Wenn „Bild“ das schreibt, wird’s stimmen

Kommen wir zu weiteren Antworten auf die beliebte Frage: „Wer glaubt schon, was in der ‚Bild‘-Zeitung steht?“

Die Nachrichtenagentur AP glaubt es. Sie übernahm bekanntlich aus „Bild“ die ebenso doofe wie falsche Behauptung, das „Gerangel um die Aust-Nachfolge … zieht offensichtlich auch die Auflage [des ‚Spiegel‘] nach unten“, die „Bild“ zufällig einfiel, nachdem der „Spiegel“ über den Auflagenrückgang von „Bild“ berichtete.

Die „taz“ glaubt es auch. Sie ließ die Quelle „Bild“ weg, machte sich die Interpretation aber zu eigen und vermeldete sie sogar unter der Überschrift „Nach Posse um Chefredaktion / „Spiegel“-Verkauf bricht ein“:

(…) Die Einzelverkäufe sind im vierten Quartal 2007 auf 337.500 Exemplare gesunken. (…) Ein Einbruch von fast 20 Prozent und das schlechteste Ergebnis seit 2003. Möglicherweise liegt das an der schlechten Presse, die im vierten Quartal ordnerweise über den Spiegel erschien und nicht gut fürs Image war.

Und im Zweifel glaubt es auch „turi2“, der „Aufsteiger unter den Branchendienst für Medien und Kommunikation“ und BILDblog-Kritiker, der gestern berichtete:

Übrigens hat die dilettanische [sic] Nachfolgersuche für Aust dem „Spiegel“ einen erheblichen Imageschaden verpasst: Im vierten Quartal 2007 ging der Einzelverkauf laut IVW um 20 Prozent zurück.

(Von einem Rückgang um 20 Prozent zu sprechen, wie „taz“ und „turi2“ es tun, ist ohnehin unzulässig, weil nur ein Vergleich mit dem Vorjahresquartal aussagekräftig ist; nicht der des Herbstes mit dem Sommer.)

taz.de und turi2.de demonstrieren auch schön die Attrappenhaftigkeit vieler Kommentarfunktionen. Unter beiden Artikeln stehen Kommentare von Lesern, die unter Verweis auf BILDblog schreiben, dass der behauptete Zusammenhang zwischen der Personalie Aust und dem Auflagenrückgang nicht stimmen könne. Und bei beiden Artikeln gibt es keine Reaktion auf diese Hinweise: Keine Korrektur, Ergänzung oder wenigstens Antwort eines Redakteurs oder Mitarbeiters in den Kommentaren. Das ist so interaktiv und Web-2.0-ig wie ein Anrufbeantworter.

Und wer glaubt noch, was in der „Bild“-Zeitung steht? Das Fernsehen natürlich. Die Mär, dass der Hai, der auf einem „Bild“-Leserreporter-Video zu sehen ist, 3,50 Meter lang sein soll, verbreiteten nach Informationen von BILDblog-Lesern gestern „Brisant“ (ARD) und „Hallo Deutschland“ (ZDF), ProSieben und der „Nachrichtensender“ N24 — und betonten dabei teilweise auch noch diese unglaubliche Länge, die schon bei einem Blick auf das Video selbst noch unglaublicher wird.

29 Replies to “Wenn „Bild“ das schreibt, wird’s stimmen”

  1. ERSTER!!! Nach dem Prinzip arbeitet offenbar auch so manche Redaktion da draußen. Auf die Gefahr hin, dass dabei unrecherchierter Mist bei raus kommt. So langsam sollte doch auch in der letzten Redaktionsbude angekommen sein, dass BILD es mit Zahlen&Fakten nicht so genau nimmt.

  2. Danke für den Hinweis auf das fehlende „t“. Den zuständigen Redakteur habe ich seiner gerechten Strafe zugeführt und ihm eine einstweilige Erschießung zustellen lassen.

  3. Habe gestern einen Bericht zu dem Hai-Vorfall gesehen und der war erstaunlich unaufgeregt. Ich glaube sogar das war auf RTL (Explosiv).

    (Bei BILDblog hakt grad was mit dem Server.)

    Politically Incorrect und BILDblog liegen auf einem Server?!
    Das macht mir jetzt Angst…

  4. Bildblog ist grad ausgefallen.

    Meine VT:
    Nach „Der weisse Hai Teil 25“ kommt nun
    „Das Bildimperium schlägt zurück“®

  5. Nur mal als Vergleich, einen richtig großen Hai (nein, kein Witz, kein Spam) kann man sich derweil bei Greg Laden hier begucken. Aber echte Wissenschaft schafft es halt nicht so oft in die BILD (und das menschliche Drama fällt natürlich auch weitgehend weg).

  6. warum sollte der herr turi denn auch was gegenteiliges behaupten als die bild.de? damit würde er sich doch nur einen seiner sponsoren vergraulen…
    schon allein das sammelsurium an sponsoren hält mich davon ab, den blog noch einmal zu besuchen…

  7. @11/der Verdächtige
    Ich war früher gerne drauf, aber dieses aggressive Sponsoring ist arg störend und letztlich sägt er sich den Ast ab, auf dem er sitzt. Desweiteren verfällt man dort immer häufiger in einen Alarmismus, der seinesgleichen sucht.

  8. Besonders lustig finde ich, dass Turi es noch nicht einmal gemerkt hat, dass „den Aufsteiger unter den Branchendienst für Medien und Kommunikation“ einen grammatischen Fehler enthält. OK, vielleicht ist das schräge Deutsch Absicht, aber ich befürchte wegen (2) Selbstjustiz.

  9. peinlich peinlich. obwohl eigentlich ja nicht peinlich sondern eher absichtlich aber was solls wenn sogar andere medien es ohne zu hinterfragen weiterverbreiten hat BILD ja was sie will: keiner überprüft und so ist keiner empört. so funktioniert sie doch schon seit ewigkeiten und existiert leider immer noch auf die weise

  10. #16: Tja, es gibt nicht nur den heise-DoS (Denial of Service), wohl auch einen bildblog-DoS. Kein Wunder bei einer 2000%igen Steigerung der Besucherzahlen seit elf Uhr heute morgen ;-)

    Gruß Marc (www.mademyday.de)

  11. Das zeigt mal wieder, wie selbstreferentiell alle Medien (in diesem Fall mal „die deutschen“) sind: als ob der Leser, (der von dem „Gerangel“ höchstens in den Medienseiten der Tageszeitungen etwas mitbekommen konnte) auch nur für 5 Pfennig etwas darum geben würde, wer welche Zeitschrift leitet.

    Niemand interessiert sich für „Eure“ (nichts gegen Hrn. Niggemeier persönlich) Kämpfe! Aber Ihr seid wahrscheinlich so viele, dass bei Euch ein anderer Eindruck vorhanden ist!
    (Sorry for Duzing)

  12. Turi kann man bei Meldungen über den Spiegel sowieso nicht vertrauen, ist leider so. Turi sieht sofort rot, wenn es um den Spiegel geht – wie wenn er über Niggemeier schreibt. Seine Ressentiments kommen in seinen Meldungen immer direkt zum Ausdruck, gerne berichtet er Halbwahrheiten, was ihn für mich als zuverlässige Quelle ausschließt.

  13. Es beweist mal wieder was für einen Aufwand man betreiben muss und was für diverse Blogs man durchsuchen muss, bis einem endlich mal etwas wahres erzählt wird.

    PS: Bild sprach zuerst mit den Ausserirdischen.

  14. Es gibt gar keine wirklichere Wirklichkeit hinter dem von BILD konstruierten Abbild der Realität.

    Wenn man einen von BILD in die Welt gesetzten „Fehler“ korrigiert, steht man ganz alleine damit. Der Konsument möchte aber nicht irritiert, er will in seiner Sicht auf die Wirklichkeit bestätigt werden.

    Bei Drei-Meter-Fufzig-Kleinigkeiten fällt das auf, beim großen Ganzen kaum.

    Ich finde besorgniserregend, mit welcher Regelmäßigkeit von BILD gesetzte Themen über Leitartikel in der FAZ und die tagesschau in den Bundestag kommen. Achtet mal drauf. Die Sau die durchs politische Dorf getrieben wird kommt fast immer aus dem Springer-Stall.

    BILD entscheidet, was relevant ist. Junge kriminelle Ausländer ja – Überwachungs-Pläne nein.

  15. @Rudi:

    Mich würden mal ein paar Themen über Leitartikel interessieren, wo du diese Parallelen wirklich eindeutig festgestellt hast.
    Themen macht aus meiner Sicht die Bild oft erst, nachdem sie schon Themen waren (oder nicht mehr sind).
    Vieles findet man in der FAZ u.a. gewiss schon viel früher und seien sie irgendwo auf den letzten Seiten des Feuilletons.

    Wenn sie wirklich Themen aus der Bild nachträglich anstoßen, dann machen sie das auch oft im Rahmen der Darstellung der Presselandschaft, sozusagen aus „gemeiner interesse“ – das darf man nicht vergessen. Ein Mitläufertum sehe ich eher nicht.
    Welche Meinung defacto „wahrgenommen“ wird, liegt oft auch in der Wirkung (- und die Meinungen der Bild erreichen eben bedauerlich viele).
    Seriöse Zeitungen sind sich dessen bewusst.
    Ich frage nur aus Interesse. Ich möchte keine Meinung über deine Äußerung machen.

  16. @.seb:
    Stichwort Florida-Rolf.

    Dank BILD wurde eine Gesetzesänderung geschaffen, die für Deutschland insgesamt teurer ist als die bisherige Praxis.

  17. Die Hai-Geschichte wäre auch so ohne die groteske Übertreibung interessant gewesen. Möglich wäre es, denn vor Südafrika gibt es bei Robben-Island wirklich eine Gruppe/Familie von Weißen Haien die gelernt haben mit sehr viel Schwung von unten Robben anzugreifen und durch die Luft zu schleudern um sie zu verwirren bzw. zu betäuben. Dabei werden sie so schnell dass es sie tatsächlich manchmal ein paar Meter weit aus dem Wasser fliegen ähnlich wie Delphine im Meeresaquarium. Und theoretisch könnte so ein großer Hai auch versehentlich in einem offenen Boot landen.

    Aber der „Bild-Hai“ musste natürlich zum Horror-Monster ausgebaut werden, und ist tatsächlich nicht größer als max. 2 Meter. Wenn er wirklich 3.5 Meter lang wäre, wäre auch die im Hintergrund sichtbare Reeling mehr als 1.7 Meter hoch (ca. halbe Hailänge), und das wäre wiederum bei normal großen Menschen im Boot ziemlich unsinnig und gefährlich ;-)

  18. Man darf dabei nicht vergessen, dass BILD das alles im Interesse der allgemeinen Stimmungshebung macht. Quasi um einen Gegenpol zum Brockhaus zu schaffen.

    Dafür sollten wir dankbar sein… ;-)

  19. BILD liese sich Inhaltlich auf die Größe eine Spielkarte reduzieren.

    Vorderseite: Das Wetter
    Rückseite: Halbnackte Blondine und Impressum

    Wenn ich Märchen lesen will kaufe ich mir eine Märchenbuch.

    Warum schreiben Journalisten nicht einfach Märchenbücher?

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