Was Sonntagsredner werktags machen

Im Mediengeschäft aber geht es nicht nur um den Wohlstand gieriger Anleger, sondern um die Wohlfahrt der Bürger. Wer weniger informiert wird über Politik, Wirtschaft oder Kultur, der weiß auch weniger Bescheid bei der nächsten Wahl. Wer nur noch mit Dampfgeplauder, Seifenopern und Schmonzetten eingedeckt wird, hält die Welt für ein ewiges Oktoberfest. Die res publica aber braucht Menschen, die mitdenken, mitfühlen, mitmachen.

Schreibt Hans-Jürgen Jakobs heute im Leitartikel der „Süddeutschen Zeitung“.

Ich nehme an, es waren Begriffe wie „Dampfgeplauder, Seifenopern und Schmonzetten“, die Thomas Mrazek an das von Jakobs verantwortete Online-Angebot derselben Zeitung erinnerten und zum Mitdenken, Mitfühlen und Mitmachen animierten.

9 Replies to “Was Sonntagsredner werktags machen”

  1. ein interessanter text. in was für einer welt lebt dieser mensch?

    den menschen die boulevardnachrichten zu entziehen, könnte womöglich der erste schritt sein, sie wieder an die realität, die res publica und ihre verantwortung sich selbst und ihren mitbürgern gegenüber, heranzuführen.

  2. Ach ich liebe sie diese Doppelmoral, die man so vielen Leuten in unserer Gesellschaft vorwerfen kann. Selbst so ein gescheiter Mensch wie Hans-Jürgen Jakobs muss sich diese zurecht vorwerfen lassen . Beim Herrn Niggemeier gibt es bestimmt auch ein paar gute Beispiele. ;-)

  3. Trotz allem:
    ich denke, es ist schon noch ein Unterschied, zwischen dem (immerhin noch) kostenlosen Online-Angebot eines Magazins und dessen gedruckter Version.
    In gewisser Weise sind Surfer auch nur Heuschrecken, die sich niederlassen, alles kreuz und querlesen und wieder verschwinden – und das auch noch, ohne zu zahlen.
    Wenn man’s recht bedenkt, ein übles Pack. Zu allem Überfluss wollen sie dann auch noch journalistisch einwandfreies und seriöses Material geboten bekommen. Die sollen gefälligst die Zeitung kaufen ;-)

  4. Onlineangebote werden durch nervige Werbung finanziert und ich persönlich habe gar keine Zeit, jeden Tag eine komplette Zeitung zu lesen (das dauert mindestens 2 Stunden). Warum also für etwas bezahlen was man im Endeffekt online sowieso macht – Querlesen.

    Außerdem fällt immer wieder auf, dass Tageszeitungen immer nur so aktuell sind wie der Informationsstand ein paar Stunden vor Redaktionsschluss. Hat man eine Zeitung im Abo merkt man dann, wie sich von Tag zu Tag die Lage ändert und Dinge berichtigt werden und den Eindruck erhält, man ist eh falsch informiert. Noch schlimmer: Kommentare, Editorials et cetera die man nicht akzeptieren kann weil man absolut anderer Meinung ist. Klar, man kann dann die Seite wutentbrannt zerknüllen und in den Müll stopfen, aber wenn man dafür auch noch bezahlt hat….

    Im Internet kann man wenigstens sofort in den Kommentaren seinem Ärger Luft machen bzw. die Seite einfach von heute auf morgen nicht mehr aufrufen.

    Die Leute von der Welt rufen einen noch Jahre später an wenn man mal, als man noch jung und unbekümmert war, ein Probeabo hatte.

  5. @4:
    Wenn dich das stört, dass sich die Zeitung von Tag zu Tag korrigiert, könntest du ja auch auf die Bild zurückgreifen. Die haben zwar auch ne Korrekturspalte, nutzen diese aber nicht so ausgiebig, dass man den Eindruck gewinnen könnte, man würde falsch informiert werden ;-)

  6. Mal wieder was aus der Innensicht: Einige der Themen, die Thomas Mrazek als Beispiel für inhaltsleeren Journalismus verlinkt, hatten wir auch auf unserer Seite – und siehe da, sie wurden mit gigantischem Abstand am besten gelesen. Die Namensgeschichte kam sogar nahe an den absoluten Rekord, was das Interesse angeht – und das, obwohl das Thema wirklich nicht „Kerngeschäft“ war. Was lernt man als Online-Journalist daraus? Der Leser ist ein dummes, ignorantes Vieh, dass einfach nicht die Qualitätsmaßstäbe einhalten will, die der korrekte Journalist ihm vorgibt? Die Zeiten, in denen Journalisten sich als Hüter der richtigen, wahrhaften, gesellschaftlich wichtigen Themen aufspielen konnten, sind vorbei. Da bleibt es immer eine Gratwanderung, will man nicht untergehen. Weil Klickzahlen gleich Reichweite gleich Werbegeld gleich Job. Muss man nicht schön finden, aber sich über die Journalisten zu beschweren hilft irgendwie nicht weiter. Man kann sich seine Leser schließlich nicht backen.

  7. Hans-Jürgen Jakobs hat mit seinem Artikel recht. Er schreibt schließlich nicht, dass Dampfgeplauder, Seifenopern und Schmonzetten völlig abzulehnen sind, sondern er warnt davor, dass, wer nur noch mit Dampfgeplauder, Seifenopern und Schmonzetten eingedeckt wird, die Welt für ein ewiges Oktoberfest hielte.

  8. Mann beisst Hund…

    Welch ein relevantes Thema, und so knallhart nachrecherchiert.
    *Mit dem Kopf auf die Tischplatte schlag.*

    Wieso kommt mir jetzt eigentlich spontan der Beitrag „Was Sonntagsredner werktags machen“ aus dem Niggeblog in den Sinn?…

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