111 Replies to “Kurz verlinkt (32)”

  1. Ich finde es ja traurig wie wenig selbstkritisch Zapp (meines Eindrucks nach) generell immer mit den eigenen, öffendlich rechtlichen Kollegen umgeht. Auch hier darf sich mal wieder der Kollege vom ZDF über „die bösen anderen“ aufregen, während niemand von den anderen Medien zu Wort kommt (ich bezweifle allerdings auch dass die sich überhaupt geäussert hätten). Das der lokale Zeitungsredakteur sich dann aber tatsächlich kritisch über eine öffendlich Rechtliche „Haupt Nachrichtensendung“ (also Heute oder Tagesschau) äussert, hat mich überrascht. Würde mir wünschen das bei Zapp auch mal öfters so vor der eigenen Tür gekehrt würde. Bei aller berechtigten Kritik gegenüber den privaten und werbefinanzierten Medien, täte ein bisschen mehr selbstreflektion doch Zapp und seiner „Credibility“ ganz gut.

  2. Die kritische Äußerung des Redaktionsleiters im Wortlaut: „Öffentlich-rechtliche Sender, die Fotos des Attentäters haben wollten und dafür angeboten haben, den Zeitungsnamen in der Hauptnachrichtensendung einzublenden.“ Interessant.

  3. Genau das richtige Standbild als Illustration für den Artikel aus dem Beitrag gewählt.
    Die Fotografen zeigen deutlich, v. a. in der „Stellungnahme“ desjenigen, der dem Team vom NDR erklärt, er fände es „scheiße, daß sie auf sie draufhielten“, wie klar ihnen ihre eigene Grenzüberschreitung ist. Und wie gleichgültig.

    „Wir müssen halt unsere Arbeit machen“ – eine der abstoßendsten und dümmsten „Rechtfertigungen“ aller Zeiten.
    Als ob man sich damit jeglicher Eigenverantwortung entbinden könnte. Man hat *immer* die Wahl und kann genauso gut „Nein“ sagen, wenn man bestimmte Handlungen nicht mit der eigenen Ethik vereinbaren kann.
    Tut man dies nicht, so ist das Ausdruck der persönlichen „Verkommenheit“.
    Daß der Fotograf sich beschwert, daß dies zum Thema gemacht wird, zeigt allerdings, daß er sich dieser durchaus bewusst ist.

    Interessant auch, wie die Metaebene thematisiert wird. Auch „RTL Extra“ hat sich dessen angenommen, allerdings aus dem Blick, wie furchtbar schwierig die armen Journalisten es doch mit der Berichterstattung hatten.

    Winnender Amoklauf im internationalen Focus
    http://www.rtl.de/extra/tv_979525.php

  4. Welch eine Medienmaschinerie das ist! Auweia! Schön das Zapp zur Nabelschau des eigenen Berufsstandes einläd. Nur wenn es wieder so ein Ereigniss mit Nachrichtenwert A gibt, wird das genauso ablaufen,wie in Winnenden gesehen. Die gleiche SNGs, die gleiche TV-Leute,Journalisten,Fotografen ec. pp . Alles wie gehabt.

    Und wir das Publikum verkonsumieren das gesendete, geschriebene und fotografierte nur allzu gern.Weil wir es wissen wollen.Auch wenn wir mit den Angehörigen der Opfer aus der Ferne trauern. Insofern ist dieses Beitrag in Zapp Doppelmoral per se!

  5. „Junger Mann, das finde ich nicht in Ordnung, das Sie uns hier so bei unserer Arbeit zeigen. Klar, wir stehen zu unserer Scheiß-Arbeit die wir hier machen müssen, aber das muss doch nicht jeder sehen…..“

    Es ist zwar ziemlich selbstreferentiell (haben die neuen Medien da eigentlich kein (C) drauf?) und gleichzeitig eine Gratwanderung als Journalist am Tatort über die Journalistenplage zu berichten, aber die entstandenen Bilder und O-Töne (s.o.) sind es wert.

    Hoffentlich hat es auch Folgen!

    Grüße vom ork

  6. Nein nein. Wie schon vorher bemerkt werfen diese „selbstkritischen“ Berichte einfach nur zusätzliches Sendematerial ab.

    Das ist nichts Anderes als ein „Making of“.

    Ehrlich gesagt hab ich jetzt auch langsam genug davon. An diesem Verhalten wird sich eh nie was ändern eben weil die Masse nach diesen Bildern verlangt. Wir meckern, der Rest regt sich auf GEZ zu bezahlen und keine Bilder aus dem Ort zu bekommen.

  7. So langsam setzt neben der allgemeinen Politikverdrossenheit auch eine Art von Medienverdrossenheit ein. Nicht toll, aber wahrscheinlich ist *abschalten* das Beste, was man derzeit tun kann :(

  8. @ 7 – die Frage ist nur was dann dieses Vakuum füllt, schliesst man so ja nicht nur die schlechten „Teile“ der Medien aus, sondern auch die guten wenn man einen so radikalen Schritt macht. Nach meiner Einschätzung und Erfahrung tritt dann an die Stelle von Information, Desinformation (entweder die bewusst falsche welche oder schlicht das Fehlen von Information). So basteln sich die ganzen radikalen Gruppen in unserer Gesellschaft ihre eigene Realität – ausschluss der „klassischen Medien“ und sich dann ein eigenes Weltbild regelrecht basteln.
    Für mich spricht vieles dafür nicht komplett „abzuschalten“ sondern zu selektieren und kritisch zu hinterfragen. Ich persönlich bin auch ein scharfer Kritiker jener Medien die ich mag und regelmäßig konsumiere. Ich stehe den Medien die ich nicht nutze, fast schon unkritischer gegenüber als denen die ich nutze. Also nicht „abschalten“, sondern bewusst auswählen und hinterfragen.

  9. Ich stolperte am Montag über eines jener unsäglichen Boulevard-Skandalmacherzine namens Report Mainz. Dort gab es eine schulterklopfende Kritik an ‚den Medien‘ [CNN wurde als ein Beispiel an den Anfang des Beitrags gesetzt] – was die denn alles so falsch gemacht haben im Zusammenhang mit dem Amoklauf:

    http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=4584510/7pu8wl/index.html

    Und dann moderierte Herr Frey ab:

    ‚Wer kritisiert, muss zeigen, was er kritisiert. Und deshalb mussten wir, um unsere Kritik zu belegen, manches von dem zeigen, was man eigentlich nicht noch mal zeigen sollte.‘

    Damit wars das dann für ihn, er mache ja nur Metaanalyse, er und sein Team können ja nichts dafür, dass alle [impliziert: anderen] den Täter, die Opfer, den Täter beim finalen Akt etc. gezeigt haben. Er muss uns das ja noch einmal zeigen, damit wir wissen, was „die Anderen“ für Schweine sind.

    Übrigens, Trüffel werden mit Hunden gefunden.

  10. ich halte es hier mit Sebastian – es ist ein schnödes „Making of“, dass bestens dazu dient, die „klassischen“ Medien eins übers Fell zu braten.

    Richtig ist, dass einiges in der Medienwirtschaft verquer läuft. Richtig ist auch, dass Journalisten/Fotografen über die Stränge schlagen. Mir fehlt aber die Frage nach dem warum.

    Ich weiß warum ein freischaffender Fotograf drauf hält: Das sind die Bilder, die er verkaufen kann : Das Haus, die heulenden Kinder, die geschockten Geischter, Trauerkerzen, der erste Sarg und so weiter.

    wen ih selbst auf Demonstrationen fotografiere, dann suche ich nicht die Blumenkinder (ja, die nehme ich mit, weiß aber dass mir das keiner abkauft) sondern ich suche Action.

    Der Rest kommt ins Archiv zum verstauben. Denn das will keiner sehen: Kein Ressortleiter, kein Chefredakteur, kein Leser/Zuschauer.

    Und am Ende kriegt der Fotograf eins drauf, weil er sich nicht ethisch verhalten hat. Hahaha! Pfui Presse, rufen dann alle – und ziehen sich dann doch RTL und Bild rein.

    Ähnliches verhalten zeigen auch Menschen, die gerne Steaks essen, aber Schlachthöfe total ekelig finden oder Menschen, die Fischstäbchen essen, aber finden, dass Fischer Mord am Meer begehen.

    Ich meine der Anton Jany hat gut reden, der wird ja auch ganz gut vom ZDF honoriert.

    Der Fotograf hat vollkommen recht:
    Selbstverständlich ist das nicht der „gute Ton“ über die Friedhofsmauer zu fotografieren.
    Aber selbstverständlich tu ich das!

    Was meint ihr denn, was los ist, wenn der Fotograf in die Agentur kommt und sagt: „Ja .. äh .. also die Bilder hab ich nicht. ist doch scheisse, wen man da über die Mauer fotografiert.“

    Der ganze Zapp-Bericht kommt mir heuchlerisch vor, weil er die Realitäten des Berufsstandes völlig verkennt. Weil sie ihre Hände in Unschuld baden wollen, packen sie die olle Kamelle des seriösen Journalismus aus, und drehen damit ihre Geschichten, obwohl Journalismus/Presse nichts weiter ist, als ein Geschäft. Alles andere ist eine realitätsferne und überhebliche Sichtweise.

  11. Es hat etwas von Ironie wie die Schlachter über das schlachten berichten. Es ist als ob sich Berlusconi über die korrupten Machenschaften von italienischen Regierungsmitgliedern beschwert.
    @9 Wie soll das gesteuert werden? Wenn du Sie nicht ausgerechnet einen kleinen schwarzen Kasten auf dem Fernseher stehen haben, bekommt doch nmd mit was sie toll oder schlecht finden. Genauso wie nmd mitbekommt ob #7 den Fernseher an- oder ausgeschalten hat.

  12. Der Vorwurf von Nr. 1 zieht überhaupt nicht. Die lokale Zeitung ist nicht öffentlich-rechtlich. Die Übertragungswagen vom ZDF waren genauso im Bild wie n-tv oder RTL. Ich finde es gerade gut, daß bei dem Bericht rauskommt, wie auch das „gute“ öffentlich-rechtliche Fernsehen da mitmacht. Ansonsten kann ich nach solchen Berichten eine gewisse Wut nicht leugnen.

  13. @Kibonaut: Wenn Sie der Meinung sind, dass Journalismus nichts weiter als ein Geschäft ist (ich bin anderer Meinung) — warum regen Sie sich dann über „Zapp“ auf? Nach Ihrer Logik könnte man sagen, dass das NDR-Medienmagazin halt auch nur seinen Job macht. Und so wie Sie die Trauernden filmen müssen, muss „Zapp“ halt die Filmer filmen. (Wie gesagt: Ihre Logik, nicht meine.)

    Wie verkommen muss man eigentlich sein, um Trauernde auf dem Friedhof gegen ihren Willen zu fotografieren und es sich zu verbeten, dabei fotografiert zu werden?

  14. Grenzen setzen ist wichtig, klar. Die, die Grenzen überschritten haben, sollten auch kritisiert werden. Aber ein paar Punkte an dem Bericht sind schon ein bisschen zu gedreht, um die gewollte These zu stützen.
    Zur portugiesischen Journalistin: Sie hat recht und das deutsche Fernsehen schickt seine Teams auch an alle Katastrophen-Schauplätze dieser Welt, und das ist auch richtig so. Eine Katastrophen-Berichterstattungs-Akkreditierung zur Begrenzung des Medienaufkommes wäre schon ein sehr merkwürdiges Instrument.
    Zapp sind die ersten, die sich, wie viele Medienjournalisten auch, auf der anderen Seite aufregen, wenn Sender „zu spät“ reagieren und ihr Programm nicht sofort ändern, um über Katastrophen zu berichten, oder das „zu kurz“ tun (ARD verschläft 9-11 etc.).
    Was wirklich schlimm daran sein soll, dass der Lokalzeitungsmann um Informationen und Fotos gebeten wurde, kann ich nicht erkennen. Er kann einfach nein sagen und auflegen. Er ist Journalist, Profi und sollte erkennen können, worauf er eingeht.
    Und wenn der Vertreter der muslimischen Gemeinde einen Kranz niederlegt, ist das ein öffentlicher, kein privater Akt und eine symbolische Geste, die eine Veröffentlichung ja sogar beabsichtigt. Die Trauerfeier am Samstag ist mit Anreise von Merkel etc. ebenso ein öffentlicher Akt. Köhler und Merkel gehen nicht dahin, um mit Familie xy im Wohnzimmer zu weinen.
    Ein würde- und verantwortungsvoller Umgang mit solchen Themen ist wirklich wünschenswert, aber diese übertriebene Kritik mit ihrem moralinsauren Unterton hilft auch keinem weiter. Was für ein Irrsinn überhaupt, dass Fernsehleute am Tag nach der Katastrophe den ganzen Tag rumlaufen, um möglichst sensationelle Zitate über die Arbeit der Kollegen über die Katastrophe zu sammeln. Natürlich müssen Journalisten ihrer Verantwortung gerecht werden, aber dass die Medienberichterstattung selbst ein so großes Thema wird ist bei solchen Anlässen ebenso fragwürdig.

  15. Müsste es nicht „sich zu verbitten“ heissen? Sorry für den Klugschiss, ansonsten (inhaltlich) nämlich – wie fast immer – vollständige Zustimmung.

  16. @ Kibonaut

    Wenn man in seinem Job finanziell nicht überleben kann, ohne ständig seine Moralvorstellungen brechen zu müssen, sollte man sich vielleicht mittelfristig mal überlegen, ob man nicht besser den Beruf wechselt?!

  17. Zum Thema Grenzen setzen: Viel Spannender in „Zapp“ fand ich allerdings noch, dass die SUN wohl aktuelle Paparazzi-Fotos von Elisabeth F. gezeigt und wohl auch angeboten hat und bislang zumindest in Österreich und Deutschland diese niemand übernommen hat.

    Da gibts anscheindend doch Grenzen, aber wer defininiert die? Abgesehen davon, dass man dem Fotografen doch auch gerne mal seine Berufsauffassung um die Ohren hauen möchte…

  18. Bei solchen Berichten packt einen nicht nur die Wut, sondern auch immer mehr eine gewisse Hilflosigkeit.
    Ich hoffe, dass irgendwann mal der Tag kommt, an dem jene Art von „Journalismus“ endlich strafrechtlich verfolgt werden kann, an dem all die „Witwenschüttler“ der Boulevardpresse für ihr Tun zur Verantwortung gezogen werden.

  19. @13 – sie mißverstehen mich. Ich habe mich positiv darüber geäussert dass hier auch ausnahmsweise mal die öffendlich rechtlichen Sender nicht komplett von Kritik verschont werden. Mein Standpunkt war und ist, dass Zapp dies öfter machen sollte und deutlicher, nicht das dies in diesem speziellen Bericht nicht geschieht. Zapp präsentiert sich wenn es um „andere“ geht, immer sehr kritisch und berichtet engagiert (was ich gutheisse!!!), vor der eigenen Haustür kehrt man aber nicht so gerne (oder darf es nicht) als im Dreck der anderen zu wühlen.

  20. „Das ist nichts Anderes als ein „Making of”.“

    Du sagst vorraus, dass sich nichts ändern werde, bist aber auch gegen selbstkritische Beiträge. Aber sind nicht diese selbstkritischen Beiträge ein Beitrag zum Hinterfragen des Ganzen? Wieso lehnst du das ab?
    Ich habe den Eindruck, dass du gar nicht willst, dass sich etwas ändert. Von wem soll denn die Kritik kommen, wenn nicht aus der Maschine selbst?

  21. Habe den Beitrag kurz bei der Ausstrahlung gesehen. Toll, dass Zapp sich darüber aufregt, wie Bilder der Opfer aus sozialen Netzwerken etwa auf Bild.de gezeigt werden, und die Bilder als Beweis gleich nochmal zeigt, selbstverständlich ohne jede Unkenntlichmachung.

  22. Ich hatte hier vorhin in Erwiderung auf @1 (und mittlerweile auch @21) eine Liste mit Beiträgen gepostet, in denen Zapp auf zahlreiche Missstände im öffentlich-rechtlichen System hingewiesen hat. Falls dieser Post wegen der vielen Links im Spamfilter hängengeblieben ist, bitte ich um freundliche Beachtung.

    Ansonsten kann man im Zapp-Archiv stöbern. Stichworte: Schleichwerbung, Marienhof, Wetten dass, Emig, Hartmann, Tour de France, Überalterung der Nachrichtenzuschauer u.v.m.

  23. > „…generell immer…“, „…ein bisschen mehr selbstreflektion…“, „…auch mal öfters so vor der eigenen Tür gekehrt…“

    Kriminell – Die Machenschaften des ARD-Journalisten Jürgen Emig
    http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/ethik_journalismus/zapp490.html

    Fragwürdige Kooperation bei „Wetten dass..?“
    http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/film_fernsehen/zapp708.html

    Schlechte Zeiten – Die Turbulenzen in der ARD
    http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/film_fernsehen/zapp1670.html

    Umstrittene Entschuldigung – Die ARD und die Dopingvorwürfe
    http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/ethik_journalismus/zapp952.html

    Peinlich – Sender blamieren sich beim Obama-Besuch
    http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/ethik_journalismus/zapp632.html

    Waldi Hartmann – Vorwürfe wegen peinlicher Sprüche und lukrativer Werbung
    http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/ethik_journalismus/zapp520.html

    Tour de France – Der Streit um den Ausstieg
    http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/ethik_journalismus/zapp476.html

    Junge Zuschauer fehlen – Nachrichtensendungen als Seniorenprogramm
    http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/film_fernsehen/zapp658.html

    (Disclaimer: Ich bin freier Mitarbeiter beim NDR, allerdings nicht für „Zapp“)

  24. @ 27 – Danke für den Hinweis, ich werde mir nacher das Archiv mal vorknöpfen. Ich schaue Zapp sehr gerne aber auch nicht immer, ich hatte bislang nur halt besagten Eindruck von dem was gesehen habe. Ich würde in diesem Punkt wirklich GERNE falsch liegen.

  25. 1.
    Anton Jany: Fast alle hier sind freie Journalisten und verspüren einen unglaublichen Druck.

    –> Perfektes Beispiel für meine These, dass das Hauptproblem ein systemisches ist.

    2. Mal abgesehen davon, dass ich jedem seinen Arbeitsplatz gönne (bzw. seine Arbeit, denn einen ArbeitsPLATZ im altertümlichen Sinne haben freiberufliche Zuarbeiter ja nicht mehr):
    Warum um alles in der Welt müssen Dutzende „Journalisten“ ihre Zeit damit verschwenden, Dutzende irrelevante „Zeugen“ und Einheimische zu befragen, Dutzende Fotos von einem bestimten Sarg zu schießen, Dutzende Texte über ein und denselben gossip runterschwurbeln, Dutzende Satellitenwagen aufstellen, Dutzende Hotelbetten belegen, Dutzende Döner verspeisen?

    Hier hat sich ein großer Teil einer Branche von jedweder objektiven Nützlichkeit entfernt, nicht zu reden von ehemaligen Qualitätsmaßstäben. Ich weiß, ein Teil des Problems ist, dass die Angebote ja auch nachgefragt werden.
    Ich halte dagegen: Im Wirtschaftsleben wird nicht auf echte Nachfrage mit einer Ausweitung des Angebots reagiert, sondern viel mehr Nachfrage durch Werbung erst erzeugt, um sie dann zu befriedigen.

    Überspitzt gesagt: Die Medienbranche schreit eigentlich nach staatlicher Regulierung, aber weil sie selbst die Macht hat, die Grenzen zwischen seriöser und unseriöser Berichterstattung zu verwischen, darf man die Regulierung nie laut fordern, sonst wird man mit liberalen Argumenten nieder geknüppelt.

    Gleichzeitig bräuchten wir viel mehr qualitative und mutige Berichterstattung über die teilweise unglaubliche Korruption bei der so genannten Bekämpfung der Wirtschaftskrise.

  26. Ich war früher mal der Meinung, Journalismus sei mehr als Geschäft und hat eine ideelle Komponente.

    Immerhin kann ich ganz gut von meinem Beruf leben. Ich kann es mir sogar leisten, viele meiner Bilder mit einen Sperrvermerk für einige bestimmte Medien zu versehen.

    Was mich an der Medienschelte stört, ist dass sie schlicht zu kurz greift. Sie bleibt an der Oberfläche.

    Zu fragen, warum eine „Bild Zeitung“ so eine mörderische Auflage hat, ist anscheinend nicht en Vougue. Gleiches gilt für Einschlatquoten. Warum bedienen Medien denn den Voyeurismus? Was ist da los? Was bringt denn die Fotografen dazu, über Friedhofsmauern zu fotografieren?

    Klar kann man den Fotografen „verkommen“ nennen. Das ist nicht schwer. Das kann jeder. Greift aber zu kurz.

    Ich fotografiere auch oft Demonstrationen. Das mache ich seit Jahren schon, und ich merke eine immer mehr steigenden (zum Teil aggressive) Haltung gegenüber Pressevertretern. Wurde man früher meist von der Polizei angegriffen („Kamera runter oder ich schlag sie ihnen aus der Hand!“) muss ich heute nach allen Seiten aufpassen („Alter, nimm die Kamera runter oder es gibt auf’s Maul!“)

    Ich war übrigens nicht vor Ort. Und wenn, dann hätte ich versucht, ein Portrait (Text&Bild) von dem Pastor vor Ort zu machen. Beispielsweise. Das hätte viel Arbeit bei wenig Geld bedeutet. Dafür aber wohl eine gute Geschichte, die sensibel Einblick gibt.

    Wer allerdings den Tim K. bei schiessen im Kasten hat, muss sich erstmal keine Sorgen machen.

    Also in was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich, inder nur das dramatischste, triefendste Motiv Geld bringt?

    Das ist für mich die Frage. Nicht, ob ein Fotograf ein Arschloch ist, den Wunsch seines Kunden bedient.

    Zum Kommentar 20: Ja, vielleicht sollte man einfach die „Bild Zeitung“ verbieten. Aber das wird nichts bringen, weil es eine neue geben wird.

  27. edit:

    Irgendwann heißt es nur noch:
    „You´re journalist? Jesus Christ, get a job, man!“

  28. Ich verstehe die Kritik an dem Beitrag nicht, die hier in einigen Kommentaren hervortritt.

    Solange kein Fernsehsender etwas dazu sagt, wird darüber gemotzt, wie schlimm doch die Vorgangsweise aller Sender ist. Wenn jetzt eine Fernsehsendung genau das einmal hervorhebt, heißt es, das sei heuchlerisch und die seien nicht besser.

    Sicher sollte man auch „Zapp“ kritisch betrachten und sicher ist „Zapp“ bei öffentlich-rechtlichen Programmen eher mal dazu bereit, ein Auge zuzudrücken als bei den Privaten. Aber ich erkenne in dem Beitrag nicht, dass hier irgendwer besonders positiv hervorgehoben wird. Hier wird das Vorgehen von Journalisten allgemein kritisiert, an einigen Stellen auch explizit das von den öffentlich-rechtlichen. Ich finde es gut, dass „Zapp“ sich damit beschäftigt und zumindest ein Magazin im Fernsehen das Vorgehen von Journalisten, insbesondere auch Fernsehjournalisten, in diesem Fall kritisch beäugt. Wie sollte „Zapp“ es denn sonst machen? Am Besten gar nicht darüber berichten, weil sich auch eigene Leute die Hände schmutzig gemacht haben? DAS fände ich in Anbetracht dessen, was „Zapp“ sich als Ziel setzt, wirklich heuchlerisch.

  29. @32 Die Frage ist schon, ob ich über Grenzverletzungen berichte, weil ich davon erfahre, oder ob ich losziehe, um welche zu finden. Die Fotografen, ja, das war eine Grenzüberschreitung. Dass der muslimische Vertreter beim Ablegen des Kranzes gefilmt wurde, war m. A. nach aber schon in Ordnung, weil man eine gewollte Öffentlichkeit nicht begrenzen kann. Das Zapp-Team musste aber für einen Bericht möglichst viele Belege finden. Da wird es krampfig, denn die müssen dann auch treffen.

  30. @11 Kibonaut
    Manches, nein: vieles ließe sich gegen Ihre Argumentation sagen. Nur dies: Ich „ziehe“ mir keineswegs „dann doch RTL und Bild rein.“ Und ich werd‘ nicht der einzige sein, der sich deren Dreck nicht „reinzieht“.

  31. @19 „fand ich allerdings noch, dass die SUN wohl aktuelle Paparazzi-Fotos von Elisabeth F. gezeigt und wohl auch angeboten hat und bislang zumindest in Österreich und Deutschland diese niemand übernommen hat. Da gibts anscheindend doch Grenzen …“

    Vermutlich der Preis?

  32. Hallo

    14.“Wie verkommen muss man eigentlich sein, um Trauernde auf dem Friedhof gegen ihren Willen zu fotografieren und es sich zu verbeten, dabei fotografiert zu werden?“

    @: Man muss nicht „verkommen“ sein um das zu tun.
    Man sollte „empathielos“\“verroht“ sein um das tun zu können!

    Merkwürdigerweise erinnert mich die Diskussion an eine Geschichte die vor ca.2028 Jahren stattfand, da hat ein Mann eine Frau vor dem tobenden Mob gerettet.
    Damals behaupteten einige Menschen das die Frau eine Hure sei.

    In diesem Sinne

    MfG
    Wer ohne Schuld sei, der werfe den ersten Stein?

  33. @ Jeeves:

    Jetzt wissen Sie auch, wen der Sperrvermerk meiner Bilder betrifft.

    Und noch was: ich habe seit vier Jahren keine Glotze mehr. Entertainment war nie so mein Ding. Die Magazine waren mir irgendwann zu populistisch. Den Rest hatte mit dann irgendwann die PR-Dauersendung Kronzuckers Welt gegeben.

    Nur, und das ist das Problem: Millionen Menschen sehen das völlig anders als wir!

    ich meinte also nicht dich persönlich, Jeeves, sondern sehe hier ein Gesellschaftliches Problem, dass die Medien in ihrem jetzigen System nicht nur tragen, sondern fördern.

    Aber einzelne Fotografen oder Reporterteams zu beschuldigen greift einfach zu kurz. Es löst nicht das Problem.

  34. Mensch, das ist ja so toll von ZAPP, dass die garnicht in Winnenden drehen wie die ganzen anderen miesen Journalistengeier. Und auch nicht in Weiler zum Stein. Und endlich endlich mal ein Bericht, in dem nicht ein Schild „Warum?“ inmitten brennender Kerzen gezeigt wird. Und vor allem zerren die auch nicht völlig unbeteiligte Anwohner vor die Kamera. Endlich mal ein Team, das einfach einpackt und abreist, wenn es auch einfach nichts mehr dazu zu sagen gibt.

    Ach. Doch nicht? Dann hab ich das wohl falsch verstanden.

    So ähnlich wie neulich auf der Autobahn, als ich mich inmitten all dieser UN-MÖG-LICHEN Gaffer wiederfand. Widerlich. Oder neulich im Bordell. Furchtbare Typen.

  35. @30 Kibonaut

    „Also in was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich, inder nur das dramatischste, triefendste Motiv Geld bringt?

    Das ist für mich die Frage. Nicht, ob ein Fotograf ein Arschloch ist, den Wunsch seines Kunden bedient.“

    Die Welt wird von jedem einzelnen mitgestaltet und jeder einzelne trägt eine Verantwortung. Ändern kann man nur etwas, wenn man sich selbst ändert.
    Es liegt deshalb durchaus in der Verantwortung des Fotografen, ob er sich zum Sklaven des Mobs macht und ihm die Bilder liefert, die dieser so gerne sehen will.
    Ein Auftragskiller könnte sich ja sonst auch einfach aus der Verantwortung ziehen und sagen: „Was denn? Ich hab‘ doch nur den Wunsch meines Kunden bedient?“

  36. Dieses Verstecken hinter System, Geschäftsleitung, Markt und Gesellschaft geht mir gehörig auf die Nerven. Früher war wenigstens noch Gott schuld.

  37. @ 30 Kibonaut

    Also gut, sie beziehen sich auf wirtschaftliche Gesetze und argumentieren (indirekt), dass die Nachfrage (der Gesellschaft) jenes Angebot der „dramatischen, triefenden“ Motive schafft. Natürlich.
    Es ist aber ihre Theorie, die zu kurz greift: Bleiben wir bei der Wirtschaft – ist es nicht das Say’sche Theorem, welches viel eher zutrifft? Jedes Angebot schafft sich seine Nachfrage.

    Dies ist in meinen Augen hier der Fall und ist die eigentliche Schande, schließlich wird gerade eben jene sensationsgeile Gesellschaft erst durch die Journalisten und ihrem (Bild-/Video-/Text-)Angebot „gezüchtet“, geprägt und geformt.
    Dass jene Journalisten die (zum Teil selbst eingestandene) „Drecksarbeit“ machen, nur um die Nachfrage zu sättigen, ist ein nachvollziehbares (da oft Existenzen an jener Drecksarbeit hängen) aber schlechtes Argument ihrerseits, denn haben sie sich diese Spirale von sich stetig übertreffenden (und eben leider nachgefragten) Geschmackslosigkeiten selbst eingebrockt – und:

    Nur die Journalisten haben die „Macht“ jenen Teufelskreislauf abzuschwächen. (Von Beenden ist hier nicht die Rede – Voyeurismus ist nun mal ein Bestandteil der menschlichen Natur).

    Hier gibt es auch nur eine Lösung, die sowohl für die Journalisten als auch für den Rest der Gesellschaft erfreulich wäre: Die Abschaffung oder drastische Reduzierung von freier Mitarbeit in der Branche und Einführung von mehr Festanstellungen um berufliche Sicherheit zu schaffen und somit die Journalisten von ihrem Druck der Exklusivität zu befreien…

  38. Nachrichten sind Waren, und viele können sich entscheiden, ob sie als Fotograf, als Redakteur, als Verlag oder als Konsument Betroffene sehen wollen, oder ob sie das nicht wollen. Die Frage ist auch, welche Alternativen derjenige hat. Für Kameraleute des NDR stellt sich die Frage anders, als für die Kameraleute des Boulevards.

    Ich verstehe auch nicht die Konsumenten. Haben die noch nie einen Sarg gesehen? Können die sich das nicht vorstellen? Ist das authentische Bild dieses Sarges so wichtig – tut es nicht ein Symbolfoto (Abb. ähnlich).

    Haha. Sorry! :)

    Der Fetisch der Authentizität verlangt, daß es diese Trauernden sein müssen, auch wenn man nichts neues sieht (die Sargmode 2009?). Wer erkennt die meisten der Trauergemeinde nur durch vorhergehende Interviews? Und gerade das Foto über die Mauer ist besonders wertvoll. Die Profis, die wissen wie sie in die Kamera zu lächeln haben, oder wie sie bestürzt dreinkernern, die will der Zuschauer auch sehen – nachts um 11 oder so etwa. Aber der ertappte Kleinstädter, der unbeholfen und quasi ertappt in der Wildbahn trauert – ist es für die Fotografen nicht eine Jagd? Nennen sie es nicht Beute, Ausbeute, was sie geschossen haben?

    Was macht der Konsument mit den Bildern? Denkt er an die Beerdigung von Onkel Pronnes im letzten Herbst, der zwar nicht erschossen ward, aber gleichwohl tot? „Erinnerst Du Dich noch an den Kranz der Kegelbrüder?“

    Die Trauergemeinde wird zur Kulisse um bundes- und weltweit Erinnerungen anzuschieben an andere Friedhöfe, andere Tote.

    Kann man derartige Bedürfnisse nicht im Theater ausleben, im Kino, vorm TV? Anhand phantastischer, professioneller Darsteller, die mit voller Absicht ihre Gesichtsausdrücke und Körperhaltungen dem Publikum zeigen?

    Das authentische hat seinen eigenen Kitzel, seinen eigenen Reiz – vielleicht wirkt der Schulleiter gar nicht trauernd, vielleicht lächelt er einen Moment lang?

    Vielleicht wächst mit der Zeit, mit der epidemischen Ausbreitung von Fotohandies, das Bewußtsein dafür wie man sich fühlt der Fotografierte – nicht der Fotograf zu sein? Vielleicht steigt so eine Sensibilität an, ändert sich die Rechtsprechung, entsteht ein kleines Kulturpartikel. Vielleicht passiert das Gegenteil und wir stumpfen weiter ab – Privatsphäre? Get over it!

  39. @44 Tellerrand

    „Hier gibt es auch nur eine Lösung, die sowohl für die Journalisten als auch für den Rest der Gesellschaft erfreulich wäre: Die Abschaffung oder drastische Reduzierung von freier Mitarbeit in der Branche und Einführung von mehr Festanstellungen um berufliche Sicherheit zu schaffen und somit die Journalisten von ihrem Druck der Exklusivität zu befreien…“

    Oder aber ein bedingungsloses Grundeinkommen.

  40. Was mich an dem Bericht stört ist, dass er keine Sender oder Zeitungen nennt. WER hat sich denn da nun daneben benommen? Waren es nur die bösen Privaten? Oder war womöglich auch ein Team der ARD-Gewaltsendung „Brisant“ rücksichtslos? Mir hat der Bericht nichts gebracht, denn er schwimmt im Trüben herum. Solche Klischees über Journalisten (die teils stimmen, das will ich gar nicht bestreiten) höre ich nicht zum ersten Mal.

    Ein wenig lustig finde ich, dass hier ZAPP als unabhängig hingestellt wird, weil es angeblich auch vor der eigenen Tür kehrt. Ach, wirklich? Wann gab es denn mal einen kritischen Bericht über den NDR? Dass ZAPP über andere Sender der ARD kritisch berichtet, ist nichts Besonderes. Die Sendeanstalten der ARD hassen sich schließlich wie die Pest. Die Tour de France wäre nie zum Thema in ZAPP geworden, wenn der NDR die Oberhand darüber gehabt hätte.

  41. @ 47, 2. Absatz: Völlig richtig. Aber: Es ist den anderen Sendeanstalten der ARD doch unbenommen, selbst ein Medienmagazin zu starten. Und dem ZDF auch. Und RTL, SAT 1 usw. auch.

  42. 47:
    Ach, der gekränkte Holger…

    Namen? Was bringen denn nun Namen – deine Intention will mir bei bestem Willen nicht in den Kopf. Hier geht es um das Prinzip, um die (zu vermissende) Ethik des Journalismus an sich, nicht um den Pranger.

  43. So widerlich der ganze Medienzirkus da auch ist, auf die einzelnen Fotografen einzudreschen finde ich schon sehr scheinheilig.
    Vom heimischen Sessel aus kann jeder davon fabulieren wie unethisch das ist, wenn in der Realität aber derjenige Geld verdient der das indiskreteste Foto macht dann macht man das eben. Wenn mans nicht selber macht, macht es eben jemand anderes. Dann ist zwar ethisch korrekt nach einem selbsterfunden Kodex aber hat halt nix zu beissen.

  44. „Wenn mans nicht selber macht, macht es eben jemand anderes.“
    herrje, das kann doch jetzt nicht wahr sein.
    Umgekehrt wird evtl. ein Schuh drauß, wenn man als erster mal vom Pick up steigt folgen einem vielleicht die Kollegen.
    Davon mal abgesehen, wird immer wieder die these angeführt dass die Rezipienten nach Sensationen, schnellen Bildern, Skandalen giert. Um den leidlichen Konjunktiv zu bemühen: hätten die Medien in einer angemesseren, zurückhaltenderen Form berichtet, hätte sich wohl niemand beschwert.

  45. Herr Niggemeier, nehmen wir doch mal den werten „Fernsehkritiker“, die selbsternannte „Elke Heidenreich des NDR“ (ich konnte dem Sendersprecher ein Schmunzeln nicht verdenken), ehemals freier Mitarbeiter beim NDR: Da sehen wir doch was passiert, wenn man sich gegen die Obrigkeit wendet. Und die Obrigkeit erwartet bzw. honoriert nun mal die Mauerbesteigung…

    Also, Holger, hungerst Du? Ist wohl nur noch eine Frage der Zeit.

    Nein, Spaß (bitterer Ernst?) beiseite; das Problem der „Mauer-Journalisten“ ist doch nicht die Angst vor Nahrungsverlust, sondern es hat sich durch die Drucksituation (klingt abstrus, aber wird diese geleugnet?) eine ganz eigene Mentalität mit neuerlicher Eigendynamik entwickelt. Es ist ein Herdentrieb dem, sich gegenseitig angestachelt, mehr oder weniger gefolgt wird – nicht primär mit dem Gedanken „Nahrungsbeschaffung“ verknüpft, sondern, so denke ich, mit dem Wettbewerb im Vordergrund…

    Naja, letztlich geht es doch ein wenig am Thema vorbei.

  46. Edit: Und eben dieser Wettbewerb wird durch das Einsetzen Freier Mitarbeiter bestens gefördert… Ein Festangestellter könnte deutlich gelassener (und besser vorbereitet bzw. mit Fakten) die Sache angehen und ggf. andere Dinge (anders) fokussieren.
    So, hoffe, dass meine Intention (einigermaßen) deutlich wird.

  47. Hier in den Kommentaren taucht das wahrscheinlich absurdeste Argument auf, daß man vorbringen kann: Portugiesische Paparazzi seien „gedeckt“, weil Deutsche ja auch im Ausland auf Sensationssuche sind. Solange also Deutsche zum Beispiel im Ausland morden, in Italien, sagen wir mal, dürfen Italiener hier auch morden. Nicht nur, daß in Ordnung sei, was da passiert: nicht einmal beschweren dürfe man sich.

    Wo ein vergleichbare Geisteszustand erreicht wird, mache ich mir sorgen. Nicht nur um den Zustand des bedauerlichen Individuums, sondern um den der Gesellschaft in der es lebt.

  48. Also Stefan, ich weiß nun nicht ob ich ernsthaft „Danke“ sagen darf…
    Trotzdem:
    Danke für den Beitrag. Auch wenn dieser nicht perfekt sein mag, so ist es zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht denken ja zumindest einige mal über ihr Verhalten nacht …

  49. @Tellerrand: Der Vergleich mit Holger Kreymeier ist nun wirklich völliger Quatsch. Kreymeier hat sich nicht gegen die Obrigkeit gewendet, sondern eine Kampagne gestartet, die mit blöden Scheinargumenten seinen Arbeitgeber angreift.

    Und wer sich in dem Moment, in dem er sich mit anderen Herdenmitgliedern auf einen Pickup quetscht, um Menschen gegen ihren erklärten Willen auf einem Friedhof zu fotografieren, nicht fragt, ob das vielleicht schlicht falsch ist, was er da tut, sich aber darüber empört, seinerseits gefilmt zu werden, dem ist nicht zu helfen.

  50. Vielleicht sind diese ausgebrannten Medienleute einfach nur tragische Helden. Um irgendwie diesen tollen Beruf ausüben zu können, begeben sie sich in den Zustand der permanenten Bewusstlosigkeit. Kurzum: Ihr Gehirn bekommt einfach keine Luft, wenn sie in jedem Moment hinter allem herhecheln, wohinter man herhecheln „muss“. Das erinnert mich an eine Geschichte, die ich mal vor einigen Jahren nachts um halb 4 erlebte. Ich wanderte mit einigen Freunden von der lauten Feierwelt in die leise Welt des Schlafes. An einer Ecke ließen wir noch ein wenig den Abend Revue passieren, als uns auf einmal dieser massiv tiefergelegte Lieferwagen auffiel. Dehydriert philosophierten wir über den Fahrer, den keiner von uns kannte: „Es wird wohl einer sein, der auf dem Bau arbeitet.“ „Was wäre, wenn ihm eines Tages ein großer Stein auf den Kopf fällt und jemand ihm nach langem Koma erklären muss, dass der tiefergelegte Lieferwagen ihm gehört.“ „Hmmm. Da muss man ein ziemlich abstraktes Vorstellungsvermögen haben, um das verstehen zu können.“ „Ich würd’s nicht glauben“ – Womit ich wieder bei meiner ursprünglichen Vermutung angekommen bin: Bekäme das Gehirn der Fotografen just in dem Moment Luft, wo sie sich dort auf dem Heck des Wagens in den Winkel hochstrecken, der sie über die Friedhofsmauer luken lässt – sie bräuchten wirklich ein sehr abstraktes Vorstellungsvermögen, um zu verstehen, welch tragische Helden sie eigentlich sind. So wie der Fahrer des tiefergelegten Lieferwagens…

  51. @ Stefan,
    ja, in der Tat, der Vergleich mit Holger war nicht ganz ernst gemeint, habe mich, vielleicht noch ein bisschen über sein ernsthaftes Interesse nach konkreten Namen echauffiert, zu einem kleinen Seitenhieb hinreißen lassen.
    Und ich möchte in keinster Weise die Journalisten verteidigen, spreche mich doch gerade FÜR das Auseinandersetzen mit dieser Problematik aus.
    Habe nur versucht, eine Erklärung zu finden, warum dem so ist.

    Das „Warum???“ ist schließlich die zentrale Frage! ;-)

  52. Ach, ich schicke meinen Post zum wiederholten male zu früh ab, also
    EDIT:
    Vielleicht hast Du, Stefan, mich etwas falsch verstanden, da ich es schlecht formuliert habe: Also, ich sehe einen Arbeitgeber schon als „Obrigkeit“ (übertreiben formuliert) und habe nicht gemeint, dass Herr Kreymeier „die Mauer bestiegen hat“, sondern mir war seine Kampagne wohl bewusst (und kann seine neuerliche Weinerlichkeit nicht nachvollziehen).
    Wollte damit ausdrücken, dass ein „Kontra“ (und das wäre, in meinen Augen, ein Weigern seitens des Journalisten seinem Verlag o.ä. trotz Möglichkeit keine exklusiven Bilder zu liefern) zu Konsequenzen führen kann.

  53. @Tellerrand: Ja, Herrgott, alles im Leben kann zu Konsequenzen führen. Wenn man die Privatsphäre einer Trauergemeinde achtet, kann es passieren, dass man weniger Einnahmen hat. Und wenn man die Privatsphäre einer Trauergemeinde nicht achtet, kann es passieren, dass man von einem anderen Kamerateam gefilmt und hinterher bei „Zapp“ vorgeführt wird.

    Wir können viel über Angebot und Nachfrage und den Markt und die böse Gesellschaft und die Schwierigkeiten Freier Mitarbeiter diskutieren und ich bin sehr dafür, das auch zu tun. Nichts davon ändert aber etwas daran, dass jeder Einzelne sich in jeder Situation entscheiden muss: Ist das richtig, was ich hier tue, oder ist es falsch.

    Man mag mir jetzt wieder vorwerfen, dass sich das leicht aus meinem bequemen Fernsehsessel sagen lässt, aber: Ich finde, die Antwort fällt in diesem Fall leicht.

  54. ich habe den beitrag live gesehen und hatte bei den photographen auf dem pick up sofort die assoziation. „hussa ich sehe mauerschuetzen“. die haben ja auch nur ihren job gemacht resp. wenn ich ihn nicht mache, macht ihn ein anderer.
    verlogene antworten auf moralisch fragwuerdiges verhalten.

  55. Mit wieviel Gefühl auch die Öffentlich Rechtlichen bei dem Thema zur Sache gehen kann man hier

    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/713090

    betrachten. Ab Minute 13:15 bekommt man einen Eindruck über die Rücksichtnahme der ÖR.

    Disclaimer: Nein, ich habs mir nicht angeschaut, vielmehr versuche ich mich der gesamten Berichterstattung über Winnenden zu entziehen. Ich hab aber leider reingezappt und war Fassungslos.

  56. @Stefan: Ich will nochmals betonen, dass ich dieses Handeln aufs Tiefste verachte – selbst meiner Freundin ist es selten vergönnt, einen Fernsehabend ohne meine angenervten Kommentare zu verleben.

    „Wir können viel über Angebot und Nachfrage und den Markt und die böse Gesellschaft und die Schwierigkeiten Freier Mitarbeiter diskutieren und ich bin sehr dafür, das auch zu tun. Nichts davon ändert aber etwas daran, dass jeder Einzelne sich in jeder Situation entscheiden muss: Ist das richtig, was ich hier tue, oder ist es falsch.“

    Stimme ich voll zu. Und ich finde es, wie gesagt, verwerflich sich für die Missachtung der Privatssphäre zu entscheiden. In meinen vorigen Posts habe ich nur eine Erklärung gesucht, warum, wenn sich dafür entschieden, diese Journalisten sich so verhalten, wie sie sich verhalten.

    Also: Ich nehme z.B. den Wettbewerb unter den Journalisten nicht als Rechtfertigung für ihr Handeln, sondern als Ansatzpunkt für eine „Lösung“.

  57. Ich weiß zwar nicht wer du bist, Tellerrand, aber vielleicht solltest du mal über den selbigen hinausschauen und zur Kenntnis nehmen, dass man nicht alles glauben sollte, was der NDR so an Stellungnahmen von sich gibt. Und „gekränkt“ bin ich ebenso wenig wie am Hungertuch leidend. Danke trotzdem für die Fürsorge.

    @Stefan: Die „blöden Scheinargumente“ hätte ich gern mal etwas näher deinerseits definiert bekommen. Wenn du gern für zunehmend schlechten Journalismus, Daily Soaps und Boulevard-Berichterstattung zahlst, kann ich dir leider nicht helfen. Es wundert mich allerdings schon, dass gerade du es offenbar stillschweigend und zahlend zur Kenntnis nimmst, wie in Deutschland der investigative Fernsehjournalismus immer mehr an Bedeutung verliert. Von den privaten Sendern erwarte ich einen solchen Journalismus erst gar nicht, sehr wohl aber von den öffentlich-rechtlichen. Und ich nahm bis jetzt an, wir seien uns darin einig…

  58. Werter Fernsehkritiker, das geht jetzt in eine völlig andere Richtung, Sie schneiden ein anderes Thema an, aber was glauben sie denn wer ich bin?
    Und wo bitte habe ich mich in irgendeiner Weise auf die Stellungnahme des NDR berufen? Abgesehen von dem Schmunzler, den es im eigentlichen nicht wirklich zu hinterfragen gilt, habe ich mich nirgends auf den NDR berufen…

    Nehme das Wohlbefinden zur Kentniss.

    Über den Tellerrand zu schauen ist so eine Sache, man muss dazu einen gewissen Größenwahn und eine Resistenz gegen Kritik und die verlockende Rechtfertigungsfreude ablegen können, nicht wahr?

    Nähme dem Stefan übrigens ein paar scharfe Worte und das Ausleben seiner Admin-Macht übrigens nicht übel – gerdazu kindisch.
    Ich schäme mich.

  59. also bei dem video sind mir fast die tränen gekommen^^ich finde es sehr schade,dass die presse ein „nein“ nicht akzeptieren kann

  60. Ich weiß ja, dass in Foren der Nazivergleich verpönt ist. Und wahrscheinlich ist er das auch zu recht.

    Aber bei Einlassungen wie Nr. 11 und anderen fühle ich mich verdammt noch mal sehr an „Ich habe nur meine Befehle ausgeführt, was hätte ich denn tun sollen“ erinnert.

  61. Ja, Stefan, in diesem einen Fall war es wirklich leicht zu entscheiden, aus einem einfachen Grund: die Friedhofsgänger hatten sich die Presse für den Moment verbeten. Das muss auf jedenfall respektiert werden.
    Ich meine Pressefreiheit ist ein hohes Gut und auf den ersten Blick beruhigen uns manche Bilder ja auch irgendwie, die zeigen, dass ein Pressetyp von der Polizei seine liebe Mühe mit den Reportern hat und dass nicht alles rigoros abgezäunt ist. Dann denkt man: Ah, ja wenigstens bleiben die dran, man kann sich auf eine etwas perverse Art auf die verlassen. Auf der anderen Seite weiß der Intelligentere, dass auch von der Polizei das Spektakel geduldet wird, was nicht der Fall wäre, wenn irgendein politisches Skandalon die Kommandoebene über dem Pressepolizisten zum rigorosen Abzäunen zwingt.

    Andere Situationen sind da schon schwerer zu entscheiden, z.B. die Befragung von „Zeugen“ und „Freunden und Bekannten des Täters“. Wenn da von langen Spalier-Reihen der Reporter die Rede ist, scheint das ein Fall von Lemming-Verhalten zu sein, wo offenbar jeder mitmachten muss.

    Eine Frage, die ich mir immer stelle, ist die nach dem Produkt dieser Journalisten. Ich persönlich lese nur wenige verbliebene partiell qualitativ hochwertige Medien im Print, meide Fernsehnachrichten wie eine Mal-aria, höre etwas Deutschlandradio und verfluche web.de für seine Celebrity-Werbung auf Seite 1. Also ich bin rein technisch nicht von Friedhofsbildern und „Zeugenaussagen“ umgeben. Zum Fall Winnenden habe ich mir den ersten ARD-Brennpunkt angesehen (pure Nostalgie übrigens), der war u.a. mit Heribert Rech(t) und insgesamt irgendwie überflüssig. Das war´s. Alle weiteren Infos holte ich mir dann woanders. Ich werde mir ein paar der jüngsten Studien zum psychosozialen Phänomen „Amok“ holen. Aber ich finde es zum Beispiel auch interessanter „den Menschen in einigen Internet-Foren auf´s Maul zu schauen“ als einem geltungsbedürftigen Pennäler und einer geltungsbedürftigen Interviewerin eine Interpretation abzuringen.

    Ich weiß natürlich, dass es vielen Menschen anders geht. Die wollen das sehen, vielleicht auch zu Recht.

    @65/Tellerrand (erinnert mich irgendwie an Talleyrand ;-)

    „Also: Ich nehme z.B. den Wettbewerb unter den Journalisten nicht als Rechtfertigung für ihr Handeln, …“

    Aber der Wettbewerb ist ein Teil der Rechtfertigung. Neben dem ökon. Druck, der Gewöhnung an die Tätigkeit, dem Herdenverhalten, der Neugierde.

    „…sondern als Ansatzpunkt für eine „Lösung”.“

    Ja, ok, klingt ja erstmal gut. Aber wie?

  62. Hier mal eine etwas andere Sicht auf die Dinge:
    http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0319/media/0011/index.html

    In einem Artikel der Berliner Zeitung wird nicht nur Medienschelte betrieben. Der Artikel sieht in der Medienschelte hingegen Teil des Rituals – was ich richtig finden. Und er lenkt auch den Blick auf diejenigen, die von der medialen Hysterie profitieren, die aber nur als Opfer der Medien dargestellt werden:

    „Wer vor Ort war, hat durchaus gesehen, dass die Lage etwas widersprüchlicher war. Es gibt Leute, die die Aufmerksamkeit durchaus genossen, die nicht in die Ruheräume gingen, sondern direkt davor stehen blieben, um zu weinen, direkt vor den Kameras. Andere haben schnell begriffen, wie sich ein Taschengeld dazuverdienen lässt. Einen Tag nach dem Amoklauf erreichte auch die Berliner Zeitung die E-Mail eines Mädchens, die Bilder von Tim K. anbot, gegen Bezahlung. „Sind Klassenkameraden, wissen einiges über ihn.“ Sie hatte schnell verstanden, dass etliche Kollegen vor Ort mit Geldkoffern angerückt waren. „Bist du vom Fernsehen“, wurden Mitarbeiter dieser Zeitung gefragt, „ich habe, was du brauchst.““

    Ich meine, mit Medienkritik alleine kommt man hier nicht wirklich weiter.

  63. @70: Ich sehe da einen Unterschied, hast du meine vorigen Posts gelesen? Kann man ja nicht erwarten, also:
    Ich sehe die von Dir angeführten Dinge („ökon. Druck, der Gewöhnung an die Tätigkeit, dem Herdenverhalten, der Neugierde“) als Gründe bzw. Erklärung für das Handeln vieler Journalisten – aber eine „Rechtfertigung“ sind diese eben in meinen Augen aber nicht.
    Zu dem Lösungsansatz. Ein paar Posts vorher gehe ich auch darauf ein, nämlich glaube ich, dass durch das Reduzieren von freier Mitarbeit die Situation verbessert werden könnte (mehr (berufl.) Sicherheit – Wegfall vom Druck der Exklusivität)

  64. @71: Schrecklicher Artikel.
    „In Winnenden war die Winnender Zeitung übrigens stets ausverkauft, und vor dem Schaukasten bildeten sich noch am Wochenende lange Schlangen. Voyeure sind wir alle.“
    So ein Blödsinn! Natürlich war sie das, weil sie als einzige Zeitung den Respekt vor der Privatsphäre behielt – exemplarisch ist viel mehr, dass Kioskbesitzer Bild und Co. am liebsten zurückgeschickt hätten und an der Verkaufsstelle oftmals unberührt liegen blieben.

    Eben das ist typische Meinungsmache: Die bewusste Fehldeutung der Tatsachen und das Verschweigen der relevanten Aspekte…

  65. @Fernsehkritiker
    „Von den privaten Sendern erwarte ich einen solchen Journalismus erst gar nicht, sehr wohl aber von den öffentlich-rechtlichen.“

    Was hat man aber gekonnt, wenn die Privaten aus ganzem Herzen Seifenopern und Boulevard machen sollen und damit Zuschauer gewinnen und die noch so hochwertigen investigativen Magazine bei den Anderen absaufen? Journalismus lebt auch von der Größe des Publikums. Das soll kein Freifahrtsschein für die ÖR sein, aber man kann die Seiten des dualen Systems nicht getrennt betrachten, weil ein wichtiges Element in beiden vorhanden ist: Der Zuschauer. Wenn die gaffende Masse nach Särgen giert und es genau einen gibt, der Särge liefert, dann können die anderen noch so gut sein. Aber die Särge gewinnen.
    Daher müssen Kritik und Aufforderung zur Besserung an alle Seiten gleichermaßen gerichtet werden. Ist das Geld denn besser angelegt, wenn die ÖR mit Gutmenscheneinstellung brav und bieder vor sich hin senden, aber keiner zuschaut? Keiner zahlt gerne für Seifenopern (werbefinanziert?) und keiner zahlt gerne für Dinge, die er nicht nutzt. Wie macht mans richtig?

    Übrigens: BBC World machte gestern um 20 Uhr mit Fritzl auf. Als die das Thema durch hatten, lief bei der Tagesschau bereits das Wetter.

  66. Könnte mal jemand recherchieren, ob nach dem Massenmord in Erfurt die Sensationsmedien in Winneden wie Blei (sorry) in den Regalen gelegen haben? Und: Tun sie das derzeit in Erfurt?

    Ich bin auch Fotograf, wenn auch Gottseidank (bisher, toi toi toi) nicht mit so einem Thema befasst. Aber wenn ich z.B. mal einem Konzertbesucher durch mein Geklicke den Kunstgenuss ein wenig trübe (darüber mache ich mir schon Gedanken, ich Sensibelchen), dann denke ich mir: Genau die Person, die da jetzt die Miene verzieht, ist aber enttäuscht, wenn Montag keine dollen Fotos vom besuchten Event in der Lokalausgabe sind.

    Also: Wie recht ist es, sein Restgewissen mit der Wahrscheinlichkeit zu beruhigen, dass nicht wenige der jetzt degradierten Menschen für den Fall, dass „es“ woanders passiert wäre, selbst bereitwillige Konsumenten wären?

  67. Wird denn eigentlich von irgendjemanden hinterfragt, warum die Trauerfeier so gigantisch werden muss? Dass sie sogar wie die Fußball-WM im Public Viewing auf Großleinwänden und live im Fernsehen übertragen werden soll? Das hat wer entschieden? Und ist das die richtige Form des Umgangs mit dem Geschehen? Beugen sich da nicht die Verantwortlichen in der Politik fast noch mehr als die Medien dem Druck der Masse? Und dann bitten Politiker die Medien wahrscheinlich auch noch um Zurückhaltung bei der Berichterstattung?

  68. Ich finde den ZAPP-Beitrag 100%ig okay, denn er benennt die allgegenwärtige Verlogenheit und einen unerträglichen Voyeurismus. Die alte ‚Henne-oder-Ei-Frage‘, ob denn die Medien so berichten, weil wir es so sehen/hören/lesen wollen, oder ob wir den Dreck wie dumme Schweine konsumieren, weil er eben in unserem Futtertrog landet, ist nicht leicht zu beantworten. Ich tendiere aber zu der Einschätzung, dass das Angebot die Konsumgewohnheiten prägt. Und das gilt für Fast-Food oder Alcopops genauso wie für Nachrichten.

  69. @78 info
    „Wird denn eigentlich von irgendjemanden hinterfragt, warum die Trauerfeier so gigantisch werden muss?“
    Die Trauerfeier ist seriös. Das wird doch ständig gefordert, oder?

  70. @73/ Tellerrand

    Man kann den Artikel der Berliner Zeitung ja meinetwegen tendenziös finden. Aber wer sich ärgert über Journalisten, die 100 Euro für Weinen vor der Kamera bezahlen, sollte die Laiendarsteller bei seiner Kritik nicht außen vor lassen. Jenseits der vielleicht vorhandenen Tendenz des Artikels, die Rolle der Medien zu relativieren, kommt es deswegen auf die Fakten an: es gibt Leute, die sich für solche Auftritte bezahlen ließen und es gibt Leute, die Material an die Medien verkaufen wollten. Ich finde, dies ist bislang gar nicht in der Berichterstattung über die Berichterstattung berücksichtigt worden. Sollte es aber. Ich bin ja ziemlich journalismuskritisch, aber ich denke, dass die Journalisten nicht den Schwarzen Peter ganz alleine haben.

  71. Liebes Zapp-Team.
    Ich finde bei diesem Artikel hab ihr euch leider selber nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ich weiß das „Bild“ Fotos der Opfer ohne unkendlichmachung gezeigt haben, wäre es aber nicht eure Auftrag gewesen diese in euerm Bericht weningstens mit einem schwarzen Balken zu versehen? Warum mußtet ihr eigendlich noch das interview mit einem der Schülerinnen zeigen? Fehlt es euch auch an kritischer Selbstzensur? Das der vermeindliche Tim Kretschmer sich äußern durfte fand ich in ordnung und auch richtig.

    Ich bin gespannt wie in Zukunft die Polizei mit solchen und ähnlichen Medienereignissen umgehen wird.
    In Winnenden hätten Sie wohl besser den ganzen Ort abgespert und nur noch die Anwohner rein gelassen und jeder der Bilder von Bewohnern, Tatorten oder Mutmaßungen veröffendlicht bekommt sofort eine Anzeige wegen behinderung der Polizeiarbeit, Falschaussage und übler Nachrede.
    Aber wir wissen ja, das manche Medien dies billigend in kauf nehmen, wie währe es hierbei den mal mit höheren Strafen?
    Z.b. 1Monat lang Bundesweites Publigationsverbot?

  72. Nur kurz, weil ich hier auch meine Position diskutiert wurde.
    Ich heisse es nicht gut, wenn Fotografen sich verhalten wie hier diskutiert. Nicht, dass ich da falsch verstanden werde.

    Und ja, jeder Fotograf oder Reporter sollte sich in solchen Situationen klar machen, ob das, was er tut, richtig ist.

    Ich denke aber, es ist trotzdem nicht ganz fair zu allerst auf die Fotografen einzudreschen.

    Schließlich trifft er nicht die Auswahl, was gezeigt wird oder was nicht. er hebt nichts ins Blatt oder in eine Sendung. Das sind nunmal Ressortleiter, Chefredaktuere und Bildredakteure.

    Wenn, dann müssten sich die Fotografen untereinander einigen udn sagen: „Nein, das Material liefern wir nicht.“

    Ich muss jetzt nicht erklären, was dabei heraus kommt, oder etwa doch?

  73. Lieber Stefan,
    als einer der Fotografen vor Ort, war ich schon fassungslos genug über den Beitrag, aber diese Diskussion macht mich jetzt wirklich fertig. Als Nazi beschimpft zu werden ist der Hammer. Erst mal ein paar Fakten: Die abgebildeten Fotografen waren allesamt Agenturfotografen. Die Kollegen vom Boulevard hatten sich auf gegenüberliegende Balkone und Fenster eingekauft. Die Fotoposition wurde uns von der Polizei zugewiesen. der Polizeipressesprecher stand neben dem PickUp und hat das, sowie die Leitern der übrigen Kollegen, die neben dem Auto standen, aber nicht im Beitrag abgebildet wurden, freigegeben. Wir haben an dem Bild nichts verdient, da wir pauschal für den Tag bezahlt werden, und es für uns keinen Unterschied macht, ob wir das Bild haben oder nicht. Wir hatten die schwierigen Umstände diskutiert und beschlossen, das Bild vom Sarg zu machen, da es in unseren Augen sehr wohl einen Nachrichtenwert hatte und immer noch hat, da es sich um die erste Beisetzung der Opfer des Amoklaufs handelte. Wir haben darauf geachtet, keine Angehörigen abzubilden. Wir sind, als die Trauergemeinde kam, kurz alle nach oben, haben unsere Bilder gemacht, und haben sofort wieder aufgehört, um die Trauergemeinde nicht zu stören, die uns, denke ich, aufgrund der Perspektive auch nicht bemerkt hat. Wir haben uns also sehr wohl an Absprachen gehalten, was der erste journalistische Fehler des Beitrags war. Der zweite Fehler war die Rede vom „lukrativen Bild“ (siehe oben). Hier wird ein Bild gezeichnet, das nicht der Wirklichkeit enspricht, die Macher des Beitrages wollten einen medienkritischen Beitrag machen, und haben sich unter miesesten, unrecherchierten Umständen ihre Wirklichkeit zusammengebaut. Ich habe einige Tage in Winnenden verbracht, was keine einfache Zeit war und mir selber sehr an die Nieren ging.
    Dass das Bild, das in der Situation entstand (Sarg wird getragen) am gleichen Tag auf der Baden-Württemberg-Nachrichten-Seite bei SWR-Online, die den Beitrag gesendet hatten als Aufmacherbild zur Trauer verwendet wurde und immer noch in einer Bildergalerie online ist
    http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/cat=1/pic=17/nid=1622/did=4611580/pv=gallery/ervw3y/index.html
    sagt den Rest.
    Dass die „Kollegen“ von Zapp aufgrund dieses Beitrags genau die Fotografen, die ihren Job reflektiert und umsichtig machen, als geldgeile Paparazzi in der Öffentlichkeit darstellt (Ein Kollege von mir wurde aus seinem Freundeskreis bereits auf den Beitrag angesprochen) ist in meinen Augen der eigentliche Skandal an der ganzen Geschichte.
    Dass ich den Beitrag anonym schreibe, hat den Grund, dass er schon genug Unheil angerichtet hat, und ich meinen Namen nicht in dem Zusammenhang gegoogelt finden möchte, dafür bitte ich um Verständnis.

  74. Wo wurde jemand als Nazi beschimpft?

    Die erste Beisetzung hat einen Nachrichtenwert? Ich bin kein Journalist, aber ich frage mich, was dann keinen Nachrichtenwert hat.

    „[…]haben unsere Bilder gemacht, und haben sofort wieder aufgehört, […]“

    Dieses „sofort“ ist in diesem Fall nichtssagend. Das ist, als ob man sagen würde: „Ich habe die 5 Bücher gelesen und danach sofort aufgehört.“

  75. „Wir haben an dem Bild nichts verdient, da wir pauschal für den Tag bezahlt werden, und es für uns keinen Unterschied macht, ob wir das Bild haben oder nicht.“

    Dann laßt die Leute mit eurer „Wir machen doch auch nur unseren Job“-Scheiße in Ruhe! Dann hattet ihr die Wahl.

  76. @86:
    Schön, daß sich die Agenturfotografen nicht auch auf den Balkons und Fenstern eingemietet hatten, und schön, daß sie versucht haben, von den Angehörigen unbemerkt und unter Beachtung der polizeilichen Richtlinien zu arbeiten.

    Es macht die Sache aber nicht um vieles besser, und spätestens als die Trauernden das Bild vom Sarg in der Zeitung sahen, war’s dann wohl um den moralische Vorsprung geschehen. Mal ehrlich: Kein Mensch braucht das Foto eines Sarges, um die Mitteilung, „Heute fand die erste Beerdigung eines Opfers des Amoklaufs statt“ zu verstehen. (Und ich fürchte mich schon jetzt vor der Berichterstattung von der Beisetzung des Täters.)

    Mich hätte es gefreut, wenn man stattdessen einmal — und ich weiß, daß liegt nicht in der Hand der Fotografen — eine Halbseite einer Zeitung schwarz gelassen hätte (oder meinetwegen weiß). So viel Bildmaterial hat doch wohl wirklich jeder Leser im Kopf. Oder meinetwegen ein Küchentisch, an dem statt für vier nur noch für drei gedeckt ist. So schwer kann das doch nicht sein.

  77. @Fotograf vor Ort: Weder ZAPP noch Stefan Niggemeier noch den meisten Kommentatoren hier scheint an einer nüchternen Betrachtungsweise gelegen, leider. Es darf nicht sein, dass die Umstände anders waren, als ZAPP sie zeigte und später der SWR (der selbst mit dem Material arbeitete wie du richtig sagtest), sie auf alle Fälle nicht vollständig gezeigt wurden (also seitens der Kritik selbst hundsgewöhnliche Boulevard-Methoden angewandt wurden).

    Ich verstehe inzwischen diejenigen gut, die manchen Kritikern vorwerfen, dass diese selbst auf ihrer ganz eigenen Winnenden-Welle (mit-)reiten und alles (auch die Nennung von Fakten) vermeiden, was die so runden Geschichten mit Ecken versehen könnte. Nicht, dass ich die Broder’sche Laus-wie-war-das-noch-Argumentation toll finde (und hinsichtlich des BILDblogs überaus unangebracht), aber wenn hier eine Differenzierung, das Aufzeigen der Umstände im Ganzen, scheinbar nicht mal mehr in Betracht gezogen wird (vielleicht -tatsächlich der Fernsehsesselproblematik geschuldet- mangels besseren Wissens?), ist das fürchterlich ätzend.

    Aber: Die Masse (der Stefan-Niggemeier-Leser) will es offenbar so, das zeigen nicht zuletzt die Kommentare hier und anderswo. Der Markt für Kritik, die nahtlos in Bashing übergeht, ist vorhanden. So what, ein bisschen Winnenden ist wohl überall.

    @88/Alberto Green: Wo und wann hat dich „Fotograf vor Ort“ mit einer solchen Aussage belästigt?

  78. zu 92.: Ich finde es übrigens überhaupt nicht rühmlich, auf Pick-Ups herumzuturnen und über Friedhofsmauern zu fotografieren.

    Ich finde aber, wenn ZAPP zeigt, wie ein Polizeibeamter den Friedhofseingang bewacht, würde es sich auch gehören, darauf hinzuweisen, dass der Pick-Up grundsätzlich -ob das nun gut oder schlecht ist, ist ein anderes Thema- vom Pressesprecher der Polizei „freigegeben worden ist“, sofern „Fotograf vor Ort“ nicht lügt. Das entschuldigt nicht das recht dämliche Verhalten des Fotografen, der in die Dreharbeiten von ZAPP eingegriffen hat, aber es wäre näher an der ganzen Wahrheit.

    Gut, die ZAPP-Geschichte würde natürlich an Drive verlieren.

  79. Naja, solange wir mit unserem übertribenen Voyeurismus diese Art von Berichterstattung fördern ist es doch kein Wunder, wenn selbige auch so geführt wird.

    Ist es etwa verwunderlich, wenn bei DSDS (Deutschland sucht den Superstar) – wie ich finde einem der schlimmsten TV-Formate der neueren Zeit – die Einschaltquoten grade dann am höchsten sind, wenn Didda Bohlen die „Kandidaten“ beschimpft, beleidigt und differmiert? Ist doch alles krank!

    Wir ergötzen uns am Schicksal weniger, anstatt die Probleme der Gemeinheit anzugehen – und davon gibts doch wirklich genug (Klimawandel, Wirtschaftskrise und der Kollaps des angesläsischen Kapitalismus). Oder wie wäre es mal mit Solidarität in der Bevölerung? dass man es als Volk nicht dulden kann wenn tausende Arbeitsplätze vernichtet werden, sich jedoch das „Establishment“ weiterhin die Taschen voll macht – jenes Establishment, dass uns grade in die Krise gebracht hat.

    Ich persönlich hab meine Freundin bereits bekehrt – die guckt jetzt weder DSDS noch Dschungelcamp. :D

  80. Tatsache @ Jens.

    Und steht der Pickup odr fährt der? Wäre das dann nicht eine gefährliche Verletzung der Straßenverkehrsordnung?

  81. @Bernd 91./92.

    „[…] würde es sich auch gehören, darauf hinzuweisen, dass der Pick-Up grundsätzlich […] vom Pressesprecher der Polizei „freigegeben worden ist” […]“

    Hier bezweifelt doch niemand die Legalität der Pick-Up-Aktion. Der Polizist ist bestimmt auch keine moralische Instanz, die das Verhalten der Fotografen rechtfertigen könnte.
    Den meisten Kommentatoren geht es doch darum, ich zitiere Dich:

    „Ich finde es übrigens überhaupt nicht rühmlich, auf Pick-Ups herumzuturnen und über Friedhofsmauern zu fotografieren.“

    und

    „Das entschuldigt nicht das recht dämliche Verhalten des Fotografen, der in die Dreharbeiten von ZAPP eingegriffen hat […]“

    Deshalb verstehe ich Deine vermeintliche Gegenargumentation auch nicht.

    Und wenn Du schon das Wort „bashing“ ins Spiel bringst – ich finde es ist eher bashing, wenn Fotograf vor Ort der Runde vorwirft, als Nazi beschimpft worden zu sein, was de facto aber nicht passiert ist.

  82. @Ringo: Das stimmt, vermutlich meinte er nicht die Runde hier?

    Zur Argumentation: ZAPP vermittelt (ob der Polizist nun irgendeine Instanz ist oder nicht, das darf sicher seperat erörtert werden) ein anderes, dramatischeres Bild von der Situation, indem sie Tatsachen (der stand offenbar nunmal da) weglässt. Mit Erwähnung des Polizisten -sofern er da wie von „Fotograf vor Ort“ geschildert stand- hätte die Redaktion eine Menge Luft aus der Geschichte gelassen und dem Zuschauer mehr Spielraum gegeben, sich eine Meinung zu bilden (wie gesagt: meine ist contra Fotografen). Dennoch: indem zuerst der Polizist vor dem Eingang gezeigt wird und dann die Fotografen auf dem Pick-Up, wird der Eindruck vermittelt: Die Fotografen tricksen die Polizei aus. Das war offenbar nur die halbe Wahrheit.

    Wie gesagt, sofern die Schilderungen des Fotografen stimmen – da es aber zahlreiche ähnlich lautende Berichte gibt, ich kenne zahlreiche aus vertrauensvollen Quellen, die diese Vorgehensweise zahlreicher Medienkritiker zu Winnenden bemängeln, glaube ich das durchaus.

    Nochmals: Ich sage nicht, dass die Fotografen Lob verdient haben. Ich würde mir aber wünschen, dass diejenigen, die das Ganze kritisch beobachten, Geschichten nicht mit den Mitteln angehen, die sie selbst kritisieren. Es gibt nach meinen Kenntnissen sogar schon von der Medienmeute „Betroffene“, die sich in dieser Hinsicht geäußert haben(!) und -nicht nur über die Redakteure der Winnender Zeitung- Gutes(!) berichten.

  83. @ Ringo

    „69. Ich weiß ja, dass in Foren der Nazivergleich verpönt ist. Und wahrscheinlich ist er das auch zu recht.
    Aber bei Einlassungen wie Nr. 11 und anderen fühle ich mich verdammt noch mal sehr an „Ich habe nur meine Befehle ausgeführt, was hätte ich denn tun sollen” erinnert.
    — dewaechter — 20. März 2009, 8:34 #“

    und in anderen Foren werden die Beschimpfungen noch direkter (Presseschlampen, Arschlöcher…)

    Ich denke, dass den Redakteurinnen des Beitrags ein griffiges Bild gefehlt hat, die Fotografen auf dem PickUp eben ein gefundenes Fressen abgegeben haben und dafür die Realität eben weichen musste. Wir haben uns an alle Absprachen gehalten, haben keine Angehörigen fotografiert und versucht so unauffällig wie möglich zu agieren. Die Alternative zum PickUp wäre eine Leiterbatterie gewesen. Weder PickUp noch Leitern waren für den Trauerzug sichtbar. Ob der Polizeipressesprecher während der kurzen Zeit, in der wir fotografiert haben, neben dem Auto stand (das, nur so nebenbei auf einem regulären freien Parkplatz stand, auch nicht angemietet wurde, wie in verschiedenen Foren behauptet wird, sondern einem Kollegen gehört) kann ich nicht sagen, da ich in der Zeit fotografiert habe. Er war aber einige Male davor da, hat uns diese Position gegenüber des Friedhofs auf der anderen Straßenseite zugewiesen und PickUp sowie (im Beitrag nicht sichtbare) Leitern freigegeben. Fakt ist, dass ZAPP hier journalistisch unter aller Kanone agiert, da uns a) unterstellt wird, wir hätten unter nicht erlaubten Umständen agiert und b) noch behauptet wird, wir würden das für die große Kohle für das erste Bild vom Grab machen. Beides ist absolut inkorrekt und hätte durch eine Nachfrage der Redakteurin ausgeräumt werden können. ZAPP macht auch noch einen dritten Fehler. Ist es für den Beitrag wichtig gewesen, die Gesichter der Fotografen so lange und so groß ungepixelt ins Bild zu rücken? Das ist eine Boulevard-Methode, die in einem Totaaal-Medienkritischen Beitrag eigentlich nichts zu suchen hat, und für die beteiligten Fotografen (die, genau weil sie nichts mit den vorgeworfenen, unlauteren Methoden zu tun haben wollen, für Nachrichtenagenturen arbeiten) bedeutet, in der Öffentlichkeit vor Freunden, Bekannten und Kollegen als geldgeile Paparazzi, die für das „lukrative Foto“ (O-Ton Beitrag) über alle Grenzen latschen, dazustehen.
    „Die Fotografen tricksen die Polizei aus. Das war offenbar nur die halbe Wahrheit“ – nicht mal die halbe Wahrheit, sondern schlicht und ergreifend eine Lüge.

  84. @ Bernd 98.

    „Dennoch: indem zuerst der Polizist vor dem Eingang gezeigt wird und dann die Fotografen auf dem Pick-Up, wird der Eindruck vermittelt: Die Fotografen tricksen die Polizei aus. Das war offenbar nur die halbe Wahrheit.“

    Ja, richtig – dieser Eindruck kann entstehen. Aber es wird sicherlich niemand sagen: „Oh mein Gott, die haben die Polizei ausgetrickst!“. Dieser Eindruck spielt einfach keine Rolle für die Beurteilung der Moralität und der Verantwortung der Fotografen. Das Fehlen beider kann man ihnen vorwerfen.
    @ Fotograf vor Ort 99.

    „69. Ich weiß ja, dass in Foren der Nazivergleich verpönt ist. Und wahrscheinlich ist er das auch zu recht.
    Aber bei Einlassungen wie Nr. 11 und anderen fühle ich mich verdammt noch mal sehr an „Ich habe nur meine Befehle ausgeführt, was hätte ich denn tun sollen” erinnert.“

    Das ist keine Nazi-Beschimpfung!
    Es geht dabei um eine Geisteshaltung, die zur damaligen Zeit gewissermaßen eine Schlüsselrolle hatte. Da sie als Geisteshaltung aber zeitlos und deshalb auch noch heute anzutreffen ist, ist ein prinzipieller Vergleich legitim.

  85. @Fotograf vor Ort, #99:
    Sie haben die Kritik nicht verstanden.

    Ist es eigentlich üblich, daß die Polizei einem Fotografen den richtigen Standort zuweist, oder Leitern zum fotografieren freigibt? Ich nehme an im Normalfall sucht sich der Fotograf den Ort selbst aus, und kann allenfalls aufgrund eines Gesetzes gehindert werden einen bestimmten Ort zu benutzen – Freizügigkeit wäre hier das Stichwort, und bezüglich des Friedhofes, der nicht zugänglich war, Hausrecht, Hausfriedensbruch.

    Den Kritikern hier, und auch schon bei Zapp geht es nicht um eine strafrechtliche Bewertung. Es gibt auch kein Gesetz, daß es verbietet, im Haus des Gehenkten vom Strick zu sprechen. Das sind Sitten und Gebräuche, und ich wette pünktlich zum Feierabend fallen diese ungeschriebenen Gesetze auch den Fotografen wieder ein.

  86. @ Fotograf vor Ort:
    „Die Alternative zum PickUp wäre eine Leiterbatterie gewesen. Weder PickUp noch Leitern waren für den Trauerzug sichtbar.“

    Die Alternative wäre gewesen, zusammen zu packen, und das Foto nicht zu schießen. Denn das Bild war für den Trauerzug schlußendlich schon sichtbar. Kann mich übrigens nicht erinnern, daß man 2002 in Erfurt so weit ging, die Berichterstattung auf dem Friedhof fortzusetzen.

  87. Lieber Stefan Niggemeier, liebe Blogger,

    mit großem Interesse verfolgen wir die Diskussion über unseren Beitrag „Winnenden: Stadt im Ausnahmezustand“. Wir tun es mit gemischten Gefühlen.
    Uns freut die Debatte über die Rolle der Medien. Uns freut, dass unser Film Anstoss dazu gegeben hat.
    Doch manche Beiträge irritieren uns. Einige wenige verärgern uns sogar. Sie führen in die falsche Richtung.
    Es geht doch hier nicht um Fragen von Recht und Gesetz. Es geht auch nicht um die Frage, ob Fotografen von Pick-Ups oder Leiterbatterien ihre Bilder schießen. Es geht schon gar nicht um die Frage, ob das polizeilich genehmigt ist oder nicht.
    Es geht darum, dass und wie wir Medienvertreter in diese kleine Stadt in Schwaben eingefallen sind. In eine Stadt, die vorher kaum jemand kannte, in der kaum einer je mit Journalisten zu tun hatte. Und wie wir Journalisten Intimstes an die Öffentlichkeit gezerrt haben von Menschen, die vorher noch nie in einer Zeitung gestanden haben.
    Es geht auch darum, dass Journalisten unter unglaublichem Druck standen: Nachrichten, Geschichten, Bilder zu liefern an ihre Zentralen, Leser, Hörer und Zuschauer.
    Auch wir waren vor Ort. Auch wir haben Interviews geführt. Wir haben dies in unserer Rolle als Medienmagazin gemacht, also die Medien beobachtet.
    Wir können darin keine Doppelmoral erkennen.
    Was wir gesehen und berichtet haben, zeigt uns, dass es richtig war, auch als Medienmagazin in Winnenden vor Ort gewesen zu sein.
    Für uns steht nach den Erfahrungen von Winnenden fest: Es muss eine Debatte her, wie wir Medien uns künftig bei solchen Ereignissen verhalten wollen. Wie die Intimsphäre von Opfern geschützt werden kann. Wie der Druck von Reportern und Fotografen genommen werden kann. Ein Druck, der momentan dazu führt, das Kollegen Dinge tun, die sie selbst nicht gutheißen.
    Aber eins möchten wir trotzdem sagen: Wer Menschen dabei fotografiert, wie sie ihre Freundin, Tochter, Enkelin zu Grabe tragen, darf auch bei seiner Arbeit gefilmt werden. Wer das anders sieht, kann gern mit uns diskutieren, seinen Standpunkt deutlich machen. Unsere Autorinnen haben bereits in Winnenden den Kollegen angeboten, dies auch vor der Kamera zu. Die „jungen Frauen“ – anscheinend übliche Anrede von Kolleginnen – wurden daufhin allerdings rüde abgewisenen. Wir haben aus Kollegialität darauf verzichtet, die Beschimpfungen zu senden. Uns im Nachhinein dann Journalismus „unter aller Kanone“ vorzuwerfen, können wir beim besten Willen nicht nachvollziehen.
    Aber bitte: Zurück zur Diskussion, worum es wirklich geht!

    Viele Grüße
    Christoph Schmidt, Redaktion Zapp

  88. @103 „Es muss eine Debatte her, wie wir Medien uns künftig bei solchen Ereignissen verhalten wollen. Wie die Intimsphäre von Opfern geschützt werden kann. …“
    Regeln und Gesetze etc. dazu gibt’s doch längst. Der Punkt ist doch, dass sich kaum ein Journalist dran hält. Weil Strafen fehlen (?).
    Und die geforderte „Debatte“ findet doch auch statt, allerdings weniger in der etablierten Presse als in Weblogs (die von der gleichen Presse verteufelt wird).
    A propos: Ich fand den Zapp-Beitrag gut und richtig.

  89. Ich les‘ gerade @ 99
    Dieser „Fotograf vor Ort“ hat offensichtlich überhaupt nicht begriffen um was es geht und was er da tat. Bestimmte Dinge tut man nicht, auch nicht wenn sie nicht ausdrücklich verboten sind. Und erst recht nicht wenn sie gut bezahlt werden; dann nennt man solche Leute… ja, wie nennt man sie ohne beleidigend zu werden?

  90. @104

    Seit wann werden weblogs denn von der Presse verteufelt? Ich lese immer nur von neuen Kommunikationsformen, die bald die etablierte Presse ablösen werden (haha) und so viel demokratischer sind.

    @alle
    Am Ende verlieren sich viele Diskussionen dann ja leider doch nur im Kleinklein. Hier sind aber neben vielen Nebensächlichkeiten wirklich grundlegende Argumente gefallen, für und gegen die Katastrophenberichterstattung à la Winnenden. Einige Gedanken dazu:

    Es heißt ja immer so schön, ‚die Leute wollens doch‘, die lechzen doch geradezu nach den krassesten Schockbildern (und -tönen, ich will mal das Radio nicht außen vor lassen). Also muss dieses angebliche Interesse bedient werden und gut is. Keine Diskussion. Wenn wirs nicht machen, machens die anderen. Aber stimmt denn das wirklich? Wollen denn wirklich alle immer alles sehen? Und was ist mit den vielen Medienkonsumenten, die sich ja auch jedes Mal beschweren, dass zu viel gesendet wurde. Sind die so unerheblich? Und viel wichtiger: was ist mit den vielen gleichgültigen Medienkonsumenten, die sich halt einfach das reinziehen, was kommt. Ob das nun Tagesschau ist oder RTL aktuell. Die schalten ein und gucken. Das ist der Durchschnitt. Und wenn eben kein Handy-Video vom Attentätertod kommt, dann vermissen sie’s auch nicht. Es wird doch immer davon geredet, wieviel Macht die Medien haben, Beeinflussung etc. Wäre es nicht also enfach, einen Gang zurückzuschalten, von allem ein bisschen weniger zu bringen, anstatt sich die beste Rechtfertigung für das Sargbild zusammenzuschustern? Oder noch besser – mir persönlich auch schon begegnet – fragwürdige und nichtssagende Betroffenheitsumfragen zu rechtfertigen mit dem Satz: das sei heute eben so! Also bitte, wir haben es doch in der Hand. Nicht immer auf die nächsthöhere Ebene verweisen, um nur ja nicht selbst mal über Verantwortung nachdenken zu müssen.
    Anstatt sich über die Medienschelte als Ritual zu echauffieren, wäre es doch toll, wirklich mal über echte Zwänge und nur vorgeschobenen Argumente zu diskutieren. Wie hier ja auch geschehen.

    Ohne Frage krankt das System der Freien, das wurde hier ja auch schon diskutiert. Dennoch halte ich es für feige, immer nur und ausschließlich alles darauf zu schieben und jegliche Eigenverantwortung weit von sich zu weisen. Das heißt sicher nicht, dass das immer und überall klappt, die Berichterstattung der eigenen Redaktion kritisch zu hinterfragen. Im eigenen Kopf fängt’s aber an. Wenn ich mich selbst nicht mehr frage, ob das, was ich tu nicht nur geschmacklos ist, sondern sogar null Infowert hat, außer eben Betroffenheit. Wenn mir das gar nicht mehr auffällt, sondern ich eben meine Termine abarbeite, dann läuft doch was falsch. Das betrifft alle Medien, und natürlich auch den ö-r, immer häufiger ohne Frage.

    @103
    Und auch das noch: ZAPP löst Diskussionen aus, über die Branche und deren Berichterstattung. Über das eigene Tun als Journalist. Und dazu gehören dann wohl auch Diskussionen über die ZAPP-Arbeit. Glückwunsch dazu.

  91. @ Chris, 94:
    „Ist es etwa verwunderlich, wenn bei DSDS (Deutschland sucht den Superstar) – wie ich finde einem der schlimmsten TV-Formate der neueren Zeit – die Einschaltquoten grade dann am höchsten sind, wenn Didda Bohlen die „Kandidaten” beschimpft, beleidigt und differmiert?“

    Der Vergleich hinkt. Nach fünf, sechs, sieben (?) Staffeln DSDS sollte auch das schlichteste Gemüt verstanden haben, dass es sich bei dieser Sendung der Gefahr aussetzt, von D. Bohlen verspottet zu werden. Wer bei DSDS teilnimmt, begibt sich aktiv in die Höhle des Löwen. Niemand wird aus seinem Wohnzimmer oder seinem persönlichsten Bereich vor die Kameras gezerrt, sofern er nicht zum Casting geht. Ich glaube hingegen nicht, dass eine der Familien in Winnenden die Medien zum Ablichten von Särgen eingeladen hat.

    @ Christoph Schmidt, 103:
    „Es geht doch hier nicht um Fragen von Recht und Gesetz.“

    Weshalb? Teilweise eben schon. Angehörige, die sich gegen das Eindringen in ihren Privatbereich wehren wollen, müssen auf Recht und Gesetz zurückgreifen. Ich jedenfalls würde es nicht dulden, dass eine Trauerfeier für eines meiner Familienmitglieder wegen eines angeblichen Nachrichtenwerts gestört und mein Leid an die Öffentlichkeit gezogen wird.

    @ radiophil, 107:
    „Und viel wichtiger: was ist mit den vielen gleichgültigen Medienkonsumenten, die sich halt einfach das reinziehen, was kommt. Ob das nun Tagesschau ist oder RTL aktuell. Die schalten ein und gucken. Das ist der Durchschnitt.“

    Völlig richtig. Aber eben diese Geduld bzw. Indifferenz des Rezipienten bestätigt die Medienmacher doch darin, dass ihr Weg der richtige ist. Deshalb wäre es wichtig, dass die angewiderte Mehrheit (Minderheit?) ihren Unmut durch den Boykott entsprechender Formate deutlich macht. Ich weiß wirklich nicht, welchen Nachrichtenwert das Foto eines Sarges haben soll. Da geht es meines Erachtens nur um Voyeurismus. Und wenn man schon ein Sarg-Foto zu benötigen glaubt, warum ist dann niemand auf die grandiose und in anderen Zusammenhängen so beliebte Idee gekommen, ein Symbolbild zu verwenden?

  92. @108
    „Deshalb wäre es wichtig, dass die angewiderte Mehrheit (Minderheit?) ihren Unmut durch den Boykott entsprechender Formate deutlich macht.“
    Wenn das mal nicht nach hinten losgeht. Denn sinkende Konsumentenzahlen kann die Macher zu noch drastischeren Methoden greifen lassen. Das war ja bisher nicht anders.

  93. Was mir gerade auffällt:

    Die versammelte Journaille hat exakt GAR NICHTS aus dem Gladbecker Geiseldrama gelernt. Alles wie gehabt. Widerlich, einfach nur widerlich.

    Und da ich mich leider zu beiden Seiten zählen muss, sowohl zur journalistischen als auch zu der Gruppe der Konsumenten (wie viele andere hier wohl auch): so langsam wird mir bewusst, was „Fremdschämen“ beinhaltet, denn ich werde immer öfter gerade in so einem Zusammenhang auf meinen Berufsstand angesprochen.

    Und als Konsument kann ich nur das bestätigen, was hier so mancher schon angedeutet hat:
    Selbst so ein Ereignis wie das in Winnenden hat nicht den Stellenwert, den ihm einige Redaktionen meinen zuweisen zu müssen. Ich brauche kein „echtes“ Bild eines Sarges, ich brauche kein Betroffenheitsgeschwafel von im Grunde vollkommen hilf- und ahnungslosen Politikern, und ich brauche auch und gerade keine Sondersendung dazu. Mehr als „die übliche Behandlung“, die solch einem Ereignis in der Tagesschau oder dem heute-journal widerfährt, interessiert im Grunde niemanden wirklich, denn damit ist alles gesagt, was gesagt werden kann. Alles darüberhinausgehende an Berichterstattung ist nurmehr Selbstbeweihräucherung des gemeinen Journaille-Pack (ja, das ist in exakt dem Wortsinne als Benennung der verantwortlichen Redaktionen gemeint, wie man ihn z.B. bei Wikipedia nachlesen kann), welches sich damit darauf einen runter**lt, wie toll sie doch wieder waren.

  94. Danke, dieser Kommentar bringt es auf den Punkt. Jetzt ist endlich mal die journalistische Selbstzensur gefragt, auf die ich schon so lange warte. Bisher wurde ich immer gezwungen Wochenlang keine Nachrichten mehr zu sehen, da solche Themen immer ganz zu Anfang gesendet werden, und ich meine Medienkritik immer nur durch „wegzappen“ wirkungsvoll zum Ausdruck bringen kann. Durch diese Jagt nach den möglichen Superlativen des Mitleides bin ich inzwischen zu keiner medialen Gefühlsregung mehr im Stande.
    Es ist einem das Elend der Menschen und der Welt schlichtweg egal geworden.
    Jetzt ist jeder Journalist gefragt wie er seine Arbeit selbst bewertet und vieleicht denkt er vorher mal darüber nach ob das Foto, das er macht unbedingt nötwendig ist oder ob es ein kurzer „Wörtlicher“ vermerk in der Zeitung auf Seite 2 oder 3 es nicht vieleicht auch tut. Dann könnte der Beruf als Journalist möglicherweise wieder an Ansehen gewinnen.

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