Programmänderung

Es hat sich da offenbar bei der Diskussion „Von der Edelfeder zum Contentlieferanten? — Printmedien im Wandel“ am 11. September eine kleine Veränderung ergeben:

Vorher:

Jetzt:

Es heißt, der Kommunikationschefin der Axel Springer AG, Edda Fels, sei es trotz besten Bemühens auch leider nicht gelungen, im Haus einen Ersatz für Christoph Keese zu finden.

Wenn er eh nicht kommt, gibt mir das einen Vorwand, auf der Geschichte rumzureiten, die der Branchendienst „Kontakter“ vor gut drei Wochen nebenbei erwähnt hat. Er berichtete, dass ein Portrait Keeses, das Thomas Delekat 2002 für die „Welt“ über den damaligen Chef der „Financial Times Deutschland“ geschrieben hatte, irgendwann aus dem internen Springer-Archiv entfernt worden sei.

Ich habe leider keinen Zugriff auf das interne Springer-Archiv, aber im Online-Archiv der „Welt“ lässt sich der Artikel auch nicht finden. Und wer immer ihn gelöscht hat — er hat ganze Arbeit geleistet: Im Ganzseitenarchiv der „Welt“ fehlt am 8. Juli 2002 die Seite 30 — das war die Medienseite, auf das Porträt stand, gleich über dem Fernsehprogramm, das auch gelöscht wurde, aber wohl niemand vermisst.

Dabei scheint dem sorgfältig entfernten Artikel objektiv Brisanz zu fehlen. Er ist keine Hinrichtung. Er beschreibt Keeses Erfolge, aber auch — mit amüsierter Distanz — sein Machtgehabe und seine Eitelkeit. Delekat erwähnt Keeses demonstrative Begeisterung für Hamlet und für Vito Corleone, den Paten aus „Der Pate“, dem er eine Seite in der „FTD“ gewidmet habe, um den Lesern die elf mafiosen Prinzipien des Machterwerbs und des Machterhalts zu erklärten (Punkt 10: „Macht schwindet schleichend. Wehre dich gegen kleine Niederlagen, denn sie haben große Auswirkungen.“)

Delekat schrieb:

(…) Keese ist 38, ein Jungmanager in unverwüstlich aufgeräumter Stimmung, einer von der Sorte mit überschüssigem Elan. Jeden Tag beschließt er mit der Enttäuschung, den Terminkalender schon um 24 Uhr beenden zu müssen. (…)

Nur die Wirtschaft, das findet er, kann seiner Schaulust auf das Dramatische im Leben genügen: Kampf, Einsamkeit, Gewinn und Verlust. Im letzten halben Jahr, sagt Keese, habe er fast alle Vorstandschefs der Dax- Liste besucht. Die seien zwar Journalisten gewohnt. Aber bei ihm muss es außerordentlich gewesen sein: „Die sind begeistert, wenn sie jemanden haben, mit dem sie auf Augenhöhe reden können.“

Es stimmt, sagt Keese, es duzt sich jeder in der Redaktion. Ein ehrliches „Du“, behauptet der Chefredakteur, und tatsächlich gibt es dafür eine Erklärung: Er habe sich sämtliche 150 Mitarbeiter im persönlichen Examen vorgeknöpft, „mit Röntgenblick“ durchschaut, seinen Instinkt zugeschaltet, seinem persönlichen Geschmack freien Lauf gelassen und dann über eine Einstellung entschieden. Es ist sein Team, auf Keese eingestimmt, abgestimmt. Wenn die Redaktion ein Sandkasten wäre: Keese hätte das Monopol auf die Förmchen. (…)

Ich habe nicht nachgefragt bei Christoph Keese oder Springer, was hinter der Löschung dieses Artikels stand (und von wem sie veranlasst wurde und wann). Ich hätte vermutlich auch keine Antwort bekommen. Mein letzter Kontakt mit Herrn Keese war Anfang des Jahres im Zusammenhang mit dieser Geschichte, und nach einer (zugegeben: sehr verärgerten und unfreundlichen) Mail von mir, antwortete er, er habe genug von meinen „impertinenten Unterstellungen“ und „selbstgerechten Vorwürfen“ und wünsche keine weitere Kommunikation.

Wäre interessant geworden, am 11. September. Wird’s aber bestimmt trotzdem. (Anmeldung hier.)

43 Replies to “Programmänderung”

  1. Oh…da hat Springer wohl Angst bekommen.

    Andere Frage: Wenn der Artikel über Keese überall gelöscht wurde, woher hast du ihn dann?

  2. „Ich habe nicht nachgefragt bei Christoph Keese oder Springer, was hinter der Löschung dieses Artikels stand (und von wem sie veranlasst wurde und wann). Ich hätte vermutlich auch keine Antwort bekommen.“

    Wie passt das zusammen mit deinem Beitrag „Massenphänomen Recherchephobie“, in dem du gerade bemängelst, dass nicht angerufen wurde. Vielleicht hat es einen so ganz anderen Grund;)

  3. Es ist falsch zu behaupten: Christoph Keese hält an diesem Tag einen Vortrag bei Procter & Gamble zum

    Thema: PAMPERS – Wirkungsvoller Windeleinsatz!

  4. @soeren onez: Nein, ich habe konkret bemängelt, dass Leute so getan haben, als hätten sie keine Antworten gekriegt, dabei haben sie nur nicht gefragt.

  5. In dem ungleich wichtigeren Fall hier hat uns Springer (trotz Nachfrage) bislang nicht einmal geantwortet, dass man unsere Fragen nicht beantworten werde.

    (Ärgern von wem?)

  6. @w: So wie ich das sehe, gibt es einen begleitenden Podcast zum Media Coffee, der aber leider nur um die 10 Minuten lang ist. Schade, ich würde das Gespräch auch gerne vollständig hören.

  7. Ich finde es sehr schade, dass kein Ersatz gefunden wurde im Hause Springer. Ist Herr Keese also wirklich nicht ersetzbar?? Sehr interessant!:-)

  8. @ Stefan: Du bist schon ganz schön elegant und eloquent beim Nachtreten. Chapeau. Ich bin hin- und hergerissen, ob ich Dich jetzt für infam, fies und gemein halten soll, oder den Keese – den Huber Frank der Chefredakteure, oder sollte der Huber Frank der Christoph Kesse der Internetpioniere sein? – für kleingeistig, größenwahnsinnig zu selbstbewußt und zu eitel.

    Wobei ich es „echt mutig“ finde, am 11. September überhaupt eine Veranstaltung anzusetzen.

  9. Also von der Überschrift her, hat doch der ASV mit F.J. Wagner und Kai Diekmann noch mindestens zwei andere „Edelfedern“, die man schicken könnte.
    .
    .
    Also: Kamera nicht vergessen;-)

  10. “Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft. Wer das Jetzt kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit” George Orwell 1984

  11. SvenR (#18):

    Ojemine, der 11. September. Wir müssen die Rolläden runterlassen und schwarz tragen.

    Ok, 3000 Tote sind schon eine traurige Sache. Aber es gab und gibt größere Tragödien in der Geschichte als diesen gehypten 11. September. Man tut sich keinen Gefallen, wenn man Terroranschläge regelmäßig zelebriert. Das machen zwar die Medien und Politiker, weil es ihnen nützt. Aber wenn sich die Bevölkerung von dieser Propaganda blenden lässt, belohnt sie eher die Terroristen.

  12. Eine sehr wichtige – und leider sehr vernachlässigte – Meldung zum Thema.
    Brüssel verbietet anti-islamistische Demonstration
    Für Bürgermeister Thielemans besteht Gefahr für öffentliche Sicherheit
    Source: derStandard.at
    Address :

    Eine friedliche Demonstration von Bürgern, die sich Sorgen um die Zivilgesellschaft machen, wird aus Angst vor Verärgerung der muslimischen Bevölkerung in Brüssel verboten.

    Wäre das nicht mal ein Thema für diesen Blog? Hat das nicht mal wirklich gesellschaftliche Relevanz? Also im Gegensatz zu vertauschten Fotos der BZ oder falschen Namen,-und Altersangaben bei der Bild?

    Zum Thema hat sich in der Zeit Jörg Lau Gedanken gemacht

    Source: Die Zeit – joerglau » Brüsseler Bürgermeister: Warum die Anti-Islamisierungs-Demo verboten werden muss
    Address :

  13. @stroebele:
    Untauglicher Versuch. Das schert hier keinen. Herrn Niggemeier schon mal überhaupt nicht. Er hat nur zwei Themen:
    1. Bild ist keine Zeitung.
    2. Stefan ist Niggemeier.

  14. … und demnächst wundern sich noch Leute, warum das „Gourmet Blog“ von Kochrezepten handelt anstatt von gesellschaftlich relevanten Themen.
    *kopfschüttel*

  15. Hallo stroebele,

    Sie sind leider im Internet falsch abgebogen. Zu „PI“ gehts hinter den „Gutmenschenblogs“ rechts rum.

  16. Auch eine Möglichkeit für ein Event Werbung zu machen und gleich noch ein bischen wohlgesonnenes Publikum anzulocken.

  17. #28 ich finde ja das Thema Meinungsfreiheit und das Recht friedlich zu Demonstrieren sollte man nicht den Rechten überlassen :-)

  18. @stroebele, @27 -v-:

    wenn ich der url in meinem browser trauen kann, befinde ich mich auf dem blog von „stefan-niggemeier.de“. und sie beschweren sich darüber, dass der autor nicht ausgewogen über das weltgeschehen berichtet. vielleicht schauen sie dafür mal in die tagesschau oder lesen die qualitätspresse. wenn sie dort nicht gut informiert werden, sollten sie tatsächlich protestieren – für die zahlen sie schließlich was.

  19. Wieso rutschen manche Kommentatoren eigentlich so schnell vom eigentlichen Thema ab? Dies ist kein PC-Game-Battle-Blog, sondern hier wollen sich die Mehrzahl austauschen – über Themen, die keine Weltgeschichte schreiben werden, aber trotzdem meistens interessant sind.

  20. Das „Ich auch.“ im Kommentar 36. wundert mich jetzt aber. Schließlich haben Sie doch selbst schon ziemlich ausführliche PI-Kritiken (oder war’s nur eine? weiß nicht mehr…) geschrieben. Ich meine: Einerseits kann ich sehr gut verstehen, wenn man diesen Möchtegern-Volkszorn-Blog konsequent ignoriert, andererseits hätte ich gedacht, dass ein Medienjournalist, der sich mit dieser Sache näher beschäftigt hat, so ein Thema auch noch etwas weiter verfolgt.

    Für jemanden, der ab und zu auf PI schaut (manchmal will man auch mal was zu lachen haben und die Gerichtsshows in der Glotze sind dafür nicht dämlich genug), ist es ziemlich eindeutig, dass es sich bei Herrn stroebele um einen dortigen Stammleser handelt, der verzweifelt versucht die Welt vor dem Untergang zu retten.

    Das hier ist allerdings ein bischen wie wenn man eine lustige Szene aus einem Film erzählt, die halt einfach nicht lustig ist, wenn man den Film nicht kennt, im Prinzip also nicht weiter wichtig.

  21. Ich schaue oft auf Pi – zumindest auf die ersten paar Nachkommastellen dieser transzendenten Zahl.
    Kann es sein, daß es bei manchen Insider-Gags besser ist, wenn man die Hintergründe nicht kennt?

  22. Back to topic: besteht die Möglichkeit, die Podiums-Diskussion irgendwann mal, muß ja nicht life sein, aber wenigstens vollständig(!) zu hören (sehen muß auch nich sein *g*)?
    Hat Dein iPod ein Micro, Stefan? :)

  23. Wenn wir schon bei Ulfkotte sind:
    Kennt der FA(S)Z-Mitarbeiter Stefan diesen früheren Kollegen? Mich würde es brennend interessieren, was du von ihm hältst :-)

  24. Nein, nicht persönlich. Und wenn Dir an einer ersten Diskussion gelegen wäre, würdest Du auf solche elenden Namenswitze wie im von mir gelöschten Kommentar verzichten.

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