Manfred Güllner, der Volks-Vertreter

Manfred Güllner ist besorgt. Mit großem Unbehagen beobachtet er, dass die Eliten des Landes zunehmend auf das hören, was im Netz gesagt wird. Und nicht auf das Volk.

Das ist womöglich schlecht für das Land, denn die Leute, die sich im Internet artikulieren, sind nicht unbedingt repräsentativ für das Volk. Ganz sicher aber ist es schlecht für ihn, denn Güllner ist Meinungsforscher und lebt davon, anderen zu erzählen, was das Volk denkt und meint.

Wenn Forsa-Chef Manfred Güllner sich wortreich darum sorgt, dass die Politik nicht mehr auf das Volk hört, sorgt er sich in Wahrheit, dass die Politik nicht mehr auf ihn hört.

Das vergessene Volk

„Das vergessene Volk“ heißt Güllners Artikel, den heute mehrere Zeitungen, darunter der „Kölner Stadt-Anzeiger“ und die „Frankfurter Neue Presse“, als Gastbeitrag veröffentlicht haben. Anlass ist vorgeblich das 6. Hessisch-Thüringische Mediengespräch. Es findet zwar erst am 1. Oktober statt, aber man kann mit dem Vordenken ja nicht früh genug anfangen.

Man könnte Güllners Artikel leicht als eines der üblichen staatstragenden Essays missverstehen, die aus solchen Anlässen formuliert werden. Aber Güllner geht es um viel mehr als die Gesellschaft. Es geht ihm um sich selbst.

Das Forsa-Chef wettert gegen „das Netz“ und vor allem gegen das Missverständnis, dass es sich bei der großen Zahl von Bloggern, Kommentatoren, „Followern“ und „Freunden“ um einen „auch nur annähernd repräsentativen Querschnitt des gesamten Volkes“ handle:

Die angeblich den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkenden „Communities“ bestehen überwiegend aus Vertretern von Partikular-Interessen – die ja durchaus legitim sein mögen -, meist aber aus Extremisten jedweder Couleur, Querulanten, in der Gesellschaft zu kurz Gekommenen – wie jenes „Medienjournalisten“, bei dem es zu einem ordentlichen Journalisten nicht gereicht hat – oder selbst ernannten Advokaten, die unter dem Deckmantel „hehrer Ziele“ nur ihre ideologischen oder persönlichen Süppchen kochen wollen – zum Beispiel solch undurchsichtigen Gebilden wie „Lobby-Control“, etc..

Huch, „Medienjournalist“? Er wird doch nicht schon wieder mich gemeint haben?

Für das Publikum der Tageszeitungen, die sich von Güllner vollschreiben ließen, dürfte das eine eher rätselhafte Referenz sein. Aber vielleicht tun ja einige der Leser das, was ich gemacht habe, weil ich über das für mich ähnlich rätselhafte Abwatschen von „Lobby-Control“ gestolpert bin, und googlen ein bisschen und werden schlauer.

Wenn man nach Lobby-Control und Güllner sucht, findet man auch sehr schnell eine gute Erklärung für den kleinen Wutpickel in Güllners Text: „Lobby-Control“-Aktivist Timo Lange hat Meinungsforscher wie Forsa vor ein paar Jahren in einem „Handelsblatt“-Interview kritisiert:

Diese Institute liefern zum Teil bestellte Wahrheiten. Forsa beispielsweise hat mal eine Umfrage für die Deutsche Bahn zur Bahnprivatisierung gemacht, vermittelt über eine Agentur. Gefragt wurde nach den Vorteilen einer Privatisierung, die Nachteile wurden erst gar nicht thematisiert. Platziert wurden die Ergebnisse dann sehr geschickt am Tag der Expertenanhörung zur Bahnprivatisierung im Bundestag. Das floss dann natürlich in die mediale Berichterstattung mit ein, mit dem Tenor: Experten sehen Privatisierung kritisch, die Bürger versprechen sich aber davon einen besseren Service.

(Dass die Forsa-Fragen „einseitig bahnfreundlich formuliert“ waren, hatte 2009 auch der PR-Rat festgestellt.)

Güllners Essay lässt sich also auch als Bewerbung zum Präsidenten des Retourkutscherverbandes lesen. Unter dem Deckmantel „hehrer Ziele“ kocht er seine persönlichen Süppchen – Moment, wo hatte ich das gerade noch gelesen?

Nun sind die Fragen, die Güllner scheinbar aufwirft, wichtig und richtig: Wie gehen Entscheider in Gesellschaft, Medien und Politik mit den Wortmeldungen im Netz um? Wie ordnet man sie ein, welche Bedeutung misst man ihnen bei? Wie verhindert man es, sich von einem vermeintlichen „Shitstorm“ von einer Handvoll lautstarker Krakeeler einschüchtern zu lassen, erkennt aber, wenn nötig, auch die darin enthaltene Relevanz?

Güllner ist aber an dieser Diskussion nicht gelegen, denn er hat eine einfache Antwort auf diese Fragen: Alles ignorieren. Wenn ich wissen will, was das Volk bewegt, darf ich auf keinen Fall ins Netz gucken. Ich muss in die Markt- und Meinungsforschung gucken, die ich bei einem Institut wie, sagen wir, Forsa in Auftrag gegeben habe. Güllner vertritt das Volk (und nicht etwa das komische Volk, das sich im Netz äußert).

Der Forsa-Geschäftsführer sagt nicht nur, das die Wort-Meldungen im Netz nicht repräsentativ sind. Er erklärt sie für vollständig irrelevant:

Sie können (…) nicht als eine Art „Schwarm-Intelligenz“ gewertet werden; denn anders als bei dem historischen Beispiel der „Ochsenfleischzählung“ von 1906, als das Gewicht des Ochsen trotz großer Abweichungen der individuellen Schätzungen im Durchschnitt exakt eingeschätzt wurde, finden sich im „Netz“ ja durchweg nur von der Mehrheit völlig abweichende Positionen, so dass die behauptete identitätsstiftende Wirkung des „Netzes“ nicht stattfinden kann.

Nach Güllners Worten finden sich im Netz „durchweg nur von der Mehrheit völlig abweichende Positionen“. Die Mehrheitsmeinung, die Ansichten des Mainstreams, sie sind für ihn hier nicht nur unterrepräsentiert. Sie sind nicht vorhanden. Normale Menschen mit normalen, vernünftigen Mehrheitsmeinungen äußern sich nicht im Netz. Alle im Netz sind bekloppt.

Und für den Fall, dass der Leser glauben könnte, dass Güllner da in seiner Wut vielleicht einfach mal etwas übertrieben formuliert hat – sagt er es sicherheitshalber drei Sätze später noch einmal:

Die im Netz vorzufindenden Äußerungen und Kommentare werden [von politischen und gesellschaftlichen Eliten] missinterpretiert als Meinung des Volkes, obwohl es sich ja in der Regel nur um völlig abwegige Artikulationen von Minderheiten handelt.

In der Regel nur um völlig abwegige Artikulationen von Minderheiten.

Die Demütigung, die er mit dem Verlust der Deutungshoheit erfährt, scheint für Manfred Güllner unerträglich zu sein. Und dann muss er auch noch Widerspruch und Kritik von Leuten hinnehmen, die nicht selbst Manfred Güllner sind! Er macht, was er dem „Netz“ vorwirft: durchweg extremisieren. Und größere Zeitungen des Landes geben ihm dafür und für ein paar billige Polemiken gegen seine Kritiker gerne das dafür notwendige Papier.

Wer in erster Linie auf das „Netz“ hört, verliert (…) schnell das Gespür dafür, was das Volk insgesamt wirklich umtreibt, bewegt, besorgt oder beunruhigt. Damit aber verärgert man die große Mehrheit des Volkes nachhaltig. Zu Recht beklagen ja die immer zahlreicher werdenden Nichtwähler, dass die politischen Akteure sich zu sehr an den Meinungen und Interessen von Minoritäten orientieren, die Interessen der großen Mehrheit des Volkes aber unberücksichtigt lassen.

Ja, das beklagen Nichtwähler. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sie damit meinen, dass Politiker zu sehr auf das Netz hören. Vor allem aber haben Nichtwähler mit dem Netz überhaupt erst die Möglichkeit zu sagen, warum sie nicht wählen, und sie tun es in Scharen.

Güllner aber setzt seine Geisterbahnfahrt fort:

Noch reagiert dieser Teil des Volkes, der sich nicht mehr verstanden und vertreten fühlt, nicht mit aggressivem Wahlverhalten, sondern „nur“ mit Wahlverweigerung. Doch die historische Erfahrung in Deutschland mit der Zerklüftung und Polarisierung der Gesellschaft sollte Warnung genug sein, um ähnlich gefahrvolle Entwicklungen nicht wieder entstehen zu lassen. Nicht um „communities“ sollten sich deshalb die Eliten der Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien kümmern, sondern um das Volk insgesamt, das sich immer mehr vergessen vorkommt.

Es ist sicher kein Zufall, dass Güllner hier immer vom „Volk“ als Ganzem spricht und nicht vom Bürger als einzelnem. Er plädiert nicht für Bürgernähe, die man zum Beispiel als Politiker zum Beispiel in sozialen Medien und vor Ort erreichen kann. Er plädiert dafür, herauszufinden, was „das Volk“ will. Und wer könnte das für einen herausfinden, wenn nicht ein Forschungsinstitut wie Forsa?

Wenn die Eliten des Landes aber zu sehr auf das Netz hören, droht mindestens der Untergang des Abendlandes, vielleicht sogar von Forsa.

131 Replies to “Manfred Güllner, der Volks-Vertreter”

  1. Hihi, „Das Forsa-Chef wettert gegen „das Netz“ erinnert mich irgendwie an „das Merkel“… ;-)

  2. Interessant wäre natürlich zu wissen, welche gesellschaftlichen Gruppen das Netz nutzen und v.a. welche davon dort ihre Ansichten und Einstellungen verbreiten. Aber das sollten Wissenschaftler und Journalisten abseits dieser pauschalen Sarrazin-Thesen und ohne den Privatkrieg hier tun.

  3. @Alex, 2: Alle nutzen das Netz über verschiedene Trägermedien, außer Güllner. Was gibt es da noch herauszufinden und zu wissen?

  4. Kann mal einer erklären, was er mit der „Ochsenfleischzählung von 1906“ meint? In diesem komischen „Internet“ find ich dazu nix.

  5. Mit solch einem Chef wie Herrn Güllner würde ich mich als Forsa-Mitarbeiter aber ganz schnell nach einem neuen Job umschauen. Ein stärkeres Warnsignal als Realitätsverweigerung in der Führungsetage kann es kaum geben.

  6. Herr Güllner könnte doch mal „sein Volk“ fragen, was es „vom Netz“ hält. Vielleicht zahlen ihm ja Facebook oder Twitter eine solche „Studie“.

  7. Ich gebe hiermit ein Meta-Wahlversprechen ab: Ich werde die Partei wählen, die mir verspricht, keinen Euro mehr an sogenannte Meinungsforschungsinstitute zu zahlen. Sondern stattdessen den wissenschaftlichen Dienst nutzt, denn genau für sowas ist der da.

  8. @Ste #4

    Meine Oma nutzt das Netz nicht. Und ihre Oma-Freundinnen auch nicht. Telefone haben sie aber. Und Ansichten haben sie auch.

  9. Schon auffallend – das in letzter Zeit verstärkte Wahrnehmen unbestechlicher Erkenntnisse des großen „Meinungsforschers“ Güllner. Nachdem Allensbach als soziologische Untermauerung wohl nur noch für die FAZ relevant ist, muß auch er sich langsam damit abfinden, daß auch seinen zunehmend fraglichen „Erkenntnissen“ und Methoden, sowie deren mitunter eigenwilliger Interpretation, in immer höherem Maße die Seriösität abgesprochen wird. Zornesworte eines alten Mannes, der die Digitalisierung des Alltag nicht mehr begreift.

  10. @Alex: Dann sollte Güller also rasch darauf gründend, die Geschäftsidee entwickeln, und Forsa umbennen in ForSeniors.

  11. Ich finde das eher bestürzend. Noch nicht mal G. selbst, sondern das (zumindest theoretisch) seriöse Medien diesem Unsinn eine Plattform bieten. Und auch, wenn wir darüber lachen.
    Güllner hat sich damit nicht desavouiert, nein, auch morgen werden seine Umfrageergebnisse ernst genommen werden und in großen Zeitungen verbreitet.

    Dagegen ist jemand, der ihm widerspricht, natürlich so ein „Internet-Spinner“ oder es hat nicht zu einem richtigen Beruf gereicht (SN): „Wer nichts wird, wird Medienjournalist“.

    Das ist frustrierend, und dannbraucht man sich auch nit zu wundern, wen den etablierten Medien nicht mehr viel geglaubt wird. ²
    Aber hey, da gibts immer noch einen Baseballschläger dagegen: „Der wird vom KGB/Linkspartei/Intl. Gutmenschentum bezahlt“.

    ² Das gilt nicht für Pegida-Heinis, „Islamkritiker“ o.ä. DIE haben gar keinen Grund, sich zu beschweren.

  12. DAS geknechtete VOLK wird sich gegen seinen von DAS NETZ betriebenen Untergang stellen. Es braucht einen Führer, der DAS VOLK seinem Willen zuführt, dem es einig folgt. Vor den volkszersetzenden Kräften schützt uns das Güllner, hinter seinem starken Schild wollen wir uns vereinen. Im heldenhaften Abwehrkampf gegen die Plage der unvolkischen Blogger und Mädjenjournalisten, die ihr Geistesgift überall dort verspritzen, wo des Manfreds Demoskopenschild nicht geheiligt wird.

    Gibt es da bei FORSA eigentlich auch Leute, denen das peinlich wird, oder sind die alle nach Manfred’s Vorbild geformt? Ist da ein rollendes R da womöglich Einstellungskriterium?

    Steilvorlage für hämisches Quanti-Bashing unter Kollegen. Komm, mach mir den Mampfret, erzähl mir was vom Volk..

  13. @Symboltroll: Naja, nun beruhigen Sie sich mal. Güllner leidet – wie die meisten Menschen – an einer Realitätsverzerrung und arbeitet seine narzistische Kränkung (druch z.B. Stefan Niggemeiers Kritik) ab. Und eigentlich ist es auch nicht überraschend, dass so einer wie Güllner diesen spezfischen Blick auf „das Netz“ hat. Ich würde gerne wissen warum manche Redaktionen dass so zentral und unkommentirt abdrucken. Besser wäre es gewesen eine Gegenmeinung mit zu publizieren, denn es ist doch wohl offensichtlich dass da was nicht stimmt und mehr als kritisch zu sehen ist. Also wieder die Frage nach dem Framing von solchen Inhalten.

  14. @Ste: In der FNP steht unter dem Text:

    Professor Manfred Güllner ist Gründer und Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstitutes Forsa. Er verfasst regelmäßig Gastbeiträge für diese Zeitung.

    Das beantwortet die Frage nach dem Warum aber auch nur bedingt.

  15. Schön finde ich die Formulierung „bei dem es zu einem ordentlichen Journalisten nicht gereicht hat“. Das zeigt ein so unsagbar begrenztes Weltbild dass man fast nicht weiß was man dem armen Mann (also dem Herrn Güllner, nicht dem unordentlichen Medienjournalisten) jetzt tröstendes sagen soll. Ab wann ist ein Journalist denn ordentlich? Wenn er kraft seines Presseausweises für die regionale Tageszeitung mit vierstelliger Auflagenhöhe Berichte von Stadtratssitzungen und Rentnerweihnachtsfeiern verfasst? Oder muss man eine gewisse Reichweite haben, sagen wir mal als Redakteur des RTL-Morgenmagazins?

  16. Am krassesten fand ich den Gastbeitrag von dem, der vor einigen Wochen ebenfalls im Kölner Stadtanzeiger erschienen ist und in dem er die Kritiker der Braunkohle ziemlich widerlich angegriffen hat, natürlich aufgrund von einer Studie, die vom Braunkohlekonzern RWE in Auftrag gegeben wurde.

  17. In Meinungsumfragen sagen Leute auch immer, daß sie liebend gern 1 Euro für den Liter Milch zahlen. Ab in den Papierkorb damit.

  18. Mir ist schon bei der letzten Güllner-Kritik hier im Blog aufgefallen, dass Herr Güllner ganz offensichtlich nur quantitative Forschung kennt. Es gibt daneben aber auch den Bereich der qualitativen Forschung, die z.B. Methoden wie die teilnehmende Beobachtung, Leitfadeninterviews, narrative Interviews und vieles mehr verwendet. Ziel der qualitativen Methodik ist es, nicht nur nackte Zahlen oder binäre „Ja/Nein/Weiß-Nicht“-Entscheidungen abzufragen und zusammenzufassen – das ist in etwa das, was Forsa macht – sondern ein Verstehen anzustreben. Warum verhalten sich Menschen so? Was denken Individuen zu einem Thema? Kann man Typisierungen vornehmen?
    Klar ist quantitative Forschung wichtig, aber Herr Güllner macht den (meiner Meinung nach schweren) Fehler, der qualitativen Forschung ihre Existenzberechtigung abzusprechen. Und für die qualitativen Verfahren sind die Möglichkeiten des Netzes grandios. Man erfährt nicht immer repräsentatives, aber das muss ja auch nicht immer das Ziel sein. Güllner ist für Zusammenhänge oder Nicht-Zusammenhänge blind, weil er mit Scheuklappen nur seine Methode sieht und andere Möglichkeiten nicht zulässt.

  19. Halten wir fest:
    Für Manfred Güllner besteht „das Volk“ aus:
    – Menschen im letzten Viertel ihrer Lebenszeit
    – Arbeitslosen
    – Hausleuten (m/w)
    – Kranken
    – eventuell noch Heimarbeitern, Selbständigen, Freelancern und Künstlern.

    Nicht zum „Volk“ gehören diejenigen, die erwerbstätiger Arbeit nachgehen – denn die sind ja nicht zwischen 9 und 17 Uhr zuhause, um ans Telefon zu gehen und blöde Fragen zu beantworten. Nein, diese Menschen arbeiten für ihr Geld, darum können sie nicht Volk sein. Und schon gar nicht, wenn sie sich in diesem komischen Neuland rumtreiben, diesem…. wie hieß es noch gl- … ach, richtig, diesem „Internet“. Immer dieser neumodische Kram.

    Gut, das erklärt natürlich auch die Genauigkeit von forsa-Umfrageergebnissen, sofern nicht schon das Wissen ausreicht, dass Güllner unter anderem Betriebswirt ist…

  20. In meinem nächsten Leben will ich Güllner werden, dann kann ich vielleicht auch die auf meinen Namen gepachtete universelle Wahrheit erfahren.

    Je suis Manfred Güllner!

  21. vielen dank für die berichterstattung. ich denke, ich bin nicht der einzige, dem immer klarer wird, was dieser mann für ein produkt vermarktet.

    .~.

  22. Die Äußerungen Güllners finde ich irgendwie auch anrührend. Weil sie uns zeigen, was wir an diesem Internetz haben.

  23. Vielleicht kann mal jemand aus dem Nähkästchen plaudern, welche Spielräume Zeitung-Redaktionen bei solchen Gastbeiträgen haben bzw. ob und wie sie diesen üblicherweise nutzen. Spätestens bei den Seitenhieben auf „jenen Medienjournalisten“ und Lobby Control hätte ich ein paar… Rückfragen gehabt.

  24. Bei aller Kritik an Güllner, seine Anmerkungen zu Lobby Control sind durchaus berechtigt. Bei Lobby Control sind vor allem Leute aktiv, die vorher bei der Linken bzw. den Grünen aktiv waren. Getan wird aber so, als würde man neutral gegen Lobbyisten vorgehen. Faktisch findet man aber kein böses Wort über eine Lobby, der man politisch nahe steht. Über Lobbyisten der Atombranche wird kräftig gewettert, Kritik an an der Solar- oder Windbranche fehlt, obwohl dort die gleichen, kritisierten Methoden genutzt werden. NGO werden so gut wie gar nicht kritisiert, es sei denn sie sind deutlich dem „politischen Gegner“ zuzuordnen. Bspw. wird die Bertelsmann Stiftung kritisiert, wenn sie Lernmaterialien Lehrern zu Verfügung stellen, wenn das aber Greenpeace oder Gewerkschaften machen, ist das keiner Kritik würdig.

  25. Das Lustigste an diesen Wortmeldungen des Herrn Güllner finde ich ja, dass er als Obermeinungsumfragemufti zu scheinen glaubt, dass die Zulässigkeit eines Arguments per Mehrheitsentscheid bestimmbar sei. Das hat er ja schon bei der Diskussion um #forsafragen so rausgehauen. Ich muss schon die ganze Zeit leicht irre vor mich hingackern, so lustig finde ich das. „Dieser ‚Medienjournalist‘ sagt, zwei und zwei sei vier? Ha! Dessen Blog wird doch nur von einer Handvoll nichtrepräsentativer Minderheitenangehöriger mit abwegigen Meinungen gelesen. Zwei und zwei ist natürlich 3, wenn das Volk das sagt“.

  26. Das ist jetzt etwas OT, aber trotzdem: Die Hoffnung, die man einmal mit dem seinerzeit neuen Medium Internet verband, nämlich sowas wie eine Stärkung der Gesellschaft, der Demokratie, diese Hoffnung ist ja leider überhaupt nicht eingetreten. Ganz im Gegenteil: Zu Wahlen als Hochamt der Demokratie gehen immer weniger Bürger, im Internet wuchern an jeder Ecke spinnerte Verschwörungstheorien, es wachsen und gedeihen Hass auf „die Medien“, „die Politiker“ oder auch „die Banker“, mitunter auch auf „die Moslems“ oder „die Juden / die Zionisten“; überall bilden sich gesellschaftliche Grüppchen heraus, die sich gegenseitig in ihren Wahnvorstellungen und Ideologien be- und verstärken. In der Offline-Zeit waren diese Leute darauf beschränkt, zu fünft am Stammtisch zu sitzen. Heute finden sie sich zu tausenden am großen Stammtisch bei Facebook, PI, KenFm oder anderswo zusammen und gröhlen sich gegenseitig zu.

  27. @Stanz: Das geht aber nicht unbedingt ursächlich auf das Internet zurück, es bekommen dadurch nur mehr Leute mit.

  28. Mit einer ziemlich ähnlichen Argumentation kann man auch behaupten, dass die in einer politischen Partei stattfindende Meinungsbildung auch komplett für irrelevant erklären. Es sind auch nur Partikulärinteressen von meinungsstarken Extremisten und nicht aus dem Volk erhoben.

  29. @Stanz: und das ist auch nur eine (und ihre subjektive) Perspektive, die Sie beschreiben. So einen Kulturpessimismus ist auch ein sehr alter Hut, weiß nicht was das bringen soll.

  30. Bei aller Kritik an Güllner, aber die herrschende Meinung des Internets als grundsätzlich herrschende Meinung in der Bevölkerung gleich zu setzen, halte ich für falsch. Nicht jeder, der im Internet oder speziell bei Facebook o. ä. tätig ist, gibt seine Meinung preis. Gerade bei Twitter wird sich jeder dreimal überlegen, ob er/sie etwas veröffentlicht, was einen Shitstorm auslösen könnte. Mal abgesehen davon, dass 90 % meines Bekanntenkreises (im Alter von 20-60) sich nicht um Twitter schert.

    Die Frage ist nicht, ob es Meinungsforschung braucht sondern ob die bestehende Meinungsforschung mit den richtigen empierischen Methoden arbeitet.

    Ach ja, @JJPreston: Ich wurde und werde regelmäßig von Forsa, Infratest Dimap und anderen zwischen sieben und acht Uhr abends angerufen. Dass ich mittlerweile von mehreren Instituten angerufen werde, lässt mich vermuten, dass sie die Nummern der vielversprechenden Kontakte austauschen.

  31. ich komme überschlägig auf 1,2 Mio Bürger, die Mitglieder von Parteien sind. Bei 61,8 Mio Wahlberechtigten sind das ca. 2,1%. Wir werden regiert von der Vertreterin einer radikalen aber lautstarken Minderheit (0,75% der Wahlbürger), die dem Führer einer Splittergruppe (0,25%) am Südrand der Republik besonders verbunden ist. Ein in Norddeutschland beheimateter Dickwanst, der eine ähnlich große Minderheit wie die Regierungschefin führt, ergänzt das von diesen Minoritäten geäußerte Meinungsspektrum nur um unbedeutende Nuancen.
    Andererseits verfügen fast 80% aller Bürger über einen Zugang zu diesem Neuland. Nicht auszudenken was passieren kann,, wenn sich „das Volk“ auch noch an das Internet anschlösse. Herr Güllner muss sich dann unter Umständen wirklich Sorgen machen.

  32. @Alex (32): Zum Glück setzt der Hausherr „die herrschende Meinung des Internets als grundsätzlich herrschende Meinung in der Bevölkerung“ nicht gleich. Ansonsten würde ich (und vermutlich viele) ihm hierbei widersprechen.

  33. Ist doch klar: das Volk ist in unserem #Neuland völlig offline. Und diese kleine Online-Bande sind eh irgendwelche Trolls ohne Anspruch, eine eigene Meinung zu haben. Politiker! Hört mehr auf Kneipengespräche!

  34. @stanz

    Das ist Ihre Theorie, nicht mehr! Man könnte genauso gut mutmaßen, diese „Randgruppen“ würden sich ohne Internet, in der Offline-Welt, mangels nötiger Austauschmöglichkeiten mit ihresgleichen eben zu Kommunen zusammenschließen oder Vereine gründen. Ich denke eher, dass viele, die hier am lautesten auf das böse Indernetz schimpfen, sich glücklich schätzen können, dass nicht jedes einzelne dieser Grüppchen nach durchzechten „Solipartys“ plündernd durch ihre Reihenhaussiedlung zieht, da der Aktivismus und die verwendete Energie durch das „Frust von der Seele schreiben“ umgelenkt und verringert wird.

  35. Die Zitate aus Manfred Güllners Artikel zeigen anschaulich, wie ein Experte sein grundsätzlich legitimes Anliegen in einem einzigen Artikel komplett diskreditieren kann:

    – persönliche Seitenhiebe
    – unzulässige Generalisierung
    – unangemessene Wortwahl
    – weitschweifige Schachtelsätze

    Was Manfred Güllner ausdrücken möchte: Es besteht die Gefahr, dass Erregungswellen im Netz von etablierten Medien und der Politik zu ernst genommen werden. Es besteht die Gefahr, dass »pressure groups« solche Erregungswellen instrumentalisieren. Es ist seriöse Meinungsforschung notwendig, um die Meinung der gesamten Bevölkerung abzubilden.

    Was beim Publikum ankommt: Don Manfred Quijote, der auf einem müden Pferd reitet und mit einer zerbrochenen Lanze herumfuchtelt.

  36. Ich stimme Güllners pauschalen Diffamierungen bestimmt nicht zu. Aber damit, dass es sich bei den im Netz geäußerten Meinungen um die einer Minderheit handelt, hat er nicht unrecht.

    Die Internet-Nutzung ist unter Senioren und Rentnern am geringsten gleichzeitig sind sie die Bevölkerungsgruppe mit der höchsten Wahlbeteiligung. Wer gewählt werden will, kommt also an „Offline-Meinungsforschung“ auf absehbare Zeit nicht vorbei. Das mag sich in ein paar Jahrzehnten ändern, ist dann aber nicht mehr das Problem von Herrn Güllner. Deshalb verstehe ich seine Angst um die eigene Bedeutung nicht.

  37. Offenbar schafft Forsa die lästigen Variablen ab. Wer gegen den Grexit ist, ist für Merkel. Wer seine Meinung nicht vormittags zu Hause am Telefon gegenüber einem geringfügig Beschäftigten eines Meinungsforschungsinstitites äußert, sondern irgendwann im Netz, ist Repräsentant einer radikalisierten Minderheit. Freiheit oder Sozialismus?

  38. Wirklich immer wieder erschreckend, wie tief die Borniertheit und Ressentiments gegen das Internet bei vielen immer noch verwurzelt sind – solche Leute sind es, für die das Internet in der Tat immer noch Neuland zu sein scheint. Abgesehen davon, dass ich nicht wüsste, wer behauptet hat, dass das Internet pauschal eine Meinung vertritt oder dass diese repräsentativ zu sein hat, ist es auch sehr ironisch, anderen vorzuwerfen, nicht repräsentativ zu sein, aber gleichzeitig selbst keinesfalls repräsentativ zu analysieren, sondern zu pauschalisieren und diffamieren, wie es sich für einen seriösen Forscher nicht gehört.

  39. @Rudi Schiff: Aber Drucksachen und Unterschriften sind ja zum Glück 100% fälschungssicher, gell?

  40. Ach FORSA & Co.

    Habe da eine Zeit lang nebenbei als Interviewer „gearbeitet“ – meistens für Telefonumfragen.

    10 Leute habe ich tatsächlich angerufen, der Rest wurde einfach „gewichtet“.

    Leicht verdientes Geld.

    Jederzeit wieder, Herr Güllner ;-)

    Und sehr lehrreich bzgl. der Aussagekraft von Umfragen ….

  41. An: „Sigur Ros“. Noe, aber was aendert das an meinem Argument? Es ist nicht allzu schwer fuer einen Nichtautorisierten, eine US-Atomrakete zu starten: kann das eine Unterschrift auch?

  42. Forsa mag schon ein merkwürdiger Laden sein. Aber in der Einschätzung des Internets, besonders der sozialen Netzwerke liegt er nicht ganz falsch. Wer nur da liest, der wird sich nicht erklären können, wieso die CDU 40% bekommt oder Merkel so beliebt ist. Es ist also wirklich nicht besonders repräsentativ.

  43. @kleitos: Das möchte ich zwar gerade ein bisschen zu gerne glauben. – aber ich weiß nicht inwieweit sich in dieser Diskussion eine Quelle empfiehlt, die nonchalant einräumt, einem Vertragspartner nicht erbrachte Leistungen in Rechnung gestellt zu haben. Und bei der ebenfalls offen bleibt, ob dieser Arbeitsstil im betreffenden Institut nicht die Ausnahme darstellt.

  44. 38, willi:
    Man kann das für eine Theorie halten. Ich halte es für eine Beschreibung der Realität.

    Wie erklären Sie sich denn dieses unfassbare Erstarken von Verschwörungstheorien? Wie erklären Sie sich, dass sich immer mehr Menschen öffentlich trauen, zu sagen, dass sie z.B. Deutschland nicht als echten Staat sehen und dass wir immer noch besetzt seien (Reichsbürger etc.)? Dass uns die Flüchtlinge hier verdrängen wollten wie einst die Europäer die Indianer?

    Was passiert denn bei Facebook, wenn da einer in der richtigen Gruppe schreibt: Hey, man sollte den Ausländern mal eins über die Rübe ziehen! Dann stimmen ihm nicht, wie an seinem kleinen Stammtisch, fünf oder vielleicht zehn Leute gröhlend zu, sondern hunderte oder tausende. Und sie stimmen nicht bloß zu, sie entwickeln eigene Ideen.

    Im Internet funktioniert öffentliche Kommunikation doch völlig anders als im normalen Leben, schon aufgrund der Anonymität. Was manche Menschen sich nie getraut hätten, öffentlich zu sagen, sagen sie gerne in der Anonymität des Internets. Und sie finden dort keinen Widerspruch, sondern Zuspruch, weil sie sich in ihren Kreisen bewegen, und irgendwann, nachdem sie es oft genug anonym gesagt haben, sagen sie es dann auch in der Öffentlichkeit.

    Manche Menschen im Internet, so scheint es mir oft, haben sich mittlerweile eine komplette zweite Realität aufgebaut, die mit der Realität kaum noch zu tun hat. In dieser Realität – beispielsweise – gibt es quasi keinen Terrorismus, sondern es handelt sich in aller Regel um false-flag-Aktionen der USA. Zumindest ist das die erste Vermutung dieser Leute. Und dann wird nach irgendwelchen Anhaltspunkten dafür gesucht, bis man auch irgendwas findet. Alle bestärken und verstärken sich gegenseitig, und irgendwann ist diese Ansicht – „die USA haben es inszeniert“ – wie festzementiert; man bekommt diese Leute dann gar nicht mehr zu fassen.

  45. @Heriger
    Aber so eine differenzierte Einschätzung gibt Güllner ja gerade nicht. Er sagt nicht, dass man aufpassen muss eine im Internet verbreitete Meinung zu einem Thema als Mehrheit anzusehen und man immer hinterfragen müsse. Er generalisiert viel mehr polemisch und sagt sinngemäß „Alles was im Internet steht, ist Quatsch von Minderheiten und Extremisten und muss daher ignoriert werden“

    Von einem Chef eines Meinungsforschungsinstitutes hätte man aber wohl eine gewisse Differenzierung erwarten können und keinen Feldzug gegen alle die ihm mal böse waren…

  46. Hallo,

    ich hab nur eine kleine Besserwisserei. In dem Satz
    „Und dann muss er es auch noch Widerspruch und Kritik von Leuten hinnehmen, die nicht selbst Manfred Güllner sind!“
    ist nach dem „er“ das „es“ zu viel.
    Ansonsten wie immer klasse. Wie war doch das Fazit der End-DDR? –
    „Nie wieder Volk!“

  47. @Stanz: Ich kann nachvollziehen, was Sie bewegt, aber ich glaube, sie messen dem Medium Internet einen zu hohen ursächlichen Anteil zu. Es stimmt schon, dass das Internet der Schmiererei an der Scheißhauswand eine neue Dynamik verleiht, aber die Ursachen für die Verhaltensexzesse sind m.E. Komplexer. In Lichtenhagen und Hoyerswerda hat sich der Mob auch ohne Internet zusammengerottet. Gegenwärtig spiegelt das Internet aber eine Gesellschaft wieder, die sich insgesamt entsolidarisiert, in der bürgerliche Eliten öffentlich und selbstverständlich keine Verantwortung für die Gesamtgesellschaft mehr übernehmen wollen (eine der populären Leitfiguren, G. Westerwelle, hat nie realisiert, dass er als Bundesminister auch Hartz-IV-Empfängern gegenüber genauso verantwortlich ist, wie den vermeintlichen Leistungsträgern) und in der Teile der Bevölkerung sich mit der repräsentativen Demokratie offenbar nicht mehr identifizieren, seit sie „marktkonformen“ geworden ist. Das ist jetzt natürlich auch nur eine krude Ferndiagnose mit zusammengeleimten Kausalitäten Ich will damit nur sagen: Es führt m.E. In die Sackgasse, das Internet als Ursache der Probleme zu sehen.

  48. Wie jetzt, Herr Niggemeier, es hat nicht zum ordentlichen Journalisten gereicht?
    Ist Ihre Vita (Diplomjournalist, LMU München) gefälscht? Stimmt das gar nicht?
    Die ganzen Stationen in Ihrer Vita mir durchaus überregional bekannten Zeitungen, für die Sie tätig waren, man kennt Sie dort gar nicht?
    Ich habe Ihnen das alles abgenommen! Und nun diese Enttäuschung!
    Ab sofort glaube ich nur noch FORSA Umfragen!

  49. Kann es nicht sein, dass Institute wie Forsa es erst möglich machen, einer Politik, die sich gegen das Interesse der meisten Deutschen wendet, trotzdem mit einer ca. 40%igen Zustimmung dastehen zu lassen? Frei nach dem Motto:“Egal, was DU denkst… die Meisten sehen das ANDERS?“.

    Und kann es nicht auch sein, dass man Herrn Güllners zielgerichtete Ergebnisse und seine dazugehörige Meinung auch deshalb gerne abdruckt, weil das bedruckte Papier aus einem Hause stammt, dessen Besitzer genau diese Art des Ergebnisses wollen?

    Die Gleichschaltung der Presse hat doch schon längst begonnen. Welcher Redakteur traut sich denn, ständig kritisch zu hinterfragen, was wohlmöglich gegen den „Konsens“ der Eigentümer geht?

  50. @ 55 gruenlink
    „Welcher Redakteur traut sich denn, ständig kritisch zu hinterfragen, was wohlmöglich gegen den „Konsens“ der Eigentümer geht?“

    „Es ist kein Spaß, sich mit dem Kartell aller großen Häuser anzulegen. Wer will Springer, Burda, »Süddeutsche«, »FAZ«, DuMont und die »WAZ«-Gruppe gegen sich haben? Natürlich sagen Mathias Döpfner, Frank Schirrmacher oder Hubert Burda ihren Redakteuren nicht, was sie schreiben sollen. Das wissen die schon von allein.“ (Jakob Augstein / Spiegel 23.06.2011) ( http://bit.ly/1zps00K l)

  51. Aus der Floskelwolke:

    „wichtig und richtig: Mehr schlecht als recht, so oder so. Diese Phrase hat schon viel zu lange im politischen Zaubertrank gebadet und ist deshalb weder wichtig noch richtig, sondern eindeutig nichtig.“

    Eine aktuelle Internet-Forsa-Umfrage befindet: das ist schlechter Stil.

  52. Erschreckend. Man kann für Güllner nur hoffen, dass er ein paar wohlmeinende Freunde hat, die ihn darauf aufmerksam machen, dass er mit seiner persönlich zur Schau gestellten Kritikunfähigkeit und Boshaftigkeit auch seiner beruflichen Glaubwürdigkeit als Meinungsforscher und -verkünder schadet.

    Nicht, dass ich vorher alles geglaubt hätte, was mir an Ergebnissen von Meinungsumfragen aufgetischt wurde. Aber die Skepsis war bisher im Wesentlichen inhaltlich/systemisch begründet.

    Inzwischen ist der Name Forsa für mich jedoch untrennbar mit den persönlichen Ausfällen Manfred Güllners verbunden. Und ich fürchte, für die Entscheidung, ob er nun Meinungsforscher oder Meinungsmacher sein will, ist es schon zu spät.

  53. @Stanz: MIt Verlaub, aber Sie lesen zu viel die falschen Zeitungen (siehe da auch einmal die Beiträge von Niggemeier zu negativen und positiven Journalismus – soviel dann zur Wahrnehmung und Realität). Das kann ja alles sein, aber Ihr „so scheint mir“ rechtfertigt noch nicht dies als Realität und Wesen des Internet anzusehen. Auch hier gilt wieder: Differenzieren, ansonsten machen Sie sich tatsächlich noch mit denen gemein, die Sie da in Ihrer Internet-Wütigkeit aufzählen.

  54. @Rudi Schiff
    Natürlich kann sie das – wenn es die der richtigen Person ist. Obama drückt ja nicht selbst das Knöpfchen.
    Und SO einfach dürften die Dinger nicht zu starten sein, sonst hätten wir vermutlich andere Problem als Ashley Madison.
    Ganz zu schweigen davon, dass Forsa ja bereits selbst bewiesen hat, wie einfach manipulierbar Meinungsumfragen sind. Wenn also überhaupt, sollte man allen Informationen vorsichtig gegenüber stehen. Was genau die Kernaussage dieses Blogs sein dürfte…

  55. @Heriger (#47): Was haben alle immer mit der Repräsentativität? Die ist nur in der deskriptiven Statistik (z.B. Meinungsforschung, Sozialstrukturanalyse etc.) relevant. Dem Internet mangelhafte Repräsentativität vorzuwerfen ist in etwa so sinnfrei wie wenn ich sage, die Gespräche in meiner Lieblingskneipe ums Eck sind nicht repräsentativ.

  56. @Ste, 59:
    Ich beziehe mich nicht auf Zeitungen. Ich beziehe mich auf das Internet. Und ich bin keineswegs „Internet-wütig“. Ich bin jeden Tag stundenlang im Internet unterwegs und es gibt unzählige Kostbarkeiten zu entdecken. Trotzdem!

    Haben Sie sich mal angeschaut, was im SpOn-Forum, bei FAZ.net, sueddeutsche und jedem anderen Medium in den Foren los ist, wenn es irgendwie um die USA, Israel, Syrien, Russland / Ukraine geht? Was für ekelhafte Beiträge man da lesen kann – und das sind noch die am wenigsten schlimmsten, der Rest wurde ja zensiert! Haben Sie mal bei PI gelesen, was da abgeht? Haben Sie mal die „Beiträge“ von KenFM angeschaut, und die Beiträge seiner Fans gelesen? Haben Sie sich mal angeschaut, was bei Facebook und Twitter in einschlägigen Gruppen gepostet wird? Mir wird manchmal Angst und Bange um unsere Gesellschaft, wenn ich lese, was sich etwa bei SpOn als Mehrheit darstellt. Im Fall Ukraine / Russland gibt es faktisch bei SpOn, FAZ etc. pp. kaum jemanden, der nicht Russland preist und verteidigt, die Krim-Annektion als Lappalie abtut, das militärische Eingreifen Russlands leugnet usw usf., teilweise mit hanebüchenen Thesen.

    Es ist doch absurd, zu behaupten, dass diese neue Art der Kommunikation die Gesellschaft insgesamt nicht verändert. Es ist ein Unterschied, ob man tausendfache Bestätigung für die eigenen kruden Überlegungen erfährt oder ob einem vielleicht der eine oder andere Kumpel abends beim Bier zustimmt. Die meisten Menschen neigen dazu, der Masse nachzulaufen. Wenn sich im Internet eine Masse herausbildet, die es für erstunken und erlogen hält, dass Russland hinter den „prorussischen Separatisten“ steckt, laufen auch viele andere Menschen dieser Meinung der Masse nach. Da gerade jüngere Menschen nur noch in geringem Maße die klassischen Medien konsumieren, die doch wenigstens eine Einordnung der Geschehnisse bieten, sondern ihre politische und gesellschaftliche Bildung weitgehend über das Internet beziehen, ist das ein gewaltiger Faktor.

  57. @Stanz: Ähm… nun, es kommt mir so vor, als hätten Sie nur darauf gewartet das alles von sich zu pusten. Eine Diskussion findet nicht statt. Ich hoffe Sie erholen sich bald.

  58. Ich habe zwei Jahre lang bei einem Meinungsforschungsinstitut als Telefoninterviewerin gearbeitet und die negativen Einstellungen gegenüber Umfragen halte ich für ein größeres Problem, als die offensichtlich narzisstische Kränkung von Herrn Güllner.

    Selbstverständlich erhält man im Netz einen Eindruck von einem gesellschaftlichen Stimmungsbild. Die Afd, als Symbol eines gesellschaftlichen Rechtsrucks, hatte sich lange vorher in Kommentarspalten und Foren angekündigt.

    Wer aber nicht online unterwegs war, hat diese Entwicklung genauso in der langjährigen Studie von Herrn Heitmeyer zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit beobachten können.

    Es gibt gute Argumente für eine Verzerrung im Netz. Wer nur in der Blogosphere unterwegs ist, befindet sich absolut in einer eloquenten, textaffinen, meist aus der Medienbranche stammenden Filterblase. Es gibt einen Geschlechterbias, Bildungsbias, Altersbias, sozioökonomischen Bias usw.

    Wenn Politiker vor Ort mit Menschen sprechen, sprechen sie nicht mit „dem Bürger“, sondern mit einer winzigen Gruppe von nicht zufällig ausgewählten Menschen. Skeptiker wissen, dass nichts gefährlicher ist, als die Überhöhung von Anekdoten.

    Es gibt enorme Probleme im Bereich der Meinungsumfragen. Zu viele tendenziöse Fragen, Menschen werden während der Laufzeit einer Studie viel zu oft angerufen, es machen auch bei Umfragen leider häufig eher besser Gebildete mit (deshalb Gewichtungen) und Interviewer werden nicht ausreichend geschult (und nicht ausreichend bezahlt – Scheinselbstständigkeit ist hier die Norm).
    Gerade in Sachen Telefonbefragung gibt es viel zu viele Befragungen in viel zu häufig miserabler Qualität. Ich vermute allerdings, dass viele Fragestellungen nicht aus Böswilligkeit, sondern aus purer Inkompetenz herrühren – eine gute Studie kostet Geld & Zeit&Fachwissen. Befragungen mit Marketinghintergrund haben meist nichts davon und sind größtenteils Zeitverschwendung.

    Andererseits habe ich viele Befragungen durchgeführt, die ich durchaus für gesellschaftlich lobenswert und wichtig erachte. Befragungen zu häuslicher Gewalt zur besseren Schätzung von Dunkelziffern, Befragungen über die Auswirkungen von Bildungsentscheidungen im Lebenslauf, Befragungen über die Einstellungen zu sozialer Ungleichheit, Befragungen zu Diskriminierungserfahrungen. Die meisten sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse haben wir aus Befragungen.

    Das fast nichts von solchen, häufig politisch nicht gewollten, Ergebnissen medial aufbereitet wird, ist ein anderes Problem (empfehle hier aktuell „Die Unbelangbaren“ vom Politologen Thomas Meyer).

  59. @Stanz
    Also, dass die „klassischen Medien“ Einordnung und eine bessere Information über Ereignisse bieten, kann ich nun wirklich nicht feststellen. Sonst wäre der Beitrag Herrn Güllners, um den es hier geht, in dieser Form nicht erschienen.
    Im Gegenteil bietet gerade das Internet die Möglichkeit, weitere Informationen zu erhalten. Ich kann nur für mich sprechen, doch meine klassische Informationsreihenfolge sieht inzwischen so aus:
    Überschrift in klassischem Medium lesen – im Internet nach den verfügbaren Fakten suchen – feststellen, dass im klassischen Medium entscheidende Punkte weggelassen oder geschickt geändert wurden.

    Natürlich gibt es erschreckend viele Dumpfbacken im Internet. Und die Anonymität lässt sicher viele Masken fallen.Wenn X % der Bevölkerung aus Mob-Mitläufern bestehen, ist das schmerzhaft, aber wenigstens wissen wir, woran wir sind.

  60. Um Pogrome zu organisieren, braucht man kein Internet. In Ruanda hat bekanntlich ein Radiosender eine entscheidende Rolle gespielt, da das kein neues Medium war, kam niemand auf die Idee, das „Radioproblem“ auszurufen. Die Sorge um Verzerrungen muss man sich in allen Medien machen. Güllner möchte gerne sein Eigeninteresse als Gemeinwohlinteresse darstellen, die Strategie ist so alt wie durchsichtig. Niemand hindert ihn, sich selbst im Internet zu äußern. Würde natürlich nichts nützen, da seine mangelnde Seriosität allzu offensichtlich ist.

  61. Na Niggi, wie ist das so, wenn man so als beinahe-Journalist von einem richtigen Meinungsforscher, der noch mit dem Volk in Kontakt steht, bescheinigt bekommt, dass ihr mit euren ganzen Minderheiten-Statements erst das Volk aufgestachelt habt, so dass es jetzt täglich geplante Flüchtlingsunterkünfte anzündet?

    (Also so verstehe ich das mit dem „richtigen Journalisten“ in Verbindung mit dem letzten zitierten Absatz und der leidlichen Erfahrung in Deutschland.)

    Schon krass der Güllner. Vielleicht sollte man seine Position zukünftig auch durch Wahlen besetzen. Mit „nach Kompetenz und Eignung“ hat beim letzten Mal nicht geklappt.

  62. Leider sind viele heutzutage immernoch technophob, um zu erkennen: Internet ist lediglich ein Werkezeug. Das Problem liegt nicht in Bits and Bytes, sondern in unserer Gesellschaft. Natürlich, ist es einfacher, eine (individuelle) Hetze im Netz, als in den Leitmedien zu führen (die Leitmedien machen’s ja auch, sind aber institutionalisiert). Doch die Menschen „aus dem Netz“ zu verdammen, wäre ein (immer wachsendes) Teil der Gesellschaft zu verdammen. Kurz: die Hauptbotschaft von Güllner ist: „Medien, hört nicht auf die Öffentlichkeit, lasst eure Exklusivität nicht berauben“. Und das ist ziemlich perfide und antidemokratisch.

  63. @ Morganröte: Nicht zu vergessen den Publication Bias….:-)

    @Axel: „…mit dem Volk in Kontakt…“ – im Sinne von: „Wir haben, Genossen, liebe Abgeordnete, einen außerordentlich hohen Kontakt zu allen werktätigen Menschen.(Heiterkeit) Ja, wir haben den Kontakt“? ;-)

  64. @Morganroete: In einer Filterbubble bewege ich mich aber auch außerhalb des Internets. In der Arbeit komme ich mit Leuten zusammen, die einen ähnlichen Bildungshintergrund haben, meine Freunde suche ich nach bestimmten Gemeinsamkeiten aus etc. In meinem Freundeskreis jedenfalls habe ich niemanden, der sich z.B. in der Flüchtlingsthematik so äußert wie ich es im Internet lesen muss. Was sich da für Abgründe auftun, würde man somit nur als Spitze des Eisbergs wahrnehmen, wenn mal wieder eine Asylbewerberunterkunft belagert wird.

    Natürlich ersetzt die Diskussion im Internet keine sozialwissenschaftliche Forschung – wie auch? Das hat aber auch niemand behauptet, oder?
    Zum Thema „Verzerrung“: so gesehen ist jede Plattform für Meinungsäußerungen verzerrt, das ist doch trivial. Und für die meisten sozialwissenschaftlich interessanten Fragen ist Repräsentativität noch nicht mal zwingend ausschlaggebend. Bei der Fragestellung zu Auswirkungen von Bildungsentscheidungen z.B. braucht man keine repräsentative Stichprobe, nur ausreichend Varianz innerhalb der Stichprobe.

  65. @64: Und was hat das mit dem Thema zu tun? Spricht hier irgendwer irgendwem die Daseinsberechtigung von Meinungsumfragen (am Telefon oder sonstwo) ab?
    Es geht hier darum, dass der Chef eines Umfrageinstituts auf ziemlich unterstem Niwo versucht, alle Meinungen im Netz als Blödsinn hinzustellen. Das Ganze ohne empirische Grundlage und nur nach persönlicher Stimmung, also mcht er genau das, was er selbst seinen Gegnern vorwirft und das auch noch anscheinend ohne es zu merken.
    „Skeptiker wissen (…)“ ist meines Erachtens (Achtung, Meinung!) auch eine ganz schwierige Formulierung. Die besorgten Bürger in Dresden nennen ihren Wissensstand auch „Skeptizismus“, dabei sind es schlichte Verschwörungstheorien, da ihnen jegliche wissenschaftliche Grundlage fehlt.

  66. Wenn ich Herrn Güllner richtig verstehe, spielt er auf Elisabeth Noelle-Neumanns Theorie der „Schweigespirale“ an – also die einschüchternde Wirkung von scheinbaren Mehrheitsmeinungen. Wenn z.B. fremdenfeindliche Kommentatoren unter einem Artikel eine Diskussionsrichtung vorgeben, sinkt die Bereitschaft Andersdenkender, sich an der Debatte zu beteiligen. Dadurch entsteht umso mehr der Eindruck einer überwiegend fremdenfeindlichen Gesellschaft. Sozialwissenschaftler sehen im Internet in der Tat eine Potenzierung dieses Effekts. Was Güllner allerdings verschweigt: Auch die Veröffentlichungen von Meinungsforschungsinstituten wirken sich verzerrend auf die Meinungsbildung aus, weshalb etwa vor Wahlen jede Partei bemüht ist, ihre noch so schlechten Umfragewerte zu einem positiven Trend zu verklären (Interessantes dazu steht im neuen Buch „Autonomie“ von Harald Welzer und Michael Pauen).

  67. @71
    Soll ich das „ich“ hier abstrakt oder konkret wahrnehmen?
    Oder anders: Ist „ich“ hier Inga oder „man“?

  68. @JUB: Da war schon ich selbst gemeint. Allerdings halte ich diese meine Erfahrung durchaus für generalisierbar. Jedenfalls für Großstadtbewohner (auf dem Lande kann man sich ja nicht so gut aus dem Weg gehen und muss sich eher mit Andersdenkenden arrangieren).

  69. @63, Ste: Hä? Sie hatten mir doch vorgeworfen… Ach, egal.

    @53, TangoZulu: Ich sehe das Internet auch nicht als Ursache der Probleme. Aber das Internet ist ein enormer Verstärker. Typen wie Elsässer, Ken Jebsen und wie sie alle heißen blieben ja völlig unbeachtet, wenn sie nicht die Möglichkeit hätten, über das Internet ihre kruden Ansichten einem Millionenpublikum mitzuteilen. In der analogen Welt hätten sie vielleicht mal einen etwas merkwürdigen Leserbrief schreiben können, und mehr nicht. Und die Anhänger dieser Leute, oder eben Pegida, Reichsbürger, und wie sie alle heißen, treffen sich virtuell und bestärken sich gegenseitig, dass sie recht haben.

  70. Und schlimm sind natürlich die Leute , die ständig gegen die bösen Russen oder die gierigen Griechen haten.
    Ach nee, DAS ist ja keine VT. Der Russ‘ ist wirklich böse und der Grieche ist wirklich faul.

    Wenn das Internet schon vor 15 Jahren so verbreitet wie heute gewesen wäre, hätte Stanz sich über die ganzen antiamerikanischen Verschwörungstheoretiker und Saddam-Versteher geärgert, die doch irrsinnigerweise glauben, das der Irak keine Atombombe hat.

  71. @75
    Ich finde das nachvollziehbar, ob man generalisieren kann, bin ich mir nicht so sicher. Ich habe sowohl beruflich ein breites Spektrum an Begegnungen mit allen sozialen Schichten und treffe oft genug auf Leute mit unterschiedlichen Ansichten. Auch bei ehrenamtlichen Projekten kann man bestimmten Leuten nicht aus dem Weg gehen, wenn man das Projekt nicht gänzlich aufgeben will, vor allem wenn es sich um Sponsoren handelt (selbst wenn die „nur“ Sachwerte beisteuern).
    Ich habe auch in einer Großstadt (falls man das bei knapp 100.000 Einwohnern sagen darf), nicht das Gefühl, mir sozusagen meinen Umgang aussuchen zu können, meine Freunde sicher, aber Bekannte eben nicht.
    Außerdem habe ich die (manchmal etwas manische) Neigung direkt das Gespräch mit Anndersdenkenden zu suchen, solange dabei die berechtigte Hoffnung besteht, diese wenigstens zum Nachdenken zu bringen. Da ich dabei durchaus Erfolgserlebnisse habe, gebe ich das bislang auch nicht auf.
    Deswegen denke ich, dass die „Filterbubble“ egal ob im Netz oder anderswo eine selbstgewählte Option ist, aber nicht unbedingt etwas indem man irgendwie gefangen ist.

  72. @76, stanz: da hilft nur eins: dagegenhalten, auch in sozialen netzwerken. Ich finde auch, man kann das in letzter zeit – gerade auf facebook – gehäuft beobachten. blogs wie perlen aus freital verlinken zu entsprechenden hasskommentaren und dort gibt es dann schnell auch eine entsprechende reaktion.

  73. @JUB 68: Naja, natürlich gibt es unterschiedlich heterogene Arbeitsumfelder (in meinem Bereich aktuell z.B. fast ausschließlich Akademiker, hauptsächlich Juristen und BWLer) oder Freundeskreise, aber Du würdest jetzt vermutlich auch nicht behaupten, dass Dein Bekannten-/Freundes-/Kollegenkreis ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung in Deutschland ist, oder? Aber eigentlich wollte ich ja auch darauf raus, dass es mit der Filterbubble on- wie offline dasselbe Problem ist. Wobei man sich schon blind und taub stellen müsste, um die Auswüchse der Hasskommentare im Netz nicht wahrzunehmen, während ich in meinem persönlichen Umfeld solche Sachen nicht zu hören bekomme. Meine Filterbubble funktioniert offline also besser als online ;-)
    Interessant finde ich ja auch, dass auf der einen Seite die Filterbubble (ständige Bestätigung der eigenen Vorurteile) thematisiert wird, auf der anderen Seite (s. #73, Blunt), dass die Gefahr bestehe, ob der vielen gegenteiligen Meinungsäußerungen selbst zu verstummen…

  74. @ Sigmund:

    „Wenn das Internet schon vor 15 Jahren so verbreitet wie heute gewesen wäre, hätte Stanz sich über die ganzen antiamerikanischen Verschwörungstheoretiker und Saddam-Versteher geärgert, die doch irrsinnigerweise glauben, das der Irak keine Atombombe hat.“

    Wieso? Weil in Ihrer einfachen Russe-gut-Ami-schlecht-Welt die Möglichkeit, sowohl die US-amerikanische als auch die russische Politik zu kritisieren nicht ins Konzept passt?

    Ich verstehe es einfach nicht. Ich habe den Irak-Krieg damals genauso abgelehnt (und nicht an das Vorhandensein von Massenvernichtungswaffen geglaubt) wie ich nun das russische Vorgehen in der Ukraine ablehne (achso, ich vergaß: Russland ist ja gar nicht in der Ukraine. Seine Soldaten machen dort Privaturlaub). Schon dieses einfache Sowohl-als-auch scheint ja in seiner Komplexität so manche zu überfordern.

    Und, ich schrieb es in diesem Blog schon mehrfach, und ich bin mir sicher, dass es auch diesmal mangels Argumenten ignoriert wird: Unrecht rechtfertigt kein Unrecht. Wenn die USA in den Irak einmarschieren, ist das keine Rechtfertigung für Russland, fremdes Staatsgebiet zu annektieren oder „Urlauber“ dorthin zu schicken. Genauso wenig wie ich eine Bank überfallen darf, wenn mein Nachbar ein Bankräuber ist.

    @ JUB68

    „Außerdem habe ich die (manchmal etwas manische) Neigung direkt das Gespräch mit Anndersdenkenden zu suchen, solange dabei die berechtigte Hoffnung besteht, diese wenigstens zum Nachdenken zu bringen. Da ich dabei durchaus Erfolgserlebnisse habe, gebe ich das bislang auch nicht auf.“

    Das ehrt Sie. Ich habe sowas leider nach einem halben Jahr PEGIDA in der „Hauptstadt der Bewegung“ aufgegeben, zu viele Misserfolge. Der gemeine Pegidiot kann nämlich nur auf den Boden trampeln und „Lügenpresse!“ schreien und ist an einem Dialog nicht interessiert.

  75. Wie witzig, ich empfinde es im Prinzip genau andersherum als Herr Güllner: Informationen und insbesondere Gedanken im Netz auszutauschen, ermöglicht meiner Wahrnehmung gerade jenen Menschen die Teilhabe an gesellschaftlich-politischem Dialog und individueller Meinungsbildung, deren Lebenswirklichkeiten, Sorgen und Hoffnungen in den „klassischen Leitmedien“ (also TV, Print und Radio) kaum noch vorkommen.

    Dazu sollte ich vielleicht in aller Deutlichkeit klarstellen: Ich spiele damit nicht auf die Vorstellungen jener Kreise an, die das dumpfe Schlagwort einer angeblichen „Lügenpresse“ im Mund führen! Ganz im Gegenteil, wer sich etwa um den Fortbestand der hergebrachten Vater-Mutter-Kinder-Familie, Straftaten mit ermittelten Tatverdächtigen ausländischer Herkunft usw. sorgt, findet dort doch reichlich Futter für Gespräche am guten alten Stammtisch oder über den Gartenzaun.

    Und haargenau das weist in meinen Augen auf das eigentliche Handicap der „klassischen Leitmedien“ gegenüber dem Netz hin: Sie sind, da die Zahl derer, die sie zur Verbreitung ihrer Sichtweisen nutzen können, notwendigerweise begrenzt ist, unweigerlich elitär. Ohne jede bewusste, geschweige denn böswillige Absicht zu Manipulation oder Zensur – und ohne jede Verbreitung falscher Tatsachen sowieso! – ist ihre Darstellung dieses Landes und der Leben seiner Menschen folgerichtig selektiv.

    Das äußert sich Stand derzeit darin, dass jene gelernten Journalisten mit ausreichend beruflichen Meriten, um reichweitenstark und mit Unterstützung einer professionell arbeitenden Redaktion in den „klassischen Leitmedien“ effektiv Themen setzen und Meinungen formulieren können, größtenteils – wenn ich das einmal mit sanftem Spott bildlich so formulieren darf – “ spätestens in den 1980er Jahren stehengeblieben sind.“ Sie sehen Deutschland und die Welt 2015 politisch wie sozioökonomisch durch die Brille dessen, was in diesem Jahrzehnt oder noch früher weithin akzeptiert als mindestens „normal“, wenn nicht gar unter Bevorzugung vor allen irgendwie denkbaren Alternativen unbedingt wünschenswert galt.

    Darum urteilen und argumentieren sie bei zahlreichen Themen – sei es die heutige Arbeitswelt, Familienleben, Zuwanderung und Integration, globale Krisen und Konflikte, oder eben Formen möglicher und sinnvoller politischer Willensbildung und Partizipation – natürlich komplett an all jenen vorbei, die entweder später sozialisiert wurden oder einfach nur mit der Zeit gegangen sind. (Und die darum möglicherweise nie die Chance bekommen haben, in entsprechende Positionen aufzusteigen – eben wegen „Unangepasstheit.“)

    Anschauliches Beispiel für meine Theorie ist gerade die Elegie des Herrn Güllner …

  76. Wo hab ich was von „Russe gut – Ami böse“ gesagt?

    Das erinnert mich an selige Zeiten der „Islamkritik“.
    Da wurde, auch hier, durch IK unterstellt, man würde „den Islam unbesehen gutfinden“ oder der Hausherr galt als „pro-Islam“, weil er nicht Anti-Islam war.
    Sie spielen die gleiche Troll-Nummer.
    Man könnte auch sagen:
    Kremlkritik ist die neue Islamkritik, nur für Linke (oder für links haltende).

  77. @76Stanz: Ich glaube nicht, dass die Genannten im Internet ein „Millionenpublikum“ finden – es ist dort halt nur p o t e n z i e l l einem Millionenpublikum zugänglich. Die größte öffentlich messbare Nachfrage hat zum Beispiel ein Exponent dieser Fraktion, dessen Namen ich hier nicht für die Algorhythmen multiplizieren möchte, gerade mit einem zutiefst analogen Produkt erzeugt: Einem Buch, in dem er seine eigene Wahrnehmungswelt eines korrupten ehemaligen Journalisten verallgemeinert.

  78. @ Sigmund:

    Vielleicht reagiere ich inzwischen einfach etwas empfindlich auf alles, was nach Putin-Lobhudelei klingt – dazu hatte ich (auch außerhalb des Internets) einfach schon zu viele „Debatten“ mit Putin-Anhängern, die alles, aber auch wirklich alles, was in Russland schiefläuft, mit „… aaaaaaber die USA!“ begründeten. Diese Leute argumentieren auch ganz gern mit dem Irak-Krieg, um die russischen Soldaten in der Ostukraine zu „legitimieren“.

    Wenn ich Sie da falsch eingeschätzt habe – tut mir Leid!

    @ Ste, #85:

    Genau diesen Gedanken hatte ich auch, als ich Ihren Kommentar #83 gelesen habe.

    @ HRO-Frank:

    „Internet, gibt’s den Sch**ß immer noch?“

  79. und nun hacken alle auf einem alten, peinlichen mann herum, weil er diese elektronischen quasselbuden als unbedeutend einstuft und einen seitenhieb gegen einen medienjournalisten austeilt.
    sonst noch was?

  80. Darüber, daß Güllner hier pro domo argumentiert, müssen wir nicht lange diskutieren. Und auch nicht darüber, daß viele Meinungsumfragen verfälscht werden – sei es durch Auswahl der richtigen Fragen, oder durch geschickte Anordnung derselben („leading“), oder aufgrund der Verzerrung bei der Samplebildung (s. Beispiel Oma mit Telefon oben), oder weil sie schlicht und ergreifend gekauft sind.

    Trotzdem hat Güllner recht, wenn er feststellt, daß Foren, Blogs und soziale Netzwerke genausowenig taugen, um den „Willen des Volkes“ zu erforschen. Wer hierfür Empirie benötigt, lese einfach nur ein paar Tage im SPON-Forum mit.

    Den „Willen des Volkes“ ermitteln wir am Wahltag, in ziemlich unbestechlicher Form. Danach spielt er übrigens eigentlich auch keine große Rolle mehr, vgl. Art. 38 GG.

  81. @ 48 TangoZulu

    Dieser „Arbeitsstil“ wurde nicht nur von mir und z.b. von mir nicht nur bei Forsa „gepflegt“.

    Und ich hatte in der Tat überhaupt kein Problem manipulative Meinungsmacher zu manipulieren und mich dafür auch noch extrem gut entlohnen zu lassen – Schmerzensgeld halt ;-)

    Und was haben wir gelacht wenn wir die Ergebisse der mit unserer Beteiligung durchgeführten „Umfragen“ in den Medien sahen. Die Krönung waren dann willigen Experten, die anhand der „Ergebnisse“ wichtigtuerisch irgendwelche Szenarien entwarfen.

    Das ergab einen heilsamer Blick auf Meinungen, Umfagen, Analysen und Experten, von dem ich bis heute zehre.

    > https://de.wikipedia.org/wiki/Scheinriese

  82. Was mich nun erschüttert ist, dass die (einseitige) Wahrnehmung vieler Kommentaroren so aussieht, als sei der Andere jemand der den Anderen was Böses will, der Vorurteile hat, lästert und tendenziell menschenfeindlich ist, und das vor allem im Netz. So weit ist es nun also schon (wieder) gekommen und dahin haben uns also die Leute gebracht, die offenbar einen Knall haben und ihren Verdruss im Netz (zumeist eben gerade nicht anonym!) los werden wollen. „Der Mensch ist dem anderen ein Wolf“, das hatten wir schon zur Zeit des Absolutismus (Thomas Hobbes). Dabei wird ausgeblendet wieviel sich bewegt, was sich da alles organisiert hat und weiterhin geplant wird: Gegendemonstationen, Symposien, differenziertere Beiträge, Spendenaufrufe, wichtige Debatten usw.

  83. Und: Gerade weil es Blogger u.A. gibt, die auch solche fremdenfeindliche Beiträge sammeln und sichtbar machen, ist Kritik und Gegenwehr möglich. Denn dann sind diese Leute eben nicht mehr einfach nur unter sich in einer Filterblase. Daher bitte nicht nur registrieren, fremdschämen und die Hoffnung verlieren, sondern sich damit wirklich auseinandersetzen und alle Kanäle nutzen.

  84. Wenn Medienjournalisten keine „ordentlichen“ Journalisten sind, dann sind Meinungsforscher auch keine ordentlichen Forscher. Sie erforschen ja keine Tatsachen, sondern Meinungen. *g*g

    Ist jetzt etwas OffT, aber eigentlich fände ich den Begriff „Metajournalist“ besser als „Medienjournalist“.

    Ansonsten kann man Facebook, Google usw. als Plattformen der Meinungsbildung sicher kritisch hinterfragen, aber dann doch mit etwas weniger Zorn und Eifer.

  85. […] der Ansicht von forsa-Geschäftsführer Manfred Güllner tummelt sich hier eben doch das Volk2 – fehlt es vor allem an Bildung. Da hilft auch jegliche Weiterbildung nichts, wenn die […]

  86. “ meist aber aus Extremisten jedweder Couleur, Querulanten, in der Gesellschaft zu kurz Gekommenen — wie jenes „Medienjournalisten“, bei dem es zu einem ordentlichen Journalisten nicht gereicht hat“

    Der Seitenhieb ist ein doppelter: Ein „Medienjournalist“, der es nicht zum richtigen Journalisten geschafft hat. Gleichzeitig ist dieser „Medienjournalist“ der exemplarische Vertreter der Extremisten, Querulanten, Zukurzgekommenen. Der Niggemeier ist also ein Versager, seine Karriere gescheitert, sein Anspruch des Medienjournalismus überzogen, denn es ist ja bloß „Journalismus“ und dann ist er auch noch Vertreter einer Problemgruppe mit schwierigen Charaktermerkmalen („Querulanten“).

    Irgendwas, was dieser Niggemeier geschrieben hat, muss den Güllner doch tief getroffen haben, dass er ihm immer wieder eins mitgeben muss, z.B. in den Medien. Solch einen Mangel an Souveränität finde ich schon wieder beeindruckend, so als Phänomen.

    Als Soziologe hätte mich im Falle Güllners interessiert, ob er seine Thesen auch belegen kann. Woher weiß er, dass die Blogger usw. bloß Randgruppenvertreter und Minderheiten sind? Welchen Zahlen entnimmt er, dass diese Leute sich anders verteilen als der Rest des „Volkes“? Ich befürchte, der Mann operiert hier schlicht mit persönlichen Eindrücken.

    Ich halte seine These noch nicht einmal für abwegig. Aber ein Meinungsforscher, also jemand, der Empiriker sein möchte, müsste hier mit belastbaren Zahlen aufwarten.

  87. @98 Mycroft
    Mit dem Wort „Medienjournalist“ beschreibt der Journalist Stefan Niggemeier seine Spezialisierung. Zwar steht das Wort nicht im Duden, dennoch ist er nicht der einzige, der es benutzt. Es gibt auch einen Wikipedia Eintrag zum Begriff „Medienjournalismus“.
    Irgendwann hat hier mal ein Kommentator vom „selbsternannten Medienjournalisten Niggemeier“ gesprochen.
    Dessen Replik war die Frage an diesen Kommentator, wer ihn denn dazu hätte ernennen sollen.
    Eine Antwort auf diese Frage gab es dann nicht mehr.
    Das fällt mir immer wieder ein, wenn sich mal eine Diskussion um diese Bezeichnung dreht.

  88. Ein Medienjournalist ist jemand der über Medien schreibt, forscht, berichtet, beobachtet. So wie ein Sportjournalist das für den Sport tut. Ist doch ganz einfach und gar nicht so missverständlich.

  89. @94 Kleitos: Tja, was soll ich jetzt dazu sagen? Die Anmaßung der „Meinungsforschungsinstitute“ und insbesondere der Einlassungen Herrn Güllners nervt mich, auch habe ich erhebliche Zweifel an deren Verlässlichkeit. Aber mit Ihren Einlassungen würde ich mich auch nicht aus dem Fenster lehnen. Dennoch danke für die Erwiderung.

  90. @TangoZulu
    Es ist ja eigentlich unerheblich, ob das Beispiel von Kleitos repräsentativ für die Arbeitsweise von Forsa ist oder nicht. Der FAZ-Artikel ist an sich schon unseriös, wenn Güllner darin in Bausch und Bogen alle Blogger und Twitterer als Randgruppenvertreter bezeichnet. Wäre er der Empiriker, der er zu sein vorgibt, müsste er diese Behauptung belegen. Kann er das nicht, muss er seine Behauptung entweder als Meinung kennzeichnen oder sie gar ganz unterlassen. Aber hier leiht er sich die Autorität des empirischen Sozialforschers, um Aussagen über die Wirklichkeit zu machen, in der Hoffnung, dass man ihm, dem „Professor“, das auch unbesehen abkauft. Das ist letztlich auch manipulativ.

    Zweitens: Wenn kleitos recht hat, dann ist es Forsa nicht gelungen, sich gegen Manipulation abzusichern, dann stimmt methodisch auch generell etwas nicht.

  91. @105 LM: I agree. Ich teile nur nicht Kleitos Haltung, das Abliefern manipulierter Ergebnisse als Mitarbeiter damit zu rechtfertigen, dass der Auftraggeber ja schließlich auch fragwürdig arbeite. Abgesehen davon frage ich mich selbst seit Jahren, welcher „repräsentative“ Teil der Bevölkerung wohl am Tage zu Hause erreichbar und bereit ist, an telefonischen Befragungen teilzunehmen.

  92. @LM: Naja, Güllner belegt seine Blogger-sind-Randgruppenvertreter-These ja mit den Forsa-Umfrage-Ergebnissen. Wenn die von Forsa erhobenen Meinungsdaten repräsentativ sind und sich von den Meinungsbildern in Blogs unterscheiden, dann wäre die Aussage „Die Meinungsbilder in Blogs sind nicht repräsentativ“ natürlich korrekt.
    Aaaaber: Erstens gibt es einen Unterschied zwischen Meinung und Tatsachen (die #forsafragen waren objektiv schlecht formuliert und nicht geeignet, um zu dem Schluss zu kommen, der vom Stern dann publiziert wurde, und das hat nullkommanull was mit Repräsentativität zu tun). Und zweitens ist es natürlich ziemlich irrsinnig, etwas über die Repräsentativität der Blogosphere (gibt es das Wort überhaupt noch?) auszusagen, solange wir nicht wissen: repräsentativ wofür? Welche Blogs sind eigentlich gemeint? Dass die Meinung eines Bloggers, nicht repräsentativ ist, ist zwar eine wahre, aber dennoch blöde, weil komplett irrelevante Aussage.

  93. @Max Anderer:“ Und was hat das mit dem Thema zu tun?“
    Denk ich mir bei vielen Kommentaren auch. Sag ich dann aber nicht, weil höflicher Umgangston und so. Ich weiß, da steht man online nicht so drauf ;).

    „Spricht hier irgendwer irgendwem die Daseinsberechtigung von Meinungsumfragen (am Telefon oder sonstwo) ab?“
    Joar- in anderen Kommentaren. Gegen den Blog-Beitrag von Herrn Niggemeier habe ich überhaupt nichts einzuwenden.

    Ansonsten stimme ich zu und auch der Skeptiker-Begriff (meine die Skeptiker-Wissenschafts-Bewegung) hat hier auch nix zu suchen. Das sich besorgte Bürger so nennen, finde ich aber ziemlich lustig!

    @inga

    „In einer Filterbubble bewege ich mich aber auch außerhalb des Internets.“
    Jupp.

    „Natürlich ersetzt die Diskussion im Internet keine sozialwissenschaftliche Forschung — wie auch? Das hat aber auch niemand behauptet, oder?“
    Siehe oben. Ich sehe durchaus die Tendenz, dass Meinungsbeiträge als gesellschaftliche Erklärbär-Wahrheiten gelesen und verbreitet werden und das (berechtigte) Forsa-Kritik bestehende Ressentiments gegenüber den Sozialwissenschaften allgemein verfestigt.

    „Zum Thema „Verzerrung“: so gesehen ist jede Plattform für Meinungsäußerungen verzerrt, das ist doch trivial.“

    Lieber trivial als herablassend :D.

    „Und für die meisten sozialwissenschaftlich interessanten Fragen ist Repräsentativität noch nicht mal zwingend ausschlaggebend. Bei der Fragestellung zu Auswirkungen von Bildungsentscheidungen z.B. braucht man keine repräsentative Stichprobe, nur ausreichend Varianz innerhalb der Stichprobe.“
    Das Wort „repräsentativ“ kommt in meinem Beitrag überhaupt nicht vor, mir ging es um das Prinzip der Zufallsauswahl. Im Speziellen war das nationale Bildungspanel gemeint. Ich zitiere „Mit dem Bildungspanel sollen für alle relevanten Bereiche des deutschen Bildungssystems repräsentative Daten gewonnen werden, um vielfältige Fragestellungen der empirischen Bildungsforschung bzw. der Lehr-Lern-Forschung zu bearbeiten“.
    Die Studie halte ich als Informationsquelle für relevanter als Eltern-Blogs oder die Kita-Erfahrungen in meinem Umfeld.

  94. @Morganroete: Naja, eine Zufallsauswahl macht man halt zum Zwecke der Repräsentativität. Aber wie gesagt, das ist nur dann wichtig, wenn man auf eine Grundgesamtheit schließen möchte, wie das in der Meinungsforschung oder der Wahlprognose der Fall ist. Bei Hypothesentests sind willkürliche Stichproben völlig ausreichend, solange für die interessierenden Variablen ausreichend Varianz besteht.

  95. @inga Wenn ich als meinen Forschungsgegenstand z.B. Autofahrer definiere und inferenzstatistische Methoden anwenden möchte oder Aussagen über die Population der Autofahrer insgesamt machen möchte, brauche ich eine Stichprobe von zufällig ausgewählten Autofahrern. Varianz ist an sich nur ein Maß der deskriptiven Statistik zur Beschreibung einer Verteilung.

  96. @TangoZulu psssst, eigentlich ist das hier mein Bewerbungsgespräch für Hart aber fair (Wunschtitel: „Kommentare im Neuland! Findet Deutschland hier den Profi-Pöbler?“)

  97. @Morganroete: Ist das die Sendung dieses alerten Herren mit der eigenwilligen Frisur? Ich glaube nicht, dass Sie da hinmöchten…;-)

  98. @Morganroete: Richtig, wenn Sie Ausagen über die Population der Autofahrer treffen möchten, brauchen Sie eine repräsentative Stichprobe der Autofahrer. Die beste Möglichkeit dazu ist eine ausreichend große Zufallsstichprobe. (Ich nehme mal an, dass Sie mit „Forschungsgegenstand“ eigentlich „Grundgesamtheit“ meinten…).
    Wenn Sie wissen wollen, ob Geschwindigkeit eine Auswirkung auf die Unfallhäufigkeit hat (= Test der Hypothese „Je schneller man fährt, umso eher baut man einen Unfall“), brauchen Sie aber eben gerade keine repräsentative Stichprobe aller Autofahrer, es reicht, wenn Sie ausreichend Autofahrer haben, die unterschiedlich schnell fahren.

  99. Mir tut der Güllner igendwie fast leid…
    … zumindest fast. Vieleicht hat er geschnallt, dass er und sein Intrigantenstadl früher oder später obsolet sein wird.
    Und deswegen tritt er um sich. Armer dicker schwarzer Kater. Trauriger alter Mann.
    Dass „Qualitätszeitungen“ diesen halbgaren Sermon auch noch ungefilter abdrucken, ist natürlich peinlich, aber erwartbar.
    Auch für die SZ war einst der Netzpöbel doch ein „Debattierklub von Anonymen, Ahnungslosen und Denunzianten“. Nachzulesen hier:
    http://www.sueddeutsche.de/digital/die-neuen-idiotae-web–1.335426

    Ach der Graff… der ist auch milder geworden. Möglicherweise hat er doch schon mal Google benutzt?

  100. Nochmal zum Thema „Medienjournalist“: sorry, falls das irgendwie abwertend rüberkam, gemeint war mehr folgendes Problem: ein Fernsehjournalist arbeitet fürs Fernsehen, ein Zeitungsjournalist für die Zeitung, für welche Medien arbeitet demnach ein Medienjournalist? Meine Assoziation wäre: „Für alle“.
    Ist aber nicht gemeint.
    Da Stefan Niggemeier über Journalisten schreibt, wäre er für mich entweder ein Journalistenjournalist, oder – was kürzer wäre – ein Metajournalist.

    Aber andrerseits, sein Spiel, seine Regeln. Wer sollte ihm den Titel aberkennen?

  101. @116 Mycroft
    Mh, ja. Man könnte allerdings auch folgende Reihe um einige Sparten erweitern: Sportjournalist, Fotojournalist, Reisejournalist, Wirtschaftsjournalist, Kulturjournalist … um dann möglicherweise irgendwann bei „Medienjournalist“ zu landen. :-)

  102. @Meykosoft, @Mycroft: Die Erörterung regt mich zu der Frage an, welchen Zweck so eine Gattungstypologie eigentlich verfolgt? Wenn die Kontraktion der Begriffe Sachverstand ausweisen soll, kann es dem „Medienjournalisten“ passieren, dass er auf einer Ebene mit der „Society-Expertin“ wahrgenommen wird. Oder soll das signalisieren, der Medienjournalist sei ein Spartenphänomen?

  103. @Meykosoft: schon klar, aber mein erster Gedanke war halt trotzdem der andere.
    @TangoZulu: mit Society-Expertin hätte ich das als allerletztes verbunden; wenn aber demnächst MedienexpertInnen auftreten, werde ich das ganz sicher tun. Versprochen!

  104. @Stefan Niggemeier: Ich glaub, ich hab’s: Wirtschaft und Sport sind eindeutig konnotiert (und Marxisten bzw. Sporthasser wahrscheinlich in der Minderheit), Journalismus aber zwiespältig: Alle stehen gerne in der Zeitung und winken in die Kamera, aber die Journalisten sind ihnen nicht geheuer. Warum, haben Sie nach meiner Erinnerung so um 2009 in einer Art Essay am Beispiel Ihrer Abiturrede mal beschrieben – weil sie, die Journalisten, auch das thematisieren, was den anderen gerade den Spaß verdirbt. deshalb ist die Verknüpfung Medienjournalist möglicherweise ambivalent.

  105. Hier schaut mal, da erklärt jetzt sogar jemand, warum der SPD-Wert bei Forsa so niedrig ist. Die fragen die Wahlabsicht kurz nach der Kanzlerpräferenz ab. Und wenn der Kandidat der SPD, wie z.B. Kurt Beck, deutlich unbeliebter ist als Merkel, wird der SPD-Wert halt deutlich nach unten verzerrt. Trauen sich wohl einige Menschen nicht zuzugeben, die SPD zu wählen, nachdem sie erklärt haben, dass sie Merkel favorisieren. Und nennen dann bei der Wahlabsicht halt eine andere Partei…

    http://www.wahlabsicht.de/pollster.pdf

  106. @39 stefanolix says:
    „Es besteht die Gefahr, dass Erregungswellen im Netz von etablierten Medien und der Politik zu ernst genommen werden.“

    Größere Gefahr, als dass sie nicht ernst genug genommen werden?

    „Es besteht die Gefahr, dass »pressure groups« solche Erregungswellen instrumentalisieren.“

    Inwiefern ist das überhaupt eine Gefahr? Sagen wir mal z.B. eine „pressure group“ ist gegen Atomkraft. Ein Kraftwerk fliegt in die Luft. Das produziert Erregung im Netz. Und nun? Dürfen die Atomkraftgegner die neu gewonnene Unterstützung (dadurch, das sich ihre Vorhersage realisiert hat) in keiner Weise nützen, weil das unanständig wäre?

    „Es ist seriöse Meinungsforschung notwendig, um die Meinung der gesamten Bevölkerung abzubilden.“

    Wenn man die denn braucht um z.B. zu wissen in welcher Verpackung sich die Milch besser verkauft. Unsere Demokratie ist aber eigentlich parlamentarisch und repräsentativ organisiert. Und da, wo es Volksabstimmungen gibt, tritt ja eben die Abstimmung an die Stelle der Ermittlung. Da braucht man kein Institut.

  107. „“finden sich im „Netz“ ja durchweg nur von der Mehrheit völlig abweichende Positionen, so dass die behauptete identitätsstiftende Wirkung des „Netzes“ nicht stattfinden kann.““

    Also kann man auch alle online durchgeführten Umfragen vergessen? Warum werden denn soviele davon durchgeführt??

    @123: Super Link, sehr lesenwert. Das mit den 5 Prozent Überschätzung 3x in Folge ist ja echt heavy. Jetzt weiss ich endlich warum die SPD immer die Wahlen verliert. Die brauchen auch ma eine Angie.

  108. @127: Ja stimmt, aber glücklicherweise ist nur die BILD-Zeitung mit dem INA-Meinungstrend so deppert und gibt für Onlineumfragen Geld aus. Naja passt ja wenigstens super zum restlichen Inhalt dieses extrem hochwertigen Blattes.

  109. „(Dass die Forsa-Fragen „einseitig bahnfreundlich formuliert“ waren, hatte 2009 auch der PR-Rat festgestellt.)“
    Hm. Ist damit der „Presserat-Rat“ gemeint?

  110. Fragwürdig ist doch vor allem, warum ein Geschäftsführer eines nach eigenem Anspruch unabhängigen Meinungsforschungsinstitut immer wieder politische Aussagen treffen und dabei gewollt die Rolle des Politikberaters einnehmen möchte. Hat er keine Sorge, dass dies die betonte Unabhängigkeit seines Instituts in Frage stellt? Kein geschickter Unternehmer, der hier spricht.. In jeder Hinsicht jedoch jemand, der seinen Einfluss und die Relevanz seiner Aussagen überschätzt und vermutlich selbst gern Politiker geworden wäre.

    Die häufig zitierten Umfrageergebnisse sind Auftragsarbeit und damit nahezu immer interessengeleitet. Ohne Differenzierung und Erläuterung dienen sie nur begrenzt dazu, Thesen zu gesellschaftlichen Entwicklungen zu stützen. Hier scheint sich der forsa-Inhaber etwas vorzumachen..

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