Gute und weniger gute Gründe gegen Pro Reli

Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich eine Sache ablehne, nur weil „Bild“ für sie kämpft.

Das ist natürlich kindisch, aber vielleicht nachvollziehbar, wenn man sieht, mit welchen Mitteln diese Zeitung für Sachen kämpft, die sie zu ihrer Sache gemacht hat. Ihre aktuelle Kampagne für das Volksbegehren „Pro Reli“ in Berlin, die auch vor dümmsten Lügen nicht zurückschreckt, ist wieder so ein Fall. Nicht genug damit, dass „Bild“ sich vollends die Werbestrategie von „Pro Reli“ zu eigen gemacht hat, die darauf setzt, dass sich nicht genügend Berliner für einen Kampf für den Religionsunterricht mobilisieren lassen würden, und ihn deshalb kurzerhand zu einem Kampf „für die Freiheit“ umgedeutet hat. „Bild“ blendet die Argumente der Gegenseite und Nachrichten, die in deren Sinne sind, fast vollständig aus.

Das ist so üblich bei „Bild“, und das finde ich immer wieder doppelt erstaunlich. Nicht nur, dass Journalisten das für eine zulässige Form der Berichterstattung halten. Sondern dass sie so wenig von der Belastbarkeit ihres eigenen Standpunktes, der Kraft der eigenen Argumente überzeugt sind, dass sie glauben, die Gegenseite gar nicht erst erwähnen zu dürfen. Die „Bild“-Zeitung traut sich nicht, ihren Lesern halbwegs fair beide Seiten vorzustellen und ihre eigene Position durch Kommentare deutlich zu machen. Spricht daraus ein mangelnder Glaube an die Klugheit ihrer Leser? Oder nur ein mangelnder Glaube an die eigene Argumentationsfähigkeit?

Wäre es zu riskant gewesen, wenn „Bild“ den Lesern nicht nur die Namen der Prominenten verraten hätte, die für „Pro Reli“ sind, sondern auch die, die die Gegenkampagne „Pro Ethik“ unterstützten? Wäre es zu riskant gewesen, wenn „Bild“ am Freitag nicht fünf junge Leute für „Pro Reli“ hätte sprechen lassen, sondern nur vier — und eine einzige Gegenstimme auf der Seite untergebracht hätte? Wäre es zu riskant gewesen, wenn „Bild“ gestern neben 21 „Pro Reli“-Bekenntnissen (darunter einem grob irreführenden Zitat der ehemaligen Fernsehmoderatorin Tita von Hardenberg, die entweder nicht weiß, worum es bei dem Volksentscheid geht, oder nicht will, dass andere es wissen) zwei oder drei „Pro Ethik“-Leute hätte zu Wort kommen lassen? Manchmal glaube ich, die Menschen, die bei dieser Zeitung arbeiten, halten ihr Blatt nicht für halb so mächtig, wie alle anderen das tun. Sonst würden sie nicht mit einer solchen Gewalt, mit einem solchen Krampf, jede Transparenz, jede Fairness daraus fernhalten – als könnte ein Hauch von Pluralismus schon alles zusammenstürzen lassen.

(Immer wieder beunruhigend auch, dass hohe, nun ja: Würdenträger der Kirche bei diesen Gelegenheiten dem Busen-, Hetz- und Lügenblatt ihre Aufwartung machen. Ich meine, man muss „Bild“ ja nicht ächten, aber… oh Gott, was red‘ ich denn da? Natürlich muss man. Was denn sonst?)

In diesen Wahlkämpfen schlägt auch immer die große Stunde eines lokalen „Bild“-Kolumnistenclowns namens Reimer Claussen. Als es um den Erhalt von Tempelhof als Flughafen ging, schrieb er: „Wer Tempelhof schließt, würde auch das Stadtschloss noch einmal sprengen.“ Nun behauptet er, die Gegner von „Pro Reli“ entlarvten sich dadurch quasi als Linksfaschisten, dass sie vom „Wahlzwang“ zwischen Ethik und Religion sprechen, den sie ablehnen:

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. „Wahlzwang!“ Was für ein Wort! Damit offenbart sich die Linke alias PDS vulgo SED endgültig.

Jemand, der es schafft, den Begriff Wahl mit dem Begriff Zwang zu verbinden, der muss einfach aus einer Tradition kommen, wo man auch die Reisefreiheit für eine üble Sache hielt. 40 Jahre lang haben sie es geschafft, die Bevölkerung der DDR von der schrecklichen Last, frei zu wählen, zu erlösen. Jetzt sollen auch unsere Schüler in den Genuss kommen.

Der Gedanke, dass auch dieser Mann womöglich wählen darf, erschreckt mich ein bisschen. Ich wünsche Reimer Claussen aber, dass er sich seine Ahnungslosigkeit bewahren kann und niemals erfahren muss, dass sich das, was der Volksentscheid aus dem Fach Religion machen will, ganz offiziell „Wahlpflichtfach“ nennt. Kinder würden nicht mehr Ethik und Religion belegen können, sondern zwischen beiden wählen müssen. Aber das muss man sich mal irgendwo zergehen lassen: Wahl. Pflicht. Wahlpflicht. Leute, die sich solche Wörter ausdenken, fressen auch kleine Kinder. ((Oh, ich sehe gerade, exakt den Witz haben wir damals schon bei BILDblog gemacht.)) (Die Suche in Zeitungsarchiven nach dem Wort „Wahlzwang“ fördert übrigens weniger Artikel über die DDR und mehr über Belgien zutage.)

Ich glaube, dass die Art, wie „Bild“ diese Wahlkämpfe führt, der Demokratie schadet. Weniger durch die Einseitigkeit. Sondern vor allem dadurch, dass sie jede dieser Fragen zu einem Kampf für die Freiheit stilisiert, zu einem Überlebenskampf, bei dem bei falschem Ausgang der Untergang droht. In der „Bild“-Welt gibt es kein Ringen um den besten Weg, bei dem beide Seiten bedenkenswerte Argumente haben. In der „Bild“-Welt sind die Gegner das Böse und müssen mit allen Mitteln bekämpft werden.

Zwei große Kämpfe in Berlin hat „Bild“ jetzt schon verloren (außer den um Tempelhof auch den gegen die Umbenennung eines Teils der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße). Nicht auszudenken, wenn Berlin heute wieder gegen Das Richtige, gegen „Bild“ und gegen die Freiheit stimmt.

Vielleicht ist also nachvollziehbar, warum ich mich manchmal dabei ertappe, gegen eine Sache zu sein, nur weil „Bild“ dafür ist. Aber es bleibt kindisch.

Im Fall von „Pro Reli“ jedoch glaube ich, gute inhaltliche Argumente gefunden zu haben, zum Beispiel in dieser Pressemitteilung des LSVD, vor allem aber in diesem „Spiegel“-Essay von Julia Franck. Ich werde deshalb — nicht (nur) wegen „Bild“ — nachher mit Nein stimmen.

(Und anders, als gerne kolportiert wird und das „Handelsblatt“ unfassbarerweise verbreitet hat, reicht es im Zweifelsfall nicht, einfach zuhause zu bleiben, wenn man gegen den Gesetzesentwurf ist.)

Nachtrag, 19.20 Uhr. „Pro Reli“ ist gescheitert.

174 Replies to “Gute und weniger gute Gründe gegen Pro Reli”

  1. Ich habe seinerzeit mein Abitur in Religion gemacht und die bestmögliche Punktzahl erreicht. Und würde, wenn ich könnte, auch Nein stimmen gehen. Viel Glück nach Berlin.

  2. Also m.E. ist Reimer ein total bescheuerter Name… hat sich da jemand bei der Geburtsurkunde vertippt und Herr und Frau Claussen Senior dachten sich dann: „Ach, na was soll’s? Das jetzt noch zu aendern ist uns zu viel Arbeit…“?

    Zum Thema an sich: Also bei uns in Thueringen muessen wir uns auch zwischen Ethik oder Religion entscheiden – die Stunden dazu verlaufen auch parallel, insofern kann ich diesen Aufruhr nicht ganz verstehen – zu meiner Schulzeit war das halt… oehm… normal. Das fuehrt im Uebrigens dieses DDR-Argument ad absurdum, weil wir ja – als ehemaliger Teil der DDR – per se gezwungen waren zu waehlen.

    Viele haben dann Reli gewaehlt. Aber das lag nicht unbedingt an deren Konfession, sondern weil der Lehrer etwas gutmuetiger war und gerne einsen vergeben hat. Und spicken konnte man bei dem wohl auch gut. Mhm… gibt also vielleicht doch ein paar Argumente fuer Pro Reli Oo

  3. Der Bremer Sprachblog hat sich auch schon mit der Rhetorik beider Gruppen befasst:

    http://www.iaas.uni-bremen.de/sprachblog/2009/03/16/freiheit-ist-bevormundung/

    Er kritisierte ebenfalls die Verwendung von „Wahlzwang”, weil das Wort beim ersten Lesen genau jene Assoziationen hervorrufen würde, die Reimer offenbar (mutwillig) auch hatte.

    Warum ist Bild eigentlich „Pro Reli“? Steht das Blatt an sich nicht durch und durch gegen alles, was man (im positiven Sinne) „christliche Werte“ nennt? Na ja gut, dass sie unmöglich „Pro Ethik“ sein können, leuchtet andererseits auch ein…

  4. @Bloodyfox: Diese Wahlpflicht ist dort relativ unproblematisch, wo nicht besonders viele Kulturen aufeinander treffen. Berlin hat da vielleicht einen anderen Status als das Thüringen zu Ihrer Zeit…

    Es ist doch tatsächlich so: Gemeinsamer Ethikunterrricht bietet den Austausch zwischen den Schülern aller Kulturkreise und Religionen, den ein getrennter Religionsunterricht verhindert.

  5. @faulersack

    Ja, gut, das mag sein, dass das in Berlin tatsächlich etwas prekärer ist. Aber es stellt sich doch auch die Frage, wie sehr der Religionsunterricht bisher in Anspruch genommen wird, weil tatsächlich(?) nur in sehr unattraktiven Randstunden angeboten. Eventuell ist es einigen Eltern ja wirklich wichtiger, dass ihre Sprösslinge mehr über die eigene Religion erfahren als über die Diversität der anderen Glaubensrichtungen.

    Am Ende ist es so oder so eine Entscheidung der Eltern. Wenn sie wollen, dass ihre Kinder (falls religiös) etwas über die anderen Glaubensrichtungen lernen, dann werden sie sie in den Ethikunterricht schicken und zu Hause sicherlich genug über Gott, Allah, Shiva, L. Ron Hubbard, etc. informieren. Falls ihnen das egal ist, dann geht’s ab in den Reli-Unterricht und man hat wieder ein paar Ecken, wo man am Bildungssystem sparen kann (weil die Stunden dann ja auch parallel laufen) – da freut sich doch jeder Politiker.

    Egal wie die Wahl ausgeht, es wird keinen großen Unterschied machen, denke ich. Es entzieht sich allerdings meinen Verständnis, was BILD mit dieser Kampagne bezwecken will. Einfach nur Stimmung gegen Links machen? Agitieren aus Langeweile? Kai Diekmann musste früher beides besuchen und will sich jetzt rächen? Oder stecken gar die Templer vom Tempelhof dahinter? Ein Fall für Aiman Abdallah und das Gallileo-Mystery-Team.

  6. Schön zu diesem Thema die Sendung auf Deutschlandradio Kultur, ein Streitgespräch zwischen den Herren Kuschel und Schmidt-Salomon.

    Der Befürworter Herr Kuschel spricht hier ganz treffend für die Befürworter von Pro-Reli „von der Anstrengung des Denkens“ im Zusammenhang von Er- und Bekenntnis.

    Seine geschichtlichen Kenntnisse sind sicherlich frei von jeder (Er-)kenntnis und voll von Bekenntnis. Einem einigermaßen „vernunftbegabten“ Menschen müßte spätestens diese Argumentation klar machen, wie rückständig „Religion“ ist und jeden zum absoluten Gegner von „Pro-Reli“ machen.

    Interessant dabei natürlich auch, daß ein Mensch, der -laut Angabe des Senders- über Religion an der Universität Tübingen lehrt, effektiv nicht weiß, wie „Religion“ eigentlich definiert wird.

    Dies kann sicherlich -das zeigen die letzten Jahrhunderte und aktuelle Geschehnisse- nur mit Religion erreicht werden.

    Off-Topic:
    Schön, daß sich hier auch die „Bild“ zu Wort meldet (oder einer ihrer Leser/Mitarbeiter). Der Spruch spricht wirklich für geistiges Prekariat. Vielleicht überzeugt er uns vom Gegenteil, indem er Argumente bringt – falls seine extreme einfache geistige Struktur dies erlaubt?

  7. Unternehmer H.J. Boite lt. Bild (Tita-Link): „Allein, um dem überheblichen Senat zu trotzen, stimme ich für die freie Wahl. Religion ist genauso wichtig wie Ethik.“

    Einerseits frage ich mich, wie diese Aussage zustandekommt – gekürzt, oder faßte er sich selbst so kurz, oder war er nur einverstanden, daß man es ihm in den Mund legt.

    Jedenfalls wird hier eine Trotzreaktion als vorbildlich dargestellt, eine kristallin populistische „wir hier unten, Ihr da oben“ – Haltung.

    Hier wird eine Zange aufgemacht, in der einmal behauptet wird, der Senat sei überheblich – das ist die eine Botschaft, und statt diese zu begründen wird daraus gefolgert, man solle die eigentliche Frage dem überheblichkeitskritischen Impuls unterordnen, daß der Erziehungsauftrag des armen, gebeutelten Bürgers den Senat zur Raison zu bringen nun Priorität habe.

    Tja – und die Bild ist die Gummischwertspitze der traurigen Bewegung.

    Der Staat soll die Kritikfähigkeit der Schüler fördern, und die Wurzel der Kritik … – was soll ich es versuchen, so prägnant wie hier: http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm schaffe ich es nicht:

    „Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewußtsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d’honneur |Ehrenpunkt|, ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.“

    Ja – der olle Marx. Im nächsten Absatz lauert schon das berühmte Opium, welches ja auch in Afghanistan munter geerntet wird.

  8. das ausgerechnet die Befürworter der Religion so deutlich betonen, dass man sich zwischen Religion und Ethik entscheiden muss…

  9. Nachtrag: Die falsche Quorumsarithmetik war schon bei der Tempelhofabstimmung im Umlauf, und ich fragte mich damals schon, ob aus einfacher Doofheit, oder mit Täuschungsabsicht.

    Allerdings kann ich keine Quelle mehr nennen und weiß nicht, wo ich die Fehlinformation aufschnappte.

  10. @11

    Natürlich müssen sie das, sie sehen schon lange, daß ihnen im wahrsten Sinne des Wortes die „Felle davonschwimmen“.

    Es zeigt allerdings auch, daß wohl -nimmt man den Umkehrschluß- Religion nichts mit Ethik zu tun hat. Man könnte fast behaupten: Wer religiös ist, kann wohl nicht ethisch sein. Wer ethisch ist, kann wohl auch nicht religiös sein.

    Das die Ethik bei vielen (vor allem natürlich fundamentalen) religiösen Menschen oft zu kurz kommt, dürfte ja wohl wirklich bekannt sein. ;)

  11. Ich finde das komisch. Die christlichen Kirchen kämpfen praktisch dafür, dass die moslemischen Schüler nicht mit dem Christentum belästigt werden.

  12. O Du höheres Wesen, das ich auch nicht verehre – sie ist da, die Stunde der Confessiones, dies irae, dies illa. Na denn, lieber Herr Niggemeier, Sie haben es nicht anders gewollt – hier ist es, mein Bekenntnis: Ich bin Agnostiker, ergrauter Radikaldemokrat (immer noch), TAZ-Abonnent (politischer Preis, versteht sich), entschiedener Befürworter von Bildblog (und deshalb würde ich sogar Teddy Diekmann knuddeln – brrr), allen Glaubensinhalten, sofern sie eifernd dargeboten werden, abgrundtief abhold, jederzeit für Argumente offen, woher sie auch kommen mögen. Und deshalb: Widerspruch ist geistige Entwicklungshilfe – ich wäre also Pro Reli. Warum? Nicht nur, weil eine ganze Reihe von Gründen, wie sie von Pro-Ethik-Befürwortern (wie etwa von Frau Franck im SPIEGEL-Essay) vorgebracht werden, bequem auch auf der anderen Seite Platz hätte (also beliebig sind). Im übrigen ist auch „Ethik“ eine abgeleitete Form verschiedenster säkularer „Ideologien“ (und würde von frau/mann hinter dem Katheder sehr individuell vertreten). Nein, ich bin bewußt für Konkurrenz von Religion und Ethik in einem staatlich organisierten und kontrollierten Unterricht – weil nur so ein öffentliches Wettringen um die Akzeptanz eines jeden Faches bei den „Kunden“, sprich: Schülern und Eltern, möglich wäre. Religiöse Gruppen sind in unserer keineswegs areligiösen Gesellschaft präsent – sie dürfen nicht sich selbst überlassen werden, Richtung „fundamentalistischer Tribalismus“ (s. USA, Pakistan).

    Damit wären wir bei der „Wahlpflicht“: Ich bekenne, ich „fresse auch kleine Kinder“. „Wahlfach“ wäre mir persönlich lieber – aber: Dann kommen die netten Juristen und weisen einem sofort nach, daß der Wähler auch die Wahl der Nicht-Wahl hätte – und schon wären wir bei dem größten Dilemma einer Demokratie: Stell Dir vor, es ist Wahl, und keiner geht hin. Da bin ich lieber „Belgier“.

    Gern räume ich ein, daß diese Kampagne auch und gerade von reaktionären Möchte-gern-Erstürmern der Neuheiden-Kapitale Berlin genutzt wird – das muß man in Kauf nehmen. Im übrigen gilt hier und anderswo der angewandte Lyndon B. Johnson (US-Präsident): Nach seiner Ernennung gefragt, warum er den schurkischen FBI-Chef Edgar J. Hoover auf seinem Posten belasse, soll er geantwortet haben: Ich weiß, daß er ein Hurensohn (oder so ähnlich) ist – aber es ist besser, er steht im Zelt und pinkelt nach draußen, als daß er draußen steht und …

  13. Mich hats gerade vor Lachen fast vom Sessel geschmissen. Ich brauche ab und an ein bisschen höheren Blutdruck und habe mich nur zum Spaß und um die „tolle“ Bild-Community aufzumischen mal dort angemeldet. Gestern habe ich zweimal einen dieser hässlichen Pro-Reli-Artikel kommentiert und natürlich nicht in das von Bild aufgeleierte Horn geblasen, sondern Argumente gegen Pro Reli ausgeteilt.

    Keiner der Kommentare hat es unter den Artikel geschafft, dagegen scheinen alle Kommentatoren volle Kanne auf Bilds Längenwelle zu liegen und schreiben den größten Schmarn im Sinne von Bild.

    Müsste man echt mal anbringen: Bild schränkt die Meinungsfreiheit ein!! Wäre das nicht was für den Bildblog?

  14. Wäre es zu riskant gewesen, wenn „Bild” den Lesern nicht nur die Namen der Prominenten verraten hätte, die für „Pro Reli” sind, sondern auch die, die die Gegenkampagne „Pro Ethik” unterstützten?
    In der Berliner Zeitung v. 25.04.09 waren auch Unterstützer von Pro Ethik aufgeführt: Wolf Biermann, Lea Rosh, Andre Hermlin (Bildunterschrift: Vater: deutscher Jude; Mutter: Russin; Ehefrau: Kenianerin.) und Desiree Nick. Nun mag sich jeder selbst seinen Teil denken, welche Wirkung diese Liste auf die Bild-Leser gehabt hätte – —

  15. @4:
    So sehe ich das auch – die religöse Erziehung gehört in die Familie respektive die entsprechende religiöse Gemeinde.

    @5:
    Integration scheint nur ein Schlagwort zu sein und kein Konzept, welches man wirklich verfolgen möchte :-/

    Sehr schöner Beitrag Stefan. Der Antrieb für BILD scheint bei dieser Kampagne zu sein, dass man mal wieder beweisen muss, dass man wirklich meinungsmachend ist. Bei Tempelhof und der Rudi-Dutschke-Straße hat es ja nicht geklappt…

    Fällt einem igentlich noch jemand die Ironie auf, die sich aus dem Kampf für die WahlPFLICHT und der daraus angeblich ergebenden FREIHEIT ergibt?!? :D

  16. „mangelnder Glaube an die Klugheit ihrer Leser? Oder nur ein mangelnder Glaube an die eigene Argumentationsfähigkeit?“

    Ich glaube: beides.

  17. Habe nie verstanden, um was es da im Hintergund geht in Berlin.
    Klar scheint mir nur: Linke und Ossis in der Mehrzahl dagegen, Andere und Wessis in der Mehrzahl dafür.
    Und der Jauch mischt mit, ist dafür, macht Reklame. Sehr mutig sich pol. zu positionieren, das habe ich noch verstanden, mehr aber nicht, ausser eben, dass das Thema teuflisch polarisiert in Berlin.

  18. Naja, mein Religionsunterricht an einer katholischen Schule hatte (leider) nichts mit Glauben und Religion zu tun, sondern hat mich in Dingen unterrichtet, die ich heute in einem Ethik-Unterricht vermuten würde. Ich bin trotzdem für Religion an der Schule, weil es noch keinen Ethiklehrer gibt, die dieses noch schwammig definierte Fach anständig lehren können. Das sind (Erfahrung aus dem Bekanntenkreis) alles umgeschulte Philosophie-, Geschichts- und Religionslehrer, die mit der entsprechenden Verve dieses Fach lehren.
    Außerdem bin ich für Religion an der Schule, weil ich für Latein und Altgriechisch und Geographie als Schulfächer bin. Weil man sie nicht braucht. Chinesisch und Wirtschaft kann man noch lernen, wenn man Wirtschaftsfuzzi wird. Medienkompetenz lernt man (ok,günstigenfalls) im jeweiligen Fach oder hier usw. usf.
    Noch mal: Religionsunterricht hat nichts damit zu tun, dass man das Kreuzzeichen richtig rum macht oder die Werke Luthers auswendig lernen muss. Deshalb habe ich gegen ein falsches Religions(unterrichts)bild gestimmt.

  19. Dieses Thema, „Pro Reli“, wühlt mich schon seit Wochen auf. Und immer wieder komme ich zu dem Schluss, dass die konservativen Kräfte dahinter sich selbst betrügen. Klar wollen sie dass ihre Kinder von einem ausgeglichenen Weltbild verschont werden und eine schön einseitige Sicht auf die Welt bekommen – in ihrem eigenen Religionsunterricht. Mir fällt dazu gleich ein, dass der evangelische Religionsunterricht in meiner Schule – hörensagen – dem Inhalt des heutigen Ethikunterrichts glich. Es mag für katholischen Religionsunterricht ganz anders sein, Christ ist nicht gleich Christ. Persönlich bin ich gegen Religion in der Schule, wer einer Religion angehört sollte bitteschön die Angebote der Gemeinde in Anspruch nehmen. Ich höre auch immer wieder dass es eine Entscheidung der Eltern ist, ob das Kind Religionsunterricht belegt – im Falle des „Pro Reli“-Erfolgs wäre eine Entscheidung für Religionsunterricht eine Entscheidung gegen Ethikunterricht. Doch dann ist das nur wieder ein Beispiel für eine Sache, die die Eltern von ihren Kindern abverlangen ohne sich selbst in der Pflicht zu sehen. Religion wird zuerst von den Eltern gelehrt. Soviel zur christlichen Seite der Geschichte. Kommen wir an der Stelle doch mal auf den Islam zu sprechen. Oh weh, der böse Islam. Die Bildzeitung und alle konservativen Kräfte haben doch solch eine Angst vor ihm. Warum argumentieren sie alle aber für die Möglichkeit islamischen Religionsunterricht statt Ethikunterricht belegen zu können? Der Ethikunterricht wurde nicht zuletzt wegen eines Ehrenmordes in Berlin eingeführt. Ich weiß nicht ob es überhaupt islamischen Religionsunterricht in berliner Schulen gibt, ich bin jedoch sehr sicher dass Bild etwas dagegen hat. „Pro Reli“? Bigott, oder was?
    Ich habe mit Nein abgestimmt, weil ich dafür bin dass alle Schüler gezwungen werden über die, allgemeinhin lustiger Weise als christlich bezeichneten, Grundwerte in unserer Gesellschaft zu diskutieren. Der gesunde Menschenverstand diktierte mir die Entscheidung und ich finde es erschreckend wie sehr sich Bild und „Pro Reli“ selbst bescheißen, nur damit die armen Kinderchen Religion statt Ethik machen können/müssen. Jetzt bleibt nur noch für ein gutes Ende zu beten ;o)

  20. @ Heinz

    Ich glaube fuer die Mehrzahl, ost wie west, links wie rechts, besitzt das Thema in etwa die Signifikanz des sagenumwobenen Sackes Reis. Ich erwarte, dass an diesem schoenen Tag keine 40% zur Urne gehen.

    Ich selber habe es aber gerade getan – auch wenn mir der Ausgang halbwegs wumpe ist.

  21. @Alberto also mit „Ja“ abgestimmt? dein Kommentar ist verwirrend und mir scheint du widersprichst dir selbst, mal abgesehen davon dass ich von Herrn Grün ein klares „Nein“ erwarten würde.. was solls, schaun mer mal. Ein *prost* auf den Sonntag.

  22. @Alberto

    „Außerdem bin ich für Religion an der Schule, weil ich für Latein und Altgriechisch und Geographie als Schulfächer bin.“

    Irgendwie habe ich diese Argumentationskette noch nicht ganz verstanden. Wahrscheinlich wolltest Du „wie“ statt „weil“ schreiben – dann wuerde ich es verstehen.

    Ansonsten, Zustimmung – Schule muss mehr abdecken, als das, was der angehende BWL-Fuzzi spaeter fuers Studium braucht.

    Aber warum die Faecher „evangelische Religion“ und „katholische Religion“? Dann doch bitte als Religionskunde und gemeinsam.

    Damit koennte sogar ich leben – als fundamental-Atheist, der sich lieber heute als morgen wuenschte, die Religion wuerde vom Erdboden verschwinden (naja, bin gerade aus Israel zurueckgekommen – das hat mein Bild noch etwas radikalisiert ;-)

  23. Ich denke, die Bildzeitung kennt ihre Leserschaft sehr gut und weiß daher, dass eine Gegenüberstellung von Pro- und Contra-Argumenten diese nur verwirren würde. Wer Bild liest, möchte sich nicht Gedanken machen müssen, sondern Gedanken gemacht bekommen.

    Intellektuellen Lesern scheint eine Argumentation glaubwürdiger, wenn sie die Gegenargumente wenigstens beiläufig erwähnt, weil sonst ein Gefühl der Täuschung aufkommt.

    Schlichtköpfe finden einen Standpunkt umso glaubhafter, je weniger Gegenargumente sie hören. Dass eine Gegenmeinung nicht erwähnt wird, deuten sie nicht als Zeichen von Einseitigkeit, sondern als Schwäche der Gegenmeinung.

    Insofern ist es folgerichtig, dass BILD Gegenstimmen nicht nur unterrepräsentiert, sondern gänzlich zensiert. Das schwächt zwar die Glaubwürdigkeit bei einigen Gebildeten, stärkt sie aber bei den vielen Bildungsfernen, die einen Hauptteil der Leserschaft ausmachen.

    Und bei einem Volksbegehren kommt es schließlich nur auf die Anzahl der Stimmen an, nicht auf den IQ der Wähler.

  24. Vielleicht sind die Argumente gegen „Pro Reli“ aber auch einfach zu einleuchtend und wurden darum von Bild verschwiegen? ;o)

  25. #8: Mir gefällt dein Gedankengang.

    Für mich ist Religion Wunschdenken einer fiktiven Weltenordnung, die unbewiesen in den Raum gestellt und neben der realen Wirklichkeit verstaubend dahinvegetiert.

    Erst die Erkenntnis des Menschen, für seine „Sünden” selbst verantwortlich zu sein, anstatt sie sich für ein „Amen” vergeben zu lassen, lässt aus Glauben Wissen werden.

    Wie war das eigentlich noch mal: Trennung von Staat und Religion?

    Man kann Menschen auch OHNE Religion helfen, wenn man es nur wirklich will und muss nicht einen Glauben vorschieben, helfen zu müssen.

    Das BILD sein Printmedium dazu Missbraucht, Pro-Religion zu propagieren statt nur über die Entwicklung zu berichten, zeigt das verstaubte Denken dieses Blattes wie die Religion selbst.

    Ist es nicht Aufgabe des Staates, seine Kinder mit Wissen und Erkenntnis in ihre Zukunft zu geleiten, statt sie mit „Es war einmal…-Geschichten” zu langweilen?

  26. Habe jetzt mal wieder zum ersten Mal seit Längerem BILD Online gelesen, ist ja schon ein starkes Stück, irgendwie kann ich dann doch wieder verstehen, dass sich einige verstärkt um Gegenrede bemühen.
    Schlimmer ist eigentlich (unter den mir bekannten „Standardmedien“) nur die Junge Welt. Wie hat die sich positioniert? Bestimmt dagegen, logisch, naja…

  27. #24, Herr Green: In der Tat, ein verwirrender Kommentar. Was glauben Sie, wie Geographie mit Latein und Co. korrespondiert? Meinten Sie Astrologie?
    Und wieso sollte Ihre Erfahrung allgemeingültig sein? Grundsätzlich sollte das Fach Ethik begrüßenswert sein, abhängig von den Inhalten. Da hab ich hier in Sachsen positives gelesen. Ethik als Strafunterricht für Atheisten finde ich dagegen albern.

  28. @4, 21:

    Mal abgesehen davon, daß der Religionsunterricht im Grundgesetz verbürgt wird, halte ich es gerade nicht für eine persönliche Sache, nicht für etwas, das fanatische Eltern nach Gutdünken ihren Kindern indoktrinieren sollten. Religionsunterricht hat durchaus seinen Sinn, wenn er Aufklärungsarbeit in Sachen Religion leistet. In einem christlich-abendländischen Land auch gerne mit Fokus auf die christliche Religion.

    Unkenntnis über etwas, erhöht jedenfalls nicht die Resistenzkräfte und der Religion jede Bedeutung abzuschreiben und zu sagen: laß sie machen, halte ich auch für nicht besonders überzeugend.
    Im Übrigen ist es erschreckend, wie wenig heute über die Bibel gewußt wird. Ich zitiere da immer gerne Bert B. der, wenn er auf eine einsame Insel müßte, die Bibel als Lektüre mitnehmen würde. Und das bestimmt nicht aus bornierter Christlichkeit.

  29. ich ess jetzt mal erst zuende und werde dann FÜR die religiösen spinner stimmen in dem ich mit NEIN stimmen werde.
    nur eine herauslösung der religion aus dem korsett der öffentlichen schulen macht es möglich,dass die zucker sich geifernd einst in fremden zungen sprechend gegenseitig die wege zu ihren nebelwesen weisen werden.

  30. Der immense Einfluss der größtenteils einseitigen Berichterstattung der Bildzeitung auf den Erfolg der Pro-Reli-Kampagne steht wohl tatsächlich außer Frage. Bevor die Bildzeitung sich sozusagen intensiv diesem Thema annahm hatte ich tatsächlich nicht im Entferntesten damit gerechnet, dass Pro-Reli nur den Hauch einer Chance hat.

    Zwar ärgert es mich, dass dieser Fall einmal mehr zeigt, was für einen Einfluss die Bildzeitung auf die Meinung der Bevölkerung hat, andererseits finde ich es genauso ärgerlich, wenn man die persönliche Aversion gegen die Bildzeitung auf die Inhalte, die die Bildzeitung vertritt, projiziert. Pro-Reli kann ja schließlich auch nichts dafür, dass die Bildzeitung sich auf ihre Seite stellt.

    Wie bereits im Beitrag von Alberto Green angedeutet wurde, besteht auch ein größtenteils falsch verbreitetes Religions(unterrichts)bild. Und ich finde es beinahe ein bisschen amüsant, dass sich gerade jene ein Urteil über den Religionsunterricht erlauben, die wahrscheinlich seit Jahren kein Unterrichtszimmer mehr von Innen gesehen haben.
    Ich für meinen Teil bin Abiturientin und besuche eine Schule in kirchlicher Trägerschaft und für mich ist somit der Religionsunterricht auch Pflicht. Zwar kann ich auch nur davon berichten, wie es hier in Baden-Württemberg ist, aber den Religionsunterricht als Plattform für Fundamentalisten darzustellen ist Humbug. Um das zu sehen muss man sich nur mal mit den verschiedenen Lehrplaninhalten auseinandersetzen. Natürlich wird vieles aus dem biblischen Standpunkt aus betrachtet, aber ein nicht geringerer Schwerpunkt wird auch auf andere, gerade auch auf sehr viele philosophische, Ansichten gelegt, sodass der Religionsunterricht zu einer kritischen Auseinandersetzung ermutigt durch die man sich reflektiert für einen eigenen Standpunkt entscheiden kann (der keinesfalls christlich sein muss).

    Aus diesem Grund finde ich es sehr schade, dass der Religionsunterricht oftmals als Stiefkind unserer Kultur und nicht als Bestandteil derselben betrachtet wird. Und dass es nicht gerade viele Schüler gibt, die freiwillig und zusätzlich den Religionsunterricht in unattraktiven Randstunden nehmen ist ja wohl mehr als klar. Und deswegen auch der „Wahlzwang“.

  31. So, gerade mit Nein gestimmt.
    Hauptargument war für mich die durchschaubar verlogene Argumentation von Pro Reli.
    Spalter!

  32. @Julia:
    Habe ich das richtig verstanden, dass in Berlin die Alternative zum Religionsunterricht Ethikunterricht + Religionsunterricht ist, auf den dann der Staat aber keinen Einfluss hat, also keine Lehranweisungen existieren, aber zahlt?

  33. @thom
    wieso finden sie das erschreckend?
    Die Brüder Grimm haben auch schöne Märchen geschrieben und ein Fach Märchenkunde findet sich bis heute nicht.
    Der Verweis auf eine christliche Kultur greift natürlich nur soweit inwieweit man sich darauf einlassen kann und will. Ich bin durchaus dafür religiöse Grundkenntnisse zu vermitteln, das kann doch in einer (vermeintlich) säkularisierten Gesellschaft auch im Geschichtsunterricht erfolgen. Wer seinen Glauben intensivieren möchte, soll das doch bitte in der Kirche tun, nicht umsonst gibt es Konfirmandenunterricht.

  34. @Julia:
    „Und dass es nicht gerade viele Schüler gibt, die freiwillig und zusätzlich den Religionsunterricht in unattraktiven Randstunden nehmen ist ja wohl mehr als klar.“

    Mir ist das ganze Ding etwas esoterisch, weiter oben wurde behauptet, dass der Religionsunterricht sich aus dem GG ableitet, dachte mal, dass jemand dem alten Heinz hier erläutern könnte. :)
    Muss aber nicht sein.

  35. @ Heinz
    Achso.
    Also irgendwie irritierst Du mich jetzt etwas, aber es ist ja so, dass bisher Ethik ein Pflichtfach war und Religion zusätzlich gewählt werden konnte. Pro-Reli fordert, dass Religion und Ethik nun zu Wahlpflichtfächern werden – also dass man sich als Schüler zwischen Religion und Ethik zu entscheiden hat. Pro Reli verspricht sich davon, dass mehr Schüler den Religionsunterricht besuchen, weil es für sie ja sozusagen keine zusätzlichen Stunden bedeuten würde, andererseits ist es dann nicht mehr möglich, beide Fächer zu belegen.
    Und wie das genau mit dem GG aussieht – keine Ahnung.
    Frage ansatzweise geklärt oder habe ich Dich immernoch nicht richtig verstanden`?

  36. Auch ich habe oft den Impuls, eine Sache abzulehnen weil die BILD dafür ist, in diesem Fall war es jedoch so, dass ich durch andere Medien von dieser Abstimmung erfahren habe und instinktiv wusste, wie BILD darüber berichten würde.
    Kinder nach Konfessionen getrennt in Religion zu unterrichten halte ich für kulturell kontraproduktiv bis gefährlich. Dass man es schaffen kann, eine Hochschulreife zu erlangen, ohne dabei wenigstens einmal gezwungen zu werden, sein Glaubensbekenntnis zum jeweiligen Aberglauben zu hinterfragen, sagt viel darüber aus, wie sehr man in unserem Schulsystem kritisches Denken vermittelt bekommt.
    Alles weitere zu der Unsitte, Kindern die Religion ihrer Eltern aufzustülpen, zum Recht auf freie Religionsausübung an der Schule und sowieso alles zum Thema Religion hat Herr Brigstocke netterweise hier zusammengefasst:
    http://www.youtube.com/watch?v=UY-ZrwFwLQg
    :-)

  37. @Julia:
    Sagen wirs mal so: Du konntest mein Verständnis zum Sachverhalt bestätigen.
    Ich schaffe es aber immer noch nicht eine Meinung zu entwickeln, die ich aber wohl entwickeln müsste, wenn ich an der Wahl teilnehmen wollte und in Berlin leben würde.
    Immerhin ist es jetzt klarer um was es geht, SN hat sich jetzt „BILD-diskursiv“ für ein Nein ausgesprochen. Immerhin eine Meinung, besser als mein „Weiss nich“. :–)

  38. An die Kommentatoren, die „die Religionen“ fuerchten, hassen oder denen sie ueberfluessig erscheint:
    Wenn sie Ihrer Sache (vermutlich ProEthik) etwas Gutes tun wollen, verkneifen Sie sich doch bitte diese einseitigen OpiumfuersVolk-Tiraden. So entsteht nur der Eindruck, dass Sie
    1. nicht wissen, was Gegenstand des (christlichen) Religionsunterrichts ist (naemlich u.a. Ethik, versch. jeweils andere Religionen/Konfessionen u. nicht zuletzt Religions-/Glaubenskritik)
    2. fuer einen religionsfeindlichen Ethikunterricht eintreten.
    Der 2. Punkt ist noch gefaehrlicher als ersterer. Denn so schueren sie nur die Angst derjenigen, die den Religionsunterricht in Berlin ins Hintertreffen geraten sehen. Und liefern auf diese Weise munter Gruende, fuer ProReli zu stimmen. Denn Ihre Ahnungslosigkeit von der eigentlichen Materie haben Sie bereits gezeigt.

    Julia, Alberto Green und Kampfstrampler machen ihre Sache da sehr viel besser (wenn auch mit gegensaetzlicher Motivation).

  39. @ Bender
    „Dass man es schaffen kann, eine Hochschulreife zu erlangen, ohne dabei wenigstens einmal gezwungen zu werden, sein Glaubensbekenntnis zum jeweiligen Aberglauben zu hinterfragen, sagt viel darüber aus, wie sehr man in unserem Schulsystem kritisches Denken vermittelt bekommt.“

    Und das ist gerade der Irrglaube der in Bezug auf das Bild des Religionsunterrichtes vorherrscht. Das stimmt einfach nicht. Man bekommt im Religionsunterricht nicht einfach irgendwelche Glaubensinhalte diktiert, die nicht hinterfragt werden. Im Gegenteil.
    Und ich bin der Überzeugung, dass gerade Menschen, die aus einem christlich-fundamentalistischen Hintergrund kommen, im Religionsunterricht oftmals sehr hart und schohnungslos mit kritischen Hinterfragungen konfrontiert werden.

  40. Das Repitieren religiöser Ansichten (ohne diese übernehmen zu müssen selbstverstänclih) wird im Reli-Unterricht gelehrt, nicht unbedingt etwas Gutes, oder?
    Die Kombination aus Ethikunterricht und staatlich unkontrollierem und freiwilligen, aber staatlich bezahlten, Religionsunterricht wirkt kaum attraktiver.

  41. Stefan, du hast die „Bild“ zweimal eine Zeitung genannt – ohne Gänsefüßchen!! Zeilen 5 und 20. Versehen?

  42. @ Julia

    Ich selbst habe Abitur in evangelischer Religion gemacht, da man mir zu Beginn der Oberstufe nicht zusichern konnte, das Fach Ethik durchgängig anbieten zu können und ich gebe Ihnen Recht: Ich hatte einen sehr toleranten Lehrer und durfte dort auch etwas über z.B. Buddhismus lernen. Einige katholische Mitschüler haben da jedoch ganz andere Erfahrungen gemacht.
    Mein Punkt ist, es gibt m.E. keinen vernünftig begründbare Notwendigkeit, Kinder in ihrer jeweiligen (von den Eltern gewählten) Facon ihres Aberglaubens zu unterrichten. Selbst wenn die meisten Lehrer wohl aufgeklärt genug sind, mit sich diskutieren zu lassen.
    Glaube entzieht sich jedoch per Definition jeder rationalen Diskussion und sollte somit an Schulen nichts verloren haben, es sei denn in Form vergleichender Religionswissenschaft, wie sie z.B. im Ethikunterricht stattfinden kann.

  43. Kann es sein, dass es sich hier um den inoffiziellen Auftakt der bild-Zeitungs-Wahlkampf-Unterstützung handelt.

    „Pro-Reli“ ist doch nur Nebensache … das eigentliche Motiv ist „Pro-CSU-CDU-FDP“ – umso gespannter bin ich auf die Beteiligung am Volksentscheid und das Ergebnis.

  44. @ Bender
    Ob Religionsunterricht in der Schule etwas zu suchen hat oder nicht ist wohl eine Grundsatzfrage, die man weder mit Nein noch mit Ja beantworten kann. Sie würden diese Frage aufgrund ihrer Überzeugungen mit Nein beantworten, ich hingegen mit Ja, allerdings bin ich mir dabei bewusst, dass meine persönliche Antwort von meinen Umwelteinflüssen und meiner Selbststeuerung abhängt und ich somit keinen objektiven Anspruch erheben kann.
    Deswegen finde ich auch, dass man diese Frage unbeantwortet lassen und akzeptieren sollte, dass es nicht möglich ist, eine richtige Antwort zu finden – was auch eine Diskussion diesbezüglich überflüssig macht.

  45. @ Julia
    Das sehe ich anders aber meine Erfahrung ist auch, dass Diskussionen über Religion leider sehr selten etwas bewirken, daher werde ich jetzt keine weiteren Resourcen darauf verschwenden und raus gehen das Wetter genießen. :-)

  46. @Julia:
    Das Wissen über Religionen könnte im Ethik-, Geschichts- und Philosophieunterricht (oder was es da sonst noch so alles gibt wie „Sozialwissenschaften“, „Geso“, „GWG“ etc.) verstaut werden.
    Die Notwendigkeit in einer exklusiv dafür vorgesehenen Unterrichtseinheit religiöse Überzeugen zur Kenntnis zu nehmen, um diese in Arbeitseinheiten wiedergeben zu können, besteht offensichtlich nicht.
    „Überflüssig“ ist die Diskussion darüber keinesfalls.

  47. @ Heinz
    Leider kann ich mir darüber keine reflektierte Meinung bilden, da ich nie einen Ethikunterricht besucht habe. Allerdings finde ich, dass berücksichtigt werden muss, dass manche SchülerInnen vielleicht tatsächlich einfach Interesse daran haben, Themen aus einer christlichen Perspektive zu betrachten und das kann der Ethikunterricht nicht bieten, weil er versucht aus einer neutralen Position die verschiedenen Religionen zu beleuchten, aber nicht in ihre Rollen schlüpft (an dieser Stelle kann man mich gerne korrigieren, aber diesen Eindruck habe ich zumindest nach einem kurzen Überfliegen diverser Lehrpläne des Unterrichtsfaches Ethik).
    Und die Pro-Reli-Kampagne ist ja keinesfalls für eine Abschaffung des Unterrichtfachs Ethik, sondern will lediglich eine Gleichstellung. Wenn die SchülerInnen also kein Interesse am Religionsunterricht haben, ändert sich für sie ja im Prinzip rein gar nichts.

  48. @Jonathan
    woher die Annahme, da Sie anscheinend ja ein Bescheidwisser sind, dass im Ethikunterricht religionsfeindlich unterrichtet wird oder verwechseln Sie das eher mit kritisch?

  49. @Julia:
    Es bestünde immer die Wahlmöglichkeit, korrekt.
    Hmm, immer noch keine Meinung. :-)
    Was für „Pro-Reli“ zu sprechen scheint ist, dass der freiwillige unkontrollierte, aber staatlich bezahlte, Religionsunterricht wie bisher anscheinend in Berlin geübt, nichts Gutes erahnen lässt (sofern ich alles richtig verstanden habe – staatlich unkontrollierter und staatlich bezahlter freiweilliger Religionsunterricht, ist das _wirklich_ der Istzustand? Und wie kann sich jemand denn _dafür_ aussprechen? ;–).

  50. @ Heinz
    Ob Religionsunterricht in Berlin derzeit staatlich unkontrolliert ist, weiß ich nicht, bisher ging ich aber von der Annahme aus, dass es nicht so ist. In Baden-Württemberg gibt es beispielsweise in der Oberstufe auch die Möglichkeit als sogenanntes Wahlfach freiwillig Philosophie oder Literatur hinzuzuwählen. Dafür existieren meines Wissens nach Lehrpläne und die Noten stehen auch im Zeugnis, aber es sind eben freiwillige Zusatzfächer. Ich dachte, das ist mit dem Unterrichtsfach Religion in Berlin vergleichbar, aber vielleicht kann uns da jemand, der ein bisschen mehr Ahnung hat, aufklären?

  51. Sorry für das off-topic aber

    @Thom #1: was war die bestmögliche erreichbare Punktzahl? Ich nehme doch mal an, dass diese nicht uneingeschränkt von Ihrer Leistungsfähigkeit abhängig war, oder nicht?

    Sprich waren’s 15 Punkte oder doch eher 3?

    ;-)

    Bezüglich der Thematik: ich bin gegen den Religionszwang, egal wo. Auch halte ich ein Fach wie Ethik für absoluten Quatsch. Ich komme immer gerne mit dem Beispiel um die Ecke, dass ich in der Schule nicht gelernt habe, dass man sich auch über Oralverkehr mit Aids anstecken kann, und mit allen möglichen anderen Krankheiten. Meine Biolehrer waren unfähig. Ich hab es dann in einer Folge „Boston Public“ gelernt. Mit 22. Nächstes Beispiel: Strafbarkeit von Beziehungen mit Minderjährigen. Bis ich 20 war habe ich geglaubt, dass ich wenn ich über 18 bin und eine Beziehung mit einer 16jährigen hätte, in den Knast kommen kann.

    Unabhängig von der ethischen Formel, die bei all diesen Dingen bei mir sowieso weit vorne an gestanden hätte, würde ich mich darüber freuen, wenn die Stunden, die hier für Ethik oder Religion verschwendet werden, für Dinge verwendet werden würden, die die Schüler wirklich gebrauchen könnten. So viele Eltern erwarten, dass ihre Kinder in der Schule auch noch gleich miterzogen werden. Warum gibt es kein Fach, in dem den Schülern Dinge erklärt werden, die für ihr Leben wichtig sind? Erste Hilfe, Verhütung, und in den Abiturklassen vielleicht auch Behördengänge (viele meiner Mitschüler haben sich die 3 Monate zwischen Abi und Uni-Beginn arbeitslos gemeldet, um das Geld mitzunehmen – wer hat denen das erklärt, wie das geht?). Oder Medienkompetenz. Stichwort Recherche, zwei Quellen, machen Egoshooter zu Killern und wie sag ich’s meinen Eltern dass es nicht so ist. Oder die Berichterstattung von „Brisant“ entlarven… oder oder oder

    Für mich war Religion in der Schule die sinnloseste Veranstaltung. Heute sehe ich mich immer mehr bestätigt. Wir haben mit 17 Jahren über Abtreibungen gesprochen, über Eutanasie, über alle möglichen Dinge, von denen ich heute sage: ich hatte keine Ahnung. Vielfach war die Diskussion immer nur ein persönliches Gegenreden meinerseits gegen die Mitschüler, die pro Religion waren. Ich habe mir einen Spaß draus gemacht, die Bibelzitate zu zerpflücken. Im Endeffekt war es absolut verschwendete Zeit, und meiner Ansicht nach gehört hier keine Wahlpflicht hin sondern eine Abschaffung. Religion sollte etwas privates sein, Ethik sollte etwas sein, was einem die eigenen Eltern vermitteln.

    Ich bin für die Trennung von Kirche und Staat und bin immer noch fassungslos, dass ich für meinen Kirchenaustritt ins Landgericht musste. Da bin ich ehrlich gesagt vom Glauben abgefallen.

  52. Ich finde dieses Spektakel hässlich. Eigentlich kann ich mich, ganz sachlich gesehen, nicht auf eine Seite schlagen. Ich selbst habe hier in BaWü nur (ev.) Religion. Das ist eigentlich mehr eine Mischung aus Ethik und Philisophie und gefällt mir sehr gut. Könnte man auch als Ethik definieren. Das mag nun am Lehrer liegen, oder eben am Lehrplan.
    Andererseits gefällt mir auch der Gedanke, dass alle Schüler Ethik haben und Religion dann hinzugewählt wird. Was dass dann aber für ein Religionsunterricht ist, kann ich mir nicht vorstellen. Sicher nicht so wie bei mir.
    Was BILD aber aus dieser Abstimmung gemacht hat, würde mich (könnte ich abstimmen) zu einem NEIN verleiten. Ein Nein, das eigentlich kein Nein zur eigentlichen Sache ist. Das ist mehr als schade.

  53. @ Jonathan

    Was wollten Sie jetzt eigentlich sagen? Soll man seine Meinung hinter dem Berg halten, weil sie von einigen Leuten als Ansporn gesehen werden koennte „Pro Reli“ zu stimmen? Das ist nicht Ihr ernst, oder?

  54. Tach zusammen!

    Schon reichlich verwirrend dieses Glaubenstheater in Berlin! Und warum nun ? Machtgelüste von selbsternannten Bildungsexperten mit Promistatus! So nutzt man demokratische Grundzüge geschickt, in anderen Bahnen zulenken.

    Obwohl ich für eine gesunde Glaubensvielfalt bin und hoffe dass die Berliner Schulbehörde, egal was rauskommt, dann ein waches Auge auf die Konsequenz des heutigen Ergebnis hält.

    Ich befürchte aber Pro Reli könnte ein Hort,von alten verkrusteten Strukturen in bester Katholizität sein.Mich wundert da nur die Rolle von Bischof Huber massiv.

    Wenn ich Berlinerin wäre, würde ich bei allem“ für „und „wieder“ für NEIN stimmen. Das erklärt sich am Ende auch aus meiner Funktion , als Mitglied im Bundesvorstand der schwul -lesbischen Sozialdemokraten ( SCHWUSOS) Wir befürchten hier würde einer neuen Welle von nie gekannter Homophobie Vorschub geleistet werden. Was wohl die schwulen Fans von Desireé Nick, dazu meinen? Wenn diese als Pro Reli -Befürworterin, sich als Mitschuldige per se in Sachen neuer Intoleranz als eben auch Homophobie zeigt! Nun ja! In 4 Stunden wissen wir wohin diese Reise dann geht.Und was zutun ist um eine mögliche Aufspaltung der unterschiedlichsten Kulturkreise zuvor zukommen!

    So ab in die Sonne! Macht was aus diesem Sonntag !

    Herzliche Grüße aus Potsdam!

  55. Hallo in die Runde!

    Schon reichlich verwirrend dieses Glaubenstheater in Berlin! Und warum nun ? Machtgelüste von selbsternannten Bildungsexperten mit Promistatus! So nutzt man demokratische Grundzüge geschickt, in anderen Bahnen zulenken.

    Obwohl ich für eine gesunde Glaubensvielfalt bin und hoffe dass die Berliner Schulbehörde, egal was rauskommt, dann ein waches Auge auf die Konsequenz des heutigen Ergebnis hält.

    Ich befürchte aber Pro Reli könnte ein Hort,von alten verkrusteten Strukturen in bester Katholizität sein.Mich wundert da nur die Rolle von Bischof Huber massiv.

    Wenn ich Berlinerin wäre, würde ich bei allem“ für „und „wieder“ für NEIN stimmen. Das erklärt sich am Ende auch aus meiner Funktion , als Mitglied im Bundesvorstand der schwul -lesbischen Sozialdemokraten ( SCHWUSOS) Wir befürchten hier würde einer neuen Welle von nie gekannter Homophobie Vorschub geleistet werden. Was wohl die schwulen Fans von Desireé Nick, dazu meinen? Wenn diese als Pro Reli -Befürworterin, sich als Mitschuldige per se in Sachen neuer Intoleranz als eben auch Homophobie zeigt! Nun ja! In 4 Stunden wissen wir wohin diese Reise dann geht.Und was zutun ist um eine mögliche Aufspaltung der unterschiedlichsten Kulturkreise zuvor zukommen!

    Herzliche Grüße aus Potsdam!

  56. Sehr sorry! Das System hatte beim ersten Posting etwas sehr geharkt. Und so gab es differenzierte Änderung von meiner Seite!Um meinen Text hier ein zukriegen.Da wusste ich nicht dass der erste Versuch doch geklappt hat!

    – ALSO BITTE NICHT IRRITIREN LASSEN –

    Vielen Dank!

  57. Interessant ist, dass die meisten, die sich hier für Pro Reli stark machen, in keinster Weise erwähnen, dass es eigentlich von ziemlich geringen Vertrauen in die eigene Position zeugt, die Schüler zu einer Wahl zu zwingen (Wahlzwang passt doch wohl eher zu Pro Reli, oder?).
    Wenn denn ein Schüler wirklich religiös wäre, so sollte es ihn wohl nicht davon abhalten, sich freiwillig im Fach Religion zu engagieren.
    Wie heißt es so schön:“ Wenn man einen Baum schüttelt, fallen die faulen Früchte zuerst.“ Auch kann ich nicht vestehen, wie die Mehrheit der Pro-Reli-Anhänger einfach so über das Fach Ethik herfallen, ohne selbst jemals eine einzige Stunde gehabt zu haben. Ich persönlich hatte auch nie eine Stunde Ethik, dafür aber viel Religion (Natürlich, wie scheinbar fast jeder hier, in BaWü/ev.). Religion war für mich eins der schönsten Fächer an der Schule, besetzt mit Lehrern, die noch wesentlich ungläubiger waren, als ich. Ich würde es nicht missen wollen.
    Doch das sind meine persönlichen Erfahrungen, und wenn ich eines im Leben gelernt habe, dann ist es, persönliche Erfahrung nicht zu hoch zu bewerten. Die Argumente der Pro Ethik Leute, die sich nicht aus persönlicher Erfahrung speißen, sind m. E. einfach besser, weil rationaler. Ich würde jedem einen Reli-Unterricht wie den meinen wärmstens ans Herz legen, doch soll mich das nicht in Versuchung führen, Reli-Unterricht allgemein als so liberal zu sehen, wie er bei mir war.
    Deshalb bin ich eindeutig Pro Ethik.

    P.S.
    Julia, wo hat man in BW eingtlich die Gelegenheit Phil. oder Lit. zu wählen? War in einer recht großen Schule, konnte aber höchstens Psychologie wählen.

  58. @ 43: „wieso finden sie das erschreckend?
    Die Brüder Grimm haben auch schöne Märchen geschrieben und ein Fach Märchenkunde findet sich bis heute nicht.“
    – Na ja: wenn diese Märchen prägendes Merkmal unserer Kultur wären, so wären sie eines Faches würdig (abgesehen davon, daß sie im Deutschunterricht gelehrt werden). Eine Märchensammlung mit der prägenden Kulturreligion zu vergleichen, hinkt ohnehin gewaltig. Und daß man sich seinen Wurzeln einfach entziehen könne, indem man sich für unchristlich erklärt, ist so naiv, als könnte sich ein Kranker heilen, indem er aufhört an seine Krankheit zu glauben. Wir alle sind Kinder der Kultur, die wir konstituieren und die uns konstituiert.

    Ich war das, der vom Grundgesetz sprach. Und zitiere es nun, damit wir mal vom „Glauben“ wegkommen. Artikel 7, (3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. (…).

    @ 52: Ihre armen katholischen Mitschüler. Ich bin so einer. Abitur gemacht in Religion(skritik). Gelesen haben wir Feuerbach, Marx und Freud. Und der Lehrer sagte damals: wenn der Papst stirbt, dann bitte nicht Ratzinger. Aber für Sie sind sicher alle Katholiken Hinterwäldler, und wehe einer entspricht nicht Ihrem Klischee.

    @ 65: Ach, ja. Die bestmögliche Punktzahl ist die Maximalpunktzahl. Für mich, wie für jeden anderen.

    @ 71: Katholizität und im nächsten Satz Huber. Ich finde Ahnungslosigkeit gefährlich. Das Grundgesetz wird zitiert, aber statt nachzulesen, was dort steht, faseln man lieber ahnungslos weiter: Könne ja nicht sein, Religion in den Schulen, wie komme man darauf usf. Informieren, dann schreiben.

  59. Und noch eines: „wer seinen Glauben stärken wolle“. Genau dafür ist Religionsunterricht nicht da. Wer seinen Glauben stärken will, geht in die Kirche oder auf den Jaboksweg. Religionsunterricht soll Licht ins Dunkel bringen. Gerne auch gemeinsam mit Ethik.

  60. @ Max Krapp
    Also ich besuche ein berufliches Gymnasium (mit Pädagogik/Psychologie als Hauptfach) und da kann man das (zumindest dann, wenn genügend Schüler Interesse daran haben und ein Kurs zustande kommt). Wobei ich eigentlich dachte, dass man das auch an allgemeinbildenden Gymnasien kann, aber anscheinend habe ich mich da getäuscht…!?

  61. Darüber hinaus muss ich Thom in dieser Hinsicht zustimmen: Religionsunterricht ist nicht mit Konfirmadenunterricht oder dem Kirchenbesuch zu vergleichen. Beim einen gehts um Wissen und beim anderen um Glaubensstärkung, was ein signifikanter Unterschied ist. Keines der beiden kann das andere ersetzen.

  62. @Julia
    Nun, kann mich nicht erinnern, an meiner Schule je was von Literatur oder Philosophie als Fach gehört zu haben. Aber vielleicht sind die allgemeinbildenden Gymnasien im Badischen doch so rückständig, wie mir manchmal gesagt wurde ;- )

  63. Das hängt doch von der Schule ab. Ich weiß von Gymnasien in Baden-Württemberg, daß sie Philosophie unterrichten. Sollte es überall geben. Mein Lieblingsfach gewesen.

  64. @ Thom
    Denke auch, dass es von der Schule abhängt. Je nach dem, welche Ausrichtung man sich geben möchte (Oder was einfach an Lehrermaterial verfügbar ist).
    Psycho (wie wir es liebevoll nannten) war aber auch ein sehr lustiges Fach, kann es ebenfalls nur weiterempfehlen.

  65. Die bestmögliche Punktzahl _für mich_ haben Sie geschrieben, Herr Thom. Und die bestmögliche Punktzahl _für mich_ (Sebastian) im Mathematik-LK war niemals 15. Selbst mit viel Lernen war sie immer 13.

    Nicht dass ich das erreicht hätte. Aber ich kenne meine Grenzen. Aber das ist Haarspalterei, ich hatte meinen Spaß mit Ihrer Formulierung und ich weiß was sie meinen also Schwamm drüber :-)

  66. @76
    Religion mag prägend gewesen sein, nur leben wir nicht mehr im 19ten Jahrhundert. Die Kirche spielt zum Glück immer weniger eine Rolle, zwar immer noch eine viel zu große, aber der Einfluss schwindet zusehends. Man sollte hier durchaus zwischen Kirche und Glauben unterscheiden, Elemente die sich nicht zwingendermassen bedingen.
    Nur weil sich ein Kultur des Christums über 2000 Jahre gehalten hat, muss diese nun auch erhalten werden? Reichlich naiv erscheint mir die Bibel tatsächlich als nichts anderes als eine Geschichtensammlung zu sehen. Als hätte die Aufklärung nie stattgefunden.
    Und was spricht dagegen Religion auch im Geschichtsunterricht zu behandeln und um mal pragmatisch zu werden die verbleibenden Schulstunden auf sinnvolles wie Englisch oder Politikwisschenschaft zu verteilen?

    Frankreich macht es doch vor, dort wird ein Laizismus eben auch in der Schule durchgeführt und ich bin mir sicher, dass die Kinder und Jugendlichen genug kulturhistorisches vermittelt bekommen.

  67. Nur als Einwurf: Ich wäre dafür, persönliche Erfahrungen mit Religionsunterricht komplett aus dieser Diskussion herauszunehmen, weil niemandes Erfahrung Anspruch auf Allgemeingültigkeit stellen kann. Ich selber habe katholischen Religionsunterricht (in Bayern) als größtenteils von Strenggläubigen gelehrt erfahren; als Fach, in dem jedes Jahr die Bibel und Jesus die Hauptthemen sind, andere Religionen nur am Rande erwähnt werden, um dann sofort wieder mit dem Katholizismus verglichen zu werden; als Fach, in dem zwar Feuerbach, Marx, Engels, Nietzsche und Konsorten besprochen wurden, der Hauptpunkt aber war, Gegenargumente gegen deren Religionskritik zu finden.
    Schön, dass es offensichtlich nicht überall so aussieht. Umso wichtiger scheint es mir, die Diskussion auf eine einigermaßen objektive Basis zu stellen und sich nicht von „Bei mir was es aber toll/blöd“ leiten zu lassen.
    Und nun weiter im Text…

  68. Eigentlich wollte ich mich aus dem ganzen raushalten, hab den ganzen Drängelbriefen (Pro Reli, Linke, erzbischöfliches Ordinariat..) standgehalten, bis ich gestern Nacht diesen Beitrag (inklusive Link zum LSVD) gelesen hab.
    Da habe ich beschlossen, heute doch noch mein Kreuzchen zu machen.

  69. Ah, zum Glück gibt es auch vernünftige Menschen in diesem Blog.

    Wie schon geschrieben wurde, ist der Religionsunterricht kein Vermitteln von Glauben (dafür sind die Kirchen zuständig). Im Religionsunterricht findet man viele Sachen vor, die man fast schon gar nicht dort vermuten würde.

    Zum Beispiel hatten wir die Möglichkeit im Religionsunterricht Vorschläge zu machen. Da wurde dann über Religionskritik gesprochen (Drewermann, Hans Küng), über andere Religionen, über Sekten, über die Untaten der Kirche in der Vergangenheit (Inquisition, Hexenverfolgung, Kreuzzüge, etc.), über aktuelle Geschehnisse.
    Dann wurden aber auch Werte vermittelt, es wurde oft kontrovers diskutiert.

    Hier scheinen viele Religionsunterricht mit Religionspropaganda zu verwechseln. Es wird keiner gehirngewaschen, man wird nicht auf die Kirchenseite gezogen. Es ist völlig neutral. Jeder könnte daran teilnehmen, ob Christ, Jude, Moslem, Buddhist, Hindu, Atheist, Satanist, etc.
    Ich glaube sogar, dass Diskussionen zwischen diesen unterschiedlichen Einstellungen noch viel besser wären. Man sollte diesen Unterricht als Chance sehen, seine eigenen Vorstellungen mit anderen kontrovers zu diskutieren.
    Stattdessen wird leider wieder mal die Holzhammermethode angewandt: Religionsunterricht = Kirche, Kirche = Buh, ergo „Weg damit!“.

    Schade, dass hier so undifferenziert diskutiert wird.

  70. @ Jonas Schaible
    Ja, so kann ich das unterschreiben. Eine Verallgemeinerung der eigenen Erfahrung ist nicht nur in diesem Zusammenhang gefährlich, denn sie führt auf einen falschen Weg. Man bewerte bitte nur die objektiven, für alle nachvollziehbaren Argumente. Ansonsten wird diese Diskussion aus dem Ruder laufen, denn Gefühle und Erfahrungen sind keine Basis für eine gesunde Diskussion (außer diese Diskussion hat Erfahrungen zum Gegenstand). Ähnliches wollte ich auch schon weiter oben darlegen.

    P.S.
    Sie bestätigen mir übrigens meine Vorurteil über bayrischen Religionsunterricht ;- )

  71. @ Max Krapp
    Literatur gibt es bei uns in der Oberstufe als freiwilligen Kurs. Ich habs gewählt – es war ein Fehler – wir schreiben Kurzgeschichten und machen hin und wieder Theater-Zeug anstatt über Bücher, Geschichten und Autoren zu diskutieren und zu interpretieren (das war meine Vorstellung).
    Philosophie haben zu wenige gewählt. Leider.

  72. Ich verstehe nicht, warum es den Gegnern von Pro Reli so schwer fällt, die Freiheitsrethorik der Befürworter zu enttarnen.
    Wenn man es so macht, wie Pro Reli es fordert, führt das zu zwei Ergebnissen: Ethik ist kein Pflichtfach mehr. Und interessierte Schüler können nicht mehr beides gleichzeitig belegen. Egal, wie geschickt diese simple Faktenlage einem als vermeintliche Freiheit verkauft wird – richtig wird das dadurch nicht.

    Dass ein Pflichtfach immer bedeutet, keine Wahlfreiheit zu haben, gilt auch für Deutsch, Mathe, Englisch…

  73. @ 83: „Ich habe seinerzeit mein Abitur in Religion gemacht und die bestmögliche Punktzahl erreicht.“ Das habe ich geschrieben. Unter 1. nachlesbar. An meiner Formulierung hatten Sie also wenig Spaß, eher an Ihren Hirngespinsten.
    @ 84: Ihren Optimismus bezüglich Frankreich (wo ich wohne), teile ich nicht. Im Geschichtsunterricht wird Religion fraglos behandelt. Aber auch eine Betrachtungsweise von innen halte ich für sinnvoll, wenn man unsere Kultur verstehen möchte. Die Gleichsetzung Kirche = Religion zeugt übrigens nicht von besonderem Verständnis. Selbst wenn die Kirche ganz verschwände, bliebe die kulturelle Prägung.
    @ 85: Die Forderung ist alt und verkehrt. Natürlich muß man von seinen Erfahrungen ausgehen. Zwar darf man sich nicht darauf beschränken, vergißt man sie aber, so muß man unbesehen jedem Statistiker glauben, der einem die Welt erklärt. Die Verleumdung von Erfahrung führt zu vielen der falschen Glaubenssätze, die heute unsere Kultur bestimmen.

  74. Gut Sie haben gewonnen und ich geb zu ich hab mich wohl am meisten selbst amüsiert :-)

    Ich verkneife mir dann auch das Eingehen auf andere Punkte da ich mich ja irgendwie in die Situation manövriert habe, Dinge falsch zu interpretieren. Klassisches Eigentor. Aber trotzdem lustig. Ich hatte wohl einfach Lust zu lachen :-)

  75. @fauli:
    > Wenn man es so macht, wie Pro Reli es fordert, führt das zu zwei Ergebnissen: Ethik ist kein Pflichtfach mehr.

    Mir scheint die dritte und nicht zur Wahl stehende Lösung „Ethik=Pflichtfach, Religion=staatlich anerkanntes und entsprechend mit Lehrinhalten versorgtes Wahlfach“ wäre am besten. (Sofern Dir die dreiwertige Logik begreiflich ist, letztes Mal hatte ich da doch einige Zweifel. ;–)
    Sollte „Nein“ gewinnen haben wir weiterhin den, wie ich finde, untragbaren Zustand, dass der Religionsunterricht zwar freiwillig und finanziert, aber nicht vom Staat kontrolliert wird.

  76. @ Heinz:
    „staatlich unkontrollierter und staatlich bezahlter freiweilliger Religionsunterricht, ist das _wirklich_ der Istzustand?“

    Ganz so ist es nicht. §13 SchulG (Berlin):
    (1) […] Als Träger von Religionsunterricht kommen nur solche Vereinigungen in Betracht, die die Gewähr der Rechtstreue und der Dauerhaftigkeit bieten […]
    (3) Die Religionsgemeinschaften übernehmen die Verantwortung dafür, dass der Religionsunterricht gemäß den für den allgemeinen Unterricht geltenden Bestimmungen durchgeführt wird. Sie reichen bei der für das Schulwesen zuständigen Senatsverwaltung Rahmenlehrpläne ein, die erkennen lassen müssen, dass der Religionsunterricht den pädagogischen und fachlichen Maßstäben gerecht wird, die an den allgemeinen Unterricht gestellt werden.

    Auch die Finanzierung liegt meines Wissens in der Hand der Kirchen. Die Schulen halten lediglich Lücken im Stundenplan frei und stellen Unterrichtsräume unentgeltlich zur Verfügung.

    Das falsche „Religions(unterrichts)bild“ ist ein Argument, dass ich mir in den letzten Tagen desöfteren anhören durfte. Diesen Punkt kann ich gar nicht nachvollziehen, denn wenn das „richtige“ Religionsunterrichtsbild eines ist, das vor allem ethisch-philosophische Fragestellungen betrachtet werden (was ich aus meinem Unterricht, der auch noch nicht so lange her ist, durchaus bestätigen kann), dann gibt es doch erst recht keinen Grund, eine Schulklasse in vier Konfessionen plus eine Ethikklasse aufzuspalten um dann allen mehr oder weniger dasselbe beizubringen.

  77. @Heinz: Bitte nicht… ( damit meine ich sowohl, letzte Diskussion aufzuwärmen, als auch Begriffe wie „dreiwertige Logik“ zu erfinden, um eventuellen Unsinn, den man erzählt, zu tarnen. )

    Aber, by the way: Ich verstehe ihren Standpunkt diesmal sogar – gesetzt dem Fall, es ist wirklich so, wie Sie es darstellen und es gibt keine Lehrinhalte in Religion, die Pflicht sind ( sofern man dieses Fach belegt hat ).

    Allerdings teile ich ihn nicht, das Ausdünnen gemeinschaftlicher Ethikkurse, gerade an Schulen mit Schülern besonders vielfältiger religiöser Ausrichtung, halte ich für ein wesentlich größeres Übel.

    Und meine Kritik richtet sich ja auch gegen die Rethorik, die Pro Reli benutzt, um Freiheit zu suggerieren, wo keine besteht. Dass mit einer Wahlpflicht Freiheit einherginge ist, unabhängig davon, welches Ergebnis man für wünschenswert hält, natürlich Unsinn. Aber trotzdem ist es das stärkste Argument von Pro Reli.

  78. @Andre:
    Ist aber eine wüste Sache, wenn der Religionsunterricht – gerade bei der Bevölkerungsstruktur Berlins – „Sache der Religionsgemeinschaften“ bleibt, oder?
    Berliner Schulgesetz &13.
    Finanzierung fast vollständig durch den Senat.
    Danke für die Info.
    @fauli:
    Hab mich mit „Pro-Reli“ nicht näher auseinandergesetzt, bin hier erst von Julia etwas näher instruiert worden.
    Der christliche Religionsunterricht scheint in Berlin allerdings ganz praktisch vor die Hunde zu gehen, wenn nicht angepasst wird, wobei ich das nicht werten will.
    BTW:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Dreiwertige_Logik

  79. Wieso sollte der chrisltiche Religionsunterricht in Berlin vor die Hunde gehen? Und an was soll hier was angepasst werden, damit das nciht passiert?

    Zum Wikipedia-Artikel: Aha. Es gibt also tatsächlich mehrwertige Logiken. Ich nehme zurück was ich geschrieben habe. Sie brauchen nicht mal erfinden, um zu tarnen.

  80. @Thom, #91:

    Ich rede nicht davon, dass eigene Erfahrungen per se für Diskussionen unbrauchbar sind. Nur gehen in diesem Fall die Diskutanten, die sich gegenseitig eine falsche Bewertung der Sachlage vorwerfen, von unterschiedlichen Standpunkten aus. Dieser unterschiedliche Standpunkt ist an sich noch nicht problematisch; solange man seine Erfahrungen zur Debatte stellt und bittet, sie auch zu bedenken, ist alles in Ordnung. Problemtaisch wird es dann, und das passiert hier, wenn die eigene Erfahrung verabsolutiert wird.
    Religionsunterricht ist keine religiöse Indoktrination, sagen diejenigen, die einen liberalen, kritischen Unterricht genossen haben.
    Religionsunterricht ist nicht weltoffen und kritisch, sagen diejenigen, die gegenteilige Erfahrungen gemacht haben.
    Das mag für die jeweiligen Personen zutreffen, es ist aber doch keine Grundlage, auf der ich Vor- und Nachteile eines Religionsunterrichts bewerten kann. Religionsunterricht kann sowohl kritisch sein als auch religiöse Indoktrination. Diesen Schluss kann ich aus beiden Erfahrungen ziehen, diesen Schluss sollte ich daraus ziehen. Zu sagen es ist so oder so, hilft niemandem weiter und führt in die Irre respektive in zwei unversöhnliche Fronten.
    Und zum Thema: Was André in #94 anspricht, erscheint mir plausibel; wenn sich Religionsunterricht in den Augen derer, die Religionsunterricht unterstützen, kritisch mit der Religion auseinandersetzen und philosphische Elemente beinhalten sollte, warum bedarf es dann überhaupt eines solchen Unterrichts? Was spricht dann gegen „Ethik“ (oder „Weltanschauungen“, was ich treffender fände, da „Ethik“ ja etwas subjektives ist, mithin nicht im eigentlichen Sinne gelehrt werden kann) als Fach für alle, in dem verschiedene Religionen, deren Inhalte und deren Geschichte genauso wie philosophische Ideen und Weltvorstellungen behandelt werden? Das wäre doch dann, was Befürworter eines offenen Religionsunterrichts fordern – nur ohne die Aufspaltung in Konfessionen und Religionen und damit eher verbindend, weniger trennend.

  81. Naja, der unterschwellige Übergang von Wahlpflichtfach zu Wahlzang würde vom Niveau her auch gut zur Bild-Zeitung passen. Das Wahlpflichtfach ist ein vom Schüler aus einem Angebot ausgewähltes Pflichtfach. Also Wahl-Pflichtfach, nicht Wahlpflicht-Fach, wie theo (Nr.74) schon oben schrieb. Mit der Pflicht zur Wahl hat das nicht das Geringste zu tun.

  82. @Trax: Mit Pflicht zur Wahl hat das im konkreten Fall alles zu tun: Wenn „Pro Reli“ gewänne (wonach es im Moment nicht aussieht), würden die Schüler in Zukunft zwischen Ethik und Religion wählen müssen. Sie könnten nicht mehr beides belegen.

    (Alternativ dürfen Sie das Wort „Wahlpflicht“ a.k.a. „Wahlzwang“ auch gerne auf die Regelungen in Ländern wie Belgien beziehen, um Herrn Claussens Gedanken, nur ewiggestrige DDR-Schwergen könnten darauf kommen, die eine Worthälfte mit der anderen zu kombinieren, als Mumpitz zu enttarnen.)

  83. Sorry, der Hintergrund zu dem Thema ist irgendwie an mir vorbei gerauscht. Daher bin ich vorhin aus diesem Entry ausgestiegen. Vielleicht vermisse ich einfach einen vernünftigen einordnenden Absatz. Den habe ich nun vom Deutschlandfunk bekommen: http://www.dradio.de/aktuell/955405/

    Was ist denn nun das Problem? Sie mögen BILD nicht, aber wundern sich, dass Sie BILD-Kampagnen auch nicht mögen?

    Ich verstehe ehrlich gesagt dieses Fünkchen Hoffnung nicht. Warum sollte BILD nach all den Jahren damit anfangen, Meinungsvielfalt zu vermitteln? Das Blatt funktioniert doch auch ohne wunderbar – und die BILD-Leseratten sterben letztlich auch nicht an der Einseitigkeit. Ganz im Gegenteil: Es lebt sich für alle Beteiligten wesentlich leichter. Die komplexe Welt ist ohnehin nur für jene da, die sich Gedanken machen… ;-)

  84. @Stefan (Nr. 101): Darüber, dass Claussens Kritik übers Ziel hinausschießt, brauchen wir nicht zu diskutieren.

    Aber jede Wahl zwingt zu einer Entscheidung. Nach bisheriger Rechtslage wird man zur Entscheidung „Reli: ja oder nein?“ gezwungen, bei einer Änderung zur Entscheidung „Ethik oder Reli?“. Derartige in beiden Fällen vorliegenden und jeder Art von Wahl innewohnenden Alternativangebote nur in einem Fall als Wahlzwang zu diffamieren, ist nicht sachlich.

    Wahlpflicht bedeutet etwas ganz Anderes, nämlich die Pflicht zur Stimmabgabe und evtl. eine Sanktionierung bei Verstoß gegen diese Vorschrift. Wenn also jemand, der sich nicht für Ethik oder Reli entscheidet, dafür in Betragen eine 4 bekommt, dann ist das ein echter Zwang zur Wahl.

  85. @Trax:

    Darüber, dass Claussens Kritik übers Ziel hinausschießt, brauchen wir nicht zu diskutieren.

    Ah, schade. Denn genau das war mein Thema. Ich finde den Begriff „Wahlzwang“ treffend und weniger irreführend als die offenen Lügen der „Pro Reli“-Kampagne und ihrer prominenten Testimonials wie Tita von Hardenberg und Günther Jauch, die schlicht die Unwahrheit sagen. Dass man den Begriff „Wahlzwang“ trotzdem für nicht treffend halten kann — klar. Dass man sagt, nur Linksfaschisten und unverbesserliche DDR-Regimetreue könnten auf so einen Begriff kommen — gaga. (Wie man auch an der harmlosen Existenz dieses Begriffes im Zusammenhang mit dem belgischen Wahlrecht und im Wort „Wahlpflichtfach“ sehen kann.) Nichts anderes habe ich gesagt.

  86. Ich frage mich wie lange es dauert, bis Bild und Pro-Reli uns erklären, inwiefern sie eigentlich doch gewonnen haben.

    Haben sie schon? Bin ich zu spät?

  87. @Thom, #76: „Und daß man sich seinen Wurzeln einfach entziehen könne, indem man sich für unchristlich erklärt, ist so naiv, …“

    Hm. Die Christen konnten die Römer auch nicht iherer römischen Wurzeln entledigen, und die Römer dann die Germanen niicht deren Waldreligion austreiben, weshalb der unchristliche Tannenbaum plus Osterhase uns aufmunternd aus dem Christentum entgegenwinken?

    Wir legen heute ein wenig mit fest, wie chrislich es hier in 5, 10 und 100 Jahren ist, aber jede Genereration hat wieder die Möglichkeit selbst zu bestimmen, wie christlich sie sein will, und ja, ich entziehe mich bewußt meinen derartigen Wurzeln – ich gehe nicht in die Kirche, ich spreche kein Tisch- und kein Nachtgebet, ich bekreuzige mich nicht wenn ich eine Kirche betrete oder ein göttliches Tor schieße, und ich habe mein Kreuz heute nicht getragen, sondern bei „Nein“ gemacht.

    Die Wurzelmetapher ist völlig unpassend – das klingt so als würde ich absterben, wenn ich meine Wurzeln verliere – tatsächlich blühe ich aber auf.

  88. @JMK, #108: Der Volksentscheid Flughafen Tempelhof ist auch gescheitert – dennoch haben sich die Verlierer zu eigentlichen Siegern erklärt.

    Deshalb auch „eigentlich“.

  89. @Stefan: Die Überschrift des Themas hieß „Gute und weniger gute Gründe gegen Pro Reli“, und ich wollte darauf hinweisen, dass einer der von Dir anscheinend als gut angesehenen ein schlechter ist. Es macht schon einen Unterschied, ob Claussen ein berechtigtes Argument der Pro-Reli-Gegner pervertiert oder ob er nur ein unberechtigtes Argument in übertriebener Form geißelt. Dem Kern Deiner Kritik, dass die Bild-Zeitung nicht neutral berichtet, tut das natürlich keinen Abbruch. Es relativiert sie lediglich ein wenig.

    Zu Deinem Verweis auf das belgische Wahlrecht kann ich nur wiederholen: Der Zusammenhang zwischen den Worten Wahlpflicht und Wahlzwang wird von mir gar nicht bestritten und ist im dortigen Kontext völlig OK. Nur der Zusammenhang zwischen Wahl-Pflichtfach und Wahlzwang(-Fach), bei dem also sozusagen der Bindestrich umgestellt wird und eine tatsächlich gar nicht vorhandene Wahlpflicht suggeriert wird. Und genau letzterer Zusammenhang wird (aus was für Beweggründen und Ursachen auch immer) von den Pro-Reli-Gegnern hergestellt.

    Mag sein, dass die Pro-Reli-Unterstützer mit den gleichen Methoden arbeiten, aber das macht es nicht besser.

  90. @ Herr Niggemeier(101):

    „Mit Pflicht zur Wahl hat das im konkreten Fall alles zu tun: Wenn „Pro Reli” gewänne (wonach es im Moment nicht aussieht), würden die Schüler in Zukunft zwischen Ethik und Religion wählen müssen. Sie könnten nicht mehr beides belegen. “

    Das geht nur arg an der Realität vorbei. Wie viele Kinder nehmen diese Freiheit 2 Fächer nebeneinander belegen zu „dürfen“ denn tatsächlich in Anspruch? 5%? 10%? Das ist leider in etwa so fair als würde Coca Cola dafür sorgen, dass man für Pepsi Cola die fünffache Umsatzsteuer bezahlt und sich hinterher damit rechtfertigt, der Kunde könne doch immernoch frei wählen.

    Insofern hat Herr Clausen mit seiner Kritik vollkommen recht, auch wenn er sie mit hochrotem Kopf verfasst zu haben scheint.

  91. @ JZ

    nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.

    Wenn Sie Religion mit Softbrause gleichstellen moechten – bitte, das bleibt Ihnen unbenommen. Jedoch sollten sich Eltern (in diesem Fall) fragen, warum Sohnemann oder Toechterchen trotz ach so christlicher Erziehung solange keinen Bock auf Reliunterricht haben, wie dies „Mehrarbeit“ in Form von zusaetzlichen Unterrichtsstunden bedeutet.

    Wenn es das schon nicht wert ist, dann kann man den Sinn und Zweck von Reliunterrnicht erst recht hinterfragen.

  92. @bloodyfox: 1. „never joke with names.“ – Mit Amen macht man keine Witze.
    2. Reimer ist im hohen Norden der BRD ein häufiger Vor- und Nachname.

  93. @ SQN & JNK

    Weder habe ich behauptet, dass es schlecht sei, seine Meinung zu aeussern, noch gehe ich davon aus, dass Ethikunterricht religionsfeindlich ist. Nachdem ich mir mein Geschriebsel noch einmal durchgelesen habe, wird mir das Missverstaendnis klar.
    Ich habe nur angemerkt, dass man seiner Sache nicht weiterhilft, wenn man nicht auf den rechten Ton achtet.
    Und evtl. haette der Eindruck entstehen koennen, dass die Kommentatoren, die pro Ethik waren und Religion an sich „kritisiert“ oder verunglimpft haben, einen (nicht „den“) religionsfeindlichen Ethikunterricht begruessen wuerden. Ich kann und will nicht behaupten, dass er das bis jetzt war. Es ging mir lediglich um die Wirkung ihrer Aussagen. Denn mir sind sie ehrlich gesagt auf Grund ihrer Radikalitaet sauer aufgestossen. Und natuerlich bin ich mir sicher, dass kaum jemand durch diese einseitigen Kommentare frustriert ProReli waehlen geht…
    Im Uebrigen habe ich oben bereits erwaehnt, dass christlicher Religionsunterricht auch Religionskritik beinhaltet…

    Zum Glueck ist es ja aber noch einmal gut ausgegangen.

  94. @Heinz: Ich spielte auf unsere letzte Diksussion an – das hat hier allerdings nichts zu suchen.

    @JZ: Aha. Und weil die Freiheit, beide Fächer zu belegen, nur von wenigen ausgeschöpft wird, hat Herr Claussen Recht?
    Den Vergleich mit der Cola verstehe ich übrigens nicht. Wo hat das ganze was mit Fairness zu tun? Wem gegenüber ist die alte Regelung ( die jetzt auch wieder die neue ist ) denn unfair?

  95. @113:

    „Wenn Sie Religion mit Softbrause gleichstellen moechten – bitte, das bleibt Ihnen unbenommen. Jedoch sollten sich Eltern (in diesem Fall) fragen, warum Sohnemann oder Toechterchen trotz ach so christlicher Erziehung solange keinen Bock auf Reliunterricht haben, wie dies „Mehrarbeit” in Form von zusaetzlichen Unterrichtsstunden bedeutet.

    Wenn es das schon nicht wert ist, dann kann man den Sinn und Zweck von Reliunterrnicht erst recht hinterfragen.“

    D.h. Sie glauben, wenn es anders herum wäre (Religion Standard + Ethik freiwillig), wäre die Quote derjenigen, die beides belegen exorbitant höher?

    Und wenn nicht, müsste man dann nicht den Sinn und Zweck von Ethikunterricht erst recht hinterfragen?

  96. @JZ: Ein wesentlicher Sinn des Ethikunterricht ist der, dass alle ihn gemeinsam besuchen, egal welcher Religion sie angehören oder nicht. Er wurde nicht zuletzt ins Leben gerufen, nachdem wohl eine beunruhigende Zahl türkischstämmiger Jugendlicher einen sogenannten „Ehrenmord“ in Berlin eher bejubelte als verurteilte.

  97. @117: Nein, die Unfairness besteht darin, dass beide Optionen nicht gleichermaßen zugänglich sind. Denjenigen, die bei gleicher Wahlmöglichkeit Religion wählen würden, werden unnötig Steine in den Weg gelegt. Diese Steine werden anschließend einseitig runtergespielt, weil man ja schließlich kann, wenn man nur genug Willen/Glauben/wasauchimmer hätte. Eine recht gefährliche Denke. Es gab ja mal eine Zeit in Deutschland da konnte man auch jeden Beruf wählen, wenn man denn nur vorher in die richtige Partei eingetreten ist*

    *ich möchte anmerken, dass ich zu diesem Godwin gewissermaßen genötigt wurde

  98. Eins möchte ich noch loswerden: Die Macht der Bildzeitung wurde wohl überschätzt. Trotz großer Kampagne eine, wenn auch knappe, Schlappe für Pro Reli. Quod erat demonstrandum. Da sagt nochmal einer, das Volk wäre zu dumm für direkte Mitbestimmung.

    Zur Sachdiskussion: Ich finde, es wird sich immer zu sehr an „Wahlfreiheit“ oder „Wahlzwang“ aufgehangen. Ein IMHO viel wichtigeres Argument für Pro Ethik:
    Die Glaubensfreiheit und das Neutralitätsgebot des Staates.

    Bei Religion als Wahlpflichtfach sehe ich ein großes Problem, dass manche Religionen benachteiligt werden und andere bevorzugt. Insbesondere die katholische Kirche würde sich darüber sicherlich freuen. Schwieriger wirds schon bei muslimischen Gläubigen. Denen einen Religionsunterricht zu geben ist irre schwer, hat viele Probleme. Aber was ist mit anderen Religionen? Juden kommen vielleicht gerade so darüber hinweg. Wenn man jetzt aber Hinduisten oder Buddhisten hat, dann wird es eng. Wo sollen Hinduismus-Lehrer herkommen?

    Worauf es in der Praxis hinausläuft, ist, dass sich im Ethikunterricht die Ausländer versammeln, die keine Christen sind, in Berlin ganz besonders. Jugendliche türkischer, arabischer, indischer oder chinesischer Abstammung z.B., zusätzlich ein paar „Ungläubige“ abendländischer Herkunft. An unserem Gymnasium in NRW ist das so, nur, dass bei uns nicht Ethik, sondern Philosophie unterrichtet wird. Wo genau die inhaltlichen Unterschiede liegen, kann ich aber nicht sagen, ich hab mir die Berliner Lehrpläne nicht angesehen. Hier ist schon die Neutralität des Staates verletzt – Schüler werden sortiert in „Evanglisch“, „katholisch“ und „sonstige, hauptsächlich Türken“. So sieht es in der Realität aus.

    Eine andere Frage der Neutralität liegt im Unterricht selbst. Konfessioneller Religionsunterricht ist, wenn man keinen atheistischen oder neutralen Lehrer hat (ich hatte mal einen, der aber mittlerweile pensioniert ist), keine Lehre über Religionen, sondern vermittelt nur den jeweiligen Glauben. Da ist ein riesiger Unterschied! Denn im Religionsunterricht wird die Existenz Gottes und der grundlegende Wahrheitsgehalt der Bibel in keinem Punkt in Frage gestellt, sondern die Inhalte werden lediglich interpretiert. Entscheident ist, dass Religionsunterricht nicht neutral ist.

    Eine neutrale, diskriminierungsfreie Werteunterrichtung kann nicht im konfessionellen Religionsunterricht passieren. Man kann im konfessionellen Religionsunterricht nichts sachlich über Religionen lernen. Beides halte ich für enorm wichtig!

  99. @ Herr Niggemeier:

    Diesem Denken kann ein liberaler Islamunterricht genauso gut, wenn nicht sogar besser entgegenwirken. Schon allein wegen der Akzeptanz der Schülerschaft. Schließlich ist die Chance eines Migrationshintergrunds bei einem Islamlehrer deutlich höher als bei einem, der Ethik unterrichtet.

  100. @JZ: Ok, jetzt verstehe ich es. Allerdings, folgt man Ihrer Argumentation, ist ja auch das Begehren von Pro Reli eigentlich nicht sinnvoll – so, wie Sie es darstellen, wäre die Optimallösung, dass es Pflicht ist, mindestens eines der Fächer zu wählen bei gleichzeitiger Möglichkeit, auch das andere parallel nehmen zu können.

    Sie wägen die Freiheit, beide Fächer nehmen zu können, gegen die ab, Ethik nicht nehmen zu müssen. Einfach nach dem Mehrheitsprinzip: Es gibt wahrscheinlich mehr Schüler, die kein Ethik belegen möchten, als es welche gibt, die Zweifachunterricht wünschen.

    Das halte ich für gefährlich, denn: Einen Pflichtunterricht abzuschaffen, dessen Aufgabe es ist, losgelöst von Religion die Werte zu vermitteln, die in unserer Gesellschaft Konsens sind ( und auch aufzuzeigen, welche es nicht sind ), kann sich in einer Umgebung, wo die Werte offensichtlich stark differieren, als fatal erweisen.
    Ich halte es für notwendig und auch wünschenswert, dass Kinder, die aufgrund ihrer Herkunft und/oder Religion in verschiedenen Wertesystemen beheimatet sind, einen gemeinsamen Austausch finden und außerdem vermittelt kriegen, was in Deutschland möglich, was richtig und was falsch ist.

  101. „…reicht es im Zweifelsfall nicht, einfach zuhause zu bleiben, wenn man gegen den Gesetzesentwurf ist.“

    Naja, Stefan, es hätte nur dann nicht gereicht, zuhause zu bleiben, wenn Pro Reli mindestens 612.000 bekommen hätte. Dann hätte aber, damit Pro Reli nicht die Mehrheit bekommt, die Wahlbeteiligung bei mehr als 50 Prozent liegen müssen. Das war schon sehr unwahrscheinlich. Deshalb ging es im Wesentlichen darum, ob Pro Reli 612.000 Leute mobilisieren kann. Sie haben aber nur 350.000 (plus minus) mobilisieren können. Deshalb hätten als Nein-Stimmer sich den Weg zur Wahlurne sparen können – wenn man von dem Symbolgehalt der höheren Zahl an Nein-Stimmen absieht.

    Zu der Bild-Berichterstattung: In dieser Woche hat sich der Bundestag mit der Frage beschäftigt, ob Volksentscheide auch auf Bundesebene eingeführt werden sollen. So gut ich das grundsätzlich finde – man kann schon fragen, ob das angesichts von Medien wie der Bildzeitung wirklich sinnvoll wäre. Ich stelle mir vor, dass die Berichterstattung, die jetzt auf Berlin beschränkt war, bundesweit über Wochen hinweg gelaufen wäre und alles andere verdrängt hätte.

    Am besten zuerst die Bild abschaffen, dann bundesweite Volksentscheide einführen.

    Das Ergebnis heute aus Berlin zeigt aber auch, dass die Bild nicht mehr kampagnenfähig ist. Ähnlich wie damals bei Koch in Hessen. Ein Lichtblick.

  102. @Thorsten: Wie ich schon schrieb: „im Zweifelsfall“ würde es nicht reichen. Wenn es „Pro Reli“ gelungen wäre, genügend Leute zu mobilisieren, wäre genau das entscheidend gewesen: Ob es auch „Pro Ethik“ gelungen wäre. Wenn man dann nicht nur gegen die allgemeine Trägheit ankämpfen muss, sondern auch gegen den Glauben, dass man als Gegner eines Volksentscheides gar nicht wählen gehen muss, ist das natürlich ein schwieriger Kampf.

    Ich würde den „Symbolgehalt der höheren Zahl an Nein-Stimmen“ übrigens nicht unterschätzen. Nach Tempelhof haben „Bild“, Pflüger und die Flughafen-Offenhalter behauptet, in Wahrheit hätten sie gewonnen und versucht, den Senat als undemokratisch darzustellen, wenn er dieses Votum ignoriere. Das wird den Unterstütztern des Volksentscheides im Fall von „Pro Reli“ schwer fallen — gerade weil so viele Menschen zur Wahl gegangen sind, die eigentlich nur den Status Quo erhalten wollten.

  103. Auf jeden Fall eine bemerkenswerte politische Entscheidungsfindung und Entscheidung. Spannend sowieso.
    Pflüger wird das diesmal wohl nicht mehr von der Öffentlichkeit bemerkt kommentieren, gibts „Flitzpiepe“ eigentlich noch in Berlin?

  104. Hier noch ein graphischer Kommentar (nein, nicht von mir):
    http://www.stuttmann-karikaturen.de/karikaturen/kari_20090426_Pro_Krea.gif

    Daß die Bild nicht durchgedrungen ist würde ich primär damit erklären, daß fast niemand die Bild liest. Nunja – 8% der Bevölkerung vielleicht doch, und kein anderes tägliches Druckerzeugnis wird häufiger gelesen (gelesen?) in Deutschland, aber die meisten lesen Bild eben nicht.

    Naja – und die, die sie lesen, werden, auch wenn sie nicht eben zur geistigen Elite des Landes gehören, von der Bild noch unter ihrem Niveau angesprochen – das ist ja – neben der tendenziösen, unfairen Art, und dem anderen Halbdutzend Argumente gegen dieses Blatt, das traurige.

  105. @127/Stefan W.: …wollte auch gerade den link zur Karrikatur posten – sehr schön, fand ich. Nicht so schön war die Starrköpfigkeit des CDU-Menschen im rbb-TV um 20.15 im Spezial. Da wurde die Propaganda konsequent auch als Verlierer weiter betrieben, der vermeintliche ‚freie-Wahl‘-Aspekt nochmal betont und es hätte nicht gewundert, wenn er (wie gezeigte Boulevardblätter) mit der ‚Abwahl Gottes‘ argumentiert hätte…

  106. @JZ
    „Wie viele Kinder nehmen diese Freiheit 2 Fächer nebeneinander belegen zu „dürfen” denn tatsächlich in Anspruch? 5%? 10%?“

    Im Westen sind es im Schnitt ca. 50%, im Osten zwischen 15% und 30%, in Neukölln 35%.
    Alleine der evangelische Unterricht wird von ca. 18% der Schüler der Klassenstufen 7-9 besucht. 2005/06, vor der Einführung von Ethik als Pflichtfach, waren es noch 21%.
    Da ganze bei ca. 60% Konfessionslosen in Berlin.

  107. Eigentlich müsste ja morgen früh Herr Claussen dann wieder was zu schreiben haben. Nach den Infos, die ich bis jetzt habe, war nämlich die Wahlbeteiligung in den östlichen Stadtbezirken erschreckend gering. Da könnte man doch wunderbar eine Kolumne verfassen, wie über 40 Jahre „Wahlzwang“ und religionsfeindlicher Staat „die Ossis“ geprägt haben.
    Niemand hat die Absicht, die Mauer wieder aufzubauen…

  108. @André
    ja, als ich die Zahl der Schüler, die Religion belegen, heute hörte war ich überrascht, da ja die Pro-Reli-Leute davon redeten, dass Religion so an den Rand gedrückt worden sei. Deswegen war mir das noch im Kopf…

  109. „Ok, jetzt verstehe ich es. Allerdings, folgt man Ihrer Argumentation, ist ja auch das Begehren von Pro Reli eigentlich nicht sinnvoll – so, wie Sie es darstellen, wäre die Optimallösung, dass es Pflicht ist, mindestens eines der Fächer zu wählen bei gleichzeitiger Möglichkeit, auch das andere parallel nehmen zu können.“

    Ja, konsequenterweise müsste man das so machen.

    „Sie wägen die Freiheit, beide Fächer nehmen zu können, gegen die ab, Ethik nicht nehmen zu müssen. Einfach nach dem Mehrheitsprinzip: Es gibt wahrscheinlich mehr Schüler, die kein Ethik belegen möchten, als es welche gibt, die Zweifachunterricht wünschen.“

    Das ist auch das was eine ordentliche Legislative tut oder tun sollte. Die magische Grenze, die die dt. Rechtssprechung definiert hat, liegt übrigens bei 10% anormalen Fällen, die von der bestehenden Regelung nicht in übertriebenem Maße gegängelt werden. Ich denke, dass in diesem Falle die Gruppe der freiwilligen Ethik-Regliösen unter und die Gruppe der Zwangsethiker deutlich über dieser 10%-Grenze liegt.

    „Das halte ich für gefährlich, denn: Einen Pflichtunterricht abzuschaffen, dessen Aufgabe es ist, losgelöst von Religion die Werte zu vermitteln, die in unserer Gesellschaft Konsens sind ( und auch aufzuzeigen, welche es nicht sind ), kann sich in einer Umgebung, wo die Werte offensichtlich stark differieren, als fatal erweisen.
    Ich halte es für notwendig und auch wünschenswert, dass Kinder, die aufgrund ihrer Herkunft und/oder Religion in verschiedenen Wertesystemen beheimatet sind, einen gemeinsamen Austausch finden und außerdem vermittelt kriegen, was in Deutschland möglich, was richtig und was falsch ist.“

    Das wiederum ist ein Thema für sich. Was glauben Sie woher diese Werte stammen, die in unserer Kultur Konsens sind? Aristoteles wurde im Mittelalter in den Klöstern gelesen und gelehrt. Der bedeutendste Humanist, Erasmus von Rotterdam, war ein Theologe. Unsere „Ethik“, die Weltreligionen – in der Quintessenz erzählen sie alle genau das gleiche. Was wirklich einen Unterschied macht, ist der kulturelle und politische Hintergrund. Zwangsehen und Ehrenmorde gibt es nicht nur im Islam, sondern auch im Christentum und das afghanische Gesetz, das vor kurzem so große Empörung in Deutschland ausgelöst hat, wäre vor 40 Jahren wohl etwas anders aufgenommen worden:

    http://www.diringer-online.de/pageID_3904329.html

    Für die Kinder mit Migrationshintergrund ist es also sehr viel förderlicher, wenn man sie in einem liberalen Islam unterrichten täte. Siehe auch Post #122

  110. @JZ:
    > Unsere „Ethik”, die Weltreligionen – in der Quintessenz erzählen sie alle genau das gleiche.

    Ist jetzt nicht wesentlich, aber es handelt sich um unterschiedliche Konzepte, die hier gekapselt werden. Die Aufklärung ist zweifelsohne die Grundlage unseres Wertesystems, diese entstand im europäischen Religionskontext.
    Vielleicht braucht man doch den Religionsunterricht. ;–)

  111. Ich hatte mich ja schon weiter vorne gegen Religionsunterricht an Schulen ausgesprochen. Dabei bleibe ich auch. Zumindest Religionsunterricht wie ich ihn (zuletzt vor 15 Jahren besucht) in Erinnerung habe – nämlich als glaubensvermittelnder bzw. -vertiefender Unterricht. Denn das gehört nun mal definitiv in die Familie bzw die jeweilige religiöse Gemeinde.

    Eine (kritische) Betrachtung aller größeren Religionen über Gemeinsamkeiten, Unterschiede, was ist Religion überhaupt, was is richtig, was ist falsch etc – ich dachte das wären Aspekte des Ethikunterrichtes (den es zu meiner Zeit auch noch nicht gab)? Das wäre als ein wissensvermittelnder Religionsunterricht. Gegen einen derart gestalteten Reliunterricht hätte ich nichts einzuwenden – habe ihn aber so nie kennengelernt.

    So habe ich halt im Alter von 16 mich gleich vom Reliunterricht befreien lassen – weil das Lesen der Bibel im Unterricht mir dann doch zu dämlich war :-/

  112. @Haco (Nr. 129): Es sind 26,3%, siehe die Graphik im von Dir angegebenen Link. Das ist deutlich weniger als die Hälfte.

  113. @JZ „Wie viele Kinder nehmen diese Freiheit 2 Fächer nebeneinander belegen zu „dürfen” denn tatsächlich in Anspruch? 5%? 10%?“

    Müßte es nicht „Wieviele der Kinder folgen der Freiheit ihrer Eltern zu bestimmen, welche Religion das Kind annehmen soll, und gehen aus Folgsamkeit in den entsprechenden Unterricht.“ heißen?
    Wer im Erwachsenenalter erstmalig mit den Glaubensvorstellungen der großen Wüstenreligionen konfrontiert wird würde doch nach 2, 3 Stunden interessiertem Zuhören doch sagen „Ja, ganz nett, aber nichts für mich.“

  114. Abaraham lebte seinerzeit wohl in einem bewaldeten Palästina, „Waldreligionen“ ginge also auch.

  115. @JZ: Meinen Sie nicht, dass ein liberaler Islam etwas ist, was der Realität noch ein wenig Vorraus ist? Dass man Schüler in einem liberalen Christentum unterrichten kann ( wogegen die Kirchen übrigens revoltieren, wenn sie’s spitzkriegen ) verdanken wir der Aufklärung – einem Prozess, der lange gedauert hat und auf Europa beschränkt war. Das müsste der Islam erstmal aufholen – überhaupt schließen sich Religion, die man noch eindeutig als Religion erkennen kann und Liberalität meiner Meinung nach sowieso aus. Deshalb bin ich für Ethikunterricht.

    Hm, die 10% Hürde wurde aber mittlerweile geknackt, so wie ich die Links, die Mitkommentatoren hier freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben, deute. :-)

  116. @fauler sack:
    Wer sowas raushaut, „… und das afghanische Gesetz, das vor kurzem so große Empörung in Deutschland ausgelöst hat, wäre vor 40 Jahren wohl etwas anders aufgenommen worden“ und den liberalen Islam zitiert, dabei die Religionen gleichsetzt, der wäre vermutlich nicht der ideale Religions- bzw. Ethiklehrer. ;-)
    Die Macht der BILD-Zeitung scheint aber gebrochen, oder?
    Beste Grüße!

  117. Es ist ein Gewinn…wenn auch nur für Berlin (aber damit sicher auch für Bild…oder?)

    Berlin hat auf jeden Fall gewonnen!

    Quelle: http://www.bild.de/BILD/regional/berlin/aktuell/2009/04/27/pro-reli/hg-ueber-religion/wird-jetzt-weiter-diskutiert.html

    Wie war das: Ein Schelm….???

    Ach ja zu 123 ff. die beste Methode seinen „Unwillen“ bei einer Wahl mitzuteilen ist nicht, nicht hinzugehen, dies ist eine irrige Meinung. Die beste Methode wäre eine ungültige Stimme abzugeben. Diese Stimmen werden nämlich gezählt und sprechen damit auch eine mehr oder weniger deutliche (für Politiker eventuell verständliche) Sprache.

  118. Bei SpOn steht: „Politisch unterstützt wurde „Pro Reli“ von den Kirchen, den Berliner Oppositionsparteien CDU und FDP und einigen Prominenten.“
    Bild hat also keine Rolle gespielt, zumindest aber sehen die ehemaligen Bild-Mitarbeiter bei SpOn gnädig darüber hinweg, dass sich das Schundblatt erneute eine Klatsche abgeholt hat ;)

  119. Uiuiui, (Berlin hat gewonnen) „In diesen letzten Wochen und Monaten hat sich gezeigt, dass Religion ein Diskussionsgegenstand ist,“

    Den Eindruck habe ich auch. Gut zu wissen, daß eine Mehrheit gegen diese Art Unterrichtung ist.

    „Besonders freut mich, dass diese Diskussion mit so vielen wichtigen Argumenten geführt wurde und nicht nur mit Vorurteilen.“ Tja – die Figur des Heuchlers ist ja auch ein wiederkehrendes religiöses Motiv, fällt mir da ein.

    „Und dabei geht es nicht um Indoktrinierung, sondern um das Erkennen der eigenen kulturellen Wurzeln (…).“ Wieso eigentlich nicht 2 Wochenstunden Griechisch/Römische Kultur, und 2 Stunden Germanisch/Keltisches?

    „wer eine Gemäldeausstellung besucht, kann mit 90 Prozent der Bilder nichts anfangen, wenn er die Geschichten der Bibel nicht kennt.“ Hat schon jmd. erklärt, daß 90% aller Statistiken frisch erfunden werden?

    2 Wochenstunden ist eine Menge Aufwand für die paar Bibelgeschichten, die man vielleicht kennen sollte. Die 2 Bücher kann man auch in 2 Wochen Freizeit lesen.

  120. Wenn das so (einseitige parteiergreifende Berichterstattung mit anschließender Niederlage) weitergeht, wird man bei der Bild vielleicht noch auf den Gedanken kommen, dass Stefan nicht der einzige ist, der eine Sache ablehnt, weil Bild dafür ist (ich hab´ schon verstanden, dass Du da auch noch aus nicht-kindischen Gründen zu Deinem Standpunkt kommst…).
    Und dann fahren die bald eine Strategie der umgekehrten Psychologie! Wartet´s nur ab, noch ein, zwei bittere Niederlagen, dann ist es soweit. Ich kann die Kampagne ProPersönlichkeitsschutz bereits vor meinem geistigen Auge sehen…

  121. Wahlpflicht ist lebensgefährlich!!!
    Letztens bin ich mit dem Auto auf eine T-Kreuzung zugefahren.
    Ich hatte die Wahl zwischen rechts und links. Da ich aber kein linksfaschistischer Kinderfresser bin, wollte ich mir nichts aufzwingen lassen und bin einfach gerade aus weiter gefahren.

    Wenigstens frei gestorben…

  122. [off topic] Also entweder Bild hat gut geraten oder hatten doch Insiderwissen. Klinsmann wurde soeben entlassen. [offtopic end]

  123. im Sinne einer konfessionsübergreifenden, bzw. neutralen Werte- und Informationsvermittlung macht Ethikunterricht mit Sicherheit mehr Sinn, als nach Konfessionen getrennter Religionsunterricht.
    Schon allein deshalb, weil Staat und Kirche ja eigentlich getrennt sein sollen. Mal abgesehen davon, dass es – wie schon angesprochen – schwer sein würde, genug qualifizierte Lehrkräfte für alle Religionen zu finden.

    Dazu kommt, dass es ja bei der aktuellen Regelung in Berlin vor allem darum gehen sollte ( wenn ich das richtig verstanden habe ), Schüler mit verschiedenen religiösen Hintergründen im Ethikunterricht zusammen zu bringen. Führt man den nach Konfessionen getrennten Religionsunterricht wieder als Wahlpflichtfach ein, würde man genau das Gegenteil erreichen.
    Jede Religion wäre für sich, ein Dialog fände nicht statt.

    Die Frage ist halt, was genau Religionsunterricht an staatlichen Schulen sein soll. Die hier geschilderte Bandbreite reicht ja von liberal-kritischer Religionskunde bis zu konservativ-indoktrinierender Religionsvermittlung.

    Da Bildung Ländersache ist, sollte sich jedes Bundesland erst mal darüber klar werden, welche Inhalte sie den Schülern in Bezug auf Religion, Moral, Ethik, Philosophie, etc. überhaupt vermitteln wollen ( also der geamte Bereich der Metaphysik ). Dann kann man sich überlegen, welche Unterrichtsfächer bzw. -formen dafür am besten geeignet sind.

    In Berlin geht es offenbar mehr um die Vermittlung von allgemeingültigen Werten und den kritischen Dialog zwischen Menschen mit sehr unterschiedlichem kulturellen und religiösen Hintergrund. Dafür braucht es aber keinen Religionsunterricht.
    Insofern ist die geltende Regelung für Berlin sicher die beste.
    Diejenigen, die sich für ihre Religion über den Ethikunterricht hinaus interessieren, haben ja immer noch die Möglichkeit, den Religionsunterricht zusätzlich zu besuchen. Den wahrhaft religiösen ist das mit Sicherheit nicht zu viel Aufwand…^^

    Das Argument der Kirchen, dies wäre eine Ungleichbehandlung, lasse ich dabei nicht gelten. Religion ist für mich Privatsache. Das sie überhaupt an öffentlichen Schulen unterrichtet wird, ist schon mehr, als ich persönlich den Kirchen zugestehen würde.
    Von wegen Trennung von Staat und Kirche….

  124. Ein sehr „berlinerisches“ Problem, das ich als „Südländer“ nur am Rande, aber mit einiger Verwunderung verfolgt habe. Fü mich bleibt die Frage, was so schlimm daran ist, zwischen Reli und Ethik wählen zu dürfen? Imho ist die Berliner Entscheidung schon ein „Ja“ zu weniger Freiheit. Ich weiß warum ich in München bleibe…

  125. ah, nach längerer zeit mal wieder ein schöner grund um stolz auf unsere schnuffige hauptstadt zu sein. schön den anhängern von altem hokuspokus die grenzen aufgezeigt. sehr gut.

    ansonsten finde ich es erschreckend wie nach wie vor ein paar religionsanhänger hier versuchen unsere heutige gesellschaft quasi als verdienst ihres glaubenslehre zu vereinnahmen. in der tat, wir sind kinder der aufklärung. diese mag auch viele ihrer anfänge in gebildeten, und damit damals automatisch kirchennahen kreisen gehabt haben (und zwar die kreise die dank der stets nagenden inneren evolution der eigenen ethik anfingen, religion nur noch selektiv zu konsumieren, also nur noch die ethisch sinnvollen stellen wahrzunehmen während man den ganzen barbarischen schwachsinn der ebenfalls in der bibel steht ganz pragmatisch einfach ignoriert). unterm strich kann man aber wohl kaum behaupten dass sie von der kirche per se gefördert wurde, ganz im gegenteil. wir sind also genaugenommen kinder einer denkschule, die sich *gegen* die religiösen instanzen durchgesetzt hat.

    besser is das :)

  126. @mosley:
    Das Sich-Durchsetzen gegen die rel. Instanzen in Europa wurde durch die vglw. Toleranz eben dieser Instanzen begünstigt. Aber nur eine Marginalie, beste Grüße!

  127. @ Stefan (125):

    Der „Zweifelsfall“ war sehr unwahrscheinlich, aber ok.

    Zum Symbolgehalt: Mir gefällt es auch, dass die Pro-Reli-Gegner eine relative Mehrheit (51:49) haben. Aber wenn man sich als Pro-Reli-Gegener auf die relative Mehrheit einlässt, könnte Bild nun argumentieren „Das war knapp!“ Und wenn es 49:51 ausgegangen wäre, könnte Bild sagen „Pro Reli hat gewonnen“. Darauf würde ich mich gar nicht einlassen. Die entscheidende Zahl ist 14,2 Prozent. Das Quorum liegt bei 25 Prozent. Also Ziel klar verfehlt. Das muss kommuniziert werden. Außerdem hängst du mit dieser Symbolik die Hürde für Pro-Reli-Gegner unnötig höher.

    Und Symbol wofür? Die Abstimmung zu Tempelhof hatte nichts mit Demokratie zu tun, sondern mit Volksverdummung. Die CDU wollte gemeinsam mit Springer eine Kampagne gegen rot-rot machen, sonst nichts. Das Thema wurde ähnlich aufgeladen wie bei Pro Reli (Frontstadtmythos), nur noch sinnloser. Je weniger Leute sich an solch einer Kampagne beteiligen, desto besser.

    Wenn gestern ausschließlich Befürworter zur Wahl gegangen wären, hätte die Wahlbeteiligung bei rund 14 Prozent gelegen. Die Symbolik wäre gewesen, dass die Bild-CDU-Klerikerkampagne nicht gefruchtet hat. Wäre doch auch ein Erfolg gewesen. Und zwar dafür, dass die Leute nicht jeden Quatsch mitmachen.

  128. @149/150
    [off topic] Schön wäre, dabei zu erwähnen, dass das Orakel trotz „self-fulfilling-prophecy“ etwas trüb war. Auf Jupp „Osram“ Heynkes als Nachfolge-Kandidat ist nicht mal Bild gekommen [/off topic]

  129. @Thorten und Stefan:
    Obwohl Thorstens Argumente richtig sind, stimme ich doch Stefan zu. Bei einer „richtigen“ Volksabstimmung (wie z.B. in der Schweiz)geht es nicht ums Quorum, sondern um die Mehrheit der Stimmen. Deshalb empfinde ich auch bei der „Reli/Ethik“-Abstimmung die Mehrheit als entscheidend. Obwohl sie kaum den Kriterien für echte direkte Demokratie genügt.
    Bei einer „richtigen“ Volksabstimmung würde es Vorkehrungen gegen einseitige Medienkampagnen geben, staatliche Garantie für die freie Darstellung der verschiedenen Positionen, eine eindeutige Fragestellung, sie würde auch nicht von Parteien betrieben sondern aus einer Volksinitiative heraus, es gäbe, wie gesagt, kein Quorum, und es gibt bestimmt noch mehr Punkte, die die Berliner Methode fragwürdig erscheinen lassen.

  130. Der Osten lässt sich nicht missionieren; die Römer rannten schon gegen die Wand. Da war das Wetter schuld.

  131. Wenn Bild behauptet hätte, ich hätte gegen Gott gestimmt, wär mir das auch recht.

    Gott ist eine Zumutung.

    „im Sinne einer konfessionsübergreifenden, bzw. neutralen Werte- und Informationsvermittlung macht Ethikunterricht mit Sicherheit mehr Sinn“

    Abgesehen von der Petitesse des Sinn habens statt machens ist ein neutraler Werteunterricht eine kontradictio in adjecto. Ich finde nicht daß man neutral über Menschenwürde, Menschenrechte, Freiheit und Gerechtigkeit reden darf, um nur mal ein paar dieser ominösen Werte in den Raum zu stellen.

    Ein schulischer Unterricht hat diese Werte leidenschaftlich zu vertreten, wenn man mich fragt, und daher hat er nicht fair die vielen lustigen Religionen vorzustellen, zu vergleichen, sondern die Werte gegen die Religionen zu verteidigen.

    Daß die Propaganda, daß die Religionen Horte der Toleranz gewesen seein, die die Aufklärung begünstigt hätten, womöglich erfunden, schon soweit Fuß gefaßt hat, schockiert mich.

    Ja, die Scheiterhaufen kokeln nicht mehr, auf denen die Abweichler hingerichtet wurden. Die Kirche hat der Wissenschaft Galileo verziehen. Der kath. Index ist in den 50ern geschlossen worden (man kam mit dem Lesen der zu inkriminierenden Wekre nicht mehr nach), mit Jean Paul Sartre z.B. und Freud natürlich als verbotene Autoren – im Gegensatz zu Hitlers „Mein Kampf“.
    Frau Ranke-Heinemann, Herrn Küng und Herrn Drewermann sind jüngere Beispiele für die „vergleichsweise Toleranz“ der katholischen Kirche.

    Die satanischen Verse muß ich vielleicht nicht bemühen, um eine zweite Religion der Intoleranz zu bezichtigen.

    Die jüdische Religion ist mir zu fremd – da fehlt mir der Angriffspunkt, und zu den Protestanten fällt mir nur der amerikanische Fundamentalismus ein. Das reicht mir aber auch schon. Bei ihrer Reform haben die Reformanten vergessen auch Gott über Bord zu werden, den Kardinalfehler jeder Religion.

    Halten wir fest: Wer immer für die Freiheit ist und für westliche Werte ist schon aus streng konservativer Tradition zur Religionskritik verpflichtet.

    In Stammeswelten, in denen man nie erfährt, daß es einen Nachbarstamm mit anderen Göttern gibt, da kann man die Religion als Sozietätsstiftend entschuldigen, in der Abwesenheit von Wissenschaft ist das Schleudern von Blitzen und das Steigen der Fluten womöglich nicht besser zu erklären, als mit wütenden Göttern.

    Nach der Aufklärung daran festhalten zu wollen ist trauriger Trotz.

  132. > Daß die Propaganda, daß die Religionen Horte der Toleranz gewesen seein, die die Aufklärung begünstigt hätten, womöglich erfunden, schon soweit Fuß gefaßt hat, schockiert mich.

    Aber bitte, das ist doch Schulwissen. Die Folgen der Toleranz einiger europäischer Staaten nach dem Abkneifen der mittelalterlichen Auswüchse waren die europäische Aufklärung und nachfolgend bestimmte technologische Fortentwicklungen.
    Schauen Sie sich einmal um in der Welt und prüfen wie stark die Intoleranz noch verbreitet ist und fragen sich warum das oft der Fall ist.
    Muss doch nicht alles schlecht sein, was gewesen ist. ;–)

  133. Es ist schon ein Kreuz mit der/den Linken. An und für sich sind sie ja gegen jegliche Form des Kulturimperialismus, aber dann nötigen sie Schülern aus anderen Kulturkreisen einen egalisierenden Ethikunterricht auf, in dem – so vermute ich – okzidentale Werte vermittelt werden. Ist das nicht sehr eurozentrisch? Möchte man hier etwa den Teufel (christliche Kirchen) mit dem Beelzebub (keine Rücksicht auf Migrationshintergründe) austreiben?

    Polemik beiseite: Auch ich gehöre zu den Glücklichen, die sich im Religionsabitur völlig mühelos die Bestnote sichern konnten. Dennoch bin ich Feuer und Flamme für ein allgemeines Pflichtfach Ethik. Die Bedenken, dass der Religionsunterricht dann noch mehr als bisher in die fragwürdigen Hände von Koranschulen, Charismatikern etc. gerät, teile ich zwar. Doch finde ich auch, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, der Entzweiung seiner Bürger durch Anbiederung an die diversen Glaubensrichtungen Vorschub zu leisten.

    Dass es bei Pro Reli um die Freiheit geht/ging, ist natürlich hanebüchener Unfug: Wenn ich das richtig verstanden habe, können die Berliner Schüler derzeit und in Zukunft das Fach Religion noch zusätzlich zum Ethikunterricht wählen. D.h. es ist möglich, sich in Morallehre mit UND ohne Gott unterweisen zu lassen, während Pro Reli zur Entscheidung für oder wider den Allmächtigen gezwungen hätte.

  134. @Ille:
    Sehr schönes Plädoyer für einen „Religionsabiturienten“. :-)
    Hoffe mal, dass es dann auch im Berufsleben geklappt hat.

  135. Freud und Sartre mittelalterliche Auswüchse? Küng, Drewermann, Heinemann – mittelalterliche Auswüchse?

    Ich bin beeindruckt, wie das Abkneifen der mittelalterlichen Auswüchse gelungen ist. Frauen sind nicht weihefähig, und Homosexualität heilbar – das ist schon alles sehr von toleranz geprägt – ich wette wenn man den Kirchen weitere Geldhähne zudreht und Vergünstigungen streicht, dann wird der Prozeß der Zivilisation der Religionen auch noch ein Stück weitergehen.

    Nur werden sie halt ihren Gott nicht aufgeben wollen, der ist halt doch von enormer Wichtigkeit für das ganze Konzept der monotheistischen Offenbarungswahrheit. Er wird uns am jüngsten Tag richten, weil er die Macht dazu hat – nicht das Recht – und geschaffen hat er uns auch und Freitags dürfen wir kein Fleisch essen, oder doch, aber dann kein Schwein, das ist unrein. Mexikanische Grippe also.

    Die Kirche ist in dem Moment zahm geworden, da sie ihre säkulare Macht weitgehend verloren hat. Die Erkenntnis ist nicht aus der Kirche gekommen, sondern gegen die Kirche.

  136. @ Heinz, 166:

    Danke der Nachfrage und für Ihr Interesse an meinem beruflichen Werdegang. Ich bin der Wanderprediger, der Sie akustisch belästigt, während Sie in der Fußgängerzone lustwandeln.

  137. @heinz:
    ich schliesse mich hier hundertprozentig stefan w. an – der kirche positiv anrechnen zu wollen dass sie „vergleichsweise tolerant“ gegenüber den aufklärerischen und wissenschaftlichen strömungen war ist absurd. und zum schöpfer dieser disziplinen wird sie dadurch gleich gar nicht.
    die kirche darf sich bestenfalls damit rühmen, dass sich nicht allzu doll ausgeflippt ist als ihr die wissenschaft den löffel aus der hand genommen hat. wobei, nichtmal das ist wohl wirklich wahr.

    sorum oder sorum wird da bei mir keine dankbarkeit gegenüber der kirche draus. wenn sies tröstet, ich äussere gerne eine gewisse restdankbarkeit („vergleichsweise“) dafür, dass die hiesige christliche kirche so handzahm ist und meistens, mit ausnahme einiger seniler katholischer greise, im öffentlichen diskurs die klappe hält und unbescholtene bürger meist mit ihrem hokuspokus in ruhe lässt. ich bin aber fest davon überzeugt dass dies nicht an der weisheit und demut der kirche liegt sondern daran dass sie in unserer gesellschaft mit trennung von kirche und staat von aussen die grenzen aufgezeigt bekommen hat.

  138. @ Heinz:
    -Welches Schweinderl hätten S‘ denn gern?
    -Das ohne Grippe.
    (Unser imaginärer Robert Lembke darf der Sau gleich einen Fünfer alias Heiermann injizieren, denn Ihr Rateversuch muss mit homerischem Gelächter und einem kräftigen „Nein“ beantwortet werden.)

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