Der BR über die Propaganda-Soap des Heimatministers: „Markus Söder at his best“

Zu dem Werbepaket, das das Bayerische Fernsehen dem Heimatminister des Freistaates geschnürt hat, gehörte nicht nur der Auftritt in der Vorabendsoap „Dahoam is Dahoam“. Markus Söder (CSU) schaute am Tag der Ausstrahlung auch in der „Abendschau“ bei Moderator Christoph Deumling zum Kuscheln vorbei.

Deumling: Und jetzt in der Abendschau am Dienstag: Der Bayerische Finanz- und Heimatminister Markus Söder, herzlich willkommen.

Söder: Herzlich willkommen. Grüß Gott.

Deumling: Wobei Sie heute nicht als Minister da sind, sondern als Schauspieler, denn, liebe Zuschauer, heute Abend, in „Dahoam is Dahoam“, in einer Gastrolle zu sehen. Wie kam das? Sind die auf Sie zugekommen?

Söder: Ja, ich hab irgendwann die Anfrage bekommen, ob ich in der populärsten, besten Serie aller Zeiten mitspielen will, vor allem in Bayern. Und da hab ich mir gedacht, naja, als Heimatminister in der Heimatserie, das könnte schon passen. Ich hab aber gesagt, wenn überhaupt, dann kann ich nur sozusagen als Minister da auftreten und nicht irgendwie als jugendlicher Liebhaber oder älterer Familienvater oder was weiß ich. Und dann haben sie mich gefragt, und dann hab ich einen Drehtag gehabt, und das war, ehrlich gesagt, ganz spannend.

Ein Einspielfilm demonstrierte dann, wie sehr Söder solche Auftritte in der Öffentlichkeit liebt, zum Beispiel auch beim Fasching. „Aber jetzt“, sagte die Sprecherin, „Markus Söder at his best, bei ‚Dahoam is Dahoam‘.“

Das Gespräch mit Söder auf dem Sofa endete einige Minuten später so:

Söder: Ich bin echter Fan von Bayern.

Deumling: Und Sie sind leidenschaftlicher Finanzminister und haben ein hohes Ziel: ausgeglichener Haushalt und 2030 ein schuldenfreies Bayern. In welcher Position werden Sie das erleben?

Söder: Das weiß ich noch nicht. Ich hoffe, dass ich es erlebe, ja, aber in welcher Position, ob beim Bayerischen Rundfunk [sic!], ob als Kabarettist… ich hoffe als Politiker natürlich.

Deumling: Wie schauen Sie heute Abend „Dahoam is Dahoam“?

Söder: Ich fahr jetzt dann nach Kreuth, und vielleicht ein paar Kollegen schauen mit mir das gemeinsam an.

Deumling: Wir drücken die Daumen.

Söder: Ja, ich bin auch schon ganz nervös.

Deumling: Alles Gute und Danke für den Besuch!

43 Replies to “Der BR über die Propaganda-Soap des Heimatministers: „Markus Söder at his best“”

  1. Ist was ganz anderes als bei Ramelow, weil hier unter öffentlich rechtlicher Kontr….
    Eigentlich isses mir ja Wurscht, Die Merkel duscht öffenlich fast gemeinsam mit der National 11, der Gauck ist sich quasi für nichts zu schade Hauptsache er darf predigen für Staat Füh Frau und Vaterland und in den Nachrichten, der Westerwelle im Bigbrothercontainer..
    Also was solls. Gleiches Recht für alle.
    Mehr kaputtmachen an meinem Politikerverständnis kann man eh nichts mehr

  2. Wenn Söders Auftritt bei DiD bereits Werbung war, ist das dann ja quasi Werbung für Werbung für die CSU, die sich selbst bewirbt – mehr Meta geht wohl nicht, Inception lässt grüßen. ;) Lustig auch, dass Söder DiD für die beste bayerische Serie aller Zeiten hält – diese Ehre gebührt jawohl doch eher Monaco Franze oder Meister Eder und sein Pumuckl.

  3. Das ist ja alles richtig und höchst kritikwürdig. Aber, Herr Niggemeier, eines muss ich jetzt doch mal loswerden: Sie gehören doch eigentlich – und Gott sei dank – zu jenen Journalisten, die immer sehr genau hinhören, sehr genau nachlesen, was Vertreter von Medien und Politik so von sich geben. Sie zitieren in ihren Blogbeiträgen gern und ausführlich O-Töne und unterziehen diese dann einer kritischen Analyse. Ich schätze ihre Aufmerksamkeit und Sensibilität für die „Macht der Worte“ sehr.
    Doch ehrlich gesagt irritiert mich Ihre Wortwahl in letzter Zeit schon häufiger: „Propaganda-Soap“, „Krebsgeschwür der deutschen Presselandschaft“ u. Ä. Verstehen Sie was ich meine? Da erwarte ich schon etwas mehr Besonnenheit bei der Formulierung – scharfe, ätzende Kritik muss nicht vulgär sein.

  4. @Pawel

    Was ist am Begriff „Krebsgeschwür“ vulgär? Eine Mutation abseits der funktionierenden Teile des Journalismus, im besten Falle funktionslos, andernfalls schädlich. Das scheint mir eine sehr treffende Beschreibung. Genauso wie „Propaganda-Soap“ für eine öffentliche Rundfunksendung, die Politiker der regierenden Clique belobhudelt.

    Es muss also an etwas anderem als Niggemeiers vermeintlich vulgärer Ausdrucksweise liegen, dass Ihnen das nicht gefällt. Könnte sich lohnen darüber nachzudenken.

  5. @Vonfernseher: Da möchte ich @Pawel beispringen. „Krebsgeschwür“ ist eine sehr drastische Metapher. Sie zeichnet das Bild einer bösartig-tödlichen Wucherung, die sich durch chirurgische Eingriffe beseitigen ließe. Die Nationalsozialisten haben diese Metapher missbraucht und umgekehrt wird auch der US-Anklagevertreter in den Nürnberger Prozessen, Telford Taylor, damit in Bezug auf den Faschismus zitiert. Stefan Niggemeier gebraucht den Begriff offenbar satirisch, hat ihn aber nicht in Anführungszeichen gesetzt auch im Text nicht weiter erwähnt. Bei jemandem, der sich normalerweise sehr sorgfältig artikuliert, kann das schon irrritieren.

  6. @TangoZulu:
    Ich gehe nicht davon aus, dass der Begriff hier „satirisch“ gemeint ist. („Satire“ trifft hier gar nicht.)
    Ich glaube, Niggemeier zitiert hier einfach den respektlosen Titel. Und provoziert den Verlag und vor allem den Chefredakteur persönlich, wahrscheinlich mit einer planvollen Absicht.

    Und jetzt am besten btt oder?

  7. @A Sau is er scho: Ja, genug für heute und im Mittelpunkt steht ja eigentlich auch der Heimatfernsehministerdarsteller….;-)

  8. Ihr hätter vielleicht den Krebsgeschwür-Artikel lesen sollen.
    Da geht es darum, das einer Frau eine Karzinom angedichtet wird, um Auflage zu machen.
    Ich finde, da kann man ruhig schärfer rangehen.

  9. Krebsgeschwür ist mehr als passend. Wenn eine Zeitschrift genau damit versucht Auflage zu generieren ist das nich die harmloseste Reaktion.
    Und wie soll Söders Auftritt anders beschrieben werden als Propaganda. Die CSU wird eh viel zu sanft angegangen, eine Partei die oft genug gegen demokratische und gesellschaftliche Werte agitiert, kann nicht scharf genug kritisieren.

  10. Söder ist dafür nicht zu kritisieren, er hat nur die Chance genutzt, die man ihm geboten hat. Man kann von ihm nicht erwarten, über Nacht irgendeine mediale Ethik zu erlernen oder zu begreifen, dass solche Auftritte stets auch nahe der Peinlichkeit liegen. Söder ist nichts peinlich.

    Beim Bayerischen Rundfunk allerdings, da schämen sie sich nicht – sie sehen auch nichts, was kritikwürdig wäre. Alles das ist bei dem Sender längst selbstverständlich, der muss gar nicht mehr aus der Staatskanzlei gesteuert werden, so etwas geschieht im BR von selbst. Sie arbeiten nicht für die Zuschauer, sondern für das eigene Standing im Unternehmen.

    Und nebenbei wird auch kein Oberer die hohen Kosten dieser Heimatserie hinterfragen; die CSU ist eine Partei, die zu danken versteht. (Was die CSU nicht daran hindern wird, an anderer Stelle bei den ÖR Sparsamkeit zu fordern).

  11. Dass Söder den Moderator „herzlich willkommen“ heißt, ist wahrscheinlich als Freudscher Versprecher zu verstehen. Er empfindet den BR – wie man sieht nicht ganz zu Unrecht – als „seinen“ Sender. Somit ist er der Gastgeber und der Moderator der Gast.

    Zu den Vorkommentatoren: Meiner Ansicht nach ist der Begriff „Propaganda“ kein vulgäres Wort. Sicher sollte man mit solchen Einordnungen vorsichtig sein und sie nur dann anwenden, wenn sie wirklich passen. Bei klaren Fällen von Propaganda sollte man aber auch „Propaganda“ sagen.

  12. Wundert die ganze Geschichte bei DIESEM Bayrische Rundfunk (mit Personal wie Gottlieb) wirklich jemanden ernsthaft?

    Sie waren nur so blöd, es in diesem Fall ähnlich plump zu machen, wie neulich der SWR.

  13. @JMK: Grundsätzlich stimmt das zwar. Wenn aber Kritik auf dem gleichen Niveau zurückkeilt, dann führt das zu genau dem Diskussionsniveau, das wir in unserer Gesellschaft zur Zeit haben. Wie oben schon zu Recht angemerkt, gibt es hier manchmal eine Rhetorik, die der Hausherr (der ja bei anderen immer so gerne Selbstkritik anmahnt) angesichts aktueller „Lügenpresse“-Exzesse auch mal hinterfragen sollte.

  14. Darf man auf „Grüß Gott!“ eigentlich mit „Nein.“ antworten? Mir ist jedenfalls immer danach…

  15. Ich sehe das ähnlich wie Blunt u. a.. Gerade der Propaganda-Begriff wird ja gerade nicht wenig strapaziert. Was umso bedauerlicher ist, als er hier eigentlich mal passt, auch wenn die Werbebotschaft hier ja nicht sonderlich subtil-manipulativ versteckt worden ist . Aber der ebenfalls von Stefan Niggemeier verwendete Begriff der Regierungs-PR scheint mir trotzdem angemessener.

    Den Krebsgeschwür-Begriff finde ich auf den zweiten Blick gar nicht mal mehr so unpassend, weil er – vor allem in Verbindung mit dem „ein“ – deutlich macht, dass es sich bei diesem Fall der „Super-TV“ um ein weiteres Symptom einer offenbar branchenüblichen Seuche handelt, die die Presselandschaft insgesamt zersetzen könnte. Hart, aber nicht unangebracht.

    (In dem Zusammenhang sei noch positiv erwähnt, dass der Hausherr anscheinend Abstand von seiner früheren „Geht sterben!“-Reihe genommen hat. Ob das mit Stil und Selbstreflexion zu tun hat, kann nich natürlich nicht beurteilen.)

  16. @S. Niggemeier
    Bitte mal nachfragen wie hoch die Gage des Schauspielers Söders war. Auch wenn ich vermute, dass in diesem speziellen Fall der BR um eine Entlohung herumgekommen ist, gehe ich davon aus, dass in der Regel selbst Statisten eine kleine Aufwandsentschädigung vom BR erhalten. Unabhängig davon wie die (nicht gegebene) Antwort ausfällt, wird die Sache auch nicht besser: kostenloses Schauspielern eines Ministerpräsidentenanwärters dürfte die eigentliche Intention des Herrn Söders unterstreichen, während eine branchenübliche Entlohnung ebenfalls für Unmut sorgen dürfte – nicht nur bei den vielen Söder-Doubles in Warteschleife.

  17. Söders herum Gelaber von wegen „War spannend mal bein so einem Dreh dabeigewesen zu sein“ wirkt noch lächerlicher, wenn man weiß dass Söder gelernter TV-Journalist ist und vom BR kommt.

  18. Das Interview spricht für sich – da muss man nicht mehr viel zu schreiben.

    Schade, daß Bayern keinen König mehr hat, dann könnte uns Rolf Seelmann-Eggebert im Vorabendprogramm des BR noch Hochzeiten am Hofe präsentieren.

    So müssen wir mit Heimatminister Söder vorlieb nehmen, immerhin aber ohne Verkleidung als Marilyn Monroe.

  19. Die Süddeutsche Zeitung zitiert heuer den Söder Markus mit folgenden Worten: „800.000 Zuschauer, dafür müssen Sie 800 Bierzelte füllen.“ Und kommentiert das Ganze recht charmant so:

    „Dass es praktisch keinen besseren Darsteller des bayerischen Finanzministers Markus Söder gibt als Markus Söder selbst, gehört schon länger zu den zentralen Erkenntnissen der bayerischen Landespolitik.“

  20. Also, wenn Markus Söder als Edelkomparse bei DiD „at his best“ ist, dann wird mir noch mulmiger bezüglich seiner politischen Tätigkeit als sowieso schon. Vielleicht sollte er ganz umsteigen… So mancher würde ihm dankbar sein!

  21. Jetzt wollte ich mir als mündiger Bayer das Original in der Mediathek des BR anschauen.
    Folge 1449 vom Dienstag ist im Gegensatz zu Folge 1448 vom Montag nicht abrufbar.

  22. @JMK: „Söder-Show“, „CSU-Soap“… Selbst mit „Schleichwerbung“ oder „Politiker-Placement“ hätte ich weniger Bauchschmerzen, obwohl diese Begriffe schon explizit Absicht unterstellen, was nicht unbedingt seriöser Journalismus ist. „Propaganda“ aber unterstellt nicht nur Absicht, sondern spielt unverkennbar mit historischen Assoziationen, die selbst in Bezug auf den BR völlig abwegig sind.

  23. @37

    Nein, „Propaganda“ beschreibt ziemlich genau das, was der BR mit/für die CSU macht. Ungefiltert und unkritisch staatliche Verlautbarungen nicht nur einfach zu übernehmen, sondern sie wie selbstverständlich als einzig möglichses Weltbild zu verkaufen. Und das auch noch in einem Unterhaltungskontext. Das ist strukturell das, was die UFA mit Kolberg wollte, wenn auch natürlich ne Nummer kleiner. Das Prinzip bleibt das gleiche.

  24. @Linus

    Der Vergleich mit Kolberg hinkt sogar auf zwei Beinen, haben Sie den Streifen überhaupt vollständig gesehen? Ich schon!
    Kolberg ist ein „Durchhaltefilm“, der im letzten Kriegsjahr die Moral des Volkes stärken und alle Gedanken an Kapitulation aus den Köpfen der Menschen tilgen sollte.
    Was gibt es denn bei dem Söder-Auftritt durchzuhalten? Die Zeit, bis Seehofer endlich zurücktritt und er sein Nachfolger werden kann? Abwegig!
    Wenn Sie schon die wie immer unpassende Parallele zur NS-Zeit ziehen wollen, verweisen sie lieber auf die Machwerke von Leni Riefenstahl, die Titel brauche ich Ihnen ja wohl nicht extra zu nennen.

  25. @Linus: Ihnen ist aber schon bekannt, dass „Kolberg“ auf offizielle Anordnung eines Reichspropagandministers produziert wurde? Bzw: Haben Sie nähere Informationen über offizielle Anordnungen aus der Bayrischen Staatskanzlei zum Dreh von „Dahoam is Dahoam“?

  26. den Vergleich mit Kolberg finde ich zu weit hergeholt. Wusste aber nicht dass die Nazis ein Vorrecht auf „Propaganda“ haben

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