Was mit „Wetten, dass“ stirbt: Das Genre der „Wetten, dass“-Kritik

Gehen wir zurück ins Jahr 1987 und blenden uns ein in die Rezension der damals noch an einer mittelschweren Parenthesie leidenden „Neuen Zürcher Zeitung“ über die Premiere von Thomas Gottschalk als Moderator von „Wetten, dass“:

Jedenfalls hat der ein überschweres Erbe antretende Gottschalk ein Début gegeben, das sich sehen lassen kann. Nicht mehr der mitunter enervierend „aufgestellte“ Zappelphilipp begegnete einem; zwar nicht domestiziert, aber – zu seinem eigenen Vorteil – zurückgebunden, führte er zunehmend unverkrampfter durch die Wettspielshow, liess die von ihm erwarteten sarkastischen Seitenhiebe nicht missen, dosierte sie aber unter Eliminierung jeder Schnoddrigkeit auf das zuträgliche Mass – und traf mehrheitlich ins Schwarze.

Kann sein, dass das Lampenfieber, das Gottschalk zu Beginn des Abends augenscheinlich gehörig plagte, eine heilsam dämpfende Wirkung zeitigte. Gerade die kleinen Unsicherheiten, die Versprecher, sekundenlang sichtbar werdende Hilflosigkeit, schlagen ja nicht a priori negativ zu Buche. Vielmehr dürften sie die Sympathie des Publikums erhöhen; denn wer mag schon einen perfektionierten Unterhaltungsroboter.

Gelingt es dem zweifellos über eine gute Portion Mutterwitz und handwerkliches Können verfügenden Gottschalk, weder programmierte noch programmierbare menschliche Unmittelbarkeit dieser Art beizubehalten, zugleich die paar negativ wirkenden Misstritte – etwa die abrupte Unterbrechung von Gesprächspartnern oder andere, sofort als Zeichen von Kaltschnäuzigkeit ausgelegte Ungereimtheiten im Umgang mit seinen Gästen – zu vermeiden, ist er auf einem guten Weg.

Mit „Wetten, dass“ stirbt heute auch das Genre der „Wetten, dass“-Kritik. Jemand müsste mal nachhalten, wie viele Quadratkilometer Platz dadurch jährlich in deutschen Tageszeitungen frei werden und wie viele Kapazitäten in den Online-Redaktionen. Abgesehen vielleicht vom „Tatort“ ist wohl keine Fernsehsendung hierzulande so manisch und obsessiv besprochen worden wie diese Show.

Eigentlich wollte ich zu deren Abschied eine ausführliche Würdigung des journalistischen Genres der „Wetten, dass“-Kritik schreiben. Aber der Textkorpus war einfach zu groß. Und die Auswertung zu ermüdend – auch wenn genau das das Ziel der Übung gewesen wäre: die Eintönigkeit und fehlende Originalität über die Jahre zu demonstrieren.

Sprachlich kommt an die oben zitierte NZZ-Kritik natürlich niemand heran. Allerdings bemühte sich auch die FAZ nicht unerfolgreich um eine gewisse Unverständlichkeit. In der Besprechung der ersten „Wetten, dass“-Sendung bestaunte sie am 16. Februar 1981 „die Macht des Apparates“:

Vor allem aber präsentiert das Fernsehen seine technische Potenz. Ein Computer für Zuschauervoten ist da, Direktschaltungen zu fernen Orten gelingen, Bildmontage, Verzerrer und Zeitlupe sind nötig. Aus dem bunten Abend, von dem die Unterhaltungsshow abstammt, ist ein gigantischer Jahrmarkt geworden, der etwas inzwischen Abstraktes vermitteln soll: Freude. Fast selbstverständlich sind die Mitspieler und auch der Moderator dem Apparat unterlegen: Was passiert, soll ganz unvorbereitet wirken. „Natürlich bin ich präpariert“, rief Curd Jürgens dazwischen. Die Kandidaten schmuggeln zwar noch etwas Persönliches in ihr Wettangebot ein, wie etwa die Geburtsdaten der Familie. Die Sendung aber schient etwas anderes von ihnen zu wollen, ein auf die Rolle reduziertes Verhalten. Die beiden Stars im Team mußten noch einmal ihre vergangenen „Images“ spielen, statt den dazu inzwischen gewonnenen Abstand darstellen zu können.

Vielleicht ist das der Grund, warum ihnen das Mitmachen so schlecht gelang. Frank Elstners auf Unmittelbarkeit zielende Gesprächsführung konnte sich nicht gegen den Apparat durchsetzen. Ein gieriger Zuschauer soll bedient werden, der sich am Monströsen ergötzt und alles sofort haben will.

Das Fernsehen bildet, das zeigten viele Elemente der Show, gegen die Beiträge seiner Mitspieler eine eigene Tradition aus, indem es auf frühere Sendungen zum Beispiel von Peter Frankenfeld, Hans-Joachim Kulenkampff und Lou van Burg zurückgreift. Es scheint so, als ginge im Verlauf dieser Tradition der Sinn der Einzelideen langsam verloren.

Sechs Jahre später verabschiedete die NZZ Frank Elstner aus der Show mit folgenden, offenkundig lobend gemeinten Sätzen:

(…) Frank Elstner ist im Grunde kein Showmaster, auch er ist nur ein Präsentator, einer jedoch, der sein Handwerk beherrscht. Dass er stets gut vorbereitet auf die Bühne kommt, dass er von seinen Gästen, die er aus den Reihen der politischen und der Bühnen- sowie der Sportprominenz holt, weiss, was es in diesen Augenblicken der Schaustellung und des leichtzüngigen Geplauders zu wissen gilt, das ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Und dass er dieses zugeschnittene Wissen um Personen und Situationen heiter, gelassen und gängelnd seinem Publikum vorsetzt, lässt ihn sogar als intelligent erscheinen.

Sic!

Was Frank Elstner auszeichnet, womit er spielt, das ist sein Charme, ist die Liebenswürdigkeit, mit der er auf die Menschen, die Gäste also, die wetten, aber auch und vor allem die Konkurrenten im Wettbewerb, zugeht. Er biedert sich ihnen zwar nicht an, aber er ist auf eine ganz natürliche Art freundlich mit ihnen, lässt es an Respekt nie fehlen; er bringt Respekt nicht bloss vor Leuten von politischer Prominenz auf, in diesem Fall vor Oberbürgermeister Diepgen, sondern behandelt den kleinen Mann so umgänglich wie den grossen, und wie er diesem gegenüber nie unterwürfig wird, klopft er dem anderen nie auch in misslicher Jovialität auf die Schulter.

(…) Und auch jenem Zuschauer, dem das Unterhaltungsvergnügen eines solchen Showabends eher fremd ist, empfiehlt er sich in dieser seiner Natur.

Was mutmaßlich ungefähr bedeuten sollte: Natürlich gucke ich, der NZZ-Rezent, sonst so einen Quatsch nicht. Aber auch wenn es Quatsch ist, so ist es doch – zwar, aber – ganz ordentlich gemachter Quatsch.

„Wetten, dass“-Kritiken scheinen fast vom ersten Tag Abgesänge gewesen zu sein. Als Thomas Gottschalk 1987 zum ersten Mal moderierte, begann die „Süddeutschen Zeitung“ ihre Besprechung so:

Die große Samstagabend-Familienshow ist doch längst gegessen, sagen sie alle, die beim Fernsehen für Unterhaltung zuständig sind. Ein urdeutsches Fossil ist das, woanders gibt es so was längst nicht mehr. Wenn erst der Kuli nicht mehr mag und der Carrell aufhört, ist es sowieso aus.

Und als Thomas Gottschalk 1992 zum ersten Mal aufhörte, schrieb die „Welt“:

Gottschalk tritt ab von der Bühne der Samstagabendunterhaltung. Das ist schade, weil mit ihm endgültig auch das Familienfernsehen ihr [sic!] Ende gefunden hat.

Seinen Nachfolger Wolfgang Lippert begrüßte die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ mit perfidem Lob:

Es ging nichts daneben, Lippert ist ein ausgelernter Profi des Gewerbes. Er hat es in der verblichenen DRR gelernt und praktiziert. Wir müssen uns allmählich daran gewöhnen, daß es zu den Eigenschaften totalitärer Staaten gehört, nebenbei eine Bevölkerung, die nicht viel zu lachen hat, mit ordentlich ausgebildeten Volksbelustigern bei Laune zu halten. Die Leute, die das Metier beherrschen wie Lippert, sind ganz einfach gut ausgebildet. In seinem speziellen Fall sind sie sogar auf dem Weg, richtig gut zu werden. Lippert ist schnell, sympathisch, witzig und – völlig humorlos.

Er ist ein Symptom und nicht allein daran schuld, daß einen „Wetten, daß…?“ von Sendung zu Sendung immer verdrießlicher stimmen kann.

Lippert ging wieder, Gottschalk kam wieder, und die FAZ notierte zu seiner Rückkehr im Januar 1994 sorgfältig, was er alles nicht falsch gemacht habe:

Gottschalk unterlief in der Tat kein Fehler. Er entgleiste nicht im Gespräch mit Heinz Rühmann. Den reizenden alten herrn so sanftmütig zu umsorgen zeugte von liebenswürdiger Beißhemmung. Niemand kann hier etwas einwenden. Er beleidigte keine Kandidaten, und er hatte – wohl eher Verdienst der perfekten Logistik seines Teams – mit den „Scorpions“, der am besten als Hard-Rocker verkleideten Combo der Nation, und mit Meat Loaf stromlinienförmige Musikeinlagen.

Man könnte ein Quiz machen mit Versatzstücken aus „Wetten, dass“-Kritiken und fragen, ob sie zwei, zwölf oder zweiundzwanzig Jahre alt sind und in welche Moderatoren-Ära sie gehören. Es wäre ein sehr, sehr schweres Quiz. Das hier zum Beispiel:

Eines steht fest: Hätte der immer zu Gelächter bereite Sonnyboy diese Mischung aus selbstdarstellerischen bzw. nervösen Gesten und nicht gerade von den Sitzen reißenden Wetten vor einem Monat abgeliefert, wären die Kritiker des Moderatorenwechsels in den meisten ihrer Befürchtungen bestätigt gewesen. (…) Die Diskrepanz zwischen penetranter Eigenwerbung der Prominenten aus Politik, Kultur und Sport und ihrer späteren Überflüssigkeit, die läppische Einlösung der Wetteinsätze noch innerhalb der Sendung und die an sich gut gemeinte Kinderwette, aus der aber eine Präsentation von altklugen Vorschulsonderlingen zu werden droht, ist offensichtlich nicht der Weisheit letzter Schluß.

Das würde, mit kleinsten Variationen, zu fast jedem Moderator nach Elstner passen. Es war die Kritik der „Stuttgarter Zeitung“ vom 9. November 1992, also nach der zweiten Sendung mit Wolfgang Lippert.

Oder das hier:

Weil [der Moderator] den Leuten fast auf dem Schoß sitzt, jede Fremdheit leugnend, die erst Neugier möglich macht, kann er keine richtigen Fragen stellen. So fehlen jenseits einer gewissen Flottheit des Augenblicks auch Ironie und Selbstironie in seinem Programm. Anflüge von Humor werden da schon als Höchstleistung gefeiert. Der Rest aber ist Fröhlichkeit zum Anfassen. Auch wenn man gar nicht lacht.

Auflösung: Nicht Gottschalk, nicht Lanz, auch Lippert. In der FAZ aus Anlass seiner „Dernière“ Ende 1993.

All die Abgesänge auf „Wetten, dass“, sie sind in den letzten dreißig Jahren alle schon einmal geschrieben worden. Die „Berliner Zeitung“ im November 2000:

12,8 Millionen Zuschauer, 40 Prozent Marktanteil. Blendende Zahlen für das ZDF. Wie immer mit Gottschalk.

Aber diese Ergebnisse erscheinen inzwischen wie schwerfällige Gewohnheiten, wie ein Echo, dessen kräftiger Anfangsschrei lange zurückliegt. Es ist wie mit einer Ehe, die langsam erlischt, der Sex bleibt auf der Strecke, auch wenn man noch das Bett teilt. Thomas Gottschalk hat an Qualität verloren.

Der „Tagesspiegel“ stimmte einen Monat später zu:

Man ist noch kein Denkmals-Stürmer, wenn man „Wetten, dass…?“ die Qualität des ewigen Selbstläufers abspricht. Die ZDF-Show ist stehen geblieben. Sicher, kaum ein Mega-Star, der sich nicht aufs Sofa quetschen lässt, unbestreitbar, dass Gottschalk seine Live-Sendung fest im Griff hat. Aber das Berechenbare kann auch enttäuschen. Bestimmt wird Gottschalk immer den Unsicheren geben, wenn ein Super-Super-Model auftaucht, er wird Röcke, Selbstgehäkeltes und blondes Wallehaar tragen, mit präsentem Wortwitz punkten. Die Überraschungsmomente sind ganz, ganz klein geworden. Bei den Wetten überfällt den Zuschauer immer öfter das Gefühl, mehr mit Varianten von erprobter Geschicklichkeit als mit origineller Geschicklichkeit gelockt zu werden. In der jüngsten Ausgabe wurde die Reprise einer Wette von 1983 angeboten.

Das einzige, was vielleicht noch berechenbarer war als „Wetten, dass“: die Besprechungen von „Wetten, dass“.

Nachtrag, 16 Uhr. Für die FAZ habe ich zum Abschied der Sendung darüber geschrieben, wie „Wetten, dass“ immer als etwas Bedeutungsvolles behandelt wurde.

41 Replies to “Was mit „Wetten, dass“ stirbt: Das Genre der „Wetten, dass“-Kritik”

  1. Danke für den Beitrag! Interessanter als die Kritiken zum Modertor find ich jedoch die Aussagen die über die Show an sich getroffen werden. Das die Technik des Fernsehens voran geschritten wurde. Da werden noch die Zeitlupe und Fernschalten betont. Vielleicht ist es unter anderem das, was Millionen von Fernsehzuschauern so begeistert hat. Das Fortschrittliche im Fernsehen, was es nun aber leider nicht mehr ist. Mein IPhone kann bessere Zeitlupenaufnahmen als die teuren ZDF-Kameras machen und in Zeiten von Skype erscheinen Fernschalten lächerlich. Jedenfalls für die Jungen Kids da draußen. Wir müssen uns eingestehen, dass es völlig normal ist, dass ein Format außer Mode kommt. Der Alterungsprozess schreitet dann auch schneller mit einem Moderator wie Lanz voran. Die Sehgewohnheiten haben sich geändert. Man darf nicht zu nostalgisch an die Sache rangehen, obwohl es mir auch schwer fällt. Zum Glück gibt es ja noch ZDFKultur. Die bleiben hoffentlich noch so lange erhalten, dass sie Wiederholungen zeigen können. Gleich nach der ZDF-Hitparade.

  2. hach, das wäre doch eine tolle Wette für die letzte Sendung gewesen: „Der Journalist Stefan Niggemeier wettet, dass er 50.000 Wetten dass..?-Kritiken der jeweiligen Sendung und dem entsprechenden Autor samt Zeitung zuordnen kann.“

  3. Regel 1 – Das Spielfeld

    Abmessung

    Die Seitenlinien sind zwingend länger als die Torlinien.

    Länge (Seitenlinie): mindestens 90m höchstens 120m
    Breite(Torlinie): mindestens 45m höchstens 90m
    Alle Linien sind gleich breit. Ihre Breite beträgt höchstens 12cm.

    Internationale Spiele

    Länge (Seitenlinie): mindestens 100m höchstens 110m
    Breite(Torlinie): mindestens 64m höchstens 75m

  4. Wenn ich die Fläche mal ganz grob über den Daumen überschlage, komme ich auf einen Wert, der zu groß für Fußballfelder und zu klein für Saarländer ist. Was nun?

  5. Also, da fehlt mir jetzt aber schon das (vorerst) letzte Stadium der „Wetten, dass …“-Kritiken. Schließlich hat sich der gute Herr Lanz so bemüht, gerade diesem Genre eine bisher ungeahnte Dimension zu hinzuzufügen. Die Verrisse seiner Sendungen suchen vermutlich in der gesamten „Wetten, dass …“-Kritik-Geschichte ihresgleichen. Das sollte nicht unerwähnt bleiben. Danke, Markus Lanz!

  6. Herr Niggemeier, stimmt die von Ihnen zitierte Quelle FAS, da Lippert 1992 „Wetten, daß..?“ übernahm, aber die FAS erst 2001 gegründet wurde!

    „Seinen Nachfolger Wolfgang Lippert begrüßte die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ mit perfidem Lob“

  7. Wetten, daß…? hat es ganz knapp geschafft, vor den Zeitungen von denen es kritisiert wurde, zu sterben.

  8. Hach, waren das noch Zeiten, als sogar für Dieter Hildebrandt die 35 Minuten Überziehung in der ersten Sendung ein Anlass waren, sie im Scheibenwischer zu erwähnen. Bei der auch in dieser Hinsicht inzwischen zum Dino mutierten Weiterentwicklung sind ja leider 3 Stunden die Norm. Aber auch die werde ich mir nicht mehr aus alter Sentimentalität antun. Heute steht wie in den vergangenen Wochen auch „Strictly“ im Programmplan. Da ist die komplette Samstagabendunterhaltung in knackigen 74 Minuten erledigt und man kann die restliche kostbare Lebenszeit mit etwas Sinnvollerem als Fernsehen verbringen.

  9. @Reedmace Star
    Es bietet sich an, auf eine Zwischeneinheit übergehen, beispielsweise den bekannten berliner Ortsteil Kreuzberg. Es gilt dann 1 Saarland = 1862 Kreuzberg, 1 Kreuzberg =1417 Fußballfeld (bei arithmetischer Mittelung der og. Maße).

  10. Sehr hübsch, sehr interessant auch.
    Ich finde ja, die Abschiedskritik für Frank Elstner von 1987 enthält eine Menge auch heute noch Wahres:

    Was Frank Elstner auszeichnet, womit er spielt, das ist sein Charme, ist die Liebenswürdigkeit, mit der er auf die Menschen, die Gäste also, die wetten, aber auch und vor allem die Konkurrenten im Wettbewerb, zugeht. Er biedert sich ihnen zwar nicht an, aber er ist auf eine ganz natürliche Art freundlich mit ihnen, lässt es an Respekt nie fehlen; er bringt Respekt nicht bloss vor Leuten von politischer Prominenz auf, in diesem Fall vor Oberbürgermeister Diepgen, sondern behandelt den kleinen Mann so umgänglich wie den grossen, und wie er diesem gegenüber nie unterwürfig wird, klopft er dem anderen nie auch in misslicher Jovialität auf die Schulter.

    Es war und ist m. E. die richtige Balance aus Nähe und Abstand jeweils zu Prominenz und Normalbürger, aus Begeisterungsfähigkeit und Weltläufigkeit, Schnoddrigkeit und Kinderstube, die den Charme der Show ausgemacht hat und auch weiterhin ausmachen könnte. Es bräuchte ein entsprechendes Konzept und einen Moderator, der das heutezutage noch überzeugend vermitteln könnte. Und da sieht es eben mau aus. So etwas würde ich keinem Lanz, Kerner, Pflaume, Pilawa, Silbereisen, Raab, Böhmermann, Joko&Klaas usw. zutrauen, auch keiner Schöneberger oder – sorry, Stefan – Engelke. Bestenfalls einem Hape Kerkeling oder einem Götz Alsmann.
    Aber irgendwann wird hoffentlich der oder die Richtige das Lagerfeuer schon wieder angefacht bekommen.

  11. Ist Fernsehkritik nicht eh eine „Branche“, die nicht müde wird, sich selbst zu wiederholen und austauschbar zu sein? Das Phänomen ist meiner Meinung nach keine Besonderheit von „Wetten Dass“-Kritiken. Am auffälligsten ist die Wiederholungsschleife bei den täglichen Talkshows. Kaum einmal kommt die Kritik ohne die Bemerkung aus, dass das Thema der Sendung nicht erschöpfend behandelt, ziemlich verfehlt wurde oder keinen weiteren Erkenntnisgewinn brachte, was nun wirklich bei dem Format eine „Überraschung“ ist, obwohl vermutlich die Talkshows bei den öffentlichen-rechtlichen Sendern zum Informationsprogramm gezählt werden.

  12. Ich fand den Satz damals aus der NZZ so schlecht nicht:

    „wer mag schon einen perfektionierten Unterhaltungsroboter.“

    Beim ZDF hat man das zuletzt ganz offensichtlich nicht kapiert.

  13. @Theo: Im Bezug auf die jetzige Situation muss man allerdings noch den Wortteil vor „Roboter“ aus dem Zitat streichen.

  14. @Pepito:
    „Aber irgendwann wird hoffentlich der oder die Richtige das Lagerfeuer schon wieder angefacht bekommen…“

    Wer braucht in Zeiten des (auch medialen) „Klimawandels“ schon noch ein Lagerfeuer? Außer vielleicht zum Hammel grillen?

  15. @8: „Wenn ich die Fläche mal ganz grob über den Daumen überschlage, komme ich auf einen Wert, der zu groß für Fußballfelder und zu klein für Saarländer ist. Was nun?“

    Das Problem ist bekannt, aber gelöst. In solchen Fällen greift man im deutschen Journalismus seit jeher auf Monaco zurück. Suchen Sie mal in Google nach „… so groß wie das Fürstentum Monaco“.

  16. Ein wichtiges Thema. Bevor vielleicht Betreuer der Arbeitsagentur vor dieser schwierigen Aufgabe stehen, sollten wir über eine sinnvolle Anschlußverwensung arbeitsloser Wettendass-Kritiker nachdenken. :-)

  17. Was mich an der Berichterstattung stört, sind die von nahezu allen Medien und auch von Herrn Niggemeier bemühten Todesanalogien! Da wird gestorben, beerdigt, zu Grabe getragen usw.
    Geht´s noch?
    Eine, zugegeben, über Jahre beliebte Fernsehsendung wurde mit der gestrigen Ausgabe eingestellt. Ich hoffe, alle Beteiligten an der Sendung erfreuen sich bester Gesundheit und haben noch ein langes Leben vor sich.

  18. Folgende Überschrift bei „MEEDIA“ fasst das ambivalente Verhältnis von Presse und Öffentlichkeit zu „Wetten, dass“ ganz gut zusammen, finde ich:

    „Wetten dass..?”-Finale: Schade, dass endlich Schluss ist.“

  19. Habe mir zwei Folgen davon angetan; jede war vergeigte Lebenszeit.
    Die Sendung war nichts als das mit mehr oder weniger interessanten Wetten verbrämte PR-Gewese für Filme, Bücher, Platten …
    Wenigstens eine dieser überflüssigen, mit uns abgepresstem Geld finanzierten, Sendungen im öffentllich-rechtlichem Fernsehen kann uns nicht mehr PR-Käse unterjubeln. Leider gibt es weiter überreichlich davon.

  20. Droht denn jetzt pünktlich zum Sommerloch das erste Exclusiv-Interview mit Markus Lanz nach der letzten Sendung im Focus?

  21. Ha, Kommentar 25 fällt in die Kategorie genau wie ich es erwartet hatte (mit leichter Variation, nämlich der speziellen Sendung eben…) :-)

    Die taz lässt es sich natürlich nicht nehmen, einen krönenden Abschluss dazuzusetzen.

    Und ich frage mich, was das Genre der „Wetten, dass“-Kritik ersetzen könnte… Yoko-und-Class-Kritik? Kahn-und-Müller-Hohenstein-Kritik? Oder gibt es bald ohnehin nur noch die unspaßige Besatzungsmacht-Systemmedien-Kritik?

  22. @15
    Schöne Metapher mit dem Lagerfeuer. Aber bei sprachlichen Bildern sind die Assoziationen doch immer sehr individuell.
    Ich sehe da ein Fernsehformat, dem es in der Vergangenheit mal gelang, alles im Alter von 13 bis 103 gemeinschaftlich vor der Röhre (im wahrsten Sinne des Wortes) zu versammeln. Jeder der Zuschauer konnte seinem persönlichen Highlight entgegenfiebern und die aus seiner Sicht langweiligen Sachen besser ertragen, weil andere Menschen (z.B. Familie), die ihm nahestanden, daran eben Freude hatten.
    Ich erinnere mich daran, dass bei einigen langweiligen Szenen die Unterhaltung eben darin bestand, das leuchtende Gesicht der Oma zu betrachten und nicht so sehr das Geschehen auf dem Bildschirm.
    Und wenn Ihre Lagerfeuer Bemerkung in diese Richtung geht, wundert mich ihr Optimismus, dass ein geeigneter Moderator in der Lage sein sollte, ebenjenen Zauber vergangener Tage wieder zu beleben.
    Dass es dem Format einst gelang, drei bis vier Generationen gemeinschaftlich zu versammeln, war dem Umstand zu verdanken, dass Bedürfnisse befriedigt wurden, die kaum jemand sonst erfüllte.
    In meiner Teenagerzeit in den 80’ern war es für meine Altersgenossen und mich in erster Linie der Auftritt bestimmter Musiker. Wo konnte man sonst schon sehen, wie die leibhaftig auf einer Bühne zu Gange waren. Jedes Wort, dass sie zu ihrem aktuellen Hit oder Album absonderten, kam einer Offenbarung gleich, war wertvolle, exklusive Information, über die man sich tagelang unterhalten konnte.
    Mit der Zunahme der Auswahl an Fernsehsendern wurde das immer mehr relativiert.
    Spätestens mit der Verbreitung des Internets wurde das erledigt. Wenn ich nahezu jedes Interviewschnipsel, dass irgendwo auf der Welt geführt wurde, finde, von einer einzige Tour verschiedene Liveauftritte ansehen kann, dann verliert logischerweise der Auftritt bei Wetten-Dass seine Besonderheit. Das trifft auf das Auftreten diverser anderer Prominenz aus Politik, Gesellschaft und Kultur natürlich ebenso zu. Niemand kann sich zu irgendeinem Thema äußern und etwas sagen, was man von ihm anderswo nicht schon ausführlicher oder witziger oder tiefschürfender gehört hat. Die Offenbarung von einst wurde zu belanglosen Floskel.
    Da kann ein Lanz nichts dafür, da stirbt ein Format nicht einfach, da siecht es hin (Entschuldigung an Frank Reichelt).
    War Lanz ein Katalysator des vorbestimmten Endes oder eher ein überforderter Intensivmediziner, der an allen möglichen Apparaten spielte, um den Patienten immer noch zucken zu lassen?
    Ich glaube deswegen nicht daran, dass irgendwer als Moderator in der Lage ist, das Lagerfeuer wieder anzufachen.

  23. Interessanter als diese Kritiken wäre für mich die Frage, wer da seit Jahren einen sogenannten „Lagerfeuer“-Mythos heraufbeschwört und wie der durch entsprechende Statistiken abgesichert ist. Ich behaupte mal analog „L’art pour l’art“ glauben in Medien-Machende nur dass, was sie schreiben bzw. durch Abschreiben von anderen noch als Glauben verstärken.

  24. Wurde eigentlich auch geschimpft, als wegen der lästigen Rechtschreibreform aus „Wetten, daß…?“ „Wetten, dass…?“ wurde? (Wenn auch nicht im Logo, das war seiner Zeit weit voraus)

  25. @Stefan: komplett off topic: Ich bin sehr unzufrieden mit dem, was bei den Krautreportern läuft. Wie sehr bist du da drin, damit das Projekt wenigstens im Ansatz den richtigen Weg findet (Stichworte: Gesülze, Selbstfindung, keine Ahnung, Angeberei, Mussjairgendwie, Desinteresse, Überlänge, dieser völlig aus den Wolken geschriebene und sinnbefreite Newsletter)? Meine 60,- Tacken galten vor allem dir, war falsch, dich mit den anderen gemein zu machen und auf ähnliche Qualität zu hoffen – mein Fehler, aber trotzdem sehr schade um das Projekt an sich. Gerne wieder 60,- Euro, aber dann nur, wenn auch ganz viel Niggemeier drin ist.

  26. @31
    „unspaßige Besatzungsmacht-Systemmedien-Kritik?“
    geht nicht, dann könnten die Kritikaster ja nicht parallel vor dem BVerfG gegen den Rundfunkbeitrag klagen. Wo Sie doch alle schon seit 10 Jahren keinen Fernseher mehr haben.

  27. @37 Prüfer
    Interessiert mich nicht, ich gehe schon seit 10 Jahren nicht mehr zu den Pressekonferenzen des BVerfG.

  28. @36: Der Stefan kritisiert gern und viel aber selbst reagiert er auf Kritik fast immer mit lediglich zwei Strategien: Er antwortet nicht sondern stellt eine Gegenfrage oder er antwortet nicht und macht den jeweiligen Kommentarschreiber verächtlich. Wahrscheinlich meint er das wäre irgendwie lustig. Aber diese Art und Weise zu reagieren sagt mir mehr über Stefan als über den Kommentarschreiber. KarinW: Ich sehe nicht was es da zu ‚liken‘ gibt.

  29. Hoffentlich fragt jetzt niemand, wie sie/er Kommentar 40 liken kann, und eröffnet somit eine Endlosschleife…

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