Eine Gedenkminute für Sat.1

Aber wir sollten in diesen Tagen des Kaufens, Schenkens und Fressens die Menschen nicht vergessen, denen es nicht so gut geht. Menschen, die sich höchstens mal an einer Pressemitteilung wärmen können, aber deren Alltag ein trübes Grau ist, ohne Anspruch, ohne Ehrgeiz, ohne Etat, ohne Hoffnung.

Menschen, die in der Redaktion „Aktuelle Magazine“ von Sat.1 arbeiten.

Bei „Blitz“, dem Magazin, das laut Eigen-PR „für topaktuelle Informationen und Reportagen aus der Welt der Schönen und Reichen“ steht, haben sie heute einen schönen Bericht über ein Konzert von Marc Terenzi gezeigt, das Ende August stattgefunden haben muss.

Bei „Sat.1 am Mittag“, dem Magazin, das laut Eigen-PR „alles bietet, was Fernsehen spannend macht: live, tagesaktuell“, haben sie am Dienstag einen schönen Beitrag über Weihnachtseinkäufe mit Kindern gezeigt, der aus dem Jahr 2002 stammen muss und wegen einem heulenden Kind („weil der Weihnachtsmann immer denkt, eine große Sache reicht“), damals schon ausgiebig bei „TV Total“ recycelt wurde [zip].

Gut gefallen hatte mir auch, wie „Sat.1 am Mittag“ im März 2006 einen Beitrag zeigte, in dem Stromkontrolleure bei der Arbeit begleitet wurden. Und wenn sich das Alter dieses „tagesaktuellen“ Berichts nicht schon an der hochsommerlichen Vegetation im Hintergrund hätte erahnen lassen, dann wäre die Tatsache, dass die Kontrolleure von der „Bewag“ waren, die zu diesem Zeitpunkt längt „Vattenfall“ hieß, ein guter Hinweis gewesen.

Da fällt mir ein: Ich hab dieses Jahr gar keine Weihnachtskarte von Sat.1 bekommen. Ob ich mir Sorgen machen sollte?

16 Replies to “Eine Gedenkminute für Sat.1”

  1. Die armen Kolleginnen und Kollegen bei SAT 1 – da präsentieren sie Berichte aus einer Zeit, als alles noch billiger zu kaufen war, das Wetter sich ans Kalendarium hielt und Rot-Grün an allem Schlechten schuld war.
    Und dann kommt der Niggemeier und lästert hier ab.

    Dabei sind dei SAT-1-Macher nur daran interessiert, die Klimakatastophe nicht weiter voranzutreiben. Ohne rausrückende Reportageteams kein CO 2-Ausstoß und damit ein Beitrag zum Umweltschutz.

    Letzteres ist auch der Grund, weshalb die Pressestelle von Sat 1/ProSieben usw. usf. keine Weihnachtskarten rausgehauen hat: Die Presseabteilung hat viel zu viel mit der neuen Kommunikationskampagne zu tun. Überschrift:

    Besseres Klima mit dem Unterschichten-TV!

    Fröhliche Weihnachten!

  2. Die Stromkontrolleure sind Teil der Heavy-Rotation und laufen abwechselnd auf N24 (Kronzuckers Kosmos, N24-Magazine, N24-Reportage, usw), Kabel1 (K1-Magazin, K1-Reportage, K1-HassenichgesehnzumMittag), Pro7 (Focus-TV, Pro7-Reportage, Geilileo, usw) und ab und zu mal auf SAT1.
    Falls sich jemand mal dafür interessiert wie man Hüttenkäse macht, einfach entweder N24, Kabel1, Sat1 oder Pro7 einschalten. Irgendwo wird immer ein Bericht über Käseherstellung gezeigt.

  3. na ja, sich über diese magazine zu echauffieren ist zwar lustig, aber auch irgendwie nutzlos. denn wen interessiert schon der unfug, den die da produzieren? das ist wie eulen nach athen tragen und bietet nur futter für die, die eh nix raffen und daher klare feindbilder brauchen. das ist bügelfernsehen. zeittotschläger und interessiert im grunde niemanden. diese sendungen laufen nur als hintergrundgeklimper. und das wissen die bei sat1, n24 und kabel1 auch. wenn das einzige problem bei diesen beiträgen nur die fehlende tagesaktualität wäre, wäre ja auch alles im lot. und wer glaubt schon der werbung?

  4. Andererseits hat uns Sat.1 die sehr interessante Serie „Welcome Mrs. President“ beschert, und Vox „Ally McBeal“ und „Boston Legal“, während die Öffentlich-Rechtlichen nicht über Derrick und Co. hinauskommen. Aber die Magazinsendungen der Privaten sind durch die Bank schlecht, keine Frage. Wobei ich für einem dieser verwechselbaren Sender, ich glaube, es ist Kabel 1, eine Bresche schlagen will: die Beiträge über Auswanderer, so sehr die sog. Redakteure auch versuchen, die Leute vorzuführen und in ihrem eingeschränkten Wortschatz für Boulevardjournalisten verhaftet bleiben, sind für mich ein Highlight, weil sie Menschen eine Plattform bieten, die mehr tun, als sich über die Verhältnisse zu beklagen. Sie zeigen handelne Menschen, die ihr Schicksal in die Hand nehmen, und bieten sie (wenn auch unfreiwilig) als Vorbilder an. So gesehen handelt Kabel 1 aufklärerisch. Das muss jeder Dialektiker anerkennen.

  5. Zunächst möchte ich allen Personen ein frohes Weihnachtsfest wünschen, besonders Stefan und Jochen und ix.

    Dann muss ich aber auch sagen: ich habe mal bei SAT.1 gearbeitet, damals noch unter Fred Kogel, der übrigens einer der nettesten Führungskräfte ist, die ich je erlebt habe; ich war dort Infoparia, ich habe jeden morgen den Pressespiegel von SAT.1 gemacht zwischen sechs und zehn Uhr, und er hat mich, wenn wir sonntags die einzigen im frisch bezogenen Gebäude in der Jägerstrasse waren, begrüsst wie, Moment, Vergleich suchen, hm, Metapher überlegen, hm, hm – nun, begrüsst wie jemanden, den man sehr herzlich begrüsst.

    Aber das führt ja nun weg von der besprochenen SAT.1-Problematik, es ist so, dass ein Freund von mir, den ich intellektuell und menschlich sehr schätze, bei einem der Magazine arbeitet, ich glaube, dem Mittagsmagazin. Und er weiss, dass er nichts tut, was die Menschheit weiterbringt, sondern vielleicht sogar im Gegenteil, aber man muss manchmal eben auch versöhnlich sein können mit denjenigen, die nicht das Glück haben, das arbeiten zu können, worauf sie Lust haben. Huch, jetzt habe ich mich aus Versehen total verwirnennenesarbeitet, eigentlich wollte ich weihnachtstrunken auch den Menschen einen Gruss zusprechen, die das Jahr über Quatsch, ja sogar Scheiss machen, Versöhnlichkeit ist das neue Ding, aber nur im richtigen Mass. Auch Feindschaften wollen schliesslich gepflegt sein. Letzlich bin ich vermutlich nur beleidigt, dass ich keine SAT.1-Tasse bekommen habe, dabei habe ich nicht einen problematischen Artikel über den Verein geschrieben.

  6. Das ist ja alles ganz gut und schön, aber die wichtigste Frage wurde noch nicht beantwortet: Hält der Filzhenkel auch in der Spülmaschine?

  7. […] Wenn man jetzt noch weiß, dass der Kollege Niggemeier vor ein paar Tagen in der “FAZ” aufgeschrieben hat, wie bei “Sat.1 am Mittag” kürzlich ein zirka vier Jahre alter Beitrag übers Geschenkekaufen mit plärrenden Kindern lief (siehe jetzt auch Niggeblog), ahnt man bereits, wie günstig Sat.1 derzeit seine so genannten Infotainment-Magazine produzieren können muss. […]

  8. Da die Kunst nicht mehr das Leben imitiert, sondern das Leben die schlechtesten TV-Sendungen, könnte die Beobachtung von als News getarntem Recycling-TV durchaus von Bedeutung sein: Vielleicht wird so das Ende aller Entwicklungen des menschlichen Geistes eingeleitet. Eine schlichte Sparmaßnahme, sonst nichts. Die Konserve im Einheitsformat setzt den Schlußpunkt. Aber nein, dazu wird es nicht kommen. Dafür gibt es viel zu viele Creative Directors, die immer wieder einen neuen Look erfinden. Bald wackelt nicht nur jedes Bild, bald ruckelt nicht nur jeder Zoom, bald gibt es Bildschirme, die selbst durchs Zimmer sausen. Ob man das Rad heute noch erfinden könnte? Sicher nicht; nichtmal für ein Stativ reicht der Sinn für das Notwendige.

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