Die „Tagesschau“-Routine

Der ARD-Reporter Christoph Maria Fröhder beschwert sich im aktuellen „Spiegel“ über „Tagesschau“ und „Tagesthemen“. Der „Spiegel“ nennt es eine „Abrechnung“. Fröhder scheint vor allem unzufrieden über die Art, wie er und seine Berichte intern behandelt werden. Er hat ein Problem mit Kai Gniffke, dem Ersten Chefredakteur von ARD-aktuell, dem er indirekt vorwirft, dass es ihm nur ums Management geht und nicht um den Journalismus. Aber Fröhder stört sich auch daran, wie diese Nachrichtensendungen das Weltgeschehen aufbereiten.

Er sagt:

Der pseudolockere Ton sagt ja noch nichts über die Haltung. Inhaltlich sind „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ ja weiterhin staatstragend. Der Journalismus dieser Sendungen ist nur noch additiv. Es werden bloß scheinbar relevante Fakten hintereinandergefügt, anstatt sie zu hinterfragen. Da beginnt doch die eigentliche Arbeit. Warum hat sich etwas so entwickelt? Kann es auch anders sein? Wenn ich diese Aufsager vor den Parteizentralen und dem Kanzleramt schon sehe! Die kommen einfach von der Routine nicht weg.

In der vergangenen Woche habe ich in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ ähnliche Kritik an der 20-Uhr-„Tagesschau“ und ihren Rituale formuliert:

(…) Wenn alle Autos vor- und wieder abgefahren sind, kommt der Korrespondent ins Bild und sagt, was das zu bedeuten hat. Im Hintergrund sieht man immer die Akropolis, damit der Zuschauer weiß, dass er in Athen ist.

„Mit geschwellter Brust und geschwollenem Kamm geht diese Regierung an den Start“, sagt ARD-Mann Peter Dalheimer am Montag.

„Alexis Tsipras scheint alles andere als konfliktscheu zu sein“, stellt er am Dienstag an selber Stelle fest.

„Athen lässt die Säbel rasseln – stumpfe Säbel allerdings“, ergänzt seine Kollegin Mira Barthelmann am Mittwoch ebenda.

„Die Löwen in Athen und Brüssel hatten in den vergangenen Tagen gut gebrüllt“, erzählt ihre Kollegin Ellen Trapp am Donnerstag vor derselben Kulisse. „Wie gut, wenn man miteinander spricht.“ Ihre Analyse gipfelt in der Mahnung: „Er ist der neue griechische Ministerpräsident. Das müssen in Brüssel nicht alle gut finden, aber auf jeden Fall sollten sie ihn tolerieren.“

Sie stehen dort nicht, um uns Dinge zu sagen, die wir noch nicht wissen. Sie stehen dort, um uns Dinge zu sagen, die wir schon wissen; die sie uns am Tag vorher schon gesagt haben und am nächsten Tag wieder sagen werden; die unseren Blick auf eine komplexe Entwicklung auf eine einfache, vertraute, im Zweifel bequeme Position verengen. Und Politik oft auf das reduzieren, was sie mit Politikern macht. (…)

Kai Gniffke antwortet darauf in der neuen F.A.S.:

(…) Die „Tagesschau“ wird im Kern bleiben, was sie ist. Aber sie wird sich wandeln. Wir werden noch härter sieben, was den Weg in unser Angebot findet. Es könnte darauf hinauslaufen, dass wir die Zahl der Themen reduzieren, um die verbleibenden ausführlicher aufzubereiten. Dann könnten noch häufiger Hintergrundinformationen in den Korrespondentenberichten enthalten sein, wie Stefan Niggemeier am Beispiel rechtsextremer ukrainischer Truppenteile nicht ohne Grund einfordert.

Unser mediales Umfeld hat sich tiefgreifend verändert. Die Möglichkeiten für jedermann, unsere Arbeit zu überprüfen und nachzurecherchieren, haben sich durch Internet und soziale Netzwerke erheblich ausgeweitet. Das ist ein wesentlicher Grund für das gewaltig angewachsene Feedback. Der Dialog mit dem Publikum nimmt viel Zeit in Anspruch und ist auch nicht immer vergnüglich. Aber er ist wichtig, weil er unsere Sinne zur Einhaltung unserer Standards schärft und zu konstruktiven Diskussionen in der Redaktion wie in dieser Woche führt. Und weil er die Chance bietet, unserem Ziel näher zu kommen, Menschen für den gesellschaftlichen Diskurs zu gewinnen. 

61 Replies to “Die „Tagesschau“-Routine”

  1. Noch ein anderer Eindruck drängt sich mir in diesen Tagen auf:
    Die Berichterstattung über die neue griechische Regierung in vielen deutschen Medien beruht nicht auf neutralen journalistischen Urteilen, sondern auf blanken Vorurteilen. Es hat sich nämlich in der ersten Woche herausgestellt, das Tsipras und sein Finanzminister keine Bürgerschrecks sind und durchaus vernünftige und moderate Töne anschlagen, was bei der deutschen Presse eine gewisse Ratlosigkeit auslöst, wie man das deuten soll, passt es doch nicht zur vorgefassten Meinung.
    Was macht man? Man verbeißt sich in Modefragen, wie Focus-Chefredakteur Ulrich Reitz, die lässige Kleidung von Varoufakis sei ein perfides Zeichen. Herr Nigemeier hat das ja auch schon thematisiert. Tut mir leid, das ist doch kein Journalismus mehr, das ist pure Paranoia! Da dürfen die sich nicht wundern, wenn der Vorwurf Systempresse erhoben wird, bei der Griechenlandberichterstattung trifft er zu und das gilt nicht nur für „Bild“.

  2. Ich finde es ganz interessant, dass Herr Gniffke Stefan Niggemeier den Respekt und die Beachtung seiner Argumente entgegenbringt (beides sollte natürlich sein), den/die er so gut wie jedem anderen (den Nichtjournalisten) verwehrt.

  3. ich nehme mal den letzten Abschnitt persönlich und hoffe, dass der Wille auch bei den Kollegen doch noch geweckt wird.
    Vielleicht bin ich auch nur zu müde, aber Herr Gniffke hat mich heute überzeugt, und morgen ist ein neuer Tag..

  4. @Jens Bernert 8. Februar 2015 um 00:01

    Ich finde es ganz interessant, dass Herr Gniffke Stefan Niggemeier den Respekt und die Beachtung seiner Argumente entgegenbringt (beides sollte natürlich sein), den/die er so gut wie jedem anderen (den Nichtjournalisten) verwehrt.

    Tja, so ist das in der Klassengesellschaft.

  5. mir als nichtjournalist wird das ganze immer unverständlicher.

    ich gewinne auch mehr und mehr den eindruck, daß die großen medien immer einheitlicher die regierungslinie vertreten, verbreiten und verkaufen.

    das war früher nicht so, es hat m.E. eindeutig einen großen paradigmenwechsel gegeben, warum auch immer. am einzelnen journalisten kann das doch kaum liegen, oder?

  6. 2 Jens Bernert

    Ich sehe da keine Beachtung der Argumente. Der wankelmütige Kai glaubt ja immer noch, dass Informationen über rechtsextremistische Paramilitärs, welche von einem gewalttätigen Neo-Nazi kommandiert werden, gewissermaßen irrelevant sind. Könnte man mal erwähnen, wenn man viel Zeit hat, aber im Grunde ist das nur eine belanglose „Hintergrundinformation“.

  7. Der deutsche Journalismus lebt in einer selbstgemachten Filter Bubble, ist mein Eindruck, und die Tagesschau in einer speziellen Version davon. Schön zu sehen am Bsp. Griechenland, wo die deutsche mediale Wahrnehmung sich von der der restlichen Welt komplett verabschiedet hat. Realitätsverlust durch vorauseilenden Gehorsam.

  8. Der Brüssel-Krause finde ich viel zu einseitig. Er vernachlässigt die griechische Realität, vielleicht sollten wir den Begriff der humanitären Katastrophe, auch wenn er etwas melodramatisch ist, ernster nehmen und uns fragen, ob man wirklich in allen Punkten so weitermachen kann. Kann man den Griechen wirklich die Mindestrenten vorschreiben, ohne dabei zu berücksichtigen, ob die Rentner davon leben können?
    Warum schreibt man ihnen nicht endlich die Einführung einer Sozialhilfe, wie es in allen anderen Eurostaaten übrig ist, vor? Sicherlich wird es Geld kosten, aber auch mehr Vertrauen in den griechischen Staat schaffen? Ich bin fest davon überzeugt, es bräuchte so etwas, wenn man die Schmiergeldmentalität der Griechen abschaffen will.
    Ich habe die Befürchtung, dass jetzt zwei Züge aufeinander zu rasen, was den deutschen Steuerzahler durch einen schmutzigen Grexit noch mehr kosten würden?
    Außerdem wird ständig vergessen, dass wir damals zuerst das französische Bankensystem gerettet haben.

  9. „Und weil er die Chance bietet, unserem Ziel näher zu kommen, Menschen für den gesellschaftlichen Diskurs zu gewinnen.“

    Das klingt bei Gniffke so, als sei irgendein Gerede über irgendwas ein tolles Social-Media-Nebenprodukt seiner eigentlichen, viel wichtigeren Aufgabe, den Medien-Konsumenten da draußen möglichst irritationsfrei irgendwelche objektiven Wahrheiten zu verkaufen.

    Ich kann kaum noch nachvollziehen, welche Vorstellung Menschen wie Gniffke vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben. Der ganze Zweck ihrer Sender bestand doch ursprünglich darin, ihre Zuschauer zu befähigen und einzuladen, gesellschaftliche, politische und mediale Vorgänge kritisch zu hinterfragen.

    Stattdessen haben wir nun ein Fernsehen, für das Information grauer, pflichtschuldiger Selbstzweck, Konsens eine Tugend, Popularität und Quoten ein Widerspruch zu Anspruch und Avantgarde sind; das aufrüttelnde Inhalte ins Nachtprogramm und in immer neue Spartenkanäle verbannt aus Angst, es könnte jemanden damit aufrütteln; und das sich zur besten (und meisten) Hauptprogramm-Sendezeit mit 90-minütigem Eskapismus begnügt und damit, allabendlich in vor Jahrzehnten erstarrten Ritualen mit den immer gleichen Protagonisten Diskurse zu simulieren.

    Erscheinungen wie Pegida resultieren auch daraus, dass das Fernsehen es aufgegeben hat, seinem Publikum ernsthafte Auseinandersetzungen mit sich selbst und seiner Umwelt zuzumuten. Es ist doch grotesk, dass sich öffentlich-rechtliche Fernsehleute andauernd über die Ansprüche ihrer Zuschauer beklagen; als wäre es nicht die ureigenste Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, genau diese kritische Medienrezeption seines Publikums in noch viel stärkerem Maß zu fördern, seinen Blick dafür zu schärfen und es in die Lage zu versetzen, seine Ansprüche an die Medien bestmöglich formulieren und artikulieren zu können.

  10. Ist auch bereits in Wiki dokumentiert und auf den Punkt gebracht:

    Bei seiner Beendigung der Zusammenarbeit mit der ARD kritisierte Fröhder „Tagesschau (ARD)“ und „Tagesthemen“ aufgrund eines unzureichenden journalistischen Umfelds, da „Strukturagenten“ in der Administration guten Journalismus „ersticken“ würden. Fremdes Bildmaterial werde nicht kritisch genug geprüft, es bestehe die Gefahr der Instrumentalisierung. Neben sprachlicher „Verlotterung“ wies Fröhder auf Qualitätsmängel hin: Es würden „scheinbar relevante Fakten hintereinandergefügt, anstatt sie zu hinterfragen“

    Den Rest muss man wohl am Kiosk kaufen, denn hier ist auch nur die Ankündigung des ehemaligen Nachrichtenmagazins zu lesen: http://bit.ly/1DRfFDG

  11. Ich weiß nicht, ob ein „Leipziger Verein“, der eigentlich ein überregionaler Verein ist, hier etwas in Sachen Eigenwerbung schreiben darf — ich versuche es einfach mal.
    Wir hatten innerhalb einer Mitgliederbefragung eine deutliche Tendenz für eine zeitliche Erweiterung der Nachrichtensendungen im Ersten zu verzeichnen. Es wurde im Vorfeld beanstandet, dass innerhalb einer 15-Minütigen Sendung nicht das (relevante) Weltge-schehen abgebildet werden könne und die Befragten wünschten sich neben „ordentlichen und wahrheitsgetreuen Nachrichten“, umfangreichere Berichterstattungen, mehr Hinter-grundinfos und weniger Meinung. Es ist ein absoluter Witz, wenn wertvolle Sendezeit mit Verdachtsberichterstattung, Spekulation und Belanglosigkeiten gefüllt wird und Ereignisse, die auch von Brisanz sind einfach totgeschwiegen werden. Ein Beispiel für Sinnlosberichterstattung waren die bangen und sorgenvollen Berichte zum ersten russi-schen Hilfskonvoi im August letzten Jahres. Man hatte über eine komplette Woche den Eindruck, dass erwachsene und hochbezahlte Leute in den Redaktionen komplett den Verstand verloren haben. Beispiele für aktive Nachrichtenverweigerung haben wir hier aufgelistet: https://publikumskonferenz.de/forum/viewforum.php?f=33
    Natürlich ist es heute unbegrenzt möglich, Informationen die einem von Tagesschau und Co. vorgesetzt werden, einer Prüfung zu unterziehen. Das Verstörende dabei ist doch, dass dies immer mehr Leute in Betracht ziehen. Hier muss angesetzt werden, das Ver-trauen muss zurückgewonnen werden und die unsägliche Selbstbeweihräucherung von Redaktionspersonal, Intendanz und Gremienvertretern angesichts massiver Kritik aus dem Publikum muss ein Ende haben. Es ist völlig unerheblich, wie die Damen und Herren in den Sendern ihre eigene Arbeit wahrnehmen, entscheidend ist es wie diese „draußen“ bei den Rezipienten aufgenommen wird. Um beim Beispiel Griechenland zu bleiben, tragen Berichte wie diese nicht zur Qualitätssteigerung innerhalb der Nachrichtengebung bei und beleidigen darüber hinaus die Intelligenz der Zuschauer:
    https://publikumskonferenz.de/forum/viewtopic.php?f=30&t=420
    https://publikumskonferenz.de/forum/viewtopic.php?f=30&t=414

  12. Wie lebt und arbeitet denn eigentlich so ein Korrespondent? Aufgerieben zwischen Tickermeldungen, Hotel, Pressekonferenzen, Internet, Nachrichtenzentrale, Zeit und Raum?

  13. @ 10 Marc-Oliver. Danke für deinen Kommentar, trifft meine Stimmung voll (s. „Voll krass, der WDR macht einen auf Youtube“ hier im Blog)

    Gniffke hat sich bei Merkel eines abgeschaut: Die Dialog-Simulation.
    Er behauptet einfach, wie wichtig die Diskussion sei und kündigt irgendwelche Debatten an, die er im konkreten Fall meist direkt beerdigt.
    Entweder, indem er auf Kritik unter seinen tagesschau-Blogeinträgen nicht reagiert.
    Oder er lässt sich dazu herab, seinen Kritikern in einzelnen Punkten eine gewisse Berechtigung zur Kritik zuzusprechen, freilich ohne irgendetwas Substantielles zu ändern. Die Kritik an der Ukraine-Berichterstattung ist ein Beispiel dafür. Ein anderes ist die konsequente Euphemisierung der islamfeindlichen, rassistischen, xenophoben Xgida-Leute: „Islamkritiker“. Nicht nur im Blog oder den sozialen Medien wurde die ARD dafür kritisiert, auch bei Anne Will mokierte sich ein Gast darüber. Gab’s darauf eine Reaktion?

  14. Was Herr Gniffke da sagt, ist schon ein Armutszeugnis, vermutlich auch ein Abgesang auf das Informationsmonopol des Fernsehens. Das Internet ist natürlich in der Themenvielfalt unüberteffbar. Wer englisch sprechen kann, kann sich über (fast) jedes lokale Ereignis auf der Welt informieren. Die Tagesschau scheint sich daher vom bloßen Verlesen der Nachrichten zu verabschieden und statt dessen mehr auf Meinungsmache zu setzen, da hier eher die Marktlücke vermutet wird.
    Aber da kommen dann mehrere Faktoren zusammen, die zum Problem werden. Zum einen der „staatstragende“ Charakter der Tagesschau. Gerade unter der älteren Bevölkerung vermute ich, dass die Rezeption der Tagesschau nahezu universal ist. Zum anderen der Stil der Politik, der mit Merkel Einzug genommen hat, wobei dies wahrscheinlich nicht an Merkel liegt (sie hat ihr alternativlos, Schröder hatte sein Basta), sondern an der Großen Koalition. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind nun mal unter dem Einfluss der Politik. Die einzige Möglichkeit der Kontrolle liegt daher innerhalb des Politikbetriebs, die Machtzentren der Parteien in den Sendern müssen sich gegenseitig bekämpfen. Unter der Großen Koalition geschieht dies aber nicht. Politik und Medien verschmelzen zu einem einheitlichen Meinungsblock. Ich weiß nicht, ob das immer schon so war, oder ob es durch das Internet erst auffällig geworden ist, aber öffentlich-rechtliches Fernsehen und die Große Koalition gehen nun Hand in Hand. Sie helfen sich gegenseitig. Dieser Zug hat den Bahnhof verlassen und man wird erst später sehen, ob das Gleis das Falsche war. Es knirscht jedenfalls schon ordentlich, Merkels Griechenlandkurs wird immer untragbarer, AfD und Pegida drücken ihre Unzufriedenheit aus, und das Ansehen der öffentlich-rechtlichen Nachrichten sinkt stetig.

  15. Längere Berichte in der Tagessschau, 15 Minuten beser füllrn?
    Wie wäre es den einfach damit den Sport mit seinen oft 5 Minuten zu streichen? Will ich Bundesliga Bewegtbilder sehen, stehen mir genügend andere Medien zur Verfügung. Während manch Ligaspiel in gefühlt epischer Breite ausgewälzt wird, sind die politischen Meldungen davor zusammengekürzt oder fallen gleich ganz heraus.
    Und schaut man die TS nicht live, sondern im Netz (soll ja gerüchteweise heute vorkommen), darf man sich an minutenlangen Hörspielen erfreuen, weil „uns leider die Rechte für eine Ausstrahlung im Internet nicht vorliegen“. Ja leck mich, dann laßt es gleich ganz bleiben und lest einfach in 20 Sekunden die Ergebnisse vor, hat früher auch gereicht.

  16. Die vor den gesclossenen-Türen-Rumsteher mit ihren plumpen Aufsage-Sätzen gibt es so nur im deutschen Gebührenfernsehen. Sehr seltsame Spezies. Wollten bestimmt immer was mit Medien machen, nur eben keinen Journalismus…

  17. @12: 15 Minuten sind m. E. mehr als genug. Große Teile der Tagesschau bestehen seit Jahrzehnten aus Fahrzeugen, die vorfahren und denen irgendwelche wichtigen Leute entsteigen, Minister oder Regierungschefs, die Minister oder Regierungschefs anderer Länder empfangen, die Verteter der Koalitionsparteien shake hands, danach In-die-Kamera-grinsen, Blitzlichtgewitter. Die Orte wechseln, Berlin, Washingthon, Brüssel, Paris, Athen, das Ritual nicht. In der „ausführlichen Version“ steht dann die Kanzlerin, der Minister oder der Bundes-/US-Präsident noch hinter einem Rednerpult und sagt etwas, was kurz danach der Reporter nochmals wiederholt; vermutlich, weil Zuschauer einen Satz nicht 30 Sekunden behalten können. Bei besonders wichtigen oder rein innenpolitischen Ereignissen/Themen gibt es dann noch ein Statement von einem Mitglied der Regierungspartei, den Grünen und ggf. einem der Linkspartei. Am 6. Januar wird statt des Staatskarossen-Corsos der Einmarsch der Matadore in die Festzelte gezeigt. Zu Wahlkampfzeiten hält man noch den Auftritt der Spitzenkandidaten in Posemuckel für erwähnenswert. Dampft man den Gehalt von 15 min. Tagesschau ein, so bleiben ca. 5 min. Information und der Wetterbericht. Das ist in etwa, was man im Rundfunk bringt, wobei da in 5 min ggf. noch Verkehrsmeldungen enthalten sind. Schon mal bemerkt, wie kurz die Tagesschau an Weihnachten ist? Das reicht!

  18. In jüngster Zeit gibt es bei der Tagesschau aber eine revolutionäre Neuerung. Der Reporter kündigt den O-Ton eines Politikers an und man sieht diesen Politiker lässig aber dennoch staatstragend währenddessen durch das Gebäude auf die Kamera zugehen. Alternativ kommt er wie damals die Schlagerstars in den Samstagsabend-Shows eine Treppe herunter.
    Aufregende und spannende Bilder!

  19. Nachtijall, ick hör dir trapsen:

    „Wir werden noch härter sieben, was den Weg in unser Angebot findet.“

    Das Tagesschau-Forum ist ‚eh schon der Oberhort der Zensur in D. Die haben sich das ja auch schon ausgiebig einander schöngeredet und merken so nicht einmal mehr, wie sie ungeniert die Katze aus dem Sack lassen.

  20. Also ich frage mich schon wo eigentlich die Pressefreiheit in der gängigen Medien- Berichterstattung bleibt ! Ais ich zum ersten mal die Bilder in den verschieden Nachrichtensendungen gesehen habe und eben auch in der Tagesschau wurde einem vorgegaukelt,dass eine bestimmtes Politiker Klientel die Demonstration von Paris angeführt haben und ich bin froh, das die Bilder doch Lügen! Weil sie haben sich nur davorgestellt! Aber bewusst getäuscht wurde man schon durch die Bild -Berichterstattung! Wieso sich die Verantwortlichen dieser teilweisen professionell manipulierten Berichterstattung auf dem Schlips getreten fühlen und die unprofessionellen Verschwörungstheoretiker der verschiedenen Internet-Foren angreift verwundert mich ! Also um einigermaßen informiert zu seien reicht es halt nicht aus, sich über die Mainstream -Medien zu informieren! Und natürlich steht in den sozialen Medien viel unreflektierter Mist! Aber es wäre die Aufgabe von den Öffentlich Rechtlichen Anstallten ihrer Aufgaben nachzukommen, guten soliden Journalismus zu machen und Ihrer Aufklärungspflicht nachzukommen vor einer unvoreingenommen Berichterstattung!

  21. „Der ARD-Reporter Christoph Maria Fröhder beschwert sich…“
    Warum wird in allen Medien so getan, als wäre er noch bei der ARD?
    Wenn diese „Schelte“ von einem Pensionär kommt, sieht esdoch gleich ganz anders aus!

  22. @Alexander Schulz

    …öffentlich-rechtliches Fernsehen und die Große Koalition gehen nun Hand in Hand. Sie helfen sich gegenseitig. Dieser Zug hat den Bahnhof verlassen und man wird erst später sehen, ob das Gleis das Falsche war.

    Vielen Dank für den erhellenden Kommentar und die Blickfelderweiterung
    .
    Ich glaube nur, das Gleis ist nicht entscheidend, wenn der Zug schon falsch zusammengestellt ist.

  23. @Stefan Niggemeier:

    Was mich mal interessieren würde: Welche Sendung ist denn Ihrer Meinung nach die beste Nachrichten-/Nachrichtenmagazin-Sendung im deutschen Fernsehen und warum? Und wie schaut es international aus?

  24. @27 (Paul) Nachrichtensendungen: Einfach mal schauen, wie das arte-journal aufgebaut ist – da kommt in 20 Minuten mehr Information als im heute-journal bzw. den Tagesthemen. Verglichen mit tagesschau und heute ist es noch deutlicher wie eine Nachrichtensendung aktuell und Hintergrund zu gleich aufbereiten kann: Verzicht darauf, jede Blähung eines Fußballers als Nachricht zu behandeln. Generell Verzicht auf Sport/Wetter und Reduktion auf 2-3 Themen – so bleibt die volle Sendezeit erhalten und Gelegenheit, Hintergrundinformationen mit zu übermitteln. Das setzt voraus, das man die entsprechenden Korrespondenten bzw. das entsprechende Bildmaterial hat – bei ARD/ZDF zweifle ich manchmal daran. Ich erfahre im arte-journal besonders über Afrika und Naher/Mittlerer Osten deutlich mehr als in allen Nachrichten- und Auslandssendungen von ARD/ZDF zusammen.

  25. Neulich fragte ein Redakteur – ich glaube, in der Zeit, – ob man das „Ende der Konsensgesellschaft“ zu befürchten habe. Ach, wie schlimm. Ich muss hingegen feststellen, dass ich unter Demokratie etwas anderes verstehe als Teile unserer irgendwas-mit-Medien-Journalisten.

    Und die Knappheit der Zeit ist eine schlechte Ausrede. Neulich hat „Mandy“ in der heute-show in wenigen Minuten den ganzen komplexen Kram um die auseinanderlaufenden Leistungsbilanzen der Eurozone erklärt, und was das mit der Griechenlandkrise zu tun hat. Und zwar, so dass es Kinder verstehen.

    Wer Information und Meinungspluralität will muss sich heute Satiresendungen ansehen.

  26. Tagesschau vor 40 Jahren: Viele Meldungen im Überblick, vorgetragen vom Nachrichtensprecher vor einem Standbild, ab und an ein Filmbericht zu wichtigen Themen, Bundesliga in tabellarischer Übersicht, Wetterkarte.

    Tagesschau heute: Zu fast jeder Nachricht ein Filmbeitrag, ständig verfügbare O-Töne von irgendwie mit der Nachricht verbandelten Menschen, Sport in Hülle und Fülle inklusive Filmbericht über das Top-Bundesliga-Spiel, Wetterfilm.

    Vielleicht übertreibe ich zur Verdeutlichung, aber für mich ist die leichte Verfügbarkeit filmischen Materials von allen Ereignissen mit eine Ursache dafür, daß in der Tagesschau nicht mehr die recherchierte Wort-Nachricht, sondern schnellgestrickte Filmbeiträge im Vordergrund stehen.

    Ich vermisse IN DIESEM EINEN Falle die vergangenen Zeiten sehr.

  27. Habe Gniffkes FAS-Beitrag nun komplett gelesen.

    Er schreibt:

    „Wenn wir in der Tagesschau in erster Linie nicht die Geste der Politiker, sondern die organisatorischen Aspekte der Demonstration thematisiert hätten, wären wir der Bedeutung des Ereignisses nicht gerecht geworden.“

    Ich verstehe diese Argumentation nicht.

    Für Gniffke scheint es nur zwei Optionen zu geben: Entweder man verschweigt die Inszenierung und macht sie sich zu eigen; oder man macht sie zum Fokus und „skandalisiert“ sie damit.

    Was bitte hätte gegen einen Satz wie diesen gesprochen: „Aus Sicherheitsgründen liefen die Staats- und Regierungschefs in einigem Abstand zu den übrigen Demonstranten, doch es bleibt eine deutliche Geste“?

    Ist es wirklich zu viel verlangt von einer Nachrichtensendung, dass sie über solche Inszenierungen routiniert und unaufgeregt – vielleicht in einem kurzen Nebensatz – berichten soll? Wäre das eine unverhältnismäßige Skandalisierung gewesen?

    Wenn Gniffke und Co. schon bei solchen Kleinigkeiten offenbar jedes Gespür für journalistische Selbstverständlichkeiten und deren Gewichtung fehlt, wie kann ich dann erwarten, dass es grundsätzlich intakt ist, wenn es um Wichtigeres geht?

    Gniffke beruft sich auf sein Vertrauen in die Fähigkeit des Publikums, solche Berichte einordnen zu können, aber seine Sendung und seine Aussagen strafen ihn Lügen. Gniffke will Inszenierungen nicht zeigen oder thematisieren, wenn sie Gniffke nicht wichtig erscheinen. Der Zuschauer hat somit gar nicht mehr die Möglichkeit einzuschätzen, wie verzerrend die Inszenierung wirklich ist. Das ist so ziemlich das Gegenteil von Vertrauen ins eigene Publikum.

  28. Es ist wirklich sehr bedenklich, was uns die ARD so antut. Gerade wurde mir in den Tagesthemen gezeigt, wie uns bald der Fachkräftemangel zu schaffen macht. Untermauert wurde das von einem Experten, der sagte, dass gerade Deutschland bald sehr unter dem Demographischen Faktor zu leiden hätte und man unbedingt Zuwanderung braucht. Er bezifferte die nötige Zuwanderung mit 200.000 oder 400.000. Das ist mal eben das Doppelte und sollen seriöse Zahlen sein? Das klingt, als hätte der Experte sich das gerade ausgedacht.

    Aber was ich wirklich erschreckend finde: Im Juli 2014 habe es – von der ARD – Die Story im Ersten mit dem Titel „Das Märchen vom Fachkräftemangel“. Dort wird eindrücklich beschrieben, dass dieser Fachkräftemangel eine Erfindung einflussreicher Lobbyisten ist um Löhne zu drücken.

    Sorry, das ist langsam nicht mehr zu ertragen!

  29. Dieter #31 („für mich ist die leichte Verfügbarkeit filmischen Materials von allen Ereignissen mit eine Ursache dafür, daß in der Tagesschau nicht mehr die recherchierte Wort-Nachricht, sondern schnellgestrickte Filmbeiträge im Vordergrund stehen“)

    Ich darf Ihnen verraten, dass schon vor 20 Jahren für die Tagesschau-Zentrale in HH die Agenturmeldung wichtiger als alles andere. Man verließ sich mehr darauf, was ein dpa-Volontär von einem Waschzettel abgeschrieben hatte als auf die Fähigkeit der eigenen Kollegen vor Ort. Nee, war gar nicht besser damals…

    Harry Hirsch #7 („Der deutsche Journalismus lebt in einer selbstgemachten Filter Bubble“)

    Was ist, bitteschön, „DER deutsche Journalismus“? Wer es sich so leicht macht wie Sie, sollte nicht mit Steinen werfen.

  30. @ Schnellinger, # 16:

    Ich stimme Ihnen zu – die Sportberichterstattung ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Und besonders schlimm war es im letzten Jahr während der Fußball-WM, als ausnahmslos sämtliche Medien die Distanz zur Subjekt der Berichterstattung vollends vergaßen. Da hat es den durchschnittlichen Die-Lügenpresse-ist-gleichgeschaltet-Rufer natürlich nicht gestört, immerhin ging es um dumpfen Hurra-Patriotismus.

  31. @ Diverse (zu Griechenland):

    Ich finde es auch gerade auffällig, dass sich nach meiner Wahrnehmung einzig und allein die heute-show bemüht, das griechische Wahlergebnis zu verstehen und einzuordnen. (Lasse mich gern gern berichtigen.)

    @ Rollo:

    Die pauschale Aussage, es gebe keinen Fachkräftemangel, ist aus meiner Sicht genauso falsch wie die pauschale Aussage, es gebe einen. In ländlichen Räumen Ostdeutschlands haben z.B. viele Betriebe massive Probleme, Auszubildende zu finden. Das sind die Folgen von Geburtenknick und Abwanderung nach der Wende, aber auch einer immer höheren Abiturientenquote.

  32. Alle Kritik, die in den Kommentaren angesprochen wird, summiert sich zum Bild eines „selbstreferentiellen Systems“. Ob nun die Berichte über die neue Regierung in Athen Klischees wiederkäuen oder der russische Präsident beim Mittagessen in einem verzerrenden Blickwinkel abgebildet wird: Offenbar führt der digitale Wandel die kritisierten Medien in eine übersteigerte professionelle Logik. Es ist ihr Daseinszweck, Komplexität zu reduzieren, aber die äußeren Umstände („Echtzeit“, wirtschaftliche Zwänge etc.) führen in einen Exzess der Vereinfachung. Und diejenigen, die auf mediale Öffentlichkeit angewiesen sind, passen ihr Verhalten derselben Logik an („Medialisierung“). Und wenn wir ehrlich sind, galt „medienkompatibles“ Verhalten von Politikern, Wirtschaftsführern etc. in den zurückliegenden Jahren in der gesamten Sphäre als Ausweis besonderer Professionalität. Umgekehrt wäre ein Kamerateam, das die Inszenierung des Protestmarsches von Paris problematisiert hätte, vor ein paar Jahren möglicherweise naserümpfend für „unprofessionell“ gehalten worden. Wenn Politiker im Interview freimütig plaudern, sie hätten einem Thema diesen oder jenen „Spin“ gegeben (mir schon vor Jahren erinnerlich in einem Spiegel-Interview mit Karl Lauterbach), ohne dass die Interviewer das reflektieren, verliert das Publikum den Überblick, wer welche Rolle ausübt. Im Zweifel gelten dann Medien schlicht als Bestandteil der Eliten, die sie eigentlich kontrollieren sollen. Und der Vertrauensvorschuss in die Eliten, auf den das repräsentative System angewiesen ist, der ist offensichtlich stark angeknackst. Das war nach. Einer Erinnerung übrigens auch der empirische Ansatz der Dissertation von Uwe Krüger 2013, die erst als Satire („Neues aus der Anstalt“) einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Und seither von allen möglichen Parteien der Deabatte vereinnahmt oder missverstanden wird.

  33. Egal, welcher deutsche TV-Film: man sieht immer die gleichen Gesichter, die die gleichen Typen darstellen (sollen); offenbar sind die alle mit einem Fixum bei Degeto angestellt. Das alles ist ähnlich billig, langweilig oder gar doof wie die verbeamtete Tagesschau.
    Ich informier mich inzwischen lieber bei der „Anstalt“, bei den Nachdenkseiten, bei fefe, bei Kompa, Nigge, BIldblog, Danisch, Scienceblogs, Postillon… als bei den „öffentlich-rechtlichen“ Radio- (und schon garnicht:) TV-Sendern.

  34. @kdm

    Ich kann das nachvollziehen, mittlerweile finde ich Blogs auch hilfreicher. Allerdings neigen Leute wie Danisch auch dazu, die Dinge zu verzerren, zu werten und sehr selektiv darzustellen. Gleiches gilt für Fefe, der das aber auch einräumt. Man muss also aufpassen, dass man den institutionalisierten Journalismus durch Leute ersetzt, die genauso subjektiv agieren, wie man es den Medien vorwirft.

  35. Da ist sie wieder, die Kritik an der bösen, bösen ARD (wer schreit als erstes Lügenpresse / -fernsehen?) und speziell ihrem Nachrichten-Flaggschiff, der unverwüstlichen Tagesschau. Fast alles über meinem Kommentar, inklusive des Beitrags von Herrn Niggemeier, lässt sich mit Rollos (#33) Satz zusammenfassen: „Es ist wirklich sehr bedenklich, was uns die ARD so antut.“ Ironie konnte ich dabei nicht feststellen.
    Dabei mangelt es hier, bei aller vielleicht berechtigter Kritik an den Nachrichtenmachern der ARD, vor allem an einer Eigenschaft, die lauthals von Journalisten eingefordert wird: Einordnung. Es mag ja alles sein, was Herr Niggemeier und manch treu ergebene Kommentatoren bemängeln. Völlig außen vor bleibt aber, was bei Tangozulu (#37) durchscheint. Die „Bösen“ sind nicht „die von der Tagesschau“ oder der Lieblingsfeind Herr Gniffke, sondern bei der ARD lässt sich nur beobachten, was in der gesamten Medienwelt tendenziell stattfindet. Da stört mich persönlich vor allem eine Verflachung und eine Verschnappatmisierung der Nachrichten, egal ob Internet, Fernsehen, Radio oder Zeitung. Das findet aber in der Tagesschau immerhin auf höherem Niveau statt als z. B. in mancher Zeitung. Bin regelmäßig einmal jährlich schockiert, wenn ich mal das örtliche Schmutzblatt aufschlage. Ansonsten begnüge ich mich mit dem Deutschlandfunk, hörend und lesend. Wann kommt eigentlich der nächste Verriss des DLF?
    Aber Ironie beiseite: Sie leisten oft Großartiges, Herr Niggemeier. Ich bin das erste Mal auf Ihren Blog aufmerksam geworden, als Wulff von der versammelten Medienschar abgesägt wurde und Sie zu Recht dagegen angeschrieben haben. Aber bitte verfallen Sie nicht den Mechanismen, die Sie selbst anprangern (s. o.).
    Und was ist im Allgemeinen (nicht in berechtigter Detailkritik) schlecht an einer 15-minütigen Nachrichtensendung, die eben nur einen Überblick über das Weltgeschehen gibt? Erwarten Sie allen Ernstes, dass die Ihnen, der Sie sich den ganzen Tag mit Medien und deren Inhalt beschäftigen, abends um 20:00 Uhr noch was Neues erzählen kann? Was ist grundsätzlich schlecht an Routine? Können wir nicht einfach akzeptieren, dass es eine vergleichsweise niveauvolle Nachrichtensendung gibt, in der für alle was dabei ist, trotz möglicher Schwächen?
    @ Rollo: Übrigens tut die ARD uns überhaupt nichts an. Sie tun sich selbst an, was Sie sehen möchten. Und ich bin heilfroh über die unglaubliche Vielfalt in unseren öffentlich-rechtlichen Sendern, die es mir erlaubt, nicht jeden Mist schauen zu müssen, sondern sich die guten Sachen rauszupicken.
    Das alles musste mal zur Vervollständigung des Bildes ergänzt werden.

  36. @mil:
    Beim Danisch haben Sie leider Recht; da muss man ab und zu Abstriche machen; der Mann scheint sehr verletzt durch seine abgelehnte Promotion (o.ä.). Auch dass er sanfte Kritiker an diesem oder jenem seiner Beiträge immer (!) gleich als „Dummkopf“ bezeichnet, ist überflüssig und schafft ein unangenehmes Gefühl.
    .
    Die anderen seh‘ ich vor allem als Ausgleich, als notwendiges Gegengewicht und als Korrektur & Ergänzung zu den „Nachrichten“ (aller öffentlich-rechtlichen Sender und leider auch ZEIT, SZ, FAZ & Co.) für das große Merkel-Wählvolk.

  37. @onlein

    „Und was ist im Allgemeinen (nicht in berechtigter Detailkritik) schlecht an einer 15-minütigen Nachrichtensendung, die eben nur einen Überblick über das Weltgeschehen gibt?“

    Meine Radionachrichten erledigen die Welt in 5 Minuten, inklusive Wetter und Verkehr. Dagegen sind 15 Minuten eigentlich recht üppig. Der Gehalt der Tagesschau ist aber trotzdem dürftig. Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass die ARD nur Symptome zeigt, die in der ganzen Medienlandschaft verbreitet sind. Das Problem dabei aber ist, dass die ARD anders als das Privatfernsehen oder als die Zeitungen gebührenfinanziert ist und sich eigentlich nicht am Markt behaupten muss. Es wäre also möglich, sich z.B. von den geplagten Zeitungsredaktionen qualitativ abzuheben. Das ist keine Utopie. Ich finde die Tagesschau übrigens nicht niveauvoll. Aber das mag an meinem akademisierten Ansprüchen liegen, muss man auch sehen.

    Insgesamt würde mich mal interessieren, wie die Nachrichtenredaktion der ARD aufgebaut ist, welche Ressourcen sie hat und wo ihre Grenzen liegen. Vielleicht würde man so besser die Gründe finden, warum die Tagesschau eher seicht wirkt. Denn in der Tat ist vieles Oberfläche, gerade dann, wenn es der Recherche bedürfte. Dass Frau Merkel Bundeskanzlerin ist, ist für jeden klar. Dass der griechische Finanzminister z.B. in gewissen Weltregionen als Ökonomieprofessor einen glänzenden Ruf zu genießen scheint, muss man eben erst ermitteln. Aber für die Darstellung der Sachlage kann so eine Information schon wichtig sein.

    Ich habe sowohl bei Radio- als auch Fernsehnachrichten aus der öffentlich-rechtlichen Hand immer das Gefühl, einem Mainstream zu lauschen, was vor allem die Deutung von Politik angeht. Das empfinde ich zunehmend als sehr großes Ärgernis. Beispielhaft ist die Berichterstattung zu Pegida. Ich bin alles andere als deren Fan, gehöre eher zur Gegenseite. Dennoch ging es mir unheimlich auf den Keks, wie die Medien versuchten, hier Partei zu spielen und versuchten, Pegida niederzuschreiben. So sehr mir das politisch in den Kram passt, so unangenehm ist mir das auch, weil das einfach kein Journalismus mehr ist.

  38. @kdm

    „Die anderen seh‘ ich vor allem als Ausgleich, als notwendiges Gegengewicht und als Korrektur & Ergänzung zu den „Nachrichten“ (aller öffentlich-rechtlichen Sender und leider auch ZEIT, SZ, FAZ & Co.) für das große Merkel-Wählvolk.“

    Ja, das sehe ich auch so. Telepolis ist auch noch ganz nützlich, wenn auch nicht immer verlässlich. Wer es netzaffin mag, ist bei netzpolitik.org gut aufgehoben. Fakt ist jedenfalls, dass dieses Gegengewicht wirklich wichtig ist.

  39. @mil 43: Entschuldigung, man kann bei der Tagesschau unterschiedlicher Meinung sein, aber dass Ihre Radionachrichten in fünf Minuten dasselbe erledigen wie die Tagesschau in einer Viertelstunde, ist populistischer Blödsinn. Das ist einfach schon deshalb sachlich falsch, weil ein Video mehr transportiert als reine Sprache.
    Aber zurück zum Wesentlichen: Dass die ARD sich nicht am Markt behaupten muss, stimmt so langfristig auch nicht. Die ARD bekommt zwar zuverlässig unsere Gebühren, aber das muss ja nicht für immer so bleiben. Es wäre zumindest möglich, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung für eine dauerhafte Abschaffung oder Beschneidung von ARD/ZDF/DRadio plädieren würde, was von der Politik mittels Gesetzesänderungen umgesetzt werden könnte. Die ÖR müssen also dafür sorgen, dass sie von der Gesellschaft als relevant angesehen werden, und vor allem auch beim Nachwuchs. Das schafft man nicht nur, indem man Arte-Themenabende für die Hochintelligenten und -anspruchsvollen oder ausufernde Nachrichtensendungen strickt. Auch wenn Ihr und meine „akademisierten Ansprüche“ sicherlich höher liegen als der einer durchschnittlichen Tagesschau.
    Aber ich finde, wie gesagt, die Tagesschau immer noch *vergleichsweise* (das Wörtchen hatten Sie unterschlagen) niveauvoll, wenn ich das mit dem beim Arzt herumfleddernden Focus/Spiegel-Gedöns vergleiche, geschweige denn mit manch anderen Fernsehnachrichten.
    Und wer Zusatzinfos will, dem kann ich nur wärmstens den Deutschlandfunk empfehlen. Da ist auch nicht alles perfekt, aber für ein paar Cent Rundfunkgebühren bekomme ich in der Mediathek wirklich alles, was nur denkbar ist an Tiefeninformation, Hintergrundgespräch, Kommentar, Spezialsendungen, Themenschwerpunkten usw. usf. etc. pp.

  40. @onlein

    „aber dass Ihre Radionachrichten in fünf Minuten dasselbe erledigen wie die Tagesschau in einer Viertelstunde, ist populistischer Blödsinn. Das ist einfach schon deshalb sachlich falsch, weil ein Video mehr transportiert als reine Sprache.“

    Das habe ich nicht behauptet. Ich habe damit nur sagen wollen, dass im Gegensatz zu den knappen 5 Minuten im Radio die 15 Minuten der Tagesschau recht komfortabel sind. Insofern finde ich, dass Zeitknappheit kein gutes Argument ist. Ich wollte damit nicht sagen, dass die Radionachrichten besser wären als die Fernsehnachrichten. Das sind sie keineswegs.

    „Die ÖR müssen also dafür sorgen, dass sie von der Gesellschaft als relevant angesehen werden, und vor allem auch beim Nachwuchs. Das schafft man nicht nur, indem man Arte-Themenabende für die Hochintelligenten und –anspruchsvollen oder ausufernde Nachrichtensendungen strickt. Auch wenn Ihr und meine „akademisierten Ansprüche“ sicherlich höher liegen als der einer durchschnittlichen Tagesschau.“

    Ich schrieb deshalb ja auch dazu, dass meine Ansprüche vermutlich milieubedingt sind. Mir ist klar, dass die Öffentlich-Rechtlichen kein Spartenfernsehen für Intellektuelle sind, sondern dass sie sich an alle Gesellschaftsschichten wenden. Insofern darf ich also auch keine Hintergrundinformationen erwarten wie in einem wissenschaftlichen Aufsatz. Es ist also in Ordnung, Komplexität zu reduzieren. Die Tagesschau muss für alle verständlich sein in Wort und Bild.

    Das ändert aber nichts daran, dass vieles in den Nachrichten zu schlicht ist. Unnötig sind alle Formen der Personalisierung. Russland z.B. ist nicht nur Putin. Putin ist kein Autokrat mit grenzenloser Macht. Es gibt eine russische Innenpolitik, in dieser gibt es Interessengruppen und Kräfte- wie Abhängigkeitsverhältnisse. Das kann man ruhig einmal darstellen und jenen Wortmeldungen entgegenhalten, die die Außenpolitik Russlands auf die Psyche Putins reduzieren. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Solche Darstellungen müssen nicht zwingend überkomplex werden, es kann auch schlichter gelingen, so dass der Zuschauer es noch fassen kann.

    Was hingegen vermieden werden sollte, sind Welterklärungen und die in Berichte eingeschmuggelten Wertungen. Auch vermeintliche „Terrorexperten“ wie Thevesen sind lächerlich, weil man nicht erkennen kann, was ihn zum Experten macht. Seine Beiträge sind dafür jedenfalls kein Beleg. Die von Niggemeier oben selbst-zitierten Aussagen aus Tagesschauberichten zeigen, wie schnell die Reporter mit Wertungen bei der Hand sind. Das stört mich sehr, weil ich mir gerne ein eigenes Urteil bilde. Und oft habe ich das Gefühl, dass die Reporter – zumindest ihren Aussagen nach- nur ein sehr unterkomplexes Bild haben von der Politik. Dann kann ich deren Urteile auch überhaupt nicht mehr respektieren.

    Ihre Empfehlung des Deutschlandfunk kann ich nur unterschreiben.

  41. @Stefan Niggemeier:

    Gibt es eine TV-Nachrichtensendung (national oder international), die Ihren Vorstellungen entspricht? Wenn ja, welche?
    An der Tagesschau gefällt mir vor allem, dass sie mehrere Themen im Angebot hat und sich eben nicht auf eines versteift.

  42. @ mil (46):
    Vielen Dank für diesen nachdenklichen, ausgewogenen Kommentar! Das ist genau die Grundhaltung, die mir in diesem und manchem anderen Beitrag von Stefan Niggemeier über Öffentlich-Rechtliche oft fehlt.
    Und auch mir geht die zunehmende Personalisierung, Dramatisierung und Tränendrüsierung der Berichterstattung gegen den Strich. Bei der Tagesschau stört mich allerdings momentan am meisten, dass sich manche Überschriften im Internet mittlerweise lesen, als würde sie ein Bild-Mitarbeiter verfassen. Heute leider nur ein schwaches Beispiel: „FAQ: Wie berechtigt sind die griechischen Ansprüche?“
    Schönen Abend noch!

  43. @onlein (48) und mil (46): Schließe mich dem Dank für die sachliche Debatte an. Ich erwarte z.B. von der ARD keine Berichterstattung nach akademischen Maßstäben aber nach meiner Erfahrung hilft ein grundsätzlicher Respekt vor dem Urteilsvermögen auch des formal weniger gebildeten Publikums dabei, seriös zu vereinfachen und zu verdichten.

  44. P.S. Aber wenn St. Niggemeier nicht so scharf pointierte, würde man ihn vielleicht auch nicht so gerne lesen und kommentieren….

  45. So richtig „scharf“ pointiert Nigge aber nicht. Er ist doch noch sehr vorsichtig, höflich, zurückhaltend. Schließlich sind’s Kollegen in einem Bereich in dem er es sich nicht völlig verscherzen will. Er wird wohl nie schreiben, was er von diesem oder jenen Schmierfinken in größen (mächtigen) Verlagen oder Sendern wirklich denkt.
    Da kenn‘ ich (zu Recht) schärferes, in Vergangenheit und Gegenwart. Manchmal auch als Literatur („Kunst“) verkleidet.
    Von Karl Kraus bis von Westfalen & Henscheid. Sogar ein Feuilletonist wie Raddatz wagt es, eine ZEIT-Ikone „die dusslige Gräfin“ zu nennen.

  46. @51
    „Sogar ein Feuilletonist wie Raddatz wagt es, eine ZEIT-Ikone „die dusslige Gräfin“ zu nennen.“

    Damit wäre doch niemandem gedient. Solche Attacken sind lediglich Ventile für angestauten Ärger. Aber sie prallen genauso auch ab, weil sie unsachlich sind. Das führt nur zur Verhärtung der Fronten. Daher ist es besser, zurückhaltend und höflich zu sein und sich mehr auf inhaltliche Argumente zu konzentieren. Das hat den Vorteil, dass man auf diese Weise für die Idee einer guten journalistischen Praxis wirbt, ohne die eigene Person herauszustreichen oder andere Personen öffentlich herunterzumachen.

  47. […] Kundschaft ständig über Erwartungen und Möglichkeiten abgleichen. Dabei geht es manchmal recht zickig zu. Ohne Medienkompetenz beim Publikum und Reflexion beim Sender funktioniert es nicht. Vor allem […]

  48. Wo wir gerade über die Tagesschau diskutieren, ein winziges aber alltägliches Beispiel zum Thema „Routine“ aus der Onlineredaktion: Tagesschau.de meldet um 11.51 h: „Spitzentreffen in Minsk – Letzte Chance für den Frieden?“. Der Bericht skizziert dann die Erwartungen an das Treffen, erwähnt die Zusage des russischen Präsidenten und rekapituliert die jüngsten Ereignisse. Unten wird der US-Präsident in indirekter Rede mit einem Aufruf an an Wladimir Putin wiedergegeben, „die Chance zu einer friedlichen Beilegung des Konfliktes zu nutzen“. That’s all. Die rhetorische Frage, ob die Begegnung eine ultimative „letzte Chance“ für einen (gar „Welt-„?) „Frieden“ darstelle, kommt im Text überhaupt nicht vor. Und zwar weder sinngemäß, noch als Zitat irgendwelcher Beobachter oder anderer Hilfskonstruktionen. Warum wird ein ansonsten nachrichtlich verfasster Hintergrundbericht mit einer dramatisierenden Boulevard-Überschrift („?“) versehen, die mit dem Text nicht korrespondiert? Ich empfinde das als unseriös und schrecke dann vor der Quelle Tagesschau.de zurück. Was mich beschäftigt: Ist das Nachlässigkeit, oder Ausdruck einer Methode, die z.B. Klicks stimulieren soll?

  49. ich muss das einfach mal posten und finde, es passt auch gut zum Thema:
    http://www.tagesschau.de/ausland/ttip-143.html
    In diesem Artikel wird zu TTIP ausgeführt, dass es doch alles gar nicht so schlimm ist. Den Autor, Herr Jan Garvert, findet man allerdings auch hier: http://www.cdu-landesgruppe-hessen.de/inhalte/4/fotogalerien/5954/landesgruppensitzung-am-17-februar-2014/index.html

    Sollte nicht wenigstens mal darauf hingeweisen werden? Anstelle, dass da nur „Korrespondent HR“ steht?

  50. @58 Gebimmel: Vielleicht war er schlicht als Journalist zu Recherchezwecken dabei (Hintergrsundgespräch)? Sabine Müller-Thum und Daniel Bauer, die ebenfalls auf den Fotos erecheinen, arbeiten m.E. Auch für ARD/HR. Dann wäre es von der christdemokratischen Landgruppe allerdings umsichtig gewesen, in der Bildergalerie zu vermerken, dass sie journalistische Gäste dabei hatten…

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