50 60 Jahre „Bild“

Zentrales Leitmotiv der Feierlichkeiten zum sechzigsten Geburtstag der „Bild“-Zeitung ist die Behauptung, das Blatt sei nun in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und die vielleicht am häufigsten diskutierte Frage ist die, wie sehr sich das Blatt verändert hat.

Entscheiden Sie selbst. Dies ist ein Artikel von mir aus der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, erschienen heute vor zehn Jahren.

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Nichts zu danken. Die „Bild“-Zeitung wird fünfzig Jahre alt — und alle, alle gratulieren. Doch gibt es was zu feiern?

Vielleicht muß man das einfach mal erlebt haben, daß einem Familienmitglieder wegsterben in einem furchtbaren Unfall und man am nächsten Tag nicht die paar Schritte von der Haustür zum Auto gehen kann, weil Fotografen und Reporter von der „Bild“-Zeitung am Grundstück lauern und einen verfolgen und fotografieren und wenig später anrufen und fragen, ob man sich wirklich ganz sicher sei, daß man nicht in einem Interview über die eigene Trauer reden wolle, weil man die Fotos von einem selbst und seinen Angehörigen veröffentlichen werde, so oder so, aber so wäre es vielleicht besser.

Vielleicht muß man das einfach mal erlebt haben, daß man mit seinem Laster einen tragischen Unfall verursacht, der zwei Menschen das Leben kostet, um festzustellen, daß damit der Tiefpunkt noch nicht erreicht ist, sondern erst am nächsten Tag, als die „Bild“-Zeitung ein riesiges Foto von einem abdruckt und einen Pfeil und daneben die Schlagzeile: „Er hat gerade zwei Berliner totgefahren.“

Vielleicht muß man das einfach mal erlebt haben, daß man vor Gericht steht, weil man möglicherweise als Handwerker einen Fehler gemacht hat und durch eine unglückliche Verkettung von Umständen ein Kind einen Stromstoß erleidet, der bleibende Schäden bei ihm auslöst, und am nächsten Tag sein eigenes Gesicht in der „Bild“-Zeitung sehen und daneben die Frage: „Hat der Elektriker Timmi auf dem Gewissen?“

Vielleicht würde es schon reichen, wenn man einmal erlebt hätte, wie das ist, als halbwegs prominenter Mensch von der Klatsch-Kolumnistin der „Bild“-Zeitung angerufen zu werden und sinngemäß gesagt zu bekommen: „Sag mir, mit wem du vögelst. Wenn du es mir nicht sagst, schreiben wir morgen, du vögelst mit XY.“

Wahrscheinlich wüßte man dann, daß die „Bild“-Zeitung lügt, wenn sie, wie gestern, schreibt: „,Bild‘ feiert Geburtstag. Ganz Deutschland freut sich, ganz Deutschland feiert mit.“ Wahrscheinlich würde man dann versuchen, die Jubiläumsfeierlichkeiten in der „Bild“-Zeitung weiträumig zu umfahren. Und wahrscheinlich würde man dann verzweifeln, weil man feststellen müßte, daß „Bild“ in diesen Tagen nicht nur Geburtstag hat, sondern heiliggesprochen wird, nicht nur von den angeschlossenen Springer-Blättern, nicht nur von den Konservativen und Staatstragenden, sondern auch von der halben liberalen Presse. Vor ein paar Jahren war es noch so, daß „Bild“ bäh war; alle lasen sie, aber wer sich bekannte, es gerne und interessiert zu tun, war in aufgeklärten Kreisen schnell ein Außenseiter. Heute ist es so, daß „Bild“ cool ist; alle lesen sie, und wer sich bekennt, sie für ein entsetzliches menschenverachtendes Blatt zu halten, ist in aufgeklärten Kreisen schnell ein Außenseiter.

Sie hat sich diese schillernde Oberfläche aus Nebensächlichem, Harmlosigkeiten und Selbstironie zugelegt, die Medienprofis und Intellektuellen gefällt. Die freuen sich über den Einfall, zum Fußball-Spiel am frühen Morgen die „Bild“-Zeitung mit zwei Titelseiten erscheinen zu lassen – je nach Sieg oder Niederlage. Sie interpretieren öffentlich, wie man das zu werten habe, daß die „Bild“-Zeitung, im kalkulierten Schein-Tabubruch, vor dem USA-Spiel schreibt: „Ami go home“, höhö. Sie sind süchtig nach dem täglichen Brief von Franz-Josef Wagner und neidisch auf seine Fähigkeit, den Wirrwarr in seinem Kopf ohne Umweg über Filter im Gehirn auf die Seiten fließen zu lassen. Sie schauen mit ein bißchen Abscheu und viel Faszination auf die Abgründe, die sich jeden Tag auf Seite eins auftun, auf die x-te Wendung im Uschi-Glas-Drama, staunen, wie „Bild“ es an guten Tagen schafft, wenn man glaubt, nun könnte ihnen dazu unmöglich noch etwas einfallen, sogar mehrere Dauer-Handlungsstränge zusammenlaufen zu lassen und die Schicksale von Klaus-Jürgen Wussow, Uschi Glas und Ireen Sheer unendlich kunstvoll ineinander zu verweben.

Sie lesen die „Bild“-Zeitung, kurz gesagt, als Fiktion. Und die „Bild“-Zeitung fördert das, indem sie – selbstbewußt und selbstreflexiv, fest verankert im postmodernen und postideologischen Zeitalter – ihre eigene Rolle im Blatt zum Thema macht und zum Beispiel das endlos weitergedrehte Wussow-Scheidungsdrama selbst zur Soap erklärt und mit eigenem Logo „Die Wussows“ samt Angabe der „Folge“ versieht.

„Kampagnen“ hat man dem Chefredakteur Kai Diekmann kurz nach seinem Amtsantritt vorgeworfen, und er hat das empört von sich gewiesen. So ein Unfug: Seit Diekmann Chefredakteur ist, finden auf der Seite eins der „Bild“-Zeitung fast ausschließlich Kampagnen statt – nur daß man sie, angesichts der Themen, eher „Fortsetzungsromane“ nennen müßte. Jedes Thema wird über Tage, Wochen, Monate gar weitergedreht, bis auch die letzte dramaturgische Wendung und irre Pointe herausgepreßt ist. Im Februar standen an vierzehn von vierundzwanzig Erscheinungstagen die privaten Sorgen von Uschi Glas und ihrer Familie auf der Titelseite der „Bild“. Ein Thema so ernst zu nehmen verlangt einen gewissen Unernst, ein Augenzwinkern. Das ist hohe Kunst. Da staunt die Branche. Und lacht.

Ob es auch dem durchschnittlichen Leser gefällt, ist eine andere Frage. Ausgerechnet im ersten Quartal, jenem mit den Uschi-Glas-Trennungs-Festspielen, sackte die Auflage der „Bild“-Zeitung um 200 000 Stück gegenüber dem Vorjahr ab, ein Rückgang um heftige fünf Prozent. Diekmann erklärt das damit, daß die Leser nicht mehr abgezählte Groschen rüberschieben konnten, sondern nach Cent kramen mußten. Frage: Würde die „Bild“-Zeitung einem Wirtschaftsboß oder Minister diese Erklärung durchgehen lassen?

In einer Lobhudelei attestierte die „Welt“ ihrem Schwesterblatt in der vergangenen Woche, daß „das heutige Blatt erheblich jünger und sexier wirkt als die Protestierenden von damals“ (was natürlich kein Kunststück ist, da es Menschen ein bißchen schwerer fällt als Zeitungen, den Alterungsprozeß durch den Austausch von Chefredakteuren aufzuhalten). Die „Welt“ weiter: „Die Intellektuellen haben aufgehört, sich über ‚Bild‘ aufzuregen.“ Das Furchtbare an diesem Satz ist, daß er in doppelter Hinsicht stimmt. Er beinhaltet nämlich auch die Analyse, daß es nicht die „Bild“-Zeitung ist, die sich verändert hat, zahmer geworden sei etwa, sondern die Intellektuellen diejenigen sind, die sich geändert haben. Die Orientierungspunkte haben sich verschoben, die Medienwelt insgesamt, nur deshalb ist „Bild“ plötzlich kein Schmuddelkind mehr. Heute erzählt der nette Herr Röbel, der bis vor eineinhalb Jahren „Bild“-Chefredakteur war, im „Tagesspiegel“ ganz offen, wie das geht, dieses Witwenschütteln, das ihm sein Chef beigebracht hat, über den er „nichts Schlechtes sagen“ kann: „Hatte man etwa bei einem Unglück die Adresse von Hinterbliebenen herausgefunden, ist man sofort hingefahren, klar. Beim Abschied aber hat man die Klingelschilder an der Tür heimlich ausgetauscht, um die Konkurrenz zu verwirren. Ich war damals oft mit demselben Fotografen unterwegs, wir hatten eine perfekte Rollenaufteilung. Er hatte eine Stimme wie ein Pastor und begrüßte die Leute mit einem doppelten Händedruck, herzliches Beileid, Herr . . . Ich mußte dann nur noch zuhören. So kamen wir an die besten Fotos aus den Familienalben. . . . Es war einfach geil.“

Schwer zu sagen, ob all die Intellektuellen, die sich nicht mehr aufregen, all die liberalen Journalisten mit ihren Eigentlich-ist-sie-doch-gut-Artikeln zum Geburtstag, ob sie diese Methoden auch geil finden oder ob sich ihre „Bild“-Lektüre auf die witzigen, schrägen, spannenden ersten beiden Seiten, den Sport und den Klatsch am Schluß beschränkt. Dazwischen nämlich, vor allem in den Lokalteilen, läuft das Blut wie eh und je. Es vergeht kein Tag, ohne daß zum Beispiel „Bild Berlin“ der Leserschaft die Beteiligten eines Unfalls, eines Prozesses, irgendeiner Tragödie mit großen Fotos zum Fraß vorwirft. Eine Viertelseite füllt das Foto von Christian S. neben der Schlagzeile: „Ich habe eine nette Oma totgefahren. Was ist mein Leben jetzt noch wert?“ Verdächtige werden nicht dann zu Mördern, wenn sie verurteilt sind, sondern wenn „Bild“ sie dazu erklärt: „Anna (7) in Schultoilette vergewaltigt. Er war’s“ steht dann da und ein Pfeil und ein Bild, und im Text ist schon vom „Beweis seiner Schuld“ die Rede.

Jeder Beteiligte wird abgebildet und trotz eines Alibi-Balkens über seinen Augen (den auch nicht alle bekommen) mit Vornamen, abgekürztem Nachnamen und Ortsangabe für sein Umfeld eindeutig identifizierbar. „Weil sie sich mit ihrem Freund amüsierte – diese Berliner Mutter ließ ihren Sohn verhungern“, „Dominik (15) erhängte sich auf dem Dachboden“ – sie alle dürfen wir sehen. Es reicht schon, eine blinde Hündin ausgesetzt haben zu sollen, um mit Foto an den „Bild“-Pranger gestellt zu werden.

Das Blatt Axel C. Springers kämpft immer noch jeden Tag die alten Kämpfe. Wenn die PDS mitregiert in Berlin, schreibt „Bild“: „PDS krallt sich drei Senatoren-Posten“. Wenn Gregor Gysi Wirtschaftssenator wird, steht da an einem Tag die Frage: „Was wird jetzt aus Berlin“ und an einem anderen Tag die Antwort: „Gute Nacht, Berlin“ und nur ganz klein darunter in Klammern: “ . . . sagt Edmund Stoiber“. „Neue Stasi-Akten über Gysi gefunden“, heißt die Überschrift neben einem Bild, auf dem man ihm den bösen Spitzel schon anzusehen glaubt, doch im Text sagt ein Sprecher der Gauck-Behörde nur: „Hier und da wurde noch ein Blatt über ihn gefunden“ und der Autor ergänzt: „Ob brisant, dazu wurden keine Angaben gemacht“. Wenn es sein muß, wie vor einigen Monaten in Bremen, wird täglich neu gegen „Schein-Asylanten“ gehetzt. Sexualstraftätern wird konsequent das Mensch-Sein abgesprochen; sie sind „Monster“, deren Leben „im Knast schöner“ wird, „beinahe wie im Hotel“. Die Leser verstehen, ohne daß „Bild“ es hinschreiben müßte: Ihre Zeitung kämpft täglich für die Todesstrafe für Kinderschänder und -mörder.

Nein, neu ist das alles nicht. Das ist es ja: Im Kern ist die „Bild“-Zeitung die alte. Ein entsetzliches, menschenverachtendes Blatt.

Bitter daran, daß dies von weiten Teilen der veröffentlichten Meinung nicht mehr so gesehen wird, ist auch, daß es Kai Diekmann ermuntert, ein Bild von seiner Arbeit und seiner Zeitung zu zeichnen, das höchstens in einem Springerschen Paralleluniversum Berührungspunkte zu dem hat, was täglich nachzulesen ist. Der Mann, dessen Zeitung vom Presserat immer wieder wegen der immer gleichen Verstöße gerügt wird, dieser Mann sagt gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur: Die Grenzen des Boulevards seien dort, „wo Menschen verletzt werden könnten“ – daher messe sich die Zeitung regelmäßig an den journalistischen Leitlinien des Deutschen Presserats. Messen schon, nur verfehlt sie sie regelmäßig.

Der „Frankfurter Rundschau“ erzählt Diekmann: „Ich bin ein Streiter für journalistische Sorgfalt, gegen die Verluderung der Sitten.“ Jeder Reporter müsse selbst entscheiden, wo die Grenzen sind, aber er sage ihnen: „,Lieber haben wir dreimal das Bild nicht, als daß wir den Angehörigen der Opfer zu nahe treten.‘ Schließlich sind das Menschen, die ohne eigenes Zutun ins Licht der Öffentlichkeit gerückt sind.“ Das ist ein Satz, der so atemberaubend ist, daß er in jedes Schulbuch gehört. Und daneben der „Bild“-Artikel samt Foto von dem Maurer, der in seinem Dachstuhl verbrannt ist. Oder der „Bild“-Artikel samt Foto von dem dreizehnjährigen Unfallopfer: „Tot, weil er eine Sekunde nicht aufgepaßt hat“. Oder der „Bild“-Artikel samt Foto von dem Vizebürgermeister, der sich „in Pfütze totgefahren“ hat. Oder der „Bild“-Artikel samt Foto von dem Achtzehnjährigen, der nach einem Unfall auf regennasser Straße im Auto seines besten Freundes starb.

Dann sagt Kai Diekmann der „Frankfurter Rundschau“ noch dies: „Ganz im Ernst: Wer wirklich privat sein will, kann das selbstverständlich sein. Es gibt Menschen, Politiker, die setzen bewußt ihre Familie ein. Und andere, wie Günther Jauch oder Harald Schmidt, tun’s nicht. Die haben unbedingten Anspruch auf Schutz ihrer Privatsphäre.“ Wirklich privat wollte, nach eigenen Angaben, Alfred Biolek mit seinem Partner sein. Kai Diekmanns „Bild“-Zeitung gewährte ihm diese Ehre nicht. Zwei Tage lang zelebrierte sie eine Home-Story, die auch noch den Eindruck erweckte, sie sei von Biolek selbst initiiert. Wirklich privat wollte auch Anke S. sein, die Geliebte des Ehemanns von Uschi Glas. Anders als die „Luder“-Fraktion wollte sie entschieden nicht in die Presse, ging gegen die Veröffentlichung ihrer Bilder vor, doch im Februar gab es Zeiten, in denen sie Tag für Tag auf der ersten Seite der „Bild“-Zeitung nackt abgebildet war, einen schwarzen Balken nicht über den Augen, sondern ihrem Busen, als wäre der das Merkmal, an dem sie zu erkennen wäre. Biolek und Anke S. gehen juristisch gegen die „Bild“-Zeitung vor, wie Hunderte Prominente vor ihnen. Einige bekommen vor Gericht recht, die meisten einigen sich irgendwie mit der Zeitung, weil Recht eine Sache ist, die Feindschaft der „Bild“-Zeitung eine andere.

Selbst einige von jenen, denen die „Bild“-Zeitung übel mitgespielt hat, haben ihre Einwilligung gegeben, daß der Verlag ihr Foto für die Jubiläums-Kampagne benutzen darf, die auf geschickte Weise offenläßt, ob „Bild“ ihnen dankt oder sie „Bild“ danken. Öffentlich nicht mitfeiern wollen nur die Wallraffs dieser Welt, die man leicht als Ewiggestrige, Miesepeter, Spielverderber darstellen kann. Ach, und vielleicht der ein oder andere Mensch, dessen privates Unglück so ungleich unerträglicher dadurch wurde, daß die „Bild“-Zeitung davon lebt, es der ganzen Nation zu zeigen.

68 Replies to “50 60 Jahre „Bild“”

  1. Die Bild hat sich nicht verändert. Lediglich die Erwähnung von Wallraff passt so heute leider nicht mehr. Jemand der heute bei der ‚Bild in Bewegtbildern‘ auftritt, ist morgen eventuell auch beim Original dabei.

  2. Tja, hat sich nix geändert oder? Der Artikel ist zeitlos wie ein Kostüm von Chanel und kann in zehn Jahren so wieder rausgekramt werden. Vielleicht haben wir ja Glück und der Name von Herrn Diekmann muss dann durch einen anderen ersetzt werden. Ob dann was besser wird? Wahrscheinlich nicht, aber dann ist wenigstens Herr Diekmann weg und hat hoffentlich auch Frau Kessler mitgenommen…

  3. Ich würde gerne mal von einem Freund oder Verteidiger der BILD ein Statement dazu bekommen, was ihrer Meinung nach davon zu halten ist, dass BILD einfach so zum Spaß und aus Profitinteresse Existenzen vernichtet und auf Persönlichkeitsrechten und Menschenwürde konkreter Personen, die sich dem nicht entziehen können, herumtrampelt. Man kann ja meinetwegen die vielen kleinen sachlichen Fehler und hysterischen Übertreibungen noch irgendwie drollig finden, aber das doch nicht. Wie kann man das gut finden? Mir ist völlig schleierhaft, was W. Röhl neulich meinte, als er Bildblog „niederträchtig“ nannte. Den kleinen Sachen kann man Belanglosigkeit vorwerfen, aber doch keine Niedertracht? Und wenn es um die großen geht, wie kann man es „niederträchtig“ finden, sich über ständiges vorsätzliches Lügen, Fälschen, Erpressen und in-die-Pfanne-Hauen Unschuldiger zu empören? Ist das völlige Empathielosigkeit? Ein blinder Fleck? Die Unfähigkeit zu begreifen, dass die von BILD verwursteten Menschen real sind?

    Ein Hoffnungsschimmer ist die sinkende Auflage. Der einzige.

  4. Zitat:
    Ein entsetzliches, menschenverachtendes Blatt.

    Eigentlich gibt’s nicht mehr zu sagen.

    Trotzdem ein sehr gute fundamentierte Argumentation die man bei jeder Diskussion nutzen kann. DANKE dafür!!

  5. Ein wahrer und offenbar zeitloser Artikel, ich fürchte auch zum 100. Geburtstag der „Zeitung“ wird er noch aktuell sein.
    Nur: Die wachsende Akzeptanz der BILD, zumindest unter Journalisten (wie ich finde eher weniger unter den denkenden Medien-Konsumenten), kann die nicht auch darauf zurückzuführen sein, dass sich anderere Medien der BILD mehr und mehr annähern? Manchmal verwischt der Unterschied zw. Boulevard-„Journalismus“ à la BILD und vermeintlich höherqualitativen Journalismus bis zur Unkenntlichkeit.

  6. „… ein entsetzliches menschenverachtendes Blatt …,
    dem das piefige Provinzblättchen Ostsee-Zeitung versucht nachzueifern, z.B. indem es einen Mörder erfand und einen Auftraggeber für den Mord noch dazu, obwohl niemand ermordet wurde:
    http://ostsee-zeitung-blog.blogspot.de/2009/09/berichtigung-als-dank-einer.html
    Der Autor, damals Lokalredakteur, der außerdem versuchte, irgendwelchen Quark zu Skandalen aufzuschäumen, wurde Lokalchef und ist heute Mitglied der Chefredaktion.

  7. Das ist ein Satz, der so atemberaubend ist, daß er in jedes Schulbuch gehört.

    Könnte daraus nicht mal jemand ein Bild basteln wie mit der Äußerung von Christoph Keese neben ComputerBLÖD-Covern?

    @lupe: Der gute Mann wollte sich vermutlich nur beruflich verbessern und mit dieser Berichterstattung bei der regionalen BLÖD andienen…

    Aber es ist wirklich deprimierend, dass man den Text nur ein kleines bisschen Aufbügeln müsste und ihn dann als neu verkaufen könnte.

  8. Mal provokant gefragt: Wenn es nicht zahlreiche Menschen gäbe, die offen oder verdeckt genau so oder ähnlich gestrickt sind wie die „Bild“, gäbe es dann die „Bild“ überhaupt noch oder hätte es sie vielleicht sogar niemals gegeben?

  9. Tatsächlich hat sich in 10 Jahren doch einiges geändert.
    Die Bildzeitung wurde für ihren „investigativen“ Journalismus mit einem Preis geadelt, Blome sitzt in Talkshows und darf sich ausmehren und nicht nur die Ostsee-Zeitung eifert dem großen Vorbild nach.
    Bild ist zwischen Hamburger Morgenpost und anderen Presseerzeugnissen zum großen Vorbild geworden für dümmliche Menschenverachtung.

  10. Ich hoffe, ich kann in acht Stunden etwas ähnlich gut geschriebenes auch im Spiegel lesen!?

  11. Das einzige, was mich an diesem sonst durch und durch brillanten und noch immer treffenden Artikel stört, ist, dass das Adjektiv „irre“ hier nicht in Anführungszeichen gesetzt ist. Das ist für mich mittlerweile untrennbar mit einschlägigem BILD-Vokabular verbunden.

  12. Bild wurde ja heute auch zusätzlich zu der Briefkastenverteilung in den Geschäften verkauft. Mich würde mal interessieren, wie viele Exemplare heute verkauft worden sind. Weiß jemand, wo man das rausfinden kann?

  13. Da werden schon ein paar Exemplare verkauft worden sein. Die Ausgabe enthielt wegen des Spiels der deutschen Mannschaft am Vortag schließlich einen Gutschein für ein Gratis-Frühstück im goldenen M.

    Sozusagen ein doppeltes Gipfeltreffen des schlechten Geschmacks.

  14. Und einer darf nicht fehlen, Schröder, von Bild und Maschmeyer gesponsorter Bundeskanzler.
    Der Stern hat mal ein Foto abgebildet, das Schröder, blödgrinsend wie immer, neben einem Schweizer Uhrenautomaten zeigt. Ein Schweizer hat damals die Idee gehabt, Automaten mit teuren Uhren aufzustellen. Nichts zeigt die Lächerlichkeit von Schröder besser als dieses kleine Foto.

  15. „Eigentlich gibt’s nicht mehr zu sagen.“

    Doch, und das haben Die Ärzte getan: „Die meisten Leute haben ihre Bildung aus der Bild und die besteht nun mal – wer wüsste das nicht – aus ANGST, HASS, TITTEN und dem Wetterbericht.“ (Lasse redn, Jazz ist anders, 2007)

  16. Wenn die Auseinandersetzung mit BILD oft nur nicht so beamtenmäßig wirken würde! Der Vorgang wird wieder und wieder auf den Tisch gebracht, gewälzt, bearbeitet. Und? Es wird nichts falscher, aber auch nicht richtiger. Schaden kann’s nicht.
    Hilft’s denn?

  17. Danke, Stefan, dass Du after all those years dran bleibst.

    Die Einen mögen es obsessiv, kleinteilig, korinthenkackerisch, die Andern beamtenmäßig, langweilig oder larmoyant nennen.

    Ich nenne es vorbildlich. Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.

  18. @Matthias Schumacher /22

    Hilft’s denn?
    Als mir erstmalig, vor vielen Jahren auf einer Gewerkschaftstagung, die Arbeitsweise der Bild deutlich wurde und ich später erlebt habe, was es bedeuteten kann, wenn falsche Informationen über eine Person verbreitet werden (von, „stand aber so in der Zeitung“ bis „irgendwas wird schon dran sein“ etc.) hatte ich den Eindruck, es gäbe nur ganz wenige, die diese “Manipulationszeitung“ durchschauen würden. Zudem gab es auch wenig Menschen, die überhaupt eine Möglichkeit der Gegenwehr sahen. Hier entdeckte ich nun so etwas wie einen „Sympathisantenschwarm“. Das ist doch schon ein Wert an sich. Auch wenn`s nicht alle Wunden heilt oder gleich „hilft“.

  19. Sehr wohltuend sind die Worte von Judith Holofernes, als sie in einem offenen Brief ablehnte für die Bild-Zeitung zu werben:

    „Die Bild-​Zeitung ist kein augenzwinkernd zu betrachtendes Trash-​ Kulturgut und kein harmloses “Guilty Pleasure” für wohlfrisierte Aufstreber, keine witzige soziale Referenz und kein Lifestyle-​Zitat. Und schon gar nicht ist die Bild -​Zeitung das, als was ihr sie verkaufen wollt: Hassgeliebtes, aber weitestgehend harmloses Inventar eines eigentlich viel schlaueren Deutschlands.

    Die Bildzeitung ist ein gefährliches politisches Instrument…“

  20. Ein immer noch aktueller Artikel.

    Die Aussage „Frei BILD für alle zum 60.Geburtstag“ stimmt übrigens nicht.
    Ich hatte keine in meinem Briefkasten.

  21. 10Jahre sind nicht genug. Ich bin der Meinung seit 1974, als „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ erschien, hat sich nicht viel verändert bei der Bild.

    Ich behalte meinen roten Umschlag als Zeichen des Widerstandes :)

  22. kleiner link, falls noch nicht bekannt. da sind die nasen alle aufgelistet, die sich mit allem was da oben steht voll identifizieren können. besonders leute wie barbara schöneberger, die selbst ihr privatleben abschirmt, es aber offenbar super findet. dass leute, die sich nicht ihre anwälte leisten können dann eben damit leben müssen in der bild vorzukommen. aber sie ist ja so ironisch und kurvig…

    und der im text genannte gysi scheint fan zu sein. wieso sonst sollte er werbung für die bild machen?

    http://wirbt-fuer-bild.de/

  23. SvenR, #23:

    Ich kann deinen Worten nur zustimmen. Heute in der „Frankfurter Allgemeinen“ (Sonntagsausgabe) findet sich auf Seite 4 ein weiteres Beispiel dafür, dass die „Bild“ wie eh und je Menschen zerstören kann. Ein des Mordes Tatverdächtiger wird bei der Festnahme fotografiert, Privatbilder werden veröffentlicht, der Mann verliert seine berufliche Existenz. Er war übrigens unschuldig.

  24. @#29

    Das ist Teil des Problems „Bild“. Sie wird zwar allgemein als bei genauerer Betrachtung nicht völlig unproblematisch angesehen, aber gleichzeitig wird so getan, als sei das ja alles halb so schlimm, als sei Bild ein „hassgeliebtes, aber weitestgehend harmloses Inventar eines eigentlich viel schlaueren Deutschlands“ (siehe #26), als wäre die Bild ja selbst nicht so blöd zu glauben, dass sie alles richtig machen würde, aber 1. tun das ja die anderen Zeitungen auch nicht (ALLES richtig machen, ist gemeint) und 2. soll man die kleinen Fehltritte mal nicht so ernst nehmen und sich mal nicht so „gutmenschenhaft“ aufspielen.

    Jeder, der für die Bildzeitung wirbt und mit pseudoironischen Sprüchen deren Fehltritte auch noch doppelt absegnet, ist genauso zu verachten, wie jeder, der bei der Bildzeitung arbeitet und dazu beiträgt, dass dieses Presseausscheidungsorgan erscheint.

    Es fehlt an öffentlicher Empörung über die Bildzeitung. Im Grunde genau das, was der 10 Jahre alte hier zitierte Text schon damals anprangerte.

    Ein Grund dürfte sein, dass viele in der Öffentlichkeit stehende Menschen denken, das man ohne die Bild nicht prominent sein kann und gegen die Bild schon gar nicht. Ich habe nicht viel, was ich an Stefan Raab loben kann, aber dass er stets ein beherzter Gegner der Bild-Zeitung und ihrer Machenschaften war und ist, dass ist ihm hier an dieser Stelle mal hoch anzurechnen.

  25. Der Text ist lustigerweise so passend weil Diekmann immer noch an Bord ist…Ansonsten Inhalt-mäßig 1:1 auf heute übertragbar

  26. Als Betroffener nimmt man vieles in einem anderen Licht wahr. Und wenn wir unsere Wertmaßstäbe immer an Betroffenen ausrichten würden, hätten wir für manche Straftaten womöglich längst die Todesstrafe eingeführt. Ich finde den Grundansatz dieser Argumentation deshalb problematisch. Grundsätzlich ist die „Bild“ ein Boulevardblatt und orientiert sich deshalb auch an der Sprache des Boulevards. Was bedeutet: an einer direkten, harten und damit immer riskanten Sprache.
    Über einen „furchtbaren Unfall“ etwa muss jede Lokalzeitung in Wort und Bild berichten. Nicht, um ein voyeuristisches Interesse zu befriedigen, sondern unter anderem, um das öffentliche Bewusstsein für die Gefahren im Straßenverkehr zu schärfen. Dabei darf man je nach Situation durchaus auch das Verhalten des Unfallverursachers kommentieren. Wie direkt dabei die Wortwahl ausfällt, und welche Distanz die Bilder wahren sollten: Das hängt sehr stark vom Einzelfall ab. Über eine FAZ-Schlagzeile „Er tötete 69 Menschen“ neben der Abbildung von Anders Breivik würden Sie wahrscheinlich kein Wort verlieren – dabei müssten die Persönlichkeitsrechte für einen psychisch kranken Massenmörder eigentlich genauso gelten.
    Wie also war der Lkw-Fahrer wirklich abgebildet? Wie steht das zu seinem Verhalten am Unfallort? Das alles wäre zu berücksichtigen, um sich über die Berichterstattung ein Urteil zu bilden. Der Pressekodex ist dabei übrigens nur ein sehr grobes Instrument: Wer sich schon mal mit der Urteilspraxis des Presserats eingehender befasst hat, muss glauben, dass die dort ausgewürfelt werden.
    Sie kritisieren mit solchen Beispielen in meinen Augen weniger die „Bild“-Zeitung als vielmehr den Boulevard an sich. Das finde ich vollkommen legitim, und vieles, was Sie der „Bild“ als dessen größtem Vertreter vorwerfen, ist ja auch sehr zutreffend. Ich gehöre auch keinesfalls zu denen, die harte „Bild“-Kritiker wie Sie als „Ewiggestrige“ abtun. Im Gegenteil: Ich finde es grundsätzlich erfreulich, wenn Menschen einen hohen moralischen Anspruch erheben, und das in solchen Fällen oft anzutreffende Urteil „Gutmensch“ widert mich an.
    Allerdings werde ich hellhörig, wenn die eingeforderte Toleranz in manchen Kommentaren umgekehrt nicht praktiziert wird. Wenn Menschen, die in ihrer Abwägung der Vor- und Nachteile eines Boulevardjournalismus zu einem anderen Ergebnis kommen, gleich der „Verachtung“ preisgegeben werden (Kommentar #34, der wohl Max Goldt entlehnt ist).

  27. @ Blunt

    „dabei müssten die Persönlichkeitsrechte für einen psychisch kranken Massenmörder eigentlich genauso gelten.“

    Tun sie ja auch. Allerdings wägt der EuGHMR in seinen Urteilen bei den sogenannten Relativen Personen der Zeitgeschichte sehr genau zwischen öffentlichem Interesse und der Privatsphäre ab. Bei Breivik kann eben durchaus aufgrund der Besonderheit des Verbrechens zu der Einschätzung kommen, dass der Schutz der Privatsphäre hier das öffentliche Interesse nicht überwiegt.

    „Über einen „furchtbaren Unfall“ etwa muss jede Lokalzeitung in Wort und Bild berichten. “ Ganz sicher NICHT. Dass Unfallberichterstattung verkehrserzieherische Funktion hat oder wegen dieser geschieht, halte ich – gelinde gesagt – für realitätsfern. Und auf gar keinen Fall müssen Unfallbeteiligte (für die selbstverständlich auch zunächst die Vermutung gilt, dass kein Vorsatz vorliegt) akzeptieren, dass das für sie ohnehin schmerzvolle und belastende Ereignis auch noch mit kompletter Namensnennung und anklagenden Bildunterschriften a la „Hat dieser Lastwagenfahrer Timmi auf dem Gewissen?“ zum Martyrium wird.
    Ich denke auch, dass graduell ein nicht unerheblicher Unterschied besteht, zwischen Menschen, die in anonymen Internetforen, anonyme Beiträge „verachten“ und einem Boulevardjournalismus, der echte Menschen ganz direkt und ohne Skrupel in Zeiten persönlicher Not, einem Mob zum Fraß vorwirft, der sich die Zeit damit vertreibt, sich am Leiden anderer aufzugeilen.

  28. @superglue
    Da würde mich aber mal wirklich interessieren, welche Lokalzeitung einen schweren Unfall in ihrem Verbreitungsgebiet bewusst verschweigt – habe ich jedenfalls noch nicht erlebt und auch noch nie davon gehört.
    Es mag Menschen geben, die bei der Lektüre von Unfallberichten nicht eine Sekunde an das eigene Fahrverhalten denken. Daraus sollten Sie allerdings nicht auf die Mehrheit schließen. Ich für meinen Teil schaue während der Fahrt nicht mehr zu meinen Kindern auf der Rückbank, lege auf langen Fahrten Pausen ein und überquere eine bestimmte Kreuzung mit großer Aufmerksamkeit. Nicht weil mir das ein Fahrlehrer erzählt hätte, sondern weil erster Fall die Ursache einer Tunnelkatastrophe in den Alpen war (weiß nicht mehr welche), zweiter die Ursache eines Unglücks bei mir um die Ecke und die Kreuzung ein Unfallschwerpunkt, von dem ich ohne Zeitung nichts wüsste.
    Richtig ist, dass etwa bei den Fotos genau abgewogen werden muss, was dem berechtigten öffentlichen Interesse entspricht. Aber dieses Interesse, und darauf wollte ich hinaus, lässt sich eben nicht so einfach in ein, zwei Paragrafen kleiden, sondern müsste an einem konkreten Beispiel überprüft werden.
    Ich will die Bild-Zeitung auch auf keinen Fall heiligsprechen – ich arbeite dort nicht, halte auch keine Springer-Aktien und finde, wie ich bereits sagte, vieles von der geäußerten Kritik auch richtig. Aber schon Ihre flüchtige Behauptung, bei dem von mir als Beispiel angeführten Lkw-Unfall sei die komplette Namensnennung erfolgt, zeigt, wie schnell da Klischees über die „Bild“ plötzlich zu Tatsachen mutieren. Wenn dem so wäre: Ja, dann wäre das unzweifelhaft falsch. Aber war es so? Dem Text kann ich das nicht entnehmen.
    Und schließlich: Wenn in einem anonymen Forum nur „Beiträge“ verachtet würden, könnte ich Ihnen zustimmen. Aber auch hier verdrehen Sie etwas: Es sind nicht „Beiträge“, die hier der Verachtung empfohlen werden, sondern reale Personen. Ich darf noch mal zitieren: „Jeder, der für die Bildzeitung wirbt und mit pseudoironischen Sprüchen deren Fehltritte auch noch doppelt absegnet, ist genauso zu verachten, wie jeder, der bei der Bildzeitung arbeitet und dazu beiträgt, dass dieses Presseausscheidungsorgan erscheint.“ Heißt im Klartext: Leute wie Weizsäcker und Genscher verachten. Kann man natürlich so machen. Ich für meinen Teil würde da erst einmal meine Person mit den anderen abgleichen und es danach lieber bei einer sachlichen Kritik belassen. Aber vielleicht fehlt es mir da auch einfach an Selbstbewusstsein.

  29. Gerade eben – notgedrungen wg Zahnarztbesuch – den aktuellen STERN gelesen. Beitrag von Ulrike Posche über den Diekmann. Himmel – manchmal glaube ich, dass nicht das Schmierblatt selbst das Problem darstellt, sondern vielmehr das saturierte, zynische Kollegenpack. In schleimiger, bückender Art und Weise wird ein Porträt eines rachsüchtigen und prädemokratischen Gefühlsmackers gezeichnet. Kein Wort über die Opfer seiner Arbeit, kein wirkliche Analyse seines Wirkens. Es ist so abstoßend, dass ich sofort und unmittelbar aufrufe, das Drecksblatt aus Hamburg nie mehr zu kaufen. Die 80er und 90er haben viel Schlimmes hervorgebracht. Am Schlimmsten sind aber die vermeintlich liberalen Kollegen, die die Bild süffisant und ironisch bewerten. Wer so schreibt, wird auch über Faschismus bald ironisch berichten. Ist ja funky, Tabus zu brechen. Vermutlich passt das jetzt alles nicht zu all den gutgemeinten Kommentaren weiter oben: Aber nach der Lektüre….

  30. @ Blunt

    „Da würde mich aber mal wirklich interessieren, welche Lokalzeitung einen schweren Unfall in ihrem Verbreitungsgebiet bewusst verschweigt“
    Habe ich das behauptet? Ich sage doch nur, dass man eigentlich nicht über jeden Unfall berichten MUSS – sei er auch noch so furchtbar. Wozu dient das? Ich bezweifele, dass die Berichterstattung erzieherische Wirkung hat. Sie ist nur Infotainment.

    „Aber schon Ihre flüchtige Behauptung, bei dem von mir als Beispiel angeführten Lkw-Unfall sei die komplette Namensnennung erfolgt, zeigt, wie schnell da Klischees über die „Bild“ plötzlich zu Tatsachen mutieren. “
    Die Bild zeigt unverpixelte Bilder von Menschen, ohne deren Erlaubnis eingeholt zu haben und nennt oder zeigt den genauen Wohnort und veröffentlicht spezifische Details (Beruf, Alter usw.), die eine Identifizierung erlauben. Das sind Tatsachen – keine Klischees. Stimmt es in diesem einen Fall nicht – stimmt es in einem anderen umso mehr.

    „Aber dieses Interesse, und darauf wollte ich hinaus, lässt sich eben nicht so einfach in ein, zwei Paragrafen kleiden, sondern müsste an einem konkreten Beispiel überprüft werden.“
    Die Abwägung undPrüfung muss immer stattfinden. So sagt es der Gesetzgeber. Detaillierte Richtlinien haben die nationalen Gesetze, Gerichte und der EuGHMR vorgegeben.
    Bild kennt diese Regeln und Entscheidungen sehr genau, hält sich aber systematisch nicht daran.

    „Heißt im Klartext: Leute wie Weizsäcker und Genscher verachten. Kann man natürlich so machen.“
    Stimmt kann man auch. Nennt sich Freiheit der Gedanken und Meinungsfreiheit. Ist ein durch Artikel 5 GG in Deutschland garantiertes und geschütztes Grundrecht. Hat mit Selbstbewusstsein nix zu tun. Das ist eine Frage der Rechtsstaatlichkeit.
    Gemäß des gleichen Artikels (5 Abs. 2 GG) findet die Meinungsfreiheit aber ihre Grenzen “ in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“

    Bild äußert aber allzu oft keine Meinung, sondern scheißt schlicht auf die persönliche Ehre. Sie verletzt Persönlichkeitsrechte und zieht dann sogar noch immer wieder gerne bis vor den EuGHMR, um sich das Recht auf Meinungsfreiheit zu erstreiten.

  31. @superglue:
    „Hat mit Selbstbewusstsein nix zu tun. Das ist eine Frage der Rechtsstaatlichkeit“: Meinen Sie damit, dass ich alles gut zu finden habe, was erlaubt ist?

  32. @ Blunt

    Nein. Wir leben in einem freien Land. Sie können denken und sagen, was sie wollen, solange es die geltenden Gesetze und die Ehre anderer nicht verletzt. Sie können aber auch nichts denken und nichts sagen, wenn ihnen zu ersterem das Selbstbewusstsein fehlt. Egal wofür Sie sich entscheiden: Unsere Rechtsordnung garantiert Ihnen das, ändert sich aber deshalb auch nicht.

    Gut finden könnten Sie aber wenigstens, dass es Ihnen erlaubt ist. Das ist anderswo durchaus anders…

  33. @Blunt:

    „Über einen „furchtbaren Unfall“ etwa muss jede Lokalzeitung in Wort und Bild berichten.“

    Nein, nein, nein. Ich war jahrelang Lokalredakteur bei zwei Regionalzeitungen. Dass man schwere Unfälle vermeldet, ist klar. Aber ich habe mich oft genug dagegen entschieden, das Elend auch noch zu bebildern. Man muss nicht jeden Voyeruismus durch Fotos befriedigen.

  34. @Klaus Thomas Heck
    Ja, da haben Sie schon recht, das mit dem „in Wort UND Bild“ war zugegebenermaßen etwas übertrieben. Aber dass man grundsätzlich darüber schreiben muss, ist klar. Und dass in bestimmten Fällen eine Bildberichterstattung unausweichlich ist, dürften Sie auch erlebt haben. Ich will ja auch gar nicht die immer wieder unzweifelhaft grenzüberschreitenden Bilder und Überschriften der „Bild“ verteidigen (werde nicht müde, das zu betonen). Ich bin lediglich der Meinung: Die bloße Erwähnung eines Unfallberichts, der den Unfallfahrer zeigt (ob mit Balken oder ohne, erfahren wir nicht), taugt nicht zur Kritik an „Bild“. In Ihrer Berufserfahrung werden Sie selbst erlebt haben, wie schwierig der Spagat zwischen berechtigtem öffentlichen Interesse und Persönlichkeitsrechten oft ist. Der Bürgermeister hatte einen Unfall: Ist das jetzt politisch relevant oder sollte man seinen Namen außen vor lassen? Hat er sich vorher als Law-and-Order-Man geoutet und war jetzt besoffen am Steuer? Oder war es nur ein kleiner Fehler? Schon jenseits des Boulevards ist das oft schwierig. Deshalb spreche ich ja davon, dass man den Fall genau kennen müsste, um ihn beurteilen zu können. Dasselbe gilt für den Handwerker, der angeblich „Timmi“ auf dem Gewissen hat.

  35. @superglue:
    Wenn dazu aufgerufen wird, jeden, der eine differenzierte Meinung zur „Bild“ äußert, öffentlich zu verachten, wenn jede Unfallberichterstattung schon per definitionem als Infotainment gilt, wenn also demnnächst die Öffentlichkeit aus ethischen Gründen nicht mehr über den Grund für die Vollsperrung und die vielen Krankenwageneinsätze auf der A5 informiert werden soll: Dann finde ich das alles ein bisschen talibanmäßig.

  36. 34, maxi

    „Ich habe nicht viel, was ich an Stefan Raab loben kann, aber dass er stets ein beherzter Gegner der Bild-Zeitung und ihrer Machenschaften war und ist, dass ist ihm hier an dieser Stelle mal hoch anzurechnen.“

    Stefan Raab hat für eine längere Zeit eine Kolumne in der BILD gehabt. Raab ist einer der Menschen, die so verlogen sind erst mit BILD und deren Methoden groß rauszukommen und dann ganz plötzlich nichts mehr damit zu haben will, sobald sie ihm nicht mehr weiterhelfen konnte. Er war also niemals ein beherzter Gegner, er war Mittäter.

  37. @ Blunt

    Nichts von dem, was Sie hier unterstellen, wurde gesagt oder oder gefordert.

    „Jeder, der für die Bildzeitung wirbt und mit pseudoironischen Sprüchen deren Fehltritte auch noch doppelt absegnet, ist genauso zu verachten, wie jeder, der bei der Bildzeitung arbeitet und dazu beiträgt, dass dieses Presseausscheidungsorgan erscheint.“ Das ist eine private Meinungsäußerung von Maxi und kein Aufruf . Die werden Sie wohl aushalten müssen. Daran kann ich auch nix Ehrenrühriges erkennen.

    Meinungen, die auf falschen Prämissen beruhen, sind allerdings nicht automatisch „differenzierter“, nur weil sie gegen den mainstream innerhalb der Gruppe stehen, in der sie geäußert werden. Auch sind Werbebotschaften, die eine Agentur bestimmten Prominenten in den Mund legt und die mit der öffentlichen Wahrnehmung der Bild kokettieren, nicht zwangsläufig „differenziert“, nur weil sie ironisch sind.

    Unfallberichterstattung, von der Sie sagen, sie „muss immer“ und auch mit Bild erfolgen, ist Infotainment. Wenn Sie von der „Vollsperrung und (den) vielen Krankenwageneinsätze(n) auf der A5“ erst am Folgetag aus den Printmedien erfahren, ist es vermutlich mit der unmittelbaren Relevanz für Sie als Autofahrer ohnehin nicht weit her. In den aktuellen Verkehrsmeldungen im Rundfunk (die der Verkehrsleitung dienen) werden doch meist weder Bilder gezeigt, noch Opferzahlen oder Namen genannt (bzw. gefragt, ob der Elektriker den Timmi (12) auf dem Gewissen hat.)
    Unfallberichterstattung in der Presse hat soweit mir bekannt nachweislich keinen verkehrserzieherischen oder praktischen Wert. Wenn Sie mir eine tragfähige Studie zeigen, die das Gegenteil nahelegt, werde ich meine Aussage nochmal überdenken. Insofern erlaube ich mir, sie in der in Boulvardblättern getätigten Form für nichts weiter als Befriedigung von Spannergelüsten zu halten.
    Ansonsten bin ich für die freie Rede und eine freie Presse. Aber auch diese haben jene Gesetze zum Persönlichkeitsschutz zu beachten, die diese Rechte sinnvollerweise und aus gutem Grund einschränken.
    Wenn Sie das schon für „talibanmäßig“ halten, dann finde ich das – gelinde gesagt – ungewöhnlich und frage mich, ob Sie das ideologische und religiöse Eiferertum der afghanischen Taliban nicht vielleicht ein wenig verharmlosen oder unterschätzen.

  38. Nachdem ich inzwischen in die Gratis-Bild reingeguckt habe, glaube ich, die haben genauso viele Exemplare verkauft wie sonst auch. Das war ja eine reine Bild-Zeitung-über-die-Bild, ohne tagesaktuelle Nachrichten. Wie also BlueKO schrieb, wer Fussball etc. wollte, musste sich eh die „richtige“ Ausgabe holen.

    Eigentlich der totale „Fail“. Bild propagiert „Bild für alle“, und dann bekommt man gar keine, ich räusper mich, Tageszeitung.

    Am Tag davor hatte ich übrigens, ebenso ungefragt, die Berliner Morgenpost im Briefkasten. Und zwar die ganz normale. Und das, obwohl das auch ein Springer-Blatt ist..

    und weiß jemand inzwischen, was in den großen roten Briefumschlägen war, die den Verweigeren zugestellt werden sollte?

  39. Ich lese sonst keine Bild, weil ich diesem Artikel voll zustimme. Gegen die Gratis-Bild konnte ich mich nicht wehren, da ich davon nichts wusste. Ich habe die „Zeitung“ (eigentlich ist es ein überdimensionaler Werbeprospekt) einmal daraufhin durchgesehen, was für Firmen diese Plattform für Ihre Werbung nutzen. Meine Gedanken hierzu habe ich in einem Blog-Artikel zusammengefasst:

    http://pretioso-blog.com/60-jahre-bild-vodafone-telekom-o2-peinlicher-geht-werbung-nicht/

  40. Es tut immer gut, wenn man eine Strohpuppe hat, über die man sich erregen kann und die einem das Gefühl vermittelt, selbst auf der richtigen Seite zu stehen. Ich meine aber, dass der Unterschied zwischen BILD und anderen Medien kein kategorischer, sondern nur ein abgestufter ist:

    Boulevard machen doch inzwischen alle, auch etwa die FAZ wartet gern mit bunten Geschichtchen aus der Promi-Welt auf. Und die Personalisierung gesellschaftlicher Konflikte, ein klassisches Boulevard-Element, findet sich in etwas abgeschwächter Form in vielen Medien, übrigens gerade auch in diesem Blog, wenn er bestimmte Umstände auf dem Umweg über die handelnden Personen kritisiert.

    Was die Verletzung von Persönlichkeitsrechten angeht: Ich frage mich, wie Herr Niggemeier beispielsweise zu den SPIEGEL-Gerichtsreportagen seiner Kollegin Friedrichsen steht, in der ja oftmals privateste Details der (problemlos identifizierbaren) Beteiligten in allen Einzelheiten ausgebreitet und bewertet werden. Bemerkenswert auch, dass hier in einem Kommentar ausgerechnet Stefan Raab als Kronzeuge gegen BILD aufgerufen wird, der doch seine Karriere nicht unwesentlich dem öffentlichen Bloßstellen und Verhöhnen irgendwelcher Normalos verdankt, die das Pech hatten, zur Unzeit vor einer Kamera zu stehen.

  41. Die BILD hat schon immer das geschrieben, was seine Leser in Wirklichkeit denken, sich aber nicht trauen laut auszusprechen, weil in unserem Land sofort jeder in die rechte Ecke abgestellt wird, sobald seine Meinung auch nur einen Milimeter von linksliberalen Ansichten abweicht.

  42. @Frank Steidel: Wenn Sie das noch ein wenig mit Jammern und Winseln vorgetragen hätten, hätte ich mich totgelacht!

  43. @ MK
    „Ich frage mich, wie Herr Niggemeier beispielsweise zu den SPIEGEL-Gerichtsreportagen seiner Kollegin Friedrichsen steht, in der ja oftmals privateste Details der (problemlos identifizierbaren) Beteiligten in allen Einzelheiten ausgebreitet und bewertet werden.“

    Frau Friedrichsen berichte doch eigentlich ausschließlich über äußerst spektakuläre Fälle, die viel Aufmerksamkeit in fast allen anderen Medien erhalten. Insofern steht hier das öffentliche Interesse selbst nach Meinung des BVerfG und des EuGHMR über dem Persönlichkeitsschutz. Die fraglichen Personen werden zu Personen der Zeitgeschichte. Diese Art der „Ausbreitung und Bewertung“ (sprich Information der Öffentlichkeit) ist ja gerade die ureigenste Aufgabe der Medien. Außerdem kenne ich nun gerade keinen Fall, bei dem sich ausgerechnet Frau Friedrichsen dadurch hervorgetan hätte, dass sie als erste und einzige eine völlig „unbedeutende“ und für die Öffentlichkeit wenig interessante Person in reißerischer Art und Weise dem Voyeurismus ausgesetzt hätte. Oder haben Sie da ein Gegenbeispiel.

  44. Außerdem ist Frau Friedrichsen „Gerichtsreporterin“. Sie berichtet also aus und über öffentliche Verhandlungen.

  45. @ MK

    Die Gerichtsreportagen von Gisela Friedrichsen vermisse ich seit meiner meiner SPIEGEL-Abo-Kündigung wirklich. Sie hat die Leute eben nicht nur vorgeführt, sondern den Sachverhalt von allen Seiten beleuchtet und nicht selten auch das Gericht heftig kritisiert. Ihre Beiträge über den Kachelmann-Prozess waren für mich wirklich sehr erhellend und differenzierender Journalismus, wie ich ihn mir wünsche.

  46. @ Frank Reichelt: Ihre positive Einschätzung der Reportagen teile ich nicht. M. E. tendiert Frau Friedrichsen nicht dazu, differenziert zu berichten, sondern schlägt sich oft auf eine Seite. (Ich habe kein Anschauungsmaterial zur Hand, so dass ich es nicht belegen kann. Als Beispiel „aus dem Kopf“ fallen mir die später auch in einem Buch veröffentlichten Reportage über den Mord eines evangelischen Pastors aus Norddeutschland an seiner Ehefrau ein, wo der Pastor – er hatte die Tat bis zuletzt bestritten – in den denkbar ungünstigsten Farben geschildert wurde.) Aber sei’s drum: So ein Vorgehen ist sicherlich journalistisch legitim.

    @ Superglue: Die Reportagen befassen sich (nicht ausschließlich, aber) regelmäßig mit dem Schicksal „unbedeutender“ Personen, die übrigens auch nicht dadurch zu Personen der Zeitgeschichte werden, dass andere Medien sie schon vorher an die Öffentlichkeit gezerrt hatten.

    Ich will aber dennoch nicht behaupten, dass Frau Friedrichsen tatsächlich Persönlichkeitsrechte verletzt, zumal – wie Sie ja richtig sagen – aus der öffentlichen Verhandlung in aller Regel umfassend berichtet werden darf.

    Mir ging es nur darum, etwas gegen die Schwarz-Weiß-Malerei zu setzen, wonach es „dort“ die böse BILD-Zeitung gibt und „hier“ die Menschen reinen Herzens, denen jeder Voyeurismus usw. abgeht. Vielmehr haben wir es mit einem Kontinuum zu tun, das von unpersönlicher, „anonymer“ Berichterstattung (ohne Namensnennung usw.) bis hin zu massiven Persönlichkeitsrechtsverletzungen reicht. Und überdurchschnittlich viele Artikel der BILD-Zeitung mögen an dem zweitgenannten Ende der Skala angesiedelt sein.

    Gegenstand einer identifizierenden Gerichtsreportage im SPIEGEL möchte ich aber auch nicht werden, und mag sie noch so rechtmäßig, „erhellend“ und differenziert sein. Lesen tu ich sie trotzdem gern – und das ist der Widerspruch, dem sich wahrscheinlich die meisten stellen müssen.

  47. @ MK

    Es geht sicher nicht darum, sich als „Mensch reinen Herzens“ von der Bild abzugrenzen. Es geht allerdings schon darum, eine Methode zu identifizieren, die ethisch inakzeptabel und oft illegal ist. Ob da jetzt Bild drübersteht oder etwas anderes, ist eigentlich egal. Der Teufel trägt nicht nur Prada, sondern kommt in vielen Verkleidungen.

  48. die üblichen Strohmänner werden aufgebaut….

    Boulevard machen alle…
    Unfallmeldungen auch…

    und deswegen ist das nicht zu beanstanden?

    zu schnell ist auch schon jeder mal gefahren, darf man deswegen Raser nicht mehr kritisieren?

  49. Ich finde die Medien passen sich schon der Bild an.
    Wenn in der Tagesschau als letzte Meldung noch irgendwelche lustigen (niedlichen… was auch immer) Tierbabys (Tierbabies..was auch immer) gezeigt werden ..gibt das schon zu denken oder ist es doch die Amerikanisierung a la Fox News oder ABC…

    Mich ärgert, das das Wetter als eigene Sendung im GEZ-Fernsehen gesehen wird…bei meinen Fernseher (eigentlich technisch bei meinen Sat-Receiver)kann ich per Anwahl sehen welche Sendung nach der jetzigen kommt und wenn ich mir die Tagesthemen oder ZDf heute anschaue will auch wissen was dannach folgt und sehe leider die nächste Sendung ist das Wetter..huhei das hat schon was von Bild..oder hat das was mit der Gebührenverteilung zu tun? …Sobald es den Status einer Sendung erreicht, wird mehr Geld ausgeschüttet?
    Gibt es denn Nachrichtensendungen ohne Wettervorausschätzungen?

  50. @Maxi,#34
    Stefan Raab hatte von 2001 bis 2003 (?) eine wöchentliche Kolumne in Bild.

    Warum auch immer er inzwischen nicht mehr mit der Bild kann – das mit dem „stets beherzter Gegner“ ist eine Mär.

  51. Wenn leider nicht nur diese Zeitung sondern zunehmend das Fernsehen dafür sorgt, dass die Empathiefähigkeit abstumpft… nicht nur die Deutschen haben Zeiten erlebt, wo plötzlich in aller Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Häme und manchmal nur vermuteter Schuld unglaubliche Sachen geschehen konnten. Das ging bis zu massiven körperlichen Übergriffen auf Frauen, die sich in einen Besatzungssoldaten verliebt hatten. Der normale Zuschauer würde so etwas hinnehmen inzwischen, oder?

    Mutwillig an diesen Schrauben zu drehen, ist gefährlich. Wenn jemand ausrastet und sich ohne die gefühlten Fesseln des gesellschaftlichen Konsenses so „aufgelockert“ dann zu Aktionen gegen irgendeinen Mitmenschen legitimiert fühlt, kann das jeden Passanten treffen.

    Es gab mal jemanden, der wollte auf den Vorvorgänger dieses Chefredakteurs ein symbolisches Kopfgeld ausssetzen – „seiner Bedeutung angemessen, 5 DM“. Das sollte vielleicht nur ein Denkanstoss sein, zum drüber nachdenken, denn die Bedeutung ist ja immens. So monströs, dass jeder einknickt. Eventuell freuen sich die Menschen über diese Tabubrecher, weil sie selber dann guten Gewissens alles denken können. Und machen und veranlassen. Verantwortung sieht anders aus. Aber das hatten die Deutschen auch schon mal. Und nicht nur die. Was ist das für eine Welt.

    In einer großen bekannten Zeitschrift mit fünf Buchstaben las ich mal eine Reportage. Das Äußere der Hauptperson wurde von früheren Nachbarn in den Zitaten so drastisch beschrieben, dass mir der ohnehin aufs tiefste betroffene Ehemann Leid tat. Das nicht nur in meinem Kopf entstandene Bild war vielleicht noch nicht mal realistisch. Seitdem ist dieses Blatt für mich leicht suspekt. Ich würde zögern, mit ihnen zusammenzuarbeiten, selbst wenn ich ein ernsthaftes Anliegen hätte.

  52. @theo:
    Herpesviren, Bild-Zeitung und facebook haben gemeinsam die Eigenschaft, dass sie sich an den Nervenbahnen von Menschen einnisten. Dort können sie vom Immunsystem nur in Schach gehalten, aber nicht vernichtet werden und immer wenn das Immunsystem wg. Stress, Kummer, Sorgen, Wut o.ä. geschwächt ist, zeigen sich die Symtome. An den Lippen, in Worten, in Texten und in Taten. Wir werden diese drei Plagen wohl nie (wieder) los werden…

    Nachdem ich den Text von S.N. bei spon gelesen hatte, war ich froh, dass ich Jauch am Sonntag nicht gesehen habe. Da hätte ich vermutlich Lippenbläschen bekommen.

  53. @63, falls du das noch liest, ich glaube, das hat was mit Werbung/Sponsoring zu tun, die in einer Nachrichtensendung nicht vorkommen dürfen.

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