Saarbrücker Journalismus-Homöopathie

Auf der Suche, was andere Zeitungen online aus Wolfsburg berichten, habe ich gestern versehentlich bei Twitter auf einen Link zur „Saarbrücker Zeitung“ geklickt. Der Artikel lautet vollständig:

Fast 100 000 Fans feiern Meister-Team Wolfsburg

Der VfL-Wolfsburg ist neuer deutscher Fußball- Meister. Die Mannschaft feierte einen 5:1-Heimsieg über Werder Bremen. Die Spieler haben sich ins Goldene Buch der Stadt eingetragen.

Trainer Felix Magath, Kapitän Josué, die Stürmerstars Grafite, Dzeko und ihre Mannschaftskollegen hatten sich schon auf dem Weg ins Rathaus von den ausgelassenen Fans lautstark feiern lassen. Die Kicker fuhren per Autokorso zurück. zum Rathaus. Der VfL Wolfsburg holte den Titel zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte.

83 Wörter. 549 Anschläge. Fehlerhaft aus einer dpa-Meldung destilliert.

Es ist das, was ich links in der verkleinerten Abbildung der Seite gelb markiert habe.

Darüber, darunter, daneben und dazwischen stehen etwa elf Google-Anzeigen, 108 bezahlte Links, zwei Partnerschaftsvermittlungs-Anzeigen, zwölf Anzeigen von Ligatus und ähnlichen Anbietern, zwei Flash-Spiel-Anzeigen, zwei Beilagenhinweise und ungezähltes mehr oder weniger redaktionelles Gerümpel.

Ich war vorher noch nie auf saarbruecker-zeitung.de. Wie wahrscheinlich ist es, dass ich da jemals freiwillig wieder hingehe?

47 Replies to “Saarbrücker Journalismus-Homöopathie”

  1. Geh nicht so hart mit Dir ins Gericht – verklicken kann sich schließlich jeder mal! ;)
    Die Wiederholungswahrscheinlichkeit dürfte sich wohl im ebenfalls homöopathischen Promillebereich bewegen!

  2. Zum Glück filtert mein AdBlocker eine ganze Menge Schrott raus. Vor allem blinkende Flashbanner, Overlays und so was. Bin jedes mal total schockiert wenn der alle paar Wochen mal ausfällt.

  3. „Ruhig Brauner! Brich nicht den Frieden!”

    Wir haben doch Schäuble, der auch mit dem virtuellen Spam- und Werbe-Terror aufräumen wird, dank eines arbeitswütigen BKA.

    Ein Wunder, das du unter all dem ganzen Müll überhaubt etwas redaktionelles auf dieser Webseite finden konntest. :)

  4. hey, irgendwie müssen sich die portale der regionalen zeitungen ja auch rechnen! bei holtzbrinck rechnet man ja jetzt auch im internet knallhart ab. und zum glück erscheint auf dem bildschirm ja zuerst nur der teil bis zu der spieleanzeige ;-)

  5. Ebenso wahrscheinlich, wie den Webauftritt der Saarbrücker Zeitung mit einem Nachrichtenmedium zu verwechseln. Medienjournalisten sollten sich mit Medien beschäftigen nicht mit Internetauftritt der Saarbrücker-Zeitung. Der ist eigentlich Werbeportal mit (schlechter) Immobilienbörse unter dem Titel einer Zeitung sehen. Die DPA-Meldungen dienen glaube ich eher einer Art von Google-Optimierung.

    Spass beiseite, ich bin Saarländer und ich kenne keinen, wirklich keinen, der diese Seite aufruft; außer man sucht eine Wohnung und hat alles andere schon durch… (kommt nicht soo oft vor).

  6. >Zum Glück filtert mein AdBlocker eine ganze Menge Schrott raus.

    Ja, der aktuelle Auftritt der Saarbrücker Zeitung ist Schrott in diesem Punkt und Anzeigen dort eine Beleidigung. Trotzdem: Diese Aussage und der dämliche Tenor einiger anderen Wir-blocken-so-toll-Werbung-auf-die-Brust-Trommler macht mich wütend. Wenn alle Werbung blocken und niemand für Inhalte bezahlt – wir soll sich Journalismus oder sonstwas im Web finanzieren? Blockiert Werbung nur auf Seiten, deren Angebot euch nicht gefällt? Entsperrt ihr den Ad-Blocker auf Angeboten, die ihr regelmäßig nutzt? Und falls nicht: Was ist das für ein unreflektiertes Gerede hier?

  7. In leichter Abwandlung des Raab Klassikers: „Ich hätte ja gerne umgeschaltet. Aber ich konnte unter der ganzen Kotze die Fernbedienung nicht mehr finden.“ – könnte man hier sagen: Ich hätte ja gerne weitergeklickt. Aber ich konnte unter der ganzen Kotze die Maus nicht mehr finden. – Ich glaub das triffts ganz gut.

  8. Als gebürtiger Saarländer darf ich noch anmerken, dass die Printausgabe der Online-Variante in puncto Qualität in Nichts nachsteht. Ich bin sicher, dass ohne die Sparte mit den Todesanzeigen selbst die Generation meiner Großeltern das Abo schon gekündigt hätte.

  9. @10: Das ist sicherlich ein Problem, aber in vielen Fällen ist ein Adblocker schlicht und einfach Notwehr. Keine Ahnung, wie du das machst, aber ich kriege regelmäßig anfälle, wenn ich den Werbeblocker mal deaktiviere. Popups in Massen, alles blinkt und nebenbei schieben sich dann auch noch Layerads über den Bildschirm. Das ist nicht zu ertragen und wer nicht dezenter wirbt, hat halt Pech gehabt.

  10. Adblock Plus und NoScript, schon hat man Ruhe vor dem ganzen Mist :)

    und @name
    Beim Fernsehen schalte ich auch um, wenn Werbung läuft, soll ich deswegen vielleicht ebenfalls ein schlechtes Gewissen haben?

    Gerade dieses ganze blinkende, sich bewegende Flashzeug lenkt einfach nur von den eigentlichen Inhalten ab und ist für mich einfach nicht hinnehmbar. Klar muss sich guter Onlinejournalismus auch irgendwie finanzieren, wenn sie es aber so versuchen wollen, dann mach ich da einfach nicht mit.

  11. Vielleicht wäre die unangetastete Bereitschaft vieler Internetnutzer, kategorisch jede Werbebotschaft aus ihren Browsern zu verbannen, einmal einen Erwähnung in der Qualitätsdebatte wert?
    Das Verlangen neuer Inhalte und hochwertiger Magazine samt dazugehörigen Texten ist grundsätzlich ein verständliches Anliegen, das mit Recht immer wieder diskutiert wird. Aber die fehlende Bereitschaft von (sehr, sehr) vielen Internetaffinen, Werbung zu akzeptieren, wird selten angegangen. Stattdessen wird sich auch hier fröhlich mit dem Bierglas zugeprostet, „Werbung! Höhö!“

  12. Als Musiker fühle ich mich genötigt, MySpace zu benutzen. Leider ist MySpace so zugemüllt mit Werbung, dass es ohne AdblockPlus überhaupt nicht benutzbar ist. Vor allem, wenn man keine superschnelle Grafikkarte hat, die mit dem ganzen Flash klarkommt, dafür aber eine Soundkarte, die 16 Stereo-Audiostreams gleichzeitig abspielt. Den Krach kann man sich gar nicht vorstellen…

    Bei anderen Seiten ist es einfacher: Ich gehe einfach nicht hin. Adblock hin oder her. Die klassischen Werbebanner oder die Google Text-Ads stören wenig, wenn in Maßen eingesetzt. Wenn es aber so ein Overkill wird, dann hilft nur die Flucht. Meistens ist der Inhalt dann auch so dürftig, dass man sowieso nicht bleiben möchte.

  13. Ich kenne mich mit Werbeblockern nicht aus. Gibt es welche, die man so einstellen kann, dass nur auf bestimmten Seiten Werbung geblockt wird, auf allen anderen aber erlaubt bleibt!?

  14. Nachtrag: Dann könnte man nämlich gezielt alles blocken, was mit Layer-Ads und ähnlichem belästigt, aber trotzdem nicht generell erstmal alles an Werbung verhindern. Ach ja, und Myspace zum Beispiel wäre auch vernünftig nutzbar – die Beschreibung von DrNI hat mich zwar gerade zum Lachen gebracht, bei der Benutzung ist das aber nicht immer so lustig ;).

  15. Wieso ist denn das in der Großansicht nicht gelb markiert? Ich finde den Text gar nicht. ;)

    Zum Thema Werbung: Solange die Werbeanbieter ihre Werbung immernoch nach PI* verkaufen, ist mir doch wurscht, ob ich die sehe oder nicht. Meine PI werden so oder so gezählt, unabhängig davon, ob ich die Werbung sehe oder nicht. Folglich verschließt es sich mir auch, aus Solidarität die Werbung anzusehen, damit die „Qualität“ des Online-„Journalismus“ gewahrt bleibt.

    * Page-Impressions

  16. @Felix: klar, AdBlock Plus kann das. Wenn man keine Filterlisten abonniert und von Grund auf anfängt, dann kann man sich bei jeder Seite nach und nach die Sachen raussuchen, die man geblockt haben möchte. Wie bei einer Firewall, nur dass nicht jedes mal nachgefragt wird, ob man blocken möchte, man muss da selbst aktiv werden.

    Nur ist die Frage, warum man sich die Arbeit machen soll. Manche Webseiten sind ohne AdBlocker unbenutzbar, von einem Mobilgerät aus schonmal gar nicht. Ich war neulich auf einer Veranstaltung für Manga und Anime und bin per GPRS mit UMTS-USB-Stick ins Netz – ohne Adblock hätte ich auf jeder Seite stundenlang auf die Werbung warten müssen. „Grafiken ausschalten“ hilft da auch nicht viel.

  17. Ich finde das total praktisch. Die Gelben Seiten von Saarbrücken auf einen Blick.

  18. Echt, jetzt mal! Erst permanent dieser Abgesang vom Niedergang der Zeitungen wegen des bösen, bösen Web und nun hat da jemand mal ein Konzept für ein kostenloses, qualitätsjournalistisches Content-Angebot; und nun ist es den Herren natürlich auch wieder nicht recht. Tssss….

  19. Eigentlich ist gerade die umgekehrte Perspektive interessant: Ist ein solches „redaktionelles Umfeld“ für Anzeigenkunden lukrativ? Denn wer kommt bei so einer Seite schon auf die Idee, nach ganz unten zu scrollen? (dorthin, wo sich etwa die Anzeige von neu.de befindet) Also mir wäre dieser Werbeplatz keinen Cent wert.

  20. @ pyrrhussieg: Das sind die Werber, die noch was auf PIs geben und sich groß vor kommen, weil ihre Anzeige auf der ersten Seite steht.

  21. Also ich blocke alles weg was mir vor die Flinte kommt. Je weniger Werbung desto besser. Und ich kann trotzdem herrvoragend schlafen. Es ist mir vollkommen egal ob es die Richtigen oder die Falschen trifft. Werbung will ich nicht sehen und schluss.
    S.

  22. Daß die Seite künstlich auf schmal gemacht wird und keine hinreichende Breite für den Fließtext bleibt, ist in diesem Blog aber auch schlimm …

  23. @non testatum: Mit Qualitätsjournalismus meinen Sie Textfetzen wie „Die Kicker fuhren per Autokorso zurück. zum Rathaus. „? Das „zurück“ kommt übrigens dadurch in den Satz, dass in der Original-dpa-Meldung steht, sie hätten den Weg zum Rathaus per Autokorso zurückgelegt.

  24. Herr Niggemeier,
    Sie haben in letzter Zeit oft auf Tweets verlinkt als Ausgangspunkt ihrer Recherche. Könnte man daraus schließen, dass Sie selbst einen Twitter-account in Betrieb genommen habe?
    Ich wüßte zumindest nicht, wie man auf so einen Tweet aufmerksam werden könnte.
    Meine These: Sie haben inkognito ein Profil angelegt, dass Sie lediglich als Follower nutzen für diverse Narichten- und Infoportale.

  25. @ 26: Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich jemand „groß vorkommt“, wenn er den schlechtmöglichsten Werbeplatz auf einer Seite bekommt. Schließlich wollen auch Anzeigen gesehen werden…

  26. Wie gelungen ein Online-Auftritt einer Lokal-/Regionalzeitung sein kann, zeigen die „Westfälischen Nachrichten“. Auf der Startseite ist das Verhältnis von lokalen/regionalen zu überregionlaern Nachrichten genau richtig, die Seite ist optisch zeitgemäß und auch bei der Lokalberichterstattung scheint die Devise zu lauten: „Online first“. So ist es zumindest auf der Seite zu meiner 22.000-Einwohner-Heimatstadt: http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/kreis_steinfurt/lengerich/ (die anderen Lokal-Seiten habe ich mir noch nicht angeschaut). Die Artikel über die Geschehnisse in Lengerich stehen allerspätestens kurz nach Print-Redaktionsschluss im Netz, bei besonderen „Ereignissen“ auch früher. Und schätzungsweise jeder dritte Artikel enthält ne recht umfangreiche Bilderstrecke (was ich bei Lokal-Berichterstattung meist durchaus sinnvoll finde).

  27. „Könnte man daraus schließen, dass Sie selbst einen Twitter-account in Betrieb genommen habe?“

    Der niggi hat sogar schon zwei Postings abgesetzt.

    Und das hier ist endlich mal ein Bashing, dass ich nur begrüßen kann. Die Webseite der Saarbrücker Zeitung ist das allerschlimmste was es im Netz gibt. Und dabei warst Du offensichtlich noch nichtmal auf sol.de…

  28. „Wenn alle Werbung blocken und niemand für Inhalte bezahlt – wir soll sich Journalismus oder sonstwas im Web finanzieren?“

    Gar nicht. Simple as that.

    Ansonsten gibt es Modelle für Stiftungs- und spendenfinanzierten Journalismus im Netz. Und es gibt natürlich auch öffentlich-rechtliche Websites. Die drei Säulen sollte man stärken, dann hat sich das Adblock-Dilemma bald von selbst gelöst ;)

  29. Das schlimmste daran ist, dass die gedruckte Ausgabe fast identisch aussieht: Da sind die selben Agenturmeldungen zwischen so vielen Anzeigen versteckt, dass einem die stümperhaften Überschriften und das biederne Layout (trotz Relaunch) fast entgehen.

  30. Das Schlimmste daran ist, dass die gedruckte Ausgabe fast identisch aussieht: Da werden die selben Agenturmeldungen zwischen so vielen Anzeigen versteckt, dass einem die stümperhaften Überschriften und das Relaunch-resistente, biedere Layout fast entgehen.

  31. „Wenn alle Werbung blocken und niemand für Inhalte bezahlt – wir soll sich Journalismus oder sonstwas im Web finanzieren?”

    Ich sag’s mal so: Gäbe es z.B. statt dieser ganzen Scheiße drei vernünftig große, gut gestaltete Anzeigen in einem übersichtlichen, eindeutigen Layout – ich würde sie möglicherweise anklicken.
    Hier aber gibt’s überhaupt keine Klicks. So einfach ist das.

  32. Wird diese Website auch so intensiv im Printprodukt beworben, wie es das Schwesterblatt in Cottbus (die Lausitzer Rundschau) seit dem Relaunch*) mit seiner lr-online.de macht, welche dieselben Templates benutzt und sicher auch auf demselben System läuft? Seit einiger Zeit gibt es dort interessanterweise auch die Kronjuwelen, nämlich erhebliche Teile der Lokalberichterstattung.

    *) Was lese ich da in 36.): Bei der Saarbrücker Zeitung auch? Haben sie also bei beiden Zeitungen mehr oder weniger gleichzeitig ein neues Layout eingeführt?

  33. Als Saarländer im Exil schaue ich manchmal in die Online-Ausgabe der SZ rein. Selten, ohne mich dabei gehörig fremd zu schämen. Dabei hab ich mal drei Jahre als freier Mitarbeiter für dieses Blatt geschrieben (das war aber noch vor den erbärmlichen Online-Versuchen). Obiges Beispiel ist jedenfalls ein Armutszeugnis und zeigt statt Online-Kompetenz lediglich, wie man es als Lokalzeitung im Netz nicht machen sollte. SZ Online: setzen , sechs!

  34. Wer bitte zahlt denn für diese Anzeigen in dem babyblauen Albtraum da rechts? Also ich wollte als Unternehmen so nicht beworben werden…

  35. Das Format dieser Seite erinnert mich irgendwie an Klopapier. n-tv hat vor wenigen Tagen auch nachgezogen. Länge spielt also doch eine Rolle …

  36. Guten Tag,
    wir bedanken uns für den kritischen Beitrag. Die Anmerkung war berechtigt. Wir haben unser Inhalte-Angebot deshalb angepasst. Die Nutzer finden nun vertiefende Informationen zu den auf Twitter angerissenen Themen – und weniger Werbung im Content-Bereich. Also: Vielen Dank für Ihren Anstoß und die lebhafte Debatte, die letzlich unseren Leserinnen und Lesern zugute kommt.
    Die Online-Redaktion der Saarbrücker Zeitung

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