„Bild“ und Althaus gescheitert

Das war für mich die beste Nachricht am vergangenen Sonntag: dass die Wähler in Thüringer sich massenhaft von Dieter Althaus abwandten. Ich habe selten etwas so Schäbiges erlebt wie den Versuch dieses CDU-Ministerpräsidenten, den von ihm verursachten Ski-Unfall, bei dem eine Frau ums Leben kam, für sich zu instrumentalisieren.

Nun ist er endlich zurückgetreten und kann sich ganz dem Beten, dem Nordic Walking und dem „Erfahren von Vergebung“ widmen.

Ich muss zugeben, dass mich diese Niederlage auch aus einem anderen Grund freut: Es ist eine weitere Niederlage für „Bild“. Die „Bild“-Zeitung war der Medienpartner von Althaus bei seinem schamlosen Comeback-Wahlkampf. Sie bekam exklusive Fotos und revanchierte sich dafür mit Unwahrheiten in seinem Sinne und mit Wahlwerbetexten. Sie erklärte ihn für gesund, für nicht vorbestraft, für treu und verleugnete sogar ihre eigene Berichterstattung, um sich ganz in den Dienst Althaus‘ zu stellen.

Das entspricht ganz dem Prinzip, nach dem die „Bild“-Zeitung unter Kai Diekmann funktioniert: Wer ihr hilft, dem hilft sie. Wer exklusiv mit „Bild“ zusammenarbeitet, wird dafür mit freundlicher Berichterstattung belohnt. Es ist ein Prinzip, das mehr auf Freundschaften und gegenseitigen Abhängigkeiten beruht als auf Überzeugungen, aber am besten funktioniert es natürlich immer noch mit Menschen, die auch politisch dem Blatt und seinem erzkonservativen Chefredakteur nahe stehen.

Es muss so verlockend sein für jeden Politiker, die Zeitung mit ihren immer noch über elf Millionen Lesern auf seiner Seite zu wissen. Die politische Macht der „Bild“-Zeitung beruht nicht zuletzt darauf, von Politikern für mächtig gehalten zu werden. Dabei ist der tatsächliche Einfluss des Blattes auf seine Leser offenkundig deutlich geringer.

Roland Koch musste das im vergangenen Jahr ähnlich schmerzhaft erfahren wie jetzt Dieter Althaus: Die „Bild“-Zeitung hatte sich begeistert zum Wahlhelfer gemacht und seinen Versuch, auf dem Rücken von Ausländern wiedergewählt zu werden, mit einer großen schlimmen Kampagne gegen „kriminelle Ausländer“ unterstützt. Geholfen hat es Koch offenkundig nicht: Seine CDU stürzte um 12 Prozentpunkte ab, genau wie jetzt die CDU in Thüringen.

Auch Edmund Stoiber konnte die Bundestagswahl 2002 trotz einseitiger Parteinahme der „Bild“-Zeitung nicht gewinnen.

Nun kann es natürlich sein, dass all diese CDU-Wahlkämpfer ohne die Unterstützung durch „Bild“ noch deutlicher gescheitert wären. Aber wenn die „Bild“-Propaganda überhaupt einen positiven Effekt hatten, kann er so groß nicht sein.

Die Liste der in jüngster Zeit von „Bild“ verlorenen Wahlen ist ansehnlich: In Berlin scheiterte sowohl das von „Bild“ massiv unterstützte Volksbegehren „Pro Reli“ als auch der von „Bild“ massiv unterstützte Volksentscheid für den Erhalt des Flughafens Tempelhof. Auf Bezirksebene scheiterte ein von „Bild“ unterstützter Versuch, die Umbenennung der Kochstraße in Rudi-Dutschke-Straße zu verhindern. Dagegen war ein Bürgerentscheid „Spreeufer für alle!“, der von „Bild“ abgelehnt wurde, erfolgreich.

Nun ist es natürlich keine Schande, als Zeitung eine Minderheitenmeinung zu vertreten und zu unterstützen. Als Boulevardzeitung mit einer Mission und riesiger Reichweite würde ich mir aber schon Gedanken darüber machen, warum es mir nicht gelingt, die Leute zu überzeugen und zu mobilisieren. Womöglich sind die Leser gar nicht dumm genug, auf eine Agitation hereinzufallen, die so plump, einseitig, schrill und verlogen ist wie zum Beispiel die „Bild“-Kampagne für „Pro Reli“. Womöglich würde sie eine ernsthafte, faire Auseinandersetzung sogar eher überzeugen. Das ist allerdings eine Disziplin, die die „Bild“-Leute nicht beherrschen. Wenn sie ihre Leser von einer Sache überzeugen wollen, fangen sie an zu lügen, zu verdrehen und zu brüllen.

(Unter diesem Gesichtspunkt müsste man auch fragen, wie hilfreich es ist, dass „Bild“ auch ausgerechent mit den „Bild“-Methoden des Weglassens, Verdrehens und Schreiens versucht, der Springer-Doktrin gerecht zu werden, den Staat Israel zu unterstützen.)

Vermutlich liegt es aber nicht nur an den Methoden, sondern auch daran, wofür „Bild“ kämpft. Die nicht unbedingt sympathischste, aber naheliegendste Richtschnur für die Position einer Boulevardzeitung wäre schlichter Populismus. Eine solche Boulevardzeitung hätte ihr Ohr ganz dicht am Volk und in Thüringen vielleicht sogar frühzeitig gemerkt, dass es dort wenig Lust auf eine weitere Althaus-Regierung gibt, und nicht unbedingt auf den absehbaren Verlierer gesetzt. Doch die Positionen von „Bild“ sind häufig von den politischen Überzeugungen ihrer Macher geprägt — oder eben dem schlichten Freund-Feind-Prinzip, das Kai Diekmann perfektioniert hat.

Wer aber eine Zeitung nach den Interessen solcher Seilschaften ausrichtet, darf sich nicht wundern, wenn sich das Publikum abwendet. Seit Kai Diekmann Chefredakteur ist, hat die „Bild“-Zeitung weit über eine Million oder ein Viertel ihrer Käufer verloren. Sicher nicht nur aus den beschriebenen Gründen, aber womöglich auch.

Eigentlich sind es ethische Gründe, die dagegen sprechen, sich als Politiker mit der „Bild“-Zeitung einzulassen. Angesichts des Schicksals von Dieter Althaus und den anderen spricht inzwischen auch die schlichte Empirie dagegen.

105 Replies to “„Bild“ und Althaus gescheitert”

  1. Ich erinnere mich noch… ich war vielleicht 5 Jahre alt… ich hatte etwas Mühe, das knisternde, in kleine Quadrate geschnittene Papier zwischen meine knabenhaften Arschbacken gleiten zu lassen… aber dann… ich werde nie diesen reinigenden Effekt vergessen. Ja, meine Oma… was im Krieg funktionieren musste, konnte danach nicht alles schlecht sein. Und so schnitt sie bis zu Ihrem Tode die Bild-Zeitung in kleine Quadrate und legte Sie auf dem alten Klo mit dem Hochspüler aus, darüber in freudiger Vorahnung über alles wachend die niemals genutzte, selbst gehäkelte Klorollenpuppe…

  2. Ich finde ja, BILD ist unrelevant geworden, seit Kai Diekmann das Blatt regiert. Vor seiner Zeit lebte das Blatt von vielen wirklich wichtigen Boulevard-Geschichten aus Politik und Unterhaltungs-Prominenz. Das hat sich rasant verändert: Heute finden in der Zeitung fast nur noch B-Promis statt, und die politischen Geschichten kann man sich als Leser meistens wegen Belanglosigkeit knicken.

  3. Danke! Genau das selbe habe ich bei der Gelegenheit auch gedacht. Inzwischen bin ich schon fast der Meinung, dass man sich doch bitte an „Bild“ wenden soll, wenn man mit irgendeiner Initiative ganz bestimmt und zuverlässig scheitern will.

  4. Da ich mich mit der Personalie Althaus nicht beschäftigt habe (ich lebe nicht in Thüringen, und der Herr entspricht nciht meiner politischen Überzeugung), waren mir auch die Gerüchte um ein uneheliches Kind unbekannt. Ihr Artikel, Herr Niggemeier, suggeriert, daß sie wahr seien, allein, weil die Bild sie dementierte. Falls die Gerüchte nciht stimmen sollten, hat Herr Althaus wie jeder Bürger das Recht, sich gegen Diffamierung zur Wehr zu setzen; nur weil er dies in der Bild tut, muß es noch keine Lüge sein. Es wäre also interessant, ob es andere, verifizierbare Belege für die angebliche Untreue gibt. Diese fände ich – fernab alles Boulevardesken – insofern von Interesse, als die CDU ja nach wie vor konservative Family Values vertritt. Ich fände also die Babylüge viel problematischer, als Althaus‘ Selbstfindungs- und Betroffenheitsgeschwafel, das zwar peinlich ist, aber nicht unbedingt in bigotte Politik mündet.

  5. Früher waren die BILD-Leser noch hörig. Zitat aus dem Mitschnitt „BILD-Leser beschimpfen Titanic“ (Sinngemäß aus dem Gedächtnis):

    Anrufer: „Ja, ich weiß gar nicht was ich sagen soll“
    Titanic: „Warum rufen Sie dann an?“
    Anrufer: „Das stand da so drin dass ich das machen soll“
    Titanic: „Und dann machen Sie das auch sofort?“
    Anrufer: „Ja, natürlich!“

  6. @Elbnymphe: Ich habe keinen blassen Schimmer, ob die Baby-Gerüchte stimmen oder nicht, es ist mir auch egal. Bemerkenswert finde ich, dass Althaus sie in „Bild“ dementiert, und vor allem dass „Bild“ ihm unbesehen glaubt und gleich von einer „Baby-Lüge“ spricht.

    Ähnliches gilt auch für den Punkt mit seiner Gesundheit. Ich weiß nicht, wie fit Althaus war, als „Bild“ plötzlich behauptete, er sei fit. Womöglich stimmte es. Darum geht es aber gar nicht.

  7. Schließe mich der Elbnymphe an. Grundsätzlich ist das Intimleben eines Politikers für mich irrelevant. Im Falle eines Kandidaten, der sich ein konservatives Familienbild auf die Fahnen geschrieben hat (und sich in seinen abstoßenden Bekenntnisinterviews in der BILD wiederholt auf seine Ehe bezieht), ist das jedoch eine Frage grundsätzlicher Glaubwürdigkeit. Gibt es also wirkliche Beweise für diese (mir bisher ebenfalls unbekannte) Geschichte?

  8. Skandal!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
    Die Bildzeitung unterstützt doch gelegentlich Initiativen oder Politiker die dann am Votum des Volkeswillen scheitern.
    Böse, böse Bild aber auch.
    Man muss schon sehr ideologisch verblendet sein, um dei Bildzeitung wirklich noch für eine „rechte“, oder auch nur eine konservative Zeitung zu halten.
    Das tun wohl nur Leute, die auch heute noch das „Enteignet Springer!“-Mantra der 68er nachbeten, welches auch vor 40 Jahren schon recht lächerlich war.
    Abgesehen von gelegentlichen konservativen Anwandlungen, wie die Unterstützung von Pro-Reli, oder , dass sie Unionspolitikern wohl etwas näher steht als denen der SPD (wobei man auch hier fragen könnte inwie weit die CDU noch als konservative Partei zu bezeichnen ist), hat die Bildzeitung eigentlich kaum mehr ein erkennbares politische Profil.
    Sie springt hingengen vielmehr auf jeden Zug auf der irgendwie Leser verspricht: Ob Klimahysterie oder Obama-Mania (beides keine allzu konservativen Themen) die Bild ist immer vorn dabei.

  9. @Elbnymphe

    Sie müssen aber doch zugeben, dass es für die Beurteilung seiner Person / seine Eignung zum Ministerpräsidenten deutlich relevanter ist, dass er rechtskräftig dafür verurteilt worden ist, eine Skifahrerin totgefahren zu haben, als das er angeblich, vielleicht, man weiß es nicht, man munkelt nur, seine Sekretärin geschwängert hat, oder?

  10. @vauxi
    Na sicher… pass auf mit deiner Formulierung, sonst ist die Bild am Ende gar linksradikal.
    Nach einer subjektiven Einschätzung ist die Bild nunmal ausländerfeindlich, sexistisch und homophob.

  11. Und zum Thema Bigotterie in der CDU/CSU: Ich muss nicht erst unter Seehofer, Horst nachschlagen, um zu wissen, dass die beiden christlichen Parteien etwas merkwürdige Vorstellungen davon haben, ob und wie weit sie sich selbst an die von ihnen propagierten Moralpredigten halten sollen.

  12. „Seit Kai Diekmann Chefredakteur ist, hat die „Bild”-Zeitung weit über eine Million oder ein Viertel ihrer Käufer verloren.“

    Erstmal ne Flasche Sekt aufmachen! :)

  13. @vauxi

    BILD ist in Ihren Augen keine rechte, konservative Zeitung?

    Vergleichen Sie mal die BILD-Artikel über einen Iraker (?), der in Deutschland zu schnell gefahren ist und jemanden getötet hat (Stichwort: „Todesraser“) und über Herrn Althaus (der was noch mal genau gemacht hat?) Wahlweise auch das Dauerlamento über „zu lasche Urteile“ und die Artikel über das Urteil gegen Althaus.

    Man muss ja nicht immer politische Kategorien wie „rechts“ oder „konservativ“ verwenden. Mir genügen moralische Kategorien wie „verlogen“ und „widerwärtig“.

  14. Wie immer man zur CDU, zur BILD und zu Althaus steht: Was ihm passiert ist, ist schrecklich. Dass er so lange an seiner Macht festgehalten hat, war sicherlich auch Teil einer Traumabearbeitung oder gar des Versuchs, nicht ins schwarze Loch der Bedeutungslosigkeit zu fallen, die bei einem gewesenen Spitzenpolitiker (und das war er, wenn auch nur auf Landesebene) auch zu Einsamkeit führt. Jetzt fällt er ins Loch, wahrscheinlich wird ihm da vieles bewusst werden, was er vorher weg geschoben und ausgeklammert hat. Man kann ihm nur wünschen, dass er das packt. Wie immer man zu ihm steht.

  15. @Qualitätsjournalist: „Was ihm passiert ist, ist schrecklich.“ Mag sein. Aber ich finde auch: Was er gemacht hat, ist schrecklich. (Und ich meine damit nicht den Unfall, der wohl eher ein tragisches Unglück war.)

  16. BILD hat in Thüringen eine verkaufte Auflage von gerade mal 76.416 Zeitungen (Quelle IVW 2. Quartal 2009). Tendenz stark fallend (vor vier Jahren waren es noch über 90.000)
    Bei ca. 1,1 Mio. Haushalten in Thüringen kann man sagen, dass so gut wie niemand dieses Blatt liest. Alles wird gut…..

  17. Bild hat mit (wahlweise: unter, wegen, während…) Diekmann eine Million Käufer (1 Mio plus X Leser) verloren, aber in dieser Zeit Millionen bild.de-User gewonnen. Da steht der selbe oder zumindest gleiche Mist. Wäre interessant zu sehen, wie sich die Landschaft der Meinungen im Netz verändern würde, wenn Springer einmal massiv in weitere meinungsbildende Medien investierte. Was eines Tages kommen wird, wenn es den Laden dann noch so gibt.

  18. @ 3:
    Sätze, die beginnen mit Phrasen wie „ich finde ja“ sollte man gleich weglassen. Die Tendenz zur Phrase indiziert die Abgedroschenheit des Kommenden. Daß Bild irrelevant sei, kann sagen, wer sich in einer Welt glaubt, in der es keinen Gesamtzusammenhang gibt. In der willkürliche Dinge passieren, die mein Leben nicht affizieren.
    Eine Sache wird nicht kleiner, indem man sich wegleugnet. Und der Einfluß der Bild mag zurückgehen, es wäre sehr zu hoffen, ihn aber schlichtweg für inexistent zu halten, würde über die Tatsachen krude hinweggehen.

  19. @22, Thom: Und wer sich in einer Welt glaubt, in der es die eine objektive Wahrheit gibt, der kann das „ich finde ja“ weglassen. Ich will hier gar nichts leugnen, sondern nur schildern, wie mein persönlicher Eindruck aussieht. Für mich ist Bild irrelevant geworden, und ja, früher war das Blatt für mich wichtig, weil es relevante Nachrichten beinhaltete, die ich erst tags darauf in der SZ oder meinetwegen auch der FAZ lesen konnte.

  20. Diekmann war nie ein guter Journalist, erst recht kein guter Blattmacher. Diekmann war immer und vor allem Karrierist. Man erkennt solche Leute auch daran, das sie sich – wenn sie obere Sprossen erklommen haben – sich vorzugsweise mit gleichförmigen Weasen umgeben. Sieht man sich die Kleidung, die Frisur und den Habitus so mancher Leitenden Redakteure bei Bild an, wird das augenfällig.

    Es tut gut zu wissen, dass das Propagandablättchen wieder mal vergeblich getrommelt hat.

  21. @Jackson: „Bild“ ist eine der meistzitierten Zeitungen des Landes, und die Inhalte aus „Bild“ wurden auch von vielen anderen Medien weiterverbreitet. Natürlich nicht immer im Sinne Althausens, sondern oft auch kritisch kommentiert, was aber meine These eher stützt, dass ein solcher Seelenverkauf an „Bild“ keine gute Idee ist für einen Politiker.

  22. Ich finde ja, Sätze, in denen die Abgedroschenheit des Kommenden indiziert und ein Leben affiziert wird, sollte man auch gleich weglassen.

    Aber dass das ein guter Artikel ist, das finde ich auch.

  23. Vor einiger Zeit soll [ich habe es selbst auf die Schnelle nicht gefunden, vielleicht ist jemand anderes besser vertraut als ich mit der Wühlerei bei Twitter?] Ralf Klassen von stern.de Stefan Niggemeier auf Twitter angeblich als (ironisch) „topseriös“ bezeichnet haben.

    Am Wahltag zerreißt Stefan Niggemeier (berechtigt, klar) die Berichterstattung von stern.de

    Eher pure Empörung über stern.de oder eher Freund-Feind-Prinzip?

    ;-)

  24. @noir.desir

    „Vergleichen Sie mal die BILD-Artikel über einen Iraker (?), der in Deutschland zu schnell gefahren ist und jemanden getötet hat (Stichwort: „Todesraser”) und über Herrn Althaus (der was noch mal genau gemacht hat?)“

    Vielleicht lag die unterschiedliche Art und Weise der Berichterstattung über die beiden Fälle ja an dem kleinen Detail, dass der Iraker nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war, und somit sein Fehlverhalten weit schwerwiegender ar als das von Herrn Althaus?

    Man kann natürlich auch wieder mal die übliche rechte, konservative, ausländerfeindliche, rassistische etc.etc. Medienverschwörung des pöhsen Springerkonzernes dahinter vermuten.

    Jedem wie es ihm beliebt

  25. Die Vorstellung, die Bildzeitung gehe unter Diekmann zugrunde, überzeugt mich nicht. Ihr unterstellt dem Springer-Konzern, Eure Prinzipien zu teilen, aber nicht zu wissen, wie man eine gute Zeitung macht und so viele Leser gewinnt.

    So denken Konzerne nicht: Das Ziel ist keine gute Zeitung, die eine Million Leser mehr hat, sondern eine Verwertungskette. Springer versucht, alle Anküpfungsgeschäfte, die Bild eröffnet, selbst abzudecken. Und Bild funktioniert nur noch als Glied dieser Kette: Es agiert propagandistisch, wenn die SPD einen Mindestlohn einführen will, weil dies das Briefzustellergeschäft von Springer gefährdet. Das Briefeaustragen ist aber wichtig für Springer, weil Springer dadurch die Briefkästen mit Werbung versorgen kann. Mit PIN hätte Springer seinen Werbekunden eine hundertprozentige Abdeckung anbieten können: Briefkasten, Radio, Fernsehen, Zeitung, Internet.

    Ein anderes Beispiel ist ProSieben: Die Nachrichtenimitation „Newstime“ berichtet, Youtube dürfe keine Musikvideos mehr zeigen. Aber es gebe ja noch andere Videoportale, klärt Newstime seine Zuschauer auf, und nennt ein einziges Beispiel: Myvideo.
    Myvideo ist natürlich Eigentum von Prosieben. Im anschließenden Werbeblock lief dann zur Sicherheit gleich noch einmal der Werbespot von Myvideo. Und niemand empört sich darüber. Unterderhand hat ProSieben in letzter Zeit eine Fun-Media-Games-Quatsch-ICQ-Verwertungskette für anspruchslose Menschen gesponnen und leidet unter demselben Problem wie Springer: Die Qualität ihrer eigentlichen Produkte hat dabei enorm gelitten.

    Ihr irrt mit der Annahme, der Qualitätsverlust sei auch nur von geringstem Interesse. Wichtig ist nur, ob das Produkt als Glied in der Verwertungskette funktioniert.

  26. war tatsächlich erleichtert, dass es althaus nicht zur mehrheit geschafft hat. es war nicht sicher, dass er’s nicht schafft. war ein rein rationaler wunsch, da der wahlkampf so war, wie er war.
    heute alle medien unisono zum rücktritt von althaus mit gleichem foto: gesenkter kopf und einer handbewegung von ihm, als wische er sich eine träne weg.
    jetzt ist es gerade ein foto mit händen zum gebet. hat halt ne tragische aura, der mann.
    bei ‚pro reli‘ war die kombination jauch mit drecksmedium stets die am härtesten zu verdauende komponente. da hat jauch noch mal unglaublich stark verloren, zusätzlich zu den abzügen für stern.tv.

  27. Darf ich für gute Stimmung sorgen?

    Kai Dieckmann ist mit der Bundestagswahl Geschichte!

    Warum? Er hat seine Posten sicher und Stefan hat das gut beschrieben: Die konservative Ausrichtung vorgegeben durch Eliten löst in Deutschland keinen Kaufreiz mehr aus. BILD ist beweisbar durch tausende von Copytests ein Blatt, das eher von der Linken gelesen und verstanden wird (auch, wenn das keiner zugibt). Warum sollten die tun, was Dieckmann sich wünscht?

  28. Die Althaus Geschichte mag ein Zeichen dafür sein, daß der Einfluß der Bildzeitung sinkt. Aber die Reichweite von Bild, denke ich, steigt eher trotz der sinkenden Auflage, denn Bild.de geht durch die Decke. Da haben bei der Auflage eher die klassischen Probleme aller Tageszeitungen. Oder nicht?

  29. Jetzt darf man gespannt sein, ob die BILD ihm noch die letzte Ehre erweist oder ihn fallen lässt. Auf bild.de liest es sich jedenfalls, als ob er sich verschanzt hätte und ein Familiendrama bevorstünde.

  30. Danke für die klaren Worte. Ich persönlich empfinde die BILD eh als geistiges Nachfolgeblatt des Stürmers – was die Sprache angeht. Dies kann man sicherlich auch sehr einfach belegen. Vor allem den Verweis auf die Politik finde ich gut, man sollte ich als Bundespolitiker endlich deutlich gegen dieses Blatt stellen. Das kann und wird sicherlich auch mal in die Hose gehen, aber würde auch ein Zeichen setzen.

  31. Ich musste vorhin auch an die ganzen Verbrüderungen denken – und bin naheliegenderweise auch froh, dass das, nun ja, Projekt, gescheitert scheint – wobei man nicht außer Acht lassen sollte, dass die Union natürlich noch stärkste Partei geblieben ist (auch wenn das zu nicht unwesentlichen Teilen auf das Eichsfeld zurückzuführen ist).

    Es scheint aber offensichtlich, die nächsten Wochen werden noch viel implizite Wahlempfehlungen(TM) aus dem bekannten Hause mit sich bringen. Vielleicht wieder mit gegen GroKos wetternden FDP-Ehrenvorsitzenden.

  32. @Scipio

    Was die Sprache angeht können Sie das alle paar Tage in genau solcher Art und Weise lesen. Zu allem was das Thema Israel angeht hat Herr Niggemeier alles gesagt

  33. @K.P.

    Ich weigere mich daran zu glauben, dass es irgendetwas zur Auseinandersetzung mit Medien und deren Verstrickungen beiträgt, wenn immer gleich das schwerste Geschütz, immer gleich der hitlerste Vergleich aufgefahren wird.

    BILD hat Lieblinge, und denen wird unter die Arme gegriffen. BILD redet dem Volk nach dem Maul und schürt Ängste und Ressentiments. Leider subtiler als das früher gemacht wurde, und zum Glück bei weitem nicht so perfide rassistisch.

  34. 33, lina:

    Es wird dem Springer-Konzern bei allen Weiterverwurstungsmöglichkeiten nicht egal sein, dass die Auflage des wichtigsten Erzeugnisses dramatisch in den Keller geht.

    Ein solcher Konzern handelt in der Spitze allerdings nicht unbedingt stringent nur nach ökonomischen Gesichtspunkten. Vieles hat mit Machtausbau und Machterhalt einzelner Personen zu tun.

    Wäre dem nicht so, hätten wir nur weise Menschen als Konzernlenker. Und einen – auch Auflagen betreffend – guten Blattmacher als Bild-Chefredakteur.

  35. […] „Bild“ und Althaus gescheitert Das war für mich die beste Nachricht am vergangenen Sonntag: dass die Wähler in Thüringer sich massenhaft von Dieter Althaus abwandten. Ich habe selten etwas so Schäbiges erlebt wie den Versuch dieses CDU-Ministerpräsidenten, den von ihm verursachten Ski-Unfall, bei dem eine Frau ums Leben kam, für sich zu instrumentalisieren. […]

  36. @50 Stimmt. Wann wäre eine politische Kampagne des „Stürmers“ je gescheitert?
    Gestern in heute nacht. Normen Odenthal (sinngemäß): „Wenn noch mehr Parteifreunde auf die Idee kommen, er ist das Problem, dann sieht Dieter Althaus…alt aus.“

  37. @Niggemeier

    Es geht dabei um Sprache und verwendete Sprachbilder zum verdeutlichen von Inhalten. Da sind Vergleiche schon interessant. Man muss es ja nicht immer gleich von der populistischen Seite betrachten sondern vielleicht von der Sprachwissenschaftlichen, aber das nur am Rande…

  38. > Nun ist er endlich zurückgetreten und kann sich ganz dem Beten, dem Nordic Walking und dem „Erfahren von Vergebung” widmen.

    … und dem Kreationismus.

  39. Haben die Druckversionen anderer großer deutschsprachiger Zeitungen nicht auch unter einem massiven Käuferverlust zu leiden? Mir kommt es langsam so vor, als ob die Gelegenheiten zum Zeitunglesen weniger geworden sind. Wer hat noch ausgiebige Mittagspausen, arbeitsarme Büroalltage, nach Füllung schreiende Feierabende?

    Kleine ketzerische Bemerkung: Nicht jede Kampagne, die von BILD unterstützt wird, muss deshalb gleich ablehnenswert sein. Ich finde Straßenbenennungen nach Rudi Dutschke ebenso überflüssig wie die Taufe des Münchner Flughafens auf den Namen des großen Landesvaters. Beides zeugt von einem verkrampften, ostentativen Ideologismus.

    Man hätte den Airport in Erding beispielsweise nach Gabelsberger, Max II. oder Karl Valentin benennen können – bedeutende Persönlichkeiten mit München-Bezug sind ja nicht so dünn gesät.

  40. Ich mag die Art in der Althaus Politik betrieben hat nicht und bin auch kein Freund seiner politischen Vorstellungen.

    Allerdings habe ich ein wenig Mitleid mit ihm und erinnert mich an Uwe Barschel. Auch dieser konnte sich in einer moralischen Angelegenheit lange Zeit auf die BILD verlassen, ist dann in (für Politiker) jungen Jahren tief gefallen und hat ein trauriges Ende genommen.

    Das moralische Urteil, dass ihn (Barschel) ereilt hat, könnte nun auch Althaus treffen, der zudem psychisch angeschlagen wirkt.

    Vielleicht sollte man den Mann jetzt erst einmal in Ruhe lassen und hoffen, dass er eine nette Familie und gute Freunde hat.

  41. @56:
    Ich brauche aber keine große Mittagspause, um dieses Blatt zu lesen. Und der Auflagenverlust der Bild ist, auch im Vergleich zu anderen Blättern, nicht gerade unterdurchschnittlich.

    Nebenbei: Eine Zeitung sollte generell keine Kampagnen führen. Und die Kampagne gegen die Rudi-Dutschke-Straße hat die Bild ja auch nicht geführt, weil sie damit ein Signal gegen verkrampften Ideologismus setzen wollte. Das Motiv sollte nie außer Acht gelassen werden, wenn man Taten beurteilen will.

  42. @Treets,
    Och nö, bitte nicht schon wieder dieses Kampagnen-Gewäsch.
    Ab wann wird eine Meinungsäußerung eigentlich genau zur Kampagne?
    Irgendwie ist es wohl immer dann eine „Kampagne“ wenn man die geäußerte Meinung nicht teilt.
    Ansonsten ist „kritische Berichterstattung“ o. Ä..
    Auch wenn die üble Kampagne der Bildzeitung, bzgl. der Rudi-Dutschke-Straße gescheitert ist, so fand ich das Anliegen doch voll und ganz richtig.
    Nach irgendeinem Knallkopf, der auch noch den widerlichsten Massenmördern des 20. Jahrhunderts hinterhergedackelt ist, muss man wirklich keinen Strassen benennen.

  43. Als ich heute Mittag vom Rücktritt hörte, hatte ich ziemlich genau die gleichen Gedanken. Danke Stefan fürs Hinschreiben!
    Die Frage: was wäre gewesen wenn…

    „Nun kann es natürlich sein, dass all diese CDU-Wahlkämpfer ohne die Unterstützung durch „Bild” noch deutlicher gescheitert wären.“

    Es geht dabei ja auch nicht nur um die Wirkung der Kampagnen auf die „Bild“-Leser. Es ist ja auch Einiges über diese Kampagnen in andere Medien durchgesickert und dort teilweise deutlich kritisiert worden. Nicht nur hier und bei „Zapp“, auch in normalen Zeitungen wurden Althaus‘ Tränendrüsengeschichten kritisch betrachtet, und dies sicherlich auch als Folge dessen, daß er ausgerechnet die „Bild“ dafür einsetzte.

    Wenn Diekmann seine Kampagnen fährt, mag er einige Leser überzeugen. Aber Dank des schlechten Rufs seines Blattes werden viel mehr Leute hellhörig werden, sich Gedanken über das Thema machen, und zu einem Resultat kommen, das konträr ist zu dem von Diekmann intendierten.

    Da kann man nur hoffen, daß sich Deine Feststellung zur Empirie im letzten Satz bei „Denen“ nicht herumspricht.

    OT: Gleich wird im Ersten Herr Steinmeier auf Murat Kurnaz angesprochen werden. Bin gespannt.

  44. Bild kämpft gegen seine Stammleser, die Unterschicht.
    Sie kämpft gegen Mindestlohn und gegen Hartz IV Erhöhung.

    Sie ist für Krieg. Damit verstößt sie gegen die Interessen der Berufssoldaten.

    Vorhandene Ängste schüren ist auch schwierig. Vor den Kommunisten hatten viele Angst. Sie waren entbehrlich also theoretisch vernichtbar.
    Jetzt hat man vor Klimawandel Angst. Da muss man aber selber unangenehme Änderungen vornehmen.

    Die Klatschgeschichten werden auch immer langweiliger. Da steht dann sinngemäss: „Wer verbreitet nur wieder diese Geschichten ?“
    Nur Bild selber verbreitet sie.

    In BILD wird ein über einen negativen Angela Merkel Artikel in Newsweek berichtet.
    Diesen Newsweek-Artikel hatte aber Hugo Müller-Vogg selber geschrieben.
    Nach dem Motto, wenn Merkel etwas für Mindestlohn tut, wird auch in Deutschland gegen sie gehetzt. Wurde in „Neues aus der Anstalt“ so dargestellt.

  45. Es wäre aber schon schön zu wissen, ob und in welchem Umfang die Bild-Kampagne den Ausgang der Wahlen beeinflusst hat. Bei so vielen Gelegenheiten wird doch bestimmt einmal die eine Situation eintreten, in der die Berichterstattung in der Bild das Zünglein an der Waage ist. Und deswegen beruhigt es mich nicht wirklich, dass diese Kampagnen so häufig fehlschlagen.

  46. Die Stärke von Bild ist wohl nur das Vernichten, nicht das Starkschreiben von Menschen.

    @vauxi, #63: Ich wußte gar nicht, daß Dutschke Hitler und Stalin hinterhergedackelt ist. Quellen?

    btw.: Straßen, mit langem A, auch bei Mehrzahl.

  47. @Stefan W.

    „Ich wußte gar nicht, daß Dutschke Hitler und Stalin hinterhergedackelt ist.“

    Ist er auch nicht.
    Die beiden waren sind auch schon vor seiner Zeit gestorben.
    Sonst wäre er es sicher.
    Er ist allerdings Mao, Ho Chi Minh und Che Guevara hinterhergedackelt, um nur einige zu nennen.
    Nach letzterem hat er sogar seinen Sohn benannt.

    Ich finde eigentlich das reicht schon um keine Straßen nach ihm zu benennen.

  48. Hoffen wir, dass die Macht der „BLÖD“ weiter geschwächt wird. Vielleicht werden wir es eines Tages erleben, dass es ernsthafte Journalisten sind, die hierzulande die Meinungen im Volk bestimmen.

  49. @TheK

    Sie möchten, dass Journalisten „die Meinungen im Volk bestimmen“?

    Ich möchte das nicht. Ich möchte, dass Journalisten den Menschen die Möglichkeit geben, sich zu den wichtigen Themen eine eigene Meinung zu bilden.

  50. @57/Limited
    Ich wusste gar nicht, dass Mitleid eine Kategorie der Politik darstellt, nach der der Wähler dann vielleicht eine Entscheidung zu treffen hat (demzufolge wäre es eine Geste des Mitleids am 27.9. Steinmeier zu wählen).

    Niemand hat Althaus gedrängt nach dem Unfall – der nur ein Mitleidsopfer kennt: nämlich die Tote (so sinngemäss Herr Spreng gestern auf n-tv) – weiterzumachen. Es war genug Zeit und vor allem Grund auf eine erneute Kandidatur zu verzichten. Jeder hätte das eingesehen und Althaus hätte als honorig dagestanden.

    Das „Bild“-Interview war eindeutig lancierte PR. Allerdings schlecht gemacht; sie zündete nicht. Es war zu plump. Hätte es sich um einen SPD oder Grünen-Politiker gehandelt, wäre es so niemals dort erschienen. Es hätte Häme und Verleumdungen gegeben. So gab es eine Portion Mitleid. Aber Mitleid baut keine Schulen, stellt keine Lehrer ein und stellt keine Haushalte auf.

    Niggemeier hat Recht, wenn er konstatiert, dass die Wirkung der „Bild“-Zeitung nicht mehr in dem Sinne funktioniert, wie sie funktionieren soll. Das hatte man schon einmal bei Kochs Wahlkampf 2008 bemerkt (das war m. E. noch ekeliger). Der Bedeutungsverlust der Zeitungen in der Formung der öffentlichen meinung hat längst auch die „Bild“-Zeitung erreicht.

  51. @Gregor Keuschnig

    Wenn ich das, was Sie schreiben, mal durch etwas „Aufgeschnapptes“ ergänzen darf: Letztens im Fußballstadion, ein paar angetrunkene Männer rund um eine BILD. Ein Artikel über Althaus. „Der macht mit seinem Unfall Wahlkampf. Das find ich nicht gut.“ Zustimmung allenthalben. Keine weitere Analyse, aber eben auch kein „Reinfallen“ auf BILD und Althaus. Eine eigene Meinung, trotz allem.

    Das hat mir ein wenig den Glauben an die Menschen hier zurückgegeben.

  52. @Tim Silber (6.)
    Lustgewinn am frühen Morgen:
    http://www.youtube.com/watch?v=yoVE5Q2HBBo

    @Stefan Niggemeier (7.)
    So wie es mir gelingt einen aufgeregt aggressiven Opa zu mimen,
    so gelänge es mir auch, Amnesie und Trauer vorzutäuschen.
    Althaus kann sowas auch.

    @qualitätsjournalist (17.)
    Wäre es ihm „passiert“, wäre er Opfer.
    Er jedoch hat „getan“ und ist (als) Täter (verurteilt worden).

  53. @ Gregor Keuschnigg

    Dass Mitleid im Sinn von Empathie im politischen Bereich eher selten eine Rolle spielt, halte ich eher für bedauerlich.

    Sicherlich hat Althaus eine aktive Rolle bei der medialen Inszenierung der BILD gespielt. Ihn als Opfer einzustufen ist sicherlich unangebracht.

    Mir kam bei der Geschichte nur unwillkürlich Uwe Barschel in den Sinn. Es gibt da meines Erachtens einige erstaunliche Parallelen.

    Beide sind in jungen Jahren ohne Wahl als Nachfolger äußerst populärer Landesväter ins Amt gekommen und haben nach zwei Wahlperioden die Macht verloren.

    Hier wie dort gab es Glaubwürdigkeitsprobleme und moralische Vorwürfe im Wahlkampf, die sich auch durch massive Schützenhilfe durch die BILD nicht beseitigen ließen. Beide haben einen dramatischen und zu diesem Zeitpunkt unerwarteten Abschied hingelegt. Bei beiden waren Medikamente im Spiel und beide erschienen zum Schluß nicht mehr als vollständig im Besitz ihrer Sinne.

    Auch wenn er Mitbeteiligter ist, halte ich es nicht für erbaulich auf jemanden einzutreten, der derart am Boden liegt. Das widerspricht meinen Gefühl für Fairness.

    Dass das Potenzial der BILD zum Agenda-Setting deutlich abgenommen hat, begrüße ich hingegen und spreche mich auch gar nicht dagegen aus, dass Stefan Niggemeier die Geschichte der unerquicklichen Zusammenarbeit von BILD und Althaus hier dokumentiert.

  54. @Limited,
    „….halte ich es nicht für erbaulich auf jemanden einzutreten, der derart am Boden liegt…“.

    Davon habe ich in den Medien bisher nichts feststellen können.
    Wenn Sie Bezug nehmen auf meinen Kommentar,
    ich beziehe mich hierauf ,
    denn das kommt rüber als: „Jetzt mal schnell Traurigkeit vermitteln für ein Exclusivfoto“.

  55. @Limited,
    weil ich Herrn Althaus unterstelle, er könne Emotionen
    zum Erreichen seiner Ziele unredliche vortäuschen.

    Wenn Sie mir Quellen nennen für das „…auf jemanden
    einzutreten, der derart am Boden liegt…“ seit Althaus‘
    Rücktritt, verwerfe ich natürlich den Gedanken, Sie
    hätten sich evtl. auf meinen Kommentar bezogen.

  56. Limited,

    der Vergleich zu Barschel ist zwar naheliegend, aber ich sehe keine Verbindung zu irgendwelchen Waffengeschäften.

    Im Ernst: Althaus hat versucht, auch (!) auf Kosten anderer (hier: Familie der getöteten Frau) sein Ding durchzuziehen. Das ist ihm trotz medialer Aisstenz der Bild nicht gelungen. Im Moment kann ich auch nirgendwo entecken, dass man auf ihn tritt. Im Gegenteil, er wird ja allüberall gelobt und gewürdigt.

    Am ehesten noch dürften seine eigenen Parteifreunde ihn im Stich lassen.

    PS: Stefan, haben Sie meine Kuh-Sache erhalten?

  57. @ oldman

    War der Rücktritt von Althaus eines seiner Ziele? Irgendwie komme ich gedanklich gerade nicht mit. Vermutlich ein Mißverständnis.

    Zum Thema des (Nach)Tretens. Auch hier ist meine Assoziation zunächst die mit Barschel. Nachdem er gegangen ist, gab es meiner Erinnerung nach ein veritables Kesseltreiben, bei dem sich auch die BILD nach einer kurzen Schamfrist voller Inbrunst einschaltete.

    Das würde auch zum Trend der erst hochschreiben und dann umso exzessiver niederschreiben passen.

    Ungeachtet jeder Mitbeteiligung hat das meiner Meinung nach niemand in dieser Form verdient.

    Ich warte eigentlich nur noch auf den BILD-Titel: „Althaus – warum hat er versagt!“

  58. @Limited, @all,
    nein, der Rücktritt war natürlich nicht sein Ziel.
    Reichlich verquer diese Gedanken.

    Parallelen zum Verhalten, nach einem einschneidenden
    Ereignis, zu Uwe Barschel erkenne ich tatsächlich.

    Barschel hat als einziger Überlebender der fehlgeschlagenen
    Landung auf dem Flugplatz Lübeck sein auf Krücken gestütztes
    Leiden weidlich im Wahlkampf ausgenutzt.
    Mitleidspunkte wollte er sammeln, der skrupellose,
    machtversessene Karrierepolitiker.

    Wer als Zeitzeuge die damalige Berichterstattung verfolgte,
    kam zu dem Schluss, daß Barschel gegen den Rat der Piloten
    kraft authoritärer Willkür auf einer heimatnahen Landung
    bestand und dadurch drei Menschenleben zerstörte.

    http://www.wdr.de/themen/kultur/stichtag/2007/05/31.jhtml

    Eine Erinnerung also, die weiter zurück reicht als das „Ehrenwort“.
    Die Arbeitsstile beider Herren ähneln sich tatsächlich.

  59. Ich bin ja nun nicht unbedingt ein Fan von Charlotte Roche, aber der Bildblog-Pointer letztens zu ihrem Interview mit dem Schnipsel über (bzw. gegen) Bild liess mir das Herz singen. Diese „klage gegen alles“- Attitüde und der empfundene Gesichtsverlust für Prominente (echte und vermeintliche), die aktuell Werbung für Bild machen, ist 100%ig richtig.

  60. Vielleicht habe ich die Berichterstattung zum Wahlkampf in Thüringen nicht aufmerksam genug verfolgt. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich nicht in Thüringen lebe. Aber das, was mir bezüglich Dieter Althaus im Gedächtnis geblieben ist, lautet: Skiunfall.

    Die öffentlichen Äußerungen von Herrn Althaus in Interviews hätten wohl besser so gelautet: „Aus Respekt zur getöteten Frau und ihrer Familie möchte ich mich nicht weiter zum Skiunfall äußern. Also lassen Sie uns bitte über Politik sprechen.“

    Ich denke nicht, dass es der öffentlichen Wahrnehmung eines Politikers förderlich ist, wenn man diesen in erster Linie als bemitleidenswerte Person empfindet (beziehungsweise empfinden soll), statt über seine Kompetenz als Politiker mit Führungsqualitäten nachzudenken. Aber ich bin ja nicht der PR-Berater von Althaus…

  61. Schade, dass ich mich an dieser Diskussion über BILD nicht so richtig beteiligen kann, ich habe sie noch nie gelesen. Mir haben beim Zeitungskauf schon immer die Balkenüberschriften gereicht.

    Ich würde dieses Blatt noch nicht mal zum einwickeln hernehmen. Es wundert mich allerdings, dass der Chefredakteur in der Society überhaupt akzeptiert ist. Ein solcher Schmierfink hat m. E. noch nicht mal in der Schicki-Micki Szene was verloren.

  62. @Gregor Keuschnig, #75: „Niemand hat Althaus gedrängt nach dem Unfall – der nur ein Mitleidsopfer kennt: nämlich die Tote (…) – weiterzumachen.

    Mit einer Toten kann man kein Mitleid haben, weil eine Tote kein Leid empfindet. Man kann – das liegt in der Natur der Sache – nur mit Leidenden mitleiden, z.B. mit Angehörigen der Toten.

    Um die Tote selbst kann man trauern.

  63. Offenbar will Dieter Althaus in der Politik bleiben und sein Abgeordnetenmandat im Landtag annehmen.

    Ich hoffe, er weiß, was er sich mit dieser Absichtserklärung antut.

  64. Wie hat man denn die heutige Bild-Überschrift zu verstehen: „Drama um Althaus!“? Ist das Kannibalismus? Wird da nochmal Auflage geschunden, oder erwartet einen etwa eine kritische Aufarbeitung? ;-)

  65. Es hat mich gefreut, dass Althaus die Wahlen verloren hat. Die verlogene Darstellung seines vom ihm verursachten Skiunfalls war widerlich. Mehrere Sicherheitsbeamte haben nichts gesehen, was die Vermutung zulässt, er ist sehr schnell, also mit „Schuss“, in eine andere Piste eingefahren und zwar aufwärts! Was das alles soll? Ich bin der Meinung, dass das Unfallgeschehen unvollständig dargestellt wurde. Der Hergang wurde nicht vollständig ausermittelt. Aber vielleicht macht dies Althaus‘ Haftpflichtverischerung? Denn wenn diese zu dem Ergebnis kommt, das Verhalten von A. war grob fahrlässig, kann sie die Zahlung an die geschädigte Familie verweigern. A. müsste dann selbst zahlen. Ob da Althaus‘ Pension reicht?

  66. es sollte ziemlich leicht sein, statistisch zu klären, ob die BILD mehr Auflage als andere Printmedien verloren hat / verliert. mir fallen ein paar interessante kontrollvariablen ein, hat jemand solche daten?!

  67. @93
    Die Daten -inklusive der Erklärung wie sie genau erhobenwerden- gibt es beim IVW (www.ivw.de). Die Suchmaschine dort ist leicht zu bedienen um zu den gewünschten Ergebnissen zu kommen.

    Damit nicht nur -wie von 94 schon verlinkt- nicht nur die Auswertungen der Printmedien zu sehen sind, hier noch der Link zur Entwicklung des Online-Angebotes der Bild:

    http://www.ivwonline.de/ausweisung2/search/angebot.php
    http://www.ivwonline.de/ausweisung2/search/ausweisung.php

    Die Frage ist jetzt natürlich, ob die IVW die Kontrollvariablen die Ihnen einfallen auch berücksichtigt.

    @Stefan Niggemeier:
    Schöne Zusammenfassung. Danke

  68. „Seit Kai Diekmann Chefredakteur ist, hat die „Bild”-Zeitung weit über eine Million oder ein Viertel ihrer Käufer verloren.“
    Ich glaube, dass die ehemaligen Leser einfach zu „explosiv“ und „BIZZ“ abgewandert sind, denn Lesen ist immer noch anstrengender als einfach Glotzen.

  69. Stimme vollkommen zu. Nur leider wird der Wendehals Althaus nach gewonnener Wahl Ostbeauftragter der zweiten Regierung Merkel werden.

  70. @79/Limited
    Interessante Parallelen, die Sie da aufmachen. Aber sie zünden nicht, weil die Umstände und Resultate andere sind.

    Ministerpräsidenten mutieren in Deutschland immer mehr zu Provinzfürsten. Damit können seit jeher einige nicht umgehen (s. a. Simonis, Späth).

    Dass jemand auf Althaus eingetreten hat, kann ich erkennen. Seine Kampagne, sich mit der „Bild“-Zeitung reinzuwaschen, war schäbig. Dass hier die CDU-Führung nicht eingeschritten ist, war ein sträfliches Versäumnis. Den jetzigen Prozentsatz hätte Frau Diezel auch erreicht.

    Wenn es um die selbstverschuldeten Umstände eines Politikers geht, ist Empathie fehl am Platz. Wenn Ramelow sagt, es sei das „tragische Ende eines tragischen Ministerpräsidenten“ zeigt er, dass er nicht weiss, was „tragisch“ ist. Desweiteren will er Althaus „schonen“ – ich frage mich nur warum. In Wirklichkeit ist doch Althaus nicht für seinen Unfall zu verurteilen, sondern für die Inszenierung danach.

    @89/Stefan W.
    Komische Definition.

  71. @101

    Für den von ihm schuldhaft verursachten Skiunfall ist Althaus natürlich zu verurteilen (das hat ja trotz aller Vorzugsbehandlung auch das österreichische Gericht so gefunden).

    Moralisch widerwärtig war in der Tat die Selbstinszenierung hernach (aber das ist ja eine deutsche Spezialität, die Selbstbemitleidung der Täter).

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