, dass du keine behinderten- oder schwulenwitze hören willst, bedeutet das ja leider noch nicht, dass du keine zu hören bekommst. ich denke, es ist eminent wichtig, einen Einblick in die probleme von randgruppen zu bekommen, insofern sie einem nicht bereits bekannt sind. du bist sehr widersprüchlich in deinen ausführungen und vielleicht macht es sinn, wenn du deinen kommentar selbst noch einmal durchliest. einerseits schreibst du von dem ziel einer guten balance zwischen individuellen rechten und der akzeptanz anderer, auf der anderen seite lässt du durchblicken, dass du du dich nicht übermäßig nach den empfindlichkeiten von minderheiten oder möglicherweise benachteiligten richten willst. die folge wäre wohl, dass du minderheiten oder randgruppen als solche akzeptierst, aber auch kein interesse hast, dass aus ihnen etwas anderes wird.

  134. Eine gute, anregende Rede, Herr Niggemeier! (Das Video hätte glatt das Zeug, als vorweihnachtliche evangelische Predigt durchzugehen, so mit der dunklen Kleidung und all den Kerzen.)
    Ebenso schließe ich mich Ichbinich in #128 an, die Diskussion hier ist tatsächlich weitestgehend sehr interessant und erstaunlich unaufgeregt. Auch die hier irgendwo verlinkten Seiten von zaunfink und Alexander v. Beyme haben mir gut gefallen.

    Ich hatte beim ersten Lesen der Rede etwas Probleme mit dem Einstieg, etwa nachzuvollziehen, worauf Sie hinaus wollen. Das könnte damit zu tun haben, dass ich die Kritik an der ARD-Themenwoche in weiten Teilen überzogen finde. Ein Tiefpunkt ist da sicherlich Fronis Kommentar in #19, zweiter Absatz, auf den – vielleicht aus Rücksicht auf eine „Betroffene“ – hier niemand eingegangen ist. Aber auch bei Kommentaren wie denen von christian, #131 („skandalös“), HalloWelt, #25 oder Klaus, #141 („Die Aussage kommt eindeutig Homophob daher.“) frage ich mich, ob hier nicht einige ziemlich übers Ziel hinausschießen und sich mit der ARD und ihrer Themenwoche nicht den völlig falschen Feind suchen. Da wird nicht anerkannt, dass die ARD eine solche Themenwoche überhaupt veranstaltet und sich offensichtlich bemüht – mit mehr oder weniger Erfolg – heiklen gesellschaftlichen Themen gerecht zu werden, sondern an absoluten Kleinigkeiten herumgekrittelt (ich meine damit ausdrücklich nicht die hr-Zeile, mit dem sinngemäßen „Sind die sich überhaupt im Klaren, was sie einem Normalbürger abverlangen?“). Da hängt man sich an den gewählten Plakatmotiven auf, den gewählten Begriffen und ihrer Reihenfolge, am Begriff „Toleranz“, an den Begriffen „wir“, „normal“, „Bereicherung“ und was man nicht alles noch hätte viel besser machen können. Der sarkastische Kommentar von Claus, #20 bringt das (leider) ganz gut auf den Punkt.
    Eine ähnliche Sorge schien mir auch Sebastian mit seinem Post in #80 zum Ausdruck bringen zu wollen. Wer eigentlich guten Willens ist, tolerant (ich nehme das mal als positiven Begriff) und aufgeschlossen zu sein, bekommt nicht gerne ständig und primär um die Ohren gehauen, was er denn immer noch als völlig falsch mache. Auch Meinhard Schmidt-Degenhard hat sich m. E. in der Diskussion im Anschluss an die HR-Sendung mit Matussek ganz gut geschlagen, ebenso wie HR-Redakteur Fischer hier.
    Mir scheint, „über dem Diskurs liegt auch ein Gefühl von“: es sollte über bestehende Probleme geredet werden, aber gleichzeitig nervt es uns unendlich, dass immernoch über diese Probleme geredet werden muss.
    Und dann wird sich echauffiert, dass die ARD Begriffe wie (nicht) „normal“ überhaupt noch verwendet, dass Fragen wie die auf den Plakaten noch gestellt werden und dass Positionen wie die von Matussek auch in einer solchen Themenwoche überhaupt noch eine Rolle spielen. Anstatt notgedrungen anzuerkennen, dass das vermutlich nach wie vor die reale Verhältnisse und Gedanken in der Bevölkerung abbildet, wird sich auf die ARD eingeschossen, die sich nur nicht getraut habe, Männer beim wilden Zungenkuss abzubilden.
    Bei aller berechtigten Kritik im Einzelfall scheinen mir da die Gewichtungen nicht immer zu stimmen. Ich bin jedenfalls froh, dass die ARD und andere Organisationen hier erkennbar Bemühen zeigen und bezweifle, dass die zahlreichen Kritiker immer bessere Lösungen gefunden hätten. Irgendwer meckert halt immer.

  135. @147:

    Ich fasse zusammen: Toleranz, Respekt, keine Diskriminierung — alles super, solange es nichts kostet, vor allem keine Anstrengung.

    Das ist jetzt ein bisschen arg verkürzt dargestellt, oder? Und im Zusammenhang mit der Aussage

    In Ihrem Umfeld entscheiden Sie selbst nach Ihren Erfahrungen, was Sie für diskriminierend halten.

    kommen wir jetzt z.B. zu Problemen wie, dass ich persönlich z.B. die Nutzung des Wortes „Neger“ in Kinderbüchern oder „Zigeunerschnitzel“ auf Speisekarten nicht als diskriminierend empfinde. Das mögen Andere anders sehen – strenge ich mich dann weniger an gg. Diskriminierung vorzugehen?

    Und schon haben wir den nächsten Konflikt – zwischen einer, sagen wir mal gelasseneren Einstellung zum Thema „Diskriminierung“ und einer extremen, die überall und in fast jedem Wort Diskriminerung erblickt.

    Wie soll man das auflösen? Kann man das überhaupt?

    Am besten übrigens ihm selbst, verbunden mit der Bitte, öfter mal durchzulüften bzw. die Musik leiserzudrehen.

    Meine Rede.

    Blöd wird’s halt, wenn der Adressat dieser Bitte den Bittsteller deshalb als „homophoben Nazi“ beschimpft – weil er halt keine Lust hat, die Musik leiser zu drehen oder durchzulüften und auf Diskussion schon gar nicht.

    Oder – wie der ein oder andere Lehrer sicher bestätigen kann – manche Schüler mit MIgrationshintergrundoder bzw. dessen Eltern den Lehrer, der/die ihm gerade eine schlechte Note gegeben hat, als „Ausländerfeind“ tituliert.

    Alles ziemlich anstrengend.

  136. …und während ich meinen Kommentar getippt hab, sind hier #144 ff. erschienen. Da war ich wohl nicht der einzige, dem das eine oder andere sauer aufgestoßen ist (ohne dass ich diesen Kommentaren jetzt vollumfänglich zustimmen möchte).

  137. @148:

    einerseits schreibst du von dem ziel einer guten balance zwischen individuellen rechten und der akzeptanz anderer, auf der anderen seite lässt du durchblicken, dass du du dich nicht übermäßig nach den empfindlichkeiten von minderheiten oder möglicherweise benachteiligten richten willst. die folge wäre wohl, dass du minderheiten oder randgruppen als solche akzeptierst, aber auch kein interesse hast, dass aus ihnen etwas anderes wird

    Ich bin zwar nicht derjenige, auf den Sie antworten, aber mir scheint immer noch, dass bei der Diskussion zwei Ebenen vermischt werden.

    Ich kann einerseits versuchen, auf rechtlicher Ebene Diskriminierung zu beseitigen: also mich bspw. für die Beseitigung der hier schon angesprochenen arbeitsrechtlichen Diskriminierung von Schwulen & Lesben im kirchlichen Bereich (zumindest wenn staatlich finanziert) einsetzen.

    Andererseits werde ich mit dem Versuch scheitern, auf der Basis des Rechts den Menschen Vorurteile zu „verbieten“.

    In meinen Augen verlieren Randgruppen ihren Status als Randgruppen vornehmlich durch den ersten Ansatz. Aber was soll aus Minderheiten denn Anderes werden? Sollen oder wollen sie „irgendwie“ zur Mehrheit werden?

  138. @andreas, 153:

    wenn rechtliche grundlagen geschaffen werden, dann geschieht dies doch auch aus der gesellschaft heraus. da entscheiden menschen. um zu begreifen, dass sich etwas ändern muss, muss und sollte man sich halt erst einmal mit dem thema konfrontieren und vor diesem hintergrund finde ich es auch legitim, dass das thema halt in die öffentlichkeit getragen wird und man halt auch mal mit der lebensrealität eines transsexuellen menschen konfrontiert wird. es ist jetzt etwas off-topic, betrifft mich aber, anders als die dargestellten kampagneninhalte, ganz unmittelbar und darum erwähne ich es: als vegetarier, der friendlich und still vor sich hinlebt, lese ich immer und überall fleischesser, die darum bitten, doch bitte verschont zu werden von dem ganzen gerede rund um tierleid nach dem motto: „jeder sollte das tun, was er selbst für richtig hält“ oder auch „leben und leben lassen“ oder auch „persönliche freiheit“. ich sehe mich da nicht als großartigen missionar, aber ich kann es sehr gut verstehen, dass menschen, die sich ein paar schlachthoffilme angeschaut haben, anschließend auch missionieren gehen. ich finde das richtig. und ich finde es auch richtig, wenn man dann auch mal gezwungen ist bzw. gezwungen wird, sich mit themen oder dingen auseinanderzusetzen, die man bis dato vielleicht eher ausgeblendet hat.

  139. @Stefan Niggemeier: Da haben sie mich wohl doch falsch verstanden. Mich schockiert nichts von dem, was ich oben beschrieben habe, da dies alles zu meiner Lebensrealität gehört, aber die Blicke der anderen, wenn ein erwachsener Mensch in der Öffentlichkeit gefüttert wird und dabei schmatzt und spuckt sind garantiert entwürdigender als die Blicke, die ein homosexuelles, küssendes Pärchen erhält! Trauen sie sich das mal auf einem Dorffest!
    Ja, ich habe schwule und lesbische Paare in meinem persönlichen Umfeld, aber weder diese, noch heterosexuelle Paare knutschen intensiv in der Öffentlichkeit. Es sind halt einfach nur Paare, immer noch verliebt und zusammen, frisch verheiratet, etc. Aber keiner käme auf die Idee sich knutschend, schmusemd und grabschend in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
    Wenn dies ihre Art ist, bitteschön, auch das schockiert MICH nicht, allenfalls würde ich mich nur klassisch fragen, ob sie kein zuhause haben, egal welchen Geschlechts ihr Partner ist.
    Das Bild zeigt Zuneigung und Partnerschaft, wenn sie sich explizit sexuelle Darstellungen wünschen können sie ja für die nächste Tolleranzaktion einen Privatsender gewinnen, der dann Bilder von Autobahnraststättentreffpunkten verwendet, entspricht das mehr IHREM realen Schwulenbild?

  140. @154:

    wenn rechtliche grundlagen geschaffen werden, dann geschieht dies doch auch aus der gesellschaft heraus.

    Für mich persönlich geschieht das aus der ganz fundamentalen Sicht der Gleichheit der Menschen vor dem Recht/dem Gesetz. Und ich stelle fest, dass es in allen Bereichen Menschen gibt, die diese Gleichheit aus den verschiedensten Gründen ablehnen.
    Ich will ganz bestimmt jetzt nicht das große Faß zum Thema „Quote“ aufmachen, aber in meinen Augen macht es keinen großen Unterschied, ob jemand einem homosexuellen Paar per Gesetz die Lebenspartnerschaft verweigert oder ob jemand einem Unternehmer eine Quote (welcher Art auch immer) vorschreibt.

    Zum Thema „Vegetarier“: ich kenne selbst nur nicht-missionierende Vegetarier. Der „gemeine CurryWurst-Esser“ darf auch gerne sagen, dass er (z.B. von der ARD) nicht missioniert werden möchte. Ich habe auch Verständnis dafür, dass er aus seiner Sicht genervt ist, wenn er mit seinen Gebühren die Missionierung auch noch bezahlen muss.

  141. @ 156, Andreas: Was das „Missionieren“ betrifft:

    „Natürlich gibt es Menschen die aktiv und direkt für den Veganismus eintreten. Aber als Missionieren bezeichnet man das Verbreiten des christlichen Glaubens. Und auch wenn man natürlich versucht, mit diesem Begriff den Veganismus als eine Religion abzustempeln, ist der Veganismus an sich zunächst nur eine ethische Überzeugung. Der reine Versuch, jemanden von einer Philosophie zu überzeugen ist noch kein Missionieren. Es geht darum einen Standpunkt zu vertreten, aufzuklären und Wissen zu teilen.“

    (Zitat von „Der Artgenosse“)
    https://www.youtube.com/watch?v=DMgeHWbLvF4&list=UU1LTWhnte4f7XrkLQvkdRug

    Der „gemeine CurryWurst-Esser“ bezahlt mit seinen Gebühren Information, wenn die ARD mal darüber spricht, ob Tiere essen toll ist. Er bezahlt wohl eher fürs Missionieren, wenn sonntags „das Wort zum Sonntag“ ausgestrahlt wird.

  142. @157: Den Begriff „Missionieren“ hat mein Vorredner in die Debatte eingeführt.

    Aber als Missionieren bezeichnet man das Verbreiten des christlichen Glaubens. Und auch wenn man natürlich versucht, mit diesem Begriff den Veganismus als eine Religion abzustempeln, ist der Veganismus an sich zunächst nur eine ethische Überzeugung.

    Zumindest für mich ist „Missionieren“ breiter konnotiert. Und schon gar nicht versuche ich, den Veganismus als „Religion abzustempeln“.

  143. @ 148 Gebimmel
    Ich bekomme normalerweise keine Schwulen-, Behinderten-, Juden-, (…)-Witze zu hören, ansonsten wehre ich mich dagegen.
    Ich halte es vor allem für wichtig, Bedingungen zu schaffen oder zu stärken, unter denen die Gesellschaft möglichst reibungslos und glückbringend funktionieren kann. Dass sich die ARD dem Thema Toleranz widmet, finde ich daher begrüßenswert. Sicherlich kann man immer was kritisieren, aber hier erscheint mir doch der Aufhänger – ein paar alltägliche Bilder – und auch der Umfang der Kritik, sowohl was die Rede als auch manche Kommentare angeht, völlig übertrieben.
    Wie du (fast) richtig schreibst, habe ich kein Interesse daran, dass aus Minderheiten etwas anderes wird. Ich akzeptiere sie nämlich so, wie sie sind, solange sie sich im Rahmen der Gesetze und des friedlichen Miteinanders bewegen. Da gibts selbstverständlich auch Grenzen, z. B. für Rechtsextreme (sind ja zum Glück auch eine Minderheit). Ich hatte übrigens nicht von Randgruppen geschrieben, sondern von Minderheiten. Meist ist es auch sehr bereichernd sich mit Menschen auseinanderzusetzen, die anders leben als ich. Das will ich allerdings nicht übermäßig aufgezwungen bekommen, und schon gar nicht, wenn es um meine Privatsphäre geht (z. B. Sexualität).
    Es muss aber auf der anderen Seite auch von Minderheiten ausgehalten werden, dass sie genau das sind, was sie sind. Solange die übergroße Mehrheit heterosexuell ist, sind Homosexuelle die Minderheit. Die beste Lösung ist für mich, wie beschrieben, das jedermanns Privatsache sein zu lassen, denn meinetwegen kann jeder so homo-, hetero- oder transsexuell sein, wie er/sie/es will.
    Da sehe ich eigentlich keinen Widerspruch in meinem Beitrag, auch wenn er ein bisschen aus dem Bauch heraus geschrieben und der schwule türkische Nachbar ein fiktiver Fall war.

  144. Man könnte alles von mir Geschriebene von mir auch kürzer zusammenfassen:
    Für Toleranz, für Mitmenschlichkeit, für Verhältnismäßigkeit, gegen politische Korrektheit, gegen Belästigung Anderer mit Dingen, die nur jeden selbst angehen :-)

  145. @PeterLe: Es ging mir jetzt weniger darum, dass Menschen sich „knutschend, schmusend und grabschend in der Öffentlichkeit präsentieren“ sollen (lustig, wie da plötzlich das Grabschen dazu kam). Es ging mir darum, dass nach meiner Wahrnehmung die Medien voll sind von Darstellungen heterosexueller Zuneigung in Form von Küssen auf den Mund. Es geht hier um die Auswahl eines Plakatmotivs, nicht darum, dass da zwei Männer aneinanderherumgrabschen.

    Vor allem aber ging es mir darum, dass der ARD-Toleranzwochen-Mensch sagt, die Plakate sollten provozieren. Und ich festgestellt habe, dass das gewählte Fotomotiv offenbar Leute, die Homosexualität abstößt, eher nicht provoziert, weil sie sich nicht einmal richtig küssen.

  146. Lieber olli (#159 + #160), Deine Komfortzone kennen wir nun: die Privatsphäre oder auch Privatsache, also z.B. bei Dir die Eigenschaft heterosexuell. Das hält Du natürlich auch so, wenn man Dich fragt: „Na, verheiratet?“, oder der Ehering wird gleich ganz versteckt, ja? Geheiratet hast Du (wenn Du’s getan hast) natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Denn das geht Dich ja alles nur selbst an. Du darfst es ja auch gar nicht öffentlich sagen – könnte doch Konsequenzen haben (Jobverlust, Mobbing, Gewalt). Verstehst Du, was ich damit sagen will? Von den weiter oben genannten Beispielen (siehe z.B. #110) möchte ich jetzt nicht alles wieder und wieder wiederholen.
    Und mal ohne Sarkasmus: was im Schlafzimmer und mit wem und wie vielen passiert ist selbstverständlich Privatsache, aber das ist NICHT gleichzusetzen mit Hetero- oder Homosexualität. Man muss niemandem was aufzwingen oder jemanden damit belästigen – wen man liebt und welche sexuelle Orinetierung man hat ist einfach ganz trivial: öffentlich. Es ist das Leben und die gesamte Persönlichkeit des Menschen. Ist das denn so schwer zu verstehen?

  147. @162

    Ja, für mich ist das schwer zu verstehen wo da das Problem genau liegt. Natürlich wäre es schön, wenn keiner mehr blöd guckt wenn von einem gleichgeschlechtlichem Partner gesprochen wird. Aber ist das ein realistisches Ziel? Bzw. Ist das nicht bei allen Minderheiten so? Und kann man da überhaupt was dran ändern? Menschen sind halt überrascht, wenn irgendwas nicht so ist, wie es aus irgendwelchen Gründen erwartet wird. Das würde sich vermutlich nur ändern wenn die Mehrheit homosexuell wird. Und dann hätten heterosexuelle das Problem.

    Und als ernst gemeint frage: stören euch Witze über homosexuelle? Und sollte man aus Toleranz darauf verzichten? Bzw. sind nicht fast alle Witze auf Kosten von irgendwelchen Minderheiten (Blondinen, ostfriesen, fdp-wähler…)?
    Um nicht falsch verstanden zu werden : ich bin wie Olli dafür, dass gesetzlich alles getan werden soll um gleiche Rechte zu erwirken. Aber alles andere halte ich für wirklich schwer durchsetzbar denn das endet auch mMn darin, dass man alles verklausulieren muss damit sich nicht irgendwer ausgegrenzt fühlt (Sprache, Quoten etc) .

  148. @ Ichbinich, # 162

    „Und als ernst gemeint frage: stören euch Witze über homosexuelle? Und sollte man aus Toleranz darauf verzichten? Bzw. sind nicht fast alle Witze auf Kosten von irgendwelchen Minderheiten (Blondinen, ostfriesen, fdp-wähler…)?“

    Aus meiner Sicht kommt es darauf an, wer den Witz macht. Wenn die Person ansonsten jeglichen Hasses gegen diese Gruppe unverdächtig ist, habe ich damit kein Problem. Und vor allem, wenn sie bei Witzen über Gruppen, denen sie sich zugehörig fühlt, mitlacht.

  149. Heute am 11.12.14 schreibt Welt.de über die Golden Globe-Nominierung des britischen Kinofilms „The Imitation Game“:
    Mit jeweils fünf Gewinnchancen folgen Richard Linklaters Berlinale-Favorit „Boyhood“ sowie „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ über das Leben des brtitischen Informatikers Alan Turing, eines verkappten Homosexuellen.

    http://www.welt.de/kultur/kino/article135267722/Fruehe-Fuehrung-fuer-Birdman-im-Oscar-Rennen.html

    Ich habe in einem höflichen Leserkommentar darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung „verkappter Homosexueller“ Alan Turing lächerlich macht und ungehörig ist. Turing war maßgeblich an der Entschlüsselung der Enigma-Maschine beteiligt, wodurch der 2. Weltkrieg früher beendet werden konnte. Er hat sich in der Nachkriegszeit vor einem Strafgericht zu seiner Homosexualität bekannt, wurde deswegen verurteilt, erduldete die chemische Kastration als Strafe und brachte sich 2 Jahre später um.
    Welt.de verhöhnt diesen aufrechten Mann mehr als 60 Jahre nach dem Verbrechen der damaligen Gesellschaft schon wieder.
    Vielleicht bleibt mein Kommentar ja hier stehen. Welt.de hat ihn bisher nicht veröffentlicht.

  150. @Schorch
    Der Rant #145 zeigt jetzt aber sehr schön, was ich meinte. Mehr als tolerantes Wohlverhalten ist einfach keinem abzuverlangen. Ist halt so.

    @Pepito #149
    Jaja, hätte wie immer schlimmer kommen können. Hätte ja auch beim ZDF laufen können. Peter Hahne spezial „Toleranz oder Unachtsamkeit? Der Islamist als Integrationsgewinner“ oder so

    @Stefan Niggemeier
    Ich kann jetzt genausowenig wie Sie als Betroffener darüber reflektieren, aber ich dachte eigentlich, dass das innige Anschmiegen solchen Leuten in ihrem Wertegebilde mehr Würgreizspaß bietet als der offensive Zungenkuss. (Wenn sie sich mal nützlich machen könnten, sind die von PI nie da.)

  151. @163: „Menschen sind halt überrascht, wenn irgendwas nicht so ist, wie es aus irgendwelchen Gründen erwartet wird. Das würde sich vermutlich nur ändern wenn …“ – und jetzt fällt Dir nicht noch mehr ein als der resignative Schluss?
    Sieh Dir doch bitte nochmal oben die Plakatmotive an. Sind Farbige jetzt besser gestellt als, sagen wir: in den 20er/30er Jahren? Wurden Kinderrechte nicht besonders innerhalb der letzten 50 Jahre gestärkt? Ist Homosexualität zum Glück seit 20 Jahren nicht mehr strafbar? Ist nicht Inklusion eines DER aktuellen Themen für Menschen mit Behinderung?
    Natürlich gibt es bei diesen Punkten teilweise noch sehr viel zu tun, aber die Entwicklung in vielen gesellschaftlichen Bereichen und die Prozesse der Emanzipation zeigen doch die Chancen, dass sich tatsächlich etwas zum Positiven ändern kann. Das realistische Ziel, nach dem Du gefragt hast. Im besten Fall werden „die Anderen“ als Ausdruck von Vielfalt, Kreativität, als multikulturelle Ausrichtung etc. akzeptiert. Das Beschwören von Homogenität, das Ignorieren von Vielfalt, im schlimmsten Fall sogar deren Unterdrückung und Bekämpfung führen doch erfahrungsgemäß zu … nun, nicht so wirklich guten Gesellschaftsformen, oder? Und es geht hier meiner Meinung nach weniger um zahlenmäßige Minderheiten, als um vorherrschende Machtverhältnisse. Gewünscht wird nicht unbedingt Mitleid oder Hilfe (dazu braucht es ja den Blick vom „Starken“ hinab auf die Opfer und Hilfsbedürftigen), sondern um Respekt und Augenhöhe, und ja: auch um die Aufgabe von Positionen und Grenzen, die bisher für den Rest der Gemeinschaft reserviert waren. Vielleicht macht es das für viele so unheimlich und lästig, und führt leider auch zu problematischen Auseinandersetzungen.
    Da hilft wohl nur die gute alte Empathie – sich mal vorzustellen, wie das so ist, als „die Anderen“, und das auch noch gar nicht so unlustig: If Gay Guys Said the Shit Straight People Say…

    Und zum Thema Schwulenwitze: Ha! Wer bitte lacht denn heute noch über Blondinen- und Ostfriesenwitze?

  152. @Stefan Niggemeier (161)
    Provozieren soll doch nur das schwarz,schwul, kind, behindert. Um das zu erreichen ist schon besser, dass da kein bedrohlich aussehender Typ, kein sozialistischer Bruderkuss, kein Kind im Begriff der schweren Sachbeschädigung und kein Behinderter, der das Treppenhaus blockiert, ist.

  153. @145, olli:
    So leicht ist es leider nicht, die Grammatik als Argument zu nehmen. Beispiele zu den genannten Begriffen: Jemand, dessen Großeltern schon nach Deutschland kamen, und der seltener in der Türkei war, als der durchschnittliche Pauschaltourist wird mit gutem Recht allergisch auf die Bezeichnung „Ausländer“ reagieren, erst recht, wenn diesem Wort einmal zu oft die Frage folgte, wann er denn wieder zurück gehe.
    Studenten waren bis vor ca. einhundert Jahren ausschließlich junge Männer und wer es nicht nur einmal erlebt hat, dass z.B. der Physiklehrer alberne, sexistische Witze über Mädchen und Naturwissenschaften reißt, wird hoffentlich trotzdem die Stärke aufbringen, diesen Murx nicht doch noch als Tatsache hinzunehmen und auch in der Sprache mit aufgenommen zu werden.
    Sprache schafft auch Wirklichkeit; es gibt sogar die Theorie, dass nicht gedacht werden könne, wofür es keine Worte gäbe. Und genau darum, weil bestimmte Begriffe immer wieder in diskriminierender Absicht gebraucht oder missbraucht wurden, gibt es immer wieder die Bemühung, die Diskriminierung auch anhand der Vokabeln deutlich zu machen.
    Sprache ist dabei nie ein Allheilmittel. Das zeigt sich z.B. daran, dass bestimmte Begriffe schon mehrfach umbenannt wurden: Mohr–>Neger–>Schwarzer–>Farbiger–>Afrodeutscher–>stark pigmentiert–>…–>??? – solange es dabei bleibt, dass Menschen mit anderer Hautfarbe die Erfahrung machen, dass sie immer wieder als einzige z.B. im Zug oder von der Polizei sozusagen auf Vorrat verdächtigt werden, so lange ist es eben auch nicht egal, welches Wort man verwendet. Einem Menschen, der – wegen welcher Art des Anderssein auch immer – nie schlechte Erfahrungen gemacht hat, wird jede Bezeichnung, die als freundliche Frotzelei gemeint wäre, auch genau als solche verstehen.

  154. @145
    Der Unterschied zwischen sexueler Orientierung und sexuellen Vorlieben oder auch sexuellen Problemen ist doch eigentlich schon oft genug erklärt worden.
    Aber über zwei Punkte Ihrer Ausführungen sollten Sie mal nachdenken:
    1.)
    Deren Probleme bei Ihrer Idenditätsfindung sind Sache von deren Freunden, Familie usw.
    Was ist denn, wenn solche Probleme in der Identitätsfindung plötzlich und unerwartet in Ihrem Freundeskreis oder in Ihrer Familie auftauchen? Wenn Sie das mit Sicherheit für den Rest Ihres Lebens auschließen können, bemühen Sie halt mal Ihre Fantasie.
    Nach Ihren Ausführungen, wäre dann eben das, womit Sie nichts zu tun haben wollen, doch Ihre Sache.
    Und wenn Menschen, die einem am Herzen liegen, mit derartigen Sorgen kommen, wendet man sich da aus Unbehagen ab? Und falls ja, schaftt dieses Verhalten nicht ein weiters anderes Unbehagen? Und wenn über derartige Probleme wie Identitätsfindung oder ähnliches nicht geredet wird, wie sollen Leute die plötzlich unerwartet damit konfrontiert werden einen moderaten Umgang mit dem Problem entwickeln?
    Und wenn über solche Sachen ausreichend geredet wird, ist dann nicht zu hoffen, dass es irgendwann einfach weniger Probleme mit der Identitätsfindung gibt, weil Betroffene weniger reflektieren müssen, wie „unnormal“ sie eigentlich sind und inwieweit sie isoliert werden.

    2.)
    Es ist ein Reizthema, das immer wieder kommt und mit dem Sie absolut nicht alleine stehen. Das Gefühl, dass eine überbordende Rücksichtnahme „verlangt“ wird.
    Es ist zum einen ein Allgmeinplatz, der aber zutrifft: Man kann alles, auch Gutes, übertreiben. Eben auch die Forderung nach sprachlicher Korrektheit.
    Aber:
    Die rechtliche Gleichstellung einer Minorität, die zuvor diskrimniert wurde ist eben nur der Anfang. Dem pubertierenden Teenager, der seine Zuneigung zum gleichen Geschlecht entdeckt und plötzlich seine ganze Umwelt, vor allem gleichaltrige mit ganz anderen Augen sieht, der beim Heraufdämmern der Erkenntnis, schon tausendmal das Wort „Schwuchtel“ auf dem Schulhof gehört hat, dem nützt das zunächst gar nichts.
    Und wenn das nun Ihr Sohn wäre? Oder der Ihres Freundes?
    Eine Minorität, deren rechtliche Gleichstellung historisch gesehen jung ist, kann nicht hoffen, dass eine Alltagsgleichstellung ebenfalls schlagartig erfolgt.
    Und da ist es eben so, dass man Betroffenen mehr Rücksicht entgegenbringen muss, wenn man selbst Angehöriger einer Mehrheit ist, was ja einem Zufall und keinem Verdienst gleich kommt.

  155. @162:

    Das hält Du natürlich auch so, wenn man Dich fragt: „Na, verheiratet?“, oder der Ehering wird gleich ganz versteckt, ja? Geheiratet hast Du (wenn Du’s getan hast) natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

    Ich komme da nicht ganz mit: sowohl mein Bruder als auch ich würden die Frage mit „Ja“ beantworten, den Ehering nicht verstecken und haben nicht „unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ geheiratet….

    Der einzige Unterschied: mein Partner ist eine Frau, seiner ein Mann. So what?

  156. @171: Schön, so sollte das ein, und eben das wollte ich ja damit verdeutlichen. Es geht nicht ums Schlafzimmer oder irgendeine Privatsache, sondern um Normalität. That’s it.

  157. Lieber Herr Niggemeier, ist es nicht etwas zu kurz gegriffen, dass Plakat nur wegen der Suggestion eines scheinbar gleichberechtigten Nebeneinanders zweier Haltungen zu Homosexuellen zu geißeln? Ich meine, vielleicht behandeln Sie das hier als Beispiel, weil es sich gut dafür eignet bzw. weil das Thema Ihnen schlicht wichtiger ist, als die anderen (was auch Ihr gutes Recht ist).

    Was mir aber etwas beim Lesen gefehlt hat (und auch in den Kommentaren nicht so recht durchkam, wenn ich das richtig überblicke), ist, dass auch die Themen Behinderte, Ausländer usw. mit der gleichen Ambivalenz versehen werden…was zumindest mir nicht weniger übel aufstößt.

  158. Der Begriff „Normalität“ ist auch so eine Erfindung derer, die sich damit irgendwie beruhigen wollen. Was genau soll „Normalität“sein? Wer entscheidet das? Wenn das Heteronormativität und Harmoniesoße bedeutet dann mit mir nicht. Homosexualität hat eine andere Geschichte und polarisiert wohl noch lange. Und by the way, ich bin anders und irgendwie ist das gut so.

  159. Das Thema wurde ein paar Tage nicht mehr kommentiert und jetzt ist’s eigentlich zu spät – da mir aber ein paar Punkte wichtig sind, hier noch einige Klarstellungen:
    @spacespencer: Nein, mir ist nicht klar, warum es die Persönlichkeit beeinflusst, ob man Männer oder Frauen liebt. Dass man sich dadurch in der Realität mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert sieht (z. B. leider noch gesellschaftliche Akzeptanz) leuchtet ein, aber ich wüsste nicht, was an Schwulen und Lesben grundsätzlich anders sein soll als an Heteros, außer der sexuellen Orientierung und der sowieso vorhandenen Eigenschaften, die jeden Menschen von anderen unterscheiden. Aber vielleicht kann ich das tatsächlich nicht nachvollziehen. Das mit der „Ehering-Problematik“ habe ich nicht ganz verstanden. Aber ansonsten sind wir, glaube ich, in unserer Einstellung nicht so weit entfernt.
    @ o aus h: Jemand, der in Deutschland geboren ist, ist doch zunächst mal Deutscher, egal wo seine Eltern herkommen. Außerdem spielt für mich (und mein Umfeld, um nicht immer nur von mir zu sprechen) die Nationalität keine große Rolle. Bei meiner Arbeit sind mindestens die Hälfte Ausländer oder Zuwanderer, aus den unterschiedlichsten Gegenden der Welt. Da zählt letztlich ein angenehmer Charakter, die fachliche Eignung und die Möglichkeit sich zu verständigen (möglichst fließendes Deutsch), bestenfalls eine angenehme Zeit miteinander zu verbringen.
    Wenn jemand aus meiner Familie homosexuell ist, dann ist das doch kein Problem! Und falls doch, würde ich helfen, soweit möglich. Das betrifft aber dann ja wirklich das persönliche Umfeld und ist daher auch „meine Sache“.
    Wenn mein Sohn als Schwuchtel bezeichnet werden sollte, ist das zunächst normale Jugendsprache und Teil des Reifungsprozesses. Trotzdem würde ich dem anderen gehörig was erzählen – auch Teil des normalen Reifungsprozesses. Kinder und Jugendliche brauchen eine Weile, bis sie wirklich zu Empathie und vernünftigen Umgangsformen in der Lage sind. Das ist nicht immer schön, aber eine ganz natürliche Sache.

  160. Sorry, hab in meinem Kommentar Argumente von „o aus h“ und „JUB 68“ vermischt.
    Und zu „o aus h“ (169) noch ein Letztes: Das Beispiel mit dem Begriff-für-von-dem-afrikanischen-Kontinent-Stammende zeigt es doch ganz deutlich. In unserer krampfhaften Bemühung, niemanden in seinen Gefühlen zu verletzen, haben wir zum Beispiel das alte deutsche Wort Neger abgeschafft, selbst im Negerkuss. Mein letzter Stand war, dass es jetzt „Schwarzer“ heißt, oder vielleicht „Farbiger“. Aber „Neger“ ist doch genau das gleiche wie „Schwarzer“! Neger hat nur einen lateinischen Ursprung und ist über das Französische ins Deutsche eingewandert. Schwarz bedeutet übrigens laut Wikipedia ursprünglich „schmutzfarben“ oder „im Dunklen liegend“. Wollen wir jetzt Afrikaner nicht mehr als Schwarze bezeichnen, weil die dann sagen könnten, sie würden nicht schmutzig in der Ecke liegen?
    Langer Rede kurzer Sinn: Lasst uns uns mehr um das Wesentliche kümmern, zum Beispiel ein faires und angenehmes Miteinander und gleiche Rechte für alle, anstatt in Wortklaubereien Energie zu verschwenden, die anderswo besser eingesetzt werden könnte.

  161. Enorme Debatte!

    Zum Nachdenken – würde die Menschheit unserer Welt durch ein Naturereignis und/oder Krieg
    bis auf zwei Menschen eliminiert – wie würde dann der „Bestand“ der Menschheit (höchstwahrscheinlich) gesichert werden?

    Es überleben: 2 Männer ————–
    oder 2 Frauen ————-
    oder 1 Mann und 1 Frau——————

    Die Antwort kann sich jeder selbst geben.

    Ausnahmen bestätigen schon seit jeher die Regel – deshalb sollten sie auch Ausnahmen bleiben!

  162. @ Sabine Bätz:

    *Gähn*

    Was wollen Sie uns damit sagen? Dass, wenn man diese „Ausnahmen“ als Menschen akzeptiert, alle schwul werden und die Menschheit ausstirbt?

    Nochmal zum Mitschreiben: Homosexualität ist NICHT ansteckend.

  163. @DaW – Wer lesen UND verstehen kann ist klar im Vorteil.

    Steht irgendwo geschrieben, dass man eine „Ausnahme“ als Mensch in Frage stellt?
    Mitnichten!
    Es steht nur geschrieben, dass Ausnahmen immer und überall die Regel bestätigen – ohne
    Ausnahmen gibt es keine Regel! Genau diese Situation wird ziemlich Welt-weit angestrebt –
    Einheitsmischmasch – alles o.k., alles erlaubt, alles machbar, nur noch nach Spaßfaktor und eventuell Machtfaktor leben, alles andere ist nicht „UP TO DATE!“, und diejenigen, die noch Werte vertreten UND leben sind von vorgestern! Wenn das mal keine „Hätten-wir-gerne“ Annahme ist.

  164. @ Sabine Bätz, # 182:

    Ihr Geschwurbel sagt exakt das aus, was ich vorher in wenigen Sätzen zusammengefasst habe.

  165. … allein, dass Sie eine Beziehung zwischen zwei Menschen auf „Spaß“ reduzieren zeigt doch, worum es Ihnen eigentlich geht.

  166. @182 sabine bätz
    Der Bestand der Menschheit wäre in keinem der von Ihnen genannten Fälle gesichert. Selbst wenn Mann und Frau unter 30 Jahre alt wären, würde der auf ein Minimum reduzierte Genpool im Rahmen der folgenden inzestiösen Verbindungen kein Überleben der Menschheit ermöglichen.
    Vielleicht können Sie uns mal auf eine andere Art nahe bringen, welche Werte Sie leben und weshalb Sie deswegen den Vorwurf erfahren, Sie seien von vorgestern.

  167. Frau Bätz, dann stirbt die Menschheit eben aus, na und? Kommt halt mal was neues oder gar nichts. Das nennt man Entwicklung.

  168. @ohnogmxnet/DaW – Sie wollen eben nicht verstehen, dass das ein Beispiel dafür ist aufzuzeigen,
    WIE die Regel aussieht, und das die Optionen 1 + 2 von Grund auf zum
    Scheitern verurteilt wären (bzgl. dieses Beispiels) und deshalb die
    AUSNAHMEN der Regel – also nicht Mehrheitsfähig – sind.

    @JUB 68 – schauen Sie sich einmal die Gesetze an, die im Moment bezüglich Inzest „hintergründig“ gefordert werden. Sie müssen sich zu dieser Forderung allerdings über die „Randerscheinungen“ wie Änderung im Fach Sexualkunde, Herabsetzung des Alters bei strafbaren sexuellen Belästigungen, Aufweichung des Begriffes Familie, Entzug der elterlichen Erziehungsaufgabe ……hinarbeiten. Es ist wie ein Puzzle – ein Teil fügt sich zum anderen.

    Wie ich lebe – nun, ich denke traditionell. Verheiratet – mit demselben Mann, fünf Kinder, aufgrund dessen Alleinverdiener, da mein Mann als Hausmann die Kinder betreut (ohne staatliche Hilfen – außer dem Kindergeld), mit Höhen und Tiefen des täglichen Lebens, aber immer im Bewusstsein, dass eine intakte Familie (mit intakt meine ich keinesfalls „Friede-Freude-Eierkuchen“ – das gibt es auf Dauer nirgendwo, sondern ein schützender Bereich wo auch Konflikte ausgetragen werden können ohne dass daran der Zusammenhalt zerbricht) der Grundpfeiler für jedes Kind UND für jedes Land ist.
    Eine Familie eben, wo man Traditionen pflegt und Werte weitergibt.
    Genau hier liegt auch der Angriffspunkt für viele – nicht nur auf mich bezogen – sondern auf all diejenigen, die Werte noch weitergeben. Die Bezeichnungen gehen von „verklemmt“ (weil der vermeintliche Anspruch auf „Freizügigkeit“ in vielen heutigen Beziehungen nicht geteilt wird), weil die Forderung an die Kinder zu grüßen, höflich zu sein, Bitte und Danke zu sagen als „Anmaßung“ gegenüber von Kindern gilt (hier möchte ich noch darauf hinweisen, dass die damit begründeten möglichen, einfacheren sexuellen Verführungen durch Aufklärung über derartige Angriffe nicht zum Tragen kommt)……diese Aufzählung ließe sich in vielen Bereichen fortsetzen.
    Dafür hagelt es Kopfschütteln, Unverständnis und Bezeichnungen wie eben „ewig Gestrige“ oder – was mich am meisten belustigt „WELTFREMD“ und diese Unterstellungen treffen jeden, der sich dem derzeitigen, alles vereinnahmenden Gender Mainstreaming nicht unterordnet.

  169. @ste – ich vergaß im vorherigen Kommentar zu erwähnen, dass ich Ihnen mit dem „dann stirbt die Menschheit eben aus, na und“ Recht gebe – aufgrund der heutigen „Schwerpunkte“ die dem Leben zugrunde gelegt werden, ist es ohnehin nur eine Frage der Zeit, wann die Situation zwischen Menschen und Ländern endgültig eskaliert.

  170. @ Sabine Bätz:

    Ihre Kinder tun mir aufrichtig Leid. Für einen Moment hoffte ich, dass eines davon homosexuell ist, aber dann kam mir das hier in den Sinn:

    http://www.tagesspiegel.de/berlin/nachrufe/nachruf-auf-felix-von-caldenhoff-geb-1982-ich-darf-mich-nicht-verlieben/11139002.html

    Aber vielleicht sollten Sie sich selbst fragen, wie Sie reagierten, wenn eines Ihrer Kinder homosexuell wäre – trotz der strammbürgerlichen, angeblich wertebezogenen Erziehung. Bei fünf Kindern ist das gar nicht soooo unwahrscheinlich…

    Zu den angeblichen „Puzzle-Teilen“: letztlich geht es darum, Kindern in der Schule zu vermitteln, dass Menschen gleich sind und man sie unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung (oder auch Religion, Hautfarbe usw.) achten soll. Wenn Sie das nicht als Wert begreifen, den Sie demzufolge auch nicht an Ihre Kinder weitergeben möchten, möchte ich gar nicht wissen, was Ihre Werte sind. Und diesen Wert gebe ICH weiter, nicht irgendwelche diffusen und angeblich traditionellen Familienbilder (die kulturhistorisch erst wenige Jahrhunderte alt sind und keineswegs so natürlich, wie immer behauptet wird).

    Und was nun „Bitte“ und „Danke“ sagen – worauf ich ebenso wert lege – mit der Akzeptanz Homosexueller zu tun hat, bleibt Ihr Geheimnis – verbieten die Schwulen (bzw. die „Homo-Lobby“) Kindern, sich zu bedanken? Die einzige Verbindung, die ich sehe: sie sind ein Ausdruck davon, dass man sein Gegenüber respektiert. Und genau das fordere ich gegenüber Homosexuellen, nicht mehr und nicht weniger.

    Da auch Sie mal wieder das Thema „Kindesmissbrauch“ bei einer Diskussion über Homosexualiät anklingen lassen – ich kann es nicht mehr hören. Die meisten Missbrauchsopfer sind Mädchen, die von Männern missbraucht wurden. Und ein Großteil der Täter stammt aus dem unmittelbaren Umfeld der Opfer, aus der angeblich schützenden und daher prinzipiell schützenswerten bürgerlichen Familie.

    Die beste Prävention gegen Missbrauch ist übrigens, Kindern frühzeitig bewusst zu machen, dass andere gegen ihren Willen nichts an bestimmten Körperregionen zu suchen haben. Aber entsprechende Kurse nennen Sie dann wahrscheinlich gleich „Sexualisierung der Schule“.

    Damit Sie mich nicht missverstehen: ich möchte nicht Ihr Lebensmodell verurteilen. Ich fordere Sie aber auf, das anderer Menschen ebenso wenig zu verurteilen.

  171. Ergänzung @ Sabine Bätz:

    Kulturhistorisch ist die „traditionelle“ bürgerliche in der Tat ziemlich jung, ich würde die Entwicklung zu ihr so ab dem 17. Jahrhundert datieren. Vorher dominierte über Jahrtausende die Großfamilie, in der mehrere Generationen zusammenlebten und sich gemeinsam um die Kinder kümmerten. Und vor diesem Hintergrund ist sogar Homosexualität biologisch erklärbar – ein Mensch ohne eigene Kinder kann dabei helfen, die Kinder anderer (z.B. seiner Geschwister) zu ernähren und aufzuziehen.

    Und wieso mir Ihre Kinder aufrichtig Leid tun? Weil die Vorstellung, dass ich meinen Eltern einen Menschen vorstellen, den ich liebe, und als Reaktion nichts weiter als den Kommentar ernte, ich solle nicht nur an meinen Spaß denken, furchtbar ist.

    Erlauben Sie mir einige Fragen – Sie müssen sie natürlich nicht hier beantworten, aber sollten mal drüber nachdenken: war es bei Ihnen eine bewusste Entscheidung, sich in Ihren Mann zu verlieben? Entscheiden Sie sich bewusst, wen Sie attraktiv finden? Würden Sie die Liebe zu Ihrem Mann unterdrücken wollen und können, weil es andere fordern?

  172. … und noch eine Frage an Sabine Bätz:

    Würden Sie die Liebe zu Ihrem Mann, wenn Sie sie nicht unterdrücken wollen/können, vor anderen verheimlichen wollen?

  173. @DaW – meine Kinder müssen Ihnen nicht leid tun, selbst wenn sich Kinder von mir auf der homosexuellen Ebene bewegen würden, wären sie sich meiner Liebe sicher – was aber nicht heißt, dass ich Homosexualität als Normalität akzeptieren würde.
    Auch wenn Sie das nun „erschrecken“ wird, in unserem Bekannten gibt es ebenfalls homosexuelle Menschen/Paare mit denen wir uns gut verstehen – allerdings haben sie samt und sonders nicht den Drang sich zu „outen“ – sie „demonstrieren“ ihre sexuelle Gesinnung nicht, sie bewegen sich
    f r e i w i l l i g auf einer Ebene die für jeden Gegenüber akzeptierbar ist. Das tun sie nicht aus Zwang, sondern aus Überzeugung, weil sie der Meinung sind, es gibt Dinge, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Außerdem lehnen sie – trotz Homosexualität – Ehe und Adoption von Kindern für Homosexuelle ab! Kaum zu fassen, nicht wahr? Dass es das gibt. Und sie fühlen sich von uns auch in keiner Weise diskriminiert – und wir diskriminieren sie auch nicht. Wir pflegen den Umgang mit ihnen wie mit allen anderen Freunden und Bekannten auch. Das ist gegenseitig gelebte Akzeptanz.

    Was die sexuelle Aufklärung betrifft, ist mit der Passage meines Kommentares

    (hier möchte ich noch darauf hinweisen, dass die damit begründeten möglichen, einfacheren sexuellen Verführungen durch Aufklärung über derartige Angriffe nicht zum Tragen kommen)

    falls Sie sie nicht überlesen haben, geklärt.

    Und irgendwie scheinen Sie Texte einfach nicht zu realisieren – Kindermissbrauch wurde in Bezug auf Inzest angesprochen, und das von Kindern geforderte Bitte/Danke etc. bezog sich ebenso nicht auf das Thema „Homosexualität“, sonder auf die Aufforderung von JUB68
    „Vielleicht können Sie uns mal auf eine andere Art nahe bringen, welche Werte Sie leben und weshalb Sie deswegen den Vorwurf erfahren, Sie seien von vorgestern.“

    Noch eine Schlussbemerkung, ich verurteile andere Lebensformen nicht, ich akzeptiere sie nur nicht als Normalität – und genau das vermittle ich auch meinen Kindern.
    Jeden Gegenüber als Mensch zu akzeptieren – ob arm/reich/gesund/krank/homo- oder heterosexuell – und keine verbalen Angriffe, weder aus Unwissenheit noch aus Boshaftigkeit.

  174. @Sabine Bätz

    Ich für meinen Teil finde es inakzeptabel, dass und wie Sie hier Ihre sexuelle Gesinnung demonstrieren. Der Respekt dem anderen gegenüber gebietet es, Details aus dem Sexualleben eben nicht öffentlich auszubreiten. Eben das tun Sie aber fortwährend.

  175. @DaW – Nein, es war keine bewusste Entscheidung. Allerdings, hätte ich mich „unbewusst“ in einen verheirateten Mann verliebt, wäre diese Liebe für mich nicht erfüllbar gewesen – aus Überzeugung.
    Wenn ich den Hang zur Kleptomanie hätte – glauben Sie wirklich, ich könnte diese ungewollte Charaktere einfach ausleben und von anderen Menschen fordern, das zu akzeptieren, einfach weil ich so bin? Würde kaum Akzeptanz auf breiter Ebene finden – es ist eine Ausnahme der Regel. In der Regel sind Menschen nicht kleptoman (dies dient einfach nur als Beispiel zum Nachdenken über Akzeptanz).

  176. @Sabine Bätz #188

    Wie ich lebe — nun, ich denke traditionell. Verheiratet — mit demselben Mann, fünf Kinder,

    Auch, wenn Sie sich hier freiwiliig outen, ich möchte bitte mit weiteren Details aus Ihrem Schlafzimmer gerne verschont werden. Es gibt Grenzen dessen, was ich mir vorstellen möchte. Treiben Sie gerne, was und wie Sie es wollen, aber über die Bilder in meinem Kopf möchte ich immer noch selbst bestimmen.

  177. @Linus – warum Sie mich derart angreifen kann ich nicht nachvollziehen – trotzdem, ich wünsche Ihnen und allen Kommentatoren eine besinnliche Weihnachtszeit und Gesundheit und Zufriedenheit im Jahr 2015

  178. @Sabine Bätz: Es ist wirklich nicht so wahnsinnig schwer zu verstehen. Sie outen sich hier ungefragt gegenüber der gesamten mitlesenden Öffentlichkeit als heterosexuell. Ist das nicht ihre Privatsache? Können Sie das nicht für sich behalten? Könnten Sie nicht – freiwillig – darauf verzichten, das in einer solchen Detailfreude auszubreiten, und auf ein Maß zurückschrauben, das mir und den anderen Kommentatoren hier nicht unangenehm ist?

  179. Stefan Niggermeier – Niemand hindert Sie daran meine Kommentare einfach zu löschen – es ist Ihre Seite.

  180. @Sabine Bätz:
    Sie scheinen sich in Ihrer „Normalität“ ja sehr wohlzufühlen. Und merken dabei gar nicht, dass allein schon die Selbstverständlichkeit, mit der Sie die Deutungshoheit darüber beanspruchen, was „normal“ sei, für andere eine Anmaßung darstellt. Dass diese anderen das auch artikulieren und Sie darauf hinweisen, empfinden Sie dann offenbar direkt als feindlichen Angriff auf sich und Ihre „Normalität“ (das entnehme ich zumindest Ihrer Man-muss-sich-doch-nur-mal-umschauen!-Rhetorik).

    Ich mache mir nicht die Illusion, Sie mit Argumenten von irgendwas überzeugen zu können – ich wüsste ehrlich gesagt auch gar nicht, wo ich da anfangen soll. Aber ich habe einen Lesetipp für Sie. Vielleicht wird Ihnen an diesem Text klar, was das Problematische an Ihrer Position und Ihrer Argumentation ist: blog.wayneself.com/2012/08/aesop-to-right-why-i-believe-bristol.html
    (Ich weiß nicht, ob Sie des Englischen mächtig sind, aber eines Ihrer 5 Kinder hilft bestimmt gerne.)

  181. @188
    Sabine Bätz

    Die harschen Angriffe von Linus oder von Stefan Niggemeier sind letzlich ironischer Sarkasmus, der Ihnen folgendes verdeutlichen soll:
    Für Sie ist ist es eine Selbstverständlichkeit zu bekunden, dass Sie mit einem Mann verheiratet sind und mit diesem fünf Kinder gezeugt haben. Sie sehen keinen Grund diesen Sachverhalt in irgendeiner Form zu verstecken. Ebenso selbstverständlich ist die Preisgabe Ihrer sexuellen Orientierung natürlich kein dettailiertes Ausbreiten ihrer sexuellen Vorlieben, mit dem Sie andere belästigen. Sie erwarten von Ihrer Umwelt, dass (ohnehin nicht zu übersehende) Tatsachen wie Ehe mit einem Mann und die Existenz von fünf Kindern als Bestandteil dessen gelten, was Sie als Person ausmacht, ohne dass dabei irgendjemand ins Grübeln kommt, wie genau diese fünf Kinder eigentlich entstanden sind und Ihnen gegenüber sein Unbehangen zum Ausdruck bringt, dass Sie denjeneigen zu derartigen Überlegungen gezwungen haben.
    Sollte Ihnen derartiges tatsächlich begegnen, würden Sie schnell die Schlussfolgerung ziehen, dass mit demjenigen etwas nicht stimmt und sich selbst nicht in Frage stellen.
    Und das mit Recht.
    Homosexuellen Menschen gestehen Sie ebenjene Freiheit nicht zu. Da fühlen Sie sich belästigt, das soll möglichst im Verborgenen bleiben.
    Und dass Sie sich eine selbstverständliche Verhaltensweise gönnen und einer Minderheit diese Verhaltensweise nicht zugestehen wollen, ist ein Akt der Diskriminierung (sorry, aber das ist ein klares Merkmal der Diskriminierung).
    Sie selbst verwenden für Ihre Sicht der Dinge das Wort „traditionell“. Und in diesem Zusammenhang beklagen Sie auch nachlassende Höflichkeit („Bitte/Danke“ und die Bedeutung dieser Wörter).
    Warum legen Sie so großen Wert auf solche Höflichkeitsfloskeln?
    Ich gebe Ihnen mal eine Antwort, warum ich (auch bei Kindern) Wert darauf lege.
    Das ist für mich ein wichtiger Grund, aber nicht der einzige, bevor Missverständnisse aufkommen.
    Mir war und ist es immer wichtig gewesen, mich bei Dienstleistern aller Art wörtlich zu bedanken. Wenn ich in Gaststätten mein Essen hingestellt bekomme, danke ich dafür.
    Wenn die Verkäuferin mit einen Beutel anbietet oder ähnliches, danke ich dafür.
    Gewöhnt man Kindern so etwas an, öffnet man Ihnen auch ein Stück weit dafür die Augen, dass diese Menschen keine Dienstbotenroboter sind. Und dass man selbst, auch in einem Augenblick, in dem man bedient wird, kein besserer oder wertvollerer Mensch ist als der Dienstleister.
    Insofern ist das Festhalten an einer derartigen „Tradition“ aber auch fortschrittlich.
    Wärenddessen das Begehren, dass eine Minderheit bestimmte Grenzen (die andere Ihnen gezogen haben) für die Ewigkeit nicht überschreitet, überhaupt keinen Fortschritt erkennen lässt.
    „Seperate but equal“ (Getrennt, aber gleich) war bis in die Mitte der fünfziger Jahre ein sozialer und juristischer Grundsatz in den USA. Zwar hatten alle vor dem Gesetz die gleichen Rechte, aber die einen hatten von Orten fern zu bleiben, an denen die anderen sie nicht wollten. Was bei den Afroamerikanern nicht funktioniert hat, wollen Sie jetzt bei den Schwulen verwirklicht sehen. Und Sie sind damit gewiss nicht allein.
    Und genau deswegen müssen wir darüber reden, auch wenn es Sie stört.
    Falls Sie noch Lust haben:
    Warum sollten Homosexuelle keine Kinder adoptieren dürfen? Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen?

  182. @JUB 68

    Das Recht des Kindes auf Vater und Mutter

    Zehn Gründe gegen ein Adoptionsrecht für homosexuell lebende Paare

    von Christl R. Vonholdt

    1. Jedes Kind hat ein Recht auf Mutter und Vater. In der Struktur einer homosexuellen „Familie“ wird dieses Recht dem Kind geplant und bewusst verwehrt. Das ist eine grundlegende Verletzung des Kindesrechts.

    2. Ein Kind, das in dem Bewusstsein aufwächst, seine beiden Eltern seien zwei Frauen oder zwei Männer, wird in seinem Wissen um seinen zweigeschlechtlichen Ursprung manipuliert. Das wird sich negativ auf seine Identitätsbildung auswirken.

    3. Verschiedenheit ist immer ein größerer Entwicklungsanreiz als Gleichheit. Die Forschung der letzten vierzig Jahre zeigt übereinstimmend, dass Mutter und Vater geschlechtsabhängig Verschiedenes in die Entwicklung der Kinder einbringen. Ein Kind, das bei einem homosexuell lebenden Männer- oder Frauenpaar lebt, ist daher von vornherein in seinen Entwicklungsmöglichkeiten benachteiligt.

    4. Die besten Voraussetzungen zur Entwicklung einer sicheren Geschlechtsidentität hat ein Kind, wenn es in der Geschlechterspannung von Mutter und Vater aufwachsen kann. Bei einem homosexuell lebenden Frauen- oder Männerpaar wird dieser Entwicklungsvorteil dem Kind bewusst vorenthalten.

    5. Wenn Vater oder Mutter tragischerweise fehlen wie etwa bei Alleinerziehenden, hat das Kind die Möglichkeit, diesen Verlust zu betrauern und konstruktiv zu bearbeiten. Wenn dem Kind dagegen vermittelt wird, eine homosexuelle „Familie“ sei eine vollständige, nur eben alternative Familienform, verhindert dies, dass das Kind den realen Verlust von Vater oder Mutter betrauern kann. Damit bleibt der Verlust abgespalten und wird sich destruktiv auf die psychosoziale Entwicklung des Kindes auswirken.

    6. Es gibt erhebliche Lebensstilunterschiede zwischen homosexuell und heterosexuell lebenden Paaren. Statistisch gesehen ist die Promiskuität bei homosexuell lebenden Männern deutlich höher als in einer üblichen Vater-Mutter-Beziehung. Das wirkt sich destruktiv auf die Bindungsbedürfnisse von Kindern aus.

    7. Die allermeisten Studien, die eine angebliche Gleichheit von homosexueller mit heterosexueller Elternschaft behaupten, haben gravierende methodische Mängel. Aus keiner vorliegenden Studie können derart weitreichende Schlussfolgerungen gezogen werden.

    8. Für die lesbisch lebende Frau ist es kennzeichnend, dass sie den Mann und das Männliche in der Nähebeziehung nicht haben will oder haben kann. Dies wird sich erschwerend und hemmend auf die männliche Identitätsentwicklung von Jungen auswirken.

    9. Für das Mädchen ist der Vater das wichtigste Rollenvorbild dafür, was es selbst einmal von einem Mann erwarten kann. Studien zeigen: Adoleszente Mädchen, die ohne Vater aufgewachsen sind, haben größere Nähe-Distanzprobleme zu gleichaltrigen Jungen und werden häufiger ungewollt schwanger.

    10. Wenn bei einem vollen Adoptionsrecht in der Geburtsurkunde eines Kindes zwei Frauennamen oder zwei Männernamen statt eines Frauen- und eines Männernamens stehen, wird das Kind auch dadurch in seinem Wissen um seinen zweigeschlechtlichen Ursprung getäuscht.

    Quelle: Deutsches Institut für Jugend und Gesellschaft

    Über den ein oder anderen Punkt kann man sicher streiten, besonders die Punkte 6, 8 und 10 halte ich für ziemlich gewagt und etwas weit hergeholt. Damit sollten wohl die magischen 10 Punkte vollgemacht werden. Die Punkte 1 – 5 hingegen sind meiner Ansicht nach nicht von der Hand zu weisen.

  183. @203 Frank Reichelt
    Es fällt mir verdammt schwer, aber trotzdem: Danke.
    Wahrscheinlich würde Frau Bätz sich dem anschließen.
    Ich muss das erst mal sacken lassen.
    Zum einen drängt gerade die Zeit bei mir, zum anderen möchte ich mit der Quelle mal in Ruhe beschäftigen.
    Bin ehrlich gesagt auch ein wenig verblüfft, dass die Punkte 1-5 aus Ihrer Sicht nicht von der Hand zu weisen sind.
    Ich will mich (abgesehen von der Zeitfrage) zu so etwas nicht vorschnell und emotionsgeladen äußern.

  184. @Stefan Niggemeier

    Ich versuche, die Argumente für sich selbst sprechen zu lassen, ohne die typisch deutsche Denkweise:
    „Wer hat das gesagt? Ach, der hat das gesagt, na dann ist ja alles klar, war nicht anders zu erwarten.“
    Dieses Schubladendenken beschränkt doch nur die Fähigkeit, sich selbst eine Meinung zu bilden, oder? Das können Sie naiv finden, ich möchte mir diese „Unschuld“ jedoch bewahren!

  185. Mit Verlaub, ich halte die Punkte 1-5 für gar kein Argument sondern für genau einen Zirkelschluss:
    Weil die Ehe aus Mann und Frau bestehen muss ist sind gleichgeschlechtliche Eltern minderwertig, weil sie nicht Mann und Frau sind.

    Dabei geht es prinzipiell um Rollenmodelle und nicht um das Geschlecht der Eltern. Auch gleichgeschlechtliche Partner können die Rollenfunktion „Mama“ und „Papa“ voll erfüllen. Das Problem solcher „Argumente“ ist halt immer der Einzelfall, auf den es ja bei der Adoption ankommt. Selbstverständlich gibt es für Kinder absolut ungeeignete homosexuelle Paare. Die gibt es aber auch bei heterosexuellen Paaren (oder Alleinerziehenden).

    Die Liste halte ich jedenfalls für genau so ein Schubladendenken, dass Frank Reichelt eigentlich beid er Meinungsbildung nicht will. Aber die eigenen Schubladen sind halt immer die richtigen…

  186. 206, Frank Reichelt: ich kann leider keines der genannten zehn „argumente“ so wirklich nachvollziehen. ganz unabhängig davon, welchen einfluss die tatsache, dass nicht mann und frau sondern mann und mann oder frau und frau das kind erziehen, auf die entwicklung haben mag, sind meiner meinung nach andere einflüsse viel wesentlicher. einflüsse, die vielmehr mit der Frage zusammenhängen, WIE das kind aufwächst und nicht damit, WER es großzieht.

  187. JUB 68, #204:

    Es fällt mir verdammt schwer, aber trotzdem: Danke.

    Ja, das trifft es schon ganz gut. Es ist immerhin mal eine argumentative Diskussionsgrundlage, insofern danke. Aber diese „Argumente“ sind doch (auch) inhaltlich sehr fragwürdig, zirkulär (siehe #207, alter Jakob) und zum Teil redundant (womöglich tatsächlich, um die „magischen 10“ vollzumachen).
    Man könnte sicher jeden einzelnen dieser Punkte auseinander nehmen (und Nr. 6 und 8 sind da noch nicht einmal die schwächsten, Nr. 10 ist einfach ziemlicher Quatsch). Aber ein paar allgemeine Dinge für den Anfang:
    Nr. 7 unterstellt pauschal „gravierende methodische Mängel“. Dabei werden in den meisten Punkten einfach bloße Behauptungen aufgestellt (z. B. Nr. 2, 8: „[…] wird sich negativ/erschwerend und hemmend […] auswirken.“). Es ist insgesamt eine ziemlich bunte Mischung aus reinen Glaubenssätzen (um nicht zu sagen: Unterstellungen) und vagen Hinweisen auf „Studien“ oder „Statistiken“, zu denen (falls es sie wirklich gibt) dann wiederum ein eher auf Mutmaßungen basierender Bezug hergestellt wird. Insgesamt würde ich auch mal unterstellen, dass es über Kinder, die mit homosexuellen Paaren aufwachsen, kein repräsentatives Datenmaterial gibt, oder auch nur geben kann. Wo sollte das denn herkommen?

    Manches ist auch ziemlich vages Geschwurbel („Verschiedenheit ist immer ein größerer Entwicklungsanreiz als Gleichheit“; „Geschlechterspannung von Mutter und Vater“), viele Formulierungen sind in ihrer unterstellenden, suggestiven Art schlichtweg perfide: da werden fortwährend Rechte „bewusst verwehrt“ und „grundlegend verletzt“ (was genau soll eigentlich dieses gleich an erster Stelle genannte „Recht auf Mutter und Vater“ sein? Wo steht das? Wer gewährt das, wer verletzt das wie?), Entwicklungsvorteile „bewusst vorenthalten“, da wird benachteiligt, psychisch zerstört, getäuscht, manipuliert, erschwert und gehemmt.

    Letzten Endes ist bei dem, was sich gut oder schlecht auf die Entwicklung von Kindern auswirkt, vieles einfach Glaubenssache, sodass man da ansonsten kaum argumentativ gegen ankommt (aber wer trägt hier eigentlich die Beweislast?).
    Daher mal ein ganz anderer Gedanke, auch als Anregung für Sabine Bätz: es geht ja bei Kinderadoptionen keineswegs darum, ein Kind aus seinem behüteten, „traditionellen“ Familienidyll zu reißen, damit sich ein paar „Homos“ selbstverwirklichen können. Man denke einfach mal kurz darüber nach, welche bzw. wessen Kinder überhaupt zur Adoption freigegeben werden und bilde hier den Vergleichsmaßstab. Nicht nur vor diesem Hintergrund ist ein „Argument“ wie in Nr. 5 doch geradezu zynisch, wenn behauptet wird, es sei „besser“ für Kinder, bestimmte Verluste (oder andere deutlich eindeutiger entwicklungshemmende Umstände) „konstruktiv zu verarbeiten“, als mit zwei Männern oder Frauen aufzuwachsen. Es gibt zahllose Faktoren, die das Heranwachsen eines Kindes besser oder schlechter gestalten können, Familienstruktur, soziale Situation und Umfeld, Umwelt, Herkunft usw., es gibt zahllose mehr oder weniger traumatisierende Erlebnisse und Begegnungen. Aber wenn es einen Konsens darüber geben könnte, was am wichtigsten für aufwachsende Kinder ist, so wäre das doch vermutlich schlicht und einfach: Liebe, Zuwendung, Erziehung, Stabilität.
    Und nichts davon ist von einer „heterosexuellen Geschlechterspannung“ abhängig.

  188. >“Insgesamt würde ich auch mal unterstellen, dass es über Kinder, die mit homosexuellen Paaren aufwachsen, kein repräsentatives Datenmaterial gibt, oder auch nur geben kann. Wo sollte das denn herkommen?“

    So ein Blödsinn. Diese Studien gibt es seit mindestens 25 Jahren. Es gibt auch Langzeit-Studien dazu (wenn auch mit einer relativ geringen Teilnehmer-Zahl). Das ist doch überhaupt nichts neues. Der „gayby boom“ hat in den USA in den 80er Jahren angefangen! Es gibt viele solche Kinder, die heute erwachsen sind und selbst Kinder haben.

    Allerdings ist das auch überhaupt kein Thema dass man an Studien festmachen muss. Es gibt genug heterosexuelle Paare in Situationen die nachweislich schlechter für Kinder sind als andere. Und niemand will denen verbieten Kinder aufzuziehen.

  189. Nochwas dazu:
    In manchen anderen Länder sind anders als in Deutschland oder Frankreich Adoption und/oder künstliche Befruchtung nicht an Heirat gebunden. Entsprechend ist im Ausland zum Teil wesentlich einfacher für gleichgeschlechtliche Paare.

    Hier existiert dagegen die perverse Situation, dass Politik diesen Paaren verbieten wollen Kinder zu haben und dann gleichzeitig die angeblich fehlende Erfahrung mit diesen Familienkonstellationen verwenden um dieses Verbot zu begründen.
    Ein ähnlich perfides Spiel treibt man mit den Zahlen zu Verpartnerungen, die hier relativ niedrig sind. Ein Grund dafür ist dass es lange Zeit kaum Rechte, aber alle Pflichten gab.

  190. Es gibt einige wissenschaftliche Studien zu Kindern von gleichgeschlechtlichen Eltern, die sich leicht finden lassen, z.B.

    – Psychosocial Adjustment, School Outcomes, and Romantic Relationships of Adolescents With Same-Sex Parents
    – Coparent or Second-Parent Adoption by Same-Sex Parents
    – Delinquency, victimization, and substance use among adolescents with female same-sex parents
    – Do children in single-parent households fare better living with same-sex parents?
    – Peer relations among adolescents with female same-sex parents.
    – …

    Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ungewöhnlicher Weise kommen die Studien alle zum gleichen Schluss: Kindern mit gleichgeschlechtlichen Eltern geht es genau so gut wie Kindern aus Mischehen, auf die Qualität der Beziehung kommt es an, nicht auf das Geschlecht. Das bestätigt sich in Bezug auf alle hier diskutierten Themen. Insbesondere an dem Argument, es käme insbesondere auf die Anwesenheit eines gleichgeschlechtlichen Elternteils an, scheint nichts dran zu sein.

    Zur politischen Seite: Selbst wenn es wissenschaftliche Studien gäbe, die belegten, dass Frauen durchschnittlich besser für die Entwicklung von Kindern sind als Männer, würde dennoch niemand die Forderung aufstellen, das Adoptionsrecht ausschließlich auf lesbische Paare zu beschränken. Lustig, dass Sabine Bätz hier »Gender Mainstreaming« als Wurzel des Übels identifiziert, wo dieses Konzept ja gerade die Unterschiede zwischen Männern und Frauen akzentuiert und auf die angeblich »besonderen« gesellschaftlichen Beiträge von Männern und Frauen verweist. Insofern ist ihr eigenes Argument, Kinder bräuchten (aufgrund ihrer angeblich so unterschiedlichen Eigenschaften) Mütter und Väter mit dem Gender Mainstreaming verwandt – für die Ehe wird generell eine Frauenquote von 50% gesetzlich festgelegt. Während die hier diskutierenden Homofreunde ja für die Irrelevanz des Geschlechts argumentieren. So schnell findet man sich auf der falschen Seite wieder.

    Abgesehen davon: Wer bitte schön ist den konservativer veranlagt, als jemand, der für Ehevertrag und Adoptionsrecht kämpft? Im Gegensatz zu den Gegnern der Homoehe, die den Homosexuellen (zumal lesbischen Paaren) das Kinder bekommen selbst schwerlich verbieten können (ohne rote Linien zu überschreiten) und somit letztlich nur dafür kämpfen, dass Menschen in unordentlichen/ ungeregelten Verhältnissen leben müssen.

    Zum Thema: Einfach mal romantische Kinoplakate suchen und schauen, wie oft sich die dort abgebildeten direkt auf den Mund küssen. Tatsächlich wird der Kuss immer höchstens angedeutet (wenn die Protagonisten nicht gleich mit dem Rücken zueinander stehen), sonst wär es nicht mehr romantisch. Ich finde, dass sich die meisten im Blogeintrag genannten Beispiele gar nicht so klar als problematisch einordnen lassen wie angedeutet.

  191. @ Frank Reichelt (203,206)
    Ich will neben der eigentlichen Diskussion keinen zweiten Nebenschauplatz aufmachen. Deswegen nur kurz, dass ich schon der Meinung bin, dass die Quelle nicht unbeachtet bleiben sollte.
    Aber mal zu den Punkten 1-5, mal zu dem, was gesagt wird und nicht wer es gesagt hat:
    Punkt 1, der Sie nach Ihrem Einstieg auch am meisten beeindruckte und den man sicher als Präambel für das nachfolgende Statement verstehen darf, ist das Recht des Kindes auf Mutter und Vater.
    Wo ist denn das verankert? Es gibt kein juristisches Recht auf Mutter und Vater, es kann wegen verschiedenster Realitäten auch kein ethisches Recht auf Mutter und Vater geben.
    Zum Vergleich: Seit einiger Zeit haben ledige Väter das gesetzliche Recht das Sorgerecht zu beantragen, während sie davor nur unterhaltspflichtig waren. Sie können es auch sein lassen.
    Der ledige Vater entscheidet, ob er sich um das Ergebnis seiner vielleicht ungewollten Entgleisung kümmert oder nur zahlt. Die Mutter (oder das Jugendamt) kann diesen Antrag für ihn nicht stellen bzw. ihn zum Sorgerecht zwingen (nur wie bisher zum Unterhalt).
    Es geht um das Recht des ledigen Vaters, nicht um das Recht des Kindes auf Mutter und Vater.
    Das deutsche Adoptionsrecht sieht auch die Vergabe an Einzelpersonen vor, in der Praxis vor allem innerhalb einer Familie. Verunfallt ein Paar tödlich und hinterlässt eine Vollwaise, kann die erwachsene ledige Schwester der Verstorbenen das Adoptionsrecht beantragen. Ist sie der Aufgabe gewachsen, wird sie es als Einzelperson bekommen, das vermeintliche Recht des Kindes auf Mutter und Vater interessiert nicht.
    Zieht der Vater nach einer Ehescheidung weit weg und sieht sein Kind kaum noch, setzt niemand das Recht des Kindes auf Mutter und Vater durch.
    Letztlich wird dem Kind in all diesen Konstellationen das Recht auf Mutter und Vater „geplant und bewusst verwehrt“.
    Hier wird also mit dem allerersten Punkt eine völlig lebensferne Behauptung aufgestellt, die sich bei etwas genauerem Hinschauen als absolute Plattitüde entpuppt.
    Dieses Recht ist ein Wunsch, der scheinbar nur dann bedeutungsvoll wird, wenn es um Adoptionsrechte für Homosexuelle geht.
    Der zweite Punkt unterstellt entgegen aller wissenschaftlicher Erkenntnisse einfach mal wieder, dass sexuelle Orientierung anerzogen werden kann. Hier hilft die Quelle von Herrn Niggemeier.
    Fragt man sich, ob das wirklich so gemeint ist, muss man sagen, wer glaubt das Homosexualität heilbar ist, der glaubt auch, dass sie anerzogen werden kann.
    Punkt 3:
    Verschiedenheit der Persönlichkeitsstruktur resultiert nicht allein aus der sexuellen Orientierung oder dem Geschlecht, das sollte eigentlich klar sein. Punkt 4 ist lediglich die Wiederholung von Punkt 3 mit anderen Worten.
    Punkt 5:
    Die wichtige Verarbeitung eines Verlustes setzt voraus, dass man etwas besaß, dass man verlieren konnte. Hat man es nicht besessen, gibt es auch keinen Verlust, den man verarbeiten muss. Kinder von Alleinerziehenden, die den anderen Elternteil nie kennen lernten, haben gar keinen Verlust erlitten. Sie können höchstens bemerken, dass bei ihnen im Vergleich zu anderen etwas fehlt.
    Diese Erkenntnis ist aber kein tragischer Verlust, der einer Trauerarbeit bedarf.
    Also selbst wenn man lediglich das Gesagte ohne Ansehen der Person inhaltlich abklopft, kann man sich zu den ersten fünf Punkten eine Meinung bilden.
    Nach meiner Meinung kann man sie ganz entschieden von der Hand weisen.
    Noch etwas zu Punkt 8:
    Liest hier vielleicht eine lesbische Frau mit, die mal berichten möchte, wie sie nach ihrem Coming Out plötzlich anfing, die Liebe zu ihrem Vater zu verlieren, weil sie plötzlich nichts Männliches mehr in irgend einer Art „Nähebeziehung“ mehr haben konnte?

    Da ist ein Arzt aus dem Krankenhaus in langjähriger Partnerschaft mit dem Rechtsberater einer Versicherung. Sie können kein Kind aufziehen, wenn sie es wollten.
    Aber Kevin, das sechste Kind einer arbeitslosen Familie, die seit der Agenda 2010 resigniert hat, kriegt wenigstens sein Recht auf Mutter und Vater.
    Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.
    Amen.

  192. Homosexuelle durften „schon immer“ Kinder adoptieren, das Problem war, dass sie das nur als Einzelpersonen durften, nicht als Paar. Inwiefern Alleinerziehende bessere Elternteile abgeben sollten als Paare, weiß ich jetzt zwar auch nicht, aber der Streit ging eigentlich nur um die Frage, ob eine eingetragene Lebensgemeinschaft als zwei gleichberechtigt erziehungsberechtigte Elternteile erlaubt sein sollte, damit z.B. beide Elternteile das Kind vom Kindergarten oder aus der Schule abholen dürfen, damit zum Arzt gehen oder was sonst noch wichtig werden kann. Alternative wäre eine Generalvollmacht gewesen, die das erziehungsberechtigte Elternteil dem anderen ausstellt. Eher suboptimal.
    @# 214: ich bezweifle ernsthaft, dass Eltern mit 5 Kindern, die alle von Hatz IV leben, noch ein Kind adoptieren könnten.

    Zu #99: Herr Niggemeier, ich verstehe ja, was Sie meinen, aber was, wenn Frau Will und Frau Meckel gar nicht gemeinsam über den roten Teppich gehen wollten? Legitime Gründe könnten sein:
    1) Frau Will ist ein eher bescheidener Mensch und möchte ihr Privatleben nicht in der Öffentlichkeit breitwalzen.
    1a) …oder jedenfalls nicht in der BILD
    2) Frau Meckel ist etwas schüchtern und möchte nicht, dass IHR Privatleben öffentlich stattfindet.
    3) Frau Meckel ist nicht schüchtern, aber outing-technisch noch nicht soweit.
    4) Beide sind beziehungstechnisch noch nicht soweit, dass sie ihre Beziehung so „offiziell“ machen wollen.
    Bis auf 3) könnten all diese Gründe auch auf Heteros/as zutreffen. Speziell Punkt 4) könnte man als außenstehende(r) Journalist(in) gar nicht wissen. Fänden Sie es gut, wenn jemand ein Heterosexuellen-Paar – schlimmstenfalls mit Verweis auf eine drohende BILD-Veröffentlichung – nahelegen würde, demnächst doch bitte zusammen bei einem größeren gesellschaftlichen Anlass aufzutreten? Nur so als Vorbild für die Jugend.
    Und das Anne Will ein sympathisches Vorbild ist, sicher nicht nur für lesbische Mädchen, will ich nicht bestreiten, aber in der Konsequenz hieße das Argument eigentlich, dass nicht-so-sympathische oder vorbildliche Homosexuelle sich nicht outen zu bräuchten. Oder es nicht sollten. Ähhhmnja…
    Langer Rede kurzer Sinn, einen gesellschaftlich-moralischen Druck aufzubauen, sich als homosexuell zu outen, finde ich nicht gut. Das fände ich auch dann nicht, wenn es keinen Gegendruck (mehr) gäbe.
    Es gibt nebenbei auch Heteros und Heteras, die in aller Stille heiraten oder über ihren Beziehungsstatus auch sonst nicht reden. Gleiches Recht für gleiche Bürger.

    Frohes Fest allerseits.

  193. Sehr guter Beitrag! Dies sind meine Lieblingssätze:
    „Der ARD-Mann sagt, die Plakate sollten provozieren, aber für Leute, die beim Anblick eines schwulen Paares fragen, ob das normal ist, für solche Leute sind diese Plakate keine Provokation. Sie bebildern einfach ihre Vorbehalte.“
    und
    „Der Begriff [Komfortzone] passt ganz gut zum heiklen Begriff der „Toleranz“, die ja im Gegensatz zur „Akzeptanz“ ein Gedulden und ein Ertragen von etwas beschreibt, das man eigentlich ablehnt oder einem zumindest unangenehm ist — etwas, das mindestens außerhalb der eigenen Komfortzone liegt.“
    Das ist endlich mal eine zutreffende Beschreibung des Begriffs Toleranz. Klaus Kleber hat anlässlich der Ermordung Theo van Goghs gesagt, dieser sei ein Mann gewesen, der „unsere Toleranz beanspruchte“.
    Genau! Wir sind gerne tolerant. Aber unsere Toleranz kann auch überbeansprucht werden.

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