Das Wundersalbenmassaker

Nach einer Woche, in der der ARD eine Dokumentation über ein angebliches Wundermittel gegen Neurodermitis und Schuppenflechte um die Ohren geflogen ist, lohnt es sich, noch einmal zu nachzuschlagen, was die „Süddeutsche Zeitung“ am Anfang jener Woche, am Tag der Ausstrahlung, über diesen Film geschrieben hatte:

(…) Mehr als ein Jahr lang hat Klaus Martens für seine Dokumentation Heilung unerwünscht. Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern die Geschäftspraktiken der Branche recherchiert. Das Ergebnis ist ein Beitrag, in dem sich die Guten und die Bösen sehr klar voneinander unterscheiden lassen, fast so, dass es einen schon wieder misstrauisch machen könnte. Dass man es am Schluss doch nicht ist, spricht für Martens Recherche und seine Art der Aufarbeitung — und gegen einen Wirtschaftszweig, der zwar wie jeder andere Geld verdienen muss, dabei aber zu oft vergisst, dass er mit einem besonderen Gut handelt: der Hoffnung von Menschen auf Gesundheit. (…)

Geschickt nutzt der Film die emotionalen Momente. Wenn Mitentwickler Thomas Hein mit brüchiger Stimme sagt, für ihn sei die Welt zu Ende, wenn die Kamera einen kleinen Jungen in die Sprechstunde begleitet, wo seine geschundene Gesichtshaut neu bandagiert wird, nur Augen, Nase und Mund bleiben frei. Doch so stark diese Bilder sind, erkennt man dank der gut dokumentierten Recherche und des sachlichen Tonfalls, dass der Film mehr will als Mitleid wecken für acht Millionen Patienten und zwei gescheiterte Erfinder. Die Sorgfalt des auf Wirtschaftsthemen spezialisierten WDR-Journalisten Klaus Martens zahlt sich aus: Mit jedem Gesprächspartner, jeder weiteren Information wird der Irrsinn, in den die Profitgier der Pharmakonzerne mündet, deutlicher. (…)

Wie es sich der hochverschuldete Mann leisten kann, jahrelang in einer offensichtlich nicht ganz billigen Schweizer Klinik zu leben, ist eine von zwei Fragen, die dieser ansonsten schlüssige Film unbeantwortet lässt. Die andere Frage ist, ob die rosafarbene Creme jemals auf den Markt kommen wird.

Im Nachhinein, wenn man um die, gelinde gesagt, Schwächen der Dokumentation weiß, wirkt der SZ-Artikel fast ironisch: Wie die Kollegin für einen winzigen Moment skeptisch wurde angesichts der Schwarz-Weiß-Malerei des Films. Wie sie auf die Suggestion hereinfiel, die Creme könne Neurodermitis nicht nur lindern (was durchaus möglich ist), sondern heilen. Wie sie mit der Frage endet, ob das Mittel doch noch vertrieben werden wird — eine Frage, die am Tag nach der Ausstrahlung, dem aus Marketingsicht perfekten Termin, öffentlich mit Ja beantwortet wird, aber in Wahrheit schon Wochen vorher beantwortet war.

Schon am 29. September hatte die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) eine Vorschau auf den Film veröffentlicht und sich die Aussagen vollständig zu eigen gemacht — interessanterweise mit dem Hinweis, dass man das, was man da sieht, eigentlich gar nicht glauben möchte, es dann aber augenscheinlich doch tat:

Eine Creme, die den Juckreiz lindert, die schuppigen Ekzeme zum Abklingen bringt und gar nicht teuer ist – für Patienten, die unter Schuppenflechte oder Neurodermitis leiden, klingt das wie ein Märchen. Diese Creme gibt es wirklich, und doch ist sie für die allermeisten Patienten unerreichbar. (…)

Was Martens zu berichten hat, ist eine beinahe unglaubliche Geschichte aus dem Dschungel der Pharmaindustrie, die gerade, weil sie kein Märchen ist, bislang auch kein Happy-End gefunden hat. (…)

Ich zitiere das nicht, um mich darüber lustig zu machen. Ich fand den Film zwar ganz und gar nicht überzeugend. Aber ich habe ihn mir auch erst am Donnerstag angesehen, als ich die Kontroverse um ihn schon kannte. Wer weiß, ob ich ihm nicht sonst auch auf den Leim gegangen wäre — und der nachfolgenden PR der Vertriebsfirma. Noch am Mittwoch brachte „Spiegel Online“ ein Stück, das von keinem Zweifel an der wunderbaren, wundersamen Geschichte getrübt war und Vorlage war für weitere unkritische Berichterstattung.

Nun gehört zum Repertoire richtiger Journalisten, wenn sie ihr verlorenes publizistisches Monopol beklagen, der beliebte Schlager „Journalisten recherchieren, Blogger schreiben nur ab“. Doch während die professionellen Journalisten noch am Abschreiben waren, hatte der anonyme Pharma-Blogger „Hockeystick“ in der „Stationären Aufnahme“ zwar noch nicht selbst recherchiert, aber etwas anderes, was eigentlich gute journalistische Tradition ist: Zweifel. Nach und nach trugen er und andere Indizien und Belege dafür zusammen, dass die Geschichte nicht ganz so eindeutig war, wie der Film und die auf ihm beruhenden Artikel glauben machen wollten, und die Markteinführung von „Regividerm“ keine Reaktion auf die Zuschauerresonanz nach dem Film gewesen sein kann.

Die ARD aber sah entweder nicht, was sich da zusammenbraute, oder entschloss sich zu einer verheerend falschen Trotzreaktion: In der Sendung „Hart aber fair“ sprach Frank Plasberg unbeirrt von den „besten klinischen Studien“, die die Wunderwirkung des Mittels bestätigten — Studien, deren überaus begrenzte Aussagekraft im Internet bereits gemeinschaftlich analysiert worden war.

Einer, der das getan hatte, heißt David Beck­wer­mert. Von ihm hatte ich zuvor genau so wenig gehört wie von dem Blog „Principien“, auf dem er schrieb. Ich habe am Donnerstagabend, als ich die verunglückte „Hart aber fair“-Sendung im Fernsehblog auf FAZ.net kritisierte, lange überlegt, ob das unter diesen Voraussetzungen eine Quelle für mich sein kann — schließlich bin ich Laie, was die Analyse medizinischer Studien angeht. Ob Beckwermert mit jedem seiner Urteile Recht hat, weiß ich bis heute nicht, aber ich weiß, warum ich ihn für glaubwürdig gehalten habe und halte: Weil er klar argumentiert und weil er mir mit vielen Links zu Quellen und Fachbegriffen Gelegenheit gibt, seine Argumentation nachzuvollziehen.

Bei Martens Film genügte hingegen schon eine relativ flüchtige Internetrecherche, um festzustellen, wie sehr er die Dramaturgie auf seine These von der böse Pharma-Industrie, die ein Wundermittel für zig Millionen Menschen verhindert, hingebürstet und Widersprüche etwa bei der Beurteilung der Nebenwirkungen von umstrittenen Neurodermitis-Mitteln wie Elidel schlicht weggelassen hat.

Zugespitzt formuliert: Ich traute dem mir völlig unbekannten Blogger mehr als dem preisgekrönten ARD-Filmemacher.

Ich bin überzeugt davon, dass das in Zukunft häufiger und mehr Menschen so gehen wird und den Journalisten das ganze dumme Gerede von ihrer naturgemäßen Überlegenheit über die neuen Nebenbei-Publizisten nichts helfen wird. Helfen wird ihnen nur, wenn sie sauber arbeiten, ihre Quellen offenlegen, sich im Nachhinein auf die Diskussion mit Kritikern einlassen und im Zweifel zugeben, an welchen Stellen sie Fehler gemacht haben und an welchen Positionen sie aber festhalten.

Natürlich gibt es auch umgekehrt keine natürliche Überlegenheit von Bloggern und Online-Kommentatoren. Sie sind auch nicht pauschal die besseren Journalisten und haben ihre eigenen unguten Reflexe: Zum Beispiel aus dem fehlenden Beweis, dass die Creme gegen Neurodermitis wirkt, zu schließen, dass sie nicht wirkt. Oder gleich die ganz große Verschwörungstheorie aufzumachen und aus der Tatsache, dass ein Film aufgrund journalistischer Fehler für eine Marketingkampagne für ein neues medizinisches Produkt eingespannt werden konnte, zu folgern, dass der Film bewusst zu diesem Zweck gedreht worden sein muss. Aber diese Überreaktion ist zum Teil auch die Folge einer übertrieben einseitigen und undistanzierten Bericherstattung.

Ich frage mich, ob der Film in diesem Maße berechtigten Widerstand produziert hätte, ob die ARD-Leute auch dann Fehler hätten einräumen müssen, ob in der „Süddeutschen“ und auf „Spiegel Online“ schließlich doch noch so kritische Artikel über Regividerm stehen würden, wenn es keine Blogger gegeben hätte, die zweifelten und recherchierten statt zu glauben und abzuschreiben.

(Entschuldigung, wenn das schon wieder wie eine Ansammlung von Banalitäten wirkt. Aber die Wahrheit ist, dass es immer noch als klug gilt, sich damit brüsten, Blogs zwar nicht zu kennen, aber doof zu finden, und es Online-Medien nicht zu blöd ist, das auch noch zu veröffentlichen.)

117 Replies to “Das Wundersalbenmassaker”

  1. Kleiner Aufreger zum Wochenstart.

    Ich habe Ihren großartigen Artikel im FAZ-Blog gelesen, den Film im WDR analysiert, die Studien gelesen und Pharmakologie Bücher gewälzt. Ich kann Ihre Aussagen daher komplett nur bestätigen. Ein paar Anmerkungen:

    1) Motiv
    Avocadoöl und Vitamin B12 sind frei beziehbare Substanzen. Die Crem hätte also schon seit 20 Jahren auf dem Markt sein können und in dieser Zeit vielen Kranken Linderung verschaffen können. Daher kann ich mir sehr gut vorstellen, dass hinter dem ganzen Gutmenschentum nur die Gier der Erfinder nach viel, viel Geld steckt. Hätte man diese Salbe, wie schon oft erwähnt, nämlich als Drogerie-Artikel auf den Markt gebracht, wäre die Gewinnspanne für die „Erfinder“ wesentlich geringer. Dieser naheliegenden Frage ist in dem Film niemand mal nachgegangen. Warum?

    2) Studien
    Wenn man von einer Verhinderung eines Medikamentes spricht sollte man auch von der üblichen Einführung eines Medikamentes sprechen und dem Zuschauern die Chance geben zu begreifen, wie das Verfahren abläuft (siehe Wikipedia). Egal ob die Bedingungen für die Studie nun eingehalten wurden oder nicht, im Abgleich mit den Daten der Studie stellt jeder schnell fest: Es sind zu wenig Patienten getestet worden, die Phase III ist nicht durchlaufen, ein Signifikanter Wirkungsnachweis fand noch nicht statt.

    Pressecodex: Ziffer 14 – Medizin-Berichterstattung
    Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte. Forschungsergebnisse, die sich in einem frühen Stadium befinden, sollten nicht als abgeschlossen oder nahezu abgeschlossen dargestellt werden.

    Das große Problem beim WDR ist, dass medizinische Themen nicht von ausgebildeten Fachjournalisten bearbeitet werden, die halt anders ticken als Geistes- oder Wirtschaftswissenschaftler (Ranga Jogischwa hätte nie einen solchen Film produziert), sondern in diesem Fall von … sagen wir es mal so: Ältere Menschen reden oft und gerne über Krankheiten und haben das Gefühl, sie währen Experten auf dem Gebiet. Dass Ihnen jedoch eine solide naturwissenschaftliche bzw. medizinische Ausbildung fehlt, verdrängen sie gerne. Um sicher zu gehen, besorgen sich Autoren daher „Freie Berater“, die ihre Angaben bestätigen:

    „Die ist doch solide die Studie, oder!?!“
    „Natürlich ist die solide.“

    Bekannt ist die Regel im WDR: Wer motzt, der fliegt! Freie Berater beim WDR stecken daher in dem großen Dilemma eine fachlich falsche Aussage machen zu müssen, da sie ansonsten den Job verlieren und ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Der WDR bekommt daher immer das, was er hören will und nicht das, was richtig ist. Niedlich gucken hilft dort – Qualitätsjournalismus geht aber anders.

    3) Internet
    Das Internet ist erst vom Militär und dann von den Unis entwickelt worden. So ein Quatsch, ständig zu behaupten, die Wissenschaftler wären nicht mehr da. Hallo? Nicht die Verlage, sondern die Unis bzw. das CERN sind die Mütter und Väter des Internets!
    Resultat: Vor 20 Jahren hätte der Film noch geklappt, heutzutage aber nicht mehr. Moderner Journalismus kann sich nicht mehr leisten, die Zuschauer zu verarschen.

    Schönen Guten Morgen!

  2. Guten Morgen,

    ich verstehe all Ihre Ansichten und trotzdem muss ich Ihnen als Betroffener sagen, dass ich diese Salbe ausprobieren werde. Es gab in den letzten Jahren zig Artikel über die Machenschaften der Pharma- Industrie die mich Dinge glauben ließen die ich nie für möglich gehalten hätte- weshalb ich auch hier wieder Zweifel entwickele. Sollte ich tatsächlich merken müssen, dass diese Salbe nicht wirkt (heilen wird sie mich garantiert nicht), auch gut! Glauben Sie mir, andere Betroffene werden mir zustimmen, Medikamente die nur mäßig oder gar nicht helfen, habe ich in meiner Laufbahn als Psoriasiskranker schon zuhauf kennengelernt.

    Die Hoffnung stirbt zuletzt. Mir egal ob nun die Erfiner mit dieser Maxime kokettieren und sich die Taschen füllen oder die Pharma- Industrie.

  3. Bei jedem Journalisten, der über Gesundheitsthemen schreibt, sollte die ‚Stationäre Aufnahme‘ im Feedreader weit vorn stehen und allmorgendlich Pflichtlektüre sein. Die Jungs wissen, wovon sie schreiben. Nicht nur in solch spektakulären Fällen …

  4. Als ich die Werbung fuer die Dokumentation auf der ARD-Webseite sah, musste ich spontan an IN ALLER FREUNDSCHAFT denken…

  5. Ich kann die ganze Argumentation nach Raffgier der Pharmaindustrie nicht nachvollziehen, darüber wurde ja auch in der viel diskutierten Hart-aber-Fair-Sendung sinniert. Denn: Wenn ein Medikament wirklich wirkt (nicht heilt, wirkt!), dann kann doch das Argument „Daran können wir nicht viel verdienen!“ seitens der Pharmaleute keines sein. Es geht doch nicht nach dem Wert der Inhaltsstoffe sondern um die beweisbare Wirkung. Und wenn eine solche Cremé nur aus Apfelsaft mit einem Schuss Quark bestehen würde: Ich als Pharmachef hätte doch sofort etliche Hektoliter angerührt, die Tube Salbe für 0,20 Euro Warenwert hergestellt und für vergleichsweise günstige 9,95 Euro in die Apotheken gestellt.

    Ich sehe hier also eher die Chance auf einen enormen Gewinn der mit der Aussage: „Lässt sich nix mit verdienen!“ so überhaupt nicht in Einklang zu bringen ist. Oder habe ich da falsch gedacht?

  6. @ nico

    Lieber nico. Ich bin der letzte der Sie daran hindern will die Salbe auszuprobieren und ich drücke Ihnen ganz fest die Daumen, dass Sie Ihnen Hilft.

    Nur brauchen Sie nicht darauf zu warten, bis dass die käufliche Salbe auf dem Markt erscheint. Sie können sie heute noch direkt bei Ihrem Apotheker sich zusammen mischen lassen, nachdem Sie mit Ihrem behandelnden Arzt vorsorglich gesprochen haben.

    Mich regt es nur extrem auf, dass es Menschen gibt, die sich auf ihrem persönlichen Leid in einer solch unverschämten Weise sich eine „goldene Nase“ verdienen wollen und das ganze dann als Journalismus verpacken!

  7. Einer muss es ja bemerken: „noch einmal zu nachzuschlagen“?
    (Danke fürs Ändern, dann fühl ich mich beim Lesen besser. Hilft das auch fürs Karma?)

  8. Martens Film hat wohl eine Kontroverse ausgelöst. Nur nicht die, die er beabsichtigte.

    Man sollte aber auch bedenken, dass nicht völlig klar ist, inwieweit die sich empörenden Experten über den Fall eingeweiht waren. Martens als Scharlatan zu bezeichnen finde ich eben so unverschämt wie die völlig sinnfreie Einspielung der Szene mit dem Kind durch Martens und Plasberg.

  9. ich muss sagen, schon lange (viellleicht sogar eigentlich nie) hat mich eine geschichte so hin und her gerissen, wie diese. ich hab die reportage vefolgt, weil ich das ganz interessant fand. gut: nun ist es nicht das grösste geheimnis, das pharmariesen mehr am leid, als an der genesung von menschen verdienen, aber es war doch eigentlich ganz gut mal wieder so ein exemplarisches beispiel gezeigt zu bekommen. dann ging aber der ganze trubel im nachhinein los und ich war verunsichert. dann traf ich aber vor kurzem einen befreundeten arzt, der von dem film nix mitbekommen hat und mir dennoch von dem zeug erzählte, weil er mal einen vortrag von hein (dem salbenentwickler) gesehen hat woraufhin er die salbe bei einer freundin ausprobierte, die dadurch quasi genesen ist. nun ist das natürlich NOCH unseriöser, als irgendeine studie, aber man glaubt menschen die man kennt ja, und er hatte nun wirklich keinen grund mir murks zu erzählen (abgesehen davon das er aus allen wolken fiel, als ich ihm sagte, das die salbe nun auf den markt kommen solle). jaja, ich weiss: einzelfall. aber schon irgendwie auch..ich weiss nicht…

    ich lehne sowohl vrschwörungstheorien mehr oder weniger komplett ab, als das ich auch nicht daran glaube das sich krankheiten mit globuli heilen lassen. aber ich habe so das gefühl, und das ist nun wirklich die abenteuerlichste konstruktion, das quasi die zweifel an der reportage und das aufkommen der massigen kritik im nachhinein nun auch (ja, ich druckse rum, weil ich mich kaum traue sowas bescheuertes zu schreiben) von der pharma industrie als bewusste diss-massnahme gesteuert oder zumindest initiiert sein könnten. denn ein interesse am erfolg dieses produktes können sie ja nachwievor nicht haben.

    meine güte, ist das ein schrecklicher zwiespalt. wie halten das nur verschwörungs-gläubige menschen aus?

  10. Alles richtig – bis auf den letzten Satz in Klammern. Ich fand´s gut, Staecks Rede im Tagesspiegel zu lesen (der sich imho nicht mit seiner Unkenntnis „gebrüstet“ hat). Und finde es nicht gut, wenn Meinungen, die manchem vielleicht als altbacken gelten, als nicht publizierbar hingestellt werden bzw. Medien für deren Veröffentlichung ein ums andere Mal gescholten werden. Worüber wäre denn dann noch zu diskutieren? (Und worüber sollte sich Carta dann noch aufregen? Wörter wie „Geraunze“ wollen schließlich untergebracht werden.)

  11. Ich hatte mich beim Anschauen der Sendung gleich gewundert, wie die plötzlich von der Schweinegrippe auf Neurodermitis gekommen sind. Der Themenschwenk war irgendwie so gekünstelt….^^
    Was mich dann besonders gefreut hat, war, wie einmütig die verschiedenen Gäste die Art der Präsentation und die Inhalte verurteilt haben.
    Ich halte Herrn Plasberg sowieso für eher unerträglich, aber mit dieser Aktion hat er aus meiner Sicht noch den letzten Rest journalistischer Glaubwürdigkeit und Integrität verspielt.

    Hart aber FAIR ?! Fakten-Check ? Der Mann ist nur noch lächerlich.

  12. „das aufkommen der massigen kritik im nachhinein nun auch (ja, ich druckse rum, weil ich mich kaum traue sowas bescheuertes zu schreiben) von der pharma industrie als bewusste diss-massnahme gesteuert oder zumindest initiiert sein könnten“

    Die These liegt auf der Hand, und wurde so ähnlich auch schon vom großen Hademar Baknhofer artikuliert. Ich kann jetzt nur für unseren bescheidenen Beitrag an der gesteuerten Diss-Maßnahme sprechen. Die jahrelange phamakritische Berichterstattung ist in unserem Blog in der Tat nur Tarnung. Dabei nehmen unsere Geldgeber auch gerne kleinere Kollateralschäden bei pharmafreundlichen Meinungsbildnern und Blockbuster-Medikamenten in Kauf (Champix, Zyprexa, Axura, …). Unsere eigentliche, geheime Mission ist es, auf Abruf einen alternden Kräuter-Bankhofer oder eine nicht als Medikament zugelassene Avocado-Vitaminsalbe aus dem Spiel zu nehmen, da nur diese die Profite der Pharmaindustrie ernstlich bedrohen.

  13. die story kommt mir irgendwie seltsam vertraut vor. ich erinnere mich an einen fernsehbericht vor ca. 2 (?) jahren, nach dem ich mich unglaublich aufgeregt hatte, weil ein mediziner ein günstiges medikament gegen den widerstand der pharmaindustrie nicht auf den markt bringen konnte. diese erinnerung sprang irgendwie sofort an, als die plasberg-sendung auseinander genommen wurde.

    zum artikel selber: thema voll getroffen & gut geschrieben.
    der strang journalisten vs. blogger klingt aber irgendwie blechern im ohr. war das hier wirklich notwendig? kann ein bericht, ein journalist nicht einfach objektiv kritisiert werden, ohne dass da blogger-berichte entgegengehalten werden mit dem tenor: alles ganz anders!
    ist das nicht die „natürliche haltung“ von legionen von bloggern: es immer besser zu wissen und immer unzählige argumente gegen ihre lieblingsgegner anzuführen. das ist doch auch der spass dran.

  14. „Ich traute dem mir völlig unbekannten Blogger mehr als dem preisgekrönten ARD-Filmemacher.“
    Das ist in diesem und sicher vielen anderen Fällen sehr gut nachzuvollziehen. Aber bitte nicht vergessen: auch unter Bloggern gibt’s einige, die von dem über das sie schreiben, wenig wissen. Fehler, also die Ahnungslosigkeit von Journalisten, die ich früher ständig beim Lesen von Printmedien bemerkte (jedenfalls bei den Dingen in denen ich mich auskenne), die bemerke ich heute beim Lesen von Blogs ebenfalls. Leider.

  15. @hockeystick: ja, schon klar das mir das jetzt um die ohren fliegt. ich meinte ja auch nicht explizit euch, aber komisch ist es schon, auch wenn du ganz ironisch bist und mich jetzt mit einfachheit auf eine bankofer-trottel-seite stellen kannst. in das offene messer bin ich ja mit anlauf reingerannt.

    trotzdem: wenn man dann von freunden über die wirksamkeit des zeugs erfährt, dann wudert man sich eben. thats it.

  16. Die Frage ist doch: Wird ergebnisoffen recherchiert? Wäre die Dokumentation ausgewogen gewesen, hätte sie kaum für so viel Aufsehen gesorgt.

    Da hat ein Journalist einen Fisch an der Angel. Die Rute biegt sich wirklich gewaltig. Das muß ein riesiges Vieh von enormem Gewicht sein. Alle kommen und staunen, bis ein zweifelnder Blogger die Sehne packt und ein stinkendes totes Tier aus dem Trüben fischt.

    Es soll auch schon umgekehrte Fälle gegeben haben.

  17. Sehr geehrter Herr Niggemeier (und andere),

    ich weiss jetzt nicht, in wie weit die folgenden Informationen eine gewisse Wichtigkeit, wenn nicht gar Brisanz darstellen, aber interessant zu betrachten ist hier die Geschichte der Webseite zur „auf einmal“ groß heraus kommenden Salbe „Regividerm“. Hier die aktuelle Webseite:

    http://www.regividerm.de/

    Und hier mal eine Übersicht der gleichen Webseite, die seit über 10 Jahren im Netz erreichbar ist. Eine Übersicht der Inhalte die seit 1999 archiviert sind:

    http://web.archive.org/web/*/http://www.regividerm.de/

    Da findet man auf den ersten, archivierten Inhalten von 1999 genau diese Seite:

    http://web.archive.org/web/19991012124727/http://regividerm.de/

    Und auf dieser, 10 Jahre alten Seite findet man schon jede Menge Informationen zu Studien, zu bestätigten Wirkungsweisen und vieles mehr. Und erst 10 Jahre später taucht die Creme als vermeintliche Wundersalbe in den Medien auf? Seltsam, sehr, sehr seltsam…

  18. Jack Wolfskin in Bluewater – da kam einiges zusammen: eine unglaubliche Geschichte, zu gut um nicht verbreitet zu werden und eine neue (Internet)öffentlichkeit, die Abläufe, die sich seit Jahren eingespielt haben, hinterfragt.

    Als ich die Doku am Abend der Austrahlung sah, war neben dem Gefühl, Zeuge einer tragischen Geschichte geworden zu sein (leidende Kinder/Menschen + hochverschuldeter Erfinder in Sanatorium), ein Gefühl, daß irgendwas nicht stimmte. („der Erfinder verkaufte das Patent nicht, weil die Firmen nicht garanieren wollten, das Medikament zu produzieren (er will das die Kranken was davon haben)“ vs „Ärzte mussten nach Studien ihren Patienten sagen: sorry, jetzt gibt es nichts mehr“).

    Ein ‚Buch zum Film‘ ist heutzutage nichts ungewöhnliches, und dass die Doku das ausschlagende Argument für einen Investor war, liegt auf der Hand. Das Problem finde ich: durch die Entscheidung, das Produkt auf dem Markt zu bringen, kam der Doku des Themas abhanden. Als „wie ein Medikament nach Jahren auf den Markt kommt“ hätte man es nicht senden können, wegen zu offensichtlcher PR. Ein möglicher Ausweg wäre gewesen, nach einem Jahr eine Doku zu bringen: „Was wurde aus dem Wundermittel?“ Aber das kann man ja immer noch.

  19. Ich gebe zu, dass ich den Artikel auf Spiegel Online voller Begeisterung gelesen habe und ihn auch gleich ausgedruckt habe. Die Hoffnung, die mir dieser Artikel gegeben hat, hatte meine ganzen Bedenken hinfortgeweht und ich habe mich auf diese Salbe gefreut. Heilung oder zumindest eine Linderung meiner aktuellen Schuppenflechte in Aussicht zu stellen ist einfach etwas worauf ich und vermutlich auch viele andere Betroffene hoffen und warten. Die rosa Pillen-Brille, mit der ich den Bericht las, musste ich wieder absetzen und die nüchterne Realität anerkennen. Zu schön wäre es gewesen, wenn es denn wirklich so gekommen wäre.

    Dass diese Mauschelei so schnell ans Licht kam, verdanken wir mal wieder einigen Bloggern. Wieder ein Mal mehr zeigt sich, welchen Einfluss Blogger haben und wie sehr sie mein Leben beeinflussen (können).

  20. @1. Genau auf den Punkt gebracht: Treffer versenkt.

    @17. „[…] der strang journalisten vs. blogger klingt aber irgendwie blechern im ohr. war das hier wirklich notwendig? kann ein bericht, ein journalist nicht einfach objektiv kritisiert werden, ohne dass da blogger-berichte entgegengehalten werden mit dem tenor: alles ganz anders!
    ist das nicht die „natürliche haltung” von legionen von bloggern: es immer besser zu wissen und immer unzählige argumente gegen ihre lieblingsgegner anzuführen. das ist doch auch der spass dran.”

    Stefan hat nirgendswo behauptet, dass Blogger es immer besser wüssten. Er war in dieser Frage schon immer differenzierter.

    Es kann aber nicht oft genug wiederholt werden, wenn es immer wieder von unseren Qualitäts-Journalisten heißt: Wir sind Qualität und ihr schreibt nur ab. Es ist nun mal keine Schwarz-Weiß Welt in der wir wohnen, und daher sind pauschale Urteile per se schlechte Urteile.

    Daher meine ich: Alle ereichbaren Quellen vergleichen und Fakten suchen, entscheiden. Egal welcher Art die Quellen sind.

    Komisch, das erinnert mich irgendwie daran, dass sich die Qualitäts-Medien auch — im Gegensatz zu einigen Bloggern — bisher auch nicht großartig um die Tatsache kümmern, dass die WHO die Pandemie-Kriterien für die Stufe 6 (wohl so im Mai 2009 rum) — nicht öffentlich natürlich — geändert hat, damit plötzlich alle neuen Impfstoffe gegen die Schweinegrippe eine Zulassung bekommen. Ein Schelm der böses dabei denkt!

    Da kann ich nur immer wieder mit dem Kopf schütteln und hoffen, dass unsere Blogger nie Müde werden den Finger — egal wie oft –tief in die Wunde legen. Vielen Dank dafür.

    Schönen Montag noch

  21. @16 – Ich wusste es !
    @2
    „Das große Problem beim WDR ist, dass medizinische Themen nicht von ausgebildeten Fachjournalisten bearbeitet werden, die halt anders ticken als Geistes- oder Wirtschaftswissenschaftler (Ranga Jogischwa hätte nie einen solchen Film produziert)“

    Rangar Yogeshwar hat bereits ähnlichen Murks fabriziert. Sehen Sie sich die Quark und Co Folge über AD(H)S an. Gleiches Schema wie hier: Erst kam eine große Enthüllungsstory über die Pharmaindustrie bei Frontal 21 und dann hat man allen möglichen Cretins ein Forum gegeben um ihre abstrusen alternativen Heilmethoden zu promoten.

  22. @ hape

    Genau das ist die Politik, von der ich eben gesprochen habe: Wer motzt, der fliegt! Merkt ja keiner …

  23. @ Martin

    Danke für den Hinweis, ich werde mal schauen, ob ich das in Ruhe mal nachvollziehen kann. Der unkritische Umgang mit alternativen Heilmethoden und Psychospielchen mit vorgetragenen eigenem Nachruf in der Kirche (kein Witz!) ist für mich Zeichen, dass die Psycho-Coaches der Redakteure langsam das Regiment übernehmen und nicht mehr der Verstand bzw. das journalistische Handwerkszeug. Schlimm das!

  24. „Wissenschaftsjournalisten“ sollten doch wenigstens wissen, wie man Studien liest und beurteilt. Und Die Hart aber fair-Redaktion ebenfalls. Ohne Worte.

  25. @Martin, JO
    Naja, Gesundheit ist nun mal ein emotionales Thema, eines dem man vielleicht schwerlich distanziert begegnen kann, jeder ist nun mal von Krankheit bedroht. Was mir bei hart aber fair am deutlichsten in Erinnerung geblieben ist, war, dass Plasberg seltsam emotional angekratzt wirkte.
    Aber das wäre dann auch ein Grund mehr, seine Position klar zu verorten, falls man betroffen ist, es einem nahe geht, dies auch zu sagen, und soviele Fragen zu stellen, wie möglich. Hier wurde aber das zentrale Argument, warum das Mittel nicht produziert wurde, nämlich das der Heilung (nur ein Medikament, das heilt ist eine Bedrohung für eine Industrie, die mit einer chronischen Erkrankung mehr verdient – so wurde es auch in der Doku gesagt) mit einem: „Naja, dann nennen wir es eben Linderung“ beiseite gewischt.

  26. @Martin: Die Quarks & Co. Folge über AD(H)S war in der Tat sehr übel. Allerdings ging diese in eine andere Richtung, da wurde unreflektiert über die Medikamente hergezogen und völlig geleugnet, dass diese zumindest einem Teil der Betroffenen helfen. Mittel der Manipulation waren zwei Kinder/Jugendliche. Einer nahm Medikamente, der andere nicht. Letzterer hatte eigentlich gar keine Sachargumente, sondern nur Vorbehalte, aber diese wurde breitgetreten. Als betroffener Erwachsener hat mich die Sendung echt wütend gemacht.

  27. Antwort 24 mit dem entsprechenden Link finde ich wichtig. Mein Eindruck, dass der WDR kritische Zuschriften löscht, scheint sich zu bestätigen.

  28. Herr Niggemeier, auf der Internetseite des WDR erschien auch ein Beitrag, der ganz klar zur PR-Kampagne gehörte. Jedoch wurden sämtliche kritischen Kommentare sofort gelöscht. Es ging dann sogar soweit, dass man die Kommentarfunktion entfernte.
    Und dies geschah am Donnerstag und Freitag, als schon alles herausgekommen ist.

    Das hat in Ihrem Artikel noch gefehlt.

  29. Der Film blendete völlig die gegenteilige Möglichkeit aus, nämlich dass die Salbe aus Geldgier der Erfinder nicht auf den Markt gekommen ist. Offensichtlich wollten die, getrieben von dem „Wert-Gutachten“ über 936 Mio. US Dollar, eben keine „kleine Lösung“, keine „Ochsentour-Lösung“ über die Dörfer. Dieses „Wert-Gutachten“ wurde auch zu keinem Zeitpunkt vom Film-Autor hinterfragt. 10% der Weltbevölkerung sind betroffen, ja das geht nur mit einem Global Pharma Player. Medizinisch war und ist das Wahn, Wahn bei den Erfindern.
    Neben den rund 100 Cortisonsalben gibt es auch ebenso viele Cortison-freie Salben und Cremes. Und gemäß dem Gesetz der großen Zahl, wird man immer Betroffene finden, die sagen, daß ihnen irgendeins davon geholfen hat. Das bedeutet aber nichts, weil es eben immer nur ein paar Leuten hilft. Unter 1000 Neurodermitikern wird man 20 oder 30 oder auch 50 finden, denen eine harmlose Body Butter den Juckreiz lindert. Aber mehr auch nicht. Die Body Butter kriegt aber keinen 45 Minuten Werbefilm abends in der ARD. Und das vollkommen zurecht. „Werbung“ für die rosa B12 wäre nur dann in Ordnung, wenn es eine Studie gäbe, die belegt, 500 von 1000 Betroffenen haben bei Anwendung keinen oder so gut wie keinen Juckreiz mehr. Und das ohne die üblichen Nebenwirkungen einer Cortisonsalbe. Aber so ist es doch nicht belegt.
    Der Beipackzettel von Elidel enthält seit 2007 den Hinweis, der laut Filmautor Martens angeblich im Beipackzettel nicht stünde. Das ist unwahr. 2005 stand er nicht drin, weil das Problem bis dahin nicht an den Hersteller gemeldet war. Aber der ganze Film ist auf diesem „Recherche-Niveau“.
    Der Verkauf des angekündigten Buches sollte gestoppt werden. Und Herr Martens nie wieder einen Auftrag von ARD oder ZDF bekommen.

  30. Interessant ist vor allem, dass hier nur noch Medienkritik besprochen wird. Die klare, deutliche und belegbare Kritik an der Politik der Pharmaunternehmen spielt keien Rolle mehr. Insofern sind Sie Herr Niggemeier in dieser Sache als Medienkritiker im Recht, andererseits auch ein freundlicher Erfüllungsgehilfe der Pharmalobby. Glückwunsch!

  31. @25 (Jens)
    die sendung ist herrn plasberg doch schon wenige stunden später um die ohren geflogen. die doku hat sich (fast umgehend) als gefährlich eingleisig und undifferenziert entlarvt. die bestätigenden studien für die salbe sind doch nicht so fundiert und so bestätigend, wie vorher behauptet.
    warum muss zu diesen objektiven, vernichtenden tatsachen und argumenten noch ein „stellungskrieg“ der journalisten gegen blogger und umgekehrt in diese diskussion hineingetragen werden? das kommt mir sonderbar.
    dass ein blog fakten bringt, die ein journalist bei reiflicherer recherche auch hätte recherchieren können -bei einer dementspre-chenden auftragsarbeit wie hier auch hätte müssen- das ist doch unbenommen. auch wird niemandem abgesprochen, in seinem blog harte fakten und wahrheiten zu präsentieren. auch geschenkt.

  32. Ich schließe mich der 35 an.
    Medienkritik schön und gut, aber für die Betroffenen (und zu denen gehöre ich) ist diese Salbe einfach ein Licht in der Düsternis aus Cortison und Hautkrebsgefahr.
    Bei der ganzen Medienkritik und Rumrätselei, warum das Medikament noch nicht auf dem Markt ist (wobei das in meinen Augen ganz logisch ist, schließlich verdient man an Langzeitkranken) wird vergessen, dass das ein wichtiges Thema vor allem für die Betroffenen ist, die seit Jahren vergeblich auf Besserung warten. Ich hatte schon Elidel und auch Cortison als Salbe und beides wirkt nur sehr bedingt. Ich freue mich sehr, dass es endlich eine Salbe gibt, die langanhaltendend wirkt und bei der ich mir weder um meine Nieren (Nebenwirkung Cortison) noch um meine Hautzellen (Nebenwirkung Elidel) Sorgen machen muss.

    Das nur mal so um euch von eurem hohen Ross des hehren Journalismus runterzuholen.
    Niemand ist perfekt.

  33. Pharmalobby..wer ist das eigentlich? Gehört nicht auch die Firma dazu, die die Salbe auf den Markt bringt, oder macht das die Kräuterhexe?
    Was für ein Journalist, dieser Martens, wenn er 1 Jahr an einer Sache recherchiert und dann so ein Müll dabei rauskommt. Oder war er nur betriebsblind? H.J. Friedrichs Satz passt da wieder perfekt: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“
    Das ganze wurde in der neuen Folge Fernsehkritik.tv noch einmal zusammengefasst.

  34. @39

    Grandios kommentiert, und mit so viel Fakten belegt. Klasse….

    Mich nervt die ganze Klugscheißerei hier. Mit der Krankheit und den Verfehlungen der Pharmaindustrie beschäftigt sich dann auch keiner mehr, wir haben ja die Doku zu kritisieren. Habt ihr auch einen Beitrag zum Umgang mit der Krankheit zu leisten? Im Übrigen guckt euch doch mal an wer die beiden Kritiker waren in der Plaßberg-Sendung…

    Sicher kann ich mich Teilen der Kritik an ARD etc. anschließen, nur ihr redet damit vollständig die eigentliche Diskussion tot, merkt ihr das nicht?

  35. Ganz abgesehen davon hat nie jemand behauptet, Regividerm würde Neurodermitis „heilen“. Das geht nämlich überhaupt nicht. Sie kann es nur lindern.

  36. Liebe an Neurodermitis Leidende, ich habe auch eine ansehnliche Leidensgeschichte hinter mich gebracht und betrachte mich – aus meiner unwissenschaftlichen Sicht – jetzt als geheilt, da ich ohne Behandlung symptomfrei bin. Ich werde am Ende auch noch mitteilen, welches Mittel mir geholfen hat. Dieses Mittel ist meines Wissens nicht klinisch getestet worden und es gibt keine Belege, ob es wirklich wirkt oder ob es ein Zufall war, aber da ich weiß, wie man sich als Kranker an jeden Strohhalm klammert, möchte ich es gerne empfehlen.
    Dennoch gibt es keinen Grund, die Medienkritik zu beschuldigen, das eigentliche Thema vergessen zu haben. Wir wollen doch hoffentlich alle lieber die reflektierte, geprüfte Wahrheit hören, auch wenn sie nicht unseren Wünschen entspricht, als angelogen zu werden. Wenn die Medien zunehmend einfach schreiben können, was sie wollen oder was andere ihnen antragen, dann werden wir in Zukunft gar keine verlässlichen Informationen mehr bekommen. Am Ende wird es so viele Strohhalme geben, dass wir lange brauchen werden, um den richtigen zu finden. Wenn wir nicht vorher den Nebenwirkungen eines anderen Strohhalmes erliegen. Dass die Pharmaindustrie nicht über jeden Zweifel erhaben ist, ist hier wahrscheinlich jedem klar, aber wir sollten uns hüten, Lügen mit Lügen zu bekämpfen!

    So, und jetzt meine ganz persönliche Empfehlung. Wie gesagt: Bei mir hat es (offenbar) gewirkt, aber das ist eine Studie mit sehr wenigen Probanden und ohne klinische Kontrolle! Es handelt sich um ein Nahrungsergänzungsmittel, welches in Reformhäusern erhältlich ist und bestimmte Fettsäuren enthält. Es heißt Kreuzkümmelöl, schmeckt fürchterlich und stinkt, aber es hat mir innerhalb von einigen Wochen geholfen.

  37. Dass Blogs als überflüssig gelten, ist nicht nur in Online-Medien der Fall. Auch bei der Quelle Nummer Eins ist das so:

    „Blogosphäre bitte draußen bleiben! Im besten Fall werden Blogs von zweitklassigen Wissenschaftlern betrieben, im Normalfall vom Prekariat.“
    (http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Kurier)

    Willkommen im Prekariat, Herr Niggemeier.

  38. Der Auftrag eines Arzneimittelherstellers ist es, und hier liegt der Fehler in der Grundannahme, den Gewinn zu maximieren und nicht die Menschheit von Krankheiten und Erkrankungen zu befreien. Hier werden der Zweck und die Mittel eines Branche verwechselt. Aber in welcher Branche, mit Ausnahme des Non-Profit-Sektors, ist das anders? Herr Marten hätte genauso über die Automobilindustrie schreiben können, die aus Profitgier bis heute keine Kopfstützen an den Rückbänken von Kleinwagen anbringen und hier auch keine Seitenairbags verbauen, obwohl diese nachweislich leben retten. Oder über die Alkoholindustrie, die durch Alkoholismus und Komapartys labilen Persönlichkeiten gesundheitliche Schäden zufügen einen erheblichen Anteil an den Kosten im Gesundheitsbereich erzeugen.

    Und warum kommen diese Berichte selten bis nie? Ganz einfach: im Heilmittelwerbegesetz ist es untersagt verschreibungspflichtige Medikamente, und diese machen wahrscheinlich über 90% des Umsatzes im Pharmamarkt aus, für medizinische Laien zu bewerben: Ergo: die Pharmaindustrie ist kein guter Kunde für teure Werbeplätze. So lange Eisvögel ins Wasser eintauchen und grüne Segelschiffe über die Meere segeln und solange sich freche französische Cabriolets in Roboter verwandeln werden diese also auch seltener einen kritischen Bericht aufs Brot geschmiert bekommen.

    Aber auch das ist hier kein Skandal, denn auch im Journalismus sollte man den Zweck und die Mittel nicht verwechseln. Der Auftrag eines Journalisten, wie Herrn Marten, ist es von seinen Berichten seine Familie zu ernähren und sein Mittel ist es sich zum Pseudo-Anwalt betroffener Erkrankter zu machen. Würde er einen solchen Bericht über die Kunden seiner Auftraggeber machen, hätte er wohl sein Ziel verfehlt.

    Schade an der Sache ist allerdings, dass Herr Marten, mit Betroffenen (kleinen bandagierten Kindern im besonderen) sein Geld verdienen muss. Ich würde mir wünschen, dass man Menschen, die eine solch hartes Schicksal erdulden müssen, nicht als Marketinginstrument zum Bücherverkauf nutzt. Den von Neurodermitis und Schuppenflechte betroffenen hier im Blog (Lesern wie auch Kommentatoren) wünsche ich von Herzen alles Gute!

  39. „Heilung unerwünscht“ ist unzweifelhaft unausgewogen, sensationsheischend und mangelhaft recherchiert. Ich muss mich aber auch der Vermutung anschließen, dass zur Zeit eine Gegenkampange der Pharmaunternehmen läuft, die Konkurrenzprodukte zu Regividerm anbieten.

    Von den schwachen, aber zahlreichen Indizien nur eines: In vielen Zeitungsartikeln, die kritisch über den Film berichten, steht:

    „Der Neurodermitis Bund kritisierte: „Schade, dass sich jetzt auch schon eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt völlig kritiklos für solche PR-Aktionen hergibt.“ Die beiden unheilbaren Hautkrankheiten werde auch die neue Salbe nicht heilen, schon gar nicht nebenwirkungsfrei. Dies zu behaupten, sei zynisch.“

    Keine Ahnung, wo diese Formulierung herkommt. Aber der Deutsche Neurodermitisbund ist eng mit Novartis verbunden und bewarb mit der Aktion Haut!Nah die Einführung von Elidel.

    Wer diese Pharmaprofessoren sind, die sich jetzt kritisch äußern, weiß ich auch nicht. Aber gibt es überhaupt einen Lehrstuhl, der nicht von Drittmitteln abhängig ist?

    Weitere ähnlich schwache Belege hier aufzuzählen spare ich mir. Aber wenn sich ein Blogger mal die Drecksarbeit machen will… Muss doch reizvoll sein, mit einem Artikel Holzmedien und Pharmakartell gleichermaßen zu diskreditieren…

  40. 37:
    Der Kölner „Express“ (Werbemotto: „schnell-schneller-Express“) hat es bis heute noch nicht kapiert. Der Artikel vom 21.10. (http://www.express.de/nachrichten/news/gesundheit-2008/das-verhinderte-medikament_artikel_1253811693860.html) ist nie ergänzt worden.

    47: Interessanter Hinweis.

    Man kann ja den Herrn Martens vom WDR kritisieren, aber bei einigen Kommentaren hier geht mir das Bashing doch etwas zu weit. Der Film wäre ja, da gebe ich Stefan Niggemeier recht, bei etwas mehr Differenziertheit okay gewesen. Scheint eine alte Monitor-Tradition zu sein: Skandal, Skandal, und Hauptsache die Richtung stimmt.

  41. Ich kann diesen Hype in keiner Weise nachvollziehen. Weder zu Gunsten, noch zu Ungunsten des WDR, der Creme oder des Journalismus.

    Fakt ist: Die Phamaindustrie ist eine vom Lobbiismus geprägte Industrie. Die Pharmaindustrie befindet sich in Deutschland in einem absoluten Schlaraffenland wobei es dem sogenannten Gesundheitswesen immer schlechter geht.

    Zuverlässige oder solide Studie? Ich behaupte jetzt einfach einmal, daß es dies, egal ob 10, 100, 1000 oder 10000 Probanden in diesem Bereich gar nicht gibt. Nur eine kleine Anekdote:

    Während meiner Ausbildungszeit hatte ich -unter anderem- das Vergnügen bei einem Orthopäden zu arbeiten. Das war ca. im Jahr 1982. Dieser führte in seiner Praxis -man könnte es schon fast wahllos nennen- massenhaft „Studien“ für die verschiedensten Pharmaunternehmen durch. Warum? Weil es für einen Mediziner ein unheimlich lukratives Geschäft ist und war.
    Gut in Erinnerung sind mir zwei Studien, die zu Arteparon und Arumalon. Ich fand beide Medikamente schon damals sehr grenzwertig und unnötig. Es hat allerdings, nicht zuletzt dank der von den niedergelassenen Ärzten so sorgfältig durchgeführten Studien- aber Jahre gedauert, bis darauf auch verschiedene „offizielle Stellen“ aufmerksam wurden.
    Die Studien wurden in ungefähr folgendermaßen durchgeführt:
    Am Wochenende durften die Arzthelferinnen eine Sonderschicht einlegen, manchmal war ein (angehender) Arzt dabei. Dann wurden Patienten, denen das Medikament „gut tun würde“ aus den Patientenblättern rausgesucht und die mitgelieferten Forumlare „blind“ ausgefüllt. Die ausgehändigten Medikamente wurden weggeworfen und/oder verkauft (Placebos wurden immer vernichtet).
    Manchmal gab es auch „richtige“ Studien. Die Patienten wurden dann informiert, daß die Pharmafirma die Wirksamkeit testen wolle, es sie nichts koste, auch keine Gefahr oder Risiko bestehe, es werde nur ihre Einwilligung benötigt.
    Ausgefüllt wurden die Bögen dann auf oben genannte Weise.

    So kommt man -als Pharmakonzern- problemlos auf eine große Zahl Teilnehmer, eine Aussage wird mit dieser Studie trotzdem nicht gemacht, die Behörden werten sie aber entsprechend.
    Solide? Zuverlässig? Aussagekräftig?

    Bei solch einer Creme wie der hier jetzt gegenständlichen tendiere ich, da keine Schäden zu erwarten sind, dazu zu sagen: Ausprobieren. Manchmal hilft es, manchmal hilft alleine der Glaube, im schlechtesten Fall hilft sie einfach gar nicht. Wer allerdings den Leidensdruck der Betroffenen kennt wird verstehen, daß sie bereit sind -auch auf eigenen Kosten- nach jedem Strohhalm zu greifen.

  42. Ob Beckwermert mit jedem seiner Urteile Recht hat, weiß ich bis heute nicht, aber ich weiß, warum ich ihn für glaubwürdig gehalten habe und halte: Weil er klar argumentiert und weil er mir mit vielen Links zu Quellen und Fachbegriffen Gelegenheit gibt, seine Argumentation nachzuvollziehen.

    Je komplexer das Thema, desto einfacher ist das gegenüber einem Laien vielleicht. Vgl. die (US-)Truther-Szene, die einem ja nun wirklich alles mit 100+ Google-Links argumentieren kann. Und sei’s die 2. Mondlandung deiner flauschigen Freunde (btw, nicht Kolumbus oder die Wikinger haben die USA entdeckt. Es waren Schafe … Hee, so steht’s im Internet ,)!

    Ich frage mich, ob der Film in diesem Maße berechtigten Widerstand produziert hätte, […] wenn es keine Blogger gegeben hätte, die zweifelten und recherchierten statt zu glauben und abzuschreiben.

    Dann wären da immer noch die mehr oder minder diskret arbeitenden PR- und Pressespezies der Pharmaindustrie mit ihrem direkten Draht gewesen. Hockeysticks und Beckwermerts Einsatz in allen Ehren (wirklich!), aber waren wirklich sie es, die den Tenor in den Redaktionen gekippt haben?

    Sorry, ich habe die Geschichte nur am Rand verfolgt, weil sie mir einfach zu durchsichtig erschien.

  43. @Stefan Niggemeier:

    Großes Dankeschön für diesen Artikel – den ich mir früher gewünscht hätte, nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem SPON noch einen völlig unkritischen Bericht über die vermeintliche Wundersalbe brachte.

    Einige Anmerkungen habe ich dennoch:

    Es mag auf den ersten Blick aufwendig und schwierig erscheinen, sich mit den mathematischen Hintergründen von epidemiologischen Tests auseinanderzusetzen, aber es lohnt sich. Es lohnt sich deshalb, weil Journalisten das nach meinem Eindruck zu ca. 99% nicht tun – denn täten sie es, könnten sie unmöglich Studien mit 100 oder weniger Probanden noch eine Aussagekraft zubilligen.

    Anders gesagt: Bereits, wenn ich lese, dass in einer der Studien, die als Beleg der behaupteten Wirksamkeit herangezogen wurde, mit n=13 operiert wurde, sollte mich das stutzig machen. Aussagekräftige Ergebnisse erhält man allerhöchstens ab 500 Teilnehmern, üblich und in wissenschaftlichen Kreisen akzeptiert sind vielmehr 2000. Wer ohne viel Mathe wissen möchte, warum das so ist, der sollte einfach mal dreizehn willkürlich ausgewählte Leute auf der Straße nach ihrer Präferenz für politische Parteien fragen und die daraus resultierende Verteilung mit dem Bundestagswahlergebnis vergleichen. Die Chance, dass da auch nur annähernd das gleiche Ergebnis herauskommt, ist verschwindend gering.

    Auch wenn die Teilnehmerzahlen auf den ersten Blick zu stimmen scheinen, gibt es noch einiges anderes zu beachten – so müssen aussagekräftige Studien selbstverständlich doppelverblindet sein, das bedeutet, weder Versuchsdurchführender noch Proband (=Versuchskaninchen) dürfen wissen, welche Creme die Salbe ist und welche das Placebo. Ich bin der Ansicht, dass einem Journalisten mit Sachverstand durchaus zuzumuten ist, die Gründe für diese Regel zu verstehen und Studien wenigstens auf diese beiden Eigenschaften hin abzuklopfen, bevor er überhaupt anfängt, ihnen Aussagekraft jenseits von anekdotischer Evidenz (die mit gutem Grund in der wissenschaftlichen Forschung keinen Wert hat) zuzugestehen.

    Sie schreiben:

    Natürlich gibt es auch umgekehrt keine natürliche Überlegenheit von Bloggern und Online-Kommentatoren. Sie sind auch nicht pauschal die besseren Journalisten und haben ihre eigenen unguten Reflexe: Zum Beispiel aus dem fehlenden Beweis, dass die Creme gegen Neurodermitis wirkt, zu schließen, dass sie nicht wirkt.

    Leider scheinen Ihnen da einige sehr wesentliche Grundlagen der wissenschaftlichen Methodologie zu fehlen. Denn ein eherner Grundsatz der Erkenntnistheorie besagt, dass immer in der Beweispflicht steht, wer die Existenz eines Zusammenhangs behauptet. Das bedeutet, wenn ich sage, dass auf meinem Dach regelmäßig UFOs landen, dann muss ich belegen, dass das stimmt – keineswegs müssten meine Kritiker beweisen, dass auf meinem Dach keine UFOs landen. Warum? Weil der Beweis der Nichtexistenz von irgendetwas in einem offenen System – und ein solches ist unsere Welt – schlicht unmöglich ist. Deshalb ist übrigens auch die „Vorsorge“-Rhetorik der Grünen in Bezug auf „Elektrosmog“ in Abwesenheit plausibler Theorien für nichtthermische Wirkungsmechanismen ganz großer Käse, aber das ist ein anderes Thema.

    Also, nochmal: Solange wir keinen Beweis haben, dass die Creme wirkt, solange wirkt sie – aus Sicht der Wissenschaft – nicht. Das bedeutet nicht, dass sie, gesetzt den Fall, sie wäre wirksam, erst nach dem Wirkungsbeweis plötzlich anfangen würde zu wirken, sondern dass man erst nach dem Wirkungsbeweis sicher sein kann, dass die Wirkung auf die Creme zurückzuführen ist und nicht auf andere Begleitumstände wie zum Beispiel den Placebo-Effekt oder schlicht den (gerade bei kleinen Stichprobengrößen nicht zu unterschätzenden!) Kollegen Zufall. Anders geht es nicht (siehe auch „Russells Teekanne“).

    Die Naturwissenschaften kennen noch ein anderes, wichtiges Prinzip, um echte Innovationen von vermeintlichen Wundermittelchen zu trennen: Es nennt sich „Ockhams Rasiermesser“ und besagt, dass von den zur Auswahl stehenden Erklärungen für ein Phänomen immer diejenige bevorzugt werden sollte, die am naheliegendsten ist, d.h. mit den wenigsten Zusatzannahmen auskommt und am meisten im Einklang mit bisherigen Beobachtungen steht. Wenn ich also zum Beispiel ein Licht am Himmel entweder a) für eine Fliegende Untertasse oder b) für ein Flugzeug halten kann, dann bevorzuge ich b). Eine Folgerung daraus ist, dass man an eine Aussage umso skeptischer herangehen sollte, je gewagter sie ist und umso mehr sie im Widerspruch zu Bekanntem steht.

    Wenn wir Ockhams Rasiermesser auf die hier diskutierte vermeintliche Wundersalbe anwenden, sehen wir sofort, dass die aufgestellten Behauptungen sehr weitreichend sind und stark kontrastieren zu bisherigen Erfolgen im Kampf gegen Schuppenflechte und Neurodermitis: Erst einmal, weil ihr etwas gelingen soll, was seit Jahrzehnten keinem der Pharmamultis gelungen ist, die mit Milliardenbudgets und hoch qualifizierten Wissenschaftlern an wirksamen Medikamenten forschen. Dann, weil der angeblich wirksame Inhaltsstoff dieser Salbe ein Vitamin ist, obwohl die gängige Biochemie keineswegs einen auch nur annähernd plausiblen Wirkungsmechanismus dafür vorlegen kann, wieso gerade dieses Vitamin eine vollständige Heilung der beiden Krankheiten bewirken soll. Schließlich, weil Schuppenflechte und Neurodemitis zwei durchaus verschiedene Krankheiten mit verschiedenen Ursachen sind, die lediglich ähnliche Symptome verursachen und heilende Medikamente in aller Regel nicht an den Symptomen, sondern der Ursache ansetzen müssen – streng genommen ist selbst Neurodermitis nur ein Sammelbegriff für eine Symptomatik, die von verschiedenen Ursachen ausgelöst wird. Die Wundersalbe müsste also gegen alle Ursachen gleichzeitig vorgehen, was umso erstaunlicher ist, wenn man bedenkt, dass sie nur aus Pflanzenöl und einem Vitamin besteht und Vitaminpillen aller Variationen seit Jahren als Placebo beliebt sind.

    Alles, was ich bis hierhin erläutert habe, gehört in meinen Augen zur essenziellen Allgemeinbildung und ist keineswegs abgehobenes Blabla von Eingeweihten. Es basiert auf nichts anderem als logischen Schlussfolgerungen und planvollem, rationalem Denken und ist deshalb in den Naturwissenschaften die etablierte Methodologie. Man kann von jedem, der einen Stift halten kann, erwarten, dass er mit diesem Hintergrundwissen und einem gesunden Maß an Skepsis an Geschichten wie diese mit der „Wundersalbe“ herangeht. Dazu muss man weder Höhere Mathematik verstehen noch medizinische Fachjournale wie The Lancet lesen. Und aus diesem Grund finde ich es immer wieder erschütternd, dass gerade Mitarbeiter der ach so seriösen ÖR auf der Suche nach den ganz großen „Volksempörungsstories“ ganz besonders häufig mit gröbsten handwerklichen Fehlern auffallen.

    Ein sehr wichtiger Grundsatz der Erkenntnistheorie lautet weiterhin: Die Wahrheit einer Aussage bemisst sich ausschließlich nach der Wahrheit ihrer Prämissen.

    Warum ist das im Zusammenhang mit der Salbe von Interesse? Weil die Sendung offensichtlich auf die antizipierte Empörung des Zuschauers abzielt (man könnte auch sagen: Ihre Quotenhoffnungen darauf aufbaut), die sich einstellen soll, wenn über die dunklen Machenschaften der bösen Pharmaindustrie berichtet wird. Insgeheim glaubt man, wenn eine große, mächtige Pharmafirma sagt, dass die Salbe Blödsinn ist, dann muss doch einfach etwas dahinterstecken und David gegen Goliath doch recht haben – sympathischer ist ersterer doch allemal.

    Nur hat die Sache einen Haken: Es ist offensichtlich völlig irrelevant, ob ein Forscher, der der Salbe Unwirksamkeit vorwirft, nun gerade eben einen schwarzen Koffer von der Pharmalobby in der Hand trägt oder nicht. Denn ob er recht hat oder nicht, kann man nur anhand dessen entscheiden, was er sagt (was seine Prämissen sind), aber keineswegs daran festmachen, wer es sagt. Ich muss mir seine Forschungen ansehen und fundiert wissenschaftlich beurteilen (einige der dafür geeigneten Kriterien habe ich weiter oben erläutert), um ein Urteil über die Validität seiner Aussage treffen zu können, gleich, ob er nun im Sold der Pharmaindustrie (oder dem Satan persönlich) steht oder nicht. Leider haben die Achtundsechziger da mit „erkenntnisleitendem Interesse“ und ähnlichen Schlagwörtern diese grundlegende Weisheit und Wahrheit verwässert, bis hin zu dem Punkt, wo die Glaubwürdigkeit einer Aussage ausschließlich daran festgemacht wird, wer sie getätigt hat. Doch wer so „argumentiert“, der öffnet Verschwörungstheorien Tür und Tor.

    Mit ganz ähnlicher Methodik kann man übrigens auch an die „Atomlobby“, die „Mobilfunklobby“ und andere ungeliebte Interessengruppen herangehen und unter Umständen zu ganz erhellenden Einsichten gelangen. Vorausgesetzt, man akzeptiert erst einmal, dass Wahrheit nicht von Sympathie abhängt.

  44. @kurt:

    Bist du zufaellig Physiker oder Mathematiker? Deine Aussagen zur Statistik sind vollkommen richtig. Nur leider in der Praxis oft nicht andwendbar. Oft gibt es schlicht und ergreifend zu wenige moegliche Teilnehmer, nicht genuegen Geld, Zeit oder sonstwas. Dann gibt es nur die Moeglichkeit garkeine Studie oder halt eine mit vielleicht 40 Probanden. Klar weiss ich war die Wurzel aus 40. Das heisst aber nicht, dass man garkeine Ergebnisse bekommt. Man muss sie nur richtig und vorsichtig genug interpretieren.
    Und genau darin sehe ich eher das Problem als in der Zahl der Teilnehmer, die nun mal oft sehr limitiert ist. Setz dich mal in ein x-beliebiges Psychologie Seminar an der Uni und schau dir mal wie die Studenten mit Studien umgehen. Ich behaupte mal mindestens 80% haben nur ein mangelhaftes Wissen in Sachen Statistik.

    (Etwas OT: Es gibt inzwischen an manchen Unis Ueberlegungen in den neuen Bachelor/Master Curriculen manche Vorlesung fuer ALLE Studenten verpflichtend zu machen. Unter anderem Statistik. Das finde ich sehr erstrebenswert!)

  45. Liebe Kommentarschreiber. Die Tatsache, um die es in dem Bericht von Stefan Niggemeier geht, ist ein mies recherchierter Bericht.

    Vergesst das mal nicht!

    Ich selbst arbeite in einer Pharmafirma (hier wird auch an Psoriasis, oder fuer die Unwissenden „Schuppenflechte“ geforscht). Einige meiner Kollegen kommen von Firman wie Bayer, Pfizer, Merck… und ich kann euch nur versichern, dass jeder einzelne hier daran interessiert ist, Medikamente auf den Markt zu bringen. JEDER EINZELNE. Weil, auch wenn es dauernd unterstellt wird, man viel an Langzeitkranken verdient: Schonmal was von auslaufenden Patenten gehoert??? Dann verdient genau das Unternehmen naemlich so gut wie nichts mehr. So ein Bloedsinn.

    Ziel jeder Forschungsgruppe ist es, ein Medikament zu entwickeln, dass besser ist, als der Marktfuehrer. Im Fall Psoriasis waere das Cyclosporin(Sandimmun, Cicloral, Immunosporin), und ein neuer Goldstandard wird vielleicht Ustekinumab (vertrieben als „Stelera“).

    Wenn man den Goldstandard bricht und ein Medi auf den Markt bringt, bringt das einem Milliardeneinnahmen waehrend der Dauer des Patents. Davon finanziert man dann weitere Forschung. Super, oder?

    Wovon denken eigentlich alle, die hier an verschleiernde Praktiken der Pharmafirmen glauben, wird die Forschung bezahlt? Davon, dass man die MegaGigaUeberMedis erforscht und dann nicht auf den Markt bringt und unter Verschluss haelt, weil sie einem den Kundenkreis „versauen“, weil es den Patienten besser geht? Guter Plan – ich hoffe, ihr habt kein eigenes Unternehmen und nicht vor BWL zu studieren…

    Unfassbar, da krieg ich echt nen Megahals. So ein Bildzeitungsgeschwafele. Denkt doch mal nach. Oder warum wird immernoch an einer HIV-Impfung geforscht? Waer doch viel geiler, wenn sich alle anstecken und man die ganzen schoenen Medis, die leider nicht heilen, unter die Menschen bringen kann… DOH!

  46. @Ein anderer Philipp:

    Bist du zufaellig Physiker oder Mathematiker?

    Sowas ähnliches: Informatiker. Wobei Informatik ja bekanntlich als Strukturwissenschaft ein Teilgebiet der Mathematik ist.

    Setz dich mal in ein x-beliebiges Psychologie Seminar an der Uni und schau dir mal wie die Studenten mit Studien umgehen. Ich behaupte mal mindestens 80% haben nur ein mangelhaftes Wissen in Sachen Statistik.

    Ist mir bekannt – und was noch viel schlimmer ist, diese ganzen nichtssagenden Pseudo-Studien der Psychologen landen allzu oft in den Gazetten, wo dann die abenteuerlichsten Aussagen daraus konstruiert werden. Allerdings gibt es seriöse, wissenschaftlich arbeitende Psychologie. Nur ist die eben nicht ganz so faszinierend wie Freud & Co. und zudem richtig Arbeit.

    Leider gibt es Unwissen über Statistik nicht nur bei den Psychologen, ganz groß darin sind auch Mediziner. Ich würde etwa grob schätzen, dass ca. 90% aller Doktorarbeiten in Medizin rein wissenschaftlich betrachtet ein Schuss in den Ofen sind – was allerdings oft allen Beteiligten klar ist, dient das Ganze doch nur dazu, jedem Absolventen das praktisch obligatorische Dr. vor dem Namen zu geben.

    Das heisst aber nicht, dass man gar keine Ergebnisse bekommt. Man muss sie nur richtig und vorsichtig genug interpretieren.

    Insbesondere die Psychologen lehnen sich mit den Interpretationen ihrer Studien dermaßen weit aus dem Fenster, dass sie nach den Gesetzen der Physik eigentlich schon längst herunterfallen müssten. Da ist man von „Proband kann Linie auf Bildschirm verfolgen“ ganz schnell über drei abenteuerliche Schlüsse bei „Das Gehirn funktioniert quantenmechanisch“. Das landet dann unter „Die Wissenschaft hat festgestellt..“ in den einschlägigen Blättchen. Und nicht selten auch bei dpa.

    Wäre die Wissenschaft so gut wie ihr Ruf, würden 80-90% aller Studien wegen schwerwiegender methodischer Mängel gar nicht erst erscheinen dürfen. Aber unser Staat findet wenig dabei, auch diejenigen mit durchzuschleppen, die nur bedrucktes Papier finanzieren. Und die Medien mögen es und spielen das Spiel mit, solange sie damit Auflage (und Kasse) machen können, sei es nun aus Unwissen oder Kalkül.

  47. @kurt:

    „Allerdings gibt es seriöse, wissenschaftlich arbeitende Psychologie. Nur ist die eben nicht ganz so faszinierend wie Freud & Co. und zudem richtig Arbeit.“

    Haha, genau das waren letzte Woche meine Worte als ich mit meiner Mitbewohnerin diskutiert habe. Die studiert Psychologie und ihr ist alles „zu wissenschaftlich“ und die spektakulaeren Ergebnisse von Freud und Co. wuerden heute nicht mehr richtig geschaetzt. Und ueberhaupt wuerde man das „grosse Ganze“ aus den Augen verlieren. Hab ihr dann auch – wahrscheinlcih vergeblich – versucht zu erklaeren, dass Forschung heute nunmal Detailarbeit ist. Die Natur, inklusive Mensch, ist nunmal komplex. Oder um es mit H. L. Menkin zu sagen: „There is always a well-known solution to every human problem–neat, plausible, and wrong“

  48. @ kurt: Danke!

    Wir haben auch ein Namen für das Gesellschaftspenomen, der „Wallraff-Effekt“ !

    Nun was ist der „Wallraff-Effekt“?

    Der „Wallraff-Effekt“ im Journalismus, ist das was der „Placebo-Effekt“ in der Pharmakologie ist !

    nochmal Danke an kurt!

    MfG
    Pro Positivliste

  49. Auch Holger Kreymeier berichtet in der aktuellen Folge seines Magazins „Fernsehkritik.tv“ über diesen Film und die Huntergründe.

  50. @ knut

    Sie irren. Da ein Mensch und jedes andere Wesen keine Maschine ist, können Sie sich Ihre Logik im Bezug auf Lebewesen sparen. Hier gilt nicht Ihre starre Form von Statistik, sondern ein sich immer annäherndes Verfahren, dass ich bereits im #2 verlinkt hab. Je nach Phase gibt es einen anderer Versuch in Fragestellung, Anzahl der Probanden und Zeitraum.

    Dann muss ich Sie ebenfalls schocken: es gibt nicht nur die quantitative sondern auch die qualitative Forschung, die besonders im Bezug zu Soziologischen Fragestellungen wesentlich klarere Ergebnisse hat als ein Statistisches Verfahren. Sowas!

    Dann zur Psychologie. Es gibt zwei Schulen in Deutschland. Die eine begründet sich auf die Geisteswissenschaft und ist Hermeneutisch geprägt, die andere auf die Naturwissenschaft. Letzteres Studium besteht zu 50-60% aus Mathematik.

    Abschließend noch etwas: Am Ende eines Physikstudiums ist jedem klar, dass jedes Modell lügt und nur ein Hilfsszenarium ist um etwas die Welt im Ansatz zu begreifen. Einen Menschen oder einen lebendigen Prozess werden Sie nie durch die Wahl ihrer Methoden ergründen können, denn: Wir sind keine Maschinen und die Abweichung von der Norm ist der Standard. Ich finde das sehr schön so. Macht doch alles viel bunter.

  51. Jetzt will ich aber auch die Blogs kritisieren. In dem Fall den Gesundheits.blogger

    Es kann doch nicht sein, dass man einen anonymen Beitrag in einem Blog als Wahrheit betrachtet.
    Mir ist sauer aufgestossen, dass der Beitrag, in dem behauptet wurde, dass die Creme Krebs verursacht, einfach als Tatsache akzeptiert wurde.
    So kannn und darf ein Blog auch nicht funktionieren.
    Er wird doch gerade dafür gelobt, dass er zweifelt. Warum also auch nicht bei solch einer Aussage zweifeln.

    Ah ja, so wie aussieht, kann man es doch für einen Appel und Ei selber zusammenmischen, wenn es jemand unbedingt ausprobieren will.

  52. […] Steffan Niggemer bringt das ganze schön auf den Punkt. Er stellt fest, dass Schlachtruf der etablierten Mainstream Journlisten in Frage stellt. Denn dieses Beispiel zeigt, wie verlogen die Phrase ist, dass Journalisten recherchieren und hingegen nur Blogger abschreiben würden. Guter Journalismus findet sich heute leider nur noch selten in den Mainstreammedien und gerade wenn es drauf ankommt, scheint die Blogosphäre besser zu funktionieren . […]

  53. „…dass es immer noch als klug gilt, sich damit brüsten, Blogs zwar nicht zu kennen, aber doof zu finden, …“

    Ich hab noch nie in meinem langen Leben eine BILD-Zeitung in der Hand gehabt, also auch noch nie gelesen oder gar für sie geschrieben. Und deshalb darf ich nichts negatives über dieses Blatt sagen?

  54. @ Kurt

    Danke für den schönen Kommentar. So etwas zu schreiben kostet viel Zeit. Ich finde es schön, dass Du Dir diese genommen hast. Danke!

    @ Jo
    Sie irren. Da ein Mensch und jedes andere Wesen keine Maschine ist, können Sie sich Ihre Logik im Bezug auf Lebewesen sparen.

    Der Mensch ist keine Maschine. Trotzdem funktioniert er logisch. Das die Logik von Kurz in Bezug auf Lebewesen deshalb falsch ist kann ich aus Deiner Aussage nicht nachvollziehen. In der Pharma und Gesundheitsindustrie wäre man ohne diese logischen Herrangehensweisen nicht sehr weit gekommen.

  55. @skeeter # 46: welch ein Mumpitz!!
    „..verschreibungspflichtige Medikamente, und diese machen wahrscheinlich über 90% des Umsatzes im Pharmamarkt aus..“
    Sehr wahrscheinlich. Wer kann das wissen? Wahrscheinlich kann es auch ganz anders sein. Viel mehr oder viel weniger.

    „…die Pharmaindustrie ist kein guter Kunde für teure Werbeplätze….“ Hahaha. Wer bezahlt nur die Werbung für die vielen apothekenpflichtigen, nicht verschreibungspflichtigen Mediakmente und Vitaminpräparate? Und als „Wirkstoffverstärker“ immer zur teuersten Werbezeit der Spot für die „Rentner-Bravo“ (Apothekenumschau)

    (Bei Fragen oder Nebenwirkungen…) – na, Sie wissen schon. Leichtes Aufmerksamkeitsdefizit? Gehen Sie doch mal in die Apotheke. Die haben bestimmt was für Sie. – Nix für ungut.

  56. @kurt: Naja, der wissenschaftlichen Fairness zuliebe sollte man hinzufügen, daß Ockhams Rasiermesser methodologisch ganz und gar nicht unbestritten ist – im Gegenteil, kritisiert wurde daran auch die Armseligkeit der Variablen; die Vielfalt der Erklärungen dürfe nicht voreilig reduziert werden (Kant). Daß die 68er die Epistemologie „verwässert“ haben sollen (Stichwort: „erkenntnisleitendes Interesse“, Habermas), ist sogar haarsträubender Mumpitz.

  57. @53:

    > Deine Aussagen zur Statistik sind vollkommen richtig. Nur leider in
    > der Praxis oft nicht andwendbar. Oft gibt es schlicht und
    > ergreifend zu wenige moegliche Teilnehmer, nicht genuegen Geld,
    > Zeit oder sonstwas. Dann gibt es nur die Moeglichkeit garkeine
    > Studie oder halt eine mit vielleicht 40 Probanden.

    Ist das nicht sehr zynisch? Es ist ja nicht die Statistik, die nicht
    „anwendbar“ ist, sondern derjenige, der da Studien machen möchte,
    sieht sich (möglicherweise aus Resource-Gründen ausserstande eine
    valide Studie anzufertigen – weil ihm das Geld fehlt und/oder die
    Probanden.

    Ist die richtige Reaktion darauf denn, „Komm, lass uns eine Studie
    machen, die nichts wert ist, um das Geld, das wir erhalten haben, zu
    verbraten“?

    Ich denke, Forschungsgelder werden eigentlich nicht vergeben, dass
    sich Leute davon Veröffentlichungen produzieren, von denen sie sich
    dann Karrieren schnitzen. Die Aufgabe von Wissenschaft ist es, Wissen
    zu produzieren (deshalb der Name). Alles andere ist Betrug. Auch,
    Daten zu veröffentlichen und zu unterschlagen, dass man weiss, sie
    sind nichts wert.

  58. 1 Jahr an einer Geschichte arbeiten, die von der neuen Idiotae innerhalb von Stunden widerlegt werden kann ist schon eine Leistung.

  59. @kurt
    Natürlich hängt der Wahrheitsgehalt einer Äußerung nicht davon ab, wer sie äußert. Nur ist es aber so, dass die Wahrnehmung sehr wohl von der Person abhängt, die beobachtet. Daran lässt sich nicht rütteln. Mit der wissenschaftlichen Methodik lässt sich nun weitgehend Objektivität erzeugen, jedoch niemals vollständig. Gerade bei der Beurteilung von Heilungsprozessen bei einer so komplexen Krankheit wie Neurodermitis ist es sehr schwer, objektive Kriterien zu finden. Und daraus folgt dann, dass es sehr wohl eine Rolle spielt, WER eine Studie durchgeführt hat.

    Übrigens ist die von Ihnen beschriebene Methodik nicht auf Naturwissenschaften beschränkt. Auch in den Gesellschaftswissenschaften gelten dieselben Regeln. Da hier aber, wie JO schon geschrieben hat, Menschen bzw. soziale Strukturen der Gegenstand sind, die wesentlich komplexer sind als die unbewegte Natur, haben wir es hier viel öfter mit Messproblemen zu tun und die Ergebnisse sind entsprechend weniger trennscharf.

    Bei der qualitativen Forschung reichen im übrigen auch kleine Fallzahlen. Hier geht es schließlich darum, erste Erkenntnisse zu gewinnen oder Theorien überhaupt erst zu entwickeln. Klar, dass diese dann quantitativ in ausreichender Stichprobe überprüft werden sollten.

  60. 70:

    Er wird in dem einen Jahr schon noch etwas außerdem gearbeitet haben, denke ich. Allerdings weiß man, dass ÖR-Redakteure und vor allem die beim WDR, haben sie denn eine herausragende Stellung oder eine herausragende Abteilung, nicht zwingend im Stress sein müssen. Merke: der WDR hat zwar kein Geld, aber manchmal im Überfluss.

  61. Frank Plasberg demontiert sich selbst:

    Einige Medien versuchen inzwischen, Filmautor Martens und ARD-Moderator Plasberg als zerknirscht darzustellen. Plasberg sagt dazu auf Anfrage, er sei „irritiert darüber“, was aus seinen Äußerungen gemacht wurde. Er spricht keineswegs davon, Fehler gemacht zu haben. „Wir hätten das Thema wahrscheinlich besser einbinden müssen, das ja“, sagt Plasberg. „Eine Anmoderation nach dem Motto ,Wie weit reicht die Macht der Pharmaindustrie?‘ hätte die Verbindung zur Impfaktion gegen Schweinegrippe klarer gemacht.“

    Tatsächlich schreibt auch der aktuelle „Spiegel“:

    Plasberg kann die Aufregung nicht verstehen, räumt allenfalls kleine handwerkliche Fehler im Ablauf der Sendung ein.

    Peter Altmeyer, einer der Autoren der „besten klinischen Studien“, von denen Plasberg in seiner Sendung schwärmte und die seine Redaktion selbst recherchiert haben soll, wird im selben „Spiegel“-Artikel so zitiert:

    Altmeyer sieht seine Ergebnisse missbraucht. „Das Ganze ist nichts als Werbe-Mache“, sagt er, „es bleibt ein ziemlich übler Nachgeschmack.“

  62. Selbst die auflagenstarke deutsche Tageszeitung mit den
    4 Buchstaben hat einen Bericht online, Rubrik Ratgeber,
    datiert vom 22.10..
    Und verlinkt dort in einer kleinen, 3-teiligen Klickstrecke auf die beim WDR/hartaberfair verlinkten Originalstudien(pdf).
    Ich bin beeindruckt *schenkelklopf*, aber waren die Studien beim WDR am 22. überhaupt schon online?

    Verlinken möchte ich das hier allerdings nicht…

  63. @kurt #52: Ob 50 Probanden ausreichen ist auch eine Frage der Fragestellung. Man nehme 25 Porzellanvasen und 25 Tennisbälle, die man in identische Kisten packt, und vom Tisch stößt. Da werden alle Vasen kaputt gehen, aber kein Tennisball. Ebenso müßte eine überragende Wirksamkeit eines Präparates auch bei 50 Probanden augenscheinlich werden.

    Wenn die Untersuchungsphase zu kurz ist, die besten Dosierungen nicht erforscht, und das Mittel nur bei manchen Personen wirksam ist, und die Wirksamkeit von Placebos schon hoch, dann kann das Ergebnis vielleicht die Wirksamkeit nicht widerlegen.

    Ähnlicherweise gilt, daß auch 400 representativ ausgewählte Wahlberechtigte reichen um zu sagen, daß Partei C mehr Stimmen bekommen wird, als Partei S. Aber wenn man es auf die Stelle nach dem Komma wissen will braucht man mehr Befragte, das ist schon richtig.

  64. @Stefan W., #76:

    Ja, natürlich. Aber so eindeutige Ergebnisse würde man wahrscheinlich nicht einmal erhalten, wenn man seit Jahrzehnten etablierte und unbestritten wirksame Medikamente wie Acetylsalicylsäure (Aspirin) testen würde – und sei es nur, weil etwa einige Probanden aus der Placebo-Gruppe eigenmächtig andere Schmerzmittel nahmen. Für wirklich aussagekräftige Studien auf 95%-Signifikanzniveau braucht man, wenn die Ergebnisse nicht absolut eindeutig sind – was selbst bei hochwirksamen Mitteln höchst selten der Fall ist – in aller Regel Teilnehmerzahlen von mindestens 1000, 500 ist schon hart an der Grenze. Wenn ich mich mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 50% zufriedengebe, ist das natürlich anders, aber das wäre dann wohl eher Lotteriespiel als Wissenschaft.

    Ein großes Problem mit epidemiologischen Studien ist, dass sie allzu oft gar nicht dem Erkenntnisgewinn (der sich durchaus auch einstellt, wenn man erfährt, dass ein bestimmtes Mittelchen eben nicht die Erwartungen erfüllt!) dienen, sondern der Karriere ihrer Macher. Da wird zur Not an den Daten getrickst und gedreht und es werden Versuchsreihen wieder und wieder durchgeführt, bis man doch noch die Resultate über die Signifikanz gehoben hat. Man sollte dabei bedenken, dass eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% nichts anderes bedeutet, als dass auch eine handwerklich korrekt (!) durchgeführte Studie in einem von 20 Fällen einen Zusammenhang „beweist“, der nicht existiert. Eigentlich sollten epidemiologische Studien nur ein „erster Test“ sein, um potenziell interessante Zusammenhänge aufzudecken, denen sich dann zum Beispiel Untersuchungen von möglichen Wirkungsmechanismen anschließen können. Nirgendwo kann man besser als beim Thema „Elektrosmog“ illustrieren, wie gut sich damit Schindluder treiben lässt.

    Ähnlicherweise gilt, daß auch 400 representativ ausgewählte Wahlberechtigte reichen um zu sagen, daß Partei C mehr Stimmen bekommen wird, als Partei S.

    Ja. Aber nie und nimmer dreizehn, Repräsentativität hin oder her.

    @Inga, #72:

    Nur ist es aber so, dass die Wahrnehmung sehr wohl von der Person abhängt, die beobachtet. Daran lässt sich nicht rütteln.

    Richtig. Doch die (von den Relativisten ja so vehement bestrittene) Kohärenz unserer Wahrnehmung sorgt dafür, dass echte Wirkungen nicht nur von „vorbelasteten“ Personen, sondern auch den meisten anderen bemerkt werden.

    Natürlich sollte man sich sehr genau ansehen, wie in einer vom Entwickler eines Medikaments finanzierten Studie das Kriterium Wirksamkeit definiert wurde. Aber es ist eben nicht gerechtfertigt, eine solche Studie a priori als Lügengebilde abzutun. Man sollte auch bedenken, dass sogar große, böse Pharmakonzerne lieber wirksame Medikamente verkaufen als Placebos, weil sich mit wirksamen Medikamenten auf Dauer eben doch viel besser Kasse machen lässt. Ein Markt für Placebos existiert praktisch nur dort, wo es (noch) keine wirksamen Präparate gibt; zum Beispiel ist mit dem Aufkommen von Viagra der Markt für obskure Potenzmittelchen (Tigerpenis etc.) praktisch über Nacht zusammengebrochen. Zumindest in einem frühen Stadium, wenn noch nicht Milliarden investiert wurden, ist ein Pharmariese also selbst durchaus mit Erkenntnisinteresse bei der Sache, denn schließlich will er wirksame Mittel finden.

    Übrigens ist die von Ihnen beschriebene Methodik nicht auf Naturwissenschaften beschränkt. Auch in den Gesellschaftswissenschaften gelten dieselben Regeln. Da hier aber, wie JO schon geschrieben hat, Menschen bzw. soziale Strukturen der Gegenstand sind, die wesentlich komplexer sind als die unbewegte Natur, haben wir es hier viel öfter mit Messproblemen zu tun und die Ergebnisse sind entsprechend weniger trennscharf.

    Ja, mitunter sind sie sogar so wenig trennscharf, sozusagen unscharf, dass böse Zungen behaupten, sie verdienten es nicht, überhaupt im wissenschaftlichen Sinne als Ergebnisse bezeichnet zu werden.. ;-)

    Aber im Ernst: Ich finde die Argumentation von JO gefährlich. Sie läuft im Prinzip hinaus auf den (falschen) Schluss, weil die Naturwissenschaften nicht perfekt sind, sei ihre Methodik auch nicht mehr wert als beliebige andere denkbare, was in meinen Augen nur etwas verklausulierter Relativismus ist („Einen Menschen oder einen lebendigen Prozess werden Sie nie durch die Wahl ihrer Methoden ergründen können“, „Jedes Modell lügt“). Allein: Nur weil wir noch nicht alle Krankheiten heilen können, bedeutet das doch nicht, dass es deshalb mit moderner Medizin gleichzusetzen sei, Schädel zu öffnen, um böse Geister entweichen zu lassen.

    Die von mir (selbstverständlich sehr unvollständig) skizzierte Herangehensweise hat der Menschheit die Heilung von tödlichen Krankheiten und Seuchen, weltweite Mobilität, extrem schnelle Rechenmaschinen, eine hohe Lebenserwartung, einen atemberaubenden Erkenntnisgewinn über die Welt, in der wir leben, ein beeindruckendes Maß an Kontrolle über ihre Umwelt und vieles, vieles andere mehr gebracht. Sie hat es ihr ermöglicht, zu verstehen, wie Seuchen entstehen, wo sie herkommen und wie man sich dagegen schützen kann, wie man die Kindersterblichkeit von 30% auf nahe 0% drückt, wie man heimtückische Krankheiten wie die Kinderlähmung ausrottet, wie man Menschen bis auf den Mond und Sonden bis an den Rand unseres Sonnensystems bringt, sie sagt uns, wie wir vorgehen müssen, um die tiefsten Tiefen und die höchsten Höhen zu erforschen, aber auch, wie wir unser Leben besser organisieren können, wie wir Maschinen bauen können, die sehr vieles tun, was wir früher selbst erledigen mussten, wie wir die Nahrungsversorgung für Millionen sicherstellen, wie wir selbst einfachen Arbeitern Zugang zu Luxus verschaffen können, der nicht allzu lange zuvor selbst den reichsten Königen verschlossen blieb – und sei es etwa der, die eigene Tochter von einer lebensbedrohlichen Erkrankung heilen zu können.

    Das alles ist so selbstverständlich für uns, dass wir oft vergessen, dass es auch andere Zeiten gab – und wie es dazu kam. Denn die treibende Kraft hinter dem Wohlstand war immer der technisch-naturwissenschaftliche Fortschritt. Und ich wage etwa zu behaupten, dass ohne die breite Verfügbarkeit landwirtschaftlicher Maschinen ein Großteil der Bevölkerung noch immer eine etwas andere Einstellung zur Sklaverei hätte.

    Was haben uns auf der anderen Seite die „Alles ist möglich“-Einstellung, der Relativismus, die Hermeneutik, die Exegese, der Mystizismus geliefert? Lustige Theorien voller ebenso willkürlicher wie sinnbefreiter Axiome und zirkulärer Logik, auch „Religionen“ genannt, die Menschen dazu bringen, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Entwicklungshemmnisse in vielen Teilen der Welt. Einen riesigen Wasserkopf an den Universitäten, der vorwiegend durch die Produktion bedruckten Papiers auffällt, wenn er nicht gerade unter Schlagwörtern wie „Technikfolgenabschätzung“ oder „Vorsorgeprinzip“ den technischen Fortschritt und die rationale Diskussion darüber blockiert.

    Es liegt mir fern, die gesamte antike Hermeneutik, geschweige denn die Geisteswissenschaften insgesamt in die Tonne zu treten. Aber der absolute Relativismus ist von Übel. Und der Mensch ist viel besser mit den Mitteln der Naturwissenschaften erforschbar, als anscheinend viele Geisteswissenschaftler glauben. Die moderne Medizin ist ein Produkt dieser Erforschung, und hätte es sie nicht gegeben, würden wir wohl immer noch glauben, das Blut entstehe im Hirn und versickere in der Lunge (was immerhin über Hunderte von Jahren unangefochten gelehrt wurde). Die Einstellung, das Leben sei etwas „Heiliges“, das man nicht auf diese Weise untersuchen könne, ist nicht im Motiv, wohl aber im Resultat letzten Endes menschenverachtend. Denn nicht die Homöopathie oder andere mystizistische Lehren sichern die medizinische Versorgung der Bevölkerung, sondern die mit den ebenso mühsamen wie eben manchmal auch langweiligen Methoden der Naturwissenschaften entstandene „Schulmedizin“ (ich bevorzuge den Begriff „Hochschulmedizin“, denn soviel Ausbildung muss sein). Zahnärzte helfen den Menschen mehr als Psychodoktoren, auch wenn ich letztere bestimmt nicht als komplett überflüssig bezeichnen würde.

  65. @67 Vader:

    Nein, was ist daran zynisch? Zum einen ist es ja nicht so, dass man mit wenigen Probanden garnix finden kann. Die Ergebnisse sind halt mit einer groesseren Unsicherheit behaftet und man muss sie halt entsprechend mit Vorsicht geniessen. Wenn man methodisch sauber arbeitet seh ich da ein Problem. Was waer denn die Alternative? Dass an seltenen Krankheitsbildern nicht mehr geforscht wird?

    „Ich denke, Forschungsgelder werden eigentlich nicht vergeben, dass
    sich Leute davon Veröffentlichungen produzieren, von denen sie sich
    dann Karrieren schnitzen. Die Aufgabe von Wissenschaft ist es, Wissen
    zu produzieren (deshalb der Name).“

    Ja schon richtig. Aber es ist eben auch oft so, dass man mal nichts oder zumindest nur wenig findet. Wenn ich alles schon vorher wuesste, dann muesste ich es ja nicht erst erforschen. Rausgeschmissen ist das Geld nur dann, wenn methodisch unsauber gearbeitet wird. Genau das war ja auch der Kritikpunkt von Kurt, wenn ich ihn richtig verstanden habe.

  66. Ich finde auch, dass jede Redaktion mit einem Statistiker bestückt sein sollte um Studien überprüfen zu können. Schliesslich ist Kontrolle die Aufgabe der Medien. Aber wenn erst ein Niederländer eine kritische Frage an Merkel stellen muss und Journalisten keine Studien lesen können, dann frage ich mich wo die Qualität im Qualitäts-Journalismus herkommen soll.

  67. @ kurt

    Verständlich ihre Gedanken, jedoch findet sie in der Praxis schnell ihre Grenzen. Was ist z.B. mit der Psychosomatik, die in der Ausbildung von Ärzten immer mehr eine Rolle spielt und für sich selbst betrachtet eine eigene Disziplin darstellt. Was ist mit der Chinesischen oder Indischen Medizin, die eine ebenso lange Tradition und auch Erfolge hat wie unsere „Naturwissenschaftliche“ Medizin. Milliarden von Menschen werden so täglich in China und Indien erfolgreich behandelt.

    Natürlich greife auch ich zuerst auf die naturwissenschaftlichen Methoden zurück, jedoch finde ich es ebenso spannend auch andere, widersprüchliche Sichtweisen zu überdenken. Gerade am äußeren Bereich der Wissenschaft oder in Kooperativen, mit z.B. Geisteswissenschaftlern oder Wissenschaftlern aus anderen Kulturen, bieten sich so neue Ansätze um die bisher gesehenen Grenzen zu überwinden bzw. sie neu zu definieren.

    Zurück zum Thema. Wenn ich eine Erkältung habe, was hilft mir da wirklich? Ist es die Tablette die ich nehme, oder brauche ich nicht viel mehr lieben Zuspruch und einen heißen Tee mit Honig? Ich brauche beides, Sie vielleicht nur die Tablette, ein dritter braucht aber vielleicht etwas ganz anderes, vielleicht eine Vitaminsalbe? Die theoretische Möglichkeit zur Heilung besteht und wird vom Patienten selber, nicht vom Arzt oder einem Wissenschaftler bestimmt. Daher finde ich es wichtig, möglichst viele Möglichkeiten zu schaffen, aus denen für den Einzellfall die passende herausgesucht werden kann.

    Widersprüche sind nichts schlimmes, für mich jedenfalls.

  68. Wir sollten aufhören, immer sofort in Oppositionen zu denken. Es geht hier nicht um Blogger vs. Journalisten, schon weil es „die“ Blogger ebensowenig gibt wie „die“ Journalisten. Gut, in diesem Fall haben die selbsternannten Qualitätsmedien durch die Bank versagt – umso besser, dass es mit der Netzöffentlichkeit ein neues Korrektiv gibt. Darüber sollten sich die Zeitungs- und Fernsehmacher eigentlich freuen…

    Allerdings: Wie oft verfallen Blogger auf Verschwörungstheorien? Wie wüst wird in manchen Foren gestritten? Jeder möge sich an die eigene Nase fassen!

    Das Internet wird den Journalismus nicht überflüssig machen, auch wenn das momentan viele Menschen glauben. Zumindest dann nicht, wenn er sich auf seine Stärken besinnt. (Dazu gehört auch, dass Zeit für Recherche im Redaktionsalltag sein muss.) Umgekehrt werden die Journalisten das Internet nicht wegschreiben. Beide Seiten werden sich also arrangieren (müssen).

    Und, @81: Sie haben also ein Youtube-Video mit einem kurzen Ausschnitt (!) aus der Bundespressekonferenz gesehen. Glauben Sie ernsthaft, die deutschen Kollegen des Niederländers hätten nicht in anderen Punkten ebenfalls kritisch nachgefragt? Ihre Wahrnehmung sehr selektiv.

  69. @JO: Niemand bestreitet den Placebo-Effekt.

    Trotzdem kann der tatsächliche Nutzen eines Medikaments nur durch eine ordentliche Studie so wie kurt sie beschrieben hat geprüft werden. Ansonsten öffnen sie der Esoterik und Abzockern Tür und Tor. Woraus es hinausläuft ist das: Natürlich können auch andere Methoden helfen. Aber das ist dann entweder der Placebo-Effekt oder Zufall. Worauf es doch ankommt ist es, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine Wirkung garantieren zu können.

    Also zeigen die von Ihnen angesprochenen Methoden in Studien die Wirkung oder nicht? Wenn ja, dann sind es valide Methoden. Wenn nein, dann haben sie doch keine Wirkung (schließlich wurden Test-Personen damit ohne Wirkung behandelt). Studien dienen ja nicht der Erschaffung von Heilungs-Methoden, sondern deren Überprüfung.

  70. @JO, #83:

    Was ist mit der Chinesischen oder Indischen Medizin, die eine ebenso lange Tradition und auch Erfolge hat wie unsere „Naturwissenschaftliche” Medizin.

    Größenteils Placebos. Ich finde es übrigens bemerkenswert, dass eine lange Tradition als Qualitätsmerkmal einer medizinischen Behandlung wahrgenommen wird. Denn die Einführung der naturwissenschaftlichen Methodologie in der Medizin ist noch keine 100 Jahre her, und vor gar nicht allzu langer Zeit hielt man abenteuerliche und teils sehr schädliche und gefährliche Verfahren wie das Schröpfen, radioaktive Trinkkuren und das Schlucken von Quecksilber für wirksam.

    Selbstverständlich kann man Bagatellkrankheiten mit Placebos erfolgreich behandeln – jedoch auch nur diese. Das Problem mit Placebos ist allerdings, dass diese nur wirken, wenn der Patient davon überzeugt ist, dass es keine sind. Und wenn dies der Fall ist, könnte er auf die Idee kommen, auch schwere Krankheiten wie Krebs mit Placebo-Verfahren wie denen aus der „Traditionellen Chinesischen Medizin“ zu kurieren und damit eine notwendige und wirksame hochschulmedizinische Behandlung so lange zu verschleppen, bis es zu spät ist. Wer bewusst als Arzt auf Placebos setzt und seine Patienten belügt, spielt mit dem Feuer.

    Ich finde es alles andere als spannend, mich mit vermeintlichen Heilbehandlungen auseinanderzusetzen, für die weder eine Wirkung nachgewiesen wurde noch überhaupt ein naturwissenschaftlich plausibler Wirkungsmechanismus vorstellbar ist. Dabei akzeptiert die Hochschulmedizin durchaus Heilverfahren, deren Wirkung nachgewiesen werden kann, auch wenn der Wirkungsmechanismus noch unbekannt ist. Bei der Scharlatanen und den obskuren Gedankenmodellen, denen sie anhängen, ist es jedoch genau andersherum: Es wird ein Wirkungsmechanismus („Qi“, „Zen“, „Energiezonen“, bei den Homöopathen „Energie im Wasser“..) postuliert, obwohl gar keine Wirkung nachgewiesen wurde (und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch gar nicht existiert). Dass man etwa „Eifersucht bei Mädchen“ mit millionenfach verdünntem Quecksilber oder ebenso stark verdünnter Ochsengalle behandeln könne, ist eine intellektuelle Zumutung, und es ist mir ein Rätsel, wie auf mittelalterliche Mystik gründende Heilverfahren in Abwesenheit jeglicher Wirkungsnachweise jenseits von anekdotischer Evidenz noch im 21. Jahrhundert von vielen Leuten völlig ernsthaft als gute Alternative zur Hochschulmedizin gesehen werden können.

    Die theoretische Möglichkeit zur Heilung besteht und wird vom Patienten selber, nicht vom Arzt oder einem Wissenschaftler bestimmt.

    Ob Sie das nun wahrhaben wollen oder nicht: Die theoretische Möglichkeit zur Heilung wird immer von den der Krankheit zugrundeliegenden physiologischen und biochemischen Prozessen bestimmt, sogar bei psychischen Krankheiten (weshalb man auch bereits erstaunliche Heilerfolge mit in den Hirnstoffwechsel eingreifenden Medikamenten bei Krankheiten wie der Schizophrenie erzielen kann, jedenfalls allemal um Welten bessere, als die meisten Psychoanalytiker je vorweisen konnten). Der Mensch ist eine Maschine, wenn auch eine hochkomplexe. Und nur, wenn wir den Menschen – zumindest den ernsthaft kranken – als Maschine betrachten, können wir ihn behandeln und gesund machen, anstelle ihn total ganzheitlich und traditionell und warm und lieb und mit den besten Wünschen und kuschelig und und.. sterben zu lassen. Seehofer hat ja viel und ausgiebig die „kalte Gerätemedizin“ kritisiert, bis er einmal selbst darauf angewiesen war. Hätte es sie nicht gegeben, wäre er schon längst unter der Erde.

    Wir brauchen mehr Dr. House und weniger Dr. Rath.

  71. Wie Du schon sagst, Chinesische Medizin, Indische Medizin, genau da gehört auch die Psychosomatik hin. Leute wie die Mitbewohnerin von „Ein anderer Phillip“ machen aus der Psychologie leider ein Woo-Woo Fach und versprechen größenwahnissing pauschale Heilung für alles und jedes. Ich möchte jetzt gar nicht viel weiter drauf eingehen, ausser ein Beispiel zum Thema ADS und Psychoanalyse zu nennen: Das ganze Spielchen über die angeblich psychogene Ursachächlichkeit von AD(H)S hat große Ähnlichkeit mit dem Konzept der „Refrigerator Mother“ Bruno Bettelheims, wonach emotionale Kälte der Mutter die Ursache für Autismus(!!!) sein soll.

  72. @ kurt

    Sie haben merklich noch nie ernsthaften Kontakt zu Krankheiten, chronisch Kranken oder Behinderungen, wie mir scheint.

    Gestern habe ich übrigens meine erste Packung Spekulatius gekauft. Im Frühling oder Sommer käme ich nie auf den Gedanken Spekulatius zu essen. Nur weil man bei Bagatellkrankheiten auf „sanfte“ Medizin vertraut, muss man bei einer lebensbedrohlichen Krankheit nicht die Strahlenmedizin verdammen, Konstruktivismus sei dank. Nach meiner Erfahrung sind Menschen nicht doof, die meisten jedenfalls. Sie können vernetzt denken und eine Gefahrensituationen erkennen und einschätzen.

    Aber ursprünglich geht es hier ja um Neurodermitis und Schuppenflechte. Ist das nun eine „Bagatellkrankheit“, sie sind ja nicht lebensbedrohlich? Ich glaube für die Betroffenen selber ist ihre Erkrankung keine Bagatelle. Sie ist chronisch und begleitet sie ihr Leben lang. Also, was tun?

    Und was House angeht: Möchten Sie wirklich House im Spechzimmer erleben, wenn sie eine Erkältung haben? Ich nicht! Wir wissen doch alle, dass er seine Sprechstunden hasst und ich bin eine Memme wenn ich krank bin… Ne, den gucke ich mir doch lieber im Fernsehen an.

  73. @ Martin

    Psychosomatik ist schon noch etwas anderes. Nehmen wir an, Sie sind krank (Sie haben einen Herzinfakt oder Krebs, Sie verlieren beide Beine), ändert sich hierdurch ihre Psyche. Heutzutage werden Menschen, die akut in einer Therapie oder Reha sind, speziell unterstützt ihr Erlebtes zu verarbeiten. Das ist Psychosomatik. Menschen, die viel Adrenalin produzieren und deshalb eher zu Kardiologischen Krankheiten neigen, das ist Psychosomatik. Ein Morbus Chron Patient, der unter ständigem Durchfall leidet ändert über die Jahre sein Verhalten. Das ist Psychosomatik.

    Natürlich gehören auch psychische Erkrankungen zur Psychosomatik, jedoch geht es auch darum zu hinterfragen: Was macht der Körper bzw. eine Krankheit mit der Psyche eines Menschen und wie kann man den betroffenen am besten in Therapie, Reha und Pflege unterstützen.

  74. @JO, #88:

    Sie haben merklich noch nie ernsthaften Kontakt zu Krankheiten, chronisch Kranken oder Behinderungen, wie mir scheint.

    Das scheint Ihnen falsch. Ich habe ein Jahr lang als Zivildienstleistender mit Behinderten gearbeitet.

    Nur weil man bei Bagatellkrankheiten auf „sanfte” Medizin vertraut, muss man bei einer lebensbedrohlichen Krankheit nicht die Strahlenmedizin verdammen, Konstruktivismus sei dank.

    Wollen Sie damit sagen, dass man mittels des Konstruktivismus die Propagierung wirkungsloser Medizin stützen kann? Ganz unrecht haben Sie damit nicht – schließlich ist der Konstruktivismus letztlich nur eine Spielart des Relativismus, was auch der Grund dafür ist, dass ich ihn zumindest in der Form, wie er von Habermas, Adorno & Co. vertreten wird, ablehne.

    Ich würde übrigens auch bei Bagatellkrankheiten jedes wirksame Medikament einem Placebo vorziehen. Und gegen viele Bagatellkrankheiten gibt es durchaus auch wirksame Medikamente, zumindest wirksam, was die Linderung der Symptome betrifft. Sie sollten beachten, dass erstens der Placebo-Effekt auch bei wirksamen Medikamenten auftritt – auch bei denen glaubt man schließlich an die Wirkung! – und zweitens die „Sanfte Medizin“ nicht selten zum sogenannten Nocebo-Effekt führt: Wirksamen Medikamenten, etwa Antibiotika, wird mit Begriffen wie „Keule“ ein schädlicher Einfluss auf den Organismus angedichtet, der in der Realität nicht vorhanden ist, jedoch ausgeprägte Aversionen gegen solche Medikation und mangelnde Compliance verursachen kann.

    Allein der Begriff „Sanfte Medizin“ sagt es schon: Seine Verfechter sind der Ansicht, dass ihre Vorstellung von Medizin einen Gegenpol zur „harten“ Hochschulmedizin darstellt. Dabei sind etwa Naturheilmittel keineswegs alle harmlos! Zum Beispiel können Johanniskraut-Präparate, die gegen Depressionen genommen werden, die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen und die Wirksamkeit von HIV-Medikamenten herabsetzen, und nicht wenige homöopathische Tinkturen enthalten Schwermetalle, wenngleich meist in sehr geringer Konzentration. Und noch viel wichtiger: Die Hochschulmedizin ist nicht automatisch „hart“! Gerade die hochwirksamen Antibiotika gehören, richtig eingesetzt, zu den nebenwirkungs- und komplikationsärmsten Medikamenten überhaupt.

    Die Hohepriester der „Sanften Medizin“ müssen aber die Hochschulmedizin als „hart“, „Keule“ und so weiter verunglimpfen, weil es sonst keinen Grund gäbe, auf sie anstelle auf nachweislich wirksame Medikamente zu vertrauen. Dass sie damit den Nocebo-Effekt gegenüber echten Medikamenten – und nicht nur Medikamenten, sondern auch Behandlungen insgesamt – maßgeblich befördern, nehmen sie mindestens billigend in Kauf. Und das kann riskant sein, denn gerade bei Epidemien ist die Einwilligung in und die Mitarbeit bei einer Behandlung nicht mehr reine Privatsache – Seuchen können nur aufgehalten werden, wenn ein kritischer Prozentsatz der Bevölkerung immunisiert wird.

    Es ist deshalb auch kein Zufall, dass es sehr große Überschneidungen zwischen „Impfgegnern“, die alle möglichen Krankheiten – etwa Autismus – auf das Impfen zurückführen wollen, und Homöopathen sowie Naturheilkundlern gibt. Die Mentalität ist in all diesen Fällen vergleichbar.

    Wie so oft im Leben sind die einfachen Antworten nicht die richtigen. Ja, es stimmt: Auch die Hochschulmedizin kann bei sehr vielen Leiden immer noch nicht – oder kaum – helfen. Das sollte aber nicht dazu verleiten, aus schierer Verzweiflung auf Quacksalber und Scharlatane zu vertrauen; genauso wenig, wie man sich aus Verzweiflung über die Endlichkeit und scheinbare Sinnlosigkeit des Lebens Religionen bzw. Sekten zuwenden sollte, weil die behaupten, einfache Patentlösungen dagegen zu haben.

    Es gibt diesen schönen Spruch, dass eine Erkältung ohne Arzt vierzehn Tage und mit Arzt zwei Wochen dauere. Das muss nicht unbedingt so bleiben, auch die Pharmaindustrie forscht an antiviralen Medikamenten gegen die banale Erkältung (was schwierig ist, weil das in Wahrheit viele verschiedene Erreger sind), doch momentan ist es so. Ich akzeptiere das, anstelle viel Geld für Zuckerpillen hinzulegen und mir hinterher einzubilden, dass die vierzehn Tage dreizehn waren. Gehen Sie von dem Geld lieber lecker essen, davon haben Sie mehr.

  75. @81 ein Statistiker in jeder Redaktion? Schön wäre es. Aber es muss nicht gleich der Statistiker sein. Auch der durchschnittliche Journalist sollte einen eingebauten BSD haben (=Bullshit Detector). Die Kenntnis weniger zentraler Begriffe der Statistik reicht aus um Daten schnell in Bezug auf eventuelle Relevanz vorzusortieren: Was bedeutet falsch positiv/negativ, was „statistisch signifikant“, was Signifikanzniveau und was ist der P-Wert? Wie bestimmt man die Power einer Untersuchung? Welche Endpunkte sind gewählt und wie viele? Sind Studienabbrecher in der Studie mit verrechnet oder fallen diese unter den Tisch etc. Wie sieht ein gutes Studiendesign aus? Vom Bayschen-Theorem sollte man auch gehört haben, aber selber ausrechnen braucht man es gar nicht können. Damit hat man innerhalb von Minuten (flüchtiges Überfliegen reicht da aus) schon mindestens 80% des Bullshits und nicht aussagekräftigen Studien aussortiert. Die restlichen 20% brauchen dann allerdings mehr als einen flüchtigen Blick und vielleicht die Nachfrage bei einem Fachkollegen.

    @86 Das Schlucken von Quecksilber war durchaus wirksam! Die Nebenwirkungen, Dosierungsprobleme, die chronische Einnahme und die selten adäquate Anwendung haben aber vermutlich weit mehr Patienten umgebracht als gerettet. Ansonsten hast du in deinem Post natürlich recht (und lauten Applaus für 78!).

  76. ja ist denn heut‘ schon Weihnachten?! Überraschung! Der liebe Onkel Doktor (Kroll) im Film, der den netten Onkel im Auto anruft, ist gar kein Hautarzt sondern Allgemeinarzt. Der wievielte Trick unseres mehrfach ausgezeichneten Filmemachers ist das eigentlich. Hat einer mitgezählt?

    http://www.privataerzte-kleve.de/17.html

  77. Übrigens ist bei den öffentlich rechtlichen Fernsehsendern noch nicht Hopfen und Malz verloren. Herr Martens kann sich bei seinen Kollegen beim WDR ansehen wie man mit echten Medizinskandalen umgeht: Die Story: Killerbrut – Die verschwiegene Katastrophe. Ein Film von Meike Hemschemeier.

  78. Hallo Kurt!

    ich finde deine Text super. Die Art wie du argumentierst gefällt mir. Schade, dass du keinen eigenen Blog hast. Es ist schade, dass Text wie diese hier in den Kommentaren verloren gehen.

    Ps: Studiere gerade auch Informatik :)

  79. @ kurt

    [OT: Wenn Sie den Konstruktivismus, Habermas und Adorno zu den Relativismus zählen, haben Sie wahrscheinlich alle vier nicht verstanden. Und warne ich Sie vor Sartre oder Camus. Die würden Sie, als linear-denkender Mensch, wahrscheinlich in den Wahnsinn treiben.]

    Interessant hingegen finde ich, dass Sie zwar von Plazebos als „wirkungslose“ Medikamente sprechen, hingegen schon ein „nicht-mehr-wirken“ von Medikamenten bestätigen. Das besondere an Plazebos ist übrigens, dass sich nicht nur eine psychische sondern auch eine physische Wirkung auf den Körper nachweisen lässt. Sprich: die Psyche kann den Körper und somit auch die Krankheit beeinflussen.

    Und noch eine Frage: mit was für Menschen umgeben Sie sich eigentlich, die von einer Impfung auf die Ursachen von Autismus schließen? Das ist absurd. Mir gegenüber hat noch nie jemand so einen Mist geäußert.

    Ebenso gibt es heutzutage keinen Kampf von Vertretern einer „harten-Hochschulmedizin“ und einer „Weich(ei?)medizin“. Das gibt es doch eher im Bereich der Mythen und Märchen als an einer Klinik. Persönlich deute ich das Gehabe mancher Mediziner (vor allem in den Medien) als ein „Selbst-Verkaufsargument“ und zwar in einem Bereich, in dem Werbung verboten ist. Für die eigenen Bücher, für eine volle Praxis, für mehr Auftritte in der Öffentlichkeit … für eine Vitaminsalbe? Ach nein, das war ja ein Journalist. Verzeihung.

  80. @JO 98 : meinten Sie: „als linear denkenden Menschen“? Und wenn ja, wie geht das?

    „Es möchte kein Hund so länger Leben,
    Darum hab ich mich der Magie ergeben..“

    „Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
    Des Menschen allerhöchste Kraft..“
    (J.W.V.G. )

  81. 98 hat linear gesagt!

    Vorsicht! Uns Naturalisten gilt das als fiese Beleidigung und löst ähnliche Reaktionen aus wie der Faschismusvorwurf bei einem durchschnittlichen Geisteswissenschaftler!

  82. @JO, #98:

    @OT: Würde ich gerne an anderer Stelle ausdiskutieren. Hier nur soviel: Lesen Sie mal „Eleganter Unsinn“ von Sokal/Bricmont, wenn Sie es noch irgendwo auftreben können (es wird leider nicht mehr verlegt), wenn Sie besser verstehen wollen, was genau ich an gewissen „postmodernen“ Philosophen kritisiere.

    Das besondere an Plazebos ist übrigens, dass sich nicht nur eine psychische sondern auch eine physische Wirkung auf den Körper nachweisen lässt. Sprich: die Psyche kann den Körper und somit auch die Krankheit beeinflussen.

    Dass die Wahrnehmung von milden Krankheitssymptomen stark davon abhängt, worauf die Psyche ihre Aufmerksamkeit richtet, ist seit langem bekannt – jede Mutter macht es sich zunutze, wenn sie ein Kleinkind, das sich gerade gestoßen hat, abzulenken versucht. Aber ich muss Sie enttäuschen: Es heißt zwar, Glaube könne Berge versetzen, doch das Matterhorn steht noch fest an seinem Platz. Noch niemandem ist es je gelungen, Krebs im Endstadium durch die Kraft des Glaubens verschwinden zu lassen. Oder, anders gesagt: Ja, es gibt diese Beeinflussung, aber sie wird zuweilen überschätzt. Und selbst wenn sie nicht überschätzt wird (ich fange an, mich zu wiederholen): Haben nachweislich wirksame Medikamente etwa keinen Placebo-Effekt?

    Und noch eine Frage: mit was für Menschen umgeben Sie sich eigentlich, die von einer Impfung auf die Ursachen von Autismus schließen?

    Habe ich irgendwo behauptet, dass ich mich mit solchen Menschen umgebe? Es gibt sie, und gelegentlich dürfen sie ihre irren Lehren auch in den Medien breittreten. Wenn Sie das nicht glauben wollen, googeln Sie mal. Sie werden überrascht sein, vor allem auch über die von mir beschriebene Paarung von Impfgegnerschaft und Homöopathie.

    Das ist absurd.

    Ja, da haben Sie recht. Aber wenn man erstmal daran glaubt, dass Ochsengalle Krankheiten heilt und man der Pharmaindustrie eh nicht trauen kann..

    Mir gegenüber hat noch nie jemand so einen Mist geäußert.

    In der Einrichtung, wo ich Zivi war (wir hatten auch Autisten), war einer der Betreuer ein überzeugter Impfgegner. Als bekannt wurde, dass sich Behinderte mit Hepatitis B angesteckt hatten und kostenlose Impfungen angeboten wurden, war er der einzige vom Personal, der nicht mitmachte. Hat sich auch prompt damit angesteckt. (Warum liegt mir da nur ein „Selbst schuld“ auf den Lippen?) Aber der Mann könnte bereits wieder andere angesteckt haben. Ich könnte wirklich darüber lachen, wenn es nicht so traurig wäre.

  83. (auch OT: Mit Sarte und Camus ist es so ähnlich wie mit J. K. Rowling. Amüsante Literatur in der jeder einmal mit genussvoll geschmökert haben sollte. Die Gefahr bei dieser Lektüre dem Wahnsinn zu verfallen besteht nur wenn man den Inhalt der Werke mit einer Darstellung äußerer Wirklichkeit verwechselt.)

  84. @Tom #98:
    Hier geht nix verloren.

    Nur der BVB 09 Dortmund. In Osnabrück, im DFB-Pokal.
    3 : 2 !! Aaaauuuus. Aaauuus. Das Spiel ist aus. Osnabrück ist .. ääh..

  85. @ knut

    Noch nie was von Iwan Petrowitsch Pawlow bzw. von seinem Hund gehört? Er war der erste, der eine Verbindung zwischen äußerem Reiz und einer darauf folgenden unkontrollierbaren, physiologischen Reaktion (in diesem Beispiel Speichelfluss) nachgewiesen hat. Das ist der, der 1904 den Nobelpreis erhalten hat. Aber das ist schon ganz, ganz lange her. Seit dem sabbern nicht nur Hunde oder bilden und verbinden sich neue Gehirnzellen (auch Lernen genannt) usw..

    Natürlich gibt es einen direkten Einfluss über die Psyche auf die Physis.

    @ polyphem.os

    Yippie! Ich rate: Osnabrück ist Deutscher Meister geworden…?

    Ansonsten: Lineare Denken ist wie der Bewegungsraum eines Torwarts im Vergleich zu den anderen Spielern.

  86. wenn Patientenverbände Kritik an der PR Aktion dieses vermeintlichen Wundermittels üben….

    dann muß man leider auch fragen, wer eigentlich hinter der Finanzierung dieser Patientenverbände steht???

    Vielleicht ein besseres Thema für Mr. Martens :-)

  87. Zu 107
    wenn Patientenverbände Kritik an der PR Aktion dieses vermeintlichen Wundermittels üben….
    dann muß man leider auch fragen, wer eigentlich hinter der Finanzierung dieser Patientenverbände steht???
    Vielleicht ein besseres Thema für Mr. Martens :-)
    Mein Standpunkt:
    Klar gibt es erwiesene Unterwanderung von ( eher kleinen und unbedeutenden ) Selbsthilfegruppen, oder solche Selbsthilfegruppen, die extra für Promotion-Zwecke gegründet wurden.

    Daraus aber eine neue Verschwörungstheorie herzuleiten, dass die gesamte Selbsthilfe von der Pharmaindustrie gekauft sei, ist ebenso ein blanker Unsinn.
    Besonders, wenn es sich hier um die „Großen“ und Bekannten dieser Zunft handelt:
    Der Deutsche Neurodermitis Bund, der Deutsche Psoriasis Bund , der Bund Neurodermitskranker in Boppard und die Psoriasis Selbsthilfe Arbeitsgemeinschaft werden nicht nur alle durch ihre Dachverbände, etwa dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband und/oder der Bundes Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe kontrolliert, Sie müssen sich zum Erhalt ihrer Gemeinnützigkeit alle drei Jahre vom Finanzamt prüfen lassen und sie müssen jedes Jahr folgende Erklärung unterschreiben, und die dort aufgezählten Unterlagen beibringen, wenn sie ( was sie alle tun ) Fördergelder von den gesetzlichen Krankenkasen beantragen.:
    Damit ist ziemlich sicher gestellt, dass die Selbsthilfeverbände keinem finanziellen Einfluss der Pharmaindustrie unterliegen. Trotzdem kommen immer wieder solche Unterstellungen.
    Wenn wir nicht unserem Auftrag die Interessen der Betroffenen zu wahren gefolgt wären, sondern unseren finanziellen Interessen, dann hätten wir die Regividerm-Creme hochjubeln müssen.
    Das kann man aus den unzähligen Schmäh- Mails entnehmen, die uns von hoffnungsenttäuschten Betroffenen erreichen.
    Gerade die Leute vom Gesundheitsblog und von Esowatch haben hier großen Dank verdient. Mit wahnsinnig schnell zusammengetragenen Hintergrundinfo´s und sehr gut nachgewiesener Recherche haben sie entscheidend
    dazu beigetragen, dass die ARD-Sendung Heilung unerwünscht. Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern
    ganz schnell als das entlarvt wurde, was es ist: ein unheimlich erfolgreicher, äußerst manipulativer PR Auftritt zur besten Sendezeit.

    Thomas Maas
    Schatzmeister
    Deutscher Neurodermitis Bund

    Auszüge:

    Anlagen 1 bis 3
    zum Gemeinsamen Rundschreiben 2008 zur Förderung der Bundesorganisationen der Selbsthilfe nach § 20c SGB V

    Stand: Herbst 2007

    Kassenartenübergreifende Gemeinschaftsförderung

    nach § 20c SGB V

    Antragsunterlagen für die Förderung

    der Bundesorganisationen der Selbsthilfe

    Damit die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Verbände über eine Förderung entschei-den können, ist Ihre Mitwirkung gesetzlich vorgeschrieben (vgl. § 60 SGB I). Die folgenden Angaben werden für die ordnungsgemäße Bearbeitung Ihres Antrages auf Förderung nach § 20c SGB V benötigt (vgl. Antragsunterlagen). Eine fehlende Mitwirkung kann zur Ablehnung Ihres Antrages führen.

    Zu den Antragsunterlagen gehören die nachstehenden Anlagen:

    Anlage 1: Antragsvordrucke Pauschalförderung:
    – Antragsformular für Pauschalförderung (1a)
    – Strukturerhebungsbogen (1b)
    – Datenverwendungserklärung (1c)
    – Erklärung zur Wahrung der Neutralität und Unabhängigkeit (1d)

    Anlage 2: Verwendungsnachweis

    Anlage 3: Kontaktadresse für die Antragstellung

    Mit der Unterschrift bestätigt die Bundesorganisation der Selbsthilfe sowohl ihre Antragstellung auf Pauschalmittel gemäß § 20c SGB V als auch die Einhaltung der Grundsätze der Erklärung zur Wahrung von Neutralität und Unabhängigkeit (vgl. Anlage 1 d). Der Antragsteller verpflichtet sich weiter, die finanziellen Zuschüsse der Krankenkassen/-verbände zweckgebunden gemäß § 20c SGB V zu verwenden. Anmerkung: Die Krankenkassen/-verbände behalten sich im Einzelfall vor, die ordnungsgemäße Verwendung der pauschalen Fördermittel zu prüfen. Bei vorsätzlich falschen Angaben ist die Krankenkasse/-verband berechtigt, die finanziellen Zuwendungen zurückzufordern

    Schatzmeister

    Ort, Datum rechtsverbindliche Unterschrift (und ggf. Stempel)

    Bitte beachten:
    Nur vollständige Antragsunterlagen gewährleisten eine zeitnahe Prüfung Ihres Förderantrages. Bei der Beantragung pauschaler Fördermittel bei der „GKV-Gemeinschaftsförde-
    rung Selbsthilfe“ sind alle nachstehend aufgeführten Antragsunterlagen einzureichen.

    Diesem Antrag sind folgende Anlagen beigefügt:
    1 Strukturerhebungsbogen
    1 Satzung
    1 Körperschaftssteuer Freistellungsbescheid des Finanzamtes
    1 Datenverwendungserklärung
    1 Haushaltsplan für das Antragsjahr 2009 (ggf. Entwurf)
    1 genehmigter Jahresabschluss 2007 (ggf. 2008)
    1 Mitteilung über die Entlastung des Vorstandes durch die Mitgliederversammlung

    1 Die noch fehlenden Unterlagen reichen wir bis zum _______ nach.

    – 1 – Anlage 1d (Herbst 2008)
    „GKV-Gemeinschaftsförderung Selbsthilfe“

    Erklärung zur Wahrung von Neutralität und Unabhängigkeit*)

    der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe zum Umgang mit Wirtschaftsunternehmen
    bei gleichzeitiger Förderung durch die Krankenkassen und/oder ihre Verbände
    nach § 20c SGB V

    Präambel

    Selbsthilfegruppen, Selbsthilfeorganisationen und Selbsthilfekontaktstellen richten ihre fachliche und politische Arbeit an den Bedürfnissen und der Interessen von behinderten und chronisch kranken Menschen und deren Angehörigen aus. Sie fördern die Selbstbestimmung behinderter und chronisch kranker Menschen.

    Der Umgang mit Wirtschaftsunternehmen darf die Unabhängigkeit der Selbsthilfe nicht einschränken und muss transparent sein. Damit die Neutralität und Unabhängigkeit der Selbsthilfe auch künftig gewahrt wird, haben die maßgeblichen Spitzenorganisationen der Selbsthilfe bereits seit längerer Zeit eigene ausführliche Leitsätze veröffentlicht. Diese stehen allen Selbsthilfegruppen, Selbsthilfeorganisationen und Selbsthilfekontaktstellen zur Verfügung. Darüber hinaus beraten die maßgeblichen Spitzenorganisationen der Selbsthilfe die Selbsthilfegruppen, Selbsthilfeorganisationen und Selbsthilfekontaktstellen über die Zielsetzung und den Regelungsgehalt dieser Leitsätze in der Praxis.

    Mit der nachfolgenden Erklärung verpflichtet sich der Antragsteller zur Wahrung seiner Neutralität und Unabhängigkeit. Diese Erklärung wurde einvernehmlich mit den maßgeblichen Spitzenorganisationen der Selbsthilfe und den Spitzenverbänden der Krankenkassen erarbeitet und gilt seit dem Förderjahr 2007. Sie basiert auf den bereits existierenden Leitsätzen der organisierten Selbsthilfe.

    Erklärung

    I. Autonomie der Selbsthilfe

    Die Selbsthilfegruppen, Selbsthilfeorganisationen und Selbsthilfekontaktstellen können finanzielle Zuwendungen von Personen des privaten und öffentlichen Rechts, von Organisationen und von Wirtschaftsunternehmen entgegennehmen, sofern dadurch keine Abhängigkeit begründet wird. Dazu ist Voraussetzung, dass keine überwiegende Finanzierung der Selbsthilfegruppen, -organi-sationen und -kontaktstellen durch Wirtschaftsunternehmen erfolgt (z.B. Pharma-, Medizinprodukteindustrie, Hilfsmittelhersteller). In allen Bereichen der Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunterneh-
    men muss die Autonomie über die Inhalte ihrer Arbeit, deren Umsetzung sowie die Verwendung der Mittel bei der Selbsthilfe verbleiben.

    II. Transparenz

    Unterstützung durch und Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen sind transparent zu behandeln. Werbung von Wirtschaftsunternehmen ist grundsätzlich zu kennzeichnen. Informationen von Wirtschaftsunternehmen werden kenntlich gemacht und nicht unkommentiert weitergegeben. Aus-
    sagen und Empfehlungen ohne Angabe von Quellen, insbesondere von Dritten, gehören nicht zur Informationspraxis von Selbsthilfeorganisationen. Eingenommene Mittel aus Sponsoring und Förderung werden mindestens einmal jährlich veröffentlicht, getrennt nach Sponsoren und Förderern.

  88. @111
    Tja Daniel, lese doch die von Dir angegebene Quelle aufmerksamer:
    Studie ist von 2006 inzwischen hat sich ja viel getan. Siehe oben

    Anlagen 1 bis 3 zum Gemeinsamen Rundschreiben 2008 zur Förderung der Bundesorganisationen der Selbsthilfe nach § 20c SGB V Stand: Herbst 2007

    Nicht wenige Aussagen der Studie hören sich böser an, als es ist. Z.B.
    Wenn Du als Betroffener Mitglied im Verein bist, würdest Du dann nicht erwarten, dass dessen Mitgliederzeitung auch über den aktuellen Stand der Forschung, neue Therapien und Medikamente berichtet ??

    Studienergebnis : ( Stand 2006 )
    In sieben Mitgliederzeitschriften (87,5 Prozent) fanden sich auch im redaktionellen Teil Publikationen über Pharmaprodukte !
    Was erwartet man denn von einer entsprechenden „Fachzeitschrift für Betroffene“ ?

    Übrigens diese Studie von Professor Gerd Glaeske ist uns ja bekannt, auch sie ist nicht unumstritten, aber sie hat dazu geführt, dass schlagartig alle massgeblichen Patientenorganisationen solche oder ähnliche Selbstverpflichtungserklärungen abgegeben haben, wie ich sie oben vorstellte.

    Studie ( Stand 2006 )
    Bei einem Viertel der Selbsthilfegruppen liegt die Finanzierung über Sponsoring bei knapp 20 Prozent (1).
    Bedeutet aber auch ( Stand 2006 )
    Bei drei Viertel der Selbsthilfegruppen liegt die Finanzierung über Sponsoring bei UNTER 20 Prozent (1).
    Studie ( Stand 2006 )
    Fünf Prozent der Gruppen und Organisationen erhalten die Hälfte ihres Budgets aus Sponsoringmitteln (1).
    Bedeutet aber auch ( Stand 2006 )
    Fünfundneunzig Prozent der Gruppen und Organisationen erhalten NICHT die Hälfte ihres Budgets aus Sponsoringmitteln (1).

    Wir müssen ja unsere Jahresabschlüsse und Kassenprüfungsberichte offen legen ( Siehe Auszüge aus dem oben eingestellten Text der Antragsschreiben ) da würde Einflussnahme schon auffallen. Außerdem haben wir (DNB.e.V.) seit vielen Jahren schon keine Spenden oder Zuschüsse von der Industrie erhalten. Die höchste Fördermitgliedschaft die wir haben, beträgt 1000 Euro im Jahr und ist von einer Babynahrungsfirma.

    Ohne Werbung durch Anzeigen kann eine regelmäßig erscheinende, Zeitschrift mit Auflagen von 10 bis 20.0000
    nicht hergestellt und im ganzen Bundesgebiet versendet werden. Das bedeutet in unseren Sparten aber noch lange nicht DIE GLEICHE ABHÄNGIGKEIT von Werbekunden, wie sie auch beim Spiegel, der Frankfurter dem Stern und was sonst noch Rang und Namen hat, vorkommt.

    Die müssen sich auch gut überlegen, mit wem sie Werbung machen und in wie viel Abhängigkeit sie sich dabei begeben. Wenn hier Journalisten mit lesen, müssen sie das doch bestätigen.

    Genau das müssen unsere Zeitschriften auch. Aber bei „den Großen“ wird Werbung akzeptiert und bei den Vereinszeitschriften , die zum Teil auf hohem Niveau berichten, wird gleich wieder Einflussnahme gewittert.
    Studie ( Stand 2006 )
    • In sechs Mitgliederzeitschriften (75,5 Prozent) war die Pharmaindustrie mit direkter Werbung vertreten.

    Ach ja und dann die –bereits aus der Diskussion um die Salbe nun all zu bekannte – dünne Studienlage bzw. die wenigen teilgenommenen Probanten:

    Es gibt ca. 20.000 Selbsthilfegruppen/ Vereinigungen. Davon werden wohl auch einige hunderte eine Mitgliederzeitungen heraus bringen. Ich glaube gerade mal 8 wurden für die Studie untersucht.

    Ich will hier keinen neuen Nebenkriegsschauplatz aufmachen, aber einfach nur alles mit Big Pharma, die alles kauft und alles manipuliert zu argumentieren ist ein wenig flach.

    Thomas Maas

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