Horst Lichter

Die Mainzelmännchen können einpacken: Horst Lichter ist das neue Maskottchen des ZDF.

Der Vergleich hinkt natürlich. Ganz so oft wie der Fernsehkoch tauchen die alten Zeichentrickmützen ja wirklich nicht im Programm auf. Und während sie im Dienst des ZDF stehen, scheint es bei Lichter umgekehrt.

Aber der Mann ist nicht schlecht als Fernsehmaskottchen, gerade für ein älteres Publikum. Auch bei nachlassender Sehschärfe kann man ihn leicht an Glatze, Brille, Bart erkennen, notfalls auch am rheinländischen Dialekt und der Konzentration auf das, was unser Leben lebenswert macht: Sahne und Butter. Den aufgeschäumten Süppchen der Sterneköche, zwischen denen er sich vor ein paar Jahren dank Kerner plötzlich widerfand, setzt er Mächtigkeit und Gutbürgerlichkeit entgegen und entdeckte, dass sich darauf in Verbindung mit entsprechend rustikalem Humor eine ganze Karriere aufbauen lässt. In seinem Comedybühnenprogramm, das, natürlich, das ZDF ausstrahlt (Teil 2 am Dienstag um 23 Uhr), bringt er das Publikum zum Juchzen, indem er ein Pfund Butter ins Kartoffelpüree rührt („eine Messerspitze“, sagt er und balanciert den ganzen Fettklumpen auf der Spitze). Er erzählt, das Gute an Vegetariern sei, dass man sie nicht beerdigen müsse, sondern kompostieren könne, macht sich über Wasabi lustig, als sei Sushi diesen Monat erst in Europa angekommen, und erklärt: „Bei den Japanern ist ein Herd so wichtig wie im Vatikan ein Bordell.“

Wirklich lustig ist er nur, wenn er spontan auf eine Situation reagieren kann, dann ist er sensationell schlagfertig, und weil er auch Frauen so gerne anfasst, kann es sein, dass das ZDF ihn heimlich zum Nachfolger von Gottschalk bei „Wetten dass“ aufbaut, wo er im Sommer schon als Moderator der Nachbereitungsshow sowas wie Karnevalsstimmung verbreitete.

Er ist im ZDF nicht nur in drei verschiedenen Kochshows zu sehen, sondern auch Dauergast in der Talkshow seines Biographen Markus Lanz, der mit ihm ein Weihnachtsspecial „Mein Advent in Südtirol“ drehte und eine Sendung zum Doch-nicht-Formel-1-Comeback von Michael Schumacher mit der uns damals alle bewegenden Frage eröffnete: „Horst, wie hast du davon erfahren?“ In zwei Wochen bekommt Lichter auch noch eine eigene Talkshow (Titel, natürlich: „Aber bitte mit Sahne“), und das Vierteltragische daran ist, dass der Mann in kleinen Dosen durchaus eine interessante Würze im Programm hätte sein können und nicht zwangsläufig zum personifizierten Sodbrennen hätte werden müssen.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

8 Replies to “Horst Lichter”

  1. Wunderbar auf den Punkt gebratencht. Aber die Artikel werden leider immernoch versteckt, weil sie unter „Jüngste Beiträge“ nicht erscheinen.

  2. Horst Lichter ist wirklich nervtötend. Maskottchen passt gut. Switch reloaded fasst die Sendung um den rheinischen Selbstdarsteller auch sehr gut zusammen

  3. ach ja, der horst.
    beim kochen ist er fehl am platze (das gibt man dort auch unumwunden zu), bei der reinen unterhaltung auch, aber aus der schnittmenge, so glaubt man beim zdfäffchen, da können wir noch was zeitfüllendes basteln. natürlich hätte man ihnen auch sagen können, dass mediale überpräsenz auch kleiner erfolgsansätze plattwalzt.
    aber diese ganze lanz-lichter-lafer schickeria scheint ja das zdfäffchen erfolgreich unterwandert und in geiselhaft genommen zu haben.

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