Olle Geschichten & journalistische Reflexe

Man müsste mal ausrechnen können, wie hoch der Anteil der journalistischen Inhalte ist, die automatisch generiert werden. Und ich meine damit nicht nur die massenhafte maschinelle Übernahme von Agenturmeldungen in den Online-Medien. Sondern auch Texte, die unreflektiert durch einen schlichten Reflex entstehen.

Ein kleines Beispiel dafür ist die Information, dass der Lobby-Verband der Privatsender VPRT fordert, dass ARD und ZDF weniger Geld ausgeben. Das ist nach ungefähr allen journalistischen Kriterien keine Nachricht. Der VPRT fordert seit Jahren, dass ARD und ZDF weniger Geld ausgeben. Dafür ist der Verband ja da. Er wird auch in Zukunft fordern, dass ARD und ZDF weniger Geld ausgeben, vermutlich unabhängig davon, ob und wieviel ARD und ZDF bis dahin gespart haben.

Weil auch der VPRT weiß, dass es auf Dauer langweilig wird, wenn man immer dasselbe fordert, hat er die Sache in diesem Jahr etwas konkretisiert. „Gigantische Einsparpotentiale“ von mindestens einer Milliarde Euro seien bei ARD und ZDF vorhanden:

So könnte der öffentlich-rechtliche Rundfunk ganz auf Werbung verzichten, ohne dass die Programmqualität leide, unterstrich Verbandspräsident Jürgen Doetz erneut die Lieblingsforderung des VPRT. Der Verband empfahl ARD und ZDF, Digitalkanäle und Radioprogramme einzustellen oder zusammenzulegen sowie die Ausgaben für Sportrechte und Spielfilme zu reduzieren. So ließen sich rund 600 Millionen Euro sparen. Hinzu kämen 300 Millionen Euro Einsparmöglichkeiten bei Übertragungskosten, zum Beispiel von Regionalprogrammen in landesfremden Sendegebieten sowie 145 Millionen Euro Kürzungen bei Personalkosten.

So berichtete die Nachrichtenagentur dpa am 22. Juli (und aus den Formulierungen „erneut“ und „Lieblingsforderung“ kann man fast eine gewisse Müdigkeit des Autors lesen, dem langjährigen Medienredakteur Carsten Rave).

Eine größere Welle entstand damals nicht. Warum auch?

Am Samstag veröffentlichte der „Spiegel“, wie jeden Samstag, seine „Vorabmeldungen“ mit vermeintlich exklusiven Nachrichten aus dem neuen Heft – und damit sind wir beim Thema Reflexe. Was der „Spiegel“ vorab veröffentlicht, gilt automatisch als Nachricht. (Zu Recht, wie „Meedia“-Chefredakteur Georg Altrogge sagen würde, denn der „Spiegel“ ist ein Leitmedium, und wer heute die Qualität von Leitmedien in Frage stellt, isst morgen kleine Kinder.)

Jedenfalls war unter den Vorabmeldungen auch diese mit der Überschrift: „Privatsender sehen bei ARD und ZDF eine Milliarde Euro Sparpotential“. Neu daran war die Information, dass der VRPT seine „Sparvorschläge“ als „zehnseitiges Schreiben an eine neue Arbeitsgruppe der Unionsländer unter dem Vorsitz der Sächsischen Staatskanzlei“ geschickt habe. Der Rest wiederholte im Wesentlichen, was dpa vor zwei Wochen gemeldet hatte.

(Auf meine Frage, warum das trotzdem zur (Vorab-)Meldung des „Spiegel“ taugte, schrieb mir Medienredakteur Markus Brauck: „Neu ist, dass der Verband am 27. Juli  diesen Brief an die Arbeitsgruppe der Länder geschrieben hat, der uns vorlag. Wenn die Arbeitsgruppe demnächst mit Ergebnissen an die Öffentlichkeit kommt, ist es doch gut zu wissen, aus welchen Quellen interessierter Seite sich deren Arbeit gespeist hat.“ – Als ob sich auch nur ein Journalist dann daran erinnern würde!)

Wie wenig selbst der „Spiegel“, der sonst auf alles mitschießt, was öffentlich-rechtlich ist, die VPRT-Forderung für eine echte Nachricht hielt, kann man daran erkennen, dass er die Kürzungsvorschläge sogar in der Vorabmeldung selbst als „relativ willkürlich“ kommentiert und dem Verband die Prämisse, dass die Programmqualität nicht leide, nicht abnimmt.

Aber „Spiegel“-Vorabmeldung ist „Spiegel“-Vorabmeldung und Reflex ist Reflex, und so fand die olle VPRT-Forderung plötzlich weite Verbreitung. Die Nachrichtenagentur AP übernahm sie („Privatsender fordern Milliardeneinsparung von ARD und ZDF“), die Branchendienste „Meedia“, „Kress“, „Turi2“, „DWDL“, „Horizont.net“ und viele andere behandelten sie als aufregende Neuigkeit, der Medienredakteur des „Handelsblattes“ verbrämte die Pi-mal-Daumen-Rechnung gleich zur „Finanzanalyse“.

Besonders anschaulich zeigt der Berliner „Tagesspiegel“, wie willenlos und reflexhaft Medien oft auf das reagieren, was ihren Posteingang erreicht und alle äußerlichen Zutaten einer meldenswerten Nachricht hat („‚Spiegel‘-Vorabmeldung“!!!). Der „Tagesspiegel“ hatte nämlich am 23. Juli schon ausführlich über die aktuelle Strategie des VPRT im Kampf gegen ARD und ZDF berichtet und geschrieben:

Der Verband empfiehlt ARD und ZDF, Digitalkanäle und Radioprogramme einzustellen oder zusammenzulegen und die Ausgaben für Sportrechte und Spielfilme zu reduzieren. So ließen sich rund 600 Millionen Euro an Ausgaben vermeiden. Aus diesen und weiteren Maßnahmen wird ein Sparpotenzial von einer Milliarde errechnet.

Als die Nachricht jetzt noch einmal die Runde machte, meldete er stumpf noch einmal:

In einem zehnseitigen Schreiben an eine neue Arbeitsgruppe der Unionsländer unter dem Vorsitz der Sächsischen Staatskanzlei sieht der PrivatsenderverbandVPRT laut Spiegel online bei den öffentlich-rechtlichen Sendern Einsparpotenziale „von mindestens einer Milliarde Euro“, sogar „unter der Prämisse, dass die Programmqualität nicht leidet“. In dem Hintergrundpapier schlagen die Privatsender zudem die radikale Einstellung aller sechs Digitalkanäle vor, was gut 220 Millionen Euro brächte.

Vielleicht verschickt der VPRT angesichts des großen PR-Erfolges seine Forderungen in Zukunft gar nicht mehr an Journalisten, sondern gleich an die Politik, damit der „Spiegel“ das dann groß aufdecken kann.

(In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, in der ich auch kurz darüber berichtet habe, habe ich übrigens behauptet, dpa hätte die VPRT-Forderung im Juli gleich zweimal als Neuigkeit verkauft. Das ist falsch.)

48 Replies to “Olle Geschichten & journalistische Reflexe”

  1. OT: Hallo Stefan, vielleicht hast du mal Lust den Leuten drüben beim Fernsehlexikon zu sagen, ob der Blog eingestellt wird oder nicht. Danke, Gruß und sorry für OT.

  2. (Keine ÖR-Diskussion anfangen, keine ÖR-Diskussion anfangen, keine ÖR-Diskussion anfangen, einfach mal was zum Thema schreiben…)
    Ähem. Ich schätze das Einsparpotential ja eher auf rund sieben Milliarden.
    (D’oh!)

  3. «Jaaaaa, er lebt noch, er lebt noch…»

    Ich glaube, das größte Problem dürfte sein, dass zu einem großen Teil nur noch Pressemeldungen verwurstet werden. Da haben es solche Hohlmeldungen natürlich leicht.

  4. Ich habe mit meinen technikaffinen Kollegen festgestellt, dass es eine ganze Reihe von Artikelarten gibt, die ein Datenbankskript schreiben könnte, ohne dass jemand es merkt. Reifentests zum Beispiel. „Gutmütig im Grenzbereich“, aber „drängt auf die weite Linie“. Abschmecken mit Zitaten aus dem Pressetext -fertig. So ein Skript ließe sich bestimmt auch auf den RSS des Spiegels dressieren, denn reflexartige wir-brauchen-das-auch-Meldungen werden auch weiterhin bei jeder Meldung eines „Leitmediums“ die Runde machen.

  5. Wenn ich mir angucke, was die BBC jedes Jahr mit nicht mal einem Siebtel des Etats von ARD, ZDF und Co. produziert, dann glaube ich auch, dass da ein gigantisches Einsparpotential besteht (noch größer als eine Milliarde). Die ganzen hohen Renten für die Leute kürzen, die in ihrem Leben irgendwelche überwichtigen Entscheidungsträger waren und uns kein vernünftiges Programm gebracht haben (also quasi jeder).

  6. Lightmedium. Leidmedium.

    @BloodyFox: Auch die BBC hat einen doch sehr fetten Milliardenetat, man sollte annehmen dass auch dort dabei irgendwas ansehnliches rauskommt (und auch bei der BBC gibt es so einiges an Schrott, es ist keineswegs so dass die nur Perlen produzieren – das Gras auf der Insel ist nur in unserer idealisierenden Wahrnehmung grüner als hier).

  7. @7/BloodyFox
    Lt. SpOn betragen die Einnahmen der BBC in 2009 rd. 5,37 Mrd. Euro (man beachte die Angaben zu den „Zwangsabgaben“). Hoffentlich sind Ihre Urteilsfähigkeiten besser ausgebildet als Ihre Rechenqualitäten.

  8. @Gregor: Allerdings stemmt die BBC bei Weitem nicht so viele Radioprogramme wie der ARD-Verbund, von unseren dritten TV-Programmen (die teils eher Voll- als Regionalangebote sind), dem Digitalbouquet, 3Sat und Arte ganz zu schweigen – ist ja alles drin in der Gebührenrechnung.

  9. Hass auf die Spiegel-Medienredakteure, seit selbst Thema einer Spiegel-Medienmeldung geworden?

  10. @ Gregor: Kleine Anmerkung zur Zahl der Radioprogramme: ich zähle bei der BBC 53 Stück (inkl. Local Radio). Zu 3sat und Arte gibt es in Großbritannien keine Pendants, zu Phoenix und Kika dagegen schon. Zudem ist BBC News ein vollausgestatteter Nachrichtensender.

  11. Ups, Entschuldigung. Bei der Ansprache in Kommentar 15 habe ich eigentlich Wolfgang und nicht Gregor gemeint.

  12. Toll, welch investigativen Journalimus sich der Spiegel da wieder leisten kann; da scheinen die Verkäufe fürs Ipad ja super reinvestiert zu werden.

    Was mich an der Debatte immer wieder fasziniert, ist, dass die Verleger noch immer nicht gecheckt haben, dass sie ihre Gatekeeper-Position (unweigerlich) verlieren und für fehlende Geschäftsmodelle nicht ÖRs verantwortlich machen können. Die neuen Gatekeeper heißen nämlich gerade nicht ARD und ZDF, sondern eher Apple und Google. Und Apple werfen sie sich momentan geradezu an den Hals…

  13. @ Gregor

    Die sind sicherlich besser ausgebildet als ihre Manieren. Ich hatte nur mal den Geschäftsbericht der BBC für 2009 gesehen, da war nur von etwa einer Milliarde Steuereinnahmen die Rede. Ungeachtet dessen steht meine inhaltliche Kritik an unserem ÖR weiterhin. Wenn man vergleicht, mit was für großartigen Produktionen die BBC jährlich aufwartet und was wir von unserem ÖR geboten bekommen, dann ist das weiterhin einfach nur traurig. Und es hört ja nicht einmal bei den hauseigenen Produktionen auf. Es werden ja auch Formate aus dem US-Fernsehen mit dem Geld eingekauft, Formate, deren Lizenzen sicherlich auch nicht billig sind. Ich meine, wo versacken bei uns die ganzen Abermillionen?

  14. Also irgendwie hatte ich auch schon den Gedanken wie Sven (#14). Die Spiegel-Seitenhiebe sind etwas auffällig in letzter Zeit. Mir gefällt zwar auch hin und wieder etwas nicht, aber ich finde, es ist mit Abstand noch das beste Nachrichten-Magazin, was man hierzulande kaufen kann.

  15. @19 :-) ist der Spiegel nicht auch das einzige Nachrichten-Magazin, das man hierzulande kaufen kann?

  16. öhem… dieser artikel haut auf den spiegel ein? da muss ich wohl was falsch verstanden haben?! oder fehlt mir da einfach der reflex, in jeder erwähnung des „spiegel“ den frontalangriff zu erkennen?

  17. @ 11 Wolfgang
    Die BBC betreibt im Inland 50-60 Radiosender, 10 Fensehsender, 15 Lokalverianten und ua. einen sehr umfangreichen Webplayer. Rein quantitativ steht man den deutschen Sendern in nichts nach.
    Dazu kommt jetzt eine kommerzielle Ausrichtung mit Sendern und Beteiligungen in In- und Ausland mit Umsätzen von mehreren Hundert Millionen Pfund jährlich. Serien werden nicht auf den eigenen Sendern wiederholt, sondern in gekürzten Fassungen an beteiligte TV-Sender im Inland verscherbelt. (RTL2 zeige in frühen Jahren mal ZDF-Serien.)
    Der Vorteil der BBC liegt darin, dass man aus einem Haus kommt und daher alles aufeinander abgestimmt ist. In Deutschland konkurriert man wo nur möglich, was in Mangel- und gleichzeitig Mehrfachangeboten resultiert. Aber schlag mal ernsthaft vor, hier ein zentrales System zu installieren. Da gehen gleich die Staatsfunk-Rufe los.
    Davon abgesehen findet man auch bei uns Hochwertiges. Man muss es sich halt selbst suchen, weil die Sender unfähig sind, sich anständig zu vermarkten. Aber ist es Schuld der ÖR, wenn der Zuschauer nach ProSieben-Manier Hinweiseinblendungen an allen Ecken und Enden braucht?

  18. Wenn ich „gewaltige Einsparungspotentiale“ lese, dann muss ich immer an das „Sparbuch“ im FDP-Wahlkampf lesen. Die sahen damals „Potentiale“ von über 10 Mrd. Und nach der Wahl…

  19. @BloodyFox (#18): Frustbeißer? Oder ist es Tollwut? Aber die ist doch dank Schluckimpfung (so gut wie) ausgerottet. Vielleicht sollten Sie zur Entspannung ein kleines Schlückchen nehmen.

    Man irrlich-tert doch nicht so herum, nur weil man mit zarter Ironie auf einen gebangenen Fehler hingewiesen wurde.

    Gregor Keuschnig, einem Gentleman unter den Kommentatoren, mangelnde Manieren zu unterstellen, ist grotesk.

  20. Ich finde ja eher interessant, dass hier erneut die Thematik „Öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ aufgegriffen wird, verpackt in einen Artikel, in dem es vordergründig um aufgebauschte Meldungen geht. Die Meldung des Verbands der privaten Rundfunkanbieter aber betrifft die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der, das weiß man ja mittlerweile, Stefan Niggemeier sehr am Herzen liegt. Die Forderung, die ö-r Anbieter müssten weniger Geld ausgeben, wird von ihm abgetan mit der Anmerkung, das werde vom Verband seit Jahren gefordert und sowieso müsse der Verband sowas ja fordern und werde es auch in Zukunft fordern, „vermutlich unabhängig davon, ob und wieviel ARD und ZDF bis dahin gespart haben.“

    Erstaunlich: Bislang war mir nicht aufgefallen, dass ARD und ZDF je gespart hätten. Vielmehr hat sich die Rundfunkgebühr seit 1070, gemessen als Gesamtgebühr in heutiger Kaufkraft, von seinerzeit 13,92 EUR auf 18,05 EUR im Jahr 2009 gesteigert. Ein Ende der Gebührensteigerungen ist nicht abzusehen, trotz löchriger Straßen, geschlossener Schwimmbäder und Theater: Das öffentlich-rechtliche Rundfunkgeschäft boomt.

    Sparen würde bedeuten, auch mal darüber nachzudenken, warum wir eigentlich zwei öffentlich-rechtliche Hauptsender haben müssen (ARD und ZDF) und ob nicht einer ausreichen würde. Oder ob nicht eine weitere Zusammenlegung der neun ARD-Rundfunkanstalten möglich wäre.

  21. @S. Arenz: Sie meinen, wenn wir uns schon keine Freibäder und Theater mehr leisten können, sollten wir wenigstens auch kein gutes Fernsehen haben?

    Und natürlich kann man „auch mal“ darüber nachdenken, wo bei ARD und ZDF gespart werden könnte und müsste. Aber selbst der „Spiegel“, der sie noch einmal groß herausbringt, hält die lustigen Rechnungen des VPRT nicht für eine geeignete Grundlage für eine solche Debatte.

  22. @Gregor: Völlig d’accord, was die zukunftsweisendere Ausrichtung der BBC angeht (teils auch durch enormen Druck entstanden). Wenn allerdings bei den über 50 Radioangeboten der BBC auch die Locals eingerechnet sind, dann müsste man Gleiches auch mit den Lokalangeboten unserer Öffis tun; etwa die Auseinanderschaltungen von SWR4 aus Karlsruhe, Tübingen, Freiburg etc.. Allein beim SWR (inklusive 1-3, Das Ding und Cont.ra) käme man da wohl auf mindestens 10 Angebote (plus 2 Regional-TV-Programme).

    Und das ist nur eine von neun Anstalten. Beim WDR leistet man sich das sogar noch weitgehender bei der TV-Berichterstattung, wenn man sich mal die lange Liste der Regionalangebote im Digitalreceiver anguckt.

    Dass allerdings tatsächlich gespart wird (weniger bei den Festangestellten als eher bei den Freien und „festen Freien“), das habe ich bereits selbst zu spüren bekommen und das setzt sich auch aktuell und in den nächsten Jahren fort. Die Stimmung in den verbleibenden Belegschaften, die immer mehr Arbeit ohne Mehrbezahlung schultern müssen, entwickelt sich entsprechend.

    Die prinzipielle Frage ist halt: Welches Rundfunksystem und welche von einer Vermarktung unabhängige Angebote will der Staat langfristig und was soll’s kosten? Da gehen die Meinungen im Volk weit auseinander, allen wird man’s nie recht machen können und eine allein seligmachende Lösung gibt es auch nicht. Ich bin schon sehr gespannt, wie’s ausgeht.

  23. @Stefan Niggemeier: Ein bisschen gewagt finde ich ja die Gleichsetzung von gebührenfinanziertem ÖR-Rundfunk mit „gutem Fernsehen“. Mit dem Tenor dieses Artikels bin ich durchaus einverstanden, aber diese Einstellung, „gutes Fernsehen“ würde man selbst definieren, unabhängig davon, was die Mehrzahl der Zuschauer sehen will, und für diese selbstgemachte Definition hätten dann aber alle zwangsweise zu zahlen, kommt mir schon immer ein bisschen arrogant vor, wenn sie so deutlich vogetragen wird.
    Vielleicht lese ich da aber auch zu viel in eine sicher bewusst leicht bissige Antwort hinein…

  24. „(In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”, in der ich auch kurz darüber berichtet habe, habe ich übrigens behauptet, dpa hätte die VPRT-Forderung im Juli gleich zweimal als Neuigkeit verkauft. Das ist falsch.)“

    Falsch ist in dem langen Satz vor allem auch das Tempus.
    Nur stilistisch schlecht ist dagegen, so jedenfalls mein Gefühl, der kurze zweite Satz. Dessen Aussage hätte man stilistisch feiner und logisch korrekter in den ersten Satz mit einbauen können (als „fälschlich“ o.ä.).

  25. @ #19
    Der Spiegel das „beste Nachrichtenmagzin“, das man hierzualnde kaufen kann? Ich kenne kein Nachrichtenmagazin namens Spiegel. Ich kenne ein drittklassig recherchierte Illustrierte aus Hamburg, die so heißt.

  26. *wirft den üblichen Verdächtigen einen bedeutungsschwangeren Blick zu und enthält sich des Kommentars*

  27. @ Wolfgang
    „Die prinzipielle Frage ist halt: Welches Rundfunksystem… “
    Die Antwort kommt nach dem Angebot. Derzeit ist es riesig und teuer. Und es gibt unschöne Begleiterscheinungen. Ich behaupte, „das Volk“ will nicht prinzipiell klein und billig (wie man zuweilen den Eindruck hat), sondern kann auch mit groß und teuer leben, wenn man etwas zurückbekommt und mancher Fettnapf ausgelassen würde.
    Das betrifft die grundsätzliche Organisation (wozu noch mehrere getrennte Systeme und Vollkonkurrenz auch unter Regionalsendern, wenn sich selbst jeder als vollwertig präsentiert). Aber auch all die kleinen Dinge, mit denen wir täglich konfrontiert werden. Ein paar schnelle, unvollständige Beispiele:
    – Wo sind junge Serien?
    – Warum gabs Rock am Ring im Hausfrauenkanal?
    – HD-Formatwahl ohne späte Einsicht und mit mittelprächtigem Angebot
    Mein derzeitiges Lieblingsbeispiel:
    – arte zeigt The Prisoner. In jeder Folge gibt es acht (8) Einblendungen verschiedenster Sorte. Ungelogen. Da haben die ein Meisterwerk an der Hand, es fehlt aber jede Spur von Würde und Respekt vor Werk und Zuschauer. Das ist einfach nur nervtötend und zum Abschalten.
    Wenn wir alle tagtäglich bewiesen bekommen, dass es weder ein durchgängiges Konzept gibt, noch der Wille nach „Hand und Fuß,“ dann kann ich die „Abschaffen“-Rufer voll verstehen. Von dem Gehalt von Frau Piehl kannste über ein Dutzend von meiner Sorte finanzieren.

  28. Ich weiß nicht, ob es wirklich angemessen ist, die Programme der BBC hier über den grünen Klee zu loben. Wenn man mal etwas genauer in die Hauptprogramme BBC 1 und BBC 2 schaut, wird man in erster Linie relativ nichtssagende Serien und Shows, die keinem wehtun, finden. Bei den digitalen Programmen funkt sogleich BBC 3 nur knapp über RTL-2-Niveau in der Gegend herum. Lediglich auf dem Nischenkanal BBC 4 (etwa mit 3sat vergleichbar), das seinen Sendeplatz allerdings mit einem Kinderkanal teilt und daher nur stundenweise verfügbar ist, finden sich – nach meinem Geschmack – tatsächlich sehenswerte und gehaltvolle Produktionen. Wo die BBC tatsächlich ihre Stärken zeigt, ist im Radiobereich – vor allem mit ihren hervorragenden nationalen Kanälen (hier möchte ich ausdrücklich auch die Digitalkanäle mit erwähnen). Da hier gerade noch jemand schrieb, daß man die Lokalkanäle der BBC ja nicht alle bei einem Vergleich mitzählen könne: doch, muß man sogar. Jeder dieser Kanäle fährt nämlich ein eigenes Vollprogramm am Tag; abends schalten sich hier und da nur jeweils benachbarte Stationen zu einem gemeinsamen Programm zusammen. Ein landesweites Programm haben die Locals soweit ich weiß nicht; teilweise ist auch die Programmausrichtung zwischen den Regionen sehr unterschiedlich. Bei BBC Radio Cornwall hört man in erster Linie ein oldiebasiertes Tagesbegleitprogramm, BBC London ist hingegen ein nahezu vollständiges Wortprogramm. Aber um zur Glotze zurückzukommen: ich würde unsere Öffis aller Unkenrufe zum Trotz nicht gegen die BBC-Kanäle austauschen wollen.

  29. Beim Kommerzfernsehen kommen die Wiederholungen in den Pressemeldungen.

    Beim ÖR im Programm.

    (das mir trotzdem lieber ist, aber darum gehts hier ja nicht)

  30. Mein letzter England-Aufenthalt (mit TV-Konsum) ist schon eine Weile her aber ist es nicht auch so, dass dort auch die BBC eine größere Anzahl Werbeunterbrechungen im laufenden Programm/Sendungen hat? Oder waren das auch auf der Insel nur die Privaten?

  31. @18:

    > Wenn man vergleicht, mit was für großartigen Produktionen die BBC
    > jährlich aufwartet und was wir von unserem ÖR geboten bekommen, dann
    > ist das weiterhin einfach nur traurig.

    Was für eine selektive Wahrnehmung ist das denn? Auf den BBC-Programmen läuft tagein, tagaus genauso viel Flachkram wie hierzulande. Wer da mjal konzentriert zappt, wird sogar den Eindruck haben: noch mehr als hier.

    Und das hiesige ÖR-Angebot hat sicherlich genausoviele Preziosen im Programm. Vielleicht sind die Sendeplätze nicht so prominent, aber das Angebot ist da, jeden Tag. Im Übrigen hat der deutsche ÖR noch einiges mehr an randständigen Aufgaben, zum beispiel das hier viel weiter verbreitete Sponsorentum, die Klangkörper und vieles mehr.

    Die BBC wird hier gern vergöttert. Aber das liegt nur daran, dass hier naturgemäß immer nur die Spitzenproduktionen ankommen. Das Tagesgeschäft sieht dort aber ganz anders aus.

  32. @Richie Gecko
    Die BBC selbst ist mW. völlig werbefrei, aber es laufen BBC-Sendungen bei UKTV, einer Sendergruppe aus ~10 Programmen, veranstaltet von VirginMedia und BBC Worldwide (dem kommerziellen Arm der BBC, vergleichbar mit z.B. ZDF enterprises, die bei uns DVDs mit ZDF-Sendungen vermarkten, nur viel größer.). Dort laufen dann die auch bei uns bekannten gekürzten 52-min-Fassungen mit Werbung. Die UKTV-Sender sind teils FreeTV und teils PayTV. BBC Worldwide macht gern mal 1 Mrd Pfund Umsatz im Jahr, das sollte zeigen, wie groß die sind.

  33. @ Rainer Barg
    „Tagesgeschäft sieht dort aber ganz anders aus.“
    Im Programm schon, aber die BBC hat einen entscheidenen Vorteil: Man sitzt (mehr oder weniger) in einem Haus. Jedes Programm hat seine spezifische Aufgabe, ist gibt wenige Doppelungen.
    Bei uns sind das Erste und Zweite relativ ähnlich und es sind Konkurrenten. arte und 3sat haben auch sehr ähnliche Aufgaben und es sind Konkurrenten. Die Dritten sind sich ähnlich und wieder: Konkurrenten. zdf_neo und EinsFestival: Konkurrenten und in der Aufgabenbeschreibung ähnlich. zdfinfo, EinsExtra und auch Phoenix lassen sich ebenfalls nebeneinander stellen.
    Da wird imho sehr viel Potenzial verschenkt.

  34. schön recherchiert,danke für den text,

    interessanter zusatz ist auch das kürzlich veröffentlichte salär von frau piel, intendantin des wdr( haben sicherlich einige noch nicht gehört):
    nach heise.de

    „Piel erhält ein explizit erfolgsunabhängiges Basisgehalt von 308.000 Euro erhielt. Weil sie schon 25 Jahre beim WDR ist, kamen noch einmal 23.000 Euro dazu, die Gebührenzahler werden es schon schlucken. Für den Dienstwagen gibt es 21.000 Euro. Der kann auch explizit für private Zwecke genutzt werden. Die WDR-Direktoren erhalten etwa 200.000 Euro Jahresgehalt. Allein für Piel und die 5 Direktoren werden 1,38 Millionen gezahlt.“

    Leider ist nur der wdr so transparent und gibt diese zahlen bekannt, andere dritte tun das nicht, werden aber sicherlich nicht weit drunter liegen. das ist mehr als die bundeskanzleirin und ähnliche politikhanseln.
    wobei bei den privaten sichterlich noch mehr verdient wird.

    das ist ein punkt, an dem sicherlich die ein oder andere gez-million gespart werden könnte. einfache forderung: gehälter auf 99.999 beschränken und gut ist, dazu noch ein sauber recherchierter bericht des spiegels, wer wie viel in welcher anstalt solche fantasiesummen ausgezahlt kriegt und schwupp ist ein klasse medienartikel da. und druck auf die vorstände der ÖR. warum man so schlechte vprt-propaganda schreibt ist mir nicht erklärlich. das gilt natürlich für jedes andere „qualitätsmedium“ – ehemalige nachrichtenmagazine gibt es ja mehrere, ehemalige qualitätszeitungen auch. wahrscheinlich angst vor der sogenannten neiddebatte. die chefredakteure von spiegel/stern/faz/sz etc.pp. liegen sicherlich in ähnlichen verdienskategorien.

  35. oha, ein update bei der spon-alliterationen-suche ergab ,dass jetzt auch die gehälter des rbb veröffentlicht werden:

    „Demnach erhält Intendantin Dagmar Reim 220.000 Euro im Jahr, ihr Stellvertreter Hagen Brandstäter 175.000 Euro. Programmdirektorin Claudia Nothelle kommt auf 155.000 Euro, Produktions- und Betriebsleiter Nawid Goudarzi 165.000 Euro, der Direktor für Recht und Unternehmensentwicklung, Reinhart Binder, 155.000 Euro“

    wenn ich mir das tagesprogramm der tv-sender im verantwortungsbereich so ansehe, würde ich das gehalt min. halbieren. eine dudelfunk-welle pro anstalt weniger und schwupps kann man sachon über gez-kürzungen zumindest im centbreich nachdenken

  36. @Stefan3: Geht doch aus der Tabelle im Artikel hervor, den Gregor verlinkt hat: 4,07 Mrd. sind die Einnahmen aus den Gebühren, die Differenz zu den genannten 5,37 Mrd sind die Einnahmen aus eigener Vermarktung (inklusive Werbung, Syndikation, DVD-Verkauf etc.).

  37. @Silvio Machunze, #43

    „sicherlich die ein oder andere gez-million gespart werden könnte“

    Warum denn so bescheiden? Bei einem Haushalt von einigen Mrd. sind einige Mill. doch nur Promille-Werte. Es ist doch witzlos, hier zu diskutieren, wo auf der Leitungsebene Einsparungspotential ist. Im realen Leben wird doch nie dort gespart, sondern beim „normalen“ Personal bzw. bei Sachausgaben. Das ist bei den ÖR nicht anders als in den privaten Unternehmen.

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