Die Sonntagsruhe von stern.de

Weiß eigentlich jemand, ob die groß angekündigte Online-Offensive des „Stern“ schon begonnen hat? Oder hab ich das Kleingedruckte überlesen, und stern.de will Spiegel Online nur von montags bis freitags zwischen, sagen wir, 10 und 18 Uhr Konkurrenz machen?

Es war ein ziemlich nachrichtenreicher Sonntagabend, und das kam nicht einmal überraschend: In der Schweiz und in Polen wurden Parlamente gewählt, in Brasilien wurde ein Formel-1-Weltmeister gekürt. Und fast alle großen Nachrichtenseiten berichteten am Abend darüber, dass die SVP in der Schweiz gewonnen hat, aber nicht so dramatisch. Dass in Polen anscheinend die Opposition gewonnen hat, und zwar durchaus dramatisch. Und dass Kimi Räikkönen wegen Ermittlungen gegen mehrere Fahrer doch noch um seinen Titel bangen musste. (Spiegel Online informierte mit Abstand am aktuellsten, ausführlichsten und analytischsten.)

Nur bei stern.de hat der Letzte (und, nach der Menge und Qualität des Outputs zu urteilen, womöglich Einzige) offenbar gegen 18 Uhr das Licht ausgemacht. Vorher hat er noch eine notgedrungen vage formulierte dpa-Meldung über die Wahl in der Schweiz auf die Seite geschaufelt, Stand: 17.31 Uhr. Der jüngste Artikel über die Wahlen zum Sejm wartet auch am späten Abend noch mit der spannenden Information darüber auf, dass die Wahlbeteiligung bis 10.30 Uhr bei 8,36 Prozent lag, und fabuliert von einem „Kopf-an-Kopf-Rennen“. Und was am Abend nach dem Ende des Formel-1-Finales noch geschah — mei, der Räikkönen ist ja dann doch noch als Weltmeister bestätigt worden, da ist doch schön, wenn man sich als stern.de-Leser das hektische Nachrichten-Hin und -Her zwischendurch einfach ersparen kann.

44 Replies to “Die Sonntagsruhe von stern.de”

  1. Das SPON es tatsächlich einmal verdient, gelobt zu werden, hätte ich fast nicht für möglich gehalten. Asche auf mein Haupt. ;)

  2. ichsachmaso… :

    Eine zeitnahe Berichterstattung ist ja nur eine Qualität im Journalismus, oder? Für mich der einzige Grund noch Zeitung zu lesen, sind kluge Analysen, intelligentes Herstellen von Zusammenhängen, diskutierbare Meinungen.. (und natürlich Berichte, die eine ‚Jetzt‘-Aktualität nicht benötigen).

    Auch ein online-Medium könnte sich mit Qualität profilieren. Nur, wenn grad keiner da ist, der gut ist, … ja, dann ’sendet‘ man eben nix.

    .. da fällt mir auf: Wann habe ich eigentlich zuletzt im Stern ‚richtig‘ gelesen….??

  3. Die Lösung ist so einfach: Nach Feierabend generiert eine AI die Nachrichten aus den Ergüssen der „tausendreporter“ und ein wenig DPA.

  4. Sagt was ihr wollt, aber der Stern hat sich seit dem Skandal um die „gefälschten Hitlertagebücher“ nicht mehr erholt. Der Stern des „Stern“ ist seit diesem Skandal tief gesunken und längst nicht mehr auf Augenhöhe mit dem Spiegel.
    Über den Focus sage ich lieber nichts (würde eh sonst wieder gelöscht, also lass ich es weg).
    Was mich wundert ist, warum kaum ein großer deutscher Verlag sich in der Etablierung eines reinen „Online-Magazins“ versucht. Ich meine, es ist bedeutend einfacher im Internet „Marktanteile“ zu gewinnen (wenn man beim Internet überhaupt von „Marktanteilen“ reden kann), als dies z.B. im Printbereich der Fall ist. So bräuchte man z.B. für ein neues Online-Magazin mit journalistischem Anspruch nur einen griffigen Namen (sprich auch eine griffige Internetadresse), genügend journalistische „Manpower“ (also gestandene Journalisten und keine reinen Presseagenturmeldungsabschreiber; jene Art von Journalisten die das Internet „verstehen“ und mit dessen Möglichkeiten vertraut sind), eine gute technische Ausstattung und natürlich auch eine nicht zu dünne Kapitaldecke, um die ersten mageren Zeiten überstehen zu können.
    Dies fände ich jedenfalls einen besseren Weg, als Millionen in den Erwerb irgendwelche sogenannte „social-networks“ zu stecken. Ich kann daher die meisten großen deutschen Verlage nicht verstehen….

    Als positives Beispiel möchte ich mal dwdl.de anführen:
    Also diese Seite hat sich im Laufe der letzten Jahre wirklich zu einem guten Online-Medienmagazin gemausert ! Wenn man sich nur die Anfänge erinnert und sieht was daraus geworden ist, dann muss man unumwunden feststellen, dass alles viel „erwachsener“ und professioneller wirkt und geworden ist.
    Ich bezweifle, dass es bei einem Versuch ein neues Printmedienmagazin auf die Beine zu stellen, so gut gelungen wäre.

  5. @ Tangojüngling:
    Das liegt einfach daran, dass ein allgemeines online-Nachrichtenmagazin nur sehr schwer profitabel zu machen ist.

    Entweder man macht das mit sehr kleiner Besetzung, dann ist nicht viel mit Recherche und Analyse, d.h. man schreibt bestenfalls die Agenturmeldungen ein bisschen um. Oder aber man zieht es professionell auf, dann wird es scheißteuer und es dauert ewig, bis ein bisschen Geld reinkommt – wenn überhaupt.

    Bei Spartenthemen geht es, da ist die Konkurrenz nicht so groß, und das Nachrichtenvolumen mit ner kleinen Redaktion einigermaßen zu händeln. Deswegen taugt dwdl.de auch nicht so wirklich als Beispiel…

  6. Bis eben wußte ich auch nicht, daß es „stern.de“ gibt. Jetzt, habe ich aber mal reingeschaut, und war etwas erstaunt, daß die (allseits gemeldete) Tatsache, daß rund um Malibu entsetzliche Waldbrände wüten, ausgerechnet unter der Rubrik „LA confidential“ abgefrühstückt wird, und im wesentlichen nach dem Motto aufgebaut ist: „Und der Star wohnt da auch noch …“. Ich habe darauf hin davon Abstand genommen, ein Lesezeichen zu setzen.

  7. Das Magazin selbst besticht ja auch nicht durch Investigativjournalismus, aber es glänzt immerhin, bspw. durch Hochglanzfotos und reißerische Aufmacher wie „Die Nazifalle“, na dankeschön….
    (Und „Eva Herman“ schreiben könnense auch nicht.)

  8. Tusch und Fanfaren für die Einäufigen, Schmährufe für die Blinden. Spiegel Online dafür zu loben, dass sie (dpa(?)-) Informationen korrekt und zeitnah wiedergeben… wo soll das hinführen?! Andererseits: Bei der Bild ist es ja auch schon Lobenswert, wenn irgendein Opfer irgendeines abstrusen Verbrechens verpixelt wird UND der Name geändert wurde.
    …Vielleicht sind meine Ansprüche zu hoch?

  9. @13: Die Polen-Wahl sollte dich insofern interessieren, als dass die Kaczyński-Brüder bzw. der nun abgewählte Regierungschef Jaroslaw meinte in der Europäischen Union alles blockieren zu müssen – und dieses Spiel jetzt, zumindest weitestgehend, beendet wurde.

  10. Die Jungs vom Stern sind auch grade dabei, ihre Leser zu vergraulen. Es werden Kommentarfunktionen wild an- und abgeschaltet, bestehende Kommentare ausgeblendet (sind noch zu finden, aber nicht mehr mit dem Artikel verlinkt), Artikel über die Lesermeinungen zusammengeschrieben, die nachweislich falsch sind (entsprechend der weiter lesbaren Kommentare), aber auch schon mal schlecht recherchierte Artikel verspätet online gestellt, wenn beim Spiegel schon die ganze Geschichte steht, usw.
    Aber bei Fotos und Fotografie sind die Spitze!
    Vielleicht fehlt dort einfach eine ernstzunehmende Aufsichtsperson?

  11. @Fischer/9: Das mag sein, dass das „scheißteuer“ und ewig dauern mag, bis man da finanziell auf den grünen Zweig kommt, aber so teuer wie die ganzen hektischen Käufe von irgendwelchen Internetplattformen seitens der großen Verlage wäre es dennoch nicht, vor allem die Finanzkraft dieser großen Verlage bietet solchen reinen Onlinemagazinprojekten die Möglichkeit das ganze richtig zu „pushen“. Wenn nicht die großen Verlage, wer dann sollte solche Projekte auf die Beine stellen ?
    Das die nicht merken, dass es nicht an den Artikeln in ihren Zeitungen/Zeitschriften liegt, sondern in der Form wie sie präsentiert werden, scheint denen nicht aufgegangen zu sein. Es ist nun mal ein Trend der letzten Jahre, dass immer weniger Zeitung lesen und die Auflagen schwinden, aber Internetseiten/Newsseiten hingegen florieren.
    Natürlich ist es eine Frage des Geldes, aber es geht hier schließlich um Investitionen, die für die Zukunft eines Verlages von Bedeutung sein könnten.
    Das wilde und ziellose Herumgekaufe von irgendwelchen Internetplattformen, finde ich einfach lächerlich.

  12. Nicht zum Thema, habe gerade gesehen daß die Hetzer von „politicallyincorrect.de“ eine Pause einlegen. Hoffentlich für immer. Glückwunsch auch an Stefan, der Kampf hat sich gelohnt.

  13. @knorke: Niemand lobt Spon, weil sie dpa-Informationen zeitnah wiedergeben, sondern weil sie an dem Sonntagabend nicht nur die News schnell auf der Seite hatten, sondern sogar schon eigene kompetente Analysen brachten, während stern.de es noch nicht mal schafft, Agenturmeldungen reinzuklatschen.

  14. Also ich muss mal ne Lanze für stern.de brechen. Wenn auch nur eine kleine. Ich guck die mir seit einiger Zeit (wieder) an und muss sagen: Die haben wirklich gute Tage, an denen sie sich nicht vor Spon verstecken müssen, aber auch welche, gegen die selbst Tagesschau.de glamourt. Vor allem am Wochenende sie sie einfach nicht gut. Wahrscheinlich wollen sie den Lesern die Möglichkeit geben, auch mal das Heft zu lesen :-)

  15. Wir werden doch alle systematisch verarscht. Man wird ja schon langsam paranoid weil man sich ständig fragen muss: Kann man denen jetzt trauen oder nicht!? Wer hat für den Artikel bezahlt, nach welcher Pfeife tanzt der Autor, welche Absichten stecken wirklich dahinter, etc. etc. Freier, unabhängiger Journalismus? Lachnummer! Die Industrie stellt mitlerweile ganze Beiträge zum senden (hauptsächlich Radio) oder druckreif zur Verfügung. Die Verantwortlichen in den Redaktionen scheinen alles zu nehmen, hauptsache es kost’nix. Getarnter Firmenjournalismus, Manipulation, Irreführung, gefärbte Meinungen sind an der Tagesordnung. Das ist ein Skandal. STEFAN WIR BRAUCHEN DICH! MACH DOCH WAS! IRGENDWAS!!

  16. @ Tangojüngling:
    Das ist schon richtig, vor allem was die Zukäufe angeht. Da kommt der weit verbreitete Beratereffekt zum tragen: Die Manager sind zu feige, eine Entscheidung auf die eigene Kappe zu nehmen, deswegen holen die sich Berater ran, um sich hinter denen zu verstecken.

    Und die Honorare von Beratern hängen natürlich davon ab, was passiert. Bei ner Übernahme kriegen die Jungs relativ kurzfristig ne Summe, die sich in Prozenten des Übernahmevolumens bemisst, ohne so arg viel dafür tun zu müssen. Wenn dagegen was völlig neues aufgebaut werden soll, ist die wahrscheinlichkeit relativ hoch (zumal bei Internet), dass der Berater über Jahre an dem Projekt sitzt, für viel weniger Geld.

  17. PI behauptet, Herr Herre habe Morddrohungen erhalten. Wenn das reicht, um ein Blog zu schließen, finde ich das nicht gut.

  18. >Glückwunsch auch an Stefan, der Kampf hat sich gelohnt.
    Yeha, gewonnen wegen einer anonymen Morddrohung, mit der er nichts zu tun hat, das ist ja mal ein „Sieg“. Der Zweck heiligt die Mittel, oder wie?

    Ich glaube nicht, dass Stefan Niggemeier so gegen pi oder auch BILD gewinnen will.

  19. Hamburger Parallelen, langfristige:

    „Das Millerntor (Stadion von St. Pauli) soll in mehreren Bauabschnitten bis spätestens 2014 komplett umgebaut werden.“ (Präsident Littmann im Juli 2006)

    „stern.de will bis 2015 die Nummer 1 vor Spiegel Online sein“. (Chefredakteur Thomsen im Juli 2007)

  20. das stern.de den eigenen Ansprüchen nciht gerecht wird, ist offensichtlich. Andrerseits war ich nie ein Fan vom „fast-food-journalismus“ Eh größer der Druck ist so schnell wie möglich alles auf die Website zu klatschen, desto mehr leidet die Qualität. Grade bei einigen SPON-Autoren würde man sich wünschen, sie hätten die Zeit über ihre Artikel noch einmal nachzudenken.
    Ich fände eine Grundsatzentscheidung in den Redaktionen nicht schlecht:
    ENTWEDER Nachrichtenticker
    ODER Onlinemagazin
    Die Mischung führt nicht nur zu Orientierungslosigkeit sondern zwingt die Journalisten dazu sich die Meinung in dem Moment zu bilden, in dem die DPA die Nachricht einstellt. Die Ergebnisse kennen wir.

  21. @ schlevian:
    Die ersten Berichte von SPON zum Thema Waldbrände in Malibu waren extrem Pervers:
    “ -Waldbrände in Malibu: Hollywood-Stars fliehen vor dem Flammen-Inferno-
    Die Feuerwehr bekommt die Wäldbrände in Kalifornien nicht in den Griff. Mehr als 250.000 Menschen wurden vor den Flammen in Sicherheit gebracht. In Malibu mussten mehr als 200 Villen von Prominenten evakuiert werden, darunter das Anwesen von „Titanic“-Regisseur James Cameron.“

  22. Also für Nachrichten bin ich weder auf den Stern noch auf den Spiegel angewiesen. Ich lese ja auch keine Bild-Zeitung.

  23. hallo stefan, dein blogdesign sieht momentan ziemlich übel aus. das erste muss geschlossen werden, und zwar hinter . (dieser offtopic-kommentar kann gerne gelöscht werden.)

  24. ähm, ok. html-tags kann mal also nicht in kommentare einbauen. was ich sagen wollte: das erste DIV mit der klasse „liste“ muss nach dem UL-listenbereich geschlossen werden.

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