Was Journalisten alles Wurst ist

Für den britischen Premierminister David Cameron läuft es gerade richtig gut. In einem Monat, Anfang Mai, sind in Großbritannien Unterhauswahlen, was ganz spannend wird, weil das unter Umständen auch Bedeutung hat für die EU. Und wie immer im Wahlkampf geht es deshalb um harte Themen, um Inhalte, ist ja klar.

Vor ein paar Tagen zum Beispiel machte die Nachricht die Runde, dass Cameron nicht richtig essen kann bzw. falsch isst, weil er bei einem Gartenfest an einem Tisch saß und – halten Sie sich fest: einen Hotdog mit Messer und Gabel verzehrte. Worüber die feinen Briten dann gegackert haben. Und woraus man natürlich auch als deutschsprachiger Journalist viele tolle Überschriften basteln kann.

Screenshot "Rheinische Post" 8.3.2015(„Rheinische Post“)

Screenshot "heute.at" 8.4.2015(„Heute.at“)

Screenshot "20 Minuten" 8.4.2015(„20 Minuten“)

Jawoll, „das Volk tobt“! Und seit es sich ausgetobt hat, hält sich „das Volk“ jetzt den Bauch vor Lachen, es kugelt sich, und Journalisten schenkelklopfen dazu den Takt dieses Hohn-und-Spott-Liedes, denn, und nun halten Sie sich bitte noch mal fest: Es ist ein weiteres unheimlich krasses Foto aufgetaucht.

Süß, die Kleine, nicht? Wie sie da liegt und schläft, weil der olle Cameron ja ein so langweiliger Mensch ist, bei dem alle sofort kollektiv ins Koma plumpsen, sobald sie seiner ansichtig werden. Und diese Politik! Und der Anzug! Und wenn der dann noch aus einem Kinderbuch vorliest – schnarch! So ungefähr klingt das gerade in vielen (vor allem britischen) Medien, die über Camerons Besuch in der Sacred Heart Primary School berichten. Aber auch deutsche Journalisten stürzen sich inzwischen auf die neue vermeintliche Wahlkampf-Panne des Premiers.

Screenshot "Die Welt" 10.4.2015(„Die Welt“)

Screenshot "Rheinische Post" 10.4.2015(„Rheinische Post“)

Screenshot "t-online.de" 10.4.2015(„t-online.de“)

Das ist schon toll, was da so alles über den Premier geschrieben steht, über den „abgehobenen Snob“, den „volksfremden Snob“, den einfach nur „Snob“, der „weltfremd und langweilig“ sei, was ja nun dieses Foto wieder mal belege. „Die unfreiwillige Botschaft“ des Bildes sei, schreibt die „Rheinische Post“ freiwillig: „Cameron langweilt seine Untertanen bis in den Tiefschlaf.“

Glücklicherweise existieren etliche Fotos von der Situation, und es gibt auch Videos, die zeigen, widewidewie sich Journalisten die Welt zurechtbiegen; wie sie ein schnödes Foto, einen einzigen Augenblick hochjazzen; wie erneut eine Geste mehr zählt, als jede inhaltliche Annäherung, auch wenn es dieses Mal kein Stinkefinger ist. Manche Journalisten lernen halt nicht dazu, da können noch unendlich viele gefälschte oder verfälschende Fotos oder Videos kursieren – immer dasselbe Spiel.

Tatsächlich war es ganz vergnügt in der Klasse. Die Kinder gibbelten, der Premier machte einen eher lockeren Eindruck. Cameron las aus einem Buch vor und animierte das Mädchen, mitzulesen, laut, vor allen anderen. Als sie ein Wort partout nicht herausbekam, schlief sie nicht augenblicklich aus Langeweile ein, sondern ließ eher aus Scham und kichernd ihren Kopf auf die Tischplatte sinken.

Während es bis hierhin eher still war im Klassenzimmer, schnatterten nun, im kurzen Kopf-Tisch-Moment, die Kameras der Journalisten so wild, wie sich die Fotos jetzt im Netz verbreiten. Und als ob es nicht schon kurios genug wäre, dass sich Journalisten heutzutage nicht kurz fragen, ob das Bild tatsächlich das zeigt, was man auf den ersten Blick denken könnte – einige haben sich das wohl gefragt und wissen, dass die Story nicht so ganz stimmt, schreiben es aber trotzdem auf.

Die „Welt“ titelt groß: „Der britische Premier dilettiert im Wahlkampf: Er langweilt die Jüngsten im Kindergarten und isst Hotdog mit Messer und Gabel.“ Im Text wird das dann wieder eingeschränkt, aber so eine Überschrift ist ja auch einfach zu gut. Bei t-online.de ist es in etwa das Gleiche. Und besonders bräsig, aber erwartbar, schafft die „Huffington Post“ die gleichzeitige Rolle vor- und rückwärts.

Screenshot "Huffington Post" 10.4.2015

Das steht da so, als Überschrift. Im Text, in dem auch das Video aus der Schule eingebaut ist, steht dann wenig bis gar nichts, außer eben, dass Cameron als „Snob“ gelte, der einen Hotdog mit Messer und Gabel esse, und dass nun auch der Auftritt in der Grundschule „nach hinten los“ ging. Im letzten Absatz dann:

Dass das Bild aus dem Zusammenhang gerissen und das Mädchen den Kopf eigentlich auf den Tisch hat fallen lassen, weil ihr eine Antwort auf eine Frage Camerons nicht eingefallen ist, interessiert die Öffentlichkeit nicht.

Naja, und die „Huffington Post“ offenbar auch nur so halb.

48 Replies to “Was Journalisten alles Wurst ist”

  1. Nix Neues unter der Sonne.
    Schon Karl Kraus ….
    .
    Von wegen „Manche Journalisten lernen halt nicht dazu…“
    = das „Manche“ kann ersatzlos gestrichen werden. Sie können nix, sie wissen nix, sie lernen nix und sie machen immer so weiter.
    .
    .

    Ja, ja, ja, es gibt auch eine handvoll gute Journalisten… ein Prozent? ein Promille?

  2. Ich bin mir nicht sicher, aber ist der eigentlich peinliche an dem Video nicht, dass Cameron ein Kinderbuch nicht richtig versteht?

  3. Es ist das gleiche wie bei der Haltern-Diskussion: Wo ist bei den Bildern der Nachrichtenwert??

    wulfen hat schon Recht, peinlicher für Cameron ist, dass er sich bezüglich der Bilder im Buch irrt. Dazu gibt es aber kein schmissiges Foto, also kommt es als Nachricht gar nicht vor.

  4. Und dann wundert man sich noch über zunehmende Politikverdrossenheit und mangelndes politisches Interesse der Bevölkerung, wenn die Medien mit schlechten Beispiel vorangehen und lieber derartigen Schmarrn mit dem Ziel schneller Klicks breittreten, als auf politische Inhalte einzugehen.

  5. Vielleicht ist es aber auch gar nicht so schlimm, dass die Presse das Bild sinnentstellend aus dem Kontext reißt. Es geschieht Cameron eigentlich ganz recht (und das unabhängig von der politischen Ausrichtung).

    Das ist ein typisch schmieriger Wahlkampfauftritt, der einzig aus dem Grund inszeniert wird, damit der jeweilige Politiker ein paar schöne Bilder bekommt: Politiker mit Kindern – eine bessere Zukunftsmetapher kann es ja kaum geben. Inhaltlich geht es dabei um gar nichts. Denn wenn sich der jeweilige Politiker tatsächlich über das Thema Bildung und Schule aus erster Hand informieren wöllte (warum auch immer), dann würde er nicht mit einer riesigen Journalistenmeute im Schlepptau dort aufkreuzen.

    Das sind die Auswüchse eines völlig sinnentleerten Wahlkampfes, bei dem es nicht mehr um sachliche Auseinandersetzungen und politische Positionen, sondern nur noch um plakative Bilder geht. Und daran sind die Politiker maßgeblich selbst schuld, denn sie drücken sich vor Konfrontation und suchen lieber die unkritische Bühne – sehen wir auch in Deutschland, dass man zwar gern und viel in Talkshows herumlungert, aber nie Zeit für Interviews mit investigativen Journalisten hat.

    Wenn es aber nur noch um Bilder und nicht mehr um Inhalte geht, dann kann man Journalisten kaum verdenken, dass sie dann ebenfalls anfangen, möglichst schmissige Bilder herauszusuchen und sich dazu irgendwas einfallen zu lassen. Mit Politik wollen diese Politiker doch gar nicht mehr belästigt werden. Sie bekommen damit die Presse, die sie verdienen. Auf diesem Kindergartenniveau kommt es doch nun wirklich nicht darau an, ob etwas stimmt oder nicht. Das taugt doch ohnehin nur für die Klatschspalte.

  6. Die Essmanieren der britischen Politiker sind offenbar ein wichtiges Thema. Letztes Jahr machte Oppositionsführer Ed Miliband Schlagzeilen, als er sich beim Essen eines Bacon-Sandwich (aus der Hand) einigermaßen ungeschickt anstellte. Kein Wunder, dass Cameron die sichere Option wählt und seinen Hot Dog mit Messer und Gabel isst, um Milibands Vorstellung nicht zu wiederholen – und das wird ihm jetzt als “versnobt” ausgelegt. Wie man’s macht, macht man’s falsch im Vereinigten Königreich …

  7. @Anselm Lingnau: „Wie man’s macht, macht man’s falsch im Vereinigten Königreich …“

    Wie wäre es denn, wenn man als Politiker einfach zu Hause isst und das nicht als Medienevent in fremden Familien inszeniert, die einem normalerweise am Allerwertesten vorbeigingen, wenn nicht gerade Wahlkampf wäre und man deshalb eine heuchlerische Show meint abziehen zu müssen?

    Und für Miliband gilt genau das Gleiche: Auch das war während einer Wahlkampftour, wo man sich allein mit Bildern inszenieren wollte. Ging halt nach hinten los. Wird wohl leider trotzdem nicht zu einem Umdenken führen.

  8. @6 Poly Ticker: Hmtja, vielleicht treffend beobachtet, aber könnten Politiker und Journalisten diesen Ringelpiez dann nicht besser in geschlossenen Clubs veranstalten, statt das Publikum damit zu strapazieren? Ich kann verstehen, wenn man dabei irgendwann zynisch wird, finde den Gedanken aber fürchterlich deprimierend.

  9. widewidewie sich Journalisten die Welt zurechtbiegen
    Das trifft es. Wer schert sich schon um die Umstände, in denen ein Bild entstanden ist, wenn nur der Symbolcharakter groß genug ist. Es geht nicht um dieses spezielle Kind, genauso wenig wie es um den konkreten Mittelfinger von Varoufakis ging. Es illustriert einfach nur bestens die Ressentiments, die die Medien bei ihren Konsumenten (vermutlich zu Recht) vermuten und so bestätigen wollen.
    Dabei wäre das konkrete Bild zu Illustrationszwecken ja sogar legitim, wenn Cameron die Kinder tatsächlich gelangweilt hätte oder – sehr großzügig bemessen – tatsächlich so ein Langweiler wäre. Um dies aber beurteilen zu können, ohne dabei gewesen zu sein, müsste man eben dem Urteil der Medien vertrauen können. Aber warum sollte man das tun? Wenn so offensichtlich der populistische Effekt im Vordergrund steht?

    In dem Zusammenhang fiel mir übrigens dieses Bild vom allseits geschätzten damaligen US-Präsidenten Bush ein: http://static.deathandtaxesmag.com/uploads/2011/08/GeorgeBushBaby.jpg
    Kennt man das nur, weil es so lustig ist? Oder auch weil es schön ins fertige Bild passt?

    Und davon gibt es noch mehr:
    http://assets.nydailynews.com/polopoly_fs/1.1162356!/img/httpImage/image.jpg_gen/derivatives/gallery_1200/george-w-bush-florida.jpg
    http://www2.pictures.zimbio.com/gi/FILE+Look+Back+Photo+Op+DI4yaXW4gA8l.jpg
    (Und wie der Sohn, so schon der Vater: http://cryptome.org/eyeball/prezsec/pict435.jpg)

  10. Mich beeindruckt stets aufs Neueste worüber Journalisten so alles beri
    chten können, um an der Informationsfront so richtig mitzuhalten.

    Toll

  11. Geiler noch:
    …,“Wir wissen zwar noch nicht wie die Tsipras-Admin funzt, treffen aber ebenso glasklare Analysen wie Lufthansa: der Co-Pilot wars“

    Gehts noch gbeiler?

  12. @9: „Wie wäre es denn, wenn man als Politiker einfach zu Hause isst und das nicht als Medienevent in fremden Familien inszeniert,“

    Schlagzeilen-Auswahl:

    „Cameron versnobt – er weigert sich, woanders zu essen als zu Hause!“

    „Cameron paranoid? Hat er Angst vergiftet zu werden?“

    „Cameron zu fein für das Essen der Arbeiterklasse!“

    „Suppenkasper Cameron – ist er essgestört?“

    „Cameron beleidigt Gastgeberfamilie – er verweigert den angebotenen Hotdog!“

    Wie hätten Sie’s denn gerne?

  13. Fotografen, die etwas auf sich halten, haben übrigens ein Credo: es werden Menschen nicht beim Essen fotografiert. Es ist nämlich ein sehr privater Moment und niemand sieht dabei wirklich gut aus – auch nicht auf dem Foto. Selbst wenn versehentlich so ein Foto entstanden ist, wird es nicht veröffentlicht.

    Da fängt schon mal die ganze Misere an. Wer so ein Foto schießt und veröffentlicht ist m. E. ein Ar…

  14. Sorry, aber mich hat Herr Rosenkranz‘ Blogeintrag noch mehr geärgert als die offensichtlich nachrichtenwertlosen Berichte über Camerons sogenannte Wahlkampfpannen, die Herr Rosenkranz beklagt.
    1. Nach einem kurzen Lacher über die Bilder widme ich lieber dem Inhalt von anderen Beiträgen, die tatsächlich relevante Informationen enthalten. Ich hoffe, dass die meisten kritischen deutschen Leser genau dasselbe tun.
    2. Da ich mein halbes Leben in England verbracht habe, kenne ich viele Briten. Soweit ich ihre Reaktionen einordnen kann: auch sie finden die Bilder lustig, es gehört zum Diskurs über Cameron (posh, bland), aber sie wissen auch, dass es wenig über den politischen Inhalt der Kampagne aussagt. Have a chuckle, share it, move on. Die richtigen Informationen für ihre Entscheidung beziehen sie aus anderen Quellen.
    3. Es ist verschwendete Zeit, sich über solch offensichtlich belanglose Dummheiten zu erregen und dann noch einen solch langen Eintrag zu schreiben. (Ok, zugegeben: mein Eintrag ist super-meta. Ich errege mich über das belanglose Erregen über belanglose Dinge.)

    Was aber eigentlich mein Problem ist: Mir ist, offen gestanden, ein wenig unwohl bei den Artikeln von Herrn Rosenkranz.
    1. Er arbeitet für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. In seinem Artikel über die Wetterberichterstattung nahm er sich nur Beispiele aus dem Privatfernsehen vor. Dabei kann man genauso gut vor der eigenen Haustür kehren.
    2. Auch schon bei dem wirklich belanglosen aber offensichtlich ironisch gemeinten Stern-Artikel hat Herr Rosenkranz es geschafft, der ganzen Sache eine Gravitas anzuhängen, die es weder vorgab noch benötigte.
    Haltern ist ein moralisches Problem.
    James Franco Artikel sind Zeitvertreib.
    3. Warum immer auf solch offensichtlich belanglos, gar dummen Sachen herumtreten, wenn man sich nicht auch der versteckteren, subtileren, politisch signifikanteren Probleme annehmen kann. Z.B. wie humorlos und „unfrei“ die Journalisten aus den „unabhängigsten“ Medien tatsächlich sind…

  15. Tja, es ist halt schwer, der Versuchung einer effekthascherischen Schlagzeile zu widerstehen. Und diese Charakterstärke ist eben nicht mehr so oft zu finden. Warum sollte man auch Prinzipien haben, wenn alle um einen herum sie munter über Bord werfen? Die Zeiten sind wohl lange vorbei. Bis jemand die Marktlücke entdeckt…

  16. Aber das ist doch nichts Neues mehr, das ist das kolportierte Kohlsche Niveau vom „Ich habe Angela erst das Essen mit Messer und Gabel beibringen müssen.“ Vielleicht schaut Ihr Euch mal das Niveau an, mit dem sein Kontrahent Ed Miliband von den ‚Medien Ihrer Majestät‘ attakiert wird. Wenn das in unsere Gazetten schwappt, können wir all die Sprüche von Niveau vergessen, dann werden hier alle möglichen Leute öffentlich hingerichtet. UND wir nennen das dann auch wieder Qualitätsjournalismus.

  17. Nachrichten sind Waren und der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Aus quasi nix eine kl. Meldung gemacht, die einen lachen, die anderen schimpfen, die dritten gehen weiter.

    Ob es geklickt und verlinkt wird zählt.

    Exemplarisch für die Art wie Medien arbeiten ist es, von daher passt es hier, als besonders einleuchtender Fall, wie aus nichts durch Arbeitstechniken etwas gemacht wird. 3x sowas gesehen bleibt es hoffentlich hängen und immunisiert gegen Vertrauen. Fall 2 wäre Putin allein zu Tisch. Fall 1: Uwe Seeler schleicht geschlagen vom Feld in Wembley, glaub ich. In Wahrheit schaut er zu Boden, weil sein Schuh nicht richtig zu ist. Dass es nicht nach dem Abpfiff war verrät die Blaskapelle, die man im Hintergrund sieht.

  18. Dafür hat man sich in dieser Woche bei „Have I Got News For You“ (das endlich wieder gesendet wird), darüber lustig gemacht, dass Miliband in der ersten TV-Befragung mit Paxman ein Wort zwei Mal nicht sauber artikuliert hat. Es ist alles einfach nur gut für einen Lacher, sonst nichts.

    Mich beruhigt dann eher dieser Bierernst der teutonische „Journalisten“, die diese Meldungen einfach nur gedankenlos abschreiben, und mit dem sie versuchen, einen ausgewachsenen Skandal aus dem kleinen Patzer herauszusterilisieren.

  19. #28 „Exemplarisch für die Art wie Medien arbeiten ist es…“

    Es gibt nicht „die“ Medien, und ebenso gibt es nicht „die“ Art, wie Medien arbeiten. Wenn Sie da bei all dem, was Sie heutzutage medial lesen, sehen, hören können keine Unterschiede finden?

    Zugegeben: nicht jeder weist so hilfreich und behände auf sein eigenes Können hin wie Hardy Prothmann… ;-) …aber unabhängig davon sollten wir als Leser-Zuschauer-Zuhörer auch unsere Art der Rezeption gelegentlich ebenso kritisch hinterfragen wie den gelieferten Journalismus.

    Ein nettes Interview dazu mit dem Sozialpsychologen Harald Welzer:

    http://www.mz-web.de/medien/sozialpsychologe-harald-welzer-im-interview–einfach-mal-loecher-in-die-luft-starren–,26557340,30402638.html

    Schönen Sonntag noch :-)

  20. Hätte ich nicht diesen Blog gelesen, hätte ich von den Geschichtchen überhaupt nichts mitbekommen. Wie wahrscheinlich 95% aller übrigen Menschen auch nicht.
    Wer nimmt denn wirklich wahr, was „heute.at“, „20 Minuten“ oder „t-online“ an „Nachrichten“ bringen? Von der HuffPost mal ganz abgesehen, die ja nun niemand als relevant einstuft.
    Wenn Herr Rosenkranz keine schlimmeren Journalisten-Unfälle als diesen hier ausgräbt, kann man sich Besuche in diesem Blog künftig auch sparen.

  21. @theo:
    Richtig – man kann nicht alle Medien über einen Kamm scheren. Selbst im Newsbiz ist nicht jeder mit Warenproduktion beschäftigt, etwa beim GEZ-Fernsehen und -Rundfunk.

    Und richtig ist auch, dass die Medien unterschiedliche Kundensegmente bearbeiten und daher andere Qualitätsmaßstäbe anlegen müssen.

    Den Konsumenten als Wurmfresser will ich nicht außer Acht lassen – aber um Wurmkunde zu lernen sind solche Beiträge eben doch hilfreich, auch wenn HuffPo, 20Minuten u.ä. Medien sind, die ich fast nur aus diesem Blog kenne.

  22. Naja, die Essmanieren der Politiker sind für die britischen Medien aus irgendeinem Grund besonders faszinierend, wie bereits oben gesagt wurde. Mich wundert es vielmehr, dass diese britische Einstellung zu der Sache einfach so in die deutschen Medien gelangt. Wird da einfach ge-copy-und-pasted?

  23. Hand aufs Herz: Wie viele Deutsche interessieren sich für den Wahlkampf in Großbritannien, für die politischen Inhalte, für die Hintergründe der Kandidaten? Ein Prozent? Zwei Prozent? Und wie viele davon einfach nur aus reinem Weltgewandheits-Snobismus?

    Letztlich sind derartige Wahlen und deren Ergebnisse auch für die Lebenswirklichkeit der Menschen ganz und gar irrelevant.

    Ein Politiker, der in – und sei es nur scheinbar – peinlichen Situationen gezeigt wird, hat jedoch immer zumindest das Potenzial für einen Schmunzler. So, wie wenn die Bayern ein Gegentor kassieren.

    Cameron inszeniert Wahlkampfauftritte. Er spielt das Spiel mit, hat den Regeln zugestimmt. Und beklagt sich auch gar nicht. Vielleicht gefällt es ihm und seinen Spin Doctors sogar? Menschliche Schwächen geben Sympathiepunkte.

    Sich darüber aufzuregen, daraus einen Meta-Artikel zu bauen und sich deshalb als Avantgarde der journalistischen Gilde zu sehen, ist vielleicht lächerlicher als wenn Cameron Suppe mit der Gabel ist und als darüber zu schreiben zusammen.

  24. Ganz schwerwiegend, sicherlich; peinlich allemal.

    Um den Bodensatz des Journalismus aber erkennen zu können darf man nicht mit Logik kommen. Das wäre genauso platt, als wenn Ronja von Rönne ohne das ‚von‘ in ihrem Namen vom Rennschwein Rudi Rüssel redet und despektierlich darauf hinweißt, dass sie im Grunde ganz bodenständig ist und das doofe ‚von‘ in ihrem Namen nur hat, weil sie nicht mit Rudi Rüssel verglichen werden möchte. Wie gesagt: Logik!

    Die Medien und ihre Huren, ihre selbstgefälligen sich-selber-zur-Strecke-Bringer haben natürlich nichts gelernt.
    Da fällt mir noch ein schönes Beispiel ein: Als der Chef von German-Wings die Pressekonferenz zum Absturz abgab war immer sehr deutlich und laut zu hören wie die Fotografen klickten. Ein einziges Bild, bei dem er die Luft anhält und fast auspusten möchte, erschien auf Focus. Genau das Bild, wo er ziemlich blöde ausschaut.

  25. Gibt es keine wichtigeren Themen? Z.B. warum das ZDF 1500 Krimis im Jahr sendet und sich damit die Frage stellt, wieso für diese einseitige Fixierung im sogenannten Bereich „Fiktion“ (früher einfach Film/Serie genannt) Zwangszahlungen stattfinden müssen? Diesen Markt kann auch ein privater Krimisender ohne meine Gelder abdecken?

    Oder warum das ZDF inzwischen auch in Nachrichten suggestiv mit musikuntermalten Beiträgen arbeitet?

    Warum das an 3sat ausgelagerte auslandsjournal extra häufiger gesendet wird als das reguläre auslandsjournal im ZDF?

    Warum das ZDF keine ernstzunehmende Wissenschaftssendung, dazu noch regelmäßig, sendet und immer mehr zu einem Heile-Welt-Sender mutiert?

    Worin sich die 3.Programme eigentlich unterscheiden und ob nicht ein Drittes Programm mit mehreren Regionalfenstern am Tag ausreichen würde?

  26. @24: Ich stimme Ihrem Kommentar vollkommen zu. Meine Reaktion nach dem Blogeintrag war auch nur ein müdes So what?
    Und diese Reaktion befiel mich bisher bei allen Beiträgen von Boris Rosenkranz, die ich gelesen habe. Die Themen seiner Beiträge haben nie wirklich Relevanz, sind für mich kaum interessant und die Kritikpunkte, die er anführt, sind für mich bestenfalls fragwürdig, meist aber nicht der Rede wert.
    Deshalb lese ich seine Beiträge kaum noch und wenn ich ab und zu doch mal wieder in einem seiner Beiträge wie hier reinschaue, sehe ich mich in meiner Auffassung bestätigt.
    Ich sage es rundheraus: Die Blogbeiträge von Boris Rosenkranz sind höchst verzichtbar.

  27. Das zeigt eigentlich nur dass die Journalisten zunehmend die Rolle der mittelalterlichen Hofnarren übernehmen : unterhalten, provozieren und harmlos scherzen.

    Ich fordere . Kostenlose Tröten für jeden Journalisten !

  28. @39: Und deshalb kommen Sie hierher, lesen und kommentieren das auch noch?
    Mit Paradox ist das noch freundlich umschrieben.

    Ich finde es demgegenüber durchaus sinnvoll, bezeichnende Beispiele zu dokumentieren, mit welcher Selbstverständlichkeit komplett substanzlos Stimmung für oder gegen jemanden oder etwas gemacht wird. Und wer sich daran so alles beteiligt

    Auch wenn es um Cameron geht, bei dem ich dämliches Bashing ja spontan erstmal dreckig grinse. Trotzdem ist es unseriös, uninformativ und letztlich auch manipulativ. Es ersetzt journalistische Information durch eine Art Schulhofmobbing.

    Ihr Post dagegen erinnert mich an Troll-Kommentare beispielsweise zu Fußballthemen, die sich darüber ereifern, dass da wieder über diesen blöden irrelevanten Scheiß berichtet wird. Ich stelle mir dann immer, imHinblick auf diese Foristen, nur die Frage: Warum vergeudest du dann deine Zeit damit, das zu lesen, statt Sachen zu lesen, die dich interessieren?

    Warum vergeudest

  29. Ich sollte meine Posts Korrektur lesen. Abgesehen von den vielen anderen Unsauberkeiten erklärend:
    bei dem ich …ÜBER…dämliches…

  30. Ich mag das Wort „Kindergartenniveau“ sehr in diesem Zusammenhang. Ich habe auf dem Foto übrigens sofort gesehen, dass sich das Kind für etwas schämt oder das Gesicht versteckt, weil irgendetwas peinlich ist – und nicht vor Langeweile eingeschlafen ist.

    Traurig ist eben die sich manifestierende Tatsache, dass wenn „die Medien“ bereit sind bei solchen Unnachrichten skrupellos zu lügen, werden sie sicher nicht zögern, bei bedeutsameren Nachrichten ebenso zu manipulieren, zu betrügen und zu lügen.

    Irgendwann ist dann alles so verdreht, dass man die Wahrheit nicht mehr erkennt, selbst wenn sie einem ins Gesicht hustet. In diesem Falle hilft jedoch etwas Menschenkenntnis, die Befähigung zu Empathie und ein gesundes Lesen-können von Körpersprache. Der gemeine Copy-Paste-Journalist scheint schon davon überfordert.

  31. Man könnte die Thematik auch etwas entspannter angehen, so mag man denken, wenn sich schon kritisch mit Metakritiken zu so einer vergleichsweise belanglosen Angelegenheit beschäftigt wird. Es ist schon interessant, den tatsächlichen Hintergrund zu erfahren und es ist gut, dass sich Leute die Mühe machen, Richtigstellungen zu verbreiten.

    „Unwahrheiten“ – um mal einen populären Euphemismus zu benutzen – und Agitation in der Presse sind wohl so alt wie die Presse selbst. Lügen und Beschönigungen gehören zum Repertoire eines jeden, nicht völlig sozial unbeholfenen Menschen. Die Wahrheit erzählt zu bekommen ist ein moralischer Anspruch und kein verbrieftes Menschenrecht, sofern nicht irgendwelche anderen, juristisch relevanten Folgen aus der Lüge resultieren. Ich will nicht zu arg relativieren, aber mit einem pedantischen Wahrheitsfetischismus tut man sich keinen Gefallen m.M. nach, da könnte man sich genauso gut über den ausbleibenden Weltfrieden echauffieren. Diese Akzeptanz ermöglicht doch erst kritisches Denken, wenn man die „Lüge“ als Bestandteil menschlichen Austausches berücksichtigt.

    Helmut Schmidt sagte in der weitgehend unergiebigen Sendung von Frau Maischberger – die zu 50% aus seinen Kunstpausen bestand – auf die Frage, wie man mit den mutmaßlichen Lügen Putins umzugehen habe, es sei einfach normal bei Politikern. Mit dieser Gelassenheit sollte man auch den nicht-öffentlich-rechtlichen Medien gegenüberstehen.

    Entscheidend sind doch immer Intention und Tragweite, sowie Qualität einer Lüge. Wenn ein Trauermarsch stattfindet und eine Kluft zwischen Regierungsoberhäuptern und dem breiten Volk in einem Zusammenschnitt nicht auftaucht, ist das ein dramaturgischer Eingriff. Das ist dann keine akkurate Darstellung, aber so ein Trauermarsch ist ohnehin Theater. In dem Fall war aber die Sensibilität durch die „Lügenpresse!“ rufenden Pegidianer erhöht, die eigentlich überall Lüge sehen, wo der Islam nicht als Geißel der Menschheit betrachtet wird. Im Bereich der Meinung bröckelt der Begriff der Wahrheit nur so dahin.

    Wirklich schlimme Lügen wie der Torpedo auf die Maddox, die Brutkastenlüge oder die WMDs im Irak stammen nun wirklich nicht von der Presse.

    Und mit dem Blick auf manche Verschwörungstheorien (ich sag jetzt bewusst nicht welche, manche könnten ja wahr sein) , die im Netz so rumgeistern, erscheint einem die Titelseite der BILD als Hort der Vernunft. Kollektiver Wahn funktioniert also auch wunderbar ohne Presseerzeugnisse im klassischen Sinne.

    Und Hot-Dogs würde ich bei vorhandenem Tisch und Besteck auch so essen wie Cameron, ich habe mich bereits einmal mit Senf komplett eingesaut. Die Dinger sind unpraktikabel wie manch eine Dönertasche. Die Rezeption einer solchen „gedoktorten“ Berichterstattung ist nämlich keinesfalls an die Wertvorstellungen und Idiosynkrasien des Verfassers gebunden.

  32. Ist das nicht auch irgendwie recht schnell als Bratwurst im Brötchen zu identifizieren? Das ist kein schmales Hotdog-Brötchen, sondern eine Roster im Brötchen, da fragt mich sogar die Frau an meinem Rosterstand, ob ich Messer und Gabel möchte.

    Jaja, der Artikel ist schon älter. Trotzdem war das kein Hotdog :)

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