Call-TV: Medienanstalt räumt Scheitern ein

Wie egal den Senderfamilien ProSiebenSat.1 und MTV, dem DSF und anderen bei ihren teuren „Gewinn“-Spielen die Regeln für Call-in-Sendungen sind, die sie mit den Landesmedienanstalten verabredet haben, kann man jeden Tag in ihren Programmen sehen. Allmählich scheinen es auch die Medienanstalten zu bemerken.

Gegenüber „Was mit Medien“ wurde Peter Widlok, der Sprecher der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt LfM, vergleichsweise deutlich:

„Es gibt eine ganze Reihe von Sendern, die in den letzten Monaten auffällig geworden sind. Die Moderatoren dieser Call-In-Shows halten sich oft an diese Vereinbarungen nicht.“

Konkret kritisierte Widlok zum Beispiel, dass die Moderatoren immer wieder den falschen Eindruck erwecken, man müsse in den nächsten dreißig Sekunden anrufen, um zu gewinnen:

„Bei solchen moderativen Elementen wird der Anrufer, der spielen will, genötigt, innerhalb dieser 30 Sekunden anzurufen, obwohl es diesen Zeitdruck faktisch nicht gibt.“

Auch andere Gebote würden verletzt:

„Was wir beobachten, ist, dass vermeintlich leichte Fragen gestellt werden, dass die Antwort aber so außerhalb des eigenen Vorstellungsvermögens liegt, dass man da von einer Transparenz oder von einer gewissen Logik nicht sprechen kann. Ob das schon Betrug ist, will ich mal dahingestellt lassen.“

Widlok räumte ein, dass sich die Praxis trotz Beanstandungen durch die Medienanstalten nicht bessere. Bislang hatten die Anstalten auf eine sogenannte „weiche Medienaufsicht“ gesetzt: Die Regeln wurden gemeinsam mit den Veranstaltern entwickelt und haben keinen besondere Rechtsverbindlichkeit.

„Wir sind sehr unzufrieden damit, wie diese Regeln, die wir gemeinsam formuliert haben, umgesetzt werden. (…) Wir sehen, dass das Prinzip der weichen Aufsicht so in diesem Fall nicht funktioniert hat. (…) Die Sender halten sich (…) durch die Bank nicht in dem Maße an diese Regeln, wie wir uns das eigentlich vorstellen. Wir wollen den Sendern deutlich machen, dass die Praxis, wie wir sie jetzt eineinhalb Jahre durchgeführt haben, nämlich hier und da eine Beanstandung auszusprechen, für uns nicht mehr ausreicht. Wir wollen den Sendern deutlich machen, dass wir jetzt schärfer reagieren werden. (…) Die Sender bewegen sich nah an dem, was man Betrug nennen könnte.“

Bei dem geplanten Treffen Anfang Mai soll 9live und den anderen nun klargemacht werden, dass es eine „deutliche Korrektur in der Praxis“ geben müsse. Sonst könnte es „gegebenenfalls zu Sanktionen kommen, die vielleicht auch über eine Beanstandung im Einzelfall hinausgehen.“

Wie solche Sanktionen aussehen könnten, sagte Widlok nicht.

18 Replies to “Call-TV: Medienanstalt räumt Scheitern ein”

  1. Sorry,

    aber ich messe diesem „Treffen“ nicht allzuviel Bedeutung bei. Man trifft sich eben – nicht mehr und nicht weniger. Wie ich bereits hier an anderer Stelle und im Call-In-Forum erwähnte, fehlt ein sogenannter „Volksvertreter“, der auch die Interessen des Zuschauers vertritt. Ausserdem müssen den neuen Regeln, so denn überhaupt welche beschlossen werden, viel mehr Gewicht beigemessen werden. Ebenso muss bei gemeldeten Regelverstößen entschiedener und vor allem schneller gehandelt werden. Es kann nicht angehen, das vom Zeitpunkt der Meldung eines Verstosses bis zu einer Antwort an den Einreicher beinahe ein halbes Jahr ins Land geht. Und was viel schlimmer ist, das man in dem gemeldeten Vorfall keinen Verstoss erkennen könne !!! Ich habe mir meine Beschwerden doch nicht nur eingebildet bzw. sie aus Jux und Dollerei eingereicht !
    „…dass wir jetzt schärfer reagieren werden.“ – Dass ich nicht lache, in meinen Augen wird es Zeit, daß überhaupt mal reagiert wird !!! Ca. 70 Beschwerden alleine durch das Forum CALL-IN-TV.de, wovon lediglich 5 (in meinem Fall) überhaupt beantwortet wurden, wovon wiederum 2 abgelehnt wurden, mit der Begründung, man habe keinen Verstoss feststellen können.

    Es muss auch eine komplette Regeländerung her, sowohl was die Spielmodi anbelangt (von wegen Leitungs-HotButton etc) als auch die Moderationspraxis. Es muss ein aktiver Jugendschutz her – alleine die Einblendung oder einfache Erwähnung der Teilnahme ab 18 Jahren reicht schon lange nicht mehr aus. Bereits im November 2006 habe ich der LMA LfM angeboten, die derzeit gültigen Regeln mal den heutigen Bedürfnissen aus Sicht der Zuschauer umzuformulieren. Ich habe sie sogar via eMail an die LfM geschickt, mit der Aussage gerne für weitere konkrete Vorschläge zur Verfügung zu stehen.

    Ich sage Euch: im Mai wird nicht wirklich etwas bahnbrechendes in Sachen „Transparenz und Fairness“ passieren. Man trifft sich, man sagt sich die Meinung, man beschliesst vielleicht auch wieder gemeinsam neue Regeln, die wieder so schwammig formuliert sind, das sie von den Veranstaltern wieder nachträglich auf Biegen und Brechen gedehnt werden können, verspricht sich gegenseitig hoch und heilig, sich an diese „Regeln“ zu halten und geht dann wieder seiner gewohnten Wege.

    Und wir, die Call-In-Kritiker werden dann wieder als „innvationsfeindlich“ und „Antikapitalisten“ bezeichnet.

    Ich habe fertig…

  2. Es ist definitiv schön zu sehen, dass sich die entsprechenden Hauptverbände endlich mal gegen diese scheinheiligen Methoden aussprechen. Meiner Ansicht nach hat das allerdings schon viel zu lange gedauert und zu behaupten, dass das Problem das mangelhafte Verhalten der Moderatoren sei, ist seltsam, da diese in der Regel eher nicht frei entscheiden werden, was sie nun sagen bzw. welche Situation sie rüberbringen sollen.

  3. Eine Studie über erfolgreich (finanziell staatlich abgesichert) versagende (normale Kontrolle schon nicht mehr möglich) Institutionen am Beispiel der LMA’s war schon Ende des 20. Jahrhundert ein Thema, als die Privatsender wie Pilze aus den Boden schossen und 15, heute 14 LMA’s, weil Privatfernsehen Ländersache, die Aufsicht und Kontrolle ihnen quasi über den Kopf wuchsen.

    GEZ-Gebührenerhöhung war für die Zuschauer eine Folge der vielen neuen privaten Rundfunk- und TV-Sender, obwohl sie ja nicht davon bekamen.

    Aber die LMA’s schrieen nach immer mehr Geld mit der Begründung, nur so die wachsenden Aufgaben erfüllen zu können. Sie bekamen mehr Geld, was ungefähr die letzte GEZ-Gebührenerhöhung ausmachte, man unten einen Mitarbeiter entfernte um oben die Führung zu erweitern. Und wer macht die eigentliche Arbeit? Natürlich die unteren Mitarbeiter. aber wenn man unten ab- und oben aufbaut, kann man schlecht die schnell wachsenden Aufgaben eben nicht erfüllen also versagen und das auch noch erfolgreich, weil man ja fürs Versagen auch noch finanziert wird und das vom GEZ-Gebührenzahler.

    Wie viel die 14 LMA’s bekommen, steht wohl im Rundfunkstaatsvertrag oder wie sich das Teil nennt und war wohl etwas über 136,5 Mill. im Jahr 2005

    Und diese, von den Zuschauern finanzierten LMA’s legen den privaten Rundfunk- und TV-Anstalten noch wärmstens ans Herz, sich doch über Call-in-„Mehrwert“ zu (re)finanzieren. Der Zuschauer hat’s doch, bekommt man ja selbst ne Menge Kohle von denen.

    Sollte man sich dann auch nicht für seinen Geldgeber einsetzen? Nö, man lässt ihn weiter finanziell abschlachten damit sich private TV-Betreiber ihr teures Hobby auch leisten können.

    DSF konnte sich so schnell aus ihren gemachten Schulden mit Hilfe des zum anrufen genötigten Zuschauer ziehen. Man brauchte nur mit 500,-€ als „Gewinn“ winken und schon riefen 10.000 Zuschauer an und man hatte so erst mal das Geld, mit dem man gewunken hat, zusammen.

    Und dann lässt man Glücksspielähnlich raten, stundenlang, auf Begriffe, die niemals zuvor ein Mensch gehört hat. Und wer ruft da an? Na die, die Geld brauchen und denken, so schnell an Geld zu kommen, Viele 100.000 Menschen mit vielen Anrufversuchen und nur ein Bruchteil von denen darf wirklich am Gewinnspiel teilnehmen. Die anderen zahlen nur – für eine Bandansage – für NICHTS.

    Und diese Form der Abzocke, der Geldbeschaffung, bezeichnet man zynisch als „Innovatives Geschäftsmodell“

    Und auf diese Weise darf sich in Deutschland eine kleine Gruppe ihr privates Hobby von Rundfunk und TV vom zum anrufen genötigten Zuschauer/Zuhörer finanzieren lassen und auch noch Profit machen.

    Was der Zuschauer geboten bekommte ist der letzte Dreck deutscher privater Hinterhof-Fernsehkultur und eine neue Spezies, brüllaffenartiger Call-in-Bandansagenverkäufer.

    Früher wurden solche Verkäufer in den TV-Medien als „Drückerkolonne“ bezeichnet. Doch weil man selbst das Medium ist, bezeichnet man sie als „Moderatoren“.

    N Ä Ä Ä Ä Ä C H S T O O O O O ………..

  4. Danke, ich suchte nämlich gerade ein aktuelles und illustratives Beispiel für den Begriff Euphemismus:

    „Die Sender bewegen sich nah an dem, was man Betrug nennen könnte“.

  5. Wenn Sie glauben, dass call-in-TV ein innovatives Format ist, dann stimmen Sie unter
    01379/3333-0 für ja
    und
    01379/3333->öööäää für nein.
    Jeder Anruf nur 1,79 €/min aus dem deutschen Festnetz.
    Unter den Anrufern wird ein wireless-LAN-Kabel im Wert von 500 € verlost.

  6. Was ich jetzt allerdings noch nicht ganz verstanden hab ist, ob es sich bei Call-TV nun im juristischen Sinne um Glücksspiel handelt.
    Zum Gewinnen ist allerdings nicht ausschließlich Glück nötig. Und ein Einsatz eines Vermögenswertes ist nötig, wobei der aber zu gering ist, oder?

    Hab ich das auch richtig verstanden, dass die Medienanstalten, wie der Presserat auch, eigentlich nur ein zahnloser Tiger ist?

    Ich glaube, es muss einfach mal durch ein Gericht der Tatbestand des Betrugs festgestellt werden und eine empfindliche Stafe geben. Vorher wird sich wohl nichts ändern…

  7. Hi, nein, nach offizieller Lesart ist es kein Glücksspiel. Über den Einsatz kann man sich streiten, zumal der ja bei mehreren Anrufen kumuliert. Aber hier ist ja angeblich „geistige Leistung“ Voraussetzung für den Gewinn.
    M. E. verstoßen die Veranstalter aber hiergegen, weil sie (wie z. B. das DSF) einen Betrag „nur für’s Durchkommen“ ausloben. DAS wäre ein Kriterium für Glücksspiel. Genau so verhält es sich m. E. bei den zu ratenden Automarken. Diese sind teilweise in keinem Kompendium im Internet (und mir stehen einige sehr umfangreiche zur Verfügung) zu entdecken. Auf entsprechende Nachfragen bei den Sendern, auch über die BLM, erhielt ich lediglich die Antwort, dass man „neben dem Internet über harte Quellen verfüge“. Keinerlei Angabe dazu, was diese „harte Quelle“ ist.

    Auch das verstößt gegen die Regeln der LMA, weil die Begriffe „nachvollziehbar“ aufgelöst werden müssen.

  8. @ G
    Das LG Freiburg urteilte vor 2 Jahren: Kein illegales Glücksspiel.

    (siehe z.B. http://www.mein-parteibuch.de/wiki/9live#Gl.C3.BCcksspielvorwurf)

    Der Senat des OLG München hierzu:
    „…jeder nur halbwegs verständige Teilnehmer wisse, dass immer nur eine Chance bestehe, durch einen Anruf Gewinner eines der angebotenen Gewinnspiele zu werden. Im Übrigen sei den Zuschauern klar, dass sie für die Teilnahme ein Entgelt in Form der Telefongebühren entrichten müssen…“

    Was die süddeutschen Herren in ihren Roben damals nicht verstanden haben, oder womit sie sich vielmehr nicht beschäftigt haben:

    Hierbei geht es um einiges mehr als die Kenntnisnahme der Anrufgebühren.
    Es geht um sinnlose Druckerzeugung durch willkürlich eingesetzte Countdowns, um angeblich „offene Leitungen“, die stundenlang nicht getroffen werden. Um irreführende Aussagen über den Schwierigkeitsgrad der Spiele („ein ganz einfacher Begriff“ – Auflösung: Boxprestige, oder aber „Das hat keiner!“ – 2 Tiere, die ein E enthalten). Bei gewissen Formaten geht es dramatischerweise sogar um ausnahmslose Falschantworten und Aufleger, um den Gewinn nicht ausspielen zu müssen. Also um die Vermutung, daß der Anrufer dort um seine Chance bewußt belogen und betrogen wird.

    Die steuer- und rundfunkgebührenfinanzierten Landesmedienanstalten sind für mich nicht mal zahnlose Tiger, sondern Kuscheltiere der Call-in-Macher, die kurz den Zeigefinger heben und ansonsten stillschweigende Kooperationspartner sind. Oder wie sonst soll man deuten, daß sie zusammen mit Wolter und Co auf Medienbällen Schampus trinken oder Gewinnprognosen für Verdienstmöglichkeiten mit Call-in-TV erstellen?

  9. Das Problem dürfte wohl sein, dass nur das Volk davon betroffen ist. Wären unter den „geschädigten“ ein oder mehrere Unternehmen, wäre es wohl leichter den Sendern das Handwerk zu legen.

    Die Worte von Herrn Widlok lesen sich ja ganz nett, ich glaube aber nicht an deutliche Maßnahmen. Wie im ersten Kommentar beschrieben, werden dafür einzelne Beschwerden viel zu leicht abgewimmelt oder ignoriert. Staatliche Kontrollorgane sind einfach per Gesetz eine Lachnummer – leider.

  10. 8. @— 2_Ekelpakete_für_Sie! —

    \\ Der Senat des OLG München hierzu:
    […..] Im Übrigen sei den Zuschauern klar, dass sie für die Teilnahme ein Entgelt in Form der Telefongebühren entrichten müssen…” //

    Es würde hier keine Kritik geben, wenn man für das erbrachte Entgeld in Form der Telefongebühren auch die Teilnahme am, im TV gesendeten Gewinnspiel, gesichert bekommt. Doch der Großteil der Anrufer dürfen ja gar nicht am Gewinnspiel teilnehmen und werden mit einer Bandansage abgespeist für die man bezahlen muss ohne eine Gegenleistung dafür zu bekommen.

    Der Grund eines Anrufes ist ja die Teilnahme am Gewinnspiel und nicht der Erwerb einer sinnlosen Bandansage.

    Der Senat des OLG München sagt es doch selbst: „… für die Teilnahme ein Entgelt in Form der Telefongebühren entrichten müssen.“

    folglich – „… für Nichtteilnahme auch KEIN Entgelt…“

    Und hier liegt doch der eigentliche Knackpunkt der ganzen Call-in-Geldbeschaffung!

  11. quote — GlowingHeart 31. März 2007, 4:34 —
    nur ein Bruchteil von denen darf wirklich am Gewinnspiel teilnehmen.
    ———————————-

    Vor zirka einer Woche ……
    …. ich hätte gewettet das es der „MayBach“ ist …..
    habe schon 1 oder 2 Stunden beobachtet, dann hab ich halt doch mal einen Anruf gewagt ….

    Ich wurde durchgestellt …. in ein CallCenter ….
    … da sagte ein Mann …
    „Jeder 1000ste der nicht ins Studio kommt, kommt zu uns ….“
    ob ich gerne Gewinnspiele spiele?
    Der wollte mir bestimmt irgendwas verkaufen …. „Nein“ … „ok, dann hat sich das ja schon erledigt“

    egal, die 5.000€ hätt ich eh nicht bekommen, war doch nicht der Maybach

    Gruß
    Andy 800XE Zmuda

    PS:
    hat schonmal einer was von einem Autohersteller, einer Automarke, „Andreas“ gehört?
    Das war mal eine Lösung für „Automarken mit A“

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