Die „Welt“ ist zu gut für Blogs [update]

Dank Christoph Keese weiß ich jetzt, wie es sich liest, wenn Angstschweiß zu Dummheit gerinnt.

Nachtrag. Kommentare zum Thema:

Björn Sievers: „Riecht (…) verdächtig nach dem frühen Tod von Welt Debatte, bevor die Plattform überhaupt zu leben begann.“

Caito: „Sie wissen was mit inflexiblen Evolutionsteilnehmern (Betonköpfe, Dinosaurier) passiert ist?“

Lorenz Lorenz-Meyer: „Dann gibt es die erste, völlig vorhersehbare Reibung, und statt diese Reibung selbst zum Gegenstand der versprochenen Debatte zu machen, statt in einen offenen Diskurs über Kollegialität und meinetwegen auch journalistische Sorgfalt einzutreten, verfällt man flugs wieder in den trüben, alten Trott, das autoritäre Gehabe, die alten Rechtfertigungsfloskeln.“

Peter Turi: „Chefredakteur Christoph Keese verkündet (…) das Ende der offenen Debattenkultur bei ‚Welt Online‘ und die Rückkehr zur alten Hierarchiegläubigkeit.“

Thomas Knüwer: „Christoph Keese [ersetzt] die nachlassende Wirkung des ins Feuer gegossenen Benzins durch den gezielten Wurf eines Molotow-Cocktails (…). Warum eigentlich glaubt die „Welt“, sich Blogs halten zu müssen? Gebt sie einfach auf, dann hat der Spuk ein Ende.

Daniel Große: „Keese scheint (…) die Sinnhaftigkeit [von Blogs] noch nie verstanden zu haben.“

„Welt Online“-Projektentwickler Peter Schink:

„Welt Online“-Moderator Philip Steffan:

„Welt Online“-Blogger Don Dahlmann:

„Welt Online“-Medienblogger Daniel Fiene:

PS: Alan Posener gratuliert in seinem ersten Blog-Eintrag nach dem gelöschten Eintrag über Kai Diekmann seiner Tochter zu ihrem ersten Zeitungsartikel. Wieviele Leute diesen Eintrag gegengelesen haben, bevor entschieden wurde, dass dieses persönliche Glückwunschschreiben den „Welt“-Kriterien für professionellen Journalismus entspricht und die Regeln im umfangreichen „Welt“-„Stilbuch“ einhält, ist nicht bekannt.

Noch’n Nachtrag. „Welt“-Blogger Don Dahlmann erklärt sich in seinem Blog:

Die „Welt“ hat den Mut gehabt, als Erste eine Debatten Plattform zu eröffnen, und sie sind damit auch die ersten, die lernen müssen, wie die Verzahnung von Blogs, Subjektivität und klassischen Redaktionsverständnis funktionieren kann.

Um die Frage, ob sein „Welt“-Blog nun wie alle Blogs laut Keese ein „privates Tagebuch“ ist oder, im Gegenteil, „professioneller Journalismus“, also kein Blog, hat er sich gedrückt.

44 Replies to “Die „Welt“ ist zu gut für Blogs [update]”

  1. Der Mann ist ja grauenvoll. Und was er sagt, ist so dumm und peinlich, dass man sich fragt, wie so etwas Chefredakteur sein kann. Hierarchie als Qualitätsgarant? Filtern als Journalismusprinzip? Hohn und Spott über ihn!

  2. Na ja das öffnet mir, als Unkundigen, schon die Augen wie Journalismus heute in Deutschland wirklich funktioniert, zumindest im Sinne der „Entscheider“ eines Blattes oder Verlages.
    Mich stört ja am meisten, dass Keese behauptet die Pressefreiheit schütze den Journalisten nicht vor den Entscheidungen des Chefredakteurs. Wir wäre es dann mal mit der Meinungsfreiheit? Die steht auch in Artikel 5 des Grundgesetzes und Journalisten sind davon wohl kaum ausgeschlossen. Aber dazu müsste man natürlich seine freiheitlichen Grundrechte nicht nur mit einem journalistischen Tunnelblick oder nach einer ausführlichen Qualitätskontrolle der Vorgesetzten wahrnehmen und bewerten.

  3. Mil, so funktioniert Journalismus nicht grundsätzlich in Deutschland, so funktioniert Journalismus vor allem bei Springer.

  4. Also ein bisschen sieht es schon nach „Aktionismus“ aus. Aus seiner Sicht, kann ich die im SZ-Interview gemachten aussagen teilweise verstehen. Allerdings: Es sind auch einige dabei, wo ich echt nur den Kopf schütteln kann. Keese un Weblogs, das ist keine gute Beziehung, wie man auch an seinem eigenen Welt Debatte Blog sieht. Längst wäre es an der Zeit gewesen, dass Thema dort mal aufzugreifen und ähnlich wie in der SZ mal Stellung zu beziehen. Vielleicht macht er das ja noch.

  5. Ups. Ich kenne Herrn Keese nicht persönlich. Aber es leuchtet doch ein, dass Artikel – ich rede nicht von Blogs – redigiert werden dürfen und nicht gegen die Entscheidung des CR ins Blatt kommen. Er ist presserechtlich v e r a n t w o r t l i c h. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind 2 unterschiedliche Güter. Im Blatt sollen Meinungen höchstens im Kommentar stehen. Ansonsten Informationen, wenn’s geht bitte gut recherchiert. Zeitungen sind in der Regel nicht als Meinungsforum für Journalisten gedacht, oder?

  6. Richtig. Zeitungen sind für die politischen Interessen des Verlages und deren Werbekundschaft gedacht.

  7. @is:

    Es geht ja darum, dass Journalisten neben ihrer Tätigkeit für eine Zeitung bloggen, weil bloggen im Moment „In“ ist. Und Bloggen funktioniert anders, als eine Redaktion.

    Herr Keese hat jetzt aber entschieden, dass es nicht gut ist, wenn Journalisten die für ihn arbeiten innerhalb des eigenen Mediums auf eine Art und Weise bloggen, wie es im Internet üblich ist, also subektive Einschätzungen liefern, vielleicht polemisch werden usw. . Das Blog ist ja quasi eine meinungsbetonte Darstellungsform, wenn man so will, die aber auch wiederrum eigene und neue Arten der Meinungsäußerung mit sich bringt.

    Das Problem ist, dass diese Art der Meinungsäußerung innerhalb eines traditionellen Mediums an Grenzen stößt, die jetzt der Fall Posener aufgezeigt hat.

    Das ist quasi das Spannungsfeld indem wir uns momentan bewegen. Aber im Prinzip ist das alles ja noch ganz neu, kaum wissenschaftlich untersucht und irgendwo aufgeschrieben, ob und wie sowas jetzt eigentlich funktionieren soll. Das werden die nächsten Jahre zeigen, was daraus wird.

  8. Ich möchte nur kurz Mister Murdoch – den konservativsten und ehemals internetkritischsten Medienmogul der Welt – zitieren:

    But the future of media is a future of relentless experimentation and innovation, accelerating change, and–for those who embrace the new ways in which consumers are connecting with each other–enormous potential.

    Byebye Mister Keese, es werden Hunderte kommen, die nur darauf warten, Ihnen Aufmerksamkeit zu nehmen!

  9. Ich habe den Keese früher gern gelesen. Wirklich. Muss noch mal nachlesen, ob ich mich getäuscht habe oder er mittlerweile im eigenen Angstschweißt ertrinkt.

  10. Journalismus als Verhinderung freier Meinungsäußerung? Bravo, Herr Keese, genauso macht man die traditionellen Medien überflüssig.

  11. „Doch wer sich als professioneller Autor redigieren lässt, unterwirft sich keiner Zensur, sondern der Bearbeitung durch einen Kollegen.“

    Welt „Debatte“ hætte ruhig zu Anfang gleich darauf hinweisen kønnen, dass das auch fuer all die nicht-professionellen Kommentarautoren unter den Artikeln gilt.

  12. Aus Sicht des Springer-Verlages finde ich das, was Keese sagt, durchaus logisch und konsequent.

    Aber das Geblogge im eigentlichen Sinn ist natürlich tot, wenn die Texte vor Veröffentlichung redigiert werden.

  13. Eben. Letztlich sagt er, dass die Blogs von Welt-Redakteuren keine Blogs sind, auch wenn sie so heissen.
    Andererseits kann ich den Standpunkt aus Verlagssicht auch irgendwie verstehen. Wer gibt schon gerne die Kontrolle darüber ab, was scheinbar unter seinem Namen veröffentlicht wird? Das hätte man sich als Verlag allerdings vorher überlegen können und wenn man nicht ein Stück weit bereit ist, Kontrolle abzugeben, hätte man das Bloggen unter seinem Dach auch einfach bleiben sein lassen können.

  14. War das nicht auch die Welt, die jetzt den VW Passat beworben hat? Darf jetzt in den Blogs auch nichts kritisches mehr zu VW stehen? Vielleicht genügt diese Kritik ja dann wieder „stilistisch und argumentativ nicht unseren Anforderungen“ oder wie auch Keese sagen würde „Dies ist etwas ganz und gar anderes.“?

    Ich habe den Keese echt mal geschätz. Ich könnte mir in den Hintern beissen.

  15. Ich kann durchaus verstehen, wenn Keese sagt, ein Blogger, der bei der Welt angestellt ist, müsse sich bewusst sein, dass er auch so wahrgenommen wird. Peinlich finde ich eher die Umgangsweise mit diesem Eintrag. Eine entsprechende Gegendarstellung wäre wohl sehr viel cleverer gewesen. Schade drum.

  16. Kann mir übrigens jemand von der „Welt“ erklären, was Keese meint, wenn er sagt:

    Gute Redaktionen lesen Texte in drei, vier oder fünf unterschiedlichen Stufen gegen, bevor diese veröffentlicht werden.

    Fünf Stufen zum Gegenlesen? Das heißt, der Reporter schreibt einen Text, dann liest ihn sein Redakteur (1), der Ressortleiter (2), der Chefredakteur (3), das Korrektorat (4) und am Schluss nochmal ein Praktikant (5)? Oder wie?

  17. Wenn ich den Mann interviewt hätte und er einen Satz mit „Ich finde, es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen professionellem Journalismus und …“ begonnen hätte, ich hätte ihm mit „… dem beim Axel-Springer-Verlag?“ sekundieren wollen. Leider endet sein Satz aber mit „Blogs“.

    Es bringt nichts, seine Persönlichkeit spalten zu wollen in den professionellen Journalisten und den einsamen Wolf, der im Alleingang bloggt. Diese Spaltung nimmt einem ohnehin niemand ab.

    Wenn ein Journalist in seinem privaten Blog eine völlig andere Position vertritt als in seinen Zeitungsartikeln, dann ist das eine „Spaltung“. Aber doch nicht, wenn er zu seiner journalistischen Arbeit noch eine persönliche Betrachtung hinzufügt. Vielleicht sollte Posener einfach nicht bei „Welt Debatte“ bloggen, sondern bei blogger.de oder so – oder bestünde da immer noch eine zu enge Verknüpfung zur Marke „Welt“?

    Eine binnenredaktionelle Pressefreiheit gegenüber dem Chefredakteur kann es nicht geben – das wäre ein absurder Gedanke.

    Statt „Helm ab zum Gebet“ jetzt „Hirn ab zum Diktat“, oder wie?
    Schon klar, dass nicht jeder Journalist seine Meinung in einen Artikel pressen kann, aber das klingt ja, als ob selbst die Texte, die mit „Meinung“ oder „Kommentar“ überschrieben sind, mit der Chefredaktion (oder in diesem Fall allzu offensichtlich: dem Verlag) abgesprochen werden müssten. Und das wäre doch irgendwie nicht Sinn der Sache.

    Wenn man ein Buch kritisiert, muss man es gelesen haben und dann auf eine Art und Weise behandeln, wie man das beispielsweise für die „Literarische Welt“ tun würde.

    Gottseidank hat er noch schnell ein Totschlagargument gefunden, weswegen der ganze Blogpost journalistisch nicht vertre… Oh, ich höre gerade: das war gar keine Buchbesprechung.

    Blogs haben ihre Berechtigung und sind eine Bereicherung des Internets. Aber sie stehen für etwas ganz anderes als wir.

    Und das, lieber Herr Keese, ist der Grund, warum ich Blogs lese. Und die „Welt“ nicht.

  18. Zuviel Meinung stört halt den Qualitätsjournalisten Christoph Keese. Aber auch “ Qualitätsblogs“ wie z.B. Spreeblick sind hier nicht toleranter, siehe
    http://www.spreeblick.com/2007/03/16/peter-alexa-ein-ehemaliger-unterstutzer-der-raf/#comments .
    (Interessant sind die Kommentare Nr.134 und 187 bis 198.) Sowohl Christoph Keese als auch Blogger wie Herr Häusler haben meines Erachtens nicht verstanden, daß spätestens mit Web 2.0 die Meinungsunterdrückung durch “ Meinungsmonopolisten“ nicht mehr funktioniert. Kommerzielle Zeitungen, die so agieren, werden ihre Leserschaft verlieren. Politische Blogger, die ihrer Leserschaft eine ungestört-heimelige Atmosphäre bieten wollen auf Kosten der freien Diskussionskultur, werden sicherlich überleben. Aber sie werden nicht verhindern können, daß die unerwünschten Meinungen sich dann durch andere Blogs verbreiten. Den Erfolg der Linkspartei jetzt auch im Westen ( Bremen) führe ich auch darauf zurück, daß sich im Internet in den letzten Jahren eine Gegenöffentlichkeit bilden konnte. Die NPD verdankt ihre Erfolge im Osten meines Erachtens ebenfalls auch der virtuellen Vernetzung.Egal, wie man politisch zu linken und rechten Extremen steht, die Verweigerung einer Diskussion scheint zumindest unklug und kurzsichtig zu sein.

  19. ich habe schon hunderte gute zeitungen gelesen, aber noch keine fünf guten blogs. da wird meistens das eigene ego gepflegt und sich wichtig gemacht, bis der Arzt kommt. und die ewig gleichen leute hauen sich selbst auf die schulter und suggerieren nicht vorhandene relavanz.

    Sorry Jungs …

  20. Mal abgesehen davon, dass die meisten Kommentare hier nur zeigen, dass ihre Schreiber nicht die geringste Ahnung haben, wie eine Redaktion funktioniert: Jede Zeitung hat eine Tendenz. Wenn ich als Journalist bei ihr einen Vertrag unterschreibe, dann weiß ich das. Die Tendenz gehört zur Marke: Süddeutsche eher links, Faz konservativ, Bild Schweine-Boulevard etc. Wenn diese Tendenz nicht mit meiner persönlichen politischen, journalismus-ethischen, was-auch-immer Überzeugung in Einklang zu bringen ist, dann muss ich kündigen – oder ich werde schizophren. Das hat nichts mit Zensur zu tun. Sondern mit Professionalität.

    Im übrigen schließe ich mich dem Kollegen Jakubetz an:

    http://www.blog-cj.de/blog/?p=729

  21. Hm, ich glaube, dass die meisten hier Kommentierenden vom Funktionieren einer Zeitungsredaktion offensichtlich mehr verstehen, als Keese, Diekmann und Konsorten vom Bloggen.

    „Sondern mit Professionalität.“

    Das Wort „Professionalität” im Zusammenhang mit der Löschung des Poesnerschen Blogeintrages und die daran anschließende „Kommunikation“ von Springer und Keese zu verwenden – ist dass nun dumm oder dreist?

    Hat Poesner die politische Tendenz, die Sie den einzelnen Zeitungen unterstellen, missachtet? Eher nicht.

    Hat Poesner hat gegen die Welt „gestänkert“, die „Hand, die ihn füttert, gebissen“? Oder gegen Bild? Oder gegen Springer? Nicht mal gegen Diekmann persönlich.

    Nein, er hat nur aufgezeigt, wie verlogen, äh bekloppt, nein ambivalent Diekmanns Buch (-projekt) ist.

  22. Ich finde Posener unprofessionell. Wenn sich der Marketing-Chef von BMW hinstellt und öffentlich verkündet, eigentlich finde er, Mercedes baue die viel besseren Autos, und der neue 3er sei ja wohl eine Fehlentwicklung, dann wird er auch ein Problem bekommen.

  23. Er ist aber, um in Ihrem Vergleich zu bleiben, nicht der Marketing-Chef von BMW, sondern der von Audi. Und er sagt es nicht auf der Audi-Pressekonferenz, sondern beim Audi-Veteranen-Stammtisch.

  24. @Duden: Die mögliche Unprofessionalität Poseners (vgl. dazu auch Knüwer von heute) ist aber längst nicht mehr das Thema. Sagen wir, er sei unprofessionell gewesen. Warum kann Christoph Keese dann nicht mit den „Welt Online“-Lesern darüber diskutieren? Warum werden erklärt er seinen Lesern nicht, was passiert ist? In einem gerade eröffneten Forum, das „Debatte“ heißt? Warum tut er in der SZ so, als hätte Posener eine Buchkritik geschrieben, ohne das Buch gelesen zu haben — was gelinde gesagt eine Unverfrorenheit ist angesichts des Artikels von Posener. Links zu diesem Artikel, mit denen sich „Welt Online“-Leser selbst ein Bild von der „Unprofessionalität“ Poseners machen könnten, werden auf „Welt Debatte“ entfernt. Warum hat die „Welt“ immer noch Blogs auf der Seite, wenn er gerade erklärt hat, Blogs seien unprofessionell und unjournalistisch? Fragen über Fragen.

    Wie ist das eigentlich bei Ihrer Zeitung und beim Online-Auftritt Ihrer Zeitung, „Duden“? Wieviele Artikel werden dort auf 5 verschiedenen Stufen gegen gelesen? Keese sagt, das sei Standard bei guten Zeitungen. Hat er Recht? Oder spinnt er?

    (Warum eigentlich das Pseudonym? Warum wollen Sie hier nicht unter Ihrem Klarnamen und Angabe des Arbeitgebers diskutieren?)

  25. Kein Problem – wenn sogar Außenminister Fischer hier mitredet, dann kann ich das auch. Also, ich bin Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung. Wie´s bei sueddeutsche.de zugeht, kann ich nicht sagen. Bei der Zeitung schreibt der Autor seinen Text. Der wird dann in der Produktion von Produktionsredakteuren redigiert. Zumindest die wichtigeren, größeren, brisanteren Texte liest auch noch der Ressortleiter. Danach die Schlußredaktion. Und schließlich liest auch der Nachtdienst noch mal alles. Gelegentlich kommt´s noch zu Zufallsfunden, manchmal entdeckt dann sogar der Layouter noch Fehler. Rechtschreibprogramm sollte eigentlich auf allen Stufen durchlaufen. Dass trotzdem immer noch Fehler durchrutschen – ja mei.

    @SvenR: Er hat´s aber nicht beim Veteranenstammtisch gesagt. Sondern deutschland-, weltweit abrufbar.

  26. Ich hab‘ zwar kein Blog („oooooh“), aber ich bin technisch verantwortlich für einige Corporate-Websites, die „deutschland-, weltweit abrufbar“ sind.

    Wenn ich darauf schreiben würde „Kai Diekmann ist d**f“ (würde ich nie tun, ehrlich), dann könnte das auch jeder sehen. Und?

    In Ihrem Vergleich ist ein Blog bei Welt der öffentliche Veteranenstammtisch bei Audi. Da können auch alle Menschen hingehen.

  27. Herr Handel, ich habe bei derselben Zeitung gearbeitet. Meine Texte wurden in der Regel von einem (1) Menschen noch gelesen, lassen Sie es gelegentlich zwei gewesen sein. Die Fehler, die sie übersahen, standen am nächsten Tag in der Zeitung. Die Fehler, die sie zusätzlich eingebaut haben, auch. Dass es keine wirkliche Schlussredaktion für die Masse der Texte gibt, sieht man der „SZ“ jeden Tag an.

    Im übrigen glaube ich, gibt es keine Zeitung in Deutschland, bei der Texte von so vielen verschiedenen Leuten „gegengelesen“ und bearbeitet werden, wie die „Bild“-Zeitung. Jede Hierarchie-Ebene rückt den Originaltext ein bisschen weiter von der Wahrheit weg.

  28. @Duden/Stephan Handel: Ich bezweifel überhaupt nicht, dass ein Artikel mehrfach (die fünfe glaub ich auch nicht, aber so weit reichen meine Erfahrungen auch nicht) gegengelesen und wo nötig korrigiert, vielleicht sogar angepasst wird.
    Was mich stört ist Keeses Gerede von der nicht vorhandenen „binnenredaktionellen Pressefreiheit gegenüber dem Chefredakteur“, weil er den Begriff der Pressefreiheit in einem leicht, äh: merkwürdigen Zusammenhang gebraucht, und (bewusst oder unbewusst) den Anschein erweckt, eine (jede?) Zeitung sei auf die persönliche Linie ihres Chefredakteurs getrimmt. So ein Eindruck kann nicht in seinem Sinne sein und wohl auch nicht in dem des ASV – der wird seine Zeitungen nämlich wohl eher auf Springer- denn auf Keese-Linie getrimmt sehen wollen.

  29. @Stefan: Ich sage ja nicht, dass es in allen Ressorts so läuft – in meinem läuft es so. Und grundsätzlich ist es natürlich so, dass zuerst einmal der Autor für die Korrektheit seines Textes verantwortlich ist – wenn er den Sachverhalt nicht kapiert hat und deshalb falsch darstellt, wenn er Namen durchgehend falsch schreibt, dann nützen auch zehn Kontrollstufen nichts, weil das niemand erkennen kann. Deshalb lernen Journalisten normalerweise ihren Job, deshalb fragen sie (normalerweise) lieber zwei Mal und lieber noch mal woanders nach, deshalb wissen sie, wo die Fallstricke liegen und sind dort besonders sorgfältig. (Jaja, dass bei vielen kleineren Zeitungen und in anderen Medien es nicht so genau geht, ist mir auch bekannt. Aber darum geht es ja jetzt nicht.)
    Das geht natürlich auch in Blogs, Bildblog macht das vorbildlich – sind ja auch Journalisten, oder? In einem privaten Blog jedoch las ich neulich einen Eintrag, so ungefähr: Ich hab das hier irgendwo gefunden, überprüfen konnte ich´s nicht, stell´s aber trotzdem rein. Und das war etwas durchaus Ehrenrühriges für den, um den es ging. Da wird mir übel, ehrlich. „Irgendjemand hat mir erzählt, dass N.N. ein Kinderficker ist. Geb ich jetzt einfach mal so weiter.“

    @SvenR: Wenn Sie wirklich an diesem absurden Vergleich mit dem Veteranenstammtisch festhalten wollen, dann sollten Sie dringend mit einem Presse- und einem Strafrechtler über den Komplex Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede und den dazu gehörenden Begriff der Öffentlichkeit sprechen.

  30. Ich hab die Zeitungs/Auto-Analogie noch mal aufgedröselt:
    In diesem Fall hätte sich der Produktentwickler von Audi (Posener) im Text „Mein Tagebuch“ (Blog) der Audi-Kundenzeitschrift (Internet) darüber amüsiert, dass der Chef von VW (Diekmann) nach außen das Energiesparauto (Volksbibel) verkauft, während seine Firma von Gottlieb Daimler (die ’68er) dazu „gezwungen wird“, das meiste Geld immer noch mit Spritschleudern (Miezen und Telefonsexanzeigen) zu machen.

    Passt’s jetzt?

  31. Um die Frage, ob sein „Welt”-Blog nun wie alle Blogs laut Keese ein „privates Tagebuch” ist oder, im Gegenteil, „professioneller Journalismus”, also kein Blog, hat er sich gedrückt.

    Hat er nicht. Ich schrub:

    „Das zweite Problem ist die Grenze zwischen objektiven „klassischen“ Journalismus, so wie ihn nicht die Redaktion der „Welt“ sondern auch viele andere verstehen, und dem subjektiven Bloggen. Nach Ansicht vieler Redakteure und Journalisten passt das nicht zusammen. Auf der anderen Seite stehen viele Blogger, darunter auch ich, die sagen: Aber sicher geht das zusammen. Das geht sogar ganz gut.“

  32. @Stephan Handel formerly known as Duden: Bei Ihnen war’s durchaus noch absurder, weil da ein BMW-Mensch öffentlich BMW-Produkte schlecht und fremde Produkte gutgeredet hat.

    Machen Sie sich keine Sorgen um mich: Ich spreche regelmäßig, nein fast täglich nicht nur mit Presse- und Strafrechtlern, sondern auch mit IP- und IT-Rechtlern. Berufsbedingt. Manchmal auch über den Komplex Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede und den dazu gehörenden Begriff der Öffentlichkeit. In der Regel hat das im weitesten Sinne mit Veröffentlichungen im Internet zu tun.

    Mein Lieblings-IT-Anwalt meinte gerade am Telefon, dass mein Vergleich gar nicht so schlecht sei.

    Zum Begriff Öffentlichkeit: Es macht durchaus einen gewaltigen Unterschied, ob auf der Startseite von welt.de in einer Überschrift, dort in einem Artikel, auf einer anderen Seite in einer Überschrift, dort in einem Artikel oder ganz versteckt irgendwo bei welt.de z. B. eine „üble Nachrede“ platziert wurde. Oder in einem „Kommentar“. Oder auf debatte.welt.de in Poesners Blog. Oder als Zitat in irgendeinem Blog in den Untiefen des Internets. Oder im Cache irgendeiner Suchmaschine.

    Gut, manche Richter haben das noch nicht verstanden. Wird aber bestimmt auch noch.

    Übrigens: Halten Sie den Artikel von Poesner wirklich für beleidigend, verleumdend oder üble Nachrede? Speziell bei der Person Kai Diekmann?

    Das hätte Keese sich früher überlegen müssen. Wenn er mit den Hunden heulen will (Wir sind Blog, ach ne, ist ja „Welt“ und nicht „Bild“), muss er auch das Bein heben können (begreifen wie Blogs funktionieren).

  33. […] Keeses Aussagen klingen eher, als gelte da neuerdings (?) die Parole „Online first, aber bitte nur, wenn es funktioniert wie offline und man die gleichen Fehler machen darf“. Oder so ähnlich. Ohne jetzt genau zu wissen, was wirklich vorgefallen ist, offenbart das Interview vor allem eines: Angst vor der eigenen Courage. (via Stefan Niggemeier) […]

  34. […] finde ich, dass die Debatte absurde Züge annimmt. Christoph Kesse muss sich derzeit mindestens der “Dummheit” bezichtigen lassen (leider vom von mir an sich über die Maßen geschätzten Kollegen Niggemeier), weil er ein Interview […]

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