Geht sterben

Die Beklopptheit deutscher Medien ist grenzenlos.

Fast überall steht die Meldung, dass nach einem Vorstoß des EU-Parlaments die Synchronisation ausländischer Beiträge bei ARD und ZDF abgeschafft und durch Untertitel ersetzt werden soll. Das ist Humbug. Tatsächlich sollen öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme alle untertitelt werden. Mit der Synchronisation hat das sehr wenig zu tun. Genauer gesagt: nichts.

Aus diesem Grund kommt das Wort oder auch nur der Gedanke der Synchronisation fremdsprachlicher Programme zum Beispiel in der Pressemitteilung des EU-Parlaments zum Thema nicht vor. Er fehlt auch in der „schriftlichen Erklärung“, die die Mehrheit der Parlamentarier beschlossen hat [pdf]. Der entscheidende Satz dort lautet:

Das Europäische Parlament […] vertritt die Ansicht, dass die Untertitelung aller öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme in der EU unerlässlich ist, um zu gewährleisten, dass alle Zuschauer, einschließlich der Tauben und der Schwerhörigen, Zugang zum vollständigen Programmangebot haben; ist der Auffassung, dass dadurch außerdem das Erlernen von Fremdsprachen gefördert wird (…).

Vermutlich hat die Nachrichtenagentur AFP das mit dem „Erlernen von Fremdsprachen“ falsch verstanden: Die Fremdsprache, um die es geht, wäre im Fall von ARD und ZDF natürlich Deutsch.

Jedenfalls hat AFP (anders als die Agentur AP, die nüchtern und korrekt berichtet) aus dem Beschluss eine Meldung gemacht, die auf der Grundlage dieses Missverständnisses den Fehler mit freien, fantasievollen Improvisationen zum Thema Synchronisation zu schwindelerregender Größe aufpumpt:

Fernsehfilme in Englisch oder anderen Sprachen sollen nach dem Willen des Europaparlaments künftig in ARD und ZDF nur noch im Original mit Untertiteln laufen. Eine entsprechende Erklärung gegen die Synchronisierwut nahmen die Abgeordneten in Brüssel an. Das Parlament forderte die EU-Kommission auf, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, nach dem öffentlich-rechtliche Fernsehsender in der EU künftig alle Sendungen untertiteln müssten. Auch eine Rede von US-Präsident George W. Bush in der Tagesschau müsste danach im Original gezeigt werden.

Originalversionen trügen nicht nur zum Lernen von Fremdsprachen bei, sondern seien auch besser für Schwerhörige oder Taube, heißt es in dem Beschlusstext. Die Abgeordneten verwiesen auf einen Beschluss der britischen BBC, die seit Anfang des Monats alle Programme mit Untertiteln versieht. Auch in Ländern wie Belgien oder den Niederlanden sind Originalversionen im Fernsehen üblich.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Das ist alles, alles Unfug. Das Wort „Originalversion“ kommt im Beschlusstext nicht einmal vor. Um die „Synchronisierwut“ (was immer damit gemeint sein mag) geht es in keinem Nebensatz. Ob George W. Bush im Original gezeigt werden müsste, steht da nicht. Und die langjährige Praxis der Niederlande und Belgiens hat nichts mit dem Thema zu tun. Nur der Verweis auf die BBC stimmt — und wäre ein Hinweis darauf gewesen, dass es überhaupt nicht um die Frage der Synchronisation geht.

Was AFP meldet, wäre, wenn es stimmt, der Hammer. Und was machen deutsche Medien mit einer Meldung, die total unwahrscheinlich ist und nach einem Aprilscherz klingt? Richtig: Man recherchiert sie erst einmal nach druckt sie sofort ungeprüft nach.

Und so zieht der Schwachsinn seine Kreise. Zunächst über die üblichen Verdächtigen wie den Online-Ableger der „Rheinischen Post“, „RP Online“, der Nachrichten von Agenturen einfach als seine eigenen Meldungen mitsamt „RPO“ als Quelle umdeklariert, aber ansonsten praktisch unbearbeitet übernimmt:

Gegen Synchronisierung
EU-Parlament: Fernsehfilme nur noch mit Untertiteln

„Spiegel Online“ berichtet:

ABSCHAFFUNG DER SYNCHRONISIERUNG: Bush bald nur noch mit Untertiteln? Anhänger fremdsprachiger Originalversionen dürfen sich freuen: Wenn es nach dem Willen des Europaparlaments geht, sollen Fernsehfilme in Deutschland bald im Original und mit Untertiteln gezeigt werden. Selbst die "Tagesschau" wäre betroffen.

Die „Bild“-Zeitung meldet heute auf ihrer Titelseite:

Ausländische TV-Filme nur mit Untertiteln? Brüssel - Fernsehfilme in Englisch oder anderen Sprachen sollen nach dem Willen des Europa-Parlaments künftig in ARD und ZDF nur noch im Original mit Untertiteln laufen. Das Parlament forderte die EU-Kommission auf, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, nach dem öffentlich-rechtliche Fernsehsender in der EU künftig Sendungen untertiteln müssten.

Die „Westfälische Rundschau“ fantasiert:

Würde der Plan in die Tat umgesetzt, hieße das für deutsche Zuschauer: "Inspector Barnaby" spricht Englisch - und "Dr. House" Deutsch. Unterschied: Barnaby fahndet im ZDF, Dr. House praktiziert bei RTL.

Selbst der Medienredakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ [Disclosure: für deren Sonntagsausgabe ich regelmäßig schreibe] hat den Schmarrn unbesehen geglaubt und empört sich:

Alles auf Englisch?
EU soll Synchronisation verbieten

Das Europaparlament hat ein seltsames Verständnis von Pressefreiheit. Die Abgeordneten haben nämlich, wie die Agentur AFP meldet, die EU-Kommission aufgefordert, die Synchronisation fremdsprachiger Programme im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu untersagen. So dürften Fernsehfilme bei ARD und ZDF nur noch im Original mit Untertiteln laufen, betreffen würde dies sogar die Nachrichten. Originalversionen trügen zum Lernen von Fremdsprachen bei und seien besser für Schwerhörige oder Taube geeignet, heißt es in dem Beschluss.

Der Kölner „Express“ sieht alle seine Vorurteile bestätigt:

Neuer EU-Wahnsinn
Ausländische Filme nur noch mit Untertiteln

Brüssel — Die Spannung steigt, Schüsse fallen. Aber leider hat keiner gesehen, wer im Krimi geschossen hat … So könnte es in Zukunft TV-Zuschauern ergehen. Denn statt gebannt die Handlung zu verfolgen, müssen sie künftig Untertitel lesen…

Das EU-Parlament fordert jetzt nämlich, dass ausländische Filme nur noch in Originalsprache mit Untertiteln laufen dürfen!

Schon wieder so eine irre Forderung der EU-Politiker. Sophie Marceau spricht im Film französisch und Keira Kneightley englisch. Synchronsprecher haben ausgedient. Statt dessen läuft ein Untertitel mit: So stellen sich die EU-Parlamentarier die schöne neue Fernsehwelt vor. (…)

In der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ kommentiert Heiko Kruska:

Thank you, EU!

(…) Dem Europaparlament ist also zu gratulieren für seinen Vorstoß. Bleibt zu hoffen, dass niemanden Skrupel beschleichen ob der unzähligen Arbeitslosen in der Synchronbranche oder einer Wettbewerbsverzerrung. Der Konkurrenz vom Privatfernsehen soll ja nicht der Mund verboten werden.

Heute sahen sich dann mehrere Online-Medien offenbar unter Zugzwang und fügten der Falschmeldung einen weiteren Fehler hinzu: So nennt das Medienmagazin DWDL als Quelle für den Schwachsinn nicht mehr AFP — sondern „Spiegel Online“, obwohl im dortigen Artikel die Agentur angegeben ist. DWDL schreibt:

Im Zuge der Europäischen Union könnte die Luft für die deutsche Synchronisationskultur in Film und Fernsehen eng werden. Wie "Spiegel Online" berichtet, forderten die EU-Abgeordneten die EU-Kommission auf, ein Gesetz zu entwickeln, das öffentlich-rechtlichen Sendern vorschreibt, fremdsprachige Sendungen im Originalton mit Untertiteln zu zeigen.

Seiten wie wunschliste.de und digitalfernsehen.de scheinen das nun wiederum bei DWDL abgeschrieben haben.

Nur ein Kollege von Heise Online hat das getan, was eigentlich mal die Aufgabe von Journalisten war: recherchiert. Entsprechend meldet er:

Keine Aktion des EU-Parlaments gegen „Synchronisationswut“ bei ARD und ZDF

Es klingt wie ein verspäteter Aprilscherz: Unter Berufung auf die Nachrichtenagentur AFP berichten aktuell mehrere deutsche Medien, dass das EU-Parlament die EU-Kommission auffordere, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in der EU verpflichte, Fernsehfilme „nur noch im Original mit Untertiteln“ auszustrahlen. Auch eine Rede von US-Präsident George W. Bush in der Tagesschau würde danach angeblich im Original gezeigt werden müssen. Stutzig hätte man jedoch bei der angeblichen Begründung für diese Aktion „gegen die Synchronisierwut“ (RP-Online) werden können: So trügen Originalversionen laut Beschlusstext nicht nur zum Lernen von Fremdsprachen bei, sondern „seien auch besser für Schwerhörige oder Taube“.

Die Menschen haben allen Grund, das Vertrauen in klassische Medien zu verlieren.

Nachtrag, 16:50 Uhr. Nachdem ich bei AFP nachgefragt habe, hat die Agentur die falsche Meldung vor wenigen Minuten zurückgezogen:

DRINGENDER HINWEIS
Achtung Redaktionen,
bitte verwenden Sie unsere Meldung «Fernsehfilme sollen nur noch mit Untertiteln laufen» von gestern (Mittwoch) um 16.11 Uhr nicht mehr. Sie beruht auf einem Missverständnis. Nach Angaben der zuständigen Parlaments-Abgeordneten Lidia Joanna Geringer de Oedenberg richtet sich die Erklärung des Europaparlaments nicht gegen Synchronisationen; es geht stattdessen um die Untertitelung aller Programme im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Dabei können auch synchronisierte Filme untertitelt sein.

Damit wird klargestellt, dass nach dem Willen des EU-Parlaments Fernsehfilme keineswegs nur noch im Original gezeigt werden sollen. Vielmehr geht es in der Erklärung allein um die Untertitelung von Sendungen.

[Fortsetzung hier.]

128 Replies to “Geht sterben”

  1. Eine Finnin berichtete mir mal, viele Finnen verfügten unter anderem deswegen über so gute Englischkenntnisse, weil die meisten Filme in der Glotze als Englisch mit Untertitel laufen – klar, für die paar Finnen macht keiner eine Synchro… unabhängig von der ungenauen Schwammigkeit der Holz- und Äthermedien wäre das ja auch mal einen Gedanken wert, wo wir uns doch immer kollektiv vorklagen lassen, keiner könnte irgendwie nix und die Jugend tauge nix für den Job.

    Aber was heißt schon „Vertrauen in klassische Medien“? Kein vernünftiger Mensch kann den „Nachtrichten“ auf den Privatsendern was abgewinnen. Bleibt ja nur noch die Tagesschau, und wenn die es nicht mehr bringt, dann ist es das Ende.

  2. „Geht sterben“? So zornig kennen wir Herrn Niggemeier ja gar nicht.

    Kann ich aber gut nachvollziehen: Offenbar sind wir wirklich schon so weit, dass nur noch jeder Journalist vom anderen abschreibt. Das „Handwerkszeug“, dazu gehört die Recherche, scheint antiquiert.

    Mein einziger Einspruch betrifft den letzten Satz: Es scheint ja nicht nur „klassische Medien“ zu betreffen, sondern auch Online-Medien. Entsprechende Beispiele werden im Text genannt. Also liegt es wohl an der generellen Bequemlichkeit und/oder Unfähigkeit der Verantwortlichen, nicht am Medium, für das sie arbeiten.

  3. Was ich aber sehr erstaunlich finde, sind die Kommentare bei Heise. Obwohl der Artikel genau das Beschreibt, was die EU gemeint hat, gehen fast alle Kommentare genau in die Richtung, wie es bei anderen Medien falsch wiedergegeben wurde.

  4. Nun, wahrscheinlich hat der einzelne Redakteur ganz einfach keine Zeit, jeder Meldung hinterherzurecherchieren. Und wenn sie dann aus einer glaubwürdigen Quelle kommt, z.B. Nachrichtenagentur (egal ob jetzt AFP oder in anderen Fällen DPA usw.) + sogar noch SPON, da weiß der Redakteur, dass ihm im Ernstfall nichts passiert, weil er den Fehler ja nicht gemacht hat.
    Wo gibts denn das noch, das irgendetwas selbst recherchiert wird, außer in diesem Blog?
    Okay, im Bildblog. Aber sonst?

  5. ok, einverstanden, man hätte möglicherweise recherchieren können. Aber war die Meldung wirklich so abwegig? Muss man also bei absolut jeder Meldung einer Presseagentur recherchieren? Kann man keiner mehr vertrauen? Brauchen wir die Agenturen dann überhaupt?

    Sicher, das gegenseitige Kopieren ist schon ein wenig dreist, besonders die ja eigentlich falsche Quellenangabe :p

  6. @arahf: Du findest es nicht abwegig, dass ARD und ZDF keine Filme oder O-Töne mehr synchronisieren lassen dürfen? Also, abwegig genug, die 30 Sekunden zu investieren, eben auf der Homepage des EU-Parlaments die Original-Pressemitteilung rauszusuchen? Oder eben die AFP-Meldung mit der korrekten AP-Meldung zum gleichen Thema zu vergleichen und stutzig zu werden?

    @Marcel: Hoppla, eigentlich weiß ich das auch. Ist korrigiert.

  7. Ich würde es voll unterstützten wenn man bei allen Programmen Untertitel einblenden könnte (und hier liegt die Betonung auf könnte und nicht auf muss). In den USA werden sogar Liveberichte von einigen Sendern untertitelt, weil da die Anti-Diskriminierungsgesetze aus politischer Korrektheit strenger sind.
    Und Zweikanalton Original-Deutsch wäre auch schön, so wie es Premiere z.B. längst auf seinen Spielfilmkanälen macht und es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen leider zumindest gefühlt immer weniger passiert.

    Aber zu glauben zu untertiteln statt zu synchronisieren würde jetzt per Gesetz europaweit verordnet und nicht bloß aus ökonomischen Notwendigkeiten heraus passieren (so wie in Skandinavien, Belgien, etc.) ist schon sehr blauäugig von unseren doch sonst so auf ihre kritische Haltung stolze Journalisten. Abgeschrieben, setzten, sechs!

  8. …macht allerdings keine Anstalten auf die Korrektur aufmerksam zu machen oder anzudeuten, dass sie die falsche Interpreation von der sie nun reden auch selbst verbreitet haben.

  9. „…um zu gewährleisten, dass alle Zuschauer, einschließlich der Tauben und der Schwerhörigen, Zugang zum vollständigen Programmangebot haben“

    Und – wennschondennschon p.c. – wieso nicht auch noch eine besondere Regel für Blinde?

  10. Schade, ich hatte mich schon gefreut.
    Originalfilme ohne Werbeunterbrechung, das hätte gerockt. Und die ÖR hätten wieder ein paar Zuschauer, vielleicht echte Fans.

    Naja. Die andere Sache ist, dass ich ohne dieses Blog mal wieder keine Ahnung gehabt hätte.

    Ich habe mich neulich mal über Presseagenturen informiert.
    Natürlich nur bei Wikipedia. Interessant sind ja hier vor allem die Besitzverhhältnisse. Viel mehr ist nicht zu erfahren.
    Hat jemand interessante Quellen, Links, Infos?
    Herr Niggemeier? Danke!

  11. Nun…, danke für’s Erklären, Niggi!
    Und bei den BBC Kanälen kann man sich dann mal anschauen, wie gut Untertitelung funktionieren kann – auch bei Live-Sendungen!

  12. stefan. ich finde, dass du deine arbeit gut machst und das sie sehr wichtig ist. auch die gewählten mittel finde ich in der regel passend.

    aber so viel emotion wie in der überschrift halte ich für unangemessen. verwischst du dadurch nicht grenzen, für die du an anderer stelle eintrittst?

    vielleicht habe ich auch die pointe nicht verstanden. mir fiel es ob des ärgers über die schlagzeile schwer, deinem artikel zu folgen.

    .~.

  13. Hab das gestern geglaubt und war auch ziemlich begeistert davon. Kann mir nämlich mittlerweile englischsprachige Filme nicht mehr synchronisiert antun. Zweikanalton wäre z.B. großartig. Gibt’s aber leider nur bei sehr sehr wenigen Filmen in den ÖR.

    Aber dass jetzt natürlich sämtliche Medien Unsinn berichtet haben, ist schon ein starkes Stück.

  14. @dot tilde tot: Ok.

    Aber: Ich hab mich sehr geärgert. Ich ärger mich immer noch sehr. Daher die Überschrift. Die jungen Leute sagen sowas doch und meinen es nicht wörtlich. Und irgendwie ist es eine Anspielung an die Debatte, ob und wie klassische Medien überleben.

    Aber lass es mich so sagen: Das wird nicht die Regel werden. Ok?

  15. Schade, OmUs wären echt schön gewesen. Zumindest sollten sie mal wieder mehr Filme mit 2-Kanal-Ton senden, dann würd ich vielleicht auch mal wieder Filme im TV sehen.

  16. @28 (stefan):

    klar. freut mich. und nebenbei, nachvollziehbar finde ich’s sowieso.

    @29 ( gregor keuschnig):

    tun sie. aber sind wir da von herrn niggemeier nicht mehr eleganz gewöhnt?

  17. AFP hat heute um 16 Uhr 40, ziemlich genau nach 24 Stunden, die Falschmeldung zurückgenommen:

    „DRINGENDER HINWEIS Achtung Redaktionen,
    bitte verwenden Sie unsere Meldung „Fernsehfilme sollen nur noch mit Untertiteln laufen“ von gestern (Mittwoch) um 16.11 Uhr nicht mehr. Sie beruht auf einem Missverständnis. Nach Angaben der zuständigen Parlaments-Abgeordneten Lidia Joanna Geringer de Oedenberg richtet sich die Erklärung des Europaparlaments nicht gegen Synchronisationen; (…)
    Damit wird klargestellt, dass nach dem Willen des EU-Parlaments Fernsehfilme keineswegs nur noch im Original gezeigt werden sollen. Vielmehr geht es in der Erklärung allein um die Untertitelung von Sendungen.“

  18. Gut das ich hier über die Sachverhalte aufgeklärt werde über die ich ohne dieses Blog erst gar keine Kenntnis erhalten hätte. Mag sinnlos sein, ist aber sehr unterhaltsam.

  19. „Originalversionen trügen nicht nur zum Lernen von Fremdsprachen bei, sondern seien auch besser für Schwerhörige oder Taube, heißt es in dem Beschlusstext.“

    Nee, is klar. Einer, der gar nix hören kann, versteht Englisch natürlich besser als Deutsch. EINMAL nachdenken bitte, nur EINMAL…

  20. Ich habe es ja mittlerweile aufgegeben Zeitung zu lesen. Eben wegen solcher Enten. Schlägt man die Zeitung auf weis man ja nichtmal ob die Meldungen dort überhaupt stimmen. Ist mir mein Geld zu schade für.

    Muss man als Journalist nicht studiert sein? Oder eine Prüfung ablegen? Wenn ja, ist das schon arg traurig.

  21. Sehr geehrter Herr Niggemeier,

    Ich würde es begrüßen, wenn sie anders als oben angedeutet, bei entsprechendem Anlaß weiterhin ihre Position deutlich kenntlich machen. Gerne wieder auch emotional.

  22. Mein Bruder und ich können so gut Englisch, weil wir den Sender der britischen Truppen hier in OWL dank eines BRAUN-Fernsehers mit eingebautem Decoder für den Ton verfolgen konnten… Knight Rider und ST:TNG gab’s so schon ein paar Jahre früher für uns – nur halt komplett Englisch ganz ohne Untertitel.

    Nur: das, was das Parlament da beschließt, ist das, was in anderen Ländern schon längst Gang und Gäbe ist. Das ganze (!) Programm wird untertitelt, so dass Gehörlose (und ggf. auch Blinde über einen Sprachcomputer, der die in einem Sonderkanal eingebrachten Untertitel im Klartext vorgelesen) das Teilnehmen an der Gesellschaft über das Fernsehprogramm ermöglicht. In den USA ist quasi jedes Programm mit „CC“ zugepfeffert – obwohl es da wohl eher um die spanische Untertitelung geht aufgrund der massiven Einwanderung.

    Wie dem auch sei: Barrierefreiheit ist der Hintergrund dieser Verordnung und es ist eine tolle Sache. Ich hätte die Meldung über den Beschluß sofort so aufgefasst. Wie sehr muss man als Journalist unter einem Stein leben, dass man so etwas nicht weiß? Es geht hier um Medien und wenn ich schon in „den Medien“ arbeite, dann sollte ich etwas davon verstehen. Und wenn ich das nicht tue, dann habe ich gefälligst nachzuforschen und mir nicht irgendeinen Quatsch aus dem A**** zu ziehen, nur weil ich _glaube_ dass das, was ich denke, was das bedeuten soll, ja eventuell richtig ist.

    Ich meine wie kann man bei einer NACHRICHTENAGENTUR arbeiten und dann keine Recherche betreiben? Wofür ist denn eine solche Agentur überhaupt da? Ich kann ja den Zeitungen vorwerfen, dass sie Agenturmeldungen einfach übernehmen (siehe RP Online etc. pp) aber wenn dann schon gestandene Redakteure nicht dazu in der Lage isnd, in einem EDITORIAL (!!!) die eigentliche Prämisse nochmal zu überprüfen, dann ist echt Hopfen und Malz verloren.

    Wann begreifen die eigentlich endlich, dass das Ausdenken des Textes und die Niederschrift maximal 30% der Arbeit sind und die Quellenrecherche 70%? Ich hab’s bei ALLEN Dingen, die ich in meinem Leben geschrieben habe, von der Grundschule bis in die Uni und danach NIE anders erlebt. Was ich nie getan habe ist, wenn ich gefragt wurde, einen kleinen Satz wie „Ich weiß es nicht genau“ zu sagen, um dann nicht großkotzig rüber zu kommen. Das habe ich mir inzwischen angewöhnt. Genauso wie die eigenen Fehler zuzugeben.

    Was mich aber am meisten ankotzt ist die Richtigstellung der Agenturmeldung. Da wird so getan, als hätte die Abgeordnete de Oedenberg noch einmal richtigstellen müssen, was vorher VON IHR bzw. dem EU-Parlament mißverständlich formuliert wurde. Dabei gab es hier kein Mißverständnis. Hier gab es nur einen Autoren, der ZU FAUL war.

    Ich persönlich frage mich, wie viele Redaktionen jetzt ihre eigenen Fehler mit „Können wir ja nix für“ revidieren und wie viele GAR NIX machen und die Artikel in den Archiven stehen bleiben bis zum St. Nimmerleinstag.

    „Geht sterben“ finde ich persönlich übrigens harmlos und nicht niederes Niveau. Es ist wirklich Jugendjargon und die Irritation kommt wohl wenn man den Spruch nicht ab und an von Jugendlichen hört.

  23. Der Spiegel Online-Artikel wurde nun durch eine korrigierte Fassung inklusive Erklärung und Entschuldigung ersetzt – auffallen dürfte das allerdings kaum noch jemandem…

  24. Ich glaub Welt Online hat schon einen Artikel zurückgenommen. Ich hatte den gerade noch offen und habe was rauskopiert, weil ich es so lustig fand, aber jetzt finde ich den Artikel nicht mehr.

    Ursprünglich hatten wohl sogar die Leute von den ÖRs die Falschmeldung geglaubt. Welt Online hatte wohl bei denen nachgefragt und große Verwunderung geerntet.

  25. Also man hätte nicht mal gegenprüfen oder recherchieren müssen, um die Sinnhaftigkeit der Falschmeldungen anzuzweifeln, manchmal reicht auch der gesunde Menschenverstand: wieso soll denn eine Originalversion besser für Schwerhörige oder Taube sein? Daran hätte man schon erkennen können, dass es sich nur um die Untertitelung handelt.
    Herr, schmeiss Hirn ra!

  26. @39:

    Dann hätte da aber stehen müssen: „OmUs/Untertitel seien auch besser für Schwerhörige oder Taube.“

    Die kann ich übrigens auch bei einer synchronisierten Version einblenden. Der relative Nutzenzuwachs bei OmU (im Vergleich zur Synchro mit UT) dürfte für einen Tauben eher gering sein.

  27. Ich weiß nicht mehr, wo ich die Meldung aufgeschnappt habe, dort war sie jedenfalls zutreffend. Nichtsdestotrotz fände ich es hier mal gut, wenn die Falschmeldung (nur noch „OmU“ im Fernsehen) wahr gewesen wäre.

  28. @Stefan

    ok, so hab ichs noch nicht gesehen, bei Filmen wär es vielleicht noch drin gewesen aber bei Nachrichten in der Tat etwas eigenartig.

    Aber wahrscheinlich ist das heutzutage so automatisiert dass eine Agenturmeldung einfach quasi ungelesen rausgehauen wird („stimmt ja eh, ist ja von der Agentur“)

    Dennoch sollte ein gewisses Vertauen da sein, obwohl es hier wirklich einmal nachschauen getan hätte (aber wahrscheinlich geht man dann nicht auf die EU-Website sondern schaut sich die anderen Medien an und schwupps sieht man sich bestätigt :p)

    Zumindest stutzig hätte man bei der Nachrichtensache werden können.

    Aber bitte nicht alle sterben gehen :D

  29. also, normalerweise haben selbst kleine redaktionen genug zeit, so eine meldung nochmal gegenzuchecken – & eine pressemitteilung herauszusuchen (sollte sie nicht sowieso per verteiler direkt ins postfach geschickt worden sein) ist nun wahrlich keine herausforderung.

    in sofern: „haha, your medium is dying!“

  30. Ist das nicht der beste Beweis für eine Gleichschaltung der Medien???

    (PS: ich bin heute auch Autobahn gefahren :-) )

  31. Das sind so die Gründe, warum ich es nicht mag, wenn Agenturmeldungen ohne Autor/Redakteur dargestellt werden. Es ist ja nicht so, dass „die Agentur“ Mist baut, sondern dass da irgendein konkreter Schreiberling Mist schreibt (und der CvD oder wer auch immer es absegnet, wenn überhaupt). Mangel an persönlicher Verantwortlichkeit führt zu Gleichgültigkeit gegenüber der abzuliefernden Qualität. Wenn etwas nicht mit dem eigenen (mehr oder weniger guten) Namen abgezeichnet werden muss, ist auch die Motivation niedriger, einige Mühe reinzustecken.

    @#9/Nobilitatis:
    Nachrichtenagenturen sind *keine* glaubwürdigen Quellen per se. Nachrichtenagenturen sind Aggregatoren, die vom Verkauf von Nachrichten leben. Da bringt es die Masse, nicht die Klasse. Ich lese meine täglichen News immer ganz gerne erstmal in diversen direkten Agenturtickern, primär um zu erfühlen, was denn alles nicht passiert ist. Denn es gibt ein paar Fachthemen, in denen ich ziemlich gut zu Fuss bin, und wenn ich Agenturmeldung zu diesen Themen lese, dann stellen sich mir regelmässig die Nackenhaare auf ob der unterirdischen Qualität und der Fehlformulierungen und Missverständnisse seitens des Schreibers. Da verliert man ziemlich schnell das Vertrauen in die restlichen Meldungen, bei denen man die Fehler mangels eigener Sachkenntnis nicht so gut erkennt.

  32. Großes Lob, Stefan, sowohl der Titel als auch der Stil Deines Artikels bringen die Sache auf den Punkt. Weiter so, angry middelaged man!

    Ich konnte unsere „PA of the Head of the Media Team“ nur mit großer Mühe davon überzeugen, dass Sie einer Ente aufgesessen ist. „Das schreiben doch alle, da muss was dran sein…!“. Sie hatte es in ihrem „Medienspiegel“ natürlich auch zualleroberst verwurstet.

    Was mich nur wundert, dass noch keiner auf die Idee gekommen ist, wirklichen Qualitätsjournalismus im eigentlichen Sinne des Wortes auszuprobieren. Nicht immer der erste sein, nicht jede Sau durch’s Dorf treiben, dafür aber verlässlich, transparent und umfassend informieren. Und wenn man einer Ente aufgesessen ist – einfach dazu stehen.

    Am liebsten online, gerne auch gegen Geld – aber dann ohne Werbung.

  33. Alleine der Gedanke an eine OmU-Ausstrahlung ist haarsträubend. Zum Glück war das wieder nur eine Verfälschung einer Meldung.
    MTV zeigt aus Kostengründen viele US-Shows in OmU. Verbessert das die Sprachfähigkeiten der jugendlichen Zuschauer? Wohl eher nicht.
    Ich hoffe, dass Untertitel weiterhin durch den Videotext (also auf Wunsch) dazugeschaltet werden können, weil sie mich – sofern sie normal eingeblendet werden – stets vom Programm ablenken, egal in welcher Sprache.

  34. Immer wieder erschreckend, wie die Journaille teilweise arbeitet, aber auch immer wieder beruhigend, dass es jemand wie Herr Niggemeier aufdeckt. An dieser Stelle einmal mehr mein großes Lob. Sie bräuchten eigentlich ein weit größeres Forum als diesen Blog für ihre Arbeit.

  35. Es klang unglaublich und das war es auch: Das Europaparlament, meldete am Mittwoch die Agentur AFP, habe einen Beschluss gefasst, demzufolge die EU-Kommission ein Gesetz erlassen möge, demzufolge öffentlich-rechtliche Sender Filme nicht synchronisiert, sondern nur in Originalsprache mit Untertiteln zeigen dürften. Das, so berichtigt AFP jetzt, war ein Missverständnis. Es gehe darum, dass alle Programme im öffentlich-rechtlichen Fernsehen untertitelt werden – auch synchronisierte. Es gehe nicht darum, die Synchronisation zu verbieten. Das hieße stattdessen: Untertitel, soweit das Auge reicht.

    Wenn ich das in der Freitags-FAZ lese, frage ich mich zum einen, warum der Hinweis fehlt, dass es in der Donnerstags-FAZ falsch stand. Und zum anderen: Untertitel, soweit das Auge reicht? Michael Hanfeld weiß doch hoffentlich, dass die an- und abschaltbar sind?

  36. nachtrag: zu recht natürlich! aber bei der überschrift hab ich mich dann doch etwas erschrocken ;)

  37. Ok, für alle die jetzt wieder auf die faulen Journalisten schimpfen, die alle nur abschreiben:

    – Nachrichtenagenturen zu benutzen ist für eine Regionalzeitung Pflicht. Ansonsten würde man in Ihr nur lokale und regionale Nachrichten lesen können. Ein Korrespondentennetz wie die FAZ und dazu noch zahlreiche Lokalredaktionen kann sich ein regionales Blatt einfach nicht leisten.

    – bei uns (mittelgroße Regionalzeitung) gehen am Tag mehrere Tausend Meldungen per Agentur ein (wir haben dpa, ddp, AFP, sid plus kirchliche Agenturen). Diese Meldungen komplett nachzurecherchieren ist zeitlich und personell unmöglich.

    – Bliebe noch, Meldungen nachzurecherchieren, die unglaublich klingen. Nur, wo fängt man da an? Bei der Frau, die nach München statt nach Monaco gefahren ist? Bei der 97-Jährigen, die einen 101-Jährigen heiraten will? Bei einer Frau, die 888 Tage unschuldig in Haft saß? bei der EU, die Synchronisationen verbieten will?

  38. @ oko: Sollte man nicht schon darüber stutzen, dass so eine vermeintliche Sensationsmeldung nur über EINE Agentur kommt? Ein Abgleich mit den Meldungen anderer Agenturen (etwa der von Stefan verlinkten AP-Meldung) wär doch auch schon mal ein Ansatz – und gar kein so komplizierter, oder?

  39. Ach nochwas @ Alexander:

    „Michael Hanfeld weiß doch hoffentlich, dass die an- und abschaltbar sind?“

    Natürlich nicht – steht ja nicht in der AFP-Korrekturmeldung. ;)

  40. Mir geht eine Musi-Phrase im Kopf herum.
    „Emotion emotion. “
    Wer hat das doch gleich gesungen?

    @38 und andere:
    „Wenn die Tauben verstummen,
    sind die Blinden die Dummen.“

    (Unter Blinden ist der Einäugige ein König.)

  41. @62: Wer sagt denn, dass das eine Sensationsmeldung war. Nur weil 20 Zeilen darübe in BILD standen. In die Zeitung, bei der ich arbeite, hat sie es – gottlob – nicht geschafft. Wäre sie als sensationell eingestuft worden, dann wäre sie drin…

  42. Nachtrag: Zumindest vermittelt der oben genannte Artikel den Eindruck. Ein weiterer nennt die Fakten richtig, stellt aber die These auf, die ÖR in Deutschland könnten dadurch in Versuchung geraten, nicht zu synchronisieren – was ich für völlig unsinnig halte, da dessen Vertreter immer wieder beklagen, dass bei OmU die Quote ins Bodenlose fällt.

    Aber ich vermute, dass der Autor das selbst auch nicht glaubt. Wahrscheinlich war nach der Feststellung, dass der Artikel auf einer Falschmeldung beruht, einfach nur keine Zeit mehr, noch einen zu einem anderen Thema zu schreiben…

  43. @71 oko: Da frag‘ ich mich welche Entschuldigung die WAZ hat – Zeit zum Prüfen hatte sie nicht, aber Zeit für einen Seite-1-Kommentar gab es.

    Und was macht der Kommentator nun? Schreibt auf derwesten.de einen Korrekturartikel und bezeichnet es als „Nachrichtenpanne in Brüssel“.

    Peinlicher geht es doch gar nicht mehr. Und ich hab‘ die WAZ auch noch abonniert…aber da härtet man nach einiger Zeit auch ab…

  44. @ oko: Viele Zeitungen haben den Artikel auf Seite 1, viele empören sich lautstark wie man in Stefans Sammlung ja auch nachlesen kann, und wenn das noch nicht zu einer Sensationsmeldung macht (für mich schon, aber ich wills jetzt noch ausdiskutieren), dann doch zumindest zu einem ganz anderen Kaliber als die von dir zitierten drei Einzelschicksale, von denen ich zumindest zwei (Unschuldig im Knast leider, Heirat im hohen Alter erfreulicherweise) auch nicht allzu merkwürdig finde.

  45. @oko:
    Och komm, wie lange dauert es den Artikel zu schreiben? Und wie oft hätte man in der Zeit einmal nachgoogeln können?

  46. Und das bei „nur“ 100 Millionen deutschsprechenden Muttersprachlern im „alten“Europa…Tsss.

  47. Wenn es nicht so lustig wäre, müsste man glatt traurig werden.

    Wie Arm. Ich meine, ich würde mich ja wirklich *wirklich* freuen wenn sie das machen würden. Aber das ungefiltert zu übernehmen. Wenn die Damen und Herren in den Medien die Medienkompetenz (sic!) hätten, die man heutzutage eigentlich bereits bei den nicht darauf spezialisierten Konsumenten erwartet, hätten wir viele Probleme weniger.

  48. Der Artikel, naja, das kennt man ja gar nicht mehr anders, dass der Hausherr in Normalform Massstäbe setzt.
    Aber die Zeile… genial, bin ernsthaft begeistert, wie sich mit zwei Worten der Zustand deutscher Medien verquicken lässt.

  49. Ich hatte den Spiegel auch angeschrieben (Leserbrieffunktion) um das „Problem“ zu erwähnen. Leider waren Thorsten Dörting und Andreas Borcholte außer Haus – jedenfalls bekam ich entsprechende Abwesenheitsmitteilungen…

    Man hat sich zwar darum gekümmert, allerdings nicht besonders zügig (sogar die BILD reagiert schneller aufs BILDBLOG), aber die Meldung bleibt hirnrissig. Ich fühlte mich moralisch verpflichtet, sinngemäß folgendes zu übermitteln:

    Leseverständnis, Grundkurs:

    WER?
    Das Europäische Parlament,

    AUF WELCHER GRUNDLAGE?
    gestützt auf die Artikel 3, 13, 149 und 151 des Vertrags zur Gründung der Europäischen
    Gemeinschaft

    WARUM?
    in der Erwägung, dass in Europa über 83 Millionen Menschen von einem vollständigen
    oder teilweisen Hörverlust betroffen sind und dass sich dieses Problem in der alternden
    europäischen Bevölkerung noch weiter verschärfen wird,
    [und]
    in der Erwägung, dass die derzeitigen Technologien eine Simultanuntertitelung der
    Fernsehprogramme (auch der Live-Programme) ermöglichen, wie das Beispiel des
    Fernsehsenders BBC zeigt, der sich verpflichtet hat, ab April 2008 sein gesamtes
    Programmangebot zu untertiteln,

    WAS?
    vertritt die Ansicht, dass die Untertitelung aller öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme
    in der EU unerlässlich ist, um zu gewährleisten, dass alle Zuschauer, einschließlich der
    Tauben und der Schwerhörigen, Zugang zum vollständigen Programmangebot haben; ist
    der Auffassung, dass dadurch außerdem das Erlernen von Fremdsprachen gefördert wird;

    Nicht besonders mißverständlich…

  50. Hat jetzt nicht direkt mit den Falschmeldungen der Zeitungen zu tun, aber:

    Mit ‚alle Sendungen untertiteln‘ meint die EU doch sicher, dass das per Videotext untertitelt werden soll. Sicher keine ständigen Einblendungen für alle. Oder doch?
    Ich hab da noch nicht so genau geguckt, aber es wird doch eh sehr vieles (Nachrichten, Filme) per Vidotext untertitelt.

  51. Hallo Herr Niggemeier,
    sorry für den peinlichen Verschreiber in ihrem Namen, hab’s bereits korrigiert. Das kommt davon, wenn man noch selbst schreibt, statt nur zu kopieren …
    Nichts für ungut!

  52. Entscheidend ist doch vielmehr, daß man dem Europaparlament solche Absurditäten inzwischen tatsächlich zutraut. Ein Parlament voller Missionare, getrieben vom Wunsch nach dem Brüsseler Zentralstaat.

  53. Der Titel ist genau richtig. Sie mögen bald aussterben, die professionellen Missversteher, die entweder zu doof sind, eine Pressemitteilung zu lesen und richtig zu verstehen (Pisa?) oder die Dinge absichtlich falsch darstellen. Sie sind überflüssig wie ein Kropf. Ich bin längst dazu übergegangen, mich bei Vorgängen, die mich interessieren, selbst an die Quellen zu begeben. Dank Internet ist es ja kein Problem, Pressemitteilungen, Plenarprotokolle, Mitschriften von Pressekonferenzen oder was immer es an originärem Informationsmaterial geben mag, selbst zu durchforsten. So ist man unabhängig von solchen Meinungsmachern, die vom „angesehen Istitut der Deutschen Wirtschaft“ sprechen, ohne zu erklären, dass es auch von der deutschen Wirtschaft finanziert wird (Kontraste gestern, 11.04.08, Thema Mindestlohn).

  54. Das ist hier schön dokumentiert, aber leider im Kern Alltag. Alle Mediengattungen sind inzwischen zu Verklappungsmaschinen für Meldungen von der Stange geworden.
    Auf der einen Seite lässt es sich nicht mehr wirtschaftlich abbilden, jede Meldung seriös zu überprüfen, die über die Agenturen reinplumpst. Auf der anderen Seite leben die Macher insbesondere der klassischen gedruckten Medien noch immer in der irrigen Annahme, sie müssten alle „relevanten“ Meldungen verbreiten. Damit sind diese Falschmeldungen selbst bei vermeintlich seriösen Titeln vorprogrammiert.
    Nun sagen die einen (wie beim Essen), wenn die Rezipienten nicht bereit seien, ordentlich Geld für Informationen auszugeben, müssten die Medienbetriebe halt immer mehr sparen, was wiederum zu solcher Falschheit und Austauschbarkeit führt. Aber selbst wenn der Leser bereit wäre, tief in die Tasche zu greifen, wird ihm dafür noch lange keine seriöse Recherche garantiert. Denn das, was er mehr bezahlt, steigert ja auch die Rendite der Medienunternehmen. Dass Mehreinnahmen in Qualität investiert werden, halte ich für eine Illusion (vgl. aktuell Berliner Verlag).
    Also brauchen wir neue ehrliche Medienformate. Verzicht auf die anachronistische gefühlte Chronistenpflicht in den Printmedien. Verzicht auf Stangenware. Das überzeugendste diesbezügliche Format war seinerzeit Die Woche, die leider viele Wochen vor ihrer Zeit existierte und daher wieder einging. Keine Agenturjauche, keine Standardthemen, die tausendfach bis auf jedes Geldautomatendisplay verbreitet wurden. Dafür recherchierte Inhalte, die den Horizont erweiterten, die durch ihren Inhalt rechtfertigten, auf Papier gedruckt, durchs Land gekarrt und nachher im Papiermüllcontainer entsorgt zu werden.
    Wenn man sich die Abwanderungswelle der Werbeagenturen und Keyaccounts bei den Anzeigenabteilungen der Zeitungen anschaut, wird es der Markt sicher fügen. In wenigen Jahren ist wieder Platz und Bedarf für Zeitungen wie Die Woche. Denn die Leser brauchen eine längere Zeit, um zu merken, dass sich ihre Abo-Zeitung kaum mehr von der Gratis-Postille im Briefkasten unterscheidet.

  55. Warum sterben gehen, wenn schon mausetot? Hier folgt doch nur eine Meute der falschen Fährte, weil mit jedem Spurabdruck ihre Vorurteile bedient werden, mit denen sie sensationsgeil dann die Vorurteile bedienen, die sie in Öffentlichkeit gepflanzt haben. Sogenannter Qualitätsjournalismus erschöpft sich doch nicht erst in diesem Jahrhundert in Berichten über das, was berichtet wird, regierungsamtlichen Verlautbarungen, PR-Mitteilungen und in Spekulationsorakeln.

    Eine „emotionale“ Schlagzeile? Aber bitte doch, und bitte gerne! Es wird gebeten, von Beileidsbekundungen an der Grabstätte abstand zu nehmen. Einen Blechkranz drauf, dann hören sie es wenigstens regnen.

  56. @ 90: Interessante Frage, wer denn dieser „man“ ist, der den Brüsseler Behörden „solche Absurditäten“ zutraut. Ich jedenfalls könnte nicht eine einzigen absurde EU-Norm bennenen (die viel zitierte Verordnung zur Krümmung von Bananen ist natürlich eine Erfindung). Aber es gibt gegenüber der EU (und zwar in den unterschiedlichsten Milieus) so eine Kleine-Leute-Haltung nach Art des „Die da oben tun ja doch, was sie wollen“ – und ich bin sicher, dass die auch die Genese dieser Meldung befördert hat. Viele Journalisten WOLLEN einfach glaube, das in großen Behörden sowieso nur Quatsch produziert wird – das mag einen sonst vielleicht doch vorhandenen Reflex zur Recherche unterdrücken.

  57. Und selbst Heise Online lässt es an der journalistischen Sorgfalt mangeln und zitiert falsch:

    »So trügen Originalversionen laut Beschlusstext nicht nur zum Lernen von Fremdsprachen bei, sondern „seien auch besser für Schwerhörige oder Taube“.«

    Das angegebene Zitat findet sich weder in der EU-Presseerklärung noch im Beschluß und die Reihenfolge der Gründe ist gerade eben andersrum (aus dem Beschluss zitiert):

    » […], dass alle Zuschauer, einschließlich der Tauben und der Schwerhörigen, Zugang zum vollständigen Programmangebot haben; ist der Auffassung, dass dadurch AUSSERDEM das Erlernen von Fremdsprachen gefördert wird;«

    Dadurch, dass Heise das Erlernen von Fremdsprachen an die erste Stelle rückt, haben sie eigentlich dem Missverstehen, das sich in den Kommentaren zum Artikel ausbreitet, Vorschub geleistet.

  58. @96/Tobias M.
    Dieser „man“ könnte unter gewissen Umständen ich sein.

    Ich jedenfalls könnte nicht eine einzigen absurde EU-Norm bennenen
    Ohne eine Diskussion hierüber beginnen zu wollen: REACh.

    @98/zampo
    „Selbst Heise online“ – was für ein Brüller…

  59. Was mich bei der SPON-Meldung als erstes gewundert hat: was um Himmels Willen hat der Bush damit zu tun? Wurde Bush im Deutschen fernsehen jemals synchronisiert? Ich kann mich nicht erinnern.

  60. Ich finde die Formulierung des Beschlusses sehr missverständlich. In EINEM Thema von Untertitelung und dem Erlernen von Fremdsprachen zu sprechen, legt einfach nahe, dass es sich dabei um Filme in der Originalsprache handelt.
    Dein Argument, Stefan, dass es sich dabei um Deutsch handelt, kann ich nicht nachvollziehen, denn in dem Beschluss heisst es „das Erlernen von Fremdsprachen“. Plural. Also, auf deine Interpretation wäre ich da eher nicht gekommen. Aber bei deinem eigentlichen Thema, der Verbreitung dieser Meldung kann ich dir nur voll zustimmen, und auch deinen Zorn verstehen.

  61. @MiniMoppel: Es handelt sich nicht um Deutsch. Es handelt sich um jede Sprache, die gerade im jeweiligen Land im Fernsehen zu hören ist. Auf ARD und ZDF bezogen: in der Regel deutsch. Auf die BBC bezogen: in der Regel englisch.

    Und warum liegt es nahe, dass es sich um Filme in der Originalsprache handelt, wenn das EU-Parlament fordert, das Programm vollständig zu untertiteln. Wieviel Prozent des Programms von ARD und ZDF sind denn im Original überhaupt englisch?

  62. Ich neige an dieser Stelle auch dazu, MiniMoppel Recht geben. An anderer Stelle schrieb ein Jornalist der angeblich nachgefragt hätte, die Zeile in der Pressemitteilung wäre so zu verstehen gewesen, dass Sender mit wenig Geldmitteln (also wohl keiner der ÖR in Deutschland) dann ja auf das Synchronisieren verzichen könnte.

    Ich selbst hatte zuvor vermutet, es gäbe vielleicht irgendwo in Europa auch Sender die ihr Programm in einem nicht englischsprachigen Land auf Englisch und ohne Untertitel ausstrahlen. Aber so oder so gehe ich davon aus, das tatsächlich die Landessprache gemeint ist

  63. > 100:
    Was brüllt denn da?

    Geht ja hier nicht um die sonstige, bisweilen durchaus laue Qualität der Artikel auf Heise Online.

  64. @Fabian:

    95% der Deutschen schauen fern. Wenn man schon nicht in der Lage dazu ist, wenn vom untertiteln des GANZEN Programmes gesprochen wird, die Transferleistung zu vollbringen, dass damit auch „Kerner“ und die „Tagesschau“ untertitel werden sollen, und diese dann zum Erlernen einer FREMDsprache beitragen sollen, dann ist die FREMDsprache DEUTSCH und es sind hierbei alle Bürger gemeint, die der Sprache nicht mächtig sind (egal woher und aus welchem Grunde).

    ICH habe sehr viele englische Begriffe dadurch gelernt, dass ich zum gesprochenen Wort auch die richtige Schreibweise bei DVDs als Untertitel mit angezeigt bekomme – oftmals muss ich aber auch raten, wie ein Wort geschrieben wird – bestes Beispiel Gerichtssendungen wie „Boston Legal“. Oder wüssten Sie, wie „subpoena“ oder „affidavit“ geschrieben werden, wenn Sie s hören?

    Vor allen Dingen aber: wenn ich etwas lese und es nicht verstehe, dann FRAG ICH NACH und SCHREIB NICHT EINFACH irgendeinen SCHEI*. Oder noch besser: ich nehme nicht eine Agenturmeldung und schreibe ein Editorial (= Meinung des Autors) darüber, wie DUMM doch die EU ist, nur um dann, wenn ich mit hochrotem Kopf erwischt werde, den Artikel einfach offline zu nehmen.

    Was ist denn das für eine journalistische Art? Das ist 1984 par excellence. Wenn irgendwann das gedruckte Wort nicht mehr existiert, Archive nicht mehr geführt werden, weil keine Zeitungen mehr gedruckt werden, dann kann einfach jeder im Nachhinein sich die Wahrheit so drehen, wie er will, so lange er Zugriff aufs CMS hat.

    DAS ist es, was mich so erschreckt an der ganzen Sache.

    UNperson Niggemeier irgendwann, hm?

  65. Ich glaube du verstehst mich falsch, Sebastian. Dass die AFP-Interpretation der Meldung falsch war und es ungeheurlich ist, was daraus in den Medien geworden ist, sehe ich ganz genau so. Da bin ich auf einer Linie mit Stefan und es gibt nichts zu diskutieren. Mir ging es nur um die sekundäre Frage, was genau denn nun der Satz meint, der diese Irritationen ausgelöst hat.

    Und da denke ich wie gesagt, dass die EU möchte dass bei Ausschnitten in fremder Sprache in der Landessprache untertitelt wird und nicht in der Fremdsprache selbst, wie Stefan es wohl anscheinend verstanden hat. Und das soll von meiner Seite auch gar keine heftige Auseinandersetzung werden, sondern nur ein gemeinsames Zusammensetzen des Puzzles.

  66. @98: Hallo? Heise zitiert die Falschmeldung. Und die ist natürlich auch im Zitat falsch. ERST LESEN, DANN VERSTEHEN, DANN VERREISSEN!

  67. Dieser Credit lag mir schon gestern auf den Lippen: Der Heise-Journalist, der da anständig recherchiert hat und schon um 10:54 gegen den Stuss titelte, heißt Nico Jurran. Darf man ja vielleicht erwähnen.

    Übrigens, zum Vorposter: Es ist nicht anzunehmen, dass das Deppentum der Schnell-Leser/Kommentierer mal ausstirbt. Trotzdem sympathisch, dass Sie dagegen Dampf ablassen.

  68. Eine Agenturmeldung völlig ungeprüft abzuschreiben ist üble Schlamperei und ich fürchte, dieses Beispiel ist nur eines von vielen.

    Ich meine mal gehört zu haben, daß man wenigstens zwei unabhängige Quellen heranziehen muß, ehe man etwas als Tatsache betrachten darf. Scheinbar gilt das nicht mehr. Vielleicht war es auch nur eine unverbindliche Empfehlung oder ich bilde mir das überhaupt nur ein.

    Was ich aber noch sehr viel schlimmer finde, als die Meldung einer halbwegs seriösen Agentur ungeprüft zu drucken, ist es, von einem weithin als höchst unseriös bekannten Revolverblatt abzuschreiben. Unbegreiflicherweise passiert selbst das.

  69. Vielen Dank für die gute Recherche. UT fänd ich nur ok, wenn ich sie abschalten könnte. Aber so weit sind wir wohl noch nicht, oder? Den Wunsch der anderen nach mehr OV oder mehr Zweikanalton kann ich nur unterstützen.

  70. Ich wäre ja schon froh, wenn wenigstens auf jeder DVD die englische Tonspur UND die englischen Untertitel vorhanden wären, dann müsste man nicht soviele Film aus Übersee beziehen…

  71. […] Aufgefallen ist das diesseits des Atlantiks nicht weiter. Lanu hat’s heute ausgegraben. Was folgt ist ein Possenspiel deutscher Journalistendarsteller: Turi2 greift die Geschichte auf, Meedia schreit “Ente” und Turi rudert mit einem winselnden “Sorry” zurück. Während sich Lanu laut lachend zurücklehnt und das armselige Stück zu genießen scheint, möchte ich ausnahmsweise mal Niggemeier zitieren: Geht bitte sterben. […]

  72. […] Frank Patalong besitzt wirklich die Dreistigkeit und spricht von einer Lobby, die dieser Browser finden wird. Er, der nicht auf Facebook angemeldet ist und ebenfalls den RockMelt Browser nicht testen kann, da er nicht Bestandteil des nicht oeffentlichen Betatests ist, erklaert uns also die bunte Welt der sozialen Netzwerke und Internet-Browser. Kann es sein, dass hier die Lobbyisten irgendwie auf der anderen Seite hocken? Eigentlich lohnt es sich gar nicht mehr diese peinliche Arroganz zu kommentieren, denn die Spiegel Online Netzwelt hat sich trotz (oder vielleicht gerade deshalb)steigender Trafficzahlen zu einer Realsatire des deutschen Journalismus entwickelt und deshalb kann ich wieder einmal nur mit Niggemeier abschliessen: Geht sterben! […]

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