Blinkend mit Hasen jonglieren: Die „Huffington Post“ und die Inflation der Aufmerksamkeit

Die „Huffington Post“ bietet Bloggern Aufmerksamkeit statt Geld, aber die Aufmerksamkeit, die sie bietet, muss die „Huffington Post“ auch erst selbst generieren. Sie tut das atemlos, pausenlos; die ganze Seite ist wie jemand, der schnipsend, winkend, johlend, Rad schlagend, mit Kaninchen jonglierend, mit gigantischen blinkenden Pfeilen auf sich zeigend vor einem steht.

Dies ist aktuell die Startseite, und zu sagen, dass das ungefähr der unattraktivste und am wenigsten heimelige Ort ist, den ich mir vorstellen kann, geht völlig am Thema vorbei. Die Seite sieht so aus, weil ihre Verantwortlichen wissen, dass genau diese überladene, bewegte, bunte, großbuchstabige Überforderung dafür sorgt, am meisten Aufmerksamkeit und Klicks zu generieren.

Im Inneren lärmt es genau so weiter. Jeder Pups wird zu einer dröhnend stinkenden Riesenflatulenz aufgeblasen. Dies war vor wenigen Minuten die Startseite des Medien-Ressorts:

Wer den Fehler macht, auf das spektakulär klingende Versprechen vom „TREFFEN MIT DEM FEIND“ zu klicken, kommt zu einem Geschichtlein, wonach ein konservativer Journalist auf Twitter erklärt hat, warum er an einem Hintergrundgespräch mit Präsident Obama teilgenommen hat, über dessen Inhalt er nichts sagen darf. Sechs Tweets, die praktisch keine Beachtung fanden, und in ihrer Einleitung dazu muss selbst die „Huffington Post“ zugeben, dass es fast keine Proteste aus der konservativen Ecke gab, für die der Mann sich überhaupt hätte rechtfertigen müssen. Aber eine Aufmachung, als hätte sich Obama mit dem Chef der Taliban getroffen.

Der Medienteil besteht sonst gerade aus:

  • der Meldung, dass eine Korrespondentin CNN verlässt, was eine andere Seite gemeldet hat
  • dem Gerücht, dass der Sohn der Schauspielerin Mia Farrow bei MSNBC anfangen könnte, was eine andere Zeitung gemeldet hat
  • einigen Sätzen von Alec Baldwin, dass er zunächst gar nicht so scharf darauf war, für MSNBC zu arbeiten, was er einer anderen Seite gesagt hat
  • einer Meldung über Einschaltquoten, die auf einer anderen Seite gestanden haben
  • einem Video von einer Diskussion auf MSNBC
  • einem Zitat aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk NPR
  • einer AP-Meldung über Journalisten, die in Syrien festgehalten werden
  • einer Meldung, dass die Berichterstattung über die Präsidentschaftswahl 2016 schon jetzt extrem umfassend ist, was eine Studie ergab

Hinter der vielversprechenden Schlagzeile „The Ultimate Example Of The Power Of The Press“ verbirgt sich eine Reuters-Meldung, wonach der iranische Verhandlungsführer im Atom-Streit sich über den Bericht einer Hardliner-Zeitung so sehr geärgert habe, dass er physische Schmerzen bekam und sich im Krankenhaus untersuchen ließ. Mit der Original-Überschrift der Nachrichtenagentur („Hardline newspaper report sends Iran foreign minister to hospital“) ist natürlich kein Blumentopf zu gewinnen.

Die Beobachtung, dass Obama bei einer Pressekonferenz nur Journalisten von kleineren Medien aufrief und nicht die großen, führt in der „Huffington Post“ zur nicht weiter erklärten Teaser-Zeile: „SHUT OUT“.

Und auch der (aus einem anderen Medium abgeschriebenen) Beobachtung, dass eine bekannte MSNBC-Journalistin bei einem Vortrag vor Studentinnen und Journalistinnen einer jungen Frau womöglich einen Kontakt zum Sender verschafft hat, verschafft die „Huffington Post“ die angemessene größtmögliche Beachtung.

Das wird alles, gemessen an Aufmerksamkeit, wunderbar funktionieren. Der designierte Chefredakteur der deutschen Ausgabe der „Huffington Post“, Sebastian Matthes, erzählt auch stolz, dass man im Redaktionssystem mehrere alternative Überschriften und Bebilderungen anlegen kann und dann sieht, welche besser geklickt und verlinkt wird.

Wenn man erfolgreich auf einen Artikel gelockt wurde, ist es damit natürlich nicht getan. Zu fast jedem Stück gehört eine Bildergalerie oder ein Video, locken Dutzende weitere Teaser, laden Symbole zum Twittern, E-Mailen, Teilen, Kommentieren ein. Ich soll den Autoren folgen, Themen abonnieren, Newsletter bestellen, das Ressort liken, es bei Reddit unterbringen, die regelmäßig vierstellige Zahl von Kommentaren zum Text lesen. Die ganze Seite brüllt: Mach mit! Tu was! Komm hierher! Schau hierüber! Klick das!

Das ist vermutlich vorbildlich und unzweifelhaft erfolgreich, gemessen an einer einzigen Währung: Aufmerksamkeit.

Die „Huffington Post“ ist Meister darin, Aufmerksamkeit zu generieren und sich von anderswo generierter Aufmerksamkeit einen möglichst großen Teil abzuzwacken. Die eigentlich entscheidende Frage, worauf diese Aufmerksamkeit gerichtet ist, tritt hinter der Frage, wie man sie steigern kann, völlig zurück. Aufmerksamkeit ist ein Wert an sich. Hey: Boris Becker, der Mann, von dem man wirklich schon lange nichts mehr gehört und gelesen hat, wird der erste Blogger der an diesem Donnerstag startenden „Huffington Post Deutschland“. Hurra!

Das kann man natürlich alles machen, das ist auch nicht der Sargnagel im deutschen Journalismus. Ich glaube nur, dass der hiesigen Medienlandschaft kaum etwas weniger gefehlt hat als eine solche Windmaschine. Es spricht viel dafür, dass die deutsche „Huffington Post“, wie ihr amerikanisches Vorbild, für Menschen, die guten Journalismus und einzigartige Inhalte suchen, ein eher unwirtlicher Ort wird.

Und dann ist es schon bemerkenswert, wie schwer sich selbst die „Huffington Post“ noch damit tut, die ganze Aufmerksamkeit, die sie erfolgreich generiert, in Geld umzuwandeln. Nach Berechnungen des „Handelsblatts“ schreibt sie international rote Zahlen. Auch Aufmerksamkeit ist eine Währung, die unter Inflation leidet.

81 Replies to “Blinkend mit Hasen jonglieren: Die „Huffington Post“ und die Inflation der Aufmerksamkeit”

  1. Na, was soll bei einer Kooperation von AOL und einer Burda-Tochter wohl schon anderes herauskommen als ein in schwarzen bis bunten Lettern geklöppeltes Marktschreier-Eichhörnchen mit nebelhornartiger Flüstertüte auf einer ungesunden Mischung aus MDMA und Sildenafil?

  2. Journalisten und Verlagsmanager sind sich ausnahmsweise einig darin, daß sie eines nicht wahrhaben wollen: Medien werden zum ganz überwiegenden Teil zur Unterhaltung genutzt. Journalistische Qualität spielt nur bei einem geringen Teil des medialen Angebots eine Rolle.

    Nur relativ wenige Leute suchen online „guten Journalismus“, den es ja durchaus gibt. Sehr viele andere hingegen sind mit SPON oder eben der HuffPost gut bedient, wenn sie im Büro mal eben wieder 10 Minuten überbrücken müssen.

    Was soll als nächstes kommen? Die Klage, daß es auf http://www.aral.de keinen guten Journalismus gibt?

  3. “ Profitabel sei die „HuffPo“ nur unmittelbar vor der Übernahme durch AOL gewesen, so Iwersen. Damals strich Arianna Huffington 310 Millionen Dollar Verkaufserlös ein.“

    BWAHAHA! Was für ein böser-böser Autor.

    Psst: übrgens wird der neue DiLorenzo der HuffPo Cherno Jobatey who ever das sein sein soll. Die Arianna dachte hndertprozent an den Obama-Effekt, so wie ich sie einschätze.

  4. Danke für diesen nüchternen Ordnungsruf. Die HuffPo hat, wie jedes andere Medium auch, eine Existenzberechtigung. Ob sie nun aber der Heilsbringer für alle Blogger und der Unheilsbringer für alle Journalisten ist, das wage ich zu bezweifeln.
    Unweigerlich muss man zu dem Mann mit den jonglierenden Hasen schauen. Aber die Frage ist, wie nachhaltig ist das? Es ist nicht immer originärer Content der die Leute auf eine Webseite zieht. Aber es ist orginärer Content der sie zurückkommen lässt und der sie eine Beziehung zu der Seite aufbauen lässt. Ob die Inhalte so interessant sind, wird sich zeigen.
    Die Autoren von denen ich bisher gehört habe, hauen niemand vom Hocker. Wenn überhaupt, dann lese ich lieber über Boris Becker als von ihm. Ergo: da geh ich fast lieber zu denen, die das erfunden haben mit dem Blinkecontent.

  5. Ich habe in diesem Jahr die letzten beiden Tage der Wimbledon-Berichterstattung bei der BBC gesehen. Da hab ich von Boris Becker eigentlich schon genug für die nächsten zehn Jahre mitbekommen. Ausgerechnet wegen ihm werde ich die Huffington Post bestimmt nicht besuchen.

    Der Moderationskartenvorleser als Chef ist natürlich ein weiterer Grund die Sache SEHR kritisch zu sehen.

  6. Während der Erstellung meiner Bachelor-Arbeit hab ich mich auch mit der (US-Ausgabe der) HuffPo beschäftigt. Prägend für mich war dabei ein Artikel auf den ich stieß, mit der Headline: „Pissoirs werden europaweit abgeschafft.“ Im Artikel selber waren gar keine ernst zu nehmenden Informationen zu finden, bis auf ein Zitat eines deutschen Urologen, der behauptete, dass im Sitzen pinkeln gesünder sei.
    Ich will nicht wissen wie viele Amerikaner diesen Quatsch glauben. Ich jedenfall habe beschlossen diese Seite nie wieder zu besuchen. Und was das erfolgreiche Geschäftsmodell der HuffPo angeht, hoffe ich in Deutschland auf den Walmart-Effekt.

  7. Kann man an der Stelle ja mal wieder ausgraben: die Colbuffington Re-Post:

    http://www.colbertnation.com/colbuffingtonre-post

    Wer fremde Inhalte einbettet, der wird selber eingebettet. So.

    Ansonsten dachte ich ja lange Zeit, der der deutsche Ersatz der HuffPo wären die „Deutschen Wirtschafts Nachrichten“, die ihren abgeschriebenen substanzlosen Katastrophismus ins Netz kippen. (Heute nacht soll mal wieder die Welt untergehen, sagen sie.) Mal sehen, ob die sich ein Wettrennen im Marktschreien, ohne etwas zu verkaufen zu haben, liefern.

  8. Sollte das Ding nicht heute starten? Auf huffingtonpost.de kriege ich nur eine Log-In-Aufforderung, keinen schnipsenden, johlenden Kaninchenjongleur.

  9. Verliert HuffPo eigentlich mittlerweile an Reichweite? Schließlich blinkt Buzzfeed mit noch mehr Katzenbildern?

    Sogar Jon Stewart hat die Seite, nachdem er sich vor Jahren ab und an über die völlig übergeigten Überschriften zu seiner Sendung wunderte, offenbar als nicht satisfaktionsfähig und zu langweilig abgelegt.

    Ach ja: Für HuffPo Deutschland sollten sie eine strategische Partnerschaft mit den Deutschen Wirtschafts-Nachrichten überlegen. Atom-Apokalypse und Jutta Speidels Apfelkuchen. Wer klickt da nicht?

  10. Ich glaube, dass Mediendeutschland von der deutschen HuffPo profitieren wird. Endlich müssen wir nicht immer nur fabulieren, ob ein deutsches Buzzfeed, eine deutsche HuffPo, ein deutsches Mashable erfolgreich wäre… Nein, jetzt können wir schauen, ob Deutschland derartigen Journalismus möchte. Aus der HuffPo-Erfahrung können alle deutschen Medienschaffenden etwas lernen – selbst dann, wenn wir ihr beim schon jetzt prophezeiten Untergang zuschauen.

  11. Gut dass Sie das angesprochen haben; leider nicht nur in HP Problem, sondern es schleicht sich zunehmend auch in deutsche Medien. Zeit etwa positioniert zunehmend tweets in den Lauftext, verzichtet aber nicht darauf, dessen Inhalt nochmal vollständig zu wiederholen.

    Hoffentlich sind das nur Test im Umgang mit dem #Neuland.

  12. Danke für den Link auf W&V Online. Ist mir fast unangenehm, weil ich ja eigentlich nur den Print-Artikel des „Handelsblatts“ zitiert habe. Quasi HuffPo-mäßig, wie Thomas Knüwer auch gleich angemerkt hat…..Niggemeier-Link freut uns trotzdem.

  13. Ich möchte es bitte knallrot im Kalender angestrichen haben: Ich bin zum ersten Mal bis ins I-Tüpfelchen der Meinung des Hausherrn. ;o))
    Und zu Boris Becker…
    Gestern auf dem Roten Sofa von DAS! – BB und unser liebster blonder Moderator. Leider noch nicht online.
    Das Geschwafel hat selbst mein Mann ausgemacht. Und der ist beim Fernsehen schon ziemlich schmerzfrei.

  14. @Tim: 99% von nichts sind auch nichts.

    Fakt ist, dass es für sehr viele Nutzer eine Notwendigkeit gibt für eine zentrale Anlaufstelle, was denn im Netz so los ist. Der wichtigste Faktor ist Aktualität und umfassende Einbindung der Inhalte, die für den jeweiligen Nutzer interessant wären.
    Es ist traurig, dass das im Nachrichtenbereich ausgerechnet von SPON geleistet wird (nicht die Einbindung, aber die Aktualität).
    Und: Wer viel verspricht, die ganz große Glocke läutet und wenig hält, ist im Netz bald Geschichte. In Deutschland legen viele noch Wert auf Seriösität. Große Buchstaben in knalligen, blinkenden Farben, reißerische Überschriften ohne Inhaltswert und Werbung, dass es wehtut, sorgen nicht für Nutzerbindung. Aber: Schaun wir mal.

  15. Ist mir was entgangen oder hat HoffPo tatsächlich keine Werbung im Vorfeld gemacht? Selbst bis zum Start um 10.10 Uhr war mir die URL nicht bekannt. Und auf huffingtonpost.de gabs nur eine kryptische Eingabeauffforderung. Wahrscheinlich das Frontend für die Blogger. Gute Onliner hätten hier zumindest eine Teaser-Landingpage hingebastelt.

    Da frag ich mich doch, bei aller Aufmerksamkeitshascherei, wie soll diese dann generiert werden? Die Conversion aus Printbeiträgen funktioniert bekanntermaßen nicht.

    So bleiben nur drei Möglichkeiten:
    a) Man will zum Start keinen Serverabsturz riskieren (so aber läuft die Kiste ungenutzt trocken)
    b) Der Marketing-Etat ist zu klein bemessen (der Rest ist schon teuer genug, vor allem die Autorenhonorare)
    c) Selbst die stark rabattierten Konzernbuchungen auf den Burda-Sites werden nur below-fold oder im „Nachtprogrammm“eingeblendet. Dann lässt’s man lieber. Denn die normalen Kunden als Hauptzahler gehen vor. (Nur money counts). Burda steht also selbst nicht dahinter. Und die TOFAG muss schon jetzt die Reichweitengarantien zurückschrauben.

  16. Die ganze Diskussion kommt mir vor wie ein Lager-Koller, der niemanden interessiert. Bis auf ein paar Darsteller. Lasst die Jungs doch mal ausprobieren!

  17. Ich oute mich mal als regelmäßiger HuffPost-Leser – ich verstehe ja, dass sie nicht viel mehr als ein besonders groß angelegter Content-Aggregator ist, aber es ist nicht vollkommen unmöglich, die aufmerksamkeitsheischenden und irreführenden Schlagzeilen zu ignorieren und das übrige entsprechend ihrem Gehalt einzuordnen.

    Wenn ich z.B. erst mal bewusst in Kauf nehme, dass hinter der Schlagzeile „TREFFEN MIT DEM FEIND“ nur irgendeine Bagatelle, ein lausiger Tweet von jemandem, der eigentlich nichts zu melden hat, steckt, dann wäre der Denkprozess natürlich immer noch kürzer, wenn der Artikel „ehrlich“ überschrieben ist – inzwischen habe ich allerdings eine regelrechte Allergie gegen diese Superlative entwickelt und erwische fast immer jener „Artikel“, die ein Konglomerat besserer Artikel sind.

    Was ich sagen will, ist (glaube ich…), dass der Sensationalismus der Huffington Post ordentlich beim Fithalten meines Urteilsvermögens mithilft.
    Ich denke nicht, dass man das 1:1 auf die Bildzeitung übertragen kann, da diese vom politischen Inhalt her noch viel dünner und, ich nenne es mal „voreingenommen“, ist.

  18. @26, Nobilitatis: Angesichts des enormen Erfolges von bild.de würde ich Ihre Aussage

    Wer viel verspricht, die ganz große Glocke läutet und wenig hält, ist im Netz bald Geschichte. In Deutschland legen viele noch Wert auf Seriösität. Große Buchstaben in knalligen, blinkenden Farben, reißerische Überschriften ohne Inhaltswert und Werbung, dass es wehtut, sorgen nicht für Nutzerbindung

    bezweifeln, ebenso, dass SpON hier der führende Anbieter ist, je nach Denifinition von „führend“.

    Andererseits macht mir das den Start von Huffpo de e erträglicher — dass es der BILD Leserschaft (und zahlende Kundschaft?) entziehen dürfte. Meines Feindes Feind und so.

  19. Cherno J war der einzige Morgenmagazinmoderator, der wirklich müde war, gähnen musste. Sympathischer allemal als die ganzen anderen unnatürlich hyperaktiven Gutelauneverbreiter…

  20. der Vergleich mit der BILD hinkt mM gewaltig. Die Bild hat eine Agenda, die menschenverachtend, misogyn, homophob etc. ist. Das hat die Huffington Post nicht, die versuchen „nur“ ihr Geschäftsmodell zu optimieren, indem sie als Aggregator auftreten.

  21. „Protzbischof unter Druck“. Stilistisch ist da aber kein Unterschied zu „Bild“ erkennbar, oder?

    Wenn ich sowas lesen will, gehe ich tatsächlich auf bild.de. (Ich will sowas aber nicht lesen.)

  22. Das beste an der HuffPo ist der erste Aufmacher, für den sie sich eine Umfrage hat machen lassen. Was für ein grandioser Schwachsinn: „Regiert endlich!“ und „Schwierige Sondierungsgespräche: Jeder dritte Deutsche will Neuwahlen“. Das gefragt an einem Tag (8.10.), als das zweite (!) Sondierungsgespräch noch zwei Tage entfernt war. Der neue Bundestag ist noch nichtmal zusammengetreten, ach, undsoweiterundsofort. In dieser Phase mit riesigen Lettern so zu tun, als würde das alles mit der Regierungsbildung viel zu lange dauern, weist eine derartige Unkenntnis demokratischer Prozesse nach – es ist eine Freude.

  23. Wird eng für die BILD Online würde ich sagen.
    Ähnlich aufgemachte Inhalte, vielleicht doch etwas mehr Interessantes, dazu etwas weniger deutsch-konservative Propaganda und nicht ganz so flächendeckende Blinke-(Eigen-)Werbung…

  24. @38, genau das habe ich auch gedacht.

    Man schaut zum ersten Mal auf die deutsche HuffPo, und schon nach einer Sekunde blickt man in einen Abgrund aus Sensation und Blödheit.

    „Regiert endlich!“, was für ein Schwachsinn.

  25. Danke, HuffPo: Jetzt weiß ich endlich , dass ich mein Iphone mit Kopfbewegungen steuern kann…
    Himmelhilf..was soll man denn mit dieser Seite?
    Ist zudem für die Arbeit total ungeeignet, da sieht ja sofort jeder dass man nix Gescheites macht..tststs
    Ich denke bei der FAZ und Co. hätten sie sich diesen Quatsch nicht besser ausdenken können, an dem Teil werden sie sicher nicht scheitern.

  26. „Blinkend mit Hasen jonglierend“ – ein bildkräftigeres Synonym für die „HuffPo“ wird nach Niggemeier wohl kaum noch einer liefern können. Weil es mit diesen vier Worten auch den Inhalt umfassend beschreibt. Danke, Stefan Niggemeier! Womit NICHT gesagt sein soll, dass so etwas keiner braucht und es deshalb keine Daseinsberechtigung hätte. BmHj – DAS Kürzel zur Einordnung in die Medienwelt.

  27. Wenn es blinkt und dröhnend stinkt,
    weil ein Wildschwein singt
    und wenn das bedingt,
    dass mensch gleich entdeckt,
    dass ihm das nicht schmeckt.
    und er drauf aneckt,
    ist das nicht genial.
    Nur multimedial.
    Alle Sinne sind bedient
    und Burda hat noch was verdient.

  28. Volle Zustimmung, Herr Niggemeier.

    Der Inalt der dt. Huffington ist dürftigst. Die US-amerikanische Zeitungskultur mag großartig gewesen sein und ist es sicher immer noch.

    Aber dieses dramatisch auftretende und um Aufmerksamkeit heischende Angebot namens Huffington Post ist jedoch recht dürftig und hat mit interessantem und relevantem Journalismus leider recht wenig zu tun (so ist heute der Aufmacher ein Artikel von René Obermann zu Vernetzung und Bandbreiten … maW: PR).

    Immerhin ist die Seite angenehmer als Bild.de zu lesen, wenn auch kaum tiefgehender. Jedoch im Vergleich zu Zeit.de oder SPON ist das ein … nun ja, Witz. Viel Wind um recht wenig.

  29. Gerade mal auf der deutschen „HuffPo“-Seite gewesen… Warum ist der Inhalt zentriert aufgebaut, sodass links und rechts nur Leere ist? Eine Schlagzeile, die so groß in „Arial“ geschrieben ist, dass man sie erst lesen kann, wann man 10 Meter zurück geht.

    Bei meinem Bildschirm geht die Hauptseite deswegen bei der aktuellen Schlagzeile nur bis zum Kinn von Herrn Obermann. Nee danke, tschüss „HuffPo“.

  30. … und morgen: „Todesstrafe aus Opfersicht – Interviews mit Hingerichteten“

    Würde zum reißerischen Stil passen.

  31. Ich habe die US-HP nur ein paar Mal besucht und mich nach den ganzen Berichten in sämtlichen Medien auf eine wirklich interessante Seite gefreut. Als ich dann heute morgen die vielen, verschiedenfarbigen Texte und die hohlen Versprechen in den Überschriften entdeckt hatte, war mir nach wenigen Minuten schon unwohl und ich werde so schnell wohl nicht mehr zurückkehren.
    Aber ok, ist dann eben keine Seite für mich, sondern für Leute, denen gerade die News auf GMX und BILD ausgehen.

  32. @Anderer Gregor, #30: Sie bezweifeln relativ argumentationslos.
    a) Behaupten Sie damit, die entsprechenden Elemente führen doch zu Nutzerbindung?
    b) Wer ist denn sonst der „führende Anbieter“ in punkto Aktualität, Aufbereitung, umfassende Information etc.? Sparteninformation gibts an anderer Stelle, aber einen Überblick, was so los ist?

  33. […]Es spricht viel dafür, dass die deutsche »Huffington Post«, wie ihr amerikanisches Vorbild, für Menschen, die guten Journalismus und einzigartige Inhalte suchen, ein eher unwirtlicher Ort wird.[…]

    Das kann ich so nicht unterschreiben. Ich kenne viele, die gern und gut recherchiert schreiben, die sogar versucht haben, mit Artikeln auf eigenen Blogs Leser zu erreichen und für ihre Interessen zu begeistern, denen es bisher aber schlicht und ergreifend an genau der Reichweite fehlte, die die HP jetzt anbietet.
    Ich will der Huffington hier keine journalistische Qualität andichten, die die meisten deutschen Leser suchen – und häufig auch in etablierten Medien verzweifelt suchen – aber man sollte Amateur-Schreiberlingen oder Halbtags-Journalisten ihre Fähigkeiten bzw. deren Artikeln die Qualität auch nicht pauschal aberkennen.

  34. @47 + 48

    Vielleicht erstmal den ganzen Artikel lesen bevor man sich künstlich über die Überschrift aufregt.

    Oder wenigstens den Schlusssatz

  35. @58: Wenn es keinen Grund gibt, auf die Seite zu gehen, kann man da auch nix finden. So schlecht, wie die Homepage und die Eigenartikel sind, kann dieses HuffPo-Konstrukt überhaupt nur eine Chance haben, indem der eine oder andere Blogger-Text von anderswo her verlinkt wird und damit Traffic auf die Seite zieht.

  36. […] Stefan Niggemeier analysiert den Nachrichtenmix der US-Huffpo und  kommt (meine Formulierung) zu dem Ergebnis, dass es such um eine Klickstrecke aus aufgeplusterten und anderswo herstammenden Non-News handelt. Die Huffpo giert mit allen Mitteln nach Aufmerksamkeit und wir erfahren, dass sie dem Handelsblatt  zufolge weltweit rote Zahlen schreibt (sagt W&V, digitale Schnitzeljagd ). […]

  37. Lieber Stefan Niggemeier, es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass Sie im Zusammenhang mit der HuffPo von der „Inflation der Aufmerksamkeit“ sprechen und es in dem korrespondieren Artikel bei faz.net sogar heißt: „Das Erfolgsmodell, für Journalismus nichts zu bezahlen, scheint nicht mehr aufzuhalten.“ Komisch daran finde ich, dass Sie dies einerseits für Ihren eigenen Blog schreiben, an dem Sie nichts verdienen, der Ihnen aber sehr viel Aufmerksamkeit sichert, und andererseits für faz.net, die Ihnen dafür Geld zahlen, dass Sie ihnen einen Konkurrenten vom Hals halten. Eine vertrackte Gemengelage, in der Sie da stecken. Ist ja auch eine blöde Situation für einen Prime Mover, wenn die anderen auf einmal hinterherkommen und das eigene Geschäftsmodell trivialisieren.
    Denn genau das passiert gerade: Eine erste Generation von seriösen Bloggern, deren einzige Währung in der Tat die Aufmerksamkeit war, ist inzwischen dort angekommen, wo ihre Arbeit (noch) bezahlt wird. Von diesem Ort aus sehen Sie jetzt zu, wie die nachfolgende Generation eigentlich dasselbe macht wie Sie, nur dass die alten Medien inzwischen gelernt haben, wie der Hase läuft. Würde mich freuen, wenn Sie diese Zusammenhänge bei Gelegenheit mal mit reflektieren könnten…

  38. „Die ganze Seite brüllt: Mach mit! Tu was! Komm hierher! Schau hierüber! Klick das!“

    Das ist es wohl auf den Punkt gebracht: Ein Regenbogen Mitmachblatt und eine gute Alternative zur Bildzeitung. Ich verstehe die Empörung nicht. Oder geht es darum, sich einfach zu empören, über die oberflächliche Journaille aus dem Hause Burda? Oder sind hier einige Leute angepisst, dass sie zum lauch nicht persönlich geladen waren und von einer 15m Limo abgeholt wurden? Null Toleranz. 100% Arroganz. Unterm Strich: billig!

  39. @62:
    Die Theorie krankt daran, dass Stefan Niggemeier schon lange vor seiner Blogger-Karriere gute Posten als Medienjournalist bekleidete. (Siehe Wikipedia)

    Mein persönliches Problem mit der deutschen HuffPo ist i.Ü. nicht, ob Blogger bezahlt werden oder nicht, sondern dass die Artikel schlichtweg lieblos zusammenschustert und die Überschriften zum Teil glatt gelogen sind. Etwa wenn aus der reinen Tatsache, dass die Rom-Reise des Limburger Bischofs storniert wurde, der Aufmacher „Protz-Bischof versetzt Papst“ gemacht wird.

    Ich weiß nicht, ob das so etwas wird: Die HuffPo drängt sich ungelenk in eine Nische, die Bild.de seit Jahren erfolgreich besetzt hält. Das könnte schwierig werden.

  40. @64:
    Gute Posten sind das eine, aber es gibt auch noch so etwas wie das symbolische Kapital. Und das dürfte SN zum größten Teil über den Bildblog und eben diesen Blog hier erwirtschaftet haben (beide mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet ), – mit zwei Angeboten also, die kostenlos sind. Die Rechnung, etwas gratis zu geben (die genannten Blogs) und dafür etwas anderes zu bekommen (symbolisches Kapital, Aufmerksamkeit), hat in seinem Fall also glänzend funktioniert (und ja, er ist außerdem auch noch gelernter Journalist). Daher halte ich es im besten Fall für zu kurz gedacht, im schlimmsten Fall aber für unredlich, wenn er jetzt genau diese Rechnung als Wurzel des Übels ausmacht. Denn es wird dabei übersehen (verschleiert?), dass sein Erfolg Teil der genannten Entwicklung ist. Jeder Redakteur, der kostenlos Inhalte haben will, kann sagen: „Sehen Sie sich doch den Niggemeier an, der stellt seine Sachen auch gratis ins Netz und ist damit erfolgreich“. Es ist natürlich nicht SNs Schuld, dass Leute so argumentieren, aber er sollte zumindest wissen, dass es so ist – und dieses Wissen sollte dann auch in die entsprechenden Texte einfließen. So viel Selbstreflexion erwarte ich halt von einem gelernten Journalisten…

  41. Auch „Journalist des Jahres“ ist der Hausherr hier nicht wegen seiner guten Posten geworden:

    „Der Medienjournalist Stefan Niggemeier ist der «Journalist des Jahres» 2007. Diesen Titel verlieh ihm die Fachzeitschrift «Medium Magazin» am Mittwoch. Aus Sicht der Jury habe Niggemeier mit seinem Weblog «ein Zeichen für Qualitätsjournalismus im Internet» gesetzt.“

    http://www.netzeitung.de/medien/842791.html

  42. @SvenR:
    Verzeihung. War ein Mittags-Schnellgedicht. Der Text von Stefan regte ja alle Sinne an und auf. Leider auch meinen Unsinn. Soll nicht wieder vorkommen. Zur Wiedergutmachung den Text für alle Sinne von Meister Goethe.

    „Du wirst, mein Freund, für Deine Sinnen
    in dieser Stunde mehr gewinnen
    als in des Jahres Einerlei.

    Was Dir die zarten Geister singen,
    die schönen Bilder die sie bringen,
    sind nicht ein leeres Zauberspiel.
    Erst wird sich dein Geruch ergetzen,
    dann wirst Du deinen Gaumen letzen,
    zu guter Letzt entzückt sich dein Gefühl…“

  43. @65 (Thorsten Krämer): Wo hat SN die Rechnung „gratis schreiben gegen Aufmerksamkeit“ als Wurzel des Übels ausgemacht? Mir scheint, Sie schieben ihm hier eine Meinung unter, die ich von ihm so noch nicht wahrgenommen habe.

  44. Ein paar Zitate aus dem HuffPo-Artikel auf faz.net – auf den ich bewusst nicht verlinke, um die Leistung dieser Zeitung zu schützen ;-)

    „Das Erfolgsmodell, für Journalismus nichts zu bezahlen, scheint nicht mehr aufzuhalten.“

    „Aber hinter der Debatte um das Geschäftsmodell der „Huffington Post“ steckt eine größere Entwicklung im Medienbereich: Aufmerksamkeit ersetzt zunehmend Geld als Zahlungsmittel.“

    Besonders heikel finde ich die folgende Passage:

    „Natürlich hat die Währung Aufmerksamkeit einen realen Wert, und oft ist er groß genug, dass es sich lohnt, ein solches Angebot anzunehmen. Das gilt aber insbesondere bei Menschen, die nicht vom Journalismus zu leben versuchen. Die schreiben, um sich einen Namen zu machen, von dem sie dann in einem anderen Beruf profitieren, mit dem sie Geld verdienen: etwa als Berater, Verkäufer, Lobbyisten oder Politiker. Journalisten hingegen sehen sich plötzlich damit konfrontiert, dass ihnen an jeder Stelle Aufmerksamkeit angeboten wird, aber immer häufiger die Möglichkeiten fehlen, sie in Euro umzutauschen.“

    „freie Journalisten klagen über erbärmliche Honorare und sinkende Bereitschaft von Auftraggebern, Kosten zu übernehmen.
    Aber es steht günstiger Ersatz für sie bereit, in Form von Menschen, die ein anderes Interesse haben, über ein Thema zu berichten als das, mit professionellem Journalismus Geld zu verdienen. So berichtet in der Zeitung dann der Veranstalter gleich selbst über seine Veranstaltungen, die Grenzen zwischen Bürgerreportern und Journalisten geraten ins Fließen, der Wert von Journalismus sinkt.“

    Reicht das als Beleg?
    Was mir besonders übel aufstößt, ist diese Abgrenzbewegung gegenüber „Menschen, die nicht vom Journalismus zu leben versuchen“ – vulgo: Hobbyjournalisten. Wessen Pfründe verteidigt SN da? Wie kann man in solcher Weise eine Entwicklung kritisieren, deren Teil man war – und meiner Meinung nach sogar mit katalytischer Wirkung?

  45. Noch mal zugespitzter formuliert: Wenn ich als Journalist einen Teil meiner Arbeit kostenlos anbiete, um damit Aufmerksamkeit zu erzeugen, was dazu führt, dass ich bezahlte Aufträge bekomme, Preise erhalte, zu Vorträgen eingeladen werde usw., dann ist das in Ordnung. Aber wenn ich meine Texte kostenlos anbiete, um die damit gewonnene Aufmerksamkeit dann auf andere Weise in bare Münze umzuwandeln, dann trage ich zum Untergang des seriösen Journalismus bei. Diese Logik müsste mir mal jemand genauer erklären.
    (Es sei denn, es geht nur ums Journalisten-Diplom. Dann könnte man sich aber auch den ganzen Umweg über die „Gratis-Mentalität“ sparen…)

  46. @69 (Thorsten Krämer): Ich ahne, warum sie aus diesen Textstellen Kritik daran herauslesen, dass das Modell „gratis schreiben gegen Aufmerksamkeit“ eine weitere Verbreitung findet.

    Ich lese dieselben Stellen aber anders: Für mich scheint SN eher neutral darüber zu berichten, dass diese weitere Verbreitung stattfindet, ohne sie als grundlegend gut oder schlecht zu bezeichnen. Er zeigt einige aktuelle Konsequenzen auf (z.B. dass dies manchen Journalisten finanziell weh tut und dass es zu einer Verschiebung der Interessen führt).

    Vielleicht denke ich zu gut von SN, aber mir scheint, er beobachtet dies alles, sieht sowohl Gutes als auch Schlechtes darin und sucht vielleicht noch selber für sich nach einem Urteil, wie er zu dem ganzen stehen soll.

  47. Empfehlenswerte Lektüre: Ryan Holiday – Trust me, I’m lying. Im Buch beschreibt er, wie er selbst (u.a.) für American Apparel das System „HuffPo“ / Politico etc. ausgenutzt hat. Ernüchternd und spannend.

  48. Bin aus einer vierwöchigen Krankheitspause zurück und habe dank Ihres Beitrages das Gefühl nichts verpasst zu haben. Also danke!
    Aber was hat Huffington dazu geführt, sich als deutschen Partner Burda zu suchen? Weil das Haus gerne was mit Internet macht? Ist Huffington in den USA nicht „linksliberal“ angesiedelt, also quasi „kommunistisch“? Und hat jetzt „Focus“ geheiratet? Es ist also wirklich alles zu kaufen? Nee, da will ich möglichst weit weg von sein ….

  49. “Who are you ?”
    No. 2: “I am Number 2.”
    The Prisoner: “Who is Number 1 ?”
    No. 2: “You are Number 6.”
    Number 6: What do you want?
    Number 2: We want information.
    Number 6: Whose side are you on?
    Number 2: That would be telling. We want information… information… information.
    Number 6: You won’t get it.
    Number 2: By hook or by crook, we will.

    :)

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