Harald Martenstein sieht sich als Opfer der Opfer

Ich habe Mitleid mit Harald Martenstein.

Das ist vermutlich in seinem Sinne. Seit Monaten schon schreibt er mitleiderregende Kolumnen ins „Zeit Magazin“. Aber anscheinend ist so immer noch nicht genug Mitleid für ihn zustande gekommen.

Martenstein fühlt sich benachteiligt, weil er keiner benachteiligten Minderheit angehört.

Er ist damit nicht allein. Er schreibt stellvertretend für die sich für schweigend haltende Mehrheit weißer, heterosexueller, alter Männer, die die Welt nicht mehr verstehen.

Martenstein hält sich sicher für liberal, aufgeschlossen, aufgeklärt. Er ist bestimmt für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Aber er hat offenbar das Gefühl, dass es jetzt langsam mal reicht. Dass ihm und Seinesgleichen die Welt entgleitet.

Er schreibt gegen diesen Machtverlust an und benutzt dabei regelmäßig die stärkste stumpfe Waffe, die ihm zur Verfügung steht: Ignoranz.

In der vergangenen Woche hat er sich darüber geärgert, dass die Berliner Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg beschlossen hat, in öffentlichen Gebäuden neben Toiletten für Männer und Frauen auch Unisextoiletten einzurichten — für Menschen, die sich entweder keinem der beiden Geschlechter zuordnen können oder wollen oder aber einem Geschlecht, das sichtbar nicht ihrem biologischen Geschlecht entspricht.

Martenstein schreibt:

Mir ist klar, dass Inter- und Transsexuelle sich in einer schwierigen Situation befinden und dass solche Menschen Anspruch auf Respekt und Toleranz haben.

Das ist bloß eine Variante des klassischen Satzes „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber.“ Martenstein fährt fort:

Warum man deswegen Toiletten umbauen muss, ist mir hingegen unklar.

Der Witz ist: Man muss deswegen gar keine Toiletten umbauen. Jedenfalls hat die Bezirksverordnetenversammlung nichts dergleichen beschlossen. Beschlossen hat sie, prüfen zu lassen, wo es möglich ist, eine bereits vorhandene Toilette pro Gebäude durch schlichte Änderung der Beschilderung in eine Unisextoilette umzuwidmen. Das kostet fast nichts.

Martenstein hat das nicht interessiert. Die behauptete Geldverschwendung ist sein Scheinargument, um gegen die ihm bizarr vorkommenden Spezialinteressen einer Minderheit anschreiben zu können.

Schon über seinem Text steht:

Inter- und Transsexuelle bekommen in Berlin-Kreuzberg eigene Toiletten. Harald Martenstein meint: Mehr Respekt für die Not kommunaler Haushalte würde auch nicht schaden.

Er kontert die Forderung, dass er „Respekt und Toleranz“ für Inter- und Transsexuelle aufbringen soll, mit der Forderung, dass Inter- und Transsexuelle „Respekt und Toleranz für die Lage der kommunalen Haushalte aufbringen“ sollen, indem sie auf einen teuren Umbau von Toiletten verzichten.

Gleich dreimal benutzt er in seiner Kolumne das Wortpaar „Respekt und Toleranz“ und demonstriert, dass er es für eine Zumutung hält, dass das jetzt dauernd von ihm gefordert wird — sogar auf (von ihm selbst imaginierte) Kosten des Haushaltes.

Und er beweist, wie wenig ihn die Nöte und Befindlichkeiten anderer Menschen tatsächlich interessieren, indem er erzählt, wie unkompliziert die Welt sein könnte, wenn nur alle so normal wären wie er oder sich wenigstens so normal gäben.

Er erzählt: „Wenn die Männertoilette kaputt war, bin ich immer auf der Frauentoilette gewesen. (…) Ich habe gelächelt und habe gesagt: ‚Tschuldigung. Das andere Klo ist kaputt.'“ Er schlägt vor, dass Inter- und Transsexuelle beim Gang auf die Toilette diese „kleine Notlüge“ benutzen sollen: „Was kostet es denn, zu sagen: ‚Das andere Klo ist kaputt‘?“

Die Antwort auf die Frage, was die Betroffenen eine solche Notlüge denn koste, interessiert ihn genauso wenig wie die Antwort auf die Frage, was es die Kommune kosten würde. Sonst wäre er vermutlich selbst darauf gekommen, was es für das Leben, die Selbstachtung, eines Menschen bedeuten kann, wenn er etwas so Alltägliches wie einen Toilettengang nur unter Rückgriff auf eine „kleine Notlüge“ absolvieren kann. Er hätte, wenn ihm schon die Empathie fehlt, sich das selbst auszumalen, auch in der Stellungnahme des Ethikrates nachlesen können, in der „das Verstecken der eigenen Intersexualität, die tägliche Entscheidung zwischen den Geschlechtern (zum Beispiel auf öffentlichen Toiletten)“ ausdrücklich als „Hürde im Alltag“ für die Betroffenen erwähnt wird.

Natürlich ist es eine Utopie, dass sich alle „Hürden“, die von einer speziellen Gruppe von Menschen im Alltag beklagt werden, beseitigen ließen. Und natürlich ist es auch richtig, eine Abwägung vorzunehmen, ob die Kosten, die für eine bestimmte Beseitigung von Hürden anfallen, in einem akzeptablen Verhältnis zu deren Größe stehen.

Aber Martensteins dummstolzes Ich schaff das doch auch zeigt, dass er sich für beides gar nicht interessiert.

Er hat die Haltung von jemandem, der eigentlich nicht dagegen war, öffentliche Gebäude — auch für teures Geld — für Rollstuhlfahrer zugänglich zu machen, das aber im Nachhinein bereut, weil er sieht, wohin das führt, wenn alle möglichen Leute plötzlich Rampen durchs Leben gebaut bekommen wollen, das normale Menschen doch eigentlich ganz gut bewältigen können.

Er hat eine Form gefunden, dem bürgerlichen „Zeit“-Publikum, das sich eigentlich ungern mit der „Bild“-Zeitung identifizieren möchte, dieselbe Mischung aus Ignoranz, Intoleranz und Desinteresse an Fakten zu servieren. In „Bild“ war der Kommentar zum Thema Unisextoiletten überschrieben mit: „Wir haben andere Sorgen.“ Das Wir, das sind Martenstein, „Bild“ und die dröhnende Mehrheit der Normalen.

Harald Martenstein meint, sich Respekt und Toleranz nicht mehr leisten zu können, nicht einmal dann, wenn sie so wenig kosten wie im Fall des Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg. Das ist keine Frage des Geldes. Er hat einfach das Gefühl, dass sein Respekt-und-Toleranz-Konto als normaler Mensch längst über Gebühr belastet wurde und die anderen jetzt erstmal ohne seinen Beitrag auskommen müssen.

Vielleicht hilft es, wenn wir ihm alle Mitleid spenden. Meins hat er.

299 Replies to “Harald Martenstein sieht sich als Opfer der Opfer”

  1. Ich glaube Shaw war es, der einmal sagte, nicht Hass, nein, völlige Ignoranz sei die größte Grausamkeit, die man einem anderen Menschen antun könne.

    In diesem Sinne: Marten-wer?

  2. Danke für das Paradebeispiel für die „Form […] dem bür­ger­li­chen »Zeit«-Publikum, das sich eigent­lich ungern mit der »Bild«-Zeitung iden­ti­fi­zie­ren möchte, die­selbe Mischung aus Dumm­heit, Into­le­ranz und Des­in­ter­esse an Fak­ten zu ser­vie­ren.“

  3. Der Bild-Zeit-Vergleich trifft es perfekt und erinnert mich an die unsägliche Kinderbuch- „Debatte“, als sich lauter weiße Normalos gegenseitig versicherten, dass das N-Wort überhaupt nicht schlimm sei.

  4. Wenn es mich als „wei­ßer, hete­ro­se­xu­el­ler, alten Man­n, der die Welt nicht mehr versteht“ kennzeichnet, wenn ich Unisex-Toiletten in allen öffentlichen Gebäuden (eines Stadtbezirks) als Irrsinn empfinde, dann komme ich nicht umhin, festzustellen, dass ich tatsächlich ein Mann, tatsächlich vorwiegend heterosexuell und auch nicht mehr der jüngst bin, und diese (!) Welt auch nicht mehr verstehen WILL.

    Kann es denn diesen Menschen zugemutet werden, sich z.B. im Sportverein mit Männern oder Frauen umzuziehen? Ehrlich: Erwachsene Menschen können auch so schon mal auf die „falsche“ Toilette gehen, passiert bei jedem Festival 1000x. Warum können das erwachsene Minderheiten nicht?

    Martenstein hat zu 100% Recht.

  5. Oh,oh, mein Martenstein…
    Er plädiert meiner Meinung nach Zeit seines Lebens, für ein wenig weniger „Aufgeregtheit“. Und meistens konnte er mir, häufig durch die von ihm gewählte Perspektive, dabei ein leichtes Schmunzeln entlocken. Seinem Humor merkt man halt manchmal die nicht unproblematische „katholische Kinderstube“ an. Insbesondere wenn es in einem seiner Beiträge irgendwie um „Schniedelkram“ geht.

    Ergänzend möchte ich diesen Teil aus seiner Kolumne hier erwähnen: „In den neuen Toiletten sollen sich neuartige Urinale befinden. Jedes Urinal wird mit einer Box umgeben, damit niemand sehen kann, was da im Einzelnen ausgepackt wird.“
    Urinalsteine vermutlich.

  6. Pssst, Herr Martenstein, nicht sagen, dass man sich unwohl fühlt, wenn eine dritte Kategorie Toiletten eingeführt wird. Ich fordere eine weitere für Väter mit Töchtern und eine für Mütter mit Söhnen.
    Tolerance rules.
    Frank

  7. Dieses ganze „Gruppen“-Denken nervt eh schon lange. Denn jeder Mensch gehört irgendwie zu Minder- und Mehrheiten. Zu ganz vielen verschiedenen die sich nur selten Überschneiden.
    Dazu passt auch dieser Ted-Talk gut: http://t.co/UmzQ6dvOYc

  8. Das Perfide an Martenstein ist, dass er in der ach so seriösen Zeit schreibt, so ein freundlicher, wuseliger, intellektueller Hundertsassa ist, der zu seinen Fehlern und seiner Eitelkeit steht, der total aufgeschlossen, aufgeklärt und modern ist, tolerant, weltoffen – ne gute Jong. So sieht er sich, und das wird auch von vielen für bare Münze genommen. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft tatsächlich gebildete, aufgeschlossene und tolerante Mensche mir freudigst Aussagen und Artikel von ihm gezeigt oder weitergeleitet habe, Die gehen ihm auf den Leim.

    Für mich ist er ein selbstverliebter Dutzendsassa.

    BTW, das Toilettenproblem habe ich noch nie verstanden. Was in Flugzeugen und Zügen funktioniert, funktioniert nicht, weil Gebäude sich nicht bewegen? Oder was soll der Grund sein? Hut ab vor soviel Pragmatismus, wie in Friedrichshain-Kreuzberg!

  9. Was die Toiletten für Transsexuelle angeht, hätte ich da eine Idee: Es möge doch jemand mal dem Herrn Martenstein folgen. Ein Mann. Im Kleid. Auf die Toilette. Ans Urinal. Direkt daneben. Und wenn er wieder rauskommt (hoffentlich mit gewaschenen Pfoten), wird er sofort befragt (so wie Fußballer nach dem Schlusspfiff), wie er sich gefühlt hat…
    Und wäre Martenstein nicht Martenstein, sondern Wallraff, hätte er sich selbst in ein Kleid gezwängt, wäre auf die Damentoilette gestürmt (und zwar nicht mit einer Entschuldigung, denn wenn ein Transsexueller auf Toilette geht, sollte er sich nicht wegen seiner Transsexualität entschuldigen müssen!) und hätte dort die Reaktionen auf seine Erscheinung festgestellt.

    Aber Martenstein wäre nicht Martenstein, wenn er sich von so etwas beirren ließe wie Einfühlungsvermögen, Verständnis oder gar Humanismus. Das hieße ja, er müsste von seinem hohen Ross herabsteigen und zu Fuß aus seinem Wolkenkuckucksheim auf die Erde zurückkehren.
    Und eigentlich ist er ja eigentlich auch schon zu alt, um sich mühsam antrainierte Rabulistik-Standards wie verleugnende Bestätigung abzugewöhnen, die auf einer ähnlichen Logik basiert wie der Ausspruch „Ich bin nicht rassistisch, aber ich hasse Ni**er“.
    Dafür müssen wir einfach Respekt und Toleranz aufbringen…

  10. Er zeigt doch nur die typische Toleranz wie sie immer wieder vorherrscht:

    Ich bin tolerant, solange ich nichts mitkriege, was ich tolerieren muss.

    Darauf lassen sich viele Debatten von Mehrheiten über Minderheiten reduzieren.

  11. Ach ja, Martenstein. Vor ein paar Jahren fand ich ihn noch ab und an lustig, aber inzwischen ist er nur noch peinlich.

    „Er hat eine Form gefun­den, dem bür­ger­li­chen »Zeit«-Publikum, das sich eigent­lich ungern mit der »Bild«-Zeitung iden­ti­fi­zie­ren möchte, die­selbe Mischung aus Igno­ranz, Into­le­ranz und Des­in­ter­esse an Fak­ten zu ser­vie­ren.“

    Das trifft es exakt. Wobei die Art, wie sich Martensteins Kolumne entwickelt hat, vermuten lässt, dass er nicht einmal merkt, was er da treibt.

    M.

  12. Diese gemütlich daherkommende, aber im Kern unbarmherzige Zauseligkeit hat in Deutschland schon seit jeher einen starken Resonanzboden gefunden.

  13. Lieber Stefan,
    ich finde Deine Kritik etwas verfahren. Nach meiner Ansicht verkennst Du, dass Martenstein im Zeit-Magazin eine Kolumne schreibt, in der er unter seinem Namen in die Kunstfigur eines ewigen Nörglers schlüpft. In dieser Kunstfigur steckt mit Sicherheit zu 90 Prozent der echte Martenstein, aber die überschüssigen zehn Prozent sorgen doch gerade für den Witz der Übertreibung. Die Kolumnen sind – hoffe ich! – auch keine sachlichen Kampfschriften, sondern sollen vielmehr die Leser zum Schmunzeln und Nachdenken bringen. Ich zum Beispiel rege mich oft über Dickfälligkeiten in der Kolumne auf, würde aber nie auf die Idee kommen, den Martenstein dafür persönlich haftbar zu machen. Atze Schröder stecke ich doch auch nicht in eine Schublade mit Rainer Brüderle. Die Kolumne lebt schließlich davon, mittels Übertreibung politisch Inkorrektes auszudünsten und den Leuten auf die Füße zu treten.
    Ich gebe Dir Recht, dass die Kolumne sich manchmal im Ton vergreift. Sie tritt auch oft den falschen Leuten auf die Füße. Und wahrscheinlich ist die Kolumne tatsächlich eine Art „Post von Wagner“ der gebildeten Klasse.
    Aber ein bisschen absurd finde ich, einer Kunstfigur politische Inkorrektheit vorzuwerfen. Die bessere Kritik wäre vielleicht eine Art Gegensatire gewesen, ähnlich der grandiosen Wagner-Glosse von Jens-Oliver Haas, die Du hier neulich gepostet hast.

  14. Die Kreuzberger Unisextoilette hat übrigens auch schon Broder zum Auflegen seiner Endlos-Platte von der grünen Toleranzdiktatur inspiriert. Mit solch ranzig-reaktionärer Ignoranz, die sich für Denkfaule gerne als gesunder Menschenverstand ausgibt, lassen sich halt schnell und problemlos Kolumnen befüllen. Die Titanic hat die immergleiche Martenstein-Masche in ihren ‚Briefen an die Leser‘ bereits bei anderer Gelegenheit gewohnt gekonnt auf den Punkt gebracht:
    http://www.titanic-magazin.de/badl_1207.html#c15939

  15. @Christian: Ich stimme Dir zu: Das Kolumen-Ich sollte man nicht mit dem Autor verwechseln. Auch wenn Martenstein, Zippert, Hacke & Co natürlich mit deer Irritation spielen.
    Einen gerechtfertigten Vorwurf finde ich die mangelhafte Recherche.

  16. Ich wiederhole hier gern mein Martenstein-Credo: Seit seinem Text über Gender Mainstreaming kann ich ihn nicht mehr ernst nehmen. Schon damals, 2008, hat er bewiesen, dass er glaubt, sich über ein Thema äußern zu können, ohne sich die Mühe zu machen, jemandem zuzuhören, der seine vorgefertigte Meinung womöglich nicht teilt. Dass er also glaubt, ohne Recherche und Wissen auskommen zu können. Seitdem glaube ich, ohne Harald Martenstein auskommen zu können. Bisher hat sich das als lebensnaher, sogar frohmachender Glauben erwiesen.

    (Der Text liegt hier: http://www.zeit.de/2008/09/Martenstein-09 – er ist schlimm.)

  17. @HC Tristesse, 21:
    Weil Männlein- und Weiblein-Trennung gesetzlich vorgeschrieben ist (ist ein Experte hier, der sagen kann ob es in den Bauvorschriften steht oder wo?)

  18. @19 (Christian)

    Ich habe Schwierigkeiten, Ihre Argumentation gelten zu lassen.
    Damit öffnet man den Leuten Tür und Tor, jeden bösartigen Mist zu veröffentlichen, ohne dafür gerade stehen zu müssen. Dann wird einfach behauptet, man spiele ja bloß eine Kunstfigur. Ganz so einfach ist das nicht.

    Es gibt immer jemanden, der den Witz nicht versteht. Aber wenn ich durch meine Kunstfigur Dinge sagen will, die andere, wenn für bare Münze genommen, beleidigen würden, dann sollte ich schon auch ein paar Hinweise zur Rolle der Figur einstreuen.

    Alice Schwarzer hat ihre Tiraden über Herrn Kachelmann ebenfalls in einer Kolumne untergebracht. Kann sie auch für sich in Anspruch nehmen, nur eine Kunstfigur gespielt zu haben?
    Könnte nicht jeder Bildzeitungsreporter das behaupten? Brilliante Gesellschaftssatire, in der Dutzende von ethisch einwandfreien Journalisten bloß so tun, als bedienten sie die Gosse.

    Thilo Sarrazin wäre noch ein Fall, der mir spontan in den Sinn kommt. Wenn es ihm irgendwann zu heiß werden, die Speerspitze der bürgerlichen, halbbildungsfernen Rechten zu sein, könnte er ja auch diesen Kunstgriff versuchen. Bloß eine Kunstfigur, die zufällig keinen alternativen Namen bekommen hat.

    Nein, nein, wenn wir so anfangen, dann sind am Ende jeder und sein Hund Kunstfiguren.

  19. Ja, der gute Harald steht immer auf der Seite der unterdrückten Weißen, Männer, Heterosexuellen, Reichen. Das ist so eine Masche. Ich glaub, er hat da seine Textbausteine für seine Kolumne, die er immer verwendet wenn ihm nichts besseres einfällt. Schwups, fertig. Aufmerksamkeit garantiert. Da nur (alte) Weiße, Männer, Heterosexuelle, Reiche die ZEIT abonniert haben, lachen die sich immer in ihre fetten Fäuste und schlagen sich auf ihre speckigen Schenkel, wenn sie das lesen.

    Zur Toilettenfrage: Ich hab auf den ersten Link zu Martenstein geklickt und gelesen: Über das Leid der Sitzenbleiber. Aber es ging in dem Text dann gar nicht um die Vorteile des Urinierens im Stehen, auch wenn immer wieder von Sitzenbleibopfern und Sitzenbleibtrauma die Rede war. Hier liegt also im Kern eine weitere Kolumne von Martenstein versteckt, die nur noch herausgearbeitet werden müsste.

    Ob allerdings Unisex-Toiletten für Transsexuelle eine gangbare Lösung darstellen, darf bezweifelt werden, da für diese die sexuelle Identität (nämlich die richtige) gerade ein beherrschendes Thema ist. Nun die Welt in (1) Männer, (2) Frauen und (3) Trans- und Intersexuelle einzuteilen, ist grundfalsch, denn Transsexuelle fühlen sich in der Mehrzahl nicht zu einem dritten, sondern zu den beiden erstgenannten Geschlechtern zugehörig. Transsexualität in einem Atemzug mit Intersexualität zu nennen und eine dritte Kategorie von Toiletten für beide zu fordern (also identische Toiletten sowohl für transsexuelle Männer und transsexuelle Frauen und Intersexuelle) zeugt nicht gerade von Respekt und Einfühlungsvermögen. Soll Transsexuellen hier etwa der Zugang zu Frauen- oder Männertoiletten mit dem Hinweis auf ihre Andersartigkeit verwehrt werden? Zu fordern wären also entweder Unisextoiletten für alle Menschen im Stehen oder Sitzen (über die Gestaltung der Urinale als Konzession an das biologische Geschlecht wäre zu diskutieren) oder getrennte Toiletten für (1) Frauen und transsexuelle Frauen, (2) Männer und transsexuelle Männer, (3) Intersexuelle und Asexuelle. Eine alternative Möglichkeit erschiene mir noch 2 getrennte Kategorien von Toiletten für (1) Frauen, transsexuelle Frauen, Intersexuelle und Asexuelle einerseits und (2) Männer, transsexuelle Männer, Intersexuelle und Asexuelle andererseits. Vorteil: Man braucht nicht einmal die Schilder auszutauschen. Ganz spontan erscheint hier der Tenor des BILD-Artikels (Fazit: Menschen können selbst entscheiden, auf welches Klo sie gehen) und von Martenstein (Zitat: „Das ist doch gar nicht so schlimm, wenn man dabei sitzen muss“) ebenso sehr oder wenig problematisch, wie der Blogeintrag hier oder der Vorschlag des Berliner Bezirksausschlusses.

    Gut, Martenstein kokettiert natürlich mit seiner Ignoranz. Aber er macht sich nur über den Toilettengang lustig, was allein durch seine Peinlichkeit humoristisches Potential hat. Trotz ihrer Plattheit und Formelhaftigkeit öffnen seine Kolumnen dennoch die Augen für die Unausweichlichkeit sozialer Kategorisierung. Er schreibt: „In Israel habe ich als junger Mensch immer gesagt, sich sei ein Schweizer Jude, weil man auf diesem Ticket viel leichter eine israelische Freundin bekommen hat.“ Das ist in einem Satz so viel politische Unkorrektheit in der ZEIT, dass es einem die Sprache verschlägt. Unwillkürlich sagt man sich: „Das darf der alte weiße Deutsche nicht!“ Und schon ist man in die Falle getappt. Martenstein spielt hier damit, dass unsere moralische Entrüstung über den Satz eben gerade aus der unwillkürlichen Aufteilung der Welt in Deutsche, Schweizer, Juden, usw. resultiert. Wer will, kann darüber nachdenken. Kurz darauf: „Die Geschlechtsorgane geben ja nicht immer darüber Aufschluss, wie ein Mensch sich gerade fühlt.“ Das sind dann halt so Sätze, die muss man natürlich nicht lustig finden, aber ich kann mich da nicht gegen wehren.

  20. @Christian: Hmm, Kunstfigur? Mit diesem Argument könnte sich ja jeder von seiner publizistischen Verantwortung freisprechen. Und wo geht es hier um politische Inkorrektheit?

  21. Martenstein schreibt in meinen Augen keine Kolumne sondern eine Glosse. Seine Beiträge im Zeitmagazin als ernst gemeinte Meinungsbeiträge zu interpretieren und sich daran abzuarbeiten finde ich schon fast wieder amüsant.

  22. ein bischen komisch ist das schon. In den USA z.B. war es eine Frage der Toleranz und Gleichberechtigung, dass getrennte Toiletten für Schwarze und Weisse abgeschafft werden. Jetzt brauchen wir wegen der Toleranz zusätzliche Unisex-Toiletten für Leute, die sich nicht entscheiden können oder mögen. Wenn man überlegt, wieviele Transsexuelle es überhaupt gibt, dann wird der Haupteffekt wohl sein, dass sich die Schlange vor der Damentoilette verringert. Damit wird mein Weltbild vermutlich nicht einstürzen.

  23. @30 luna: Dass es „eine Frage der Tolerenz und Gleichberechtigung“ ist beim Toilettengang nicht nach Rassen zu unterscheiden, wohl aber nach Geschlechteridentität, kommt Ihnen also „ein bisschen komisch“ vor? Ich bleibe betont sachlich: Bitte Fieber messen!

  24. Das Berliner Modell finde ich genial – warum nicht in einem fünfstöckigen Amt, wo es in jedem Flur zwei Toiletten hat, eine (Damentoilette, urinale braucht man nicht) zur Unisex- Toilette machen, auf die jeder gehen darf (nicht muss)?

    Hat den riesigen Vorteil, dass da auch gleich der Wickeltisch stehen kann, der bislang in Damentoiletten steht und Väter mit Kleinkindern momentan auf die falsche Toilette zwingt.

    Beide Probleme mit einem kleinen Schild gelöst – und mit dem Wickeltischargument sollte sich jeder uneinsichtige überzeugen lassen.

  25. @HC Tristesse: Für Leute, die nicht auf eine Unisex-Toilette gehen wollen. Ist das nicht praktisch?

    @nothing: Was ist denn dagegen zu sagen, eine dritte Art von Toiletten neben den klassisch geschlechtsgetrennten einzuführen, die jeder nutzen kann, der es will, und niemand muss, der es nicht will? Man kann natürlich fragen: Ist das nötig? Aber wenn es so wenig kostet und vielleicht ein paar Leuten das Leben erleichtert: Warum nicht? Wie kann in einer solch harmlosen Entscheidung, die niemandem etwas wegnimmt (außer den Martensteins das Gefühl, die Welt zu verstehen), ein Aufregerpotential stecken?

  26. Vielleicht hat Harald Martenstein am Anfang seiner Tätigkeit sogar recherchiert, bevor er schrieb. Aber mit der Zeit, mit der Routine des Auftritts, wird Recherche lästig, unbequem. Denn zur Recherche hinzu käme ja die Notwendigkeit, sich mehr auszudenken als die erstbeste Pointe. Die Kohle kommt ja auch so aufs Konto.

  27. Netter Artikel – muntere Diskussion – um was eigentlich?

    Worum es aber gehen sollte: Toleranz ist keine Einbahnstraße. Wir zerteilen uns gerade in Minderheiten, Minderheiten, Minderheiten. Nun ja, wenn Spaltung Übersicht verschafft, warum nicht…

    Was habe ich vor Kurzem gehört? „Heteros seien nur eine scheinbare Mehrheit. Ach so. Und es gäbe einen Heterosexismus. Aha. Sitzen wir nun alle irgendwie hinter einem Ismus verbarrikadiert und bewerfen uns mit Vorurteilen?

    Übrigens gibt es in Belgien nur eine Toilette für alle, ganz normal, ohne dass sie gleich ein Etikett wie Unisex-Toilette bekommt. Tolerant wie wir sind, brauchen mindestens drei.

  28. @o aus h
    Das war mir natürlich bewusst. Die Frage ist, wie sinnvoll diese Trennung überhaupt ist.

    @Stefan Niggemeier
    Ich tue mich gerade schwer, einzuordnen, ob das ironisch gemeint war oder nicht. Falls nein: Was, wenn ich auf keine der drei Toiletten gehen will, was, wenn ich mich z.B. als geschlechtslos sehe und nicht dieselbe Toilette wie Transsexuelle benutzen möchte, brauchen wir dann noch eine weitere Toilette? Theoretisch können doch einfach alle die selbe Toilette benutzen, dann ist auch keiner mehr benachteiligt. Das kann man vielleicht Gleichmacherei nennen, aber die bewusste Trennung und Betonung von Unterschieden hat meiner Erfahrung nach noch selten etwas besser gemacht, sondern stärkt Gruppenmentalitäten. Und „praktischer“ wäre das tatsächlich auch noch.

  29. @HC Tristesse: Nein, das war nicht ironisch gemeint.

    Ja, theoretisch können einfach alle dieselbe Toilette benutzen. Wenn ich die Piraten, von denen der Antrag im Bezirksausschuss kommt, richtig verstehe, ist das auch deren langfristiges Ziel. Der tatsächliche Beschluss ist aber weniger radikal, sondern pragmatisch: Er nimmt niemandem etwas weg, auch nicht denen, die sich auf einer Unisex-Toilette unwohl fühlen würden.

  30. @ Stefan Niggemeier

    Ich habe gar nichts gegen Unisex-Toiletten – hier wurden ja sehr praktische Argumente für Unisex-Toiletten angebracht (z.B. Wickeltisch). Ich habe nur meine Bedenken geäußert, dass sich die Forderung nach einer dritten Kategorie von Toilette für Inter- und Transsexuelle für letztere als Danaergeschenk erweisen könnte, da damit Ausgrenzungsprozesse gefördert werden könnten – als ob man dadurch das Recht hätte, Menschen mit unbestimmtem Geschlecht oder Transsexuelle auf einer „reinen“ Damen- und Herrentoilette nicht zu dulden, zumal sich letztere zweifelsfrei einem bestimmtem Geschlecht zuordnen können. Insofern ist die Einteilung der Geschlechter in 3 (weiblich, männlich, irgendwie anders) insbesondere für Transsexuelle möglicherweise diskriminierend, da diese sich selbst nicht in die letztgenannte Kategorie, sondern in eine der beiden ersten kategorisieren würden. Der in Berlin gefundene Kompromiss erscheint also als schlechteste aller Lösungen. Darum meine Forderung, entweder gänzlich auf eine Geschlechtertrennung zu verzichten oder aber (in merkwürdiger Übereinstimmung mit der BILD-Zeitung) eine heuristische Einteilung in zwei Geschlechter beizubehalten, aber dafür beim Toilettengang ein wenig Toleranz zu zeigen (d.h. Frauen- und Männertoiletten für Menschen, die sich zum Zeitpunkt des Toilettengangs eher als Frauen oder eher als Männer fühlen). Denn schließlich gilt: Auf dem Klo sind wir alle gleich.

  31. Aber es geht hier doch eigentlich weder um Toleranz noch um angebliche Gegner dieser. Es ist einfach wieder nur eine der zahlreichen Privatfehden des Hausherren, wofür er seine Stellung als „Medienjournalist“ missbraucht. Auch beim BILDblog wird vor allem Martenstein sich vorgenommen, andere, die den gleichen Fehler gemacht haben kommen nicht im Ansatz so viel vor. Mag auch daran liegen, dass Martenstein die Frechheit besaß spöttisch auf einen Beitrag über ihn in diesem Blog hier zu reagieren.
    Da reagiert der Gedudelwettbwerbs – und Dschungelfan allergisch.

  32. Man kann übrigens Martensteins Glosse (wie schon gesagt: eine Textform, die sich nicht zuletzt durch Idiosynkrasie, Zuspitzung und Ironie, mithin „Kunsthaftigkeit“, definiert, was nicht „alles“ rechtfertigen mag, aber doch eine Gleichsetzung mit einem Meinungsartikel verbietet), man kann also diese Glosse, überraschenderweise, mit ein wenig Wohlwollen, als genau das lesen, was hier ebenfalls schon mehrfach in den Raum gestellt wurde: als ein Plädoyer FÜR mehr Toleranz, für ein Nachdenken darüber, ob die Mehr- und Minderheitenverästelung nicht das Gegenteil des Beabsichtigten zur Folge haben könnte. Dass sich Martenstein, wie in der Überschrift behauptet, als „Opfer“ von irgendwas sieht, kann ich so oder so nicht finden.

  33. „Aber es geht hier doch eigent­lich weder um Tole­ranz noch um angeb­li­che Geg­ner die­ser.“

    Und Gott sei Dank gibt es dann Teilnehmer wie Sie, die nicht auf sachliche Argumente hereinfallen, sondern die Diskussion zielstrebig und trittsicher zum eigentlichen Thema hinführen.

  34. »Was kostet es denn, zu sagen: ›Das andere Klo ist kaputt‹?«

    Diesen Satz finde ich unerträglich. Das ist eine Aufforderung zur Selbstverleugnung. Unter einem Zeitleserbeitrag einer homosexuellen Katholikin fand sich in jüngerer Zeit auch die Aufforderung, sie solle der Gemeinde ihre Lebensgefährtin verschweigen und sagen, sie lebe in Wohngemeinschaft. Erinnert ein wenig an die immer mal wieder im angloamerikanischen Raum auftretende don’t ask – don’t tell – Praxis.

    So ein blanker Schwachsinn.

    @Christian (19): Das Problem wäre auch bei der von Ihnen angenommenen Kunstfigur vorhanden, denn wenn das so wäre, weiß es nicht jeder.
    Sätze etwa wie der obrige, werden zu Argumenten derjenigen, die nicht weiter nachdenken. Das ist auch das Problem bei Wagner. Ein Text, der schon auf wenig Reflexion basiert, wird von Leuten weitergetragen, die wenig denken, an Leute die darüber nicht nachdenken. So entsteht ne Meinungsmehrheit von Leuten die keine Ahnung haben.

  35. @31 bzw. Hanno:
    Verstehe das Entsetzen nicht. In keiner Weise ist es transsexuellen verboten die Herren- oder Damentoilette zu wählen. Die Debatte um Unisex Toiletten legt künstliche Aufmerksamkeit auf das Geschlechtsmerkmal in der Art, dass sich bspw. ein transsexueller Mann in Zukunft fragen kann, ob er weiblich genug aussieht, um die Damentoilette zu wählen oder ob er da blöd angeguckt wird und in Zukunft die sonstige-Kategorie wählen muss.
    Ich weiss halt nicht, ob es schön ist eine Zusatzkategorie zu erzeugen, wenn es eigentlich darum geht, dass andere Toleranz zeigen. Wenn es zu sowas führt, dass transsexuelle in Zukunft darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie bei Herren oder Damen nicht erwünscht sind, dann halte ich das nicht für einen Fortschritt.
    Konsequenter wäre es, wenn es in Zukunft nur noch Unisex Toiletten gäbe. Aber warum nicht mal Unisex Toiletten einführen und ausprobieren, ob es sich bewährt. Letzten Endes kann man Toleranz nur bedingt in ein Gesetz schreiben. Sowas muss gelebt werden.

  36. Das Ganze ist eine Frage der Relation. Dass diese aus den Fugen geraten ist, wenn Bedürfnisse einer Minderheit, die im sehr niedrigen Promillebereich rangiert, in Kommunen auf der Tagesordnung stehen, die vor dem finanziellen Kollaps stehen, steht klar vor Augen. Diese Erkenntnis steht hinter der Kolumne, so lese ich sie zumindest.
    Im Übrigen glaube ich, dass Herr Martenstein sich sehr bewusst darüber war, welches Stöckchen er für Berufsaufgeregte da hinhält. Daher wird er sich über diesen Beitrag köstlich amüsieren.

  37. @Wendy: Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Glosse ist. Es ist eine Kolumne. Und vor allem fehlt mir jedes Indiz, dass der Harald Martenstein, der dort spricht, sich unterscheidet von dem Harald Martenstein, der Artikel in der „Zeit“ schreibt wie diesen: http://www.zeit.de/2012/24/DOS-Tugend/komplettansicht

    (Jaha, da steht nun wieder „Polemik“ drüber, was vermutlich auch ein Warnschild sein soll, jedes Wort auf die Goldwaage. Aber wogegen „Martenstein“ und Martenstein kämpfen, das wird in der Gesamtschau seiner Veröffentlichungen sehr deutlich. Und wie man in seinen vielen Texten, in denen er die Zumutung beklagt, dass normale Menschen diskriminiert werden, weil sie nicht dieselben Sonderbehandlungen bekommen wie diskriminierte Menschen, Plädoyers für Toleranz lesen kann — das sehe ich nicht. Es ist eine einzige Litanei: Stellt euch nicht so an.Hört auf zu jammern. Früher hat’s doch auch funktioniert. Reißt euch mal zusammen.)

  38. Im „Fire“ in Hannover gab es schon vor Jahren eine Toilette „Für das dritte Geschlecht“, wir haben uns damals drüber amüsiert. Shame on us!

  39. @46:
    ob da Geld so wichtig ist? Was könnte ein wichtigerer Bereich sein als Toiletten, immerhin ein Bedürfnis, das jeder von uns hat.
    Das ist auch nicht auf transsexuelle beschränkt.
    Schonmal versucht auf einer Herrentoilette Milch warm zu machen? Geht in der Regel nicht. Alles, was mehr Strom verbraucht als ein Rasierer, funktioniert da nicht. Bessere Chancen hat man da auf der Damentoilette, schliesslich müssen die Mamis ihren Kleinen ja was zu futtern machen können. Ist logisch, oder?

  40. @#42 „Wendy“: Danke für den letzten Satz

    An Ihrem Text, Herr Niggemeier ist für mich vor allem problematisch, dass Sie mit Unsachlichkeit und Zuspitzung auf einen Text antworten, denn Sie gleichzeitig als sachliche Stellungnahme missverstehen.

    Ich glaube nicht unbedingt, dass Harald Martenstein in besonders geeigneter Fürsprecher für eine kritische Auseinandersetzung mit gesinnungsethischer Politik ist. Mir ist er da auch zu grobschlächtig, zu „dagegen“ und zu wenig nachdenklich. Aber vielleicht ist das ja tatsächlich der Form der Glosse geschuldet. Deshalb ist es auch im Ergebnis völlig unsinnig, die (vermeintliche) Ansicht von Harald Martenstein zu diskutieren.

    Und dass man sich Fragen kann, ob es sich hier um eine bloße Symbolpolitik handeln könnte, die sich ein besonders einfach zu erreichendes Schulterklopfen abholen will, dass ist doch mal ein guter Anstoß für eigene Gedanken, der ja auch dazu führen kann, dass man das nicht findet. Sich an den Gedanken von Martenstein abzuarbeiten erscheint mir dabei ein wenig als Zeitverschwendung.

  41. @45 luna: Liebe Luna, ich bin keineswegs „entsetzt“, sondern totaaal entspannt. Auch weil Martenstein und sein Tun mich nur wenig interessieren. Es ödet mich sogar an. Und ich persönlich habe auch überhaupt nichts gegen Unisex-Toiletten (für alle). Aber ich erlaube mir die Fantasie, dass das nicht für alle so ist. Haben wir keine wichtigeren Probleme? Ganz bestimmt. Aber es gibt, wie einige hier wohl annehmen, keine Promille-Grenze für Minderheitenbelange. Und ich lass mir das aus der Komfortzone eines gewohnheitsmäßig kompatibel zynischen „Zeit“-Kolumnisten auch nicht einreden. Ich hab auch kein Bedürfnis, ihm auf eine nicht vorhandene „Meta-Ebene“ zu helfen („Kolumnen-Ich“; „eigentlich eine Glosse, keine Kolumne“ o.ä.). Aber ich bin total harmoniesüchtig: Ihre letzten zwei Sätze, unterschreibe ich sofort.

  42. Ok. Kolumne. Die Grenzen sind fließend, der Stil und die Absicht sind ähnlich. Was auch für die Unterscheidung zw. „Martenstein“ und Martenstein gilt, da gebe ich Ihnen recht. Mir ist auch klar, dass der Begriff, wie gesagt, kein Freibrief für alles sein darf. Was ich aber problematisch finde: Auch, wenn man die Haltung, die hinter dem Text kritisieren kann/mag, sollte man doch dessen Charakter nicht leugnen. Und der ist eben NICHT appellativ-aufrührerisch (Hört auf zu jammern!“); ich sehe nicht, zumindest nicht in dem hier inkrimierten Text, dass Martenstein für etwas „kämpft“. Es ist sicher keine Litanei. Für mich ist dieser Unterschied wesentlich. Ich sehe da vor allem gelassenen Humor, entspannte, sich über die Weltläufte sanft mokierende Ironie. (Eine Ironie übrigens, das sollte man fairerweise auch sagen, die Martenstein auch mal gerne über sich selbst deckt.) Man kann dahinter natürlich Böseres vermuten, aber ich habe ein Problem mit so eindeutigen Zuschreibungen, die die Unterschiede zwischen Brandrede und (eben nicht automatisch abwertend-hämischer) Ironie verwischt.
    Sehr viel plausibler und in der Tat bedenkenswerter fand ich Ihre Bemerkungen damals zu Somuncus Vorgehen (hab jetzt leider die entspr. Links nicht). Wirklich dämliche, plumpe – nein, brutale – Witze über Homosexuelle zu machen, um dann zu sagen: „Seht ihr? IHR habt gelacht. Ich hab nur den Witz gemacht.“ Theoretisch, als Hardcore-Kunst-Satire-Konzept verstehe ich auch das. Praktisch wird die Luft da aber deutlich dünner. Der Unterschied zw Martenstein und Somuncu ist für mich ein kategorieller, kein gradueller. Ihr Text hat aber eine Schärfe, der mich an eher an Ihre Somuncu-Empörung erinnert.

  43. Mannomann!
    Was der gute Herr Martenstein wohl mit seinen – meiner Meinung nach zumindest! – doch recht amüsanten Kolumnen zum Ausdruck bringen will, scheint doch genau die Kritik der Art der oben stattfindenden Debatte zu sein. Dieses ständige Gelaber, Debattieren und Rumgenöle. Und dass dabei im Leben nie etwas herauskommen wird.
    Meinen Hut vor Ihnen, Herr Niggemeier, ziehe ich immer wieder. Und das schon seit längerem, deshalb ein ehrlich gemeintes Bravo an dieser Stelle!! Und nein, ich meine ganz gewiss nicht, dass Sie rumnölen oder –labern würden…
    Dennoch:
    Martenstein mit Ihrem heutigen Beitrag sooo aufs Korn zu nehmen, auch wenn er sich seit der Aufschrei-Debatte bzw. seinem Beitrag hierzu schon einiges geleistet haben mag, halte ich dabei jedoch, bei allem Respekt, für übertrieben. Wenn man seine Texte nicht augenzwinkernd lesen mag/kann, könnte ,man soar durchaus der Meinung sein, dass der gute Martenstein um den obigen Diss ganz einfach gebettelt hat. Das ist Ansichtssache.
    Um auf einen versöhnlichen und ganz sicher möglichen gemeinsamen Nenner zu kommen:
    Er hat in Auszügen genauso recht, wie Sie eben auch. In Teilen übertreibt er hingegen maßlos, wie Sie eben manchmal auch (eine Analyse oder Textkritik Ihres Beitrags möchte ich uns allen ersparen, wozu auch!?).
    Einen Unterschied sehe ich hingegen:
    Martenstein ist ein Kolumnist, Provozierer und ja, eine Art Spassvogel. Sein Tugenddossier, meines Wissens in Bezug auf die Textlänge doch eher eine Ausnahme im Kanon des Martensteinschen Opus, überschriebt der Blattmacher (!) mit „eine Polemik“.
    Sie dagegen sind ein Journalist, der den Anspruch haben sollte und definitiv auch hat, etwas ernsthafter und vor allem faktengebundener zu arbeiten, im Sinne von weniger Meinung, mehr äh Wahrheit.
    Seine Funktion in der ZEIT sehe ich als lockere Unterhaltung der Bourgeoisie, mehr nicht. Platziert zwischen Manufactum-Werbung und dem allerneusten nächsten Betroffenheitsjournalismusartikel über wasauchimmer oder der neusten Superskandalrecherche a la Wallraff. Erst ein bisschen aufregen, und dann das Gewissen bei einer Fair-Trade-Latte beruhigen. Oder voll ökomäßig einkaufen.
    Ihm Kampagne unterstellen zu wollen, oder besser: seine Kolumne als Politik zu lesen, halte ich persönlich für zu viel der Ehre. Nicht dass ich ihm ernstzunehmende Denkanstöße absprechen möchte, keineswegs. Aber Martenstein ist doch eher einer aus dem Unterhaltungsressort, ein sehr sehr liberaler Zeitgenosse. Weil er es sich leisten kann, ganz einfach.
    Noch einen Absatz zum Thema, auch wenn ich lieber andere Probleme auf der Agenda sehen würde:
    Ein Transsexueller bzw. eine Transsexuelle (sorry, aber das ist genau das Problem, das Martenstein umtreibt!) hat einen bestimmten Phänotyp, männlich oder weiblich. Es gibt zweierlei öffentliche Toiletten, eben welche für Männer und welche für Frauen. Der/die Transsexuelle geht einfach auf die Toilette, die seinem/ihrem Phänotyp entspricht. Auf der Frauentoilette wird einfach die Kabine abgesperrt, auf der Männertoilette sollte das in den meisten Fällen doch auch klappen, oder?
    Zu guter Letzt:
    Dass der Gesetzgeber, eine von M. diffus und von Ihnen dankenswerterweise genauer umschriebene Initiative ergreift, finde ich super! Jede Minderheit ist schützenswert, keine Frage.
    Aber wegen jedem – nochmal: auf keinen Fall allzu ernstzunehmenden! – Stück/Blog/Artikel gleich wieder die große Empörungsmaschine anzuwerfen, dem armen armen Herrn Martenstein per Link zum BVV unter die Nase zu reiben, dass er selbst zu faul war, genauer zu recherchieren, und sich dabei von den eigenen Fans, i.e. die Leser Ihrer Seite, beklatschen zu lassen, das, werter Herr Niggemeier, finde bzw. fand ich vorhin ich nicht gut.

  44. […] Bei Stefan Niggemeier geht es heute um einen Artikel von Harald Martenstein im Qualitätsmedium “Zeit”, in dem er in etwa sagt, dass Transsexuelle sich halt mit den Toiletten nicht so haben sollen und bei dummen fragen sich einfach mal selbst verleugnen sollen und sagen, das andere Klo sei kaputt. Ist doch ganz einfach, und kostet auch nichts. Warum das intoleranter Unfug ist, hat Stefan schon gut erklärt. Mich interessiert etwas anderes: Wenn das Problem besteht, dass Trans- und Intersexuelle sich unwohl fühlen, weil sie beim Toilettengang ein Geschlecht wählen müssen – warum schaffen wir das mit den getrennten Toiletten nicht einfach ganz ab?Ich verstehe es nicht wirklich, warum man nach Geschlechtern getrennte Toiletten braucht. Genauso wie bei Umkleidekabinen. Da auch auch schon wieder so supremazistischer (gibts das Wort auf deutsch?) Bullshit, der davon ausgeht, dass alle heterosexuell sind. Und sich außerdem keiner schämt, sich vor Angehörigen desselben Geschlechts auszuziehen. Gut, Sammelumkleiden und -duschen sind meiner Ansicht nach grundsätzlich Mist. Kommen wir also zu den Toiletten zurück. Da ist es sogar noch sinnloser als bei den Umkleiden, weil schließlich jeder in seine eigene Kabine gehen und einem keiner dabei zusehen kann. Ob jetzt neben mir ein Mann oder eine Frau auf der Schüssel sitzt, ist mir doch egal, und ich sehe nicht, warum das nicht auch allen anderen egal sein sollte. Außerdem ist es dann kein Problem mehr, wenn Väter mit ihrne kleinen Töchtern oder Mütter mit ihren kleinen Söhnen zusammen auf die Toilette gehen. Sicher wurde das immer toleriert, aber man fühlte sich vermutlich unwohl. […]

  45. Schrecklich zu lesen, dieses Gejammer.
    Aber wie soll deren Chefredakteur das unterscheiden ?
    Bei den ganzen „die Welt ist böse zur Printpresse“ Artikeln.
    Da weis man wofür man nicht zahlt ;)

  46. Vielleicht bin ich ja übermüdet, aber bin ich der einzige, der bei der „Stellungnahme des Ethikrates“ zuerst an einen antiken, griechischen Philosophen dachte?

  47. Lieber Herr Niggemeier, ich bin inhaltlich meistens bei Ihnen. Dieses Mal nicht. Ihre Martenstein-Replik besteht aus sehr kleinen Karos. Schon die Unterscheidung in weiblich/männlich ist streng genommen überflüssig. Und ihre Schlussfolgerungen sind – dieses Mal – leider vollkommen absurd.
    Beste Grüße!

  48. Es ist ungeheuer schade. Harald Martenstein kann so witzig und geistreich sein, ich verfolge seine Texte schon seit vielen Jahren. Er hat mich oft sehr zum Lachen gebracht. Diese Vergleiche mit Wagner sind gruselig, die beiden haben in meinen Augen nichts miteinander gemeinsam. Aber in Kolumnen wie dieser blitzt eine Haltung durch, die wirklich nicht sehr fein ist und zu suggerieren, hier würde Geld verschwendet, wenn es nicht den Tatsachen entspricht, ist ein unerlaubtes Foul. Auch bei anderen der genannten Dinge zucke ich zusammen. Gerade habe ich festgestellt, dass in einer meiner Lieblingskolumnen aus dem Jahr 2005 auch Transsexuelle vorkommen. http://www.zeit.de/2005/14/Titel_2fMartenstein_14 Vielleicht ist das ja was …ähm…Persönliches?

  49. @nothing/40:
    „Inso­fern ist die Ein­tei­lung der Geschlech­ter in 3 (weib­lich, männ­lich, irgend­wie anders) ins­be­son­dere für Trans­se­xu­elle mög­li­cher­weise dis­kri­mi­nie­rend, da diese sich selbst nicht in die letzt­ge­nannte Kate­go­rie, son­dern in eine der bei­den ers­ten kate­go­ri­sie­ren wür­den.“

    Aber wenn sie das tun, müssen sie sich doch von der dritten Kategorie gar nicht angesprochen fühlen. Wo ist da das Problem?

    @Yamo/56:
    Nein, sind Sie nicht.

  50. @ Stefan
    Meine Guete, koennte es sein dass ein Transsexueller gar keine eigene Toilette WILL weil er sich bei jedem der ihn diese aufsuchen sieht als solchen outet?
    Egal, ich finde das Martenstein-bashing hier und neulich bei Bildblog (da wurde kritisiert dass Wowereit als Sitzenbleiber genannt wurde was wohl nicht stimmt) sehr auffaellig, hier scheinen persoenliche Animositaeten eine Rolle zu spielen.
    Ich lese die Kolumne im Zeitmagazin jede Woche, mal bin ich mehr mal weniger unterhalten. Aber M hier als Wagner fuer Gebildete darzustellen ist total daneben. Es ist die hier von Ihnen total uebertrieben demonsrierte PC die M oefter aufs Korn nimmt, und dies vollkommen zu Recht.
    Wie gesagt, es scheint mir Ihnen mehr um einen persoenlichen Rachefeldzug zu gehen als um die „Sache“ – das sollte nicht sein.

  51. @Frieder/60:
    „Meine Guete, koennte es sein dass ein Trans­se­xu­el­ler gar keine eigene Toi­lette WILL weil er sich bei jedem der ihn diese auf­su­chen sieht als sol­chen outet?“

    Auch für Sie:
    Wer nicht auf die Unisex-Toilette will, muss da ja nicht hin.
    Aber wenn jemand aus welchem Grund auch immer (die Geschlechtsidentität ist ja nur einer von hundert denkbaren) weder auf die Herren- noch auf die Damen-Toilette möchte, der ist für eine Unisex-Toilette vielleicht dankbar.

    In der Praxis wird es vermutlich eh darauf rauslaufen, dass man sich mit einem Besuch des Unisex-Lokus höchstens als jemand „outet“, der halt grad mal muss. (Und dabei keinen gesonderten Wert darauf legt, dass der Ort ausschließlich von Angehörigen desselben Geschlechts genutzt wird.)

  52. Frieder, #60

    „Aber M hier als Wag­ner fuer Gebil­dete dar­zu­stel­len ist total dane­ben.“

    Das sollte man Gebildeten tatsächlich nicht antun.

  53. Nimmt man niemandem etwas weg? So ganz stimmt das nicht, denn zu einer Gruppe wird die Toilette vorher gehört haben und die hat nun ein Klo weniger.

    Der Gesamtnutzen wird aber gleichwohl insgesamt gestiegen sein, da die Einrichtung nun von allen genutzt werden kann.

  54. Amfenster, #61
    Leider ist es mir nicht gelungen Ihnen klarzumachen worum es mr eigenlich geht (bestimmt nicht um irgendwelche loci).
    Theo, #62 war das Ironie?

  55. „Er schreibt stellvertretend für die sich für schweigend haltende Mehrheit weißer, heterosexueller, alter Männer, die die Welt nicht mehr verstehen.“

    Ja, so muss das wohl sein. Und dank Niggi wissen wir jetzt auch was wir von alten weißen heterosexuellen Männern zu halten haben. Die Welt zu verstehen kann doch so einfach sein.

  56. Er schreibt stell­ver­tre­tend für die sich für schwei­gend hal­tende Mehr­heit wei­ßer, hete­ro­se­xu­el­ler, alter Män­ner, die die Welt nicht mehr verstehen.

    Jahahaha, sehr gut! Ich freue mich wirklich, dass wir – nachdem ja Juden und Ausländer aus verständlichen Gründen weggefallen sind – mit „weißen, heterosexuellen Männern“ endlich eine neue Gruppe definiert haben, die wir bei Bedarf heranziehen und gefahrlos für etwas Verachtung, Spott und Schuldzuweisung nutzen können.

    Denn diese Männer sind ja nun nachweislich tatsächlich die meisten Probleme auf der Welt verantwortlich (Intoleranz, Ignoranz, Sexismus, Kapitalismus, schlechte Kolumnen etc.).

    Und gerade den sich für liberal, tolerant und smart haltendenden Lesern fehlt es ja oft an einem griffigen Sündenbock.

  57. #66 und #67: Haben Sie beide eigentlich gelesen, was Martenstein _selbst_ schrieb? Naaa?

    „Ich bin, wie gesagt, traumatisiert, vielleicht sogar verbittert durch die Tatsache, dass ich zu keiner einzigen gesellschaftlichen Opfergruppe gehöre und in jeder gottverdammten Debatte immer Teil der Tätergruppen bin, Männer, Deutsche, Weiße, Besserverdiener.“

    Es ist nicht der Hausherr, der sich das ausgedacht hat. Aber einem Link zu folgen ist offenbar für Sie beide ein bisschen zu viel verlangt …

    „Die Welt zu ver­ste­hen kann doch so ein­fach sein.“

    Oder doch so schwer, wie Sie beide hier eindrucksvoll und zugleich in erschütternder Weise demonstrieren.

  58. Liebe post 68 aka someonesdaughter,

    haben sie eigentlich die Ironie in H. Martensteins Artikel verstanden?, bzw. die Andeutung das er das keinesfalls 100% ernst meint?
    Nein?, ich bin entsetzt und ein kleines bißchen erschüttert über so viel verbissener Humorlosigkeit.
    Etwas mehr Selbstironie würde ihnen gut stehen.

  59. Im Gegensatz zu den vielen Antidiskriminierungsbeauftragten hier kann ich Herrn Martenstein voll und ganz verstehen. Auch wenn das jetzt nur eine „Testphase in wenigen Gebäuden ist, die erstmal nichts kostet“, bedeutet es doch in letzter Konsequenz, dass wir demnächst bitteschön auch Transgender-Umkleiden in den Schulsporthallen, sämtlichen Schwimmbädern und Sportstätten brauchen, und die Gaststätten- und Betriebsstättenverordnungen kann man ja auch gleich erweitern, so dass jeder Friseur in Zukunft nicht nur eine Damenmitarbeiter-, Herrenmitarbeiter, Damenkunden- und Herrenkundentoilette, sondern auch noch eine Transgender-Mitarbeiter- und Transgender-Kundentoilette in seinem Ladengeschäft bereithalten muss. Wem das wichtig ist, damit auch ja niemand diskriminiert wird, kann ja gerne sein Geld in einen Transgendertoilettenfinanzierungsfonds einzahlen.

    Von mir aus kann man aber auch einfach auf Toiletten neben den Papierhandtüchern einen Urinella-Spender aufhängen, so dass der geneigte preoperative Transsexuelle das Urinal mitbenutzen kann. Ist mir doch egal, wer da neben mir wie sein Geschäft verrichtet und ob er/sie/es einen Schnipi hat oder nicht. Das ist doch „toleranter“ als sich für solche künstlichen Aussätzigentoiletten stark zu machen. Und wenn ich transsexuell wäre, wäre es mir auch schietegal, ob da nun ein „D“ oder „H“ an der Tür zu meiner Toilette hängt, soviel Toleranz muss auch sein, wir wollen doch keine Buchstaben diskriminieren.

  60. Applaus, Applaus! Perfekt auf den Punkt gebracht, weswegen mir dieser Mensch schon seit Jahren mit seinen Äußerungen gegen den Strich geht und leider passt es auch mehr und mehr zur Zeit.

    Einzig: Es gibt keinen Bezirksausschuss, nur die Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg, die das entschieden hat.

  61. @71
    „Und wenn ich trans­se­xu­ell wäre, wäre es mir auch schie­te­gal, ob da nun ein »D« oder »H« an der Tür zu mei­ner Toi­lette hängt, soviel Tole­ranz muss auch sein, wir wol­len doch keine Buch­sta­ben diskriminieren.“

    Sie sind es nicht, sie machen den klassischen Fehler und gehen anstelle von

    „Ich kann das Problem nicht verstehen, weil ich nicht betroffen bin.“

    über zu:

    „Ich kann das Problem nicht verstehen, weil ich nicht betroffen bin, also gibt es kein Problem, weil ich glaube dass ich keins hätte.“

  62. #10 awesome, thx.

    #71
    „…so dass jeder Fri­seur in Zukunft nicht nur eine Damenmitarbeiter-, Her­ren­mit­ar­bei­ter, Damen­kun­den– und Her­ren­kun­den­toi­lette, son­dern auch noch eine Transgender-Mitarbeiter– und Transgender-Kundentoilette in sei­nem Laden­ge­schäft bereit­hal­ten muss.“

    Mannomann – und die Kinder? Denkt denn kein Mensch in diesem Blog an die Kinder?
    Ruf doch mal bitte jemand kompetentes bei UvdL an. Dringend.

  63. Ich habe den Mann früher recht gerne und meist amüsiert gelesen, seit einigen Jahren allerdings immer häufiger nur noch kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen. Und frage mich dabei: Bin ich immer aufgeklärter geworden oder wird Martenstein immer unaufgeschlossener?

  64. „Das war doch Ironie! Das darf man nicht kritisieren!“ – Die letzte Ausflucht der Argumentlosen Ressenntimentpropagandist_innen.

  65. Ach, das Thema wird doch erst so richtig spannend, wenn es darum geht, wer Unisex-Toiletten putzen darf/soll/muss. Das geht mindestens bis vor das Verfassungsgericht!

  66. alles reine Spekulation. Mein Vorschlag: Martenstein zum Gespräch einladen und um Aufklärung bitten, wie er was genau gemeint hat. ^^

  67. Gähn, Gurkenkaiser, gähn. Der alte mottenzerfressene Hut der Vulgär-Rhetorik: Sich voll auf etwas stürzen, was niemand so gesagt oder gemeint hat. Geht dann nur um Selbstvergewisserung, nicht darum, selber Argumente zu entwickeln. Umso größer muss das Bohei sein, mit der der Gegenseite das Fehlen von „Argumenten“ vorgeworfen sind. „Propaganda“, sure. Hihi, ausgerechnet den Ironie(!)befürwortern Propaganda (!!) vorzuwerfen – ist das nicht selbst …? Merken Sie was?

  68. die einleitung dieses textes fasst es doch ganz gut zusammen, was man aus der kolumne lernen kann, aus welcher position sie geschrieben ist und welches wohl vorherrschende meinungsbild hier benutzt wird. da kann man auch mal versuchen, dass du verstehen.
    aber lieber gleich wieder in die antiposition. ist das auf dauer nicht wahnsinnig anstrengend?

  69. Ich sehe das mal von der pragmatischen Seite: Ich bin beruflich sehr viel unterwegs und nutze natürlich auch öffentliche Toiletten. Prinzipiell ist niemand dazu gezwungen, an ein Urinal zu treten und sein jeweiliges Kleidungsstück dort zu öffnen. Überall gibt es doch abschließbare Toilettenboxen. Niemand kann sehen,auf welche Weise die Person darin ihr Geschäft verrichtet. Niemand hat sich darum zu kümmern, mit welcher sexuellen Orientierung das geschieht.

    Ich denke, dass jede(r) Transsexuelle die abschließbaren Toilettenboxen in öffentlichen Toiletten benutzen kann, denn dort ist man unbeobachtet und die sexuelle Orientierung spielt keine Rolle. Ich bin durchaus dafür, schrittweise Unisex-Toiletten einzuführen. Aber ich bin dagegen, für ein solches Erste-Welt-Luxusproblem Ressourcen einzusetzen. Denn es geht nicht nur um das Anbringen der Schilder, sondern auch um Verwaltungsressourcen und Arbeitszeit. Dafür wüsste ich viele sinnvollere Verwendungszwecke. Die Barrierefreiheit ist z. B. noch längst nicht überall auf dem Stand, auf dem sie sein könnte.

    Auf dem Evangelischen Kirchentag in Dresden habe ich eine Podiumsdiskussion besucht. In der Pause benutzten alle Gäste die Toiletten und weil dort ziemlich viele Menschen gleichzeitig Pause hatten, benutzten auch einige weibliche Gäste die Boxen in der Herrentoilette. Dazu mussten sie hinter den Urinalen langlaufen. Das war für einige ältere Männer etwas gewöhnungsbedürftig, aber es wurde allgemein akzeptiert.

    So werden sich auch noch einige Menschen daran gewöhnen müssen, dass es Transsexuelle gibt, die vielleicht auf etwas ungewöhnliche Weise in eine öffentliche Toilette eintreten: Mit einer anderen Kleidung, einem anderen Habitus etc. Doch dieses Aneinandergewöhnen ist für beide Seiten zumutbar. Es erfordert auf beiden Seiten Toleranz und Empathie.

    Transsexuelle Menschen müssen vor Diskriminierung jeder Art geschützt werden. Aber ich halte es für völlig falsch, dieser Gruppe eine Sonderstellung auf Kosten anderer Bürger einzuräumen. Es muss im Konsens funktionieren oder es wird nicht funktionieren.

  70. @ stefanolix

    Was fällt ihnen ein, die bisher so schön polemisch geführte Diskussion mit einem pragmatischen, ausgewogenen und inhaltlich richtigen Kommentar zu unterwandern?

  71. @ste­fa­no­lix: „Trans­se­xu­elle Men­schen müs­sen vor Dis­kri­mi­nie­rung jeder Art geschützt wer­den. Aber ich halte es für völ­lig falsch, die­ser Gruppe eine Son­der­stel­lung auf Kos­ten ande­rer Bür­ger ein­zu­räu­men.“

    Ja, man merkt Ihnen an, dass Sie sich beispielsweise in die Erwartung, bei jedem Toilettenbesuch möglicherweise als potenzieller Spanner (oder Schlimmeres) betrachtet zu werden, sehr gut hineinversetzen können.

    Hut ab vor Ihrer Empathieleistung.

  72. @Marc-Oliver: Dann lesen Sie meinen Kommentar bitte noch einmal. Ich habe das Beispiel vom Kirchentag deshalb gebracht, weil dort von beiden Seiten Toleranz gelebt wurde. Die weiblichen Gäste haben sich in die ungewohnte Umgebung einer Herrentoilette begeben und die männlichen Gäste haben es toleriert. Die Lösung war durch Pragmatismus und Toleranz geprägt.

    Es funktioniert nur, wenn sich beide Seiten ineinander hineinversetzen und einander tolerieren. Es funktioniert nicht, wenn unnötige Barrieren aufgebaut werden und es funktioniert erst recht nicht, wenn Gruppen privilegiert werden. WCs nur für die Zwecke von Transsexuellen sind ein solches Privileg. Mit dem gleichen Recht könnten andere Gruppen ihre eigenen WCs fordern.

    Auf der anderen Seite könnten Männer oder Frauen darauf bestehen, ihr angestammtes WC nicht mit Personen des jeweils anderen Geschlechts teilen zu müssen.

    Die einzige Lösung ist: Toleranz und Kompromissbereitschaft von beiden Seiten! Was Transsexuelle von uns einfordern, können wir auch von ihnen einfordern.

  73. @Gurkenkaiser

    Doch das darf man sehr wohl kritisieren.
    Und ich bin davon überzeugt das auch Sie anstatt zivilisatorische Errungenschaften wie Ironie, Rhetorik und Polemik zu kritisieren, irgendwann mal diese sich aneignen werden, um damit erfolgreich an öffentlichen Debatten teilzunehmen anstatt in der eigenen Filter-Bubble zu verschimmeln.

  74. @stefanolix:
    „Trans­se­xu­elle Men­schen müs­sen vor Dis­kri­mi­nie­rung jeder Art geschützt wer­den. Aber ich halte es für völ­lig falsch, die­ser Gruppe eine Son­der­stel­lung auf Kos­ten ande­rer Bür­ger ein­zu­räu­men. “

    Was ist denn das für eine Logik?

    Ich hab wirklich genug eigene Probleme und die Toilettenfrage treibt mich jetzt auch nicht so um, muss ich zugeben.

    Trotzdem ist die Aufregung doch erbärmlich.
    Jede Minderheit hat das Recht, dass über sie (gute) Witze gemacht werden. Das ist soweit o.k. finde ich.
    Dass aber inzwischen in einer viel gelesenen Kolumne einer Zeitung, die ach so viel auf sich hält, auf Kosten einer Minderheit als Witzeleien getarnte Statements abgegeben werden, die die niedrigsten Instinkte des Menschen ansprechen sollen, ist nicht mehr lustig, sondern ziemlich armselig.

    Es regt sich doch auch keiner über die Einrichtung behindertengerechter Toiletten auf, mit der Bitte an die betroffene Minderheit, einfach mal ein paar Stunden nichts zu trinken aus Toleranz gegenüber den anderen Bürgern, die das alles zahlen usw.

  75. Martenstein kritisiert die Scheinlösung eines Scheinproblems. Hierzulande (also nicht in Amerika) hat der Staat die Aufgabe, das existentielle – schicksalhafte – Päckchen, das jeder seiner Bürger in verschiedener Weise zu tragen hat, im Rahmen seiner Möglichkeiten zu mildern.
    Medienkritisch wichtiger ist doch die Frage, woher die aktuelle Euphorie für – ich versuche es neutral zu formulieren – normabweichende Sexualidentität so kommt. Warum der mittelmäßige Damendarsteller Oliver Knöbel so euphorisch abgefeiert wird , daß der Bild-Zeitung sogar die Hochzeit seines „Assistenten“ eine Serie wert war?

    Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ob es aber auch Aufgabe staatlicher Gewalt ist, einem auf dem Wege der Vaginalplastik noch nicht vollständig umgebildeten Transgender ein Urinal in das bekannte – und komperativ nur wenig differenzierte – Ambiente eines Damen-WC zu stellen, weiß ich nicht. Und ich will es – wie Martenstein – auch gar nicht wissen. (s.a. „Pulp Fiction“)

  76. @stefanolix: „Die ein­zige Lösung ist: Tole­ranz und Kom­pro­miss­be­reit­schaft von bei­den Sei­ten! Was Trans­se­xu­elle von uns ein­for­dern, kön­nen wir auch von ihnen einfordern.“

    Ihre „Lösung“ ist Humbug, denn für Männer oder Frauen ist der Besuch einer entsprechend bereitgestellten Herren- oder Damentoilette kein Kompromiss.

    Solange Sie diesen Unterschied — rein empathisch — nicht erfassen können, halte ich Ihre Lösungsvorschläge für untauglich.

  77. @86:

    „Es funk­tio­niert nur, wenn sich beide Sei­ten inein­an­der hin­ein­ver­set­zen und ein­an­der tole­rie­ren. Es funk­tio­niert nicht, wenn unnö­tige Bar­rie­ren auf­ge­baut wer­den und es funk­tio­niert erst recht nicht, wenn Grup­pen pri­vi­le­giert wer­den. WCs nur für die Zwe­cke von Trans­se­xu­el­len sind ein sol­ches Pri­vi­leg. Mit dem glei­chen Recht könn­ten andere Grup­pen ihre eige­nen WCs fordern.“

    Wir haben zwei Privilegierte Gruppen: „Männer“ und „Frauen“. Die gruppe Transsexuelle bekommt kein eigene Toilette an deren Türe steht „Transexuelle“, sondern es passiert eigentlich genau das was sie fordern: Keine Gruppe wird privilegiert und anstelle von „Mann/Frau“ steht an der Tür „Alle“.

    Gleichberichtige Anerkennung anderer Sexualitäten bedeutet eben nicht diesen Sexualitäten neue Privilegien zu geben, sonden, und dass ist es was dem „Heterosexuellen weißen Mann“(HWM) Probleme bereitet, den Privilegierten einige Privilegien zu nehmen. Nur da der HWM bisher gar nicht realisiert hat, dass er eigentlich diese Privilegien als solche genießt, glaubt er andere würden ihm gegenüber privilegiert. Oder wie ist es zu erklären, dass hier viele Unisextoiletten, also für jedes Geschlecht, zu Toiletten für Transsexuelle interpretieren?

  78. Warum gibt es überhaupt getrennte Toiletten für Männer und Frauen – solange man darin Türen vorfindet, die man abschließen kann?

    Nebenbei bemerkt: In übervollen Kneipen, auf Festivals oder ähnlichem benutzen regelmäßig Frauen die Herrentoiletten, um die Schlangen vor ihren eigenen Toiletten zu vermeiden – und dies nach meiner persönlichen Erfahrung völlig problemlos für beide Seiten.
    Aber wir wollen das Leben mal nicht zu einfach machen.

  79. Genau. Sogar von rollstuhlgerechten Toiletten profitiert ja noch der „normale“ Bürger.
    Da diese meist offen zugänglich sind.
    Was die fatale Folge hat, dass die tolerante Mehrheit diese oft genug versaut und für die eigentlich vorgesehene Zielgruppe unbenutzbar macht.

  80. @92

    Danke für diese schöne Zusammenfassung.

    Und genau um Punkt 2. geht die Pragmatische Entscheidung der Unisex Toilette:

    Es bekommt eben nicht jeder eine eigene Toilette, sondern nur noch eine für jeden.

    Eben kein schaffen von Privilegien, sondern ein Abbau.

  81. @88, j: mal sehen, ob die minderheit der transsexuellen darüber lacht, dass Sie die für diese gruppe geeigneten klos mit „behindertengerechten“ toiletten vergleichen.

    es geht mir hier gar nicht um ein „ätschibätschi“ oder so. aber dieses unfreiwillige eigentor zeigt genau den punkt, den ich und andere für die kolumne zu machen versucht haben: es ist etwas anderes — vielleicht sogar etwas gegenteiliges –, sich über eine minderheit lustig zu machen oder über den bisweilen übertriebenen versuch, noch der kleinsten partikularminderheit im kleinsten gerecht zu werden — und damit gefahr zu laufen, eine art toleranzüberbürokratisierung zu schaffen, in der, wie es Ihnen eben passiert ist, auf einmal – und ganz unfreiwillig – unter der flagge der maximaltoleranz die eine gegen die andere minderheit ausgespielt wird.

  82. Mal ein kleines Rechenbeispiel:
    50% der vorhandenen , sagen wir 12 Toiletten sind für Frauen, 50% für Männer (also jeweils 6). Werden nun ein Drittel der Toiletten zu Unisex-Toiletten umgenutzt, stehen für Männer künftig 8 Toiletten zur Verfügung, ebenso für Frauen. Wenn das mal keine klassische Win-Win-Situation ist. Noch dazu, wenn die Umnutzung kaum mehr kostet als das Umhängen von Schildern. Ich jedenfalls fänd’s prima, sind es doch meistens die Damenklos, wo sich die langen Schlangen in den Theaterpausen bilden.
    Ich verstehe einfach nicht, warum man sich nicht einfach denkt „ach, sieh mal an, was es nicht alles gibt, na, mir tut’s ja nicht weh, also was soll’s“. Diese abstoßende „Keiner-kann-mir-verbieten-‚Neger‘-zu-Sagen“-Bockigkeit ist mir echt schleierhaft.

  83. Hach ja, das „haben wir keine anderen Probleme“-Argument… ich möchte dann immer erwidern: „Haben Sie nicht die Kapazitäten, über zwei Dinge gleichzeitig nachzudenken?“

    So eine Anhäufung von Scheinargumenten und Strohmännern ist schon beeindruckend. Erinnert mich an Herrn Fleischhauer, für den die Abschaffung der Studiengebühren ein Schlag in die Fresse für diejenigen ist, die sich bis dato keinen Universitätsbesuch leisten können. Ähhhh, OKAY…?! http://wp.me/p305On-7V

  84. Wie sich der kleine Nicht-Sitzengebliebene Harald das Opferleben so vorstellt… Ich habe kein Mitleid mit Harald M.

    Die Elaborate von Kolumnisten in den Leitmedien wirken stark. Sie prägen die Meinungsbildung ihrer Leser mehr als jede Berichterstattung. Das gilt besonders für diese Art von Kolumnisten, die auf scheinbar ironische Art dumpfe Vorurteile und Gefühle benutzen. Es sind Möchtegernzyniker, die behaupten, sie seien Satiriker. Hierzu zählen Wagner („Bild“), Martenstein („Zeit“), Fleischhauer („spon“). Auch wenn hier vielfach widersprochen wurde, Wagner und Martenstein gehören in die selbe Kategorie. Silke Burmester nannte den Zynismus mal „eine Krücke, an der sich die „emotional Verwahrlosten“ durchs Leben schleppen.“ (sinngemäß).

    Die Jünger von F.J. Wagner kann man ja gepflegt verachten, aber die Jünger von Martenstein und Fleischhauer, die muss man fürchten, denn sie sind großenteils „Elite“. Diese Jünger sind meist schon etwas älter und halten sich für gebildet, aufgeklärt und (sowieso) intelligent. Und als erfolgreiche Menschen glauben sie an Gott „Markt“ und an „Gerechtigkeit auf Erden“. Sie leiden an einer Sonderform der „German Angst“. Es ist Verlustangst.

  85. #69: „Liebe post 68 aka someonesdaughter,“

    aka bedeutet „also known as“ und ich bin nicht als „69“ bekannt. Berücksichtigen Sie das bitte in Ihrer Ansprache, ja?

    „haben sie eigent­lich die Iro­nie in H. Mar­ten­steins Arti­kel ver­stan­den?,“

    Haben Sie eigentlich die Ironie des Hausherrn verstanden?

    „Etwas mehr Selbst­iro­nie würde ihnen gut stehen“

    Wem? Vielleicht mal nicht nur am Lesen arbeiten …

  86. @polyphem: sind Sie’s wirklich? ich vermisse Ihre lustigen gedichte, gerade hier, bei diesem thema. stattdessen tristesse und maximalhyperbeln. „jünger“, „zynismus“, „angst“ … wo martenstein allen ernstes als „zyniker“ bezeichnet wird, sind die maßstäbe soweit verrutscht, dass man in der tat angst bekommen kann.

  87. @stefanolix: volle Zustimmung.

    Man muss wohl für eine sachliche Diskussion auch ein paar Dinge trennen.

    1. Martenstein bedient sich sachlich falscher Argumente, wenn er z.b. von den großen Kosten des konkreten Berliner Projekts redet. Man kann ihm in der Gesamtschau seiner Veröffentlichungen sicher auch vorwerfen, mindestens voreingenommen zu sein.

    2. Dass Martenstein schlecht argumentiert sagt nichts über die Toiletten-Idee an sich aus. Wenn in Erwiderungen auf Posts, die sich gegen solche Toiletten aussprechen, auf Martenstein bezug genommen wird ist das sachlich genauso falsch. Nur weil Martenstein ein mutmaßlich überforderter alter Mensch ist, ist nicht automatisch die Unisex Toilette eine gute Idee.

    3. Ein guter Grund gegen eine solche Toilette bezieht sich nur auf transsexuelle Menschen. Die wollen idR gerade keine eigene Toilette, die sie dann doch wieder nur als andersartig markiert. Die meisten fühlen sich ganz klassisch einem der beiden Geschlechter zugehörig. Auf die jeweilige Toilette dann befreit gehen zu können ist eine gesellschaftliche Toleranzfrage, die man jedenfalls sicher nicht durch extra-unterscheidende, am Ende ausgrenzende Dritt-Toiletten löst.

    4. Rollstuhltoiletten haben damit nichts zu tun. Die gibt es weil man mit einem Rollstuhl eben die meisten Normal-WCs schlicht nicht nutzen kann.

  88. @Wendy Gondelntrauertragen:
    „tole­r­anz­über­bü­ro­kra­ti­sie­rung“ klingt wirklich bedrohlich…

    Dagegen bin ich auch. Außerdem fordere ich doch gar keine Maximaltoleranz. Ich sagte doch, die Toilettenfrage beschäftigt mich nicht besonders.
    Ich rege mich nur über Leute auf, die nichts Besseres zu tun haben als ohne Not auf Kosten einer Minderheit gegen so was Banales wie eine Unisex-Toiletten zu wettern.
    Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Martenstein ein „Plä­do­yer FÜR mehr Tole­ranz“schreiben wollte, wie Sie vermuten. Ich befürchte, da interpetieren Sie zu viel hinein.
    Ich denke, die Kolumne sollte einfach unterhaltsam und amüsant sein und das ist sie sicher für viele. Für mich eben nicht.

  89. „wo mar­ten­stein allen erns­tes als »zyni­ker« bezeich­net wird, sind die maß­stäbe soweit ver­rutscht, dass man in der tat angst bekom­men kann.“

    Wenn alte, weiße, heterosexuelle Männer, die von den Gleichstellungsbemühungen gegenüber Minderheiten genervt sind, auf deren Kosten pseudosatirische Texte in Leitmedien schreiben, dann ist Zynismus noch ein sehr freundliches Wort.

    Martenstein macht Stimmung gegen Menschen, die anders sind als er, und er verkauft sich dabei als gebildeter und relaxter Hippie mit gesundem Menschenverstand. Das ist so ungefähr die perfideste Form, Ressentiments zu schüren.

  90. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

    Alles außer alleinstehenden Männern im arbeitsfähigem Alter.
    In gewisserweise hat Martenstein auch recht!

  91. Ich finde es erstaunlich, dass gerade dort, wo am vehementesten gegen die konfrontative Verwendung von Rasse und Geschlecht argumentiert wird, der „Feind“ unbedingt „weiß“ und „heterosexuell“ sein muss. Ach so, und alt sollte er sein. Alt auch.

  92. „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Marc-Uwe Kling „Das Känguru-Manifest“

    Jünger haben schnell mal das Schwert gezückt. Ihrem „Meister“ hat das nicht gefallen. Ohr ab, Ohr wieder dran. Passionswochen. In Rom und anderswo.

    Summiert sich Schnee und Martenstein,
    Da wünscht sich Mensch mehr Sonnenschein

    btw. Ich bin alt, weiß mit Alterspigmentflecken und hetero-platonisch. Ich verzeihe Stefan seine einleitende Metapher. Schließlich hätte er sonst nur mit Beleidigungen beschreiben können, was er meint.

    (Warum mir die FF-Rechtschreibhilfe „Testamentsvollstrecker“ als Ersatz für „Alterspigmentflecken“ vorschlägt, wird hoffentlich ein ewig ungelöstes Rätsel bleiben)

  93. @Luc:“Die wol­len idR gerade keine eigene Toi­lette, die sie dann doch wie­der nur als anders­ar­tig mar­kiert.

    Gabs da ne repräsentative Umfrage? Oder stand das in der „Bild“? Außerdem: Warum denn das? Unisex heißt doch, dass da jeder reingehen kann. Ausgrenzend wäre ein Schild wie: „Nur für Inter-und Transsexuelle“

    Übrigens: Wie Martenstein süffisant das Wort „die Transsexuellen“ in seinem Kolumnen-Podcast bei radioeins ausspricht, verrät ihn, wie ich finde.

    Ihm ist das Thema glaube ich auch völlig egal, es musste nur schnell ne Kolumne her zu einem verwertbaren aktuellen Thema.

  94. @Wendy (#107): Der „weiße, heterosexuelle Mann“ ist ein Konstrukt, das die derzeit wichtigsten Dimensionen sozialer Ungleichheit (oder eigentlich der Nicht-Ungleichheit, sprich Privilegierung) wiedergibt, vgl. das Konstrukt des „katholischen Mädchens vom Lande, welches in den 70ern die Dimensionen von Bildungsungleichheit illustirierte.
    Rassistisch/ sexistisch wäre die Behauptung, weiße, heterosexuelle Männer seien alle so wie Martenstein. Das wird hier aber nirgends behauptet. Das Konsturkt wird hier deshalb bemüht, weil gerade der „weiße, heterosexuelle Mann“ eben gerade jemand ist, der kaum Diskriminierung am eigenen Leib erfahren haben dürfte. Wenn jetzt also ein Angehöriger dieser dreifach privilegierten Gruppe sich herausnimmt, andere, die dieser Gruppe nicht angehören, ihre Diskriminierungserfahrung abzusprechen, dann ist das halt zumindest kritikwürdig.

  95. @Achim: Dass es dieses Ministerium gibt, spricht also nicht etwa dafür, dass die Gesellschaft irgendwann mal der Ansicht war, dass man zur Herstellung von Chancengleichheit diese Gruppen besonders fördern müsse?

  96. inga: „drei­fach pri­vi­le­gier­ten Gruppe“ Zyklopensmily o:)
    Die Eiseskälte gewisser Kolumnisten hat möglicher Weise den Effekt, dass der Klimawandel zum Erliegen kommt. Ich frier so.

  97. „Ich finde es erstaun­lich, dass gerade dort, wo am vehe­men­tes­ten gegen die kon­fron­ta­tive Ver­wen­dung von Rasse und Geschlecht argu­men­tiert wird, der »Feind« unbe­dingt »weiß« und »hete­ro­se­xu­ell« sein muss. Ach so, und alt sollte er sein. Alt auch.“

    Sie haben „männlich“ vergessen — die auch aus historischer Sicht verfolgteste und schützenswerteste Minderheit von allen.

    Eine Runde Mitleid.

  98. @Inga
    Die Gruppe ‚alle außer Männer‘ ist schützenswert und muß wegen Chancengleichheit unterstützt werden? Das ist eine interssante Sichtweise.

    Es gibt viele Bsp für die Schutz und Chancengleichheit die Idee ist, aber inzwischen merkwürdige Formen annimmt.
    Wichtige und weniger wichtige.

    Frauenquote im Männerberuf aber keine Männerquote im Frauenberuf.

    Förderung naturwissenschaftlicher Schulfächer für Mädchen aber nicht für Jungs

    Sonderparkplätze für Behinderte, Frauen, Familien mit Kleinkindern…, demnächst auch, alles außer Männer?

    Noch vor wenigen Jahren war es praktisch aussichtslos für Männer im Trennungsfall das Sorgerecht für Kinder zu bekommen, da ungeeignet.

    Ich finde es gibt durchaus Gründe für Martensteins ‚Gejammer‘, auch wenn die Einzelbeispiele vielleicht schlecht gewählt sind.

  99. Nö, inga. Diskriminierung ist immer da, wo Mensch allein aufgrund seines Geschlechts, Alters, Sexualität, Religionszugehörigkeit, usw. (und nicht seines individuellen Verhaltens wegen) Benachteiligung erfährt. Pauschal zu sagen, es gäbe keine unterprivilegierten heterosexuellen, weißen Männer die soziale Ungleichheit kennen, ist geradezu absurd, genau wie die Annahme, das wären die derzeit wichtigsten Dimensionen sozialer Ungleichheit. Ich würde mal sagen, die soziale Schere geht mitten durch die heterosexuellen weißen Männer hindurch. Eine derart falsche Repräsentation und Desinteresse an den sozialen Verhältnisse im Land macht mich weit fassungsloser als Martensteins ironischen Späße über seine Ignoranz gegenüber Partikulärinteressen.

  100. @inga. Not sure. Natürlich sagt niemand EXPLIZIT, dass ALLE weißen etc. „so“ sind. EXPLIZIT sagt aber auch Martenstein fast nichts von dem,was ihm vorgeworfen wird. für mich entsteht unter dem halb-automatisierten mantra des heteroweißen mannes (oder, wie er jetzt auch schon schnell optimiert abrufbar abgekürzt wird: des „HWM“s) der eindruck eines generalverdachts. mit der gefahr, dass alles, was ein angehöriger dieser gruppe sagt, ausschließlich vor dem hintergrund dieser folie bewertet wird. sie kritisieren martenstein nicht mehr als individuum, sondern als angehörigen einer gruppe. (und warum eigentlich: „mann“? warum nicht: „person“?) das kann man, wenn man die sehr strengen maßstäbe anlegt, die hier kursieren, durchaus rassistisch, sexistisch etc nennen.
    es ist ein konstrukt, eben. ich denke, dass der ganze anlass dieser diskussion einer (absolut zulässigen, notwendigen) anti-heteronormativen haltung entspringt, deren ziel es doch gerade ist, die geschlechternormen als das zu dekouvrieren, was sie sind — und dadurch zu unterminieren, mit der hoffnung auf einen toleranzgewinn. wenn aber ein solcher prozess SELBST WIEDER auf solche konstrukte zurückgreifen zu müssen glaubt, führt er sich doch selbst ad absurdum. weil er das komplementär reproduziert, was er selbst abschaffen will.
    ich bitte darum, nur mal kurz und vorläufig der vorstellung einer dialektik gedanklichen raum zu geben, in der ein (falsch verstandenes? übertriebenes? zu viel wollendes etc?) streben nach toleranzgewinn durch multi-differenzierung SELBST WIEDER ausgrenzungen — also intoleranz — produzieren könnte.

  101. @Inga
    „Das wird hier aber nir­gends behaup­tet. Das Kon­sturkt wird hier des­halb bemüht, weil gerade der »weiße, hete­ro­se­xu­elle Mann« eben gerade jemand ist, der kaum Dis­kri­mi­nie­rung am eige­nen Leib erfah­ren haben dürfte.“ Naja, Diskriminierung direkt vielleicht nicht, aber ansonsten liegt diese Gruppe häufig ganz vorn. Zumindest statistisch. Hier gibts `ne kleine Grafik dazu:
    http://meykosoft.jimdo.com/anderes/

  102. @Inga

    Schön wie sie essentialistisch argumentieren. Den alten weißen Männern ist also qua Geschlecht ihre Rolle zugewießen was natürlich keinesfalls auf den konkreten Einzelmann zutreffen muss.
    Aber sollten sie jemals einen dieser Spezies kennenlernen werden sie ihn wohl kaum als Individuum beurteilen, mit ihren sexistischen Konstruktionen & Schablonen im Kopf.
    Als Mann würde ich mich tunlichst von Ihnen fern halten und vom Rest der meisten Feministinnen auch.

  103. @nothing: Es gab auch in den Siebzigerjahren katholische Mädchen vom Lande, die habilitiert haben. Soziale Kategorien sind niemals so trennschaft wie, let’s say, naturwissenschaftliche. Insofern besagt das Konstrukt des „MWH“ natürlich nicht, dass alle Angehörigen dieser Gruppe entsprechend gefeit vor Diskriminierung sind. Aber Sie haben natürlich recht, das mit den derzeit wichtigsten Dimensionen sozialer Ungleichheit war in der Eile zu schlampig formuliert (ja, den Bildungsstand und die soziale Herkunft bspw. sollte man definitiv nicht unter den Tisch fallen lassen). Ich schreibe hier aber auch keinen soziologischen Aufsatz. Wichtig sind diese Dimensionen allemal, ich denke, da werden Sie auch zustimmen.
    @Wendy: Ich finde, Sie argumentieren sehr nahe an einem Strohmann. Ich kann in obigem Artikel keinen Generalverdacht ggü. der besagten Gruppe finden, sondern wirklich das Argument, dass da jemand von seiner bequemen Couch aus mit wenig Einfühlungsvermögen vorgeht. Und diese bequeme Position, aus der heraus genörgelt wird, darf man, wie ich finde, schon thematisieren.
    @Achim: Ich habe das Ressort nicht erfunden, also müssen Sie auch nicht mit mir über dessen Sinnhaftigkeit diskutieren. Ich habe nru auf Ihren Fehlschluss hingewiesen, die Existenz eines Ministeriums für eine bestimmte Gruppierung sei ein Beleg für deren Bevorzugung.

  104. @WeisserHeteroMann: Hä? „Den alten wei­ßen Män­nern ist also qua Geschlecht ihre Rolle zuge­wie­ßen was natür­lich kei­nes­falls auf den kon­kre­ten Ein­zel­mann zutref­fen muss.“
    Wo haben Sie denn das gemeint gelesen zu haben? Ja, bitte halten Sie sich fern, da ist uns beiden mit gedient :-)

  105. @marc-oliver:
    „Sie haben »männ­lich« ver­ges­sen — die auch aus his­to­ri­scher Sicht ver­folg­teste und schüt­zens­wer­teste Min­der­heit von allen.“

    versteh ich Sie (und Ihren ironieversuch) richtig, dass Ihr toleranzbegriff auf einer vorstellung einer art poetic justice ruht, nach der es jetzt sozusagen geboten (aber jedenfalls völlig ok) ist, den spieß umzudrehen?

  106. @inga: „Und diese bequeme Posi­tion, aus der her­aus genör­gelt wird, darf man, wie ich finde, schon the­ma­ti­sie­ren.“

    Natürlich darf man das. Die Position schon. Nur nicht die Rasse und das Geschlecht dessen (bzw derer), der/die diese Position einnimmt. Es sei denn, Sie trennen das eine vom anderen nicht. Dann dürfte eine Frau diese Position nicht einnehmen können. Ein Schwarzer auch nicht.

    Sie schreiben: „weil gerade der »weiße, hete­ro­se­xu­elle Mann« eben gerade jemand ist, der kaum Dis­kri­mi­nie­rung am eige­nen Leib erfah­ren haben dürfte.“darin sehen Sie keinen generalverdacht? keinen strohmann?

    und nochmal: selbst WENN es stimmt, dass der „HWM“ (selbstverständlich nur in Anführungszeichen) weniger diskriminiert wird — was genau soll denn daraus eigentlich folgen? dass er gefälligst die schnauze zu halten hat? weil er ja, wie martenstein, andere diskriminiert? was es ja aber erst zu beweisen gälte ? aber, nein, das ist ja schon bewiesen: er ist ja ein „HWM“?

    so soll das funktionieren?

    und, grundgütiger!, ich, der ich in der tat nicht erkennen kann, dass martenstein diskriminiert, ich bin ja AUCH ein „HWM“, wie ich gerade merke. Scheiße! Und bis eben dachte ich noch, ich würde noch wirklich redlich zu argumentieren versuchen, aber da spricht ja doch nur der „HWM“, der ich bin. (aber, uff, alt, alt bin ich noch nicht so.)

    ps. wenn es denn schon die konstrukte sein sollen, dann machen Sie doch ein „HWPP“ (hetero-weiß-privilegierte person) draus, denn darum scheint es ja eher zu gehen: um privilegien („bequeme couch“).

  107. @ inga

    Nein, ich stimme Ihnen nicht zu. Der Begriff der „Rasse“ ist wissenschaftlich gesehen völliger Unsinn. Wenn Sie hier gegen den „weißen“ heterosexuellen Mann polemisieren, dann vereinfachen Sie einen einigermaßen komplizierten Sachverhalt unter Rückgriff auf rassistische Kategorien. Das würden Sie im umgekehrten Fall nicht tolerieren. Meiner Meinung nach verstärkt ein solch unbedachter Umgang mit hoch problematischen sozialen Kategorisierungen/ Vereinfachungen das Problem eher als es zu reduzieren. Zum Geschlecht: Letztens habe ich auf heise.de (http://www.heise.de/tp/artikel/38/38758/1.html) einen interessanten Artikel gelesen (ob es stimmt, hatte ich keine Zeit nachzuprüfen): Es gibt bekanntermaßen einen geschlechtsbezogenen Unterschied in der Lebenserwartung dahingehend, dass Frauen ein paar Jahre älter werden als Männer. Die spannende These: Es wird behauptet, dass dieser Unterschied nicht konstant ist, sondern mit der sozialen Ungerechtigkeit im jeweiligen Land zusammenhängt: Je besser die sozialen Verhältnisse im Land, desto geringer die Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen Männer und Frauen. Was sagt das über die Geschlechtergerechtigkeit? Ich schließe daraus: (1) Die Sache ist kompliziert. (2) Die wahren Gräben verlaufen bestimmt nicht zwischen Männern und Frauen.

  108. @Hanno, #20
    Bin gerade dem Link gefolgt – dieser Martenstein hat in seinem „Anti-Antidiskriminierungswahn“ sogar was gegen Behindertenparkplätze? Dazu fällt mir dann nur noch dieses Schild ein: http://tinyurl.com/c24tsuu

  109. Naja, der Artikel von Martenstein war schon ziemlich daneben, aber er hat auch schon oft voll ins Schwarze getroffen (oder ist über’s Ziel total hinausgeschossen, wie hier – manchmal hat man das Gefühl, er nimmt absichtlich eine pseudo-provokante Mehrheiten-Position ein, weil’s ihm halt Spaß macht – rennt aber wie Broder oder Wallraff meist nur offene Türen ein). Nachdem Sie die Kolumne so minutiös seziert haben, Herr Niggemeier, würde ich schon gerne wissen, was Herr Martenstein dazu sagt. Ich erwarte nicht wirklich, dass er sich entschuldigt oder verteidigt, aber ich halte ihn für intelligent genug, dass er einsieht, wie gefährlich solche Artikel für die von ihm gepriesenen Tugenden sind.
    Don’t preach to the choir, practice what you preach. Haha.

  110. Für mich verhält es sich mit Martenstein wie vor langer Zeit mit Broder: am Anfang noch, ja, teils lustiger, ironischer Bruch mit bzw. gegen den Mainstream, wird es dann nach und nach immer unlustiger, da sich beide ständig am selben Thema abarbeiten. Aufgrund der ewigen Wiederholung sieht mir das zu sehr nach angestrengter Überzeugungsarbeit aus. Da vermute ich für meinen Teil schon Komplex und / oder Ideologie dahinter. Auf jeden Fall ist es immer noch recht intelligent (die Waffen sind scharf), aber mittlerweile nicht mehr lustig, in meinen Augen sogar gefährlich (aus von vielen Kommentatoren bereits ausführlich geschilderten Gründen; Stichworte: Reichweite – Einfluss). Und wenn ich Hannos Titanic-Link aus #20 folge, dann glaube ich sogar, dass ich mit meinem Gefühl gar nicht so weit daneben liege. Gute Nacht!

  111. @ Squeedly #126
    Nein, Herr Martenstein hat nichts gegen Behindertenparkplätze. Mir ist zumindest keine Quelle bekannt, die diese These untermauert. Aber vermutlich isst er kleine Kinder.

  112. @nothing: Sorry, aber wo polemisiere ich denn bitteschön gegen heterosexuelle weiße Männer?! Pssst, ich verfüge übrigens auch immerhin über zwei der genannten Merkmale! Und nein, Merkmale zu nennen, die Dimensionen sozialer Ungleichheit sind (und zwar nachweisbar), ist gerade kein Rassismus (oder sonstiger -ismus). Gerade _weil_ das Konzept der Rasse bei Menschen kompletter Unsinn ist, ist es ja überhaupt erst eine Ungleichheitsdimension. Ein Eierproduzent, der sich für eine bestimmte Hühnerrasse entscheidet,weil die besonders große Eier legt, diskriminiert nicht. Könnte man z.B den Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen auf Unterschiede in deren Produktivität zurückführen, wäre es keine Diskriminierung. Das macht es übrigens so schwer, überhaupt zu erforschen, wann Unterschiede auf soziale Diskriminierung zurückzuführen ist und wann nicht, denn Diskriminierung ist immer der nicht mit anderen Merkmalen erklärbare Rest. Dies birgt die Gefahr, dass man bei der Untersuchung von Diskriminierung wichtige Merkmale unberücksichtigt lässt. Aber ich schweife ab…

    @Wendy: „Natür­lich darf man das. Die Posi­tion schon. Nur nicht die Rasse und das Geschlecht des­sen (bzw derer), der/die diese Posi­tion ein­nimmt. „Genau darauf möchte ich doch die ganze Zeit hinaus. Wenn Marie Antoinette verkündet, die hungernden Untertanen möchten doch einfach Kuchen essen, dann darf man ihr mitteilen, dass sie als eine, die niemals Hunger leiden musste, doch bitte ihre Klappe halten möge. Damit verurteile ich aber keineswegs alle Leute, die noch niemals Hunger leiden mussten.

    „Sie schrei­ben: »weil gerade der »weiße, hete­ro­se­xu­elle Mann« eben gerade jemand ist, der kaum Dis­kri­mi­nie­rung am eige­nen Leib erfah­ren haben dürfte.»darin sehen Sie kei­nen gene­ral­ver­dacht? kei­nen strohmann?“
    Ich habe oben an „nothing“ja schon geantwortet, dass das von mir sehr verkürzt ausgedrückt war. Dennoch ist das Konstrukt des HWM nicht auf der grünen Wiese entwickelt worden. Ich meine, wollen Sie wirklich bestreiten, dass es ein Gender Wage Gap gibt? Dass Dunkelhäutige eher polizeilich kontrolliert werden? Dass Schwule verprügelt werden, einzig und allein weil sie schwul sind? Ja klar, Frau Schröder hat ihren Job bekommen, weil sie eine Frau ist. Und dunkelhäutige Frauen kommen manchmal eher am Türsteher vorbei, weil sie so schön „exotisch“ sind. Und Schwule sind total angesagt bei Irgendwasmitmedien. q.e.d.?
    „ps. wenn es denn schon die kon­strukte sein sol­len, dann machen Sie doch ein »HWPP« (hetero-weiß-privilegierte per­son) draus, denn darum scheint es ja eher zu gehen: um pri­vi­le­gien (»bequeme couch«).“
    Äh? Exakt, es geht um Privilegien und die offenbar panische Angst vor dem Verlust derselben, die manche Zeitgenossen so umtreibt.

  113. @inga:
    „Wenn Marie Antoi­nette ver­kün­det, die hun­gern­den Unter­ta­nen möch­ten doch ein­fach Kuchen essen, dann darf man ihr mit­tei­len, dass sie als eine, die nie­mals Hun­ger lei­den musste, doch bitte ihre Klappe hal­ten möge.“

    Wäre Marie Antoinettes Verkündigung besser gewesen, WENN sie schon mal in ihrem Leben Hunger gelitten hätte? Wäre sie schlimmer gewesen, wenn sie ein Mann gewesen wäre? Oder schwarz? Natürlich nicht. Das ist auch keine Haarspalterei. Um es einfach auszudrücken: Der Grund, warum Marie Antoinette sich so geäußert hat (hat sie, glaube ich, gar nicht; das ist wohl eher ein Mythos, aber egal), ist, dass sie ein Arschloch war. Von mir aus können Sie Herrn Martenstein auch ein Arschloch nennen. Von mir aus darf Herr Niggemeier auch schreiben, dass Herr Martenstein stellvertretend für alle Arschlöcher schreibt. Dass er stellvertretend für weiße, heterosexuelle, alte Männer (echt, 60 Jahre ist alt?) schreiben würde, lässt sich aus dem Text nicht nur nicht ersehen, sondern stellt eben eine Assoziation zwischen Inhalt der Aussage und Rasse, Geschlecht und sexueller Orientierung her, die mich echt schockiert. Die ich selbst für diskriminierend halte. Dass Martenstein wiederum stellvertretend für alle diejenigen schröbe, „die die Welt nicht mehr verstehen“, ist eine Meinung, die ich zwar auch nicht ganz verstehe, die ich aber für statthaft halte. Ich wiederhole mich jetzt, aber die relevante Aussage ist doch, dass er die Welt aus anderen Augen sieht und NICHT die, welche Farbe das Gesicht hat, in dem die Augen stecken.
    Weder bestreite ich, „dass Dun­kel­häu­tige eher poli­zei­lich kon­trol­liert wer­den, noch, dass Schwule ver­prü­gelt wer­den, ein­zig und allein weil sie schwul sind“. Aber was genau hat das mit Martenstein zu tun? Ich bestreite nicht, dass Martenstein es im Vergleich zu vielen anderen gut hat. So wie ich auch. So wie Sie, inga, im Zweifel auch. Im Zweifel. Ich kenne Sie ja gar nicht. Ich kann Sie nur daran beurteilen, was Sie schreiben und wie. Vielleicht sind sie eine Frau. Aber das interessiert mich gar nicht, weil ich das, was Sie schreiben, nicht A PRIORI dadurch bewerten kann oder will, dass Sie eine sind. Ebensowenig wie die Tatsache, dass Sie über einen Internetzugang verfügen und überdurchschnittlich gut alphabetisiert sind. All das spricht dafür, dass Sie im Vergleich zu vielen anderen privilegiert sind. Na und?
    Ich bestreite auch nicht, dass es viele HWMs gibt, die einen Text wie den von Martenstein nie schreiben würden. Dass viele von denen, die hier gegen ihn argumentieren, mit ziemlicher Sicherheit HWMs mit Privilegien sind. (Shit,ich hab die Anführungszeichen vergessen; jetzt ist es soweit.) Ich bestreite nicht, dass es ausländerfeindliche deutsche Frauen gibt, die privilegiert sind oder nicht. Na und? Ist eine Frau, weil sie deutsch ist, eher ausländerfeindlich als eine französische oder eine amerikanische? Ferner bestreite ich nicht, dass es in vielen Texten und Videos von afro-amerikanischen Musikern, die sich auf Sprechgesang spezialisiert haben, deutliche sexistische Untertöne gibt. Na und? Ist das eine rassistische Äußerung? Natürlich nicht. Das wäre es nur, wenn ich sage, die sind sexistisch, WEIL sie schwarz sind. Nelson Mandela ist von „Suck it, bitch!“-Rappern viel weiter entfernt als Sie von Martenstein.Ist es nicht viel plausibler, dann von Milieus zu sprechen, von Kulturen, von Codes?
    Ich bestreite nicht, dass solche Ausgrenzungskulturen etwas mit Hautfarbe, Geschlecht, Bildungs- und Kontostand zu tun haben können. Natürlich nicht.
    Was ich bestreite, ist, dass man die Äußerungen eines Menschen darauf reduzieren kann und sollte, welche Hautfarbe etc. er hat. Und ich glaube nicht, dass Sie bestreiten können, dass das hier und jetzt zumindest qua Assoziation und mindestens implizit stattfindet.

  114. „Dass er stell­ver­tre­tend für weiße, hete­ro­se­xu­elle, alte Män­ner (echt, 60 Jahre ist alt?) schrei­ben würde, lässt sich aus dem Text nicht nur nicht erse­hen, son­dern stellt eben eine Asso­zia­tion zwi­schen Inhalt der Aus­sage und Rasse, Geschlecht und sexu­el­ler Ori­en­tie­rung her, die mich echt scho­ckiert.“
    Nein, nein, nein, nein. Nein! Das ist ein Fehlschluss. Bitte einmal drüber schlafen und dann nochmal in Ruhe durchlesen.

  115. Mach ich. Brauch aber nicht drüber schlafen, um folgende Frage zu stellen: Wenn es ein Fehlschluss ist, dass es keinen Zusammenhang geben soll zwischen besagten Attributen und der Aussage dessen, dem diese Attribute zugedacht werden — warum stehen diese Attribute dann da überhaupt?

  116. äh, „einen“. „Einen Zusammenhang geben soll“, nicht keinen. Vielleicht haste doch recht mit dem Schlafen.

  117. @Wendy: Noch eine Ergänzung zum Marie-Antoinette-Beispiel. Ein Argument wird selbstverständlich nicht dadurch besser oder schlechter, dass es von Person A oder Person B mit dem jeweiligen soziokulturellen Hintergrund gebracht wird. Wir sprechen hier aber nicht von Argumenten sondern von Meinungen. Und da ist es sehr wohl relevant, wer sie äußert. Weil Meinungen immer (mehr oder weniger erfolgreich induktiv) aufgrund eines bestimmten persönlichen Informationszustandes entstehen. Meinung und Person gehören zusammen. Insofern ist die (angebliche, ich weiß ;-)) Äußerung Marie Antoinettes eben sehr wohl sehr viel empörender als von jemandem, der weiß, was Hunger bedeutet. Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob ein Weißer oder ein Schwarzer zu Rosa Parks sagt „Ach, ich weiß gar nicht, was Sie haben. Ich stehe auch oft im Bus, sogar freiwillig!“

  118. Aber natürlich ist die Nennung seiner Attribute rassistisch, heterophob und Sexistisch. Das wird damit gerechtfertigt, dass „die jetzt auch mal dran sind“. Auch wenn natürlich eine Gruppe unter Generalverdacht gestellt wird mit den gleichen Waffen, gegen die angeblich gekämpft werden soll.
    Da wird doch dann auch klar, warum HWM dagegen kämpfen, sie merken ja, dass es nur darum geht, sie auf Grund ihrer Rasse, sexuellen Orientierung und Geschlechts zu diskriminieren. Es geht nicht darum, dass alles abzuschaffen, sondern einfach eine Deutungshoheit zu erlangen, um selbst zu diskriminieren.
    Wie bpsw auch feministische Bloggerinnen wie Antje Schrupp es verteidigen, dass Männer in Flugzeugen nicht neben alleinreisenden Kindern sitzen dürfen, weil „Männer statistisch gesehen häufiger sexuell übergriffig sind.“ Genauso wird racial profiling gerechtfertigt, weil bestimmte ethnische Gruppen in Kriminalstatistiken oben stehen. Davon wird sich dann aber wieder distanziert, weil es ja Nicht-Weiße sind.

    Lässt sich auch bspw hier gut in einem taz-Artikel sehen: http://www.taz.de/!104073/
    Da werden dann eben auch Feministinnen ausgeschlossen, weil sie weiß sind. Critical-Whiteness spricht Menschen mit anderer Hautfarbe die Meinungsäußerung ab.

    Das ist ja der perverse an dieser totalitären Ideologie. Kritikern wird unterstellt sie seien dagegen (genau wie bspw Gegnern des BGE unterstellt wird sie würden Armen Menschen kein Geld geben wollen) und sich selbst wird ein Persilschein der Unfehlbarkeit ausgestellt.

    Wer von heterosexuellen, alten (Ageism!) Männern spricht steht auf der gleichen Seite vwie Leute, die denken dass Schwarze immer klauen. Denn wenn man meint, dass ein paar Beispiele von HWM reichen um alle zu bewerten, dann gilt das natürlich auch für andere Hautfarben und Geschlechter.

    Der weiße, männliche Obdachlose, den ich gestern gesehen habe, freut sich sicher, dass Niggemeier denkt, er würde die Welt als Geisel halten. Aber vllt war der Obdachlos auch homosexuell, habe nicht nachgefragt. Der schwarze afrikanische Diktator, der schwarze Sklaven hat…

    Ist allerdings auch eine geistesleistung anzutreten Minderheiten zu retten gegen Rassismus zu, Sexismus und Homophobie zu kämpfen und sich dann als jemand heraustellen, der genauso denkt und genauso handelt. Man hat Probleme darauf runtergebrochen gegen eine andere Minderheit zu hetzen.

  119. Manche Kommentare sind einfach so durch und durch dumm, so unlogisch, so ignorant, dass man laut schreien möchte.

  120. @Mike 136

    Der Heterosexuelle Weiße Mann ist ein fiktives Konstrukt und er wurde auch als solches in die Diskussion eingeführt. Denn er stellt das für die Diskriminierung relevante faktische Normal dar.

    Der HWM kann nicht wegen Rasse, Geschlecht oder Sexueller Orientierung diskriminiert werden. Es geht nicht. Er stellt nach allen Maßstäben der Diskriminierung das Optimum dar.

    Sie führen nun weitere mögliche Kriterien ein, der „weiße, heterosexuelle männliche Obdachlose“ und wollen so das fiktive Beispiel abschießen. Aber auch der „weiße heterosexuelle männliche Obdachlose“ wird nicht wegen seiner Rasse, Geschlecht oder sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Er ist möglicherweise genauso am Denken, dass alle Frauen minderwertig sind und er nur Obdachlos ist, weil ihm die Schwarzen alle Jobs wegnehmen und die schwulen Chefs das zulassen. Man kann es nicht sagen.

    Der HWM profitiert von der Diskriminierung, das ist das Konstrukt. Nicht jeder HWM diskriminiert, aber jeder HWM profitiert von der Diskriminierung. In der Form, dass sie in gewisser Weise privilegiert sind.

    Und nun droht der HWM einige Privilegien zu verlieren. Und er dreht den Spieß um und das machen auch sie hier. Weil sie die Vorteile die Ihnen durch die Diskriminierung entstehen verlieren würden ist es nun plötzlich Diskriminierung gegen gegen sie. Aber das ist Falsch.

    Ich gehöre zur Gruppe der homosexuellen weißen Männer. Und ich will keine Deutungshoheit über das Thema haben um sagen zu können: „Ich bin besser als du“, was Diskriminierung ist. Ich will, dass ich am Ende dastehen kann und zumindest die Gesamtgesellschaft am Ende anerkennt „Ich bin genauso wie du.“

    Ja, es gibt auch Radikalere Gruppen, überall die am Ende sagen wollen „Ich bin besser als du“ aber die gibt es auch beim HWM, z.B. KuKluxKlan. Die Große Mehrheit der der nicht HWMs wollen einfach nur, dass es keine Privilegien mehr gibt.

  121. Hat eigentlich mal jemand den Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg im Original gelesen? Die Kosten für diese Maßnahme entstehen nicht durch das Austauschen von Schildern. Die Kosten entstehen durch den Satz »Die Umsetzung ist zu evaluieren.«

    Evaluierung bedeutet: Verwaltungsmitarbeiter und externe Experten werden sich mit den Auswirkungen der Maßnahme befassen und Berichte darüber schreiben. Die Kosten der Evaluierung werden aus dem Haushalt der Verwaltung beglichen.

    Und an dieser Stelle bin ich in der Tat der Meinung, dass andere Probleme weitaus wichtiger sind. Es wurde in der Diskussion auf die mannigfaltigen Probleme von Behinderten hingewiesen. Deren Probleme sind existentiell.

    Suchen Sie bitte mal auf der Seite mobidat.net nach den Verwaltungsgebäuden der Bezirksverwaltung »Berlin Friedrichshain-Kreuzberg«. Die Ausstattung der Verwaltung für Blinde, Sehbehinderte, Gehörlose, Rollstuhlfahrer und andere Gruppen ist noch sehr ausbaufähig. Und das ist jetzt betont höflich ausgedrückt. Eine gute Ausstattung und eine gute Zugänglichkeit sind die Ausnahme.

    Diese Menschengruppen brauchen wirklich Hilfe und die Maßnahmen zu ihrer Unterstützung sollten wirklich evaluiert werden. Dafür sollte man das Geld ausgeben und dafür sollten Verwaltungsmitarbeiter handeln. Denn da geht es nicht um die Befindlichkeiten bei der Auswahl eines WCs, sondern wirklich um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und um die Wahrnehmung von Rechten.

    Es wurde inzwischen gezeigt, dass sich das Problem der Toilettenbenutzung ganz ohne staatliche Maßnahmen und ohne teure Evaluierung lösen lässt: Indem die Menschen einfach mal Rücksicht aufeinander nehmen und anständig miteinander umgehen. Deshalb ist der Beschluss unnötig.

    »Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.« (Charles de Montesquieu).

  122. @139

    Die Maßnahme ist zu evaluieren und das kostet Geld. Ja okay, und? Das kostet wenig Geld zusätzlich, denn der Verwaltungsangestellte, der die Evaluierung schreibt muss sowieso bezahlt werden.

    Die gleiche Evaluierung fällt für neue Rollstuhlfahrerrampen an oder für Schilder in Braille. Auch da ist am Ende ein Verwaltungsangesteller der eine Evaluierung schreibt. Und auch hier gilt. Der würde so oder so bezahlt werden.

    Die Evaluierungskosten gehen nicht in die Milliarden, wie du hier möglicherweise suggerieren willst, am Edne Laufen sie vielleicht auf den gleichen Betrag hinaus wie die Schilder auszutauschen.

    Die Evaluierung neuer Behindertengerechter Maßnahmen hingegen wird wesentlich teuerer. Wenn also das Geld für die Evaluierung ein Argument ist, dann müssen wir leider neue Behinderten gerechte Maßnahmen abschaffen. Denn in Relation benutzen viel, viel mehr Menschen die Toilette, als Behinderte auf das Amt kommen werden.

    Das haben wir keine anderen Probleme Argument ist quatsch. Ja, wir haben auch andere Probleme, aber das ist kein Grund ein Problem, dass wenig Aufwand kostet und eigentlich keinem wehtut anzufassen.

    Wieso haben so viele ein Problem damit, dass das Schild einer Toilette von Damen oder Herren zu Unisex ausgetauscht wird? Was ist das wirkliche Problem? Die Kosten sind doch nur ein vorgeschobenes Argument. Es würde wahrscheinlich den gleichen Aufschrei geben, wenn einfach per Aushang verkündet würde: Alle Toiletten in diesem Gebäude sind Unisex, egal was an der Tür steht. Und das würde nur ein paar Cent kosten.

  123. Natürlich kostet der Verwaltungsangestellte Geld. Aber er kann für dieses Geld sinnvoll oder weniger sinnvoll eingesetzt werden. Der Beschluss der BVV zwingt die Verwaltung, den Angestellten für Dinge einzusetzen, die vergleichsweise irrelevant sind. Gleichzeitig gäbe es viel dringendere Dinge zu erledigen.

    Wenn per Aushang verkündet würde »Alle Toiletten sind Unisex« und wenn die Maßnahme nicht aufwendig evaluiert würde, hätte ich überhaupt keinen Einwand. Denn de facto sind viele Toiletten sowieso schon »unisex« ausgerichtet, weil die Nutzerinnen und Nutzer improvisieren.

    Aber die Evaluierung blockiert (a) Ressourcen in der Verwaltung und kostet (b) Geld für externe Experten. Und die sind garantiert nicht kostengünstig zu haben.

  124. PS zu #140: Zu Ihrem Einwand, dass behindertengerechte Maßnahmen weniger Menschen beträfen: Zur Gruppe der Trans- und Intersexuellen zählt je nach Quelle im Schnitt einer von 10.000 Menschen. Und ob sie alle Probleme mit der Auswahl eines WCs haben, ist noch lange nicht erwiesen. Es dürfte in der Bevölkerung weit mehr Menschen geben, die aufgrund eines Handicaps Hilfe benötigen.

  125. @142

    Stimmt es gibt insgesamt sicher mehr Menschen die Hilfe aufgrund eines Handicaps benötigen. Und wie viele von denen kommen Regelmäßig zur Bezirksverwaltung in Relation zu denen die eine Toilette benutzen? Die Toilette wird zu Unisex umgewandelt nicht zu speziell für Inter- und Transsexuelle.

    Das bedeutet die einzige Evaluierung dahinter lautet: Wird diese Toilette jetzt mehr, weniger oder genauso oft genutzt wie vorher. Dafür braucht man keinen externen Experten, dafür fragt man die Putzfirma nach einem halben Jahr.

    Da wird nicht evaluiert, wer jetzt auf die Toilette geht und er wird auch nicht gefragt ob er dahin geht, weil er sich nicht mit seiner äußerlichen Sexualität identifizieren kann, ob er trans- oder intersexuell ist. Sondern nur ob und wie oft die Toilette benutzt wird. Die Evaluationskosten sind niedrig.

    Vielleicht werden die Toiletten schlicht und ergreifend deshalb besser angenommen, weil sie günstig liegen, zum Beispiel neben dem Warteraum oder sie werden gemieden, weil jeder so ein Kleingeist ist, der denkt, diese Toiletten sind jetzt nur für Inter- und Transsexuelle also für 1 aus 10.000.

    Die Maßnahme mag „wegen“ Inter- und Transsexuellen durchgeführt worden sein, aber sie betrifft alle die auf eine Toilette müssen.

  126. @#143: Was Sie beschreiben, ist keine Evaluierung. Bei einer Evaluierung geht es immer um ein fachlich (wissenschftlich) fundiertes Gutachten. Man muss also einen Experten oder eine Expertin damit beschäftigen und kann nicht einfach den Reinigungsmitarbeiter oder die Klofrau um ihre Einschätzung bitten. Das Ziel der Maßnahme ist in der Antragsbegründung und im BVV-Beschluss vorgegeben – lesen Sie es bitte nach. Die Evaluierung muss sich auf das Ziel der Maßnahme beziehen.

  127. @ inga & ludoergosum

    Vielen Dank für eure klug argumentierenden Beiträge.

    Ich denke auch, dass es weniger um eine „Gegendiskriminierung“ sondern eher um die Angst vor Verlust der Vorteile aus der bisherigen Bevorzugung geht.
    (Hatte Peter Singer nicht in der ‚Praktischen Ethik‘ mal über umgekehrte Diskriminierung gesprochen? Ich meine, es ging um die Studienplatzvergabe zwischen Weißen und Farbigen und er sei zu dem Schluss gekommen, dass die ‚Übertragung‘ eines Vorteils von einer Gruppe auf eine andere nicht von denen getadelt werden könne, die bisher ohne Widerspruch selbst den Vorteil in Anspruch genommen hatten. Oder anders ausgedrückt: solange man sich über Diskriminierung nicht beschwert, solange sie einem selbst Vorteile bietet, kann man sich auch nicht beschweren, wenn die Regeln geändert werden und man sich selbst plötzlich auf der ‚anderen Seite‘ wiederfindet. Vielleicht weiß jemand Genaueres.)

  128. @ #145: Welchen »Vorteil aus einer Diskriminierung« haben denn die Besucherinnen und Besucher der Bezirks­ver­wal­tung Friedrichshain-Kreuzberg, die sich nach eigener Überzeugung einer Toilette zuordnen können? Welche Diskriminierung sollte das denn sein?

    Sie haben schlicht gar keinen Vorteil: Sie haben einfach zu akzeptieren, dass außer ihnen auch Menschen anderer sexueller Orientierung und anderen Geschlechts die Toiletten benutzen. Es geht schlichtweg niemanden etwas an, welche Überzeugungen und Orientierungen andere Toilettenbenutzer im Kopf haben.

    Und deshalb ist es so absurd: Eine Verwaltung, ein Kiezparlament und externe Experten werden mit einer Angelegenheit befasst, die freie und vernünftige Bürger auch unter sich regeln könnten. So wie es bei der zeitweisen Überbelegung von Damen-Toiletten schließlich auch funktioniert.

  129. John Scalzi bringt es auf den Punkt (im Gamer-Jargon):

    http://whatever.scalzi.com/2012/05/15/straight-white-male-the-lowest-difficulty-setting-there-is/

    Und sobald jemand anderes die unglaublich vielen, kleinen und großen Vorteile beansprucht, die es mit sich bringt zur größten, seit ewigen Zeiten in Macht und Würden stehenden Bevölkerungsgruppe zu gehören, ist das natürlich beängstigend. Da entsteht das irrationale Gefühl, dass einem was weg genommen wird, dass andere bevorteilt werden, obwohl man es selbst ist, auf den alle Vorteile der Gesellschaft ausgerichtet sind.

  130. „Ich denke auch, dass es weni­ger um eine ‚Gegen­dis­kri­mi­nie­rung‘ son­dern eher um die Angst vor Ver­lust der Vor­teile aus der bis­he­ri­gen Bevor­zu­gung geht.“

    Eine Angst, die durchaus auch biologisch begründet ist.

    Man darf nicht vergessen: Das Urinieren und Koten galt einst als Markieren des eigenen Reviers und der Untermauerung von Führungs- und Hoheitsansprüchen, was ja in der Tierwelt noch heute der Fall ist. Das Umdeklarieren von Toiletten bedeutet also sprichwörtlich einen Verlust von Dominanz und eine Verkleinerung des eigenen Herrschaftsbereichs.

    Insofern sollte man mit den Gegnern von Unisex-Toiletten vielleicht nicht allzu hart ins Gericht gehen, auch wenn ihre Versuche, alte Urinstinkte intellektuell zu validieren, nicht gänzlich schlüssig sind. Im Grunde genommen ist es eine sehr natürliche Regung, die dadurch zum Ausdruck gebracht wird.

  131. @ludoergosum:
    „Der HWM kann nicht wegen Rasse, Geschlecht oder Sexu­el­ler Ori­en­tie­rung dis­kri­mi­niert wer­den. Es geht nicht. Er stellt nach allen Maß­stä­ben der Dis­kri­mi­nie­rung das Opti­mum dar.“

    Explain, please. Der HWM kann nicht diskriminiert werden, weil er, als solcher, gar nicht existiert? Weil es sich um ein fiktives Konstrukt handelt? Er steht also nur als Chiffre und meint also noch nicht mal statistischen Durchschnitt dieser oder jener gelagerten Bevölkerungsgruppe? Und was genau meinen Sie mit dem „Optimum“?

    „Der HWM pro­fi­tiert von der Dis­kri­mi­nie­rung, das ist das Kon­strukt. (…) In der Form, dass sie in gewis­ser Weise pri­vi­le­giert sind.“
    Bitte auch hier um Erklärung. Je mehr Sexismus und Rassismus, desto besser geht es dem HWM?

    „Man kann es nicht sagen“, sagen Sie zu den Auslassungen über den weißen Obdachlosen.
    Eben. Man kann es nicht sagen.
    Warum tut man es dann? Was GENAU ist an der Kategorie des HWMs für die Diskussion produktiv? Und was nicht doch eher repressiv?

    Ich habe keine Probleme damit, gedanklich mit einem (aus Ihrer Sicht) abzulehnenden Prinzip zu hantieren, als dessen Sprachrohr Martenstein bewusst oder unbewusst fungiert.

    Im Moment kommt es mir aber so vor, als ob der HWM so irgendwie als Universalerklärbär vom Himmel fällt; Axiom und ultima ratio zugleich; Retter; deus ex machina, schnell, immer da, wenn man ihn braucht; etwas, auf das man irgendwie alles zurückführen kann. Bisschen religiös fast.

  132. Kann mir noch mal jemand das genaue Problem erklären?
    Und dann im Anschluß die von der BVV gefundene Lösung?

    Der Hausherr hier erklärt die gefundene Lösung des „Problems“ sei schließlich nicht mit Kosten verbunden und damit eine per se ehrenhafte Sache, die nicht in der Öffentlichkeit mit welchen Stilmitteln auch immer im weitesten Sinne kritisiert gehört.

    Im Endeffekt führt diese BVV-Lösung nur dazu, dass auch jede andere Gruppe nunmehr ihre Toilette erstreiten könnte, denn was bevorzugte die Transsexuellen/Inter-/Bi- oder sonst wie Sexuellen gegenüber jeden anderen Gruppe?
    Entscheidet sich die eigene Sexualität/Persönlichkeit auf der Toilette?
    Könnten nicht auch Gläubige verlangen, dass ihnen nun -kostenneutral natürlich – glaubens-getrennte Toiletten zur Verfügung gestellt werden?
    Vielleicht finden sich jetzt auch Buddhisten, die nicht mit Naturgläubigen/Ungläubigen/Andersgläubigen auf eine Toilette gehen möchten, solange es kostenneutral ist, dürfte der Forderung fortan nichts mehr entgegen zustellen sein…

    Im Endeffekt könnte jede sich irgendwie auf gemeinsames Denken, Fühlen und/oder Handeln einig gewordene Gruppe auf die Erstellung einer eigene Toilette kaprizieren.

    Dann hätten wir dann in einem Großgebäude dann eben 78 Toiletten für jede soziale Gruppe kostengünstig erstellt.
    Man darf sich nun vorstellen, wie sich die ordnungshörigen Wartenden vor den einzelnen Toiletten aufstellen werden (Ha, und das im Regelneinhalten so verliebten und pedantischen Berlin, Herr Niggemeier!!).

    Da wollte sich in der BVV Fh-Kb jemand ein kostenneutrales/-günstiges Denkmal erstellen, so wie andere eine Silvio-Meier-Str. erstreiten, andere die Dutschke-Str., und andere eine Spreebrücke nur für Räder, um dann anschließend gegen die Anbindung an den Rest der Welt mit Herrn Haselhoffs Hilfe anzugehen.

    Eine vollkommen sinnfreie PC-Debatte.

  133. @148
    „Explain, please. Der HWM kann nicht dis­kri­mi­niert wer­den, weil er, als sol­cher, gar nicht exis­tiert? Weil es sich um ein fik­ti­ves Kon­strukt han­delt? Er steht also nur als Chif­fre und meint also noch nicht mal sta­tis­ti­schen Durch­schnitt die­ser oder jener gela­ger­ten Bevöl­ke­rungs­gruppe? Und was genau mei­nen Sie mit dem »Optimum«?“

    Okay, ersteinmal halten wir fest:

    Diskriminierung bedeutet:

    A ist besser als B.

    Und daraus resultiert der „Weiße Heterosexuelle Mann“, der nicht diskriminiert werden kann in der Form, wie vorliegt. Die Diskriminierung wie sie in unserer Gesellschaft vorliegt/vorlag sagt:

    1. Weiß ist besser als Schwarz.
    2. Heterosexuell ist besser als jede andere sexuelle Orientierung.
    3. Mann ist besser als Frau.

    Das sind/waren die Diskriminierungen die lange vorherrschten, noch vorherrschen. Dies betrifft unsere Gesellschaft. Und diese Kombination ergibt den „WHM“ als das Optimum dargestellt

    Er kann in unserer Gesellschaft nicht diskriminiert werden, weil er der Maßstab ist, an den gemessen wird, was schlechter ist im Sine der Diskriminierung. Und zwar die Diskriminierung aus dem Gesellschaftlichen Konsens heraus. Der hat mittlerweile zwar offiziell zwar 1. verworfen und arbeitet ganz gut an 3. Aber es gibt genug Diskussionen, die zeigen, dass 2. noch immer sehr tief verwurzelt ist. In Amerika heißt ja, glaube ich inzwischen auch: „Gay is the new Black“.

    Der einzelne kann immer sagen, ich hasse Weiße, Heteros, Männer, aber die Gesellschaft hat über lange Jahre und noch immer den WHM zum Ideal gemacht ihn privilegiert.

    Der „heterosexuelle weiße Mann“ ist der Vergleich aus dem die Diskriminierung entsteht. Du bist nicht a, nicht b und/oder nicht c, du bist nicht schlechter. Diskriminierung braucht eine Referenz. Dementsprechend ist der „WHM“ keine bestimmte Person, keine Gruppe im demographischen Sinn…

  134. @150

    Denkfehler in ihrer Argumentation:

    Es bekommt eben nicht jeder seine eigene Toilette, sondern es bekommt keiner seine eigene Toilette.

  135. @146

    „Wel­chen »Vor­teil aus einer Dis­kri­mi­nie­rung« haben denn die Besu­che­rin­nen und Besu­cher der Bezirks­ver­wal­tung Friedrichshain-Kreuzberg, die sich nach eige­ner Über­zeu­gung einer Toi­lette zuord­nen kön­nen? Wel­che Dis­kri­mi­nie­rung sollte das denn sein?“

    Wenn man das umdreht wird ein Schuh draus:

    „Welchen Nachteil haben die Besucher, die sich nicht eindeutig einer Toilette zurordnen können?“

    Sie müssen sich rechtfertigen. Sie müssen sich entweder vor sich selbst rechtfertigen, weil sie die eine Toilette wählen oder vor den anderen Toilettenbenutzern.

    Alle gebrachten Beispiele zeigten: Sicher können Damen aus Herrenklo gehen… (unausgesprochen: wenn es gerechtfertigt ist)

    Beispiel Martenstein: Das andere Klo ist kaputt…
    Beispiel aus den Kommentaren: Das Damenklo am Kirchentag ist vollständig überlaufen.

    Es wird eine Rechtfertigung vorausgesetzt ein Klo zu benutzen: Wenn sie männlich sind fällt ihne diese gar nicht auf, weil sie selbstverständlich ist. Aber jemand, der sich seines Geschlechts unsicher ist? Eine Transsexuelle, die noch aussieht wie ein Mann und das Damenklo benutzen möchte? Er muss sich rechtfertigen, entweder mit der Notlüge oder vor sich selbst…

    Unisextoiletten nehmen den Grund zur Rechtfertigung. Es muss sich niemand rechtfertigen und jeder kann sie einfach Benutzen.

    Du siehst vielleicht keinen Vorteil für dich, aber du siehst auch nicht die Nachteile eines anderen, weil sie dir gar nicht in den Sinn kommen.

  136. @ #152: In einem öffentlichen Gebäude hat schon heute niemand eine »eigene Toilette«. Jeder Mensch muss akzeptieren, dass vor ihm, nach ihm und gleichzeitig mit ihm andere Menschen die Toiletten benutzen. Deshalb ist auch die Argumentation in #148 so schief: Es gibt einfach kein Revier, das man markieren könnte.

  137. @ #153: Wer sich im öffentlichen Raum auf eine Toilette begibt, muss immer mit Nachteilen rechnen: Es riecht streng, es sind wildfremde Menschen dort – den einen trifft das mehr und den anderen weniger.

    In der Praxis zeigt sich, dass kein vernünftiger Mensch hinterfragt, ob vor dem Damenklo wirklich ein Schlange stand. Eine Rechtfertigung ist völlig fehl am Platze. Ich mache mir Martensteins Überlegungen zu den Notlügen ausdrücklich nicht zu eigen. Sie sind völlig überflüssig. Wenn ein Mensch in ein öffentliches Klo kommt, das ich zufällig benutze oder benutzt habe, wird dieser Mensch einen Grund haben. Freiwillig geht da niemand hin. Vermutlich drückt etwas. Es steht mir nicht zu, ihn oder sie danach zu fragen. Ich erwarte auch keine Erklärung.

    Wenn einer von zehntausend Menschen vor den Toilettentüren grübelt, welches Klo nun das richtige ist, dann hat er mein herzliches Verständnis. Aber das rechtfertigt nicht eine solche Fehlallokation von Ressourcen. Dafür müssen keine Experten irgendwelche Maßnahmen evaluieren, dafür muss keine Verwaltung arbeiten und kein Bezirksparlament debattieren. Das ist alles überflüssig, solange es für Menschen mit Handicap noch erheblichen Verbesserungsbedarf gibt, wie ich es weiter oben ab #139 beschrieben habe.

  138. @ #155: stefanolix:
    Ihnen ist schon bewusst, dass Ihre Denkweise nicht unbedingt die Sichtweise aller anderen sein muss oder anders gefragt:
    Warum ist Ihre Ansicht („Ich hab kein Problem damit und frag auch niemand, warum er dies oder jenes tut“) höher anzusiedeln als die eines x-beliebigen anderen, der ein Problem hat, diese Toiletten zu benutzen und sich unter Rechtfertigungsdruck fühlt, ob dieser nun tatsächlich da ist oder nicht? Mit einer Unisex-Toilette muss er nicht mehr grübeln, sondern benutzt sie einfach. Egal, ob das nun irgendjemand nachvollziehen kann oder nicht.

    Im übrigen prophezeihe ich die nächste Diskussionswelle, wenn es darum geht, welche Toilette auf welchem Stockwerk denn nun umdeklariert wird.

  139. Skuril ist die Diskussion allein schon deshalb, dass die Gruppe, denen nun eine eigene Toilette zugestanden werden soll, hier in allererster Linie als >Opfer< (von was auch immer) dargestellt wird, denen man unbedingt Beistand leisten müsste, sei dieser Beistand auch noch so banal wie die eigene Toilette in öffentlichen Gebäuden.

    Niemand ist Opfer, weil er sich bestimmten Gruppen von Menschen nicht zugehörig fühlt. Das ist ein sehr merkwürdiges Menschenbild, was alle Menschen entweder in Opfer oder in Täter unterscheiden möchte.

  140. @ #157 (Stillwater): Ich habe das lediglich als Ich-Botschaft formuliert. Tatsächlich hat meiner Meinung nach niemand das Recht, von anderen Benutzern oder Benutzerinnen öffentlicher Toiletten Rechenschaft zu fordern.

    Ihre Argumentation mit den Unisex-Toiletten ist völlig in Ordnung; ich habe heute Vormittag schon gesagt, dass ich dagegen keinen Einwand habe. Das Problem kann man aber in öffentlichen Gebäuden ohne teure Evaluierung und anderen bürokratischen Aufwand lösen.

  141. @158

    Es wird keiner Gruppe eine eigene Toilette zugestanden. Unisex Toilette heißt nicht: Toilette für Trans- oder Intersexuelle, sondern Toilette für jedes Geschlecht, egal ob biologisch oder anders.

    Es geht darum, dass niemand die Kleine Notlüge „die andere Toilette ist kaputt“ benutzen muss und sich schlicht und ergreifend nicht rechtfertigen muss, welche Toilette er/sie aufsucht.

  142. Prima, eine dieser wir-drehen-uns-fröhlich-im-Kreise und alles-ist schon-gesagt-worden-nur-nicht-von-jedem Diskussionen!
    Mehr davon!

  143. @Stefanolix: Ich gehe ungern auf Herrenklos, selbst bei überfüllten oder kaputten Damenklos. Weil ich halt aussehe wie eine Frau und es eben (derzeit?) nicht sozial akzeptiert ist, das andere Klo zu benutzen (übrigens ist eine durchaus häufige Reaktion der anwesenden Männer: „Was soll das, das sollten wir uns mal trauen!“, also eine Berufung auf die vermeintliche Bevorzugung von Frauen).
    Probieren Sie es doch einfach mal aus, gehen Sie auf eine gut besuchte Damentoilette, ohne dass ein sozial akzeptierter Grund vorliegt, und schauen Sie, was passiert :-).

  144. Niemand muss sich in BERLIN für irgendetwas rechtfertigen.
    Niemand.
    Es fragt sogar niemand nach.
    Auch nicht auf einer Toilette.
    Nicht einmal die zuständigen Ordnungsbehörden.

    Deswegen ziehen ja viele Randgruppenzugehörigfühlende hierher.
    Es wird auch nahezu schier grenzenlose Sympathie gewährt, siehe auch die Flüchtlinge, die vom Brandenburger Tor mal eben in eine Kreuzberger leerstehende Schule gezogen sind.

    Aber mir soll es ja egal sein, wenn es denn dem Weltfrieden zuträglich ist.

  145. @schnorri/163:

    Ja, das merkt man, wie egal Ihnen das ist.

    Und dass die diskutierte Problematik natürlich nicht auf BERLIN beschränkt ist, ist ja so banal, dass man es sich kaum hinzuschreiben traut.

  146. ach. der herr niggemeier kann einem aber auch leid tun….immer die ganzen treppen in den keller runtergehen um dann mal kurz zu schmunzeln.

  147. @ 164:

    Ja, es geht um eine Entscheidung der Bezirksverordnetenversammlung des Berliner Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg, die allein öffentliche Gebäude, welche in Nutzung durch das Bezirksamt sich befinden, betrifft.

    Eine Aussenwirkung über Fh-Kb besteht mMn nicht.
    Und ein genereller Diskussionsbedarf wird auch durch diese Entscheidung nicht hergestellt.

    Auch wenn es die Bezirkspolitiker dort es immer eher humorvoll angehen lassen, so ist es eine Lokalposse, die hier unnötig aufgeblasen wird.

    Suchen Sie mal in einer Suchmaschine Ihrer Wahl nach den jüngsten Ereignissen rund um die Eastside-Galerie, das ist erst lustig .

  148. Ähm, nein. Dass Unisex-Toiletten für manche Menschen die Lösung eines realen Problem sein können, und dass andere Leute sich mit Händen und Füßen dagegen wehren, das zu begreifen oder gar als simple Tatsache anzuerkennen – das ist kein auf BERLIN beschränktes Phänomen.

  149. @schnorri:

    eine Lokal­posse, die hier unnö­tig auf­ge­bla­sen wird.

    Hier? Nicht in der „Bild“-Zeitung, bei „Focus Online“, im „Zeit-Magazin“, die sich darüber erregten?

  150. Der HWM kann nicht diskriminiert werden, weil die Geschlechterrolle und damit die ihm vom Patriarchat zugestandene Macht, sozusagen genetisch durch seine Hautfarbe bedingt bzw. ontologisch angelegt isr.
    Scheint mir eine weitere Variante der Blut & Boden Ideologie zu sein.

    Auch wenn der HWM sich nicht diskriminierend verhält diskriminiert er trotzdem aufgrund seiner Hautfarbe, denn er ist und bleibt ja immer noch weiß.

    Der HWM stellt den ultimativen Maßstab. Das verschiedene Menschen verschiedene Maßstäbe haben ist vollkommen irrelevant – Und der HWM in Afrika vielleicht nicht der allgemeingültigr Maßstab ist natürlich auch irrelevant.

    Was tun aber wenn eine gerechte Welt nicht möglich ist? Wem soll man da die Schuld geben? Gott oder den HWM?
    Wenn der HWM doch endlich aufhören würde seine Privilegien zu beanspruchen, wäre das hier das Paradies auf Erden und alle Menschen wären glücklich.

  151. Was genau ist an politischer Inkorrektheit falsch?
    Konformismus hat Deutschland bereits genug.

  152. Der Witz an der Geschichte ist ja, dass es mal Zeiten gab, wo es gar kein Problem war, zusätzliche Toiletten zu haben.

    Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen. Die gleichen Leute, die früher mit Freuden für zusätzliche Toiletten bezahlt haben, regen sich heute darüber auf.

    Wobei halt, nein, das wäre ja jetzt unfair. Ich kenne das selbst wie das ist wenn man zu uninformiert ist und deshalb als Nazi hingestellt wird – ich war schließlich auch mal 17. Wie, der gute Mann ist gar kein Teenager? Ok dann vielleicht das was in Absatz zwei stand.

  153. @Steeevyo: Wie genau fördert die Forderung, dass sich bitteschön alle dem gängigen Geschlechterschema einordnen sollen, auch wenn sie sich damit nicht identifizieren, irgend eine Art von Nonkonformität?

    Anders gefragt, wer setzt sich eher dafür ein, dass auch Menschen, die nicht der Norm entsprechen, wie alle anderen in diesem Land frei leben dürfen und respektiert werden sollten? Wer setzt sich in dieser Sache eher für statt gegen kulturelle Vielfalt ein? Wer begrüßt eine gesellschaftliche Veränderung, statt darauf zu pochen, dass die bekannte Ordnung genau so bleiben soll, wie sie ist?

    [ ] Martenstein
    [ ] Niggemeier
    [ ] Weiß nicht / Ist mir egal

  154. Herr Niggemeier, das Erklären und Sezieren von Witzen kann in einem Seminar über Humortheorie durchaus sinnvoll sein. Aber Sie nehmen hier einen Martenstein-Glossentext allen Ernstes auseinander? Ca. 90% aller funktionierenden – also lustigen Witze – dealen mit Sex, „Randgruppen“ (Schwarze in Europa, Weiße in Afrika, Schwule, Behinderte…) und politischen Unkorrektheiten. Ich hab gelacht über den Martenstein-Text. Ende.

  155. „Uoöhhöhohuaöhöhöhuar.“ Diese Parodie ist ein lustiger Witz. Sie funktioniert nicht immer und wurde Ihnen serviert von Uno-X Wildragout mit zarten Stein-Pilzen.

  156. sagen Sie mal, Herr Niggemeier,
    der Herr Polyphem hat seinen Kommentar um 23:15 abgegeben? Befindet sich Ihr Blog in der Zukunft oder einfach nur schon im Sommer?

  157. „Ich hab gelacht über den Martenstein-Text. Ende.“

    Es sagt ja auch niemand, dass es nicht an Ihnen liegt.

  158. Oh ha, hier sind offenkundig wieder überproportional viele schnappatmende Schreiber_innen der Hardcore-Gender-Schickeria aus Friedrichshain-Kreuzberg unterwegs.
    Scheint Herr Martenstein ja offenkundig einen Nerv getroffen zu haben.
    Aber was soll auch die Beschäftigung mit solch unwichtigen Dingen wie Wirtschaftsförderung oder Investorenpflege, wenn man als Bezirksparlament solche wegweisenden Entscheidungen wie die Errichtung von Unisextoiletten zu treffen hat.
    Zumal die finanziellen Mittel für diesen Quatsch ja ohnehin nicht von denen erwirtschaftet werden, die dort so freigiebig das Geld der Steuerzahler raushauen.
    Und für Sie als Medienjournalist, Herr Niggemeier, hätte ich mir mal die Beschäftigung mit Leuten und Themen gewünscht, die wirklich ein Skandal sind.
    Zum Beispiel Claudia Roth und deren hemmungsloses Umdeuten von 16000 Tsunamiopfern zu Strahlentoten der Atomkatastrophe von Fukushima.
    Irgendeine lautstarke Empörung darüber in den meisten Medien oder gar bei den Grünen selbst?
    Fehlanzeige.

  159. „Was genau ist an poli­ti­scher Inkor­rekt­heit falsch?“

    In der Kurzfassung: Dass sie meist als feigenblatthafter Kampfbegriff von frustrierten xenophoben Feiglingen gebraucht wird, die von einer auf gegenseitigem Respekt geprägten Gesellschaft geistig und emotional überfordert sind und sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit freuen, ‚dass es endlich mal einer ausspricht‘, wobei ‚es‘ üblicherweise in den niedersten Instinkten des Menschen fußt und sich nach Hetze und Stimmungsmache gegen alles sehnt, was irgendwie andersartig ist.

  160. Da kann er sich doch richtig aufregen, der Stefan Niggemeier (who the f…. is Stefan Niggemeier), über den Harald Martenstein, weil der im Zeit Magazin (und im Tagesspiegel) richtig nette Glossen schreibt, und er, der Niggemeier darf nicht.

  161. »Was genau ist an poli­ti­scher Inkor­rekt­heit falsch?«

    In der Kurzfassung: Nichts.

  162. I don’t geht your point… es geht doch mertenstein nicht primär um die kosten, sondern darum, wie komplett unnötig schon allein die Geschlechtertrennung ist. Zitat:
    Bei mir ist es so: Ich bin, rein äußerlich, Mann. Wenn die Männertoilette kaputt war, bin ich immer auf der Frauentoilette gewesen. Ich darf sagen, dass die Frauen mir dort stets mit Respekt und Toleranz begegnet sind. Ich habe gelächelt und habe gesagt: „Tschuldigung. Das andere Klo ist kaputt.“ Niemals sind mir indiskrete Fragen nach meiner sexuellen Identität gestellt worden. Frauen sind schon okay in solchen Situationen.“

    Ich hab auch schon auf den Klo bestanden und eine Frau kam rein weil das damenklo kaputt war. Keiner hat sich beschwert. Wenn man schon die Diskriminierung im Toiletten Bereich bekämpfen will , sollte man schon so konsequent sein und ALLE Toiletten zu unisex Toiletten umfunktionieren.

    Sonst können wir gleich für jede Minderheit eine Toilette einrichten: schwarz, weiss, schwul, hetero, arm, reich, dick, dünn, schlau, dumm… das kann ja wohl kaum gewollt sein.

  163. Das Missverständnis von Steevyo …

    Was genau ist an poli­ti­scher Inkor­rekt­heit falsch?
    Kon­for­mis­mus hat Deutsch­land bereits genug.

    … ist typisch für Martensteins Masche. Plötzlich sind diejenigen „Konformisten“, die etwas zugunsten einer kleinen Minderheit verändern wollen. Und derjenige, der ausspricht, was die breite Masse denkt — repräsentiert nicht zuletzt durch „Bild“ — gilt plötzlich als Nonkonformist.

    Eigentlich ist Martensteins Kampf nur ein bräsiges „Kann denn nicht alles so bleiben, wie es ist?“ Dadurch, dass er das als Kampf gegen eine vermeintliche Political Correctness verpackt, wirkt es aber plötzlich nicht mehr reaktionär, sondern revolutionär.

  164. „Eigent­lich ist Mar­ten­steins Kampf nur ein brä­si­ges »Kann denn nicht alles so blei­ben, wie es ist?“

    Ich denke es gehört benötigt schon einiges an Vorstellungskraft dazu, um das als die Quintessenz des Textes zu verstehen.

    By Thema way: ich bin grad in Istanbul. Ich habe es hier in einigen bsrs und Restaurants erlebt, das die Toiletten noch nicht mal nach den G eschlechtern getrennt sind. Hier scheinen damit alle zufrieden zu sein.

  165. Dieser Kleingeist, den Bildblog und du, lieber Stefan, neuerdings gegen Martenstein zeigen: Da muss was Persönliches vorgefallen sein. Anders ist das echt nicht erklärbar.

  166. @Britta: Martenstein hat aus Nichtwissen und Nichtwissenwollen eine Kunstform gemacht (vgl. auch seine Kolumne in dieser Woche über Frei.Wild, in der er das besonders zur Schau stellt). Wenn das kein naheliegendes, um nicht zu sagen: natürliches Ziel von Kritik von BILDblog und mir ist, dann weiß ich’s nicht.

    Ich kann’s auch anders formulieren: Das Persönliche, das vorgefallen ist, sind seine Texte.

  167. @ Stefan Niggemeier

    Kann es nicht sein, dass sie zur Erfüllung ihres Anspruchs als Medienwächter und zur Verteidigung ihres über die Jahre hart und zu Recht erworbenen Rufs manchmal, wie in diesem Fall, mit Kanonen auf Spatzen schießen?

    Manchmal erinnern sie mich an einen dieser Typen, die während der Pause lässig an der Wand lehnen, ihren Blick suchend über den Schulhof schweifen lassen um dann zielgerichtet auf ihr Opfer zuzusteuern und ohne Vorwarnung zuschlagen, nur um zu dokumentieren, wer hier der Platzhirsch ist!
    (Hinweis für alle: Dies soll eine Metapher sein, natürlich ist Herr Niggemeier kein Schläger!)

  168. Eine Frage:

    Warum ist das Problem eigentlich ein unwichtiges Problem?

    Und ich erkenne die Antwort wenn man feststellt, wer das Problem als unwichtig abtut:

    „Es ist ein Problem, was nur eine Minderheit betrifft.“

    Das macht es offensichtlich in den Augen vieler, die der nicht betroffenen Mehrheit angehören zu einem unwichtigen Problem. Das ist eine weitere Form der Diskriminierung:

    „Du gehörst einer Minderheit an. Probleme die nur diese Minderheitheit betreffen sind nicht wichtig im Vergleich zu denen, die die Mehrheit betreffen.“

    Oder noch anders übersetzt:
    „Du gehörst nicht zur Mehrheit. Du bist nicht wichtig…“

  169. Was den Gegenstand von Martensteins Kolumne angeht, bin ich zwiegestalten:

    – Die Einführung von Unisex-Toiletten in Form der Abschaffung geschlechtsspezifischer Toiletten finde ich gut. Dies ist auch „warteschlangentheoretisch“ vorteilhaft, weil nicht vor dem einen Klo Schlangen sind, während im anderen Kabinen frei bleiben. Die getrennten Toiletten stellen meiner Einschätzung nach aber auch einen Schutzraum (vor allem für Frauen) dar, wenn ein feindliches / übergriffiges Umfeld vorhanden ist. Kann man die getrennten Toiletten also wirklich zugunsten von Unisex-Toiletten abschaffen?

    – Tatsächlich drei Arten von Toiletten einzuführen, mag zwar speziell so, wie es im Moment in Berlin geplant ist, finanziell unproblematisch sein. Wenn man diese Linie aber konsequent in die Zukunft verlängert, werden die Vorschriften, die heute getrennte Toiletten vorschreiben, so modifiziert, dass drei Typen von Toiletten in öffentlichen Gebäuden und Betrieben gesetzlich vorgeschrieben werden. Das würde dann tatsächlich erhebliche Kosten und Mühen verursachen und speziell kleine Betriebe vor größere Probleme stellen. Und da muss ich sagen, dass hier für mich Kosten und Nutzen nicht stimmen – man kann die diskutierte Benachteiligung durch das Fehlen von Unisex-Toiletten bezüglich ihrer Schwere eben in keiner Weise mit der Benachteiligung gegenüber Rollstuhlfahrern vergleichen, für die nicht behindertengerechte Gebäude nicht nur unangenehm sind, sondern für sie „harte“ Hindernisse darstellen.

    Ich bin der Meinung, dass bei der Diskussion unterschwellig die Angst vor der zweiten Variante eine Rolle spielt, die gesetzlichen Vorschriften und massive Kosten beinhaltet. Und diese Angst halte ich für berechtigt.

  170. @192

    Wenn man es konsequent weiterdenkt und weiterführt, sollte es eben nicht dazu führen drei Arten von Toiletten einzuführen, sondern nur eine Art: Unisex.

    Vermutlich die Art, die in vielen Kleinbetrieben ohnehin gegeben ist.

  171. Ich finde, um einen Krieg zu gewinnen, muss man auch wissen, auf welche Schlachten man sich einlässt. Martenstein oder die BILD würden sich vermutlich (hoffentlich?) aus gutem Grund nicht in gleicher Weise beispielsweise über die Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Lebensgemeinschaften äußern – das ist auch ein relevantes Problem, da es viele Menschen in vielen Lebensbereichen betrifft. Dass allerdings ein/e Transsexuelle/r in einem öffentlichen Gebäude auf eine Toilette muss und sich dabei unwohl fühlt, weil er/sie sich nicht entscheiden kann, kommt vielleicht in Berlin häufiger vor als anderswo, aber unterm Strich so gut wie gar nicht, weil es ein sehr sehr seltenes Ereignis ist (laut Wikipedia liegt die Prävalenz für Transsexualität bei 0,00005, das müsste man nun noch mit der Wahrscheinlichkeit verrechnen, mit der die Berliner Bürger die jeweilige Toilette benutzen). Die Schätzung für Intersexualität ist etwas höher, allerdings sind die reinen Zahlen eine klare Überschätzung des Problems, denn es ist einigermaßen wahrscheinlich, dass ein nicht zu vernachlässigender Anteil der trans- und intersexuellen Menschen äußerlich dem Geschlecht entspricht, dem sie sich selbst zuordnen, wodurch es zu keinem Konflikt bei der Nutzung öffentlicher Toiletten kommt. Die BILD lässt dabei sogar „Betroffene zu Wort kommen“ mit dem Ergebnis, dass 2 Transsexuelle gegen die Unisex-Toiletten sind, und 2 Transen dafür (http://www.bild.de/regional/berlin/oeffentliche-verwaltung/jetzt-sprechen-die-um-die-es-geht-29356444.bild.html). Das ist im Prinzip eine ausgewogene Berichterstattung, die sich auch nicht über die Betroffenen erhebt. Dass Transsexuelle und Transen in einen Topf geworfen werden, könnte man zwar kritisieren, aber ein entsprechendes Problem hat auch der Berliner Beschluss und der obige Blogeintrag mit der Vermischung von Inter- und Transsexualität. Wenn nun hier in einigen Beiträgen pauschal alle als Nazis diffamiert werden, die der Berliner Initiative aufgrund ihrer offensichtlichen Überflüssigkeit humoristisches Potential abgewinnen können, zeigen die Vertreter der “politischen Korrektheit“ eben jene engstirnige Intoleranz gegenüber anderen Meinungen, die ihnen von ihren Gegnern vorgeworfen werden. Mit anderen Worten: Ich glaube, allein dadurch, dass er sich auf das Themensetzung einlässt, ist Stefan Niggemeier der BILD und Martenstein auf den Leim gegangen.

  172. @Maurice: Wenn man erst einmal in die Evaluierung solcher Maßnahmen einsteigt, wie es die BVV ja beschlossen hat, dann kommt man aus der Sache nicht mehr heraus.

    Die Evaluierung vom Maßnahmen einer Verwaltung ist kosten- und zeitintensiv. Im Ergebnis werden natürlich weitere Interessengruppen ihre Interessen durchsetzen wollen. Und dabei wird es nicht um die Nutzung von Toiletten durch möglichst alle Menschen gehen.

    Im Übrigen steht im BVV-Beschluss zwar eine Vorzugsvariante, aber die Einrichtung separater WCs für bestimmte Gruppen ist nicht ausgeschlossen. Zitat (Hervorhebungen von mir):

    Das Bezirksamt wird beauftragt, zu prüfen in welchen öffentlichen Gebäuden, für die der Bezirk zuständig ist, zusätzlich zu Damen- und Herrentoiletten auch Unisextoiletten eingerichtet werden können. Bei der Prüfung ist zu berücksichtigen, dass mit der Umwidmung mindestens einer bereits vorhandenen geschlechtergetrennten Toilette pro geeignetem Gebäude in eine Unisextoilette eine sehr kostengünstige Umsetzungsmöglichkeit besteht.

    Man kann also bei der Prüfung durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass es nicht bei einer Umwidmung bleibt.

    Ich bleibe dabei: Wenn wir den Paragraph 1 der StVO sinnvoll abwandeln, ist alles gesagt und getan.

    Jeder Mensch hat sich im öffentlichen WC so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

  173. @Stefan Niggemeier, 184: Ich glaube, der Grund für dieses Missverständnis und gleichzeitig seine Gefahr liegt darin, dass darin diejenigen nicht vorkommen, um deren Rechte es eigentlich geht, also hier die möglichen Interessenten an diesen neuen Toiletten. Wenn man die ausklammert, ja, dann geht es nur noch um die Rechte vom Martenstein und entsteht das Bild, dass Niggemeier die Freiheit von Martenstein angreift. Aber dass sie im Denken ausgeklammert sind, zeigt ihre Diskriminierung als vollendete Tatsache. Diskriminierung ist ja nicht nur etwas Bewusstes à la „ich mag dich nicht, ich schließe dich aus“, sondern eben auch im Gegenteil eine Nichtberücksichtigung, Nichtwahrnehmung der Betroffenen, die gar kein bewusster Akt sein muss. Es erscheint dann selbstverständlich, dass man bestimmte Gruppen hinten runter fallen lässt und sie selbst nie fragen würde, sondern über ihre Köpfe hinweg sagt, sie sollen sich nicht so anstellen, mir würde das nichts ausmachen, die brauchen das nicht, haben wir keine anderen Probleme usw.; es erscheint einfach der Sache angemessen, weil es um eine andere Kategorie von Menschen geht, die derjenigen untergeordnet ist, innerhalb deren man selbst anderen auf Augenhöhe und mit Respekt begegnet. Deswegen wird auch kein ernsthafter Empathieversuch unternommen. Die Identifizierung mit den anderen als Menschen, wie man selbst einer ist, fehlt. (Man kann sich ja mal fragen, ob man über eigene Bekannte so reden und entscheiden würde, oder wie man reagieren würde, wenn andere über eigene Bekannte so reden und entscheiden würden.) Das ist vollendete Diskriminierung. Man kann sich damit vollkommen liberal und tolerant fühlen, denn innerhalb der eigenen Gruppe ist man das ja. Intoleranz gegen die Außenseiter zählt höchstens halb, weil die Außenseiter selbst höchstens halb zählen.

  174. „dass die Ber­li­ner Bezirks­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung Friedrichshain-Kreuzberg beschlos­sen hat, in öffent­li­chen Gebäu­den neben Toi­let­ten für Män­ner und Frauen auch Unis­ex­toi­let­ten ein­zu­rich­ten — für Men­schen, die sich ent­we­der kei­nem der bei­den Geschlech­ter zuord­nen kön­nen oder wol­len oder aber einem Geschlecht, das sicht­bar nicht ihrem bio­lo­gi­schen Geschlecht entspricht.“

    Äh… Das ist doch ein verfrühter Aprilscherz. oder?

  175. Herr Niggemeier,

    danke für diesen Beitrag, das ist ausgezeichnet reflektiert und auf den Punkt gebracht. Als Lesbe ist Herr Martenstein für mich in allererster Linie ein Stein des Anstoßes. Ich habe seine Argumentationsweise in meinem Blogartikel „Der Männchen-Reflex“ auch einmal unter die Lupe genommen. Allerdings nicht halb so eloquent wie Sie gerade. Chapeau.

    http://lesbomat.wordpress.com/?s=martenstein&submit=Suchen

  176. @stefan niggemeier: „Eigent­lich ist Mar­ten­steins Kampf nur ein brä­si­ges »Kann denn nicht alles so blei­ben, wie es ist?« Dadurch, dass er das als Kampf gegen eine ver­meint­li­che Poli­ti­cal Cor­rect­ness ver­packt …“
    herr niggemeier, andere meinungen in ehren, aber gemessen an den maßstäben, die Sie selbst (und zurecht) anlegen, würde ich Sie doch wirklich bitten/auffordern wollen, das martialische einen deut zurückzudrehn. dass martenstein in seinem text etwas als „kampf “ zu „verpacken“ trachte, ist wirklich nichts als eine behauptung. es ist tendenziös, und zwar in einem solchen maße, dass man wirklich fragen kann/muss, ob es hier nicht den dezidierten willen gibt, um den preis der selektiven wahrnehmung einen „fall martenstein“ zu konstruieren.
    denn es ist mühelos möglich, das „bräsige“ kann-denn-nicht-alles-so-bleiben-wie-es-is“ zu lesen als: „leute, jaanzruhig, wir arrangieren uns, kommste halt auf diese toilette oder auf jene, ditte läuft schon, trans-, inter-, egal, is schon in ordnung“.
    nochmal: meinethalben kann man das als falsch verstandene lässigkeit oder als unfreiwillig sub-repressiv rauffassen. sehr wahrscheinlich, dass Sie und martenstein höchst unterschiedliche auffassungen über den toleranzbegriff haben. gut so. das muss man halt aushalten. das gehört zum ding der toleranz eben dazu. das muss man vor allem aushalten, ohne den anderen gleich als feind zu deklarieren.
    aber martenstein hier ganz unverblümt eine agitatorische agenda unterzuschieben, trojanische texte sozusagen, ihn als willigen agenten fremder, unterdrückender mächte darzustellen, ist unangemessen.

  177. @Wendy: Wenn es nur diese eine Kolumne wäre, würde ich ihnen Recht geben. Aber lesen Sie mal sein Gesamtwerk der letzten Monate. Oder wenigstens die aktuelle Kolumne über Frei.Wild, die (ich unterstelle:) nicht zufällig auf der Frage endet, ob man sowas, wie er es sagt, überhaupt noch sagen dürfe — genau das Topos der Political Incorrectness.

    Aber trojanisch ist daran gar nichts, und um fremde Mächte geht es auch nicht. Es ist sein ganz eigener Kampf in eigener Sache, stellvertretend für die, wie gesagt, sich für schweigend haltende Mehrheit.

  178. @Britta:“Da muss was Per­sön­li­ches vor­ge­fal­len sein. Anders ist das echt nicht erklärbar.“
    Vielleicht eine abgelehnte Anfrage von BILDblog , haha, Hinnerck B. wollte bestimmt auch nicht mitmachen.

    So ein Quatsch, dass die Leute einfach nicht verstehen wollen, dass es nicht um Lanz, Hinnerk B., Martenstein, pro oder contra Unisex-Toilette oder seit neuestem Frei.Wild geht, sondern um Ignoranz und Desinteresse.
    Vielleicht ist das ein gewisser Zeitgeist. Und damit spielt Martenstein nun mal wie ich finde und versteckt sich dabei hinter seinen uralten Witzchen und seiner gespielten Political Incorrectness. Kommt ja auch immer gut…gähn…Transsexuellentoilette? Haaahaha!!
    Und das Ganze am Ende nach dem Motto, was hab ich damit zu tun? Außerdem: Ist doch nur ne Kolumne. Meine Fans werden es lieben…und die anderen werden mich dafür hassen, ist mir doch egal…immerhin lesen sie mich.

  179. „die (ich unter­stelle:) nicht zufäl­lig auf der Frage endet, ob man sowas, wie er es sagt, über­haupt noch sagen dürfe “

    Angesichts der jüngsten Vorgänge eine berechtigte Frage, wie ich finde.

  180. „Und das Ganze am Ende nach dem Motto, was hab ich damit zu tun? Außer­dem: Ist doch nur ne Kolumne.“

    Eben. Das ist der Punkt, an dem sich Baumgarten und Martenstein die Hände schütteln können. Ist doch nur Spaß, was soll denn immer die ganze Aufregung, Baby? Dass dabei andere mal eben unter die Räder kommen, Ressentiments und Hass geschürt werden, darüber soll der vermeintlich lässige, in Wahrheit aber skrupellos ignorante Duktus hinwegtäuschen — manchmal fahrlässig, oft auch gezielt.

    Die Masche ist leider ebenso populär wie erfolgreich, die Auseinandersetzung damit also nicht nur legitim, sondern notwendig.

  181. Ich habe die Kolumne zu Frei.Wild gerade gelesen.

    Was soll ich sagen: Er hat Recht.

    Ich habe Frei.Wild bisher nicht als rechtsradikale Band wahrgenommen. Und meine türkischen und arabischen Freunde (die, by the way, zum Teil Fan der Band sind) auch nicht.

    Ich muss leider sagen, dass sich Ihre (ich will es mal so nennen) Kampagne gegen Merstenstein auf genau dem Bild-Zeitungsniveau abspielt, dass Sie sonst bei anderen Zeitungen zu Recht kritisieren: Sie ist tendenziös, abwertend, einseitig.

    Die Maßstäbe, die Sie an andere Publikationen anlegen, sollten auch für Ihre eigenen gelten.

  182. Niggemeier kämpft hier (wie Martenstein) um die Deutungshoheit (nur auf der anderen Seite). Dafür ist ihm jedes Mittel recht, weil er sich auf der richtigen Seite wähnt. Ein Trauerspiel, denn eigentlich ist Niggemeier ein guter Medienjournalist. Nur wenn er moralisch sein will, gerät sein Urteilsvermögen aus den Fugen und er beginnt das Denunzieren.

  183. @monaco_franze:
    Was die Möchtegernmeinugsunterdrückten nicht wirklich kapieren ist eigentlich ganz einfach: Jeder kann soviel Unfug sagen wie er will. Nur muss er dafür halt aushalten, dass man den Unfug auch Unfug nennt. Rumjammern, dass man Minderheiten als vernachlässigbar erklären dürfen muss, gleichzeitig die eigenen Sätze aber bitte doch nicht als Diskriminierung auszulegen seien, klingt wie „wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass“.

    Das ist dann auch ein bisschen die Ironie an der Geschichte, dass gerade diejenigen sich hier gegängelt vorkommen, die der Meinung sind dass sich die Minderheiten doch bitte nicht so anstellen sollen, weil eigentlich doch alles so einfach wäre.

  184. „Jeder kann soviel Unfug sagen wie er will. Nur muss er dafür halt aus­hal­ten, dass man den Unfug auch Unfug nennt.“

    Wenn dem so wäre, dann wäre alles in Ordnung. Leider muss man in diesem Land massive Nachteile bis hin zur Existenzbedrohung hinnehmen, wenn man in diesem Land die falsche Meinung vertritt. Deshalb halten die meisten lieber die Klappe.

  185. Dass es eine kleine Gruppe an sexuell unentschlossenen Menschen in der Gesellschaft gibt, mag jeder glauben oder für wichtig halten wie er will. Darf er auch in unserer freien Gesellschaft.

    Aber er soll mir nicht damit auf den Sack gehen.
    Und schon gar nicht irgendwelche Forschungs- oder Steuergelder verschwenden.

    Die Genderforschung wird ein ähnliches Schicksal erleiden wie andere Blödheiten (antiautoritäre Erziehung o.ä.), nämlich eines Tages einfach spurlos verschwinden.

    Lasst Martenstein in Ruhe.

  186. @Gregor Keuschnig: Wenn man den Vorwurf erhebt, dass jemandem „jedes Mittel recht“ sei, wäre es keine so schlechte Idee, das zu begründen – erst recht, wenn man gleichzeitig der Vorwurf der Denunziation erhebt. Balken im Auge und so.

  187. Hey Herr Niggemeier, ich wollte kurz ein paar Sachen zu „Log In“ Ausgabe sagen, die gestern auf dem bildblog verlinkt wurde, wenn das in Ordnung ist… (ich habe ja alles zum ollen Martenstein gesagt, was ich sagen wollte, deswegen gehe ich jetzt ganz off-topic!). Keine Kritik an Ihnen, und ich bin hier an der falschen Adresse, aber vielleicht interessiert sie ja die Meinung eines Zuschauers :-)

    Ich fand es irgendwie bezeichnend, dass diese ganze Sendung auch nur in einem Spartenkanal lief und als Beispiele guten ör-Rundfunks nur die wenigen Ausnahmen genannt werden (und wie Sie besser wissen als ich, ist „frontal21“ oft die reine Inquisition, „aspekte“nicht mehr weit entfernt von taff, und von der „Heute-Show“ bleibt ohne Sonneborn, Wischmeyer und Brüderle auch nicht viel übrig) – und das die berechtigte Kritik, dass sie ihrem Bildungsauftrag nicht wirklich nachkommen, damit abgeschmettert wurde, das sei ja zu elitär, oder, sinngemäß, es könne ja nicht jeden Abend eine Oper gezeigt werden (tatsächlich zeigt man ja jeden Abend ‚Der Landarzt‘ usw.).

    Ein bisschen enttäuscht war ich, dass Oliver Kalkofe nicht da war.

    Schon die Frage ganz am Anfang kam mir etwas absurd vor, da m.M.n. eigentlich gar nicht zur Debatte stehen sollte, ob die Programmplanung verkorkst ist oder nicht und ob man die „leichte Unterhaltung“ (der Unterschied zwischen E und U ist ja nicht mehr viel wert) nicht dem Privatfernsehen überlassen sollte.

    Bei der Frage nach Innovationswünschen am Schluss kamen Sie dann gar nicht mehr zu Wort (oder habe ich das überhört?), sondern Herr Bellut höchstselbst, dem es gelang, all seine im Verlauf der Sendung bei mir gewonnene Sympathie wieder mit einem Satz zu verspielen…mit dem Wunsch nach einer deutschen Sitcom (am besten so wie die „Big Bäng Zehorie“!).

    Klappt vielleicht, wenn ein gewisser M. L. darin einen schleimigen Talkshow-Moderator spielen darf, der abends nicht mehr in den Spiegel schauen kann und sich irgendwann wie in „Pink Floyd – The Wall“ Haare und Augenbrauen abrasiert…in der letzten Folge kauert er in einer Gummizelle und brabbelt nur „hochinteressant!“s vor sich hin. Dann kommt eine großartige Zeichentricksequenz mit Kurt-Weill-Musik und sämtliche ARD-Talker treten als Racheengel auf, und erklären L., wie Sie ihn langsam in den Wahnsinn getrieben haben…naja ich schweife ab.

    Wenigstens hat das ZDF überhaupt mal was in der Richtung gemacht.

  188. @209

    Sezieren wir den Beitrag einfach mal:

    „Dass es eine kleine Gruppe an sexu­ell unent­schlos­se­nen Men­schen in der Gesell­schaft gibt, mag jeder glau­ben oder für wich­tig hal­ten wie er will.“

    Also ich darf glauben, dass es diese Gruppe gibt. Selbstverständlich ist dass aber nur ein Einbildung, ich darf zwar daran glauben, aber sie tun das nicht. Und auch für wichtig halten wie der einzelne will. Die Meinung des einzelnen der das „glaubt“ spielt aber keine Rolle, er glaubt es ja nur. Und weil dem so ist, ist was der Einzelne dazu sagt nicht wichtig. Denn er bildet sich das ja eh nur ein. Er glaubt ja nur, dass er sexuell unentschlossen ist.

    „Aber er soll mir nicht damit auf den Sack gehen.
    Und schon gar nicht irgend­wel­che For­schungs– oder Steu­er­gel­der verschwenden.“

    Sie glauben nicht, dass es ihn gibt. Und wer glaubt, dass er sexuell unentschlossen ist hat gefälligst die Fresse zu halten. Und weil er das auch nur glaubt, soll bitte auch nicht untersucht werden, ob er das vielleicht doch nicht nur glaubt. Denn Sie haben schon festgestellt, es ist Blödsinn, also ist es Verschwendung.

    Ansonsten eine schöne Abwandlung der üblichen Toleranz: „Ich bin solange Tolerant, wie ich nichts tolerieren muss.“

    Die Gen­der­for­schung wird ein ähn­li­ches Schick­sal erlei­den wie andere Blöd­hei­ten (anti­au­to­ri­täre Erzie­hung o.ä.), näm­lich eines Tages ein­fach spur­los verschwinden.

    „Die Gen­der­for­schung wird ein ähn­li­ches Schick­sal erlei­den wie andere Blöd­hei­ten (anti­au­to­ri­täre Erzie­hung o.ä.), näm­lich eines Tages ein­fach spur­los verschwinden.“

    Und was diese Ähnlichen Blödheiten sind entscheiden sie, ja? Es gab früher sicher genau ähnliche Stimmen die mal so etwas gesagt haben wie: „Frauenwahlrecht wird ein Ähnliches Schicksal erleiden wie andere Blödheiten…“

  189. @Gregor Keuschnig: Wo geht`s hier um Moral? Es geht um die (leider vohandene) Wirkmächtigkeit von Kolumnen und um den Stil mancher Kolumnisten, die Herrenwitze für Humor halten und die dumpfe Ressentiments. Vorurteile und Diffamierung verwenden, um ihr Publikum „zu kriegen“. Das Witzbedürfniss von Lesern – zumindest einer hat sich so geäußert, ist durch Herrenwitze zu 90 % „gedeckt“ (haha). Dann bleiben ja noch zehn Prozent für Humor. Darauf einen Jägermeister.

  190. @polyphem: Na klar, Sie wissen natürlich, was „richtiger“ Humor ist. Offensichtlich ja nicht der gepflegte Herrenwitz. Wenn man der Glosse von Martenstein schon ernsthaft unterstellt zu argumentieren, dann wäre es doch schön, mit einer argumentativ besser unterfütterten Glosse zu antworten, oder? Aber klar, das Geschrei hier wegen des kleinen Martensteintextes ist so ernst, bieder und humorlos, dass man am Stammtisch denken könnte, getroff’ne Hunde bellen. Prost.

  191. @Gregor Keuschnig und alter Jakob:
    Für mich ist das Problem — jenseits von dieser oder jener Meinung selbst –, dass man eben dort anfängt, von der „anderen Seite“ zu sprechen, wo man/ich s/mich doch auf derselben Seite wähnen sollte/müsste. Mir macht es große Sorgen, dass gerade „so jemand“ wie Stefan Niggemeier dem Streben nach Toleranz (bzw nach einem soliden, belastbaren Begriff dafür) mE einen Bärendienst erweist — und zwar WEIL ich auf seiner Seite bin. Selbstverständlich! Was soll denn „die andere Seite“ sein? Die Achse des Guten etwa? Please.

    Was mir Angst macht, ist, dass „wir“ (unklares, vorläufiges „wir“, auf jeden Fall ein tolerant sein wollendes wir) zu dem eigentlichen Streit möglicherweise gar nicht mehr kommen, weil wir zu sehr damit beschäftigt sind, binäre Gräben zu bilden. Ich sehe die Gefahr, dass „wir“ uns im (qed:falsch verstandenen) Toleranzbemühen in ein diesem diametral entgegengesetztes georgebushhaftes „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“ reinschrauben.

    Natürlich darf jeder Unfug schreiben und kritisieren. Der „Unfug“ — und da wird es dann erst tricky — steht aber bei Ihnen, alter Jakob, offenbar schon glasklar als solcher fest. Damit ist das Ergebnis jeder Diskussion natürlich von vornherein festgeschrieben. Bzw: Dann gibt es keine Diskussion, jedenfalls keine, die den Namen verdient. Dann gibt es nur noch ideologische Selbstvergewisserung und Rhetorik-Konfetti.

    Für mich ist das aber kein Unfug, was Martenstein schreibt (übrigens auch nicht die Frei.Wild.-Kolumne). Ich fühle mich in vielen Punkten „auf seiner Seite“(zB in der festen Überzeugung, dass Ironie, meinethalben auch Witze, auf Kosten von Minderheiten keineswegs deren Diskriminierung bedeuten muss, mglw sogar das Gegenteil bedeuten kann; zB dass ein Toleranzbegriff nicht hinreicht, der problematische, grenzwertige Rechts-Aussagen so schnell und so nachhaltig wie möglich weghaben will) und in mindestens ebensovielen auf Niggemeiers Seite.

    Und ich denke, das ist möglich, gut möglich sogar. Ich denke vor allem, dass das möglich sein muss. Denn wenn das nicht möglich ist, dann schwächen „wir“ uns selbst, schlimmstenfalls in entscheidender Weise, in dem „Kampf“ (hier schreibe ich das Wort bewusst) gegen jenen gefährlichen Unfug, über den „wir“ wirklich nicht mehr diskutieren müssen.

  192. Nur so ein Gedanke, den ich nicht weiter ausführen will: Wenigstens ist Martenstein noch kein Bill O’Reilly oder Rush Limbaugh.

  193. @Wendy Gondelntrauertragen
    Ich meine mich zu erinnern, Harald Schmidt hätte das mal sehr schön gesagt, in besseren Tagen – sinngemäß: Minderheiten verdienen Witze auf ihre Kosten, so wie jeder andere auch. Alles andere wäre Diskriminierung.

  194. Es kommt auf den Kontext an.

    Keiner weiß, ob Martenstein das ernst meint oder nicht. Louis CK zum Beispiel macht die derbsten Witze die man sich vorstellen kann, verpackt aber sowohl seine Stand Up Shows in 50% Kontext.

    Setz MacFarlane ist meiner Ansicht nach auch oft genug in Talkshows um verstehen zu können, dass er kein Frauenfeind ist. Trotzdem ist der Welt der Kragen geplatzt als er bei den Oscars über Frauenbrüste gesungen hat.

    Wenn Martenstein keinen Kontext liefert ist es „etwas“ befremdlich seine Texte zu lesen. Ich habe in den letzten zwei Jahren mehrfach dagesessen und mich gefragt ob ich das so noch witzig finden kann und fand es befremdlich wenn er in den Kommentaren bejubelt wurde ohne dass klar war wie es jetzt im Endeffekt gemeint ist.

    Ich würde mir als Leser diesen Kontext wünschen, weil ich im Moment langsam das Gefühl bekomme, dass er sich seiner Zielgruppe nicht wirklich bewusst ist.

    Vor allen Dingen aber ist das Problem gerade mit diesem Text dass überhaupt nicht zu unterscheiden ist zwischen den Dingen die Menschen, die nicht nachdenken können oder wollen von sich geben wenn es ihnen darum geht zu vermitteln, wie schwer sie es doch als weiße Männer in der Welt haben wenn sie auf alles Rücksicht nehmen müssen und Leuten die sich über diese Menschen lustig machen.

    Es ist einfach nicht witzig wenn ich den Text lese. Ich habe das Bedürfnis, Martenstein zu fragen, ob er das ernst meint.

    Stefan ist hier einen Schritt weiter gegangen und geht davon aus, dass Martenstein das ernst meint.

    Im Endeffekt haben wir wieder diese typische Reflexhaltung in der jemand nicht gefragt wird, wie er etwas meint, sondern sofort angeklagt wird und er sich sofort entschuldigen soll. Mich kotzt das gelinde gesagt seit ich 17 bin (wie oben bereits angedeutet), weil ich damals gepflegt als Nazi hingestellt worden bin weil ich nicht verstanden habe, warum man das was ich gesagt habe falsch verstehen konnte.

    Vielleicht hätte Stefan das hier anders verpacken können, dann wären wir nicht wieder in diesen Grabenkämpfen. Einfach mal fragen „Hallo Herr Martenstein, wissen Sie eigentlich wie das rüber kommt wenn Sie sowas schreiben?“

    Es führt leider seltendst zur Völkerverständigung wenn man jemandem gleich sagt, dass er falsch liegt, da dann keinerlei Ausweg mehr bleibt, einzig die Entschuldigung. Wie aber soll sich jemand entschuldigen der noch gar nicht weiß, WOFÜR bzw. wenn man sagt „Du Frauenfeind“ anstatt „Sag mal ist Dir klar dass Du klingst wie ein Frauenfeind?“

  195. @Peter: So sehr der Spruch zum Missbrauch einlädt — da ist was dran. In dieser Überspitzung selbstverständlich sehr provokant, aber das war schon immer ein legitimes, probates Mittel der Clowns, der Narren, die eine extrem wichtige Sozialfunktion ausfüllen: die des Korrektivs. Ohne seinen Narren hätte es King Lear noch nicht mal bis zum Ende des Stücks geschafft. Auch „wir“ brauchen unser Korrektiv. So anstößig die Idee (meinethalben: le Unfug) für viele hier sein mag: Für mich ist Martenstein nicht „unser“ Gegenpol, sondern „unser“ Korrektiv.

  196. Gregor Keuschnig:

    Was das angebliche Denunzieren durch Stefan Niggemeier betrifft, so scheint mir der Vorwurf der Denunziation, sofern er nicht näher begründet wird, auch nicht weit davon entfernt.

    Also: mögen Sie mal näher erläutern?

  197. @monaco_franze

    Lei­der muss man in die­sem Land mas­sive Nach­teile bis hin zur Exis­tenz­be­dro­hung hin­neh­men, wenn man in die­sem Land die fal­sche Mei­nung ver­tritt.

    Das ist, mit Verlaub, grober Unfug. Es ist das, was Frei.Wild-Fans, Sarrazin-Apologeten und andere Verwirrte gerne plakativ an die Wand zu malen versuchen. Da werden keine vemeintlich „falschen“ Meinungen (also wider den linksgrünen MultikultiMeinungsterror, mit dem uns ja von Bild bis FAZ alles terrorisiert) vertreten, sondern dummes Zeug verzapft. Und Meinungsfreiheit heißt auch, aushalten zu müssen, dass man dummes Zeug eben als solches bezeichnen darf. Und dass dummes Zeug in die Gegend blasen auch Konsequenzen haben kann.

  198. @Wendy Gondelntrauertragen: Wenn Martenstein die Unisextoilette „Transsexuellentoilette“ nennt, dann ist das irreführender Unfug (schlicht weil die Toilette eben für jedermann ist und nicht nur für Transsexuelle). Und wenn er meint, dass es kein Problem gäbe, bloß weil er keines hat, dann ist das auch Unfug. Und wenn Martenstein meint, sein „Lügen“ über seine „sexuelle Identität“ wäre vergleichbar mit dem was er einem unsicheren Transsexuellen vorschlägt, dann ist auch das Unfug (neben dem Unfug, dass er nicht über seine sexuelle Identiät gelogen hat, sondern über seine Religion und Herkunft). Kurz gefasst: Er beschwert sich über das Einrichten von Unisextoiletten ohne überhaupt zu wissen was das ist. Und baut seine Glosse auf dem einzigen Argument auf, er hätte ja noch nie Probleme mit Notlügen gehabt… Mit Verlaub, aber in der Glosse steht von Anfang bis Ende inhaltlich nur Unfug. Tja, und dann nennen es halt manche Unfug (und das ist ein nettes Wort dafür).

    Martenstein mangelt es schlicht am Vermögen sich vorzustellen, dass die sexuelle Indentität für manche ein tatsächliches Problem darstellen kann und dass eine solche „nutzlose“ Einrichtung wie eine Unisextoilette dabei eine Erleichterung darstellen kann. Selbst wenn seine Vorschläge nicht komplett ernst gemeint sind, so hat die Glosse ja nur eine Richtung: Spöttisch die Probleme, die Transsexuellen haben könnten, abzuwerten. Ich glaube jedenfalls, dass man schon einen besoffenen Altherrenwitzhumor vom Stammtisch haben muss, damit man über diese Glosse laut lachen kann.

    Btw.: Wie passt es eigentlich zusammen, dass man (laut einigen) Martensteins „Argumente“ nicht ernst nehmen soll, weil es ja eine Glosse sei und alles nur spaßig gemeint wäre, dass es dann aber andererseits Leute gibt, die meinen „er hätte Recht“? Wie jetzt? Hat er Recht alles gar nicht so gemeint zu haben und Unisextoiletten sind eigentlich super? Oder stimmt seine „Argumentation “ in der Glosse doch und er meint alles so wie geschrieben?

  199. Am Rande: Ich erinnere mich dunkel an einen Cartoon aus der Titanic. (Von Rattelschneck vielleicht…? Ich weiß es nicht mehr.) Der Witz ging in etwa so:

    Eine männlich aussehende Person (aber mit Brüsten) steht mit einem großen Kerzenleuchter in der Hand unschlüssig vor *drei* Klotüren mit den Aufschriften: „Herren“, „Damen“, und „Achtarmige Kandelaber“. Bildunterschrift war glaube ich „Hermaphrodit Herbert in Entscheidungsnöten“.

  200. Aber gut, wenn ich schon mal bei den Narren und Clowns bin: Ist die Titanic nicht auch ein gutes Beispiel für die Schwierigkeit, die „Seiten“ zu wählen? Die machen Martenstein auch fertig, aber auch „solche“ Witze wie die obigen. Ist das was anderes? Sind die ein Sonderfall? Oder wäre nach Maßstäben vieler hier zumindest der Kandelaber-Witz nicht auch diskrimierend, also im Niggemeierschen Sinne „bemitleidenswert“? Ist es nicht vorstellbar, dass der „Humor“, der Martenstein entweder abgesprochen oder ihm als diskriminierend ausgelegt wird, genau ein solcher Humor sein könnte?

  201. @ #226: Nutzlos ist nicht die Unisex-Toilette, sondern das politische, ideologische und bürokratische Theater, das darum veranstaltet wird. Tun wir doch nicht so, als müsste man für die paar Toilettenschilder ein Bezirksparlament, eine Bürokratie und Evaluierungsexperten in Gang setzen!

    Schauen Sie sich auf der Beratungsseite für Menschen mit Handicap an, wie dort die Verwaltungsgebäude des oben genannten Berliner Bezirks in puncto Barrierefreiheit eingestuft werden. Schauen Sie sich die Website des Bezirks in Bezug auf Barrierefreiheit an. Das wären Themen für Piraten, Bezirksparlament, Verwaltung und Evaluierungsexperten.

    Dieser kritisierte Beschluss hat einfach kein vernünftiges Verhältnis von Aufwand und Nutzen, solange es wesentlich ernstere Probleme gibt.

  202. Wendy:
    Ich (regelmäßiger Titanic-Leser) würde sagen, natürlich ist es das, aber die Titanic-Witze haben eben auch eine andere Qualität als Martensteins Kolumnen. Lustigerweise war in der aktuellen Ausgabe ja sogar ein Bausatz für M’s Kolumnen (ebenso wie für FJ Wagner, HU Jörges usw.). Man denke auch an die – nicht unbegründeten – Texte gegen Hüsch („die dumme Sau vom Niederrhein“) oder Kurt Beck („Knallt die Bestie ab“), oder ihre langjährige Obsession mit Helmut Kohl. Die Titanic behauptet etwas, und man nimmt es nicht wirklich ernst (mit Ausnahme vielleicht von Stefan Gärtner), selbst wenn es einen ernsten Hintergrund gibt – es ist ja Satire. Martenstein ist in meinen Augen kein Satiriker, deswegen hat er auch keine derartige Narrenfreiheit. Dafür nehmen ihn zuviele Leute ernst. Steven Colbert, falls der Ihnen ein Begriff ist, hat mal gesagt, seine Kinder dürfen seine Show nicht schauen, solange sie keine Ironie verstehen. Demnach würde ich Martenstein auch nur den Vorwurf machen, dass er den Leser im Unklaren lässt, ob er jetzt wirklich ein intoleranter-aber-stolzer Spießer ist (wozu ich wegen dem „man wird ja noch sagen dürfen…“ neige), oder, ob er sich nur über den deutschen Schilderwald, unsere Wut, alles zu regeln, lustigmacht – was man sicher auch aus dem Artikel herauslesen kann, wenn man will.

  203. @229: Der Unterschied zwischen den Karikaturen, bei denen die (vermeintliche) Komik nicht aus einer Tirade gegen und dem Abkanzlen von Problemen einer Minderheit ziehen, sondern aus einem Wortspiel bzw. der Absurdität der Situation (ohne achtarmigen Kandelaber schon wieder ziemlich unlustig). Fazit: Ja, für mich ist es nicht vorstellbar dass Martenstein einen solchen Humor hat.

    @230: Das akzeptiere ich, auch wenn ich nicht weiß welche Voraussetzungen oder Zwänge es für diese Entscheidungen gab. Erklären Sie das aber mal dem Martenstein, denn der hat ein Problem mit der Toilette, nicht mit dem Beschluss. So sagt er ja auch nicht, was wichtiger als eine Unisextoilette ist (bspw. Behindertenaufgänge), sondern dass diese unwichtig wäre. Aber dann hätte man ja nicht so einen frischen Text durch den PC sausen lassen können.

  204. @peter: nun, zunächst mal hat die titanic auf kosten einer minderheit einen witz gemacht. nach den maßstäben vieler hier ist das per se, well, problematisch. die meisten mit den og maßstäben sagen auch, nee, nix da kolumne, glosse und so: das ist ja nur die vorgeschobene carte blanche, die ungestörtes diskrimieren unter diesem oder jenem deckmäntelchen ermöglicht. ich sehe nicht, dass man das der titanic dann nicht auch unterstellen könnte. im übrigen nehme ich die titanic schon ernst. satire ist unbedingt ernstzunehmen.
    und: in der tat glaube ich, dass es das ist, was Sie im letzten satz schreiben, um das es martenstein geht. nur eben — und da piekt er natürlich wirklich provokant in einen speziellen toleranzbegriff rein — hier mit dem speziellen fall dessen, was ich weiter oben „toleranzüberbürokratisierung“ genannt habe. wichtig ist für mich vor allem, dass man, wie Sie, eine andere lesart für möglich halten und also über die bedingungen, vor- und nachteile einer solchen lesart streiten kann.

  205. @Wendy: man kann sich auch krampfhaft doof stellen.

    Wenn Sie den Unterschied zwischen der Karikatur und dem Text Martensteins nicht erkennen ist das schon traurig genug. Trauriger wird’s dann eigentlich nur wenn sie die Kommentare anderer Leute nicht lesen, z.B. meinen weiter oben.

    Deshalb noch einmal ganz kurz: den Text von Martenstein kann man ohne Probleme als Mitglied der Gruppe „weißer Mann“ für eine ernsthafte Aussage halten.

    Wie Sie das bei einer Karikatur, in der ein achtarmiger Armleuchter vorkommt hinbekommen, wissen wahrscheinlich nur Sie. Ich kann mir den Stammtisch bildhaft vorstellen bei dem ein bärtiger weißer Mann mit Bierbauch seinen Freunden erklärt dass der Armleuchter vor den drei Klos ja eine Metapher ist für die Regulierungswut deutscher Behörden.

  206. @alter jakob: „absurdität der situation“: eben. die titanic sieht in der situation ihr absurdes potential — und holt es raus. die titanic „erfindet“ dieses potential nicht — es steckt in der situation selbst. sonst gäbe es keinen witz. natürlich wäre der witz ohne den achtarmigen kandelaber nicht lustig. er IST der witz, also die verkörperung des absurden potentials der situation.
    wenn martenstein in einer ähnlichen situation das absurde erkennt, ist das ein diskriminierender akt.

  207. @sebastian: ich würde sagen, Sie diskriminieren gerade das wahrheitsfindende potential der satire. so kann man es natürlich auch machen: das einfach als irgendeinen beliebigen, völlig kontextlosen, also eigentlich: bedeutungslosen witz hinstellen, der nichts mit der situation zu tun hat, die ihn erst bedingt, ermöglicht. selbstverständlich ist der witz ein kommentar.

  208. Soweit ich sehe, zieht die Titanic aber ihren Humor mehr aus der überraschenden Uminterpretation vorhandener Klischees, etwa der Berichterstattung der Bild über Ausländer (siehe das berüchtigte „Warum nicht mal ein Neger?“-Cover) oder macht sich auf ihre konservativ-linke Weise über das eher verkrampfte Linkssein z.B. der Taz, der linken Parteien und der Grünen lustig, deren Publikum eben eine andere Erwartungshaltung bezüglich „Linkssein“ hat (oder zumindest glaubt man das dort). Es geht nicht um die Minderheiten selber, es ist keine Hetze. Sogar die ganzen Hitler- und Papst-Cover mögen zwar für den einen oder anderen geschmacklos sein, richten sich aber nie gegen eine bestimmte religiöse Gruppe o.ä., sondern beziehen meist auf den Irrsinn, der zur gleichen Zeit in den „seriösen“ Medien abläuft (man denke an die ganzen Spiegelcover zu denselben Themen).
    Die Klischees werden in einen unerwarteten Kontext gesetzt, nicht einfach „recycled“, so wie bei Fips Asmussen, oder jetzt mal H. Martenstein.
    Das Problem, dass ich habe, ist folgendes:
    Seine Leser nehmen ihn in der Mehrzahl schon ernst – und wenn er abundzu mal eine Meinung des übelsten Stammtischkalibers „raushaut“, dann fällt das eben nicht so auf, wenn er eine lange, aber doch eher schwammige Erklärung abliefert, warum er sich damit unwohl fühlt – so wie bei den anderen Themen, wo seine Aussagen Hand und Fuß haben. Jedenfalls sollte man meinen, dass ein Autor wie er das sicher besser formulieren kann, wenn er wirklich auf Satire abzielt.

  209. Wahrscheinlich müsste man neben solchen Artikeln einfach so eine „Ampel“ für verwendete Narrenfreiheit einrichten, ganz wie bei Lebensmitteln („ACHTUNG: HUMOR“):-)

    Aber im Ernst, was ich noch hinzufügen will ist, dass man ihrem Post folgend auch aufpassen muss, wie ernst man Franz Josef Wagner von der Bild u.ä. Meinungsmacher nehmen will. Vielleicht ist FJW dann ja auch ein genialer Satiriker? Selbst dann ist seine Arbeit verachtenswert, denn er arbeitet ja nicht für die Titanic, sondern für eine Zeitung mit einer überwiegenden Mehrheit an Lesern, die seinen Texten nicht nur insgeheim beipflichten.

  210. @stefanolix: Ich erlaube mir mal, auf die Frage zu antworten, weil ich das, glaube ich, schon oben indirekt getan habe. Es geht nicht nur darum, dass Westerwelle homosexuell ist, sondern auch um die burschikose Art der zukünftigen Kanzlerin Merkel – man beachte das Datum. Altes Klischee, neuer Kontext.

  211. @Sebastian: Danke sehr, das Verkürzt meine Antwort.

    nun, zunächst mal hat die tita­nic auf kos­ten einer min­der­heit einen witz gemacht.

    Wo macht die Titanic einen Witz auf Kosten einer Minderheit? Wo werden denn die Minderheit oder deren Belange abgewertet? Eben, nirgends (und schon gar nicht beim Damenkloschwert). Und das ist dann auch schon der Unterschied zu Martenstein, der klar Position bezieht was die Welt braucht und was nicht. Die Glosse hat nur eine Aussage: „Unisextoiletten braucht man nicht und das sollen doch bitte auch die Transsexuellen akzeptieren.“ Um mehr reinzulesen, braucht man eine Menge guten Willen, denn inhaltlich gibt der Text nichts her, was auf eine andere Aussage schließen lässt.Ihm scheint nämlich durchaus klar zu sein, weswegen man eine Entscheidung des Bezirksparlaments braucht (zumindest sagt er dazu nichts), ihm ist unklar, wozu man eine Unisextoilette braucht. Und nur darüber, bzw. dass man sie eben nicht braucht, geht sein Artikel.

    Meiner Meinung nach überhöhen Sie Martenstein gewaltig. Der hat kein absurdes Potential erkannt, denn seiner Meinung nach ist ja die Unisextoilette selbst das absurde (und nicht die Bürokratie).

  212. @ #243: Aha. Und wie interpretieren Sie die Sprechblase?

    Und was die »zukünftige Kanzlerin« betrifft: Schauen Sie doch bitte noch mal nach, wann Angela Merkel Kanzlerin wurde ;-)

  213. „Das ist, mit Ver­laub, gro­ber Unfug. Es ist das, was Frei.Wild-Fans, Sarrazin-Apologeten und andere Ver­wirrte gerne pla­ka­tiv an die Wand zu malen ver­su­chen. Da wer­den keine vemeint­lich »fal­schen« Mei­nun­gen (also wider den links­grü­nen Mul­ti­kul­ti­Mei­nungs­t­er­ror, mit dem uns ja von Bild bis FAZ alles ter­ro­ri­siert) ver­tre­ten, son­dern dum­mes Zeug ver­zapft. Und Mei­nungs­frei­heit heißt auch, aus­hal­ten zu müs­sen, dass man dum­mes Zeug eben als sol­ches bezeich­nen darf. “

    Ja, so einfach ist das. Offenbar sind Sie sich gar nicht im Klaren darüber, dass Sie damit sehr schön dargelegt haben, wie die Unterdrückung missliebiger Meinungen in diesem Land funktioniert.

  214. Kurzer Zwischenruf aus dem Off: Ich fahre morgen vormittag in den Urlaub und muss dann auch die Kommentare hier schließen. Nur dass Sie sich schon mal drauf einstellen können und nicht versehentlich mitten in einem noch unausdiskutierten Seitenarm feststecken.

  215. @Peter: Ich sage ja, die carte blanche ist ein zweischneidiges, wenn nicht gar ein Damenkloschwert. Der Text, der Cartoon muss aus sich selbst heraus lustig sein, gut, schlecht, anstößig,bedeutungsvoll was auch immer. natürlich mag es einen kontext geben, aber ich glaube auch nicht unbedingt, dass satire „alles“ darf. die schwierigkeit zb mit s.somuncu habe ich ja oben mal erwähnt. aber Sie haben recht, es ist schon interessant, sich vorzustellen, wie das medium, in dem der text/cartoon erscheint, bzw das label, unter dem er erscheint, unsere rezeption davon prägt. wenn der titanic-cartoon mit dem kronleuchter im sz-magazin gedruckt worden wäre, hätten Sie dann anstoß daran genommen? oder wenn, umgekehrt, eine bislang unveröffentlichte, aber originale wagner-kolumne unter anderem namen in der titanic erschiene — würde man dann vielleicht wirklich darüber lachen? bin mir nicht sicher.
    sicher bin ich, dass ich wagner as we know him verachte und dass es für mich ebenso unverständlich ist, wagner und martenstein (den ich in der regel gut finde) in einen topf zu werfen, wie es für einige schwer vorstellbar zu sein scheint, dass der titanic-cartoon ganz viel mit martenstein zu tun hat.

  216. „Viel­leicht ist FJW dann ja auch ein genia­ler Sati­ri­ker? Selbst dann ist seine Arbeit ver­ach­tens­wert, “

    Eine andere Meinung als die Ihre ist also verachtenswert?

  217. @alter Jakob:
    „Die Glosse hat nur eine Aus­sage: »Unis­ex­toi­let­ten braucht man nicht und das sol­len doch bitte auch die Trans­se­xu­el­len akzep­tie­ren.« “
    Das ist im wesentlichen die Aussage des Textes, korrekt. Ebenso wesentlich hängt der Text auch an dem, was Sie weggelassen haben und was er aus meiner Sicht ebenso klar aussagt:
    „Unisextoiletten braucht man nicht und das sollen doch bitte auch die Transsexuellen akzeptieren, weil es sonst nämlich im Alltag schwierig, wenn nicht gar absurd wird. Damit diskriminiere ich die Transsexuellen aber nicht, denn mir ist es völlig egal, was für ein Geschlecht jemand hat oder nicht, und ich bin guter Hoffnung, dass wir das auch so hinkriegen; so, wie ich es hingekriegt habe, als ich bei den Frauen war; so wie wir (Männer) es hinkriegen, wenn sie zu uns kommen.“
    Für mich sind das zwei völlig verschiedene Texte. Ich bin da übrigens ganz auf der Linie von stefanolix, dessen Text bei Zettels Raum dazu mir sehr gut gefällt.

  218. „ihm ist unklar, wozu man eine Unis­ex­toi­lette braucht. Und nur dar­über, bzw. dass man sie eben nicht braucht, geht sein Artikel.“

    Ja, wozu braucht man sie denn nun ? Das habe ich auch nach 250 Beiträgen nicht verstanden. Wenn man die geballte political corectness hier miterlebt, juckt es einen ja schon fast in den Fingern, darüber eine scharfzüngige Glosse zu verfassen. ;-)

  219. @schmitz

    Gott bewahre Sie davor, die verlinkten Quellen zum Thema zu lesen.

    @monaco_franze:

    Sie haben den Unterschied zwischen freier Meinungsäußerung und mehrheitskompatibler Meinung immer noch nicht verstanden, oder?

    Jeder hat in Deutschland das Recht, alles zu sagen, was er denkt. Worauf er kein Recht hat, ist dafür nicht ausgegrenzt zu werden dafür dass ihn die Meinung zu einem Arschloch macht.

    Der Witz ist ja dass Sie hier rumheulen dass Sie keine Meinung haben dürfen die anderen Leuten gegenüber Verachtung ausdrückt und sich dann darüber beschweren, dass man Sie dafür verachtet. (wenn Ihnen das jetzt zu persönlich ist setzen Sie „FJW“ ein wo ich Sie angesprochen habe).

    Nochmal: Sie regen sich darüber auf, dass Sie Menschen nicht frei verachten dürfen, weil Sie dafür verachtet werden.

    Fällt Ihnen da irgendwo der Zirkelschluss auf? Sie verbieten sich gerade selbst den Mund.

  220. @stefanolix:

    Die Sprechblase spielt für mich keine große Rolle. Vordergründig ist der Witz homophob, auf einer anderen Ebene sagt er aber auch etwas über Angela Merkel – und für mich ist das die Hauptaussage. Ja, gut, 2009, habe ich auch gesehen, direkt nachdem ich es gepostet habe. Spielt aber keine wirkliche Rolle, oder? Noch lustiger, wenn Merkel schon 4 Jahre im Amt war.

    @Wendy

    „wenn der titanic-cartoon mit dem kron­leuch­ter im sz-magazin gedruckt wor­den wäre, hät­ten Sie dann anstoß daran genom­men?“
    Das halte ich nicht für ein gutes Beispiel, da man von SZ-Lesern schon eine gewisse Eigenständigkeit erwartet, die auch die Titanic-Redakteure und Zeichner voraussetzen, und schon das Medium Cartoon ist eher mit Humor belegt – schon der Zeichenstil.
    Bei einem Text aber, nehmen wir beispielsweise etwas von Heinz Strunk zum Thema Gestank (das „Strunk-Prinzip“) – das könnte so auch in der Ratgeber-Spalte der BILD stehen, und die meisten Leser würden vermutlich nicht mal kapieren, dass das lustig gemeint ist. Das Wagner-Beispiel ist da besser, und ja, ich glaube, man würde da als Titanic-Leser lachen, wenn man die „Chiffren“ entschlüsseln kann und es als gelungene Parodie auf Wagners Stil deutet. Aber dann das ist ja „nur“ Etikettenschwindel und als Witz gemeint, nicht als ernster Beitrag zur Diskussion wie – aller Wahrscheinlichkeit nach – bei Martenstein, wo man eben nicht „einfach so“ von solch einem Etikettenschwindel sprechen kann, außer er hat plötzlich auf die Satiriker-Seite gewechselt. Wie gesagt, in der Titanic IST ja jetzt sogar ein Bausatz für eine Pseudo-FJW Kolumne, aber das Titanic-Publikum ist sich „natürlich“ im Klaren darüber, dass der Text ein Witz ist. Ein Bildleser, der mit demselben Text konfrontiert wird, wird wegen dem Kontext, dem Drumherum mit einem ähnlichen Tenor, den die Titanic gekonnt nachzuahmen weiß (und das auch für Martenstein ausnutzt), eben zu einer anderen Interpretation verleitet.
    @monaco_franze:
    Moooment. Ich habe über seine Arbeit geredet, nicht bloß seine gehaltlosen „Meinungen“, sondern sein Handeln allgemein. Ich verachte ihn dafür, weil er ganz genau weiß, wie er bestimmte Leser anspricht und Ressentiments ausnutzt, und seine Texte nicht mal seiner eigenen Meinung entsprechen, in sich unschlüssig sind und sich nur an das BILD-Publikum anbiedern sollen.

    Selbst wenn ich bloß seine Äußerungen verachtenswert finde, warum bitte habe ich denn Unrecht? Wofür ich FJW verachte, ist, dass er Intoleranz der übelsten Sorte schürt. Erbringen Sie also bitte den Gegenbeweis dafür, was für ein netter Kerl er ist, dann ändere ich meine Meinung ja vielleicht. Um mit Moynihan zu sprechen, weil das sowieso en vogue ist, „everyone is entitled to their own opinions, but they are not entitled to their own facts“. FJW und Sie können von mir aus auch behaupten, dass der Mond Ihrer Meinung nach aus Käse ist und die Erde eine Scheibe, und wahrscheinlich würden es sogar ein paar Ihrer Leser glauben, aber Sie würden auch so falsch liegen, und ich darf Sie immer noch dafür verachten, Stolz auf Ignoranz zur Tugend zu erheben.

  221. »Die Glosse hat nur eine Aus­sage: »Unis­ex­toi­let­ten braucht man nicht und das sol­len doch bitte auch die Trans­se­xu­el­len akzep­tie­ren.«

    Ja, und? Toleranz bedeutet ja nicht, die Lebensbedingungen an jede noch so kleine Minderheit anzupassen. Schon gar nicht, wenn keine Notwendigkeit dafür besteht. Die jetzigen Toiletten sind schließlich auch für Transen nutzbar. Transsexualität ist keine Behinderung, die bestimmte bauliche Maßnahmen erfordert. Wichtiger wäre m.E. ein Wickelraum für Mütter und Väter mit Kind. Davon gibt’s gewiss mehr.

  222. @Peter:
    „da man von SZ-Lesern schon eine gewisse Eigen­stän­dig­keit erwar­tet, die auch die Titanic-Redakteure und Zeich­ner vor­aus­set­zen.“
    Richtig. Von ZEIT-Lesern auch.

  223. @Wendy:

    Sorry aber sie stellen immer noch Armleuchter mit dem Vorschlag gleich, eine Transe möge sich doch bitte einfach durchlügen.

    Fällt Ihnen eigentlich irgendwann mal auf, wie lächerlich das ist?

  224. Schön euphemisiert (und „absurde“ Schwierigkeiten mit Unisextoiletten fantasiert, welche denn?). Das steht aber tatsächlich nicht da. Denn die Klotoleranz ist ja das Argument dafür, einen möglichen Grund für die Unisextoilette in Abrede zu stellen. Quasi: Unisextoiletten braucht man nicht, denn immer wenn Martenstein mal knülle oder zum Spannen auf die Damentoilette gestolpert ist, musste er nur „klo kaputt“ lallen und wurde herzlich empfangen. Also kann es kein Problem geben.

    Aber selbst wenn ich Ihre Schlussfolgerung mal als Möglichkeit akzeptiere, bleibt es immer noch der gleiche Unsinn. Damit Sie es verstehen mal eine Analogie: Behindertenaufzüge braucht man nicht weil sonst wird es im Alltag schwierig und das sollen die Rollstuhlfahrer doch bitte verstehen. Damit diskriminiere ich aber keine Rollstuhlfahrer, weil es mir wirklich egal ist wer jetzt im Rollstuhl sitzt und wer nicht. Und außerdem findet sich doch eh immer jemand der Verständnis hat und dem Rollstuhlfahrer hilft. ich mache das ja auch immer udn mir selbst wurde ja auch schon geholfen, als ich Krücken hatte.

    Und nein, das muss nichts grundlegend anderes sein, denn ob und wie sehr jemandem durch eine Unisextoilette geholfen wird, das darf dann doch bitte der Betroffene selbst entscheiden.

    Wie ich ja schon oben erwähnt hatte: Nur weil Martenstein und Sie meinen, es gäbe kein Problem, heisst das ja nicht, das tatsächlich für einen Betroffenen keines gibt. Oder gibt es auch keinen Rassismus mehr weil Martenstein kein Rassist ist?

  225. „Sie haben den Unter­schied zwi­schen freier Mei­nungs­äu­ße­rung und mehr­heits­kom­pa­ti­bler Mei­nung immer noch nicht ver­stan­den, oder? Jeder hat in Deutsch­land das Recht, alles zu sagen, was er denkt. Wor­auf er kein Recht hat, ist dafür nicht aus­ge­grenzt zu wer­den dafür dass ihn die Mei­nung zu einem Arsch­loch macht.“

    De facto entscheidet doch eine Minderheit in Medien und Politik darüber, welche Meinung akzeptabel ist und welche als „ungehörig“ gebrandmarkt wird. Mit „Mehrheitskompatibilität“ hat das gar nichts zu tun.

    ( http://www.stern.de/politik/deutschland/umfrage-fuer-den-stern-grosse-rueckendeckung-fuer-thilo-sarrazin-1601305.html)

  226. @ alter jacob
    Das ist doch alles völlig absurd. Transsexuelle sind (im Gstz z.B. zu Behinderten) eine so kleine Minderheit, dass ich mir tatsächlich das Recht herausnehme, ihre Bedürfnisse als belanglos zu empfinden.

  227. @Wendy (#250): Danke (für die Bemerkung zu meinem Artikel) – Nachdem ich Ihre letzten Beiträgen gelesen habe, beginne ich zu verstehen, warum man Martensteins Text so unterschiedlich interpretieren kann.

    Der Autor Martenstein stellt sich im ZEIT-Magazin in seiner Rolle als liberaler Bürger vor vielen Beiträgen implizit die Frage: Können wir ein bestimmtes Ziel durch vernünftiges (Aus)Handeln unter Bürgern erreichen oder müssen wir zu staatlichen Eingriffen greifen? Welche Folgen hat staatliches Eingreifen? Welche Folgen hat der Verzicht auf staatliches Eingreifen?

    Wenn ich einen Martenstein-Text lese, denke ich mir diese Voraussetzung automatisch mit. Wenn man Martensteins Hintergrund nicht kennt oder absichtlich verkennen will, wird man seine Texte nur missverstehen können.

    Martenstein war vor dem Verfassen des kritisierten Artikels überzeugt davon, dass man für das Toilettenproblem keine staatlichen Eingriffe braucht. Sein Artikel ist in der Tat nicht besonders glücklich verfasst: Es ist nicht notwendig und angemessen, den Betroffenen alberne Notlügen nahezulegen. Aber der Artikel ist auch nicht diskriminierend. Und deshalb ist er kein Anlass für eine grundsätzliche Verdammung des Autors.

    Ich lese Martensteins Glossen schon seit vielen Jahren; manchmal stimme ich ihm zu und manchmal schüttle ich den Kopf. Ich erlaube mir aber die Einschätzung, dass hinter dem Autor Martenstein ein Mensch steht, der anderen Menschen grundsätzlich mit Toleranz und Verständnis begegnet.

  228. @schmitz:

    Wollen Sie eventuell genauer ausführen, was Sie mit dem Link meinen? Ich verstehe nämlich nicht so ganz wie er zu Ihrer Aussage passt, dass eine Minderheit darüber entscheidet, welche Meinung akzeptabel ist. So ziemlich gar nichts in dem Stern-Text hat damit etwas zu tun.

  229. Noch ein Satz, damit ich die Kurve kriege:
    Ich meine, ja, klar sind ZEIT-Leser nicht dumm – ich würde mich hüten, mich selbst bei aller falscher Bescheidenheit, oder Herrn Niggemeier und die anderen Kritiker von Martensteins Text so zu bezeichnen. Aber dann stellt sich immer noch die Frage, ob das entweder schlechte Satire oder unbegründete Meinungsmache war. Da Herr Niggemeier bald in Urlaub fährt, verkürze ich das ganze mal und springe zu Godwin’s Law:

    Nur Nazis würden die Titanic lesen, wenn sie von heute auf morgen eben genauso hetzerisch und plakativ wie einst der „Stürmer“ wäre oder nur noch Landser-Geschichten enthielt, statt subtil und kritisch gegenüber fast allem zu sein. Die Titanic-Redakteure wissen, wen sie bedienen, und Martenstein weiß das auch. Wenn man mal in den Raum stellen darf, dass die ZEIT überwiegend von weißen, alten, aber nicht übermäßig dummen Spießern vom „früher war alles besser“-Schlag gelesen wird, erklärt sich auch, warum die Artikel darin vor allem auf diese Zielgruppe zugeschnitten sind und ebensolche Leute von ihr als Autoren beschäftigt werden. Auch die ZEIT sagt seinem Publikum nur das, was es hören will.

  230. „ob und wie sehr jeman­dem durch eine Unis­ex­toi­lette gehol­fen wird, das darf dann doch bitte der Betrof­fene selbst entscheiden. “

    In dem Fall bestehe ich darauf, dass mir immer und überall eine eigene Toilette bereitgestellt wird, da ich es nicht als zumutbar empfinde, diese mit mir völlig fremden Menschen teilen zu müssen. Ich bin auch bereit, mir von einem Arzt attestieren zu lassen, wie sehr mich das psychisch belastet.

  231. @Peter #253: Darf sich Sie so verstehen: Ein wenig Homophobie ist nicht so schlimm, wenn es der guten Sache dient? Es tut mir Leid, aber an dieser Stelle bin ich völlig humorlos.

    Die Titanic hat jedes Recht der Welt, ein Titelblatt oder eine Satire gegen die FDP zu verbreiten. Sie hat auch jedes Recht der Welt, die Kanzlerin und den jeweils aktuellen Vizekanzler für ihre Politik zu kritisieren.

    Sie hat aber kein Recht, dabei einen Menschen persönlich in den Dreck zu ziehen und herabzuwürdigen – und das gilt unabhängig davon, zu welcher Partei derjenige gehört.

    Ich kann mich sehr gut an die Zeit vor der Großen Koalition erinnern, als Frau Merkel zum ersten Mal aussichtsreiche Kanzlerkandidatin war. In linken Kreisen hieß sie im Wahlkampf nur »das Merkel« und an sexuell konnotierten Herabwürdigungen war kein Mangel. Ebenso wurde Westerwelle in der Manier der »Titanic«nach seinem Coming-out herabgewürdigt. Linke Doppelmoral …

  232. @Peter #261: Noch falscher könnten Sie mit Ihrer Einschätzung der ZEIT-Leserschaft und der Intention Martensteins wohl kaum liegen.

    Erstens kann man davon ausgehen, dass das Gros der ZEIT-Leserinnen und -Leser eine offene und tolerante Einstellung hat: teils links-liberal und teils wertkonservativ. Somit gibt es in dieser Wochenzeitung auch immer unterschiedliche Positionen [Parallele: die unterschiedlich ausgerichteten Teile der F.A.Z.].

    Deshalb werden jedenfalls in der ZEIT keine homophobe Artikel und auch keine Ressentiments gegen bestimmte Minderheiten verbreitet.

    Ein Kolumnist hat allerdings auch nicht die Aufgabe, seiner Leserschaft nach dem Mund zu reden. Martenstein hat in einer liberalen Grundeinstellung auch gegen die staatliche Überregulierung des Rauchens Position bezogen, was ganz sicher der Mehrheit seiner Leserinnen und Leser nicht gefallen hat. Mir übrigens auch nicht. Aber es ist allemal ein Denkanstoß.

    Und in der gegenwärtig diskutierten Glosse ist der Denkanstoß: Geht es auch im vernünftigen Miteinander oder brauchen wir (um Wendy zu zitieren) eine »Toleranzüberbürokratisierung«?

  233. @stefanolix:

    Nein, das sollten Sie bitte nicht tun. Ich weiß nicht, ob ihnen das Urteil zum Pinkelpapst-Cover bekannt ist – die Anwältin des Magazins führte an, dass die Satirezeitschrift „jedes Recht der Welt“ habe, den Papst als Kirchenoberhaupt, das sich auch anmaße, über anderer Leute Sexualleben zu bestimmen, so zu verspotten. Und sie haben Recht bekommen. Westerwelle hat, wenn ich mich richtig erinnere, jahrelang gegen die Homo-Ehe Stellung bezogen und sich nicht zu seinem persönlichen Verhältnis dazu geäußert. Das allein rechtfertigt zwar nicht Homophobie, es machte aber die politische Persönlichkeit Westerwelles angreifbar, wegen ihrer jetzt bloßgestellten Scheinheiligkeit. Für mich ist die Doppelmoral also eher auf einer anderen Seite – sei sie auch noch so begründet. Erst vor kurzem gab es ja eine ähnliche Diskussion um den „barocken“ Lebensstil unseres Umweltministers – und hier kam es wirklich zu linker Doppelmoral (seitens der taz), die wiederum von der Titanic und Herrn Niggemeier auseinandergenommen wurde. Sie sollten das nicht alles so über einen Kamm scheren, denke ich.

  234. @Peter: Könnten Sie Ihre Erinnerungen bitte mit Quellen belegen? Sonst bleibt es nämlich eine vage Unterstellung.

    Die FDP hat seit mindestens einem Jahrzehnt eine positive Position zur Gleichstellung Homosexueller bezogen; bezeichnenderweise war sie dabei immer progressiver als die CDU. Es waren immer auch Liberale, die gegen den §175 und andere Diskriminierungen zu Felde gezogen sind.

  235. Zu dem zweiten Kommentar: So meinte ich das auch nicht, schlecht formuliert, Entschuldigung. Ich wollte es ja nur in den Raum stellen, dass die Zeit-Leser, insbesondere die treuen Martenstein-Leser eher wertkonservativ sind und er deshalb dort auf offene Ohren stößt und seine Texte danach richtet – eine Binsenweisheit, wenn sie mich fragen. Nein, in der ZEIT werden ganz bestimmt keine direkt homophoben Artikel o.ä. publiziert, aber der Text von Martenstein gibt einem schon zu grübeln, da er der gleichen Denke zu entstammen scheint, die dieser Intoleranz vorausgeht – nämlich der wertkonservativen, oder wie ich sie genannt habe, früher-war-alles-besser-Denke, der „typen wie ich sterben bald aus“-Mentalität. Zu was das führen kann, sieht man gerade bei den Republikanern in den USA. Martenstein nennt sich zwar liberal um seine Leserschaft anzusprechen, seine Aussage ist aber in diesem Fall das komplette Gegenteil davon. Franz Josef Wagner hat mal einen Text zur Homo-Ehe verfasst, der etwa mit „früher hätte man euch verhaftet“ oder „früher hätte man euch in einer Reihe an die Wand gestellt und…“ endete. Analog dazu schreibt Martenstein sowas wie „früher bin ich einfach aufs Damenklo gegangen“. Im Gegensatz zu Ihnen denke ich nicht, dass solche nostalgischen Aussagen nur vom Thema ablenken oder schlicht lustig sind, sondern auch meinungsbildend sein können – gerade WEIL die Leser der Zeit einen gewissen wertkonservativen Anspruch haben – und solche Sätze deshalb zu verurteilen sind.

  236. Tut mir leid, aber hier muss ich passen. Ich habe das halbe Internet durchforstet und konnte nichts finden. Woran ich mich noch konkret erinnere, sind einige Ausschnitte aus alten FDP-Parteitagsreden, die in einer Westerwelle-Doku eingebaut waren. Die lief in irgendeinem dritten Programm, kurz nach seinem Rücktritt als Parteichef. Keine Ahnung, was damit passiert ist. Auch der Wikipedia-Eintrag sagt rein gar nichts mehr zum Verhältnis von Öffentlichem und privatem Leben, wie er es mal tat (da bin ich mir sicher, verdammt…). Ich wittere fast schon eine Verschwörung…

    Nun, ändern wir dann vielleicht das Beispiel in etwas leichter belegbareres. Was halten Sie von diesem Mundstuhl-Kommentar zu Herrn Minister Seehofers Affäre, wenn Sie wissen, wie offensiv er seine Familienidylle für seinen Wahlkampf benutzt hat? Ist das noch Humor, oder schon menschenunwürdig? Ich stelle ja gar nicht infrage, wie fragil diese Grenze ist.
    http://www.youtube.com/watch?v=AZwRBjVXttQ

  237. Was den Rest angeht, die Verteidigungsrede der Titanic-Anwältin war in einer der letzten Ausgaben abgedruckt, die Debatte um Peter Altmaier können sie in der Taz und in der Titanic und hier und noch auf hunderten anderen Seiten genauestens nachlesen. Einfach googeln :-)

  238. @205
    Habe ebenfalls daraufhin die Kolumne gelesen. Was soll ich sagen: Stimme Ihrem Kommentar 100% zu. Herrn Niggemeier wuensche ich einen erholtsamen Urlaub.

  239. @sebastian:
    „Sorry aber sie stel­len immer noch Arm­leuch­ter mit dem Vor­schlag gleich, eine Transe möge sich doch bitte ein­fach durchlügen. Fällt Ihnen eigent­lich irgend­wann mal auf, wie lächer­lich das ist?“
    Sollte ich irgendwann in meinem Leben Armleuchter mit dem Vorschlag gleichstellen wollen, eine Transe möge sich doch bitte durchlügen, fällt mir hoffentlich vorher auf, wie lächerlich das wäre. Glücklicherweise habe ich das bislang weder gewollt noch getan.
    @alter Jakob: „Quasi: Unis­ex­toi­let­ten braucht man nicht, denn immer wenn Mar­ten­stein mal knülle oder zum Span­nen auf die Damen­toi­lette gestol­pert ist, musste er nur »klo kaputt« lal­len und wurde herz­lich emp­fan­gen.“
    ach, mensch, ja, jetzt muss der martenstein im speziellen und wohl auch der whm im allgemeinen natürlich knülle sein oder spannen wollen, um auf die damentoilette zu gehen bzw skeptisch gegenüber unisextoiletten zu sein. ist das jetzt auch sone annahme? so was kann nur schreiben, wer spanner ist? na ja, war bestimmt nur polemik, nicht wahr.
    kann man einem/r trans- oder intersexuellen zumuten, entweder aufs männer- oder damenklo zu gehen, ohne ihn/sie/? deswegen zu diskriminieren? das ist die frage. (ich – stellvertretend für wen weiß ich jetzt nicht – würde diese frage für mich bejahen. martenstein macht sich viel weniger über die betroffenen lustig, als über diejenigen, die die frage verneinen. wie gesagt, diskriminieren tut er niemanden.)
    ist es ihm/ihr/? mglw wirklich unmöglich, eine der beiden möglichkeiten zu wählen? so wie es vielen behinderten unmöglich ist? dann würde er/sie/? mir wirklich leid tun, und das meine ich auch so. aber so ist es nicht. vielleicht ist es für einen kleinen teil so. das wäre dann aber eine wirklich sehr kleine minderheit. und, ja, wenn man dieser minderheit gerecht zu werden versuchte, begäbe man sich, weil man es dann mit SEHR vielen anderen minderheiten auch tun müsste, potentiell in eine absurde situation.
    ich bin weiß, männlich, heterosexuell, privilegiert, noch nicht allzualt — und ziemlich schwerhörig. ich habe hörgeräte. es geht ganz gut, aber auch nicht immer. ich denke, man kann mich sehr viel eher behindert nennen als eine(n) transsexuelle(n). (man müsste das in der tat eine(n) transsexuelle(n) fragen, der/die mit ziemlicher sicherheit von sich weisen würde, „behindert“ zu sein.)
    ich akzeptiere, dass es eine gesellschaftliche und operative unmöglichkeit wäre, die öffentliche alltagswelt so zu gestalten, wie ich es mir wünschte. ich fühle mich dadurch nicht diskriminiert. ich fühle mich auch nicht diskriminiert, wenn ich mitbekomme, wie leute zueinander sagen: „bist du taub, oder was!“, was sie natürlich nicht als frage meinen.
    nur selten, wenn meine laune schlecht ist, und ich von jemandem, der meine hörgeräte nicht gleich entdeckt, diese „frage“ selbst bekomme, ja, dann fühle ich mich vielleicht ein wenig diskriminiert und denke an die tauben und daran, dass ich vielleicht bald einer von ihnen bin. ich fühle mich dadurch aber nicht lange diskriminiert, denn ich „antworte“ in diesen seltenen situationen ganz gerne und sehr ernsthaft und sehr glaubwürdig – ich muss ja fast nicht lügen – mit: „Ja“. das gesicht des anderen auf diese antwort entschädigt und entdiskriminiert mich meistens total.
    ich kann außerdem trotz (oder wegen?) allem selbst über mich und meine wiebittes lachen. auch übrigens über schwerhörigenslapstick in filmen, solange er leidlich gut inszeniert wird. wer mich diskriminiert, soll sich wenigstens mühe geben. dann kommt er in der regel auch ganz gut weg bei mir. ich glaube, dass ein mensch, der nicht über sich selbst lachen kann — also ggf auch und gerade über witze auf seine kosten — kein wirklich toleranter mensch sein kann. wichtig ist, wie gesagt, die qualität des witzes. daran erkennt man, ob es diskriminierung ist oder nicht. (mal sehen, den letzten satz meine ich vielleicht sogar wirklich unselbstironisch, mal drüber nachdenken.)
    all das diskriminiert mich nicht, auch wenn es das, vielleicht, könnte. oder müsste. ich weiß, man meint es meistens nicht so; ich weiß, ich kann nicht verlangen, dass alles untertitelt ist; nicht, dass die musik in kneipen doch bitte generell deutlich leiser sein muss undwasweißich. meine toleranz besteht darin, einzusehen, dass es zumutbar für mich sein muss. auch wenn ichs scheiße finde. wenn ich mich durch all das diskriminiert fühlte, dann wäre mein leben deutlich schlechter. ich hätte nichts gewonnen, sondern nur viel verloren.

  240. Was ich noch zu Westerwelle sagen wollte…ein weiterer Grund dafür, dass die Titanic sich bei seiner Person in keinster Weise zurückgehalten hat, könnte schlicht sein, dass die Bildzeitung dies tat (genauso wie bei Wowereit) obwohl sie ansonsten eher Intoleranz schürt. Das alles wurde jüngst noch einmal in der Doku „Bild.Macht.Politik.“aufbereitet. Bei diesem Hintergrund ist es aus meiner Sicht völlig legitim, dieses Opportunistentum zu konterkaririeren, mag man von öffentlichen Homosexualität halten, was man will.

  241. @Peter, #277: Sie meinen, Westerwelle sei ein Opportunist und er müsse in der »Titanic« persönlich herabgewürdigt werden, weil die BILD über ihn (und Wowereit) nicht intolerant genug berichtet habe?

    Gratulation. Diese Meinung haben Sie ganz sicher exklusiv. Ihr Kommentar ist so ziemlich das Dümmste, was jemals zu diesem Thema gesagt wurde.

  242. Oh bitte, es ging dabei offensichtlich um den Wankelmut der Bild (siehe erster Satz des Kommentars…), nicht Westerwelle. Es ist für sich in Ordnung, wenn eine Zeitung „tolerant berichtet“ – aber nicht, wenn sie das nur bei ausgewählten Themen, mit einer gewissen Agenda im Hintergrund, tut. Man denke meinetwegen gleich an die Nazis, die auch viele tatsächliche Missstände des Weimarer Parteiensystems benannt haben, so dass die Bevölkerung gerne bereit war, über das, was ihr später zum Verhängnis wurde, hinwegzusehen. Ja, man hat jedes Recht, diese gleichzeitige Anbiederung und Meinungsmache mit Brachialgewalt anzugreifen.

  243. In Thailand, war ich mal auf einer Transvestiten-Show, doch das lustige war, dass mir es zuerst gar nicht aufgefallen ist, da die Thailänder solche weiblichen Gesichtszüge haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass der ein oder andere Mann bestimmt mal auf die Mogelpackung reingefallen ist :D

    Transvestiten in Thailand

  244. Guter Artikel, stimme ihrer Schlussfolgerung in Sachen Respekt und Toleranz vollkommen zu. Woran liegt es nur dass in wirtschaftlich rauhen Zeiten die Haltung Oberwasser bekommt, Toleranz und Respekt kann man sich nicht mehr leisten und „Wir haben andere Sorgen“? Einem armen geschundenen WHM wie Harald Martenstein, der die Welt nicht mehr versteht, spende ich aber gern mein Mitleid.
    Ich glaube nur es wird ihm nicht viel helfen.

  245. Danke, endlich sagt es mal jemand – ich dachte bisher, ich gehöre zu einer winzigen Minderheit, die Martenstein extrem unlustig findet und für einen ignoranten Stammtschplauderer. Genau auf den Punkt.

  246. Man muss Martenstein nicht mögen, aber wie er z.B. in dem Vorwort zu seinem Buch „Vom Leben gezeichnet“ erwähnt, und wie hier auch schon vielfach bestätigt worden ist, beschreiben seine Glossen nicht ihn selbst, sondern einen etwas älteren und etwas schlechter gelaunten Mann und dessen Sicht vom Leben. Dabei kommt manchmal oberflächlicher und vorurteilsbeladener Mist heraus, manchmal legt er aber auch geschickt den Finger in die Wunden – und das in einer Zeitung, der – wie auch auf diesem Blog schon oft geschehen – oft als „feminisiert“, „gefühlig“, „weichgespült“, als Blatt der „politisch Korrekten“ und „Gutmenschen“ bezeichnet wurde und deren Klientel eben auch alles Andere als „ausschließlich weiß, männlich, heterosexuell und reich“ ist, sondern inzwischen überwiegend jung, studentisch und weiblich. Und diesen Leuten (zu denen ich mich auch zähle) tritt er genauso auf die Füße wie Josef Joffe, der ein eitler Gockel ist, die deutsche Sprache mit schiefen Metaphern und Anglizismen verhunzt und alles tut, um die USA, Israel und den Kapitalismus zu preisen, aber im Refugium der „Zeit“-Leser als konservativer Querschläger eine angenehme Abwechslung darstellt. Den Vergleich mit den anderen Zynikern der deutschen Presselandschaft finde ich unangebracht: Wagner ist für mich im besten Falle ein Irrer, Jan Fleischhauer verarbeitet seine traumatischen Kindheitserfahrungen, indem er gegen „die Linken“ polemisiert, ohne ein einziges sachliches Argument für seine Positionen zu haben (dagegen sein reicht).

  247. Sehr geehrter Herr Niggemeier,
    leiden Sie unter periodisch auftretender Schnappatmung und setzten sich jedesmal, wenn ein Anfall im Anzug ist, an Ihren Schreibtisch, um sich an Martenstein abzuarbeiten?

  248. Ich halte mich aktuell in Thailand auf, wo man so vielen hier so genannten Ladyboys begegnet wie vermutlich nirgendwo sonst auf unserem Planeten. Ich gehe davon aus, dass sie alle gelegentlich auf die Toilette müssen. Die Toiletten, die es hier gibt sind allesamt entweder für Männer oder für Frauen gekennzeichnet. Das ganze ist hierzulande aber kein Problem, das irgendeiner Lösung zugeführt werden müsste. Transsexualität ist gesellschaftlich vollkommen akzeptiert. Niemand dreht sich um, oder zerreißt sich das Maul, wenn Transsexuelle sich in aller Selbstverständlichkeit zeigen.
    Harald Martenstein zur Inkarnation der Perfidie zu erklären, weil er die Einführung von Toiletten für Transsexuelle für lächerlich hält, ist vor allem eines: Lächerlich.

  249. Mein Gott, Herr Niggemeier, was sind Sie für ein spießiger Kleingeist! Ist das Ihr Leben? Für einen solchen Blödsinn setzen Sie sich an den Computer, Ihr soziales Leben ist wohl völlig im Eimer!

  250. Huch, auch ein Niggemeier — als Angehöriger der Wahren, Schönen, Guten — ist nicht frei von Sexismus.

  251. Lieber Herr niggemeier,
    Für mich sind sie einer der spiesigsten und engstirnigsten Menschen den es gibt.schlimm genug das sie ein Blog haben wo sie ihren wie es scheint sinnlosen,Wut zerfressen Leben Ausdruck verleihen,noch schlimmer ist für mich die Tatsache das andere Menschen genau so denken!
    Sie würden sich bestimmt auch beschweren wenn jemand das Glas als halbvoll bezeichnet und ihn dann mit ihren wirren verblendeten Ansicht zu schwallen das es halb lehr ist. Suchen Sie erstmal ihre eigenen Fehler bevor sie über andere lästern.

  252. […] Ja, ich weiß. Und der arme Mann fühlt sich auch schon von mir verfolgt. Dabei lese ich seine Kolumnen gar nicht regelmäßig. Manchmal sehe ich sie mir gezielt an, aus Masochismus, wie man mit der Zunge immer mal wieder nach einer schmerzhaften Stelle im Mund tastet. Manchmal schickt mir ein Kollege eine Nachricht, in der er mich – meist mit hier nur bedingt zitierfähiger Fassungslosigkeit – fragt, ob ich die neueste Ausgabe gelesen hätte. […]

  253. […] Ja, ich weiß. Und der arme Mann fühlt sich auch schon von mir verfolgt. Dabei lese ich seine Kolumnen gar nicht regelmäßig. Manchmal sehe ich sie mir gezielt an, aus Masochismus, wie man mit der Zunge immer mal wieder nach einer schmerzhaften Stelle im Mund tastet. Manchmal schickt mir ein Kollege eine Nachricht, in der er mich – meist mit hier nur bedingt zitierfähiger Fassungslosigkeit – fragt, ob ich die neueste Ausgabe gelesen hätte. […]

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