Corinna Schumachers Bitte um Ruhe und die grenzenlose Ungemeintheit der Medien

Der „Spiegeltest“ ist bekanntlich ein psychologisches Experiment, mit dem die Selbstwahrnehmung von Menschen oder Tieren untersucht wird. Man konfrontiert ein Lebewesen mit seinem Spiegelbild und sucht nach Anzeichen, dass es sich selbst erkennt. Orang-Utans, Schimpansen und zweijährige Kleinkinder bestehen den Test in der Regel; Katzen, Hunde und Journalisten scheitern an ihm.

Am Dienstagvormittag hat die Frau des schwer verunglückten Michael Schumacher die Journalisten in einer Erklärung aufgefordert, die Klinik zu verlassen, damit die Ärzte dort in Ruhe arbeiten können. Corinna Schumacher appellierte an die Medien: „Bitte lassen Sie auch unsere Familie in Ruhe.“

(Die Nachrichtenagentur AFP hielt das für so brisant und dringlich, dass sie gleich eine Eilmeldung daraus machte: „Corinna Schumacher fordert Journalisten zum Verlassen der Klinik auf.“ Es ist die neunte Eilmeldung von AFP über Schumacher seit dessen Sturz vor zehn Tagen:

  • Schumacher erlitt schweres Schädel-Hirn-Trauma (Ski-Station)
  • Krankenhaus: Schumacher bei Einlieferung in Grenoble im Koma
  • Schumacher schwebt weiter in Lebensgefahr
  • Ärzte: Michael Schumacher nochmals operiert
  • Managerin: Schumachers Zustand über Nacht „stabil“ geblieben
  • Ermittlerkreise: Polizei beschlagnahmt Schumachers Helm-Kamera
  • SID: Schumacher zeigt leichte Zeichen der Besserung
  • Corinna Schumacher fordert Journalisten zum Verlassen der Klinik auf
  • Schumachers Helmkamera lief zum Unglückszeitpunkt

Vermutlich läuft AFP in diesen Tagen ein bizarres Agenturen-Wettrennen um die größte Zahl an Schumacher-„Eilmeldungen“.)

Jedenfalls beklagt sich Corinna Schumacher also öffentlich darüber, dass Journalisten das Krankenhaus belagern und ihre Familie belästigen. Wäre das nicht ein Moment für Medien, die diese Nachricht erhalten, sich kurz verwirrt umzuschauen und dann zu fragen: „Hö? Meint die uns?“

Aber nein. Weiß der Himmel, was das für Medien sind, die Frau Schumacher meint, schlimme, böse Medien, die ihre Familie nicht in Ruhe lassen, komm, wir machen schnell einen Artikel daraus und bebildern ihn mit einer Auswahl der vielen, vielen Fotos, die die Familie Schumacher beim Betreten des Krankenhauses heute, gestern, vorgestern zeigen und auf irgendeine Weise in unser Redaktionssystem gekommen sind. Ach guck mal, die Fotogalerie war schon vorbereitet? Und: veröffentlichen!

Nun verstehe ich grundsätzlich nicht, warum vermeintlich seriöse Agenturen Fotos davon machen, die die Angehörigen von Michael Schumacher beim Betreten oder Verlassen des Krankenhauses zeigen. Und ich verstehe nicht, warum vermeintlich seriöse Medien diese Fotos veröffentlichen.

Dass die Hyänen von „Bild“ das machen, klar. Aber haben wir als Öffentlichkeit wirklich einen Anspruch darauf, den Familienmitgliedern ins Gesicht zu sehen, wenn sie sich auf den Weg machen, ihren im Koma liegenden Angehörigen zu besuchen? Die Frage ist gar nicht so sehr, ob wir das dürfen. Wollen wir das? Wollen wir, dass die Frau und der Bruder und der Vater von Michael Schumacher jeden Tag durch einen dichten Pulk von Fotografen müssen, die sie bei diesem Gang ablichten?

Es scheint einen breiten Konsens in den Medien zu geben, dass wir das wollen und dürfen und dass Familie Schumacher das eben gefälligst aushalten muss.

Und nun kommt die Meldung, dass Frau Schumacher darum bittet, ihre Familie in Ruhe zu lassen. Wäre das nicht ein guter Moment zu sagen: Lass uns das nicht auch mit einer Klickstrecke mit Fotos von der nichtinruhegelassenen Familie bestücken, wenigstens diesen einen Artikel nicht?

Aber nein.

„Andere nahe Verwandte neben Schumachers Frau sind nach Grenoble gereist“, steht unter einem entsprechenden, nun ja: Schnappschuss in der entsprechenden eingebauten Bildergalerie bei „Spiegel Online“: „Sein Vater Rolf vor der Klinik, in der sein Sohn um sein Leben ringt.“ Davor in der Klickstrecke: Der Bruder, die Ehefrau. Darüber die Überschrift: „Michael Schumacher: Ehefrau bittet um Ruhe.“

Kein Objekt in dem Satz. „Uns“ hätte gepasst.

Natürlich kann man die Berichterstattung und ihre Grenzen nicht komplett von den Befindlichkeiten der Betroffenen abhängig machen. Womöglich kann man diskutieren, ob es ein berechtigtes öffentliches Interesse daran gibt, die Gesichter der im Krankenhaus ankommenden Familienangehörigen zu dokumentieren. Aber müsste man als Medium, bei dem jeder außer einem selbst merkt, dass man kein Unbeteiligter ist, diese Diskussion dann nicht auch führen? Und mindestens erklären, warum man der Meinung ist, dass Frau Schumachers Bitte leider nicht erfüllt werden kann? Oder warum man selbst und die eigene Berichterstattung mit der Bitte nicht gemeint sein kann, weil man sich keiner unzulässigen Belästigung bewusst ist?

Ja gut, dazu müsste man kommunizieren, das ist natürlich schwierig, so als Medium und als Journalist. Und vor allem müsste man sich angesprochen fühlen: Aber, Gott, was wissen wir denn schon, wer das da ist im Spiegel?

121 Replies to “Corinna Schumachers Bitte um Ruhe und die grenzenlose Ungemeintheit der Medien”

  1. Ich bin beeindruckt, dass es nur 25 Jahre gedauert hat, bis die (Boulevard-)Journaille wieder die Hyänenhaftigkeit – oder ist „Röbelhaftigkeit“ der passendere Ausdruck? – der Gladbecker Geiselnahme an den Tag legt.

  2. Sehr schönerText, hört natürlich keine Sau drauf ,kein Nachdenken wird einsetzen. Und doch musste es gesagt werden.

  3. Am schönsten fand ich zu diesem Thema einen Kommentar im ansonsten eigentlich hörbaren HR-Info-Radio, wo man sich über „die Medien“ und ihre mangelnde Distanz echauffierte (Anlass war der als Pfaffe verkleidete Journalist, der sich ins Krankenhaus schlich), um einen Halbsatz später reichlich bunt auszumalen, wie sich das für die minderjährigen Schuhmacher-Kinder anfühlen muss, jetzt in der schlimmsten Zeit der Pubertät den Vater womöglich komplett zu verlieren.

    Da muss der Spiegel auch irgendwo abhanden gekommen sein.

  4. . Bis auf ein Detail: AFP als Nachrichtenagentur zu bezeichnen – davon habe ich Abstand genommen. Die Korritexte strotzen vor Fehlern. Orthografischen – geschenkt. Aber Prag nach Polen zu verlegen war nur einer von vielen, vielen peinlichen Patzern allein in der vergangenen Woche. Wer sich zum Beispiel mit Nahost auch nur etwas näher beschäftigt, meidet AFP ganz schnell. Viele, vermeidbare Fehler, die ich mir nur so erklären kann, dass die Recherche sich auf Quellen wie gute-frage.net oder so stützt. Auf die Eilmeldungspolicy muss ich ja nicht mehr eingehen.

  5. So lange die Verlage immer noch im Jahre 2004 verharren und denken, Page Impressions wären irgendwie lebenswichtig für Umsatz und Relevanz, wird der Spiegel gar nicht gesehen.

  6. Guten Morgen,

    ich muss sagen, dass ich mich in einer Realsatire wähnte, als gestern die hier thematisierte Meldung über alle Kanäle ging.

    Und ich wäre sehr begeistert davon, wenn der gemeine deutsche Journalist an sich selbst die gleichen Maßstäbe anlegen würde wie an jeden anderen. Dazu gehört z.B., nicht nur das Verhalten anderer, sondern auch das eigene zu hinterfragen.

    Etwas offtopic:

    Der Theorie mit dem Spiegel möchte ich widersprechen: Ich gehe davon aus, dass einige „Zeit“-Mitarbeiter (allen voran der Chefredakteur) sich selbst im Spiegel erkennen. Ja, dass sie sogar einen Spiegel neben ihrem Bildschirm zu stehen haben, damit sie sich beim Schreiben ihrer Texte selbst anhimmeln können. Auf jeden Fall habe ich das Gefühl immer, wenn ich die üblichen substanzlosen Schaut-her-wie-ich-über-die-Gesellschaft-nachdenke-und-die-fünfte-Generation-in-einer-Woche-ausrufe-Texte lese (die dann auch noch auf drei ganze Seiten ausgedehnt sind, obwohl der Inhalt auch in einen Infokasten passen würde).

  7. Aufdringliche Journalisten? Das kommt einem wohl manchmal nur so vor.Weil es doch zeitweise relativ viele an einem Ort sind. Es sind im Grunde jedoch die Berichterstatter all der anderen Medien, die hier stören.

    Wir hingegen machen nur unseren Job und müssen unsere Brötchen verdienen. Dafür wollen wir möglichst geliebt und geachtet werden und dabei müssen wir ausserdem noch erfolgreich sein!

    Und selbstverständlich müssen wir frei sein. Um unabhängig über alles Relevante berichten zu können. Wer sich jedoch ernsthaft beklagt, der möge klagen. Instanzen spielen für uns wirklich keine Rolle. Wir machen letztendlich alles mit…
    ;-)
    (o.s.ä.)

  8. Als die Moderatoren von Einslive vorhin zur Korrespondentin nach Frankreich schalteten, um sie zu fragen, ob denn die Journalisten, die die Familie belästigen, nach dem Aufruf tatsächlich abgereist seien, hielt ich das für ähnlich bizarr. Allerdings stellte die Reporterin klar, dass sie selbst schon nicht mehr vor Ort sei, weil sie noch vor dem Aufruf von Frau Schumacher mit Rücksicht auf die Familie abgereist sei. ich war positiv überrascht. Oder sind ohnehin noch genügend andere ARD-Mitarbeiter in Kliniknähe postiert, dass eine mehr oder weniger da keine Rolle spielt?

  9. Die Einleitung, mithin also der erste Absatz, die einfach sensationell, da ich mich auch noch gut erinnern kann, wie ich bei meinen Kindern immer wieder beobachtet habe, ob und wann sie ihr Selbstbildnis erkennen. Danke für den Artikel!

  10. Eigentlich ja, aber:

    ich kann mich nicht an ähnliche Bitten zur Zeit von WM-Titeln, Comebacks oder ähnlichem erinnern. Die damals geschürte Marketing-Maschinerie hat ja auch nicht unerheblich zum Privatvermögen beigetragen.
    Also so sehr ich auch versuche, dieses Thema beim Medienkonsum zu vermeiden: es ist die logische Konsequenz des eigenen Medienverhaltens der letzten 20 Jahre.

  11. @16 Und das rechtfertigt jegliches Verhalten von „Journalisten“?`

    @All: eine Sache, die ich nicht verstehe, ist die PK der Ärzte. Diese müssen doch mindestens von Familienangehörigen von ihrer Schweigepflicht entbunden worden sein. Oder sehe ich das falsch?
    Warum hat die Familie die Ärzte von der Schweigepflicht entbunden? War doch klar, dass das den Medienzirkus weiter anheizen würde. (Und nein, damit sage ich nicht, die Familie sei selbst schuld – es passt nur nicht ins Bild)

  12. @prüfer: naja, selbst wenn die Schumachers in den letzten 25 Jahren alle Interview-Anfragen der Presse abgelehnt hätten, denkst du nicht auch, dass die Meute trotzdem vor dem Krankenhaus lauern würde ?
    Der Mann ist nun mal berühmt, vielleicht sogar in der Kategorie „nationales Idol“ also stehen die da, egal wie viel oder wenig Exposure er sich vorher erlaubt hat.
    Ansonsten bin ich bei Herrn Werning: die Hyänen können wenigstens nichts dafür. ^^

  13. @QWERTZwerk: Ich hab lange überlegt, ob ich den Link setzen soll. Ich bin im Zweifel aber dafür, damit sich der Leser einen eigenen Eindruck machen kann, wie grotesk diese Bildstrecke in diesem Artikel ist.

    (Allerdings steht „Spiegel Online“ hier natürlich auch nur pars pro toto für weite Teile der Medienlandschaft, die ähnlich vorgegangen sind.)

  14. @prüfer
    Und die Medien haben damals so völlig uneigennützig, ja sogar altruistisch gehandelt, als sie entschieden, über die WM-Titel etc. zu berichten? Oder hat Michael Schumacher jedem Pressefuzzi persönlich eine Beretta an die Stirn gehalten und gefordert: „Schreibe, oder ich schieße“?

    Oder hatten die nicht vielleicht doch ein klitzekleines wirtschaftliches Interesse daran, über die Erfolge von Michael Schumacher zu berichten, was es zu einer Beziehung auf Gegenseitigkeit machen würde?

    Diese Gegenseitigkeit – die übrigens nicht mal unbedingt für Corinna Schumacher gilt, da ich mich nicht erinnern kann, dass sie explizit den Weg in die Medien gesucht hätte, geschweige denn für weitere Angehörige, die damals allenfalls bereit waren, auf Anfragen der Presse zu reagieren, aber kaum aus Eigennutz – ist jetzt wohl kaum gegeben. Oder hat es schon mal jemanden gegeben, der einen Sponsorvertrag allein durch die Schlagzeile „hat einen Skiunfall überlebt“ bekommen hat? Dann allerdings müssten die Hinterbliebenen des Althaus-Opfers stinkreich sein, die Frau ist immerhin gestorben … ^^

  15. Das Michael Schuhmacher, der die Medien immer sucht(e), jetzt durch diese belagert wird ist mir ziemlich egal!
    Aber wie geht es den anderen Patienten in diesem Krankenhaus?
    Müssen diese und deren Angehörigen beim Betreten und Verlassen der Klinik nicht auch durch die Meute der Jurnalisten?
    Wie geht es dem Angehörigen von den unbekannten Patienten, die möglicherweise gerade im Sterben liegen wenn sie von einem Pulk schaulustiger Schumacherfans und Jurnalisten begafft werden?

  16. Das erinnert mich daran wie ich began Medien sehr kritisch zu sehen. Das war irgendein so ein Promimagazin vor Jahren. Das saß dann ein Star und die Moderatorin fragte ganz bestürzt wie man denn mit dem Druck und diesen Lügen klar komme. Das sah ganz nett aus, wie sie ihn da wie ein scheues Rehlein mitleidig ansah. Bloß dann fiel mir auf, dass genau dieses Magazin ganz vorne dabei war Lügen zu verbreiten und sich selbst auszudenken.
    Die Lügen und Rufschädigung sind ansich schon absolut verurteilenswert, aber diese Dreistigkeit hat mich sprachlos gemacht. Der Person, die man schön fertig gemacht hat dann so anbiedernd verständlich versichern wie schlimm das ja alles sein muss, wenn man da durch gehen muss…

    Bei dieser Geschichte hätte man auch ohne den Brief von Frau Schumacher selbst darauf kommen können, dass ein Belagern eines Krankhauses nicht nur unmoralisch, sondern auch gefährlich ist. Da liegt ja nicht nur Schumacher drin.

    Ich versuche von solcher Berichterstattung fernzubleiben, aber das ist ja selbst auf der Seite der Taggesschau. Mit jeder unnötigen Kleinigkeit. Ich fand immer Kartenleger unseriös, die dürfen aber wenigstens nicht im Fernsehen über Krankheiten spekulieren.

  17. Ja, aber nun muss doch schnell jemand hinfahren um zu dokumentieren wie die Medien der Bitte nachkommen …

    Toller Artikel mit einer Ausnahme: Konsequenterweise hätte ich auf den Link zu besagten Bildern verzichtet.

  18. „Nein, machen wir nicht“ bringt nach innen und außen keine Punkte, steht bei den Coolen unter spaßbremsendem Moralinverdacht und bietet außer dem schleimigen „Wir waren jetzt so verantwortungsbewusst, ausnahmsweise darauf zu verzichten“ keine Möglichkeit zum Selbstlob. Bloß ein sauberes Produkt zu liefern, reicht Wasserwerkern. Medien wollen (müssen?) halt mit süffigstem Wein angeben – da braucht es dann eben unsaubere Zutaten und Herstellungsverfahren. Hat leider auch ein klitzekleines bisschen mit der Nachfrage zu tun. Aber vielleicht klickt ja niemand die Fotostrecken an…

  19. Tjaaa, wie hieß es so schön: „Wer mit der Bild im Fahrstuhl nach oben fährt, der fährt mit ihr auch wieder runter.“

    Auch wenn es bis in die eigene Grube ist.

    Das schlimme ist nur, dass, bis auf die Öffentlich-Rechtlichen (in Ansätzen), alle Medien meinen, den Schumi nun wieder bis ganz nach unten begleiten zu müssen.

    Aber was will man erwarten von Medien, die darüber berichten, dass sich Frau Schumacher in den Medien darüber empört, dass die Medien sie und ihre Familie nicht in Ruhe lassen?

    »Hö? Meint die uns?«
    Ich glaube, diese Frage stellt sich gar nicht. Das Zauberwort ist Ignoranz, nicht Unwissenheit. Einfach weitermachen, Augen zu und durch. Ein Stück weit wie jemand, der einen auf den Fuß tritt und trotz Hinweis darauf mit unverändertem Gesichtsausdruck drauf stehenbleibt.

    In diesem Sinne…

  20. Noch etwas anderes off-topic: nicht nur die Entwicklung der Berichterstattung, das eifrige Schauen auf PI und Reichweite ohne Rücksicht auf Verluste, etc. ist aus dem Ruder geraten. Das Problem ist schon auch, dass Fam. Schumacher, nicht zuletzt dank eifriger Medienberichterstattung zu guten Zeiten, in ihrem goldenen Leben sitzen. Diese Medaille hat eben auch eine Kehrseite für die nicht so guten Zeiten, ob das nun gut ist oder schlecht will ich damit gar nicht sagen. Die Auswirkungen auf alle anderen Betroffenen in besagtem Krankenhaus ist unschön.

  21. @Michael: Ich verfolge die Formel 1 seit 1994 und mir wäre nie ein besonderes Öffentlichkeitsbedürfnis des Michael Schumacher aufgefallen. Im Gegenteil hab ich eigentlich sehr wenig über sein Privatleben mitbekommen. Wenn außerhalb der Formel 1 über ihn berichtet wurde waren meistens Benefizveranstaltungen das Thema.

  22. Dabei hätten einige Medien daraus wirklich eine positive PR zaubern können. „Wir lassen die Familie Schumacher in Ruhe“. Zeigen, dass man ein „seriöses“ Medium mit ethischem Anspruch ist. Inhaltlich gibt es ja ohnehin nichts Interessantes mehr zu berichten aus Grenoble. Schumacher wird nicht an das Fenster treten und der wartenden Meute zuwinken. Sein Zustand wird sich schrittweise bessern – irgendwann wird er dann verlegt oder sogar entlassen. Ein Wagen wird vom Hof fahren. Das war’s. Wenn die Bilder für die Öffentlichkeit sooo wichtig sind, dann reicht es auch, wenn zwei Agenturen und zwei Pool-Kameras dort bleiben. Bei anderen Ereignissen geht das auch. Leider haben die Medien die Gelegenheit für einen guten und demonstrativen Absprung verpasst. Nun lauern sie doch weiter auf das selbe Bild und die selbe Nachricht, die ohnehin alle haben.

  23. bin unentschlossen. als chefredakteur würde ich meinen pressephotographen bzw. journalisten vor ort feuern, wenn er nichts liefert. als angehöriger der familie schumacher würde ich mich natürlich über eine gewisse pietät in dieser sache freuen. was tun, sprach zeus.

  24. Mit „Medien“ meint Familie Schumacher selbstverständlich dieses elende Blogger-, Facebook- und Twitter-Pack. Aber doch nicht die richtigen Medien…

  25. Duamen hoch für einen mal wieder sehr gut gelungenen Artikel.

    Ansonsten auch mal ein Lob den Kommentatoren, sehr schönes Niveau hier.
    Bei der Sache folge ich grundsätzlich Stefans Argumentation, muss aber auch sagen, dass die Hinweise der Kommentatoren auf die Öffentlichkeit in der Vergangenheit durchaus korrekt ist, eine Berichterstattung ist plausibel. Das Problem ist die Pietätlosigkeit der Paparazzi, von wegen Krankenhaus belagern und so. Hier sollten sich seriöse Medien mal gepflegt zurückhalten und selber überlegen ob Klickstrecken ihrem eigenen Image entsprechen. Und der Boulevard täte gut daran zu überlegen, ob es nicht eine Grenze des Paparazziansturms geben muss. Aber, alas, was will man von Witwenschüttlern erwarten? Und was will man dagegen tun, außer dem Dieckmann Leserreporter hinterherzuschicken?

  26. @ primoforus:

    „Bei der Sache folge ich grundsätzlich Stefans Argumentation, muss aber auch sagen, dass die Hinweise der Kommentatoren auf die Öffentlichkeit in der Vergangenheit durchaus korrekt ist, eine Berichterstattung ist plausibel. “

    Dass Berichterstattung stattfindet, ist plausibel. Aber das Ausmaß ist doch durch nichts mehr zu rechtfertigen. Wenn die Tagesschau ein Drittel ihrer Sendezeit der Erkenntnis widmet, dass Michael Schumacher in Lebensgefahr schwebt, obwohl am gleichen Tag in einer russischen Millionenstadt das zweite Bombenattentat innerhalb eines Quartals stattfand, stimmt irgendwas ganz gewaltig nicht. Und es ist ja auch nicht so, dass es aus Syrien nichts zu berichten gäbe. Oder in ganz anderen Ländern, die gerne in deutschen Medien ignoriert werden. Merkt der Gniffke eigentlich, dass es für so einen Schund kein öffentlich-rechtliches Fernsehen braucht und er durch solche Prioritätensetzung am Ast sägt, auf dem er sitzt ? (Das sage ich als jemand, der das Vorhandensein eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks eigentlich für notwendig hält und dafür auch eine Abgabe zu entrichten bereit ist.)

    Naja, die Opfer in Russland hatten halt das Pech, weder berühmt noch US-Amerikaner oder Deutsche zu sein. Da können ihre Angehörigen froh und zutiefst dankbar sein, dass der Anschlag zumindest erwähnt wurde.

  27. Was für eine zynische Kacke ist das eigentlich: Wer die Öffentlichkeit sucht, braucht sich dann nicht zu wundern usw.
    Dass Schumacher noch nie als besonders aufmerksamkeitsgeiler Promi aufgefallen ist, wurde ja schon erwähnt. Ich möchte hinzufügen: Ja und selbst wenn!
    Selbst wenn der Mann bis unmittelbar vor seinem Unfall sein Gesicht aus freien Stücken in jede verfügbare Kamera gehalten hätte, wäre das in einer derart existenziellen Ausnahmesituation noch kein vernünftiger Grund, unentwegt die Angehörigen abzuschießen, die um das Leben des Verunglückten bangen.
    Aber es ist ja nicht der erste Fall, in dem so argumentiert wird. Der standardmäßige Verweis darauf, dass die betroffene Person in besseren Zeiten ja durchaus die Öffentlichkeit gesucht hätte, und da sei es nun mal auszuhalten, dass die Kameras auch im Elend draufhalten, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen doch in aller Regel als eine seichte Entschuldungs-Strategie für den eigenen Voyeurismus.

  28. Nicht anklicken. Nicht lesen.
    Das fällt schwer, wenn es einen auf allen Seiten anspringt – aber ich finde, es gehört sich nicht, Dinge über jemanden zu erfahren, die ich auch im Bekanntenkreis bei einem Unfall niemals erfragen würde.
    Dass „die Medien“ sowas drucken hat als Entschuldigung lang schon ausgedient. Wir müssen nicht fressen, was uns vorgesetzt wird.
    Und eine klare „wir berichten nicht“- Haltung eines Medienhauses würde weder Reichweite noch Auflage schaden. Langfristig.

  29. Schaue gerade Phoenix und die anschließende Analyse der Pressekonferenz. Die drei Akteure erinnern mich an die „Ein-Tor-ist-Gefallen“-Moderation von Jauch. Aber die war wenigstens unterhaltsam.

  30. @amfenster: So pauschal würde ich dieses Prinzip nicht als seichte Entschuldungs-Strategie abtun. Wenn etwa Politiker mit Homestorys ihr Image als treusorgende Familienväter pflegen und damit Stimmen einzufangen verstehen, finde ich daran anknüpfende Berichte z.B. über außereheliche Affären völlig in Ordnung. Ähnliches gilt m.E. für Prominente, die mit aggressiver Selbstvermarktung lukrative Werbeverträge einfahren, später aber auf eine Weise handeln, die dem öffentlich vermittelten Selbstbild widerspricht. Dass das alles auf den Fall Schumacher nicht zutrifft, ist aber natürlich klar.

  31. Vielen Dank für diesen Artikel, Herr Niggemeier.
    Diese Form der Gegenöffentlichkeit ist immens wichtig!

  32. @nurmalso: ähm,naja, nur mal so: vielleicht heißt „liefern“ ja auch erstmal Arbeit und differenzieren können und nicht gleich belagern und schießen. Da bruacht man Zeus nicht befragen, sodnern seinen eigenen gesunden Menschenverstand. Normalerweise spürt man das doch sofort, dass da was nicht stimmt, wenn ich mich tagtäglich mit der Meute ans Krankenhaus stelle und nervös werde wenn jemand raus kommt, auch wenn es nur der Pfleger von Oma Uschi ist, könnte ja Schumachers Frisör sein.

  33. Tja, wenn mal ein Paar angehörige anfangen Amok zulaufen und die Leute da einer Gefahr ausgesetzt sind, wird sich wohl nicht viel ändern.
    Aber wahrscheinlich würde sich dann auch nur ändern, dass die Leute drauf warten und es sogar noch weiter provozieren.
    Aber ich glaube mit den entsprechenden klickstrecken wird dann nicht mehr so viel Geld verdient, da die betroffenen Leute nun wahrlich niemanden interessieren.

  34. Das er gut Autofahren kann würde nicht die Millionenverdienste rechtfertigen. Das wofür Shumi entlohnt wird ist seine Prominenz, und diese geht nunmal mit einem Verlust der Privatsphäre einher. Stop winning please.

  35. @Sokrates: Nach dieser Logik könnte man auch eine Live-Cam am (Sterbe-)Bett rechtfertigen oder gibt es doch irgendwo eine Grenze? Wenn ja, wo?

  36. Sehr guter Artikel und sehr gute Kommentare!
    Es gibt andere Foren, da werden Leute, die das Verhalten der Medien und die „Berichterstattung“ über Schumacher kritisieren, als Nestbeschmutzer und als gefühllos bezeichnet.
    Lasst es uns doch auf den Punkt bringen: Um über den Gesundheitszustand eines Menschen zu berichten, muss ich nicht vor Ort sein. Die Leute, die das Krankenhaus in Grenoble belagern, warten auf den Tod von Schumacher und wollen als erste live davon berichten, und aus Langeweile werden besorgte Angehörige belästigt. Wer ist hier gefühllos?
    Und was die Belagerung des Krankenhauses anbetrifft: Schon vor ein paar Tagen wäre ich beinahe in die Leitplanke gefahren, als ich im Radio auf NDR Info die „Nachricht“ hörte, dass die Leitung des Krankenhauses darum gebeten habe, die nötigen Zuwegungen freizumachen. Allein diese Meldung in einem Sender des öffentlichen Rechts! Dann aber der Zusatz: Von den Verhältnissen vor Ort berichtet …(Name)…in der kommenden Viertelstunde live aus Grenoble. Autsch!!!
    Ich schätze, der Fall Schumacher gehört bald zu den zahlreichen Fällen (von der Geiselnahme in Gladbeck bis zu Christian Wulff), in denen hinterher die Journalisten sagen oder schreiben: Da haben wir uns falsch verhalten. Da müssen wir selbstkritisch drüber nachdenken. – Und dann kommt der nächste Fall um die Ecke…

  37. @ Sokrates77, #45: Guter Rat, hätte er nicht so oft gewonnen, wäre er nicht so berühmt. Kommt zwar zu spät, aber ansonsten bin ich da ganz bei Ihnen…

  38. Ich frage mich immer wieder, woher die Journaille eigentlich die Erkenntnis nimmt, dass so etwas überhaupt jemanden längerfristig interessiert oder bindet? Für mich war das Thema nach der ersten Meldung schon „durch“, ich kann derlei „Nachrichten“ mittlerweile wunderbar ausblenden (übrigens ebenso wie die Tatsache, das sich die Bundesmerkel beim Langlauf auf den A**** gesetzt hat – na und!?). Bin also aus der Reihe der Rezipienten schon lange raus. Merkwürdigerweise auch diverse andere Personen, die ich kenne. Aber vermutlich würde mir die beteiligte Journaille, mit diesem Fakt konfrontiert, daraus sogar noch konstruieren, dass ich nicht am gesellschaftlichen Miteinander interessiert bin, sowieso ein Sonderling sei und eigentlich zu Hr. Mollath in die Anstalt gehörte…

  39. @ Name, # 77:

    „Für mich war das Thema nach der ersten Meldung schon ‚durch‘ […] Merkwürdigerweise auch diverse andere Personen, die ich kenne. „

    Vorsicht! Viele (inkl. mir) neigen dazu, das eigene Umfeld und sich für repräsentativ zu erklären. Man sollte aber immer daran denken, dass das eigene Umfeld oft relativ homogen ist und deshalb nicht unbedingt in repräsentativer Form die Gesellschaft abbildet. Ich kenne z.B. auch niemanden, der die NPD wählt. Es wäre natürlich schön, wenn das für die gesamte Gesellschaft gelten würde, aber die Wahlergebnisse meines Bundeslandes (Sachsen…) besagen anderes. Auf dieser Fehlannahme beruht ja z.B. auch die angebliche „schweigende Mehrheit“, auf die sich viele (vor allem Konservative) berufen, wenn ihnen die Argumente ausgehen.

    @ Alexander, # 33:

    „Mit ‚Medien‘ meint Familie Schumacher selbstverständlich dieses elende Blogger-, Facebook– und Twitter-Pack. Aber doch nicht die richtigen Medien…“

    Auf welcher Aussage eines Familienmitglieds beruht diese Behauptung doch gleich?

  40. Klar sollten „Journalisten“ versuchen, gewissen Ansprüchen, vor allem fachlichen, aber auch moralischen, einigermaßen gerecht zu werden – aber ist der eigentliche Ekel nicht der, dass sich Millionen Kunden (in ähnlichem Zusammenhang hießen die mal „Fliegen“) auf diese Sch… stürzen und sie erfolgreich machen, durch Kauf, Klick und Einschalten?
    „Journalisten“ sind Verkäufer geworden, und die Ware gereicht ihnen und den Käufern oft nicht mehr zur Ehre, mitunter nicht mal zum Mindestanstand. Diese Geschichte um einen nun wohl schwerstbehinderten Sportler und dessen Familie ist ja nur eine von vielen.

    Herr Niggemeier, Sie haben Recht, und bitte haben Sie auch weiterhin und öffentlich Recht, und hauen Sie es den Handlangern dieser Verrohung um die Ohren, ich bitte Sie.

    Nur: Wer sagt’s den wahren Verursachern dieses Elends? Die sogenannten „Journalisten“ ihren Fliegen? Wohl nicht.

  41. Ich finde die Schuhmacher-Berichterstattung schon seit Beginn ziemlich skurril. Immerhin wird auch in den als seriös verschrienen Nachrichten jeden Tag mit Bildmaterial berichtet. Da erzählt man dann lustig, dass die Ärzte darum gebeten haben, den Betrieb nicht zu stören, und zeigt durch die Aufnahmen, dass natürlich auch der eigene Berichterstatter ganz vorn mit dabei war. Aber was wäre die brisante Nachricht, dass sich nichts verändert hat, auch ohne Filmmaterial? Dieser Wahnsinn erschreckt mich immer wieder…

  42. Vielleicht darf man sich trotzdem fragen, wieso Frau S. gerade jetzt – mehr als eine Woche danach – die Journaille als Belästigung empfindet und auch diese unsäglichen Auftritte der Ferrari-„Fans“ zum Geburtstag geduldet wurden (die im übrigen vom Krankenhaus reglementiert werden musste).

    Das Wegelagerertum von sogenannten Journalisten ist natürlich auch dadurch befördert, dass Schumacher et. al. jahre- ja jahrzehntelang keine noch so peinlichen medialen Inszenierungen gescheut haben. Die Geister bekommt man nicht mehr in die Flasche zurück. Nein, das ist keine Rechtfertigung, aber wer den mephistophelischen Pakt mit Medien geschlossen hat, darf sich erfahrungsgemäß nicht wundern, dass auch noch die letzten menschlichen Anstandsregeln zugunsten der primitiven Schlagzeilenmechanik missachtet werden.

  43. @Gregor Keuschnig: „Das Wegelagerertum von sogenannten Journalisten ist natürlich auch dadurch befördert, dass Schumacher et. al. jahre– ja jahrzehntelang keine noch so peinlichen medialen Inszenierungen gescheut haben.“ Welche zum Beispiel?

  44. @46 [Leser]
    etwas überspitzt dargestellt, leider ja. Gibt sogar Menschen, die werden aufgrund ihrer Prominenz in glässernen Särgen, Museen oder Kirchen aufgebahrt. Das die Frau da auch mal genervt sagt, bitte lasst uns in Ruhe ist natürlich auch verständlich, aber dann sollen sie sich halt mit dem Hubschrauber hin und zurück fliegen lassen…

    Das öffentliche Interesse ist da. Dieses öffentliche, auf seinen ausserordentlichen Talent und Erfolg in einer sehr populären Sportart, basierende Interesse führt eben gleichzeitig und unzentrennlich dazu, dass einerseits ein kleiner Aufdruck auf seiner Mütze mehr Geld auf sein Konto bringt als einem Normalo in ein paar Jahre Erarbeiten könnte, aber auch dazu, dass jedes aus der Norm fallende Ereigniss Medial ausgeschlachtet wird.

    Der Preis für derat unverhältnissmäßigen Wohlstand ist denke ich nicht sonderlich hoch, auch für die Familie nicht, die von dem Bekanntheitsgrad und damit einhergehendem Reichtum Shumis ebenso prifitiert wie er.

    Worüber wird hier eigentlich berichtet: Da nerven halt ein paar Journalisten am Eingang rum die auf eine Meldung hoffen. So what? Das Krankenhaus hat Hausrecht. Wenn die wirklich im Weg stünden bräuchten sie nur die Rennstallleitung mit der entsorgung der ‚Gäste‘ beauftragen. Und so scheint mir diese Meldung hier also auch nur ein Lückenfüller zu sein bis feststeht ob er als Mensch oder als Vogelscheueche ins Leben zurück kehrt.

  45. @prüfer/#17 und ähnliche Argumentateure der ekelhaften Schiene „wer berühmt ist muss sowas gefälligst aushalten“:
    Es wäre mir neu dass Corinna Schumacher oder ihre Kinder irgendwelche WM-Titel gewonnen hätten. Rolf Schumacher ist ebenfalls in erster Linie Privatmann. Ralf Schumacher mag für alles mögliche bekannt sein, aber definitiv nicht für die sorgsame Ausbreitung seiner Privatangelegenheiten. Michael Schumacher selbst war so gut wie immer äusserst sparsam mit Details über sein Privatleben oder sonstigen Einblicken, insbesondere was seinen Nachwuchs und deren Schutz angeht, und extrem darauf bedacht, die Kontrolle darüber nicht aus der Hand zu geben. Nicht zuletzt weil er wie wohl kaum ein anderer Sportler den extremen Rummel in seiner vollen Härte international zu Genüge kennt. Das weiss man als Nichtmotorsportler vielleicht nicht so genau, man kann aber drauf kommen.

  46. Warum habe ich ein so merkwürdiges Gefühl, wenn ich diesen Artikel lese und die meistens vorhersehbaren Kommentare?
    Warum fällt mir dazu das Wort „bigott“ein?
    Bin ich ungerecht?

  47. […] Am Dienstagvormittag hat die Frau des schwer verunglückten Michael Schumacher die Journalisten in einer Erklärung aufgefordert, die Klinik zu verlassen, damit die Ärzte dort in Ruhe arbeiten können. Daraus machte die Nachrichtenagentur AFP diese Eilmeldung: »Corinna Schumacher fordert Journalisten zum Verlassen der Klinik auf.« Stefan Niggemeier bezeichnet das als “Grenzenlose Ungereimtheit der Medien“. […]

  48. Ich gebe auch gern zu, dass ich die Entwicklung um Schumachers Gesundheitszustand intensiv – ja, über die Medien natürlich – verfolgt habe. Ob das jetzt falsch oder richtig sein mag, denn natürlich bestimmt die Nachfrage das Angebot: aber zumindest was meine Motivation dazu angeht kann ich sagen, dass es echte Anteilnahme und echtes Mitgefühl mit MS sowie seiner Familie ist, sowie allem voran die Hoffnung auf eine gute Nachricht. Und so nehme ich es auch in meinem Umfeld wahr (auch wenn es sicher nicht repräsentativ ist).
    Es ist doch müßig darüber zu schwadronieren, warum dieses Schicksal den ein oder anderen vielleicht mehr berührt als der x-te Krieg. Was uns näher ist, das berührt uns mehr.Und es ist auch gut so, denn sonst würde jeder halbwegs normal fühlende Mensch in ein tiefes Loch fallen und niemals wieder rauskommen.

    Darum danke ich an der Stelle dennoch seriösen Medien und Formaten wie der Tagesschau, die sich an den Fragen der Menschen orientieren und das nicht außer Acht lassen, weil es statistisch gesehen nur um 1 Menschen geht. Wenigstens weiß man doch da, dass die Infos aus glaubwürdig sind.

    Gute Besserung, Schumi!!!!

  49. Wenn es denn einen Sportler in dieser Größenordnung gibt, der sein Privatleben nicht mit der Öffentlichkeit teilt, dann ist es Michael Schumacher (und Steffi Graf). Wir wissen über seine Familie praktisch nichts, außer dass Corinna gerne Westernreitet. Fotos von seinen Kindern sind mir nicht bekannt. Er wohnt in der Schweiz, auch weil er in D keinen Schritt gehen kann, ohne dass ihn einer belästigt (und natürlich, um weniger Steuern zu zahlen, was völlig legitim ist).
    Ich muss gestehen, dass mich der Unfall und der Gesundheitszustand sehr interessiert haben. Dafür brauche ich aber keine Fotos von seinen Angehörigen noch einen Live-Ticker, wer ihn wann besucht hat (es wäre jetzt wirklich mal interessant zu wissen, ob der gemeine Bild-Leser die Zeitung nur deshalb kauft, weil ihn Corinna Schumacher von der Titelseite anblickt). Den Vogel hat die Bild abgeschossen, die ein völlig verpixeltes Foto von Corinna Schumacher ins Blatt gehoben hat. Das war vor einer Woche, ich Frage mich ernsthaft, warum sie sich nicht damals schon gewehrt hat.

    Ich kann schon verstehen, warum sie die Ärzte von der Schweigepflicht entbunden hat. Es ist die einzige Möglichkeit, einigermaßen die Zügel in der Hand zu haben und die Dinge so darzustellen, wie sie die Ärzte sehen. Ansonsten gäbe es noch mehr Spekulationen, wie sie ja über den Unfallhergang kursieren. Überhaupt nicht verstehe ich die Klinikleitung und Polizei, die das Krankenhaus nicht weiträumig sperren, um den geregelten Ablauf zu sichern und die Angehörigen auch der anderen Patienten zu schützen.

  50. @Siebert: Ja, warum eigentlich? Aber woher sollen wir das wissen? Vielleicht forschen Sie erstmal bei sich selber nach und präsentieren uns dann Ihre Ergebnisse? Also, nur für den Fall, dass Sie an einer Diskussion interessiert sind und nicht einfach nur ein bisschen rumnörgeln wollen, versteht sich.

  51. @66: Selbst wenn es den gaebe, der Hausherr prangert hier ja auch nicht an, DASS man ueber Schumi berichtet.
    Und btw: hab grade topfvollgold geguckt und die Beispiele dort lassen mich wirklich zur naechsten Kloschuessel rennen… Gesindel…

  52. Leider ist im Titel (!) ein Rechtschreibfehler, der das Ganze ein wenig in seiner Schlagkraft schmälert.

  53. Habe selber Jahre lang im Boulevard gearbeitet, bin seit etwa sechs Jahren nun raus. Und was mir mit diesen Jahren abhanden gekommen ist: Jegliches Interesse an diesen von Herrn Niggemeier kritisierten Bildern. Tatsächlich habe ich bis jetzt KEIN einziges Bild von Schumachers Verwandtschaft wahrgenommen. Ich weiß auch garnicht so recht wie überhaupt seine Frau aussieht. Warum? Weil´s mich tatsächlich nicht die Bohne interessiert. Dass Schumacher beim Skifahren unglücklich gestürzt ist und im Koma liegt, krieg ich noch zusammen.
    Klar, dass es die Aasgeier-Mentalität im Journalismus gibt. Genauso wie in München-Schwabing die Schicki-Mickis existieren. Muss man sich aber diesen Ist-Zuständen aussetzen? Nee, einfach bei der NZZ bleiben und arte gucken. Dann bleibt man auch von Schumachers Familie beim Klinikbesuch verschont.

  54. Gilt für Kinder bis x Jahren ein Bildertotalverbot, welches mittels hoher Strafen streng durchgesetzt wird ?

    Das völlige Fehlen von Bildern der Kinder von Schumacher (noch nicht mal verpixelt) ist für Zeitungen wie Bild doch recht ungewöhnlich.

  55. warum gibt’s das
    weil alle geil darauf sind sowas zu lesen

    und die andere seite
    wenn die Prominenz ihre Werbegelder nach Anzahl ihrer Präsenz in den Medien bezahlt bekommt ,ist ihnen jedes mittel recht nur recht oft Fotografiert zu werden ,und wenns nichts gibt wird eben was erfunden nur ihn aller Munde zu sein

    aber so geht es nicht sich nur die Rosinen aus den Kuchen zu picken so Tragisch es auch sein mag

  56. Selbst wenn man dieser Rosinenpicker-These o.ä. zustimmen würde, Michael Schumacher ist m.E. nur als (Ex-)Rennfahrer in den Medien aufgetaucht und seine Präsenz war i.d.R. mit seinem Beruf verbunden. Mal abgesehen davon, daß sich sein Werbewert wohl kaum auf die Präsenz in den Regenbogenmedien gründet wie bei einigen B- bis Z-Prominenten oder auch gewissen Ex-Tennisspielern.

    Woher nimmt jemand das Recht über die Bedürfnisse oder Pflichten anderer bzgl. ihrer Privatheit zu entscheiden? Warum darf sich jemand diesbezüglich nicht umentscheiden? Hat man durch den Erwerb einer Michael-Schumacher-Kappe oder den Kauf eines Fiats oder Mercedes nach einer Empfehlung in einer Fernsehwerbung mit Schumacher Anteile an den Persönlichkeitsrechten von Michael Schumacher erworben?

  57. sie mögen recht haben
    Schuhmacher ist trotzdem wie alle anderen Spitzensportler oder Stars usw
    durch und mit die Medien bekannt geworden , und deshalb muss damit gerechnet werden wenn etwas ausserhalb des Tollen Erfolg Schemas Passiert die Medien ( Leser ) Bedient werden
    würden die Medien nicht über Sportlichen Erfolge berichten würden diese Star auch nicht bekannt sein und nicht Millionen an Werbegeldern überwiesen bekommen
    Warum nicht weil sie niemand kennen würde

  58. Am Unfall des Herrn Schumacher verdienen nicht nur die Ärzte, sondern auch die Journalisten, selbst die, welche die Berichterstattung kritisieren.

  59. Diese Aasgeier-Ärzte aber auch, dass die sich überall dranhängen müssen. Kann man den nicht in Ruhe verrecken lassen?

    (Selten so einen Unsinn gelesen, Fritz Blitz)

  60. Alle diese Leute verdienen Geld am Unfall des Herrn Schumacher.
    Das kritisiere ich nicht. Mich wundert nur, dass ein Journalist, der am Ende der Nahrungskette steht, seine Kollegen moralisch abwertet, weil die ihrer Arbeit nachgehen.

    (Schon öfter Deinen Unsinn gelesen, Linus)

  61. @Fritz Blitz

    Nochmal für die ganz Dummen. Also mich. Sie wollen also wirklich behaupten, ein Arzt, der einen Kopf wieder zusammenklebt, damit der Patient ne Überlebenschance hat, spielt irgendwie auch nur ansatzweise dieselbe Sportart wie der Journalist, der danebensteht, zuguckt und das ganze live kommentiert? Interessant. Wahrscheinlich ist unser Schumi auch nur gegen den Stein gerauscht, damit er PR-mäßig davon profitieren kann.

    KZ-Wächter gehen übrigens auch nur „ihrer Arbeit nach“. Kann man kritisieren, muss man aber nicht.

  62. Ich hoffe mich versteht keiner falsch, wenn ich sage, dass mich der Tumult um einen verunglückten Mann mich recht wenig interessiert.
    Die maßlose Informationsblase, die von den Sprachpaparazzi abgesondert werden, regen mich dafür umso mehr auf. Da werden Live-Gespräche mit sogenannten Journalisten geführt, die A: keine Neuigkeiten berichten können, und B: sich breit über die Gefühlslage der Familie suhlen, mit denen sie nicht ein Wort gewechselt haben.

    Was von der heutigen Journalismus-Landschaft nur noch zu erwarten ist der „Aas-Komplex“. Wären auch nur halb soviele Berichte verfasst, angeblich Journalisten angereist, Live-Besprechungen geschaltet worden, wenn die erste Meldung über den Unfall gelautet hätte „Schumi verletzt sich bei Skiurlaub“?
    Der ganze Pulk wartet wie die Geier auf eine Todesmeldung. Anders ist dieses Gegeifer nicht zu erklären. Und so lange das noch nicht eingetreten ist, wird über die „dramatischen und traumatischen Gefühlzustände“ der Familie spektuliert.

    Das ist abartig und unseriös.
    Indes wird mehr über Schumi und Co mehr berichtet, als über Irak, Iran, Afghanistan, den Philippinen und Bangladsch gemeinsam. Was von der Bild so oder eh nicht zu erwarten wäre, dass es andersrum jemals sein könnte.
    Angeblich seriöse Formate sollten sich an ihre latent nationalistische Nase packen und endlich zwischen Boulevard und Journalismus unterscheiden lernen.

  63. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information“ (?)
    …und nicht nur in diesem Fall verzichte ich gern auf dieses Recht !

  64. „Wir“ waren zwar Papst
    aber
    „Wir“ sind keine Medien
    also kann Corinna
    „Uns“
    nicht gemeint haben.

  65. Sehr guter Text! Danke!
    Es ist eine Krankheit unserer Gesellschaft, sich am Leid anderer zu ergötzen statt auf die eigenen Probleme zu schauen.
    Leider wird dieser penetrante Voyerismus von den Medien bedient – ganz nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage!

  66. […] Corinna Schumachers Bitte um Ruhe und die grenzenlose Ungemeintheit der Medien « Stefan Niggem… Das Gefühl, was ich bei der andauernden Schumi-Berichterstattung habe, ist gar nicht so diffus, dass ich es nicht selber in Worte fassen könnte. Aber warum sollte ich, wenn Stefan Niggemeier das ohnehin viel treffender hinbekommt, konkret am Beispiel von Corinna Schumachers Aufruf an die Medien, die Familie endlich in Ruhe zu lassen. […]

  67. @Kurpfälzer: Nicht unbedingt. Man kann im Redaktionssystem von Spiegel Online eine andere Formulierung angeben, aus der die URL gemacht wird. Das hilft mutmaßlich bei der Google-Suche und macht die Sache natürlich nicht besser. Aber die URL bedeutet nicht, dass das auch in einer früheren Version der Titel war.

  68. letztlich handeln journalisten mit aufmerksamkeit. die mechanismen des geschäfts sagen: mache ich es nicht, macht es ein anderer. also machen es alle. und sehen zu, dass sie möglichst vor den anderen kollegen an der sache dran sind. ansonsten kann man nochmal aufmerksamkeit verkaufen, indem man das aufmerksamkeit-verkaufen der anderen thematisiert und wiederum verkauft. so gewinnen alle.

  69. Verstehe die Länge dieses Freds nicht ganz – drückt sie nicht einen Teil des Problems aus? SN hat doch völlig recht!

    Michael Schumacher bei Skiunfall lebensgefährlich verletzt – wäre die erste Meldung, Neuigkeit gewesen. Und die zweite? Hängt davon ab, was passiert. Aber nach der ersten zehnsekündigen PK MS‘ Presseagentin hätte eigentlich jedem klar Denkenden deutlich sein müssen: Gibt nix Neues – Punkt. Abreise.

    Aber die Wirklichkeit sieht anders aus – Masse statt Klasse.
    Nur keinen „Furz“ versäumen, und komme er auch von Angehörigen. Das gilt m. E. mit Ausnahme für den m. E. berechtigten Zuspruch zum Text SN’s in meinen Augen auch für diesen Fred.

  70. @nurmalso: Also diese Aufmerksamkeits-Floskel, mit der man ständig Journalismus einem kleinen Kind oder wen erklären will, halte ich für – Verzeihung – Dünnpfiff. Derjenige der die vor bringt versteht dann darunter seltsamerweise immer gleich was Feucht-Gieriges um dann zu sagen: „Ja, lass die mal machen, pffft, mir egal, ich streich meine Zaunlatten, nach mir dei Sintflut.“ Sorry, aber da ist der KZ-Vergleich von Linus nun wirklich nicht mehr weit.

  71. Noch eine Bemerkung zur Fahrstuhl-nach-oben-und-unten-Kritik. Abgesehen davon, dasss – wie andere hier schon bemerkten – Schumacher sich medial sehr zurückgehalten hat, und dass auch ein anderes Verhalten kein Grund für eine völlig enthemmte Berichterstattung wäre: hier offenbart sich noch ein ganz anderes absurdes Medienphänomen: es findet überhaupt keine Berichterstattung statt. Denn es passiert nichts, über das es Bericht zu erstatten gibt. Ähnlich wie die Papstwahlen, wo monatelang arme Reporter in Live-Schalten erklären mussten, dass man darauf wartet, dass irgendwann mal weißer Rauch kommt, aber leider heutewiegesternwievorgestern: kein Rauch.

  72. Ja, Schumacher hat sicher auch von den Medien profitiert, und natürlich dürfen Journalisten auch über weniger schöne und rühmliche Details aus dem Leben von Promis berichten. Aber manche Begründungen im Tone von „selbst schuld“ erinnern irgendwie unangenehm an Debatten über Frauen die vergewaltigt wurden nachdem sie kurze Röcke trugen.
    Und was bitte soll der Zirkus dort vor der Klinik? Wer braucht Fotos von den Angehörigen oder täglich neue „Noch immer nichts neues, weiter im Koma“-Berichte? Das ist kein Journalismus, das ist niederste Sensationsgier auf dem Niveau eines Straßenhundes der gegenüber der Fleischerei hechelnd darauf wartet dass irgendwas Fressbares auf der Straße landet.

  73. @Claus/#94:
    „es findet überhaupt keine Berichterstattung statt. Denn es passiert nichts, über das es Bericht zu erstatten gibt.“

    Der Nebenzweck solcher „Berichterstattung“ ist nicht zuletzt zum Einen das Füttern der Content-Maschinerie, für die diese „Journalisten“ arbeiten, und zum Anderen die permanente Suggerierung „bei uns sind sie hautnah dran, bei uns verpassen sie nichts, wir tun das hier nur FÜR SIE liebe Leser und Anzeigenkunden“. Masse statt Klasse. Dabei ist es dann egal dass die Inhalte inhaltslos sind.

    Extra Keks für Bernadette weiter oben für das Wort „Sprachpaparazzi“ – herrlich. Das bringt’s schon sehr gut auf den Punkt.

  74. @nurmalso: Dass man versteht, wie der Zirkus abläuft und dennoch (am Ende gar: deswegen!) dran verzweifelt können Sie sich vermutlich nicht vorstellen?

  75. Ich fürchte im übrigen, dass sich die Mehrheit der beteiligten Journalisten nicht nur nicht angesprochen fühlt von den Aussagen einer Corinna Schumacher, nein, sie werden auch noch wirklich meinen, dass sie als Zulieferer von Mitfühlmaterial für die teletrauernde Gemeinde da draußen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe übernehmen. Und deshalb schlafen diese Menschen auch noch gut.

  76. ich kann mir sehr gut die sinnlosigkeit dessen vorstellen. wobei sinnlos trifft es nicht … eher: gut, dass wir das auch mal festgestellt haben. und nun die nächste sau, dasselbe dorf.

  77. Der hartgesottene Zynismus und die Resignation von nurmalso ist ja das Ergebnis seiner/ihrer eigenen Verzweiflung. Ich bin nicht verzweifelt, sondern voller Zuversicht, dass es so oder so zu Veränderungen kommt.

  78. Der regelmäßig, auch hier, zu lesende Kommentar „Es kann nicht sein, das MSC-Unfall wichtiger als Bomben in Russland“ geht am Thema vorbei und bedeutet in der Konsequenz: Die Zahl der Toten wir zum einzigen Auswahlkriterium für Berichterstattung.
    Ein bisschen komplexer ist die Welt schon.
    Zum eigentlichen Thema dieses Blogs bzw. dem Artikel des Hausherrn: man kann gar nicht soviel fressen…
    Gedankenexperiment: Frau Schumacher lädt alle Bildjournalisten ans Krankenbett. Wer verzichtet freiwillig?

  79. […] Corinna Schumachers Bitte um Ruhe und die grenzenlose Ungemeintheit der Medien « Stefan Niggemeier Der »Spiegeltest« ist bekanntlich ein psychologisches Experiment, mit dem die Selbstwahrnehmung von Menschen oder Tieren untersucht wird. Man konfrontiert ein Lebewesen mit seinem Spiegelbild und sucht nach Anzeichen, dass es sich selbst erkennt. via Pocket […]

  80. Danke für den Artikel. Die Berichterstattung mutet schon sehr befremdlich an … Ich glaube, die meisten Leser_innen würden entsprechende Artikel nicht vermissen, wenn es die Artikel nicht gäbe. Vor allem, wenn sie um die genauen Umstände wüssten, wie diese Artikel zustande gekommen sind.

    Was spricht dagegen, die Pressemeldungen und die Pressekonferenz zu Artikeln zu verarbeiten (ggf. anzureichern) und dazu ein Symbolbild zu nehmen? Auch, wenn Leser_innen etwas zum Unfall und Gesundheitszustand erfahren wollen, wollen sie wahrscheinlich keine Vor-Ort-Berichterstattung. Genau diese Einheit von beidem wird jedoch z.T. als untrennbar dargestellt …

    Vielleicht kochen diese Journalist_innen auch einfach zu sehr im eigenen Saft und merken nicht einmal, was sie wirklich tun.

  81. @Jochen:
    Dieses Gedankenexperiment ist hinlänglich, so wenn sich noch keine eindeutige Besserung gezeigt hat, wird fast jeder kommen, um das beste Foto und die eindringlichste pseudo-Psychoanalyse des Erkranken, seiner Familie und dessen Ärzte anzulegen. Gaaanz klevere prangern auch noch die Sensationsgeilheit der anderen Journalisten an. (sind ja keine Kollegen, sondern die anderen – gaaanz wichtig)
    Ist das abgekrümmelt, dann schimpft man über Frau Schumacher und deren Sensationsgeilheit, dass sie allen Journalisten den Zugang gewährt hat.

    Geht es Schumi besser und ist sogar wach. Wenn es dann auch noch allgemein bekannt ist, dann werden viele schon garnicht mehr da sein. Sind auch froh drum … gute Nachrichten ziehen nun mal nicht so gut.

    Das Gedankenspiel sollte (meiner Meinung nach lauten) lauten, wenn bekannt wäre, wie man unbehelligt bis ins Krankenzimmer des nicht nur schwererkranken, sondern todkranken Prominenten gelangen könnte, wieviele würden dies ablehnen?
    Immerhin könnte es das letzte Bild eines WELTSTARS (*bitte Hall und Echo-Resonanz hochdrehen*) sein.

  82. Wer in positiven Zeiten die Medien für PR (be)nutzt, muss selbstverständlich damit rechnen, dass die Medien auch in negativen Zeiten präsent sind. Den Medien geht es nicht um Inhalte, geschweige denn um Sensibilität. Den Medien geht es ausschließlich um Reichweite.So einfach ist das. Und jeder weiß es … auch die, die nun mal wieder so tun, als hätten sie Ethik gepachtet.

  83. Und schon wieder eine, die uns dummen Naivlingen erklärt, wie die Medienlandschaft in Wirklichkeit funktioniert. Frau Blaes: Man muss also Dinge, die man falsch und verwerflich findet, einfach klaglos hinnehmen, weil sie Ihrer Meinung halt nunmal so sind? Ist das ein Naturgesetz, dass sich Menschen in dieser Situation unmoralisch verhalten? Wir sollen als soziale Lebewesen nicht in der Lage sein, unser Verhalten zu reflektieren und uns entsprechend Regeln zu geben, nach denen wir Missstände bewältigen können? Wäre das so, säßen wir heute noch auf den Bäumen, da wir es noch nicht mal in die Höhlen geschafft hätten.

  84. Ach inga. Gilles Deleuze beschrieb einst Linkssein als eine Wahrnehmungsweise auf Mensch und Welt. Während der Linke vom Großen und Ganzen ausgeht und es bspw. für unerträglich hält, wenn Banken auf Lebensmittel spekulieren und die Leute in den Dritt-Welt-Ländern verhungern (Stichwort 1. Internationale) und erst zuletzt an sich denkt, gehen andere immer zunächst von sich aus: erst ich und mein Gartenzaun und dann vielleicht irgendwie die anderen, aber stets aus der eigenen Perspektive (Stichwort: Nationalismus).
    Ich will sagen, dass ich diese aberwitzigen und wiedergängerischen kognitiven Leistungen bestimmter Leser und Kommentatoren, immer auch als eine politische Wahrnehmungsform lese. Wenn jemand meint durch solche zynischen Basta-Erklärungen Komplexität zu verringern und sich die Welt zu erklären und vielleicht noch mit Paragraphen und Statistik belegt, dann ist das schmerzhaft für einen, der genauso eben nicht denkt. Diese aufgeklärte Verhidnerung von Aufklärung lässt sich nicht ausrotten. Ich hab es immer wieder versucht. Momentan versuche ich nicht selbst zynisch zu werden. Linus macht das mit sich und seinem Humor aus. Stefan Niggemeier hält sich kurz. Ich bin noch zu jung, um mir spontan schlaue Entgegnungen einfallen zu lassen.

    Achja…

  85. Ich muss mich korrgieren: Linus macht, glaub ich, auch Theater, auch ne Form der Verarbeitung und versuchten Aufklärung.

  86. @ Jochen:

    „Die Zahl der Toten wir zum einzigen Auswahlkriterium für Berichterstattung. Ein bisschen komplexer ist die Welt schon.“

    1. Welche Kriterien schlagen Sie denn noch vor? Welche Art von Menschen betroffen ist – ob sich unter den Toten US-Amerikaner oder gar Deutsche befinden, oder doch nur Russen oder Afrikaner getötet wurden?
    Ein Anschlag, der das Potential hat, den Kaukasuskonflikt wieder in gefährlicher Weise aufzuheizen, ist unabhängig von der Zahl der Todesopfer relevant. Relevanter und womöglich langfristig folgenschwerer jedenfalls als der Skiunfall eines Autofahrers, den selbst viele Oberschüler schon nicht mehr kennen dürften, weil er seine letzten Erfolge vor ihrer Geburt gefeiert hat (so tragisch das für Schumacher und seine Familie auch ist).

    2. Wenn die Tagesschau in 15 min eben diese komplexe Welt in Ansätzen erklären soll (oder auch will), wieso gehen dann 5 min davon für die Meldung „Schumacher liegt nach einem Skiunfall im Koma“ (ja, das war der gesamte Inhalt!) drauf?

  87. @inga:
    Vom sozialen Leben auf den Bäumen
    kann so mancher Mensch nur träumen,
    weil Affen ziemlich menschlich sind,
    im Gegensatz zum Menschenkind.

  88. Nun äffelts bei der Schöpfung Krone,
    die einen stehn gaffend am Gartenzaun,
    derweil die anderen gänzlich ohne
    Verständnis die Hand an die Stirne sich haun.

  89. Nur mal kurz: Die Tatsache, dass mal als „Promi“ in der Presse erscheint und diese dazu nutzte auch das zu vermarkten, was man verkaufen will (z.B. den Sportler, den Komiker, …), hat doch mit der Frage nichts zu tun, ob ein Verhalten der Presse im Falle eines Unglücksfalles gegenüber diesem Promi und seinen Angehörigen moralisch vertretbar ist oder nicht. Dass die Presse nun mal so sein soll, und jeder die Maschinerie doch kennen sollte, das sind doch keine Argumente. Das ist so erbarmungslos gedankenlos, wie dem Vergewaltigungsopfer eine Mitschuld an der Vergewaltigung zu geben, weil es einen kurzen Rock trug. Jeder hat seine Verantwortung in jeder Situation zu prüfen. Die Medien auch wenn es um eine vermeintlich „öffentliche Person“ geht. Weder solche Personen noch deren Angehörigen haben sich durch den Promistatus generell ihrer Würde begeben.

  90. @ Maximillionen (#117): Volle Zustimmung. Privatsphäre ist nicht dasselbe wie Menschenwürde. Wer zweitweise auf erstere verzichtet, gibt damit nicht gleich letztere auf.

    Wenn Promis in guten Zeiten einen mehr oder weniger großen Teil ihrer Privatssphäre im Interesse ausgedehnter PR an die Klatsch- und Hetzpresse verhökern, müssen sie sich nicht wundern, wenn diese Presse dann auch in schlechten Zeiten vor der Tür steht. Bei Bild spricht man in diesem Zusammenhang, glaube ich, vom Fahrstuhl, den man mit Bild rauf und eben auch wieder runter fährt.

    Aber auch das müsste eigentlich seine Grenze dort haben, wo Allerprivatestes und Existenzielles berührt ist. Frau Emke direkt nach dem Tod ihres Mannes an der Bahnstrecke zu filmen, Schumachers Frau und Eltern quasi am Krankenbett (möglicherweise Sterbebett, wer weiß das schon) zu belästigen, das geht auf alle Fälle zu weit.

  91. „das geht zu weit“

    wer legt das fest?
    und welche relevanz hat das? doch nur, wenn eine mehrheit sich nicht nur zu einem nett gemeinten, moralischen statement durchringt, sondern dem auch taten folgen lässt. z.b. kündigung des xyz abos.

  92. @DaW #113
    Über die Relevanz zu entscheiden, ist womöglich der schwierigste Job eines Journalisten. Deswegen geht es ja auch so oft daneben.
    Sie nennen ein Relevanzkriterium (Aufheizen des Kaukasus-Konfliktes). Es gibt gewiss auch andere.
    Und ja, auch wenn es zynisch klingt: In einer deutschen Nachrichtensendung macht es einen Relevanzunterschied, ob zehn Deutsche bei einem Busunfall ums Leben kommen oder zehn Portugiesen.
    Und für mich macht es einen Unterschied, ob sich Onkel Heinz das Bein bricht oder irgendein Heinz aus Buxtehude.

    Aber das alles ist ja nicht das Thema. Das Thema ist, ob wir „Bild sprach mit der Leiche“ einfach so hinnehmen wollen. Und hier noch konkreter: Das viele Medien sich nicht zu erkennen meinen, wenn man ihnen einen Spiegel vorhält.

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