Jaaa! Kein Kein-Trennungs-Schock!

Sie haben diesmal keine verlogene Wie-konnte-uns-das-nur-passieren-Geschichte gemacht, wie damals bei Günther Jauch. Sie haben diesmal ihre falsche Titelschlagzeile einfach richtiggestellt, ohne sich anmerken zu lassen, dass es sich um eine Richtigstellung handelt:

„Die Aktuelle“, eine Zeitschrift aus dem Haus der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“, die sich über Lügen auf der Titelseite verkauft, hatte im April getitelt: „Stephanie zu Guttenberg — Glücklich getrennt!“ Im Inneren stellte sich heraus, dass damit bloß gemeint war, dass die RTL-2-Gastmoderatorin öffentliche Auftritte ohne ihren Ehemann, den ehemaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, absolviert hat.

Guttenberg zog vor Gericht und bekam Recht.

„Wir stellen klar!“ steht deshalb auf dem aktuellen Cover, wobei es die Profis der „Aktuellen“ hinbekommen haben, dass nicht klar ist, ob mit „Wir“ die Zeitschriftenmacher oder die Guttenbergs gemeint ist. Auf zwei Seiten im Inneren heißt es dann mit vielen schönen Fotos und schmeichelhaften Bildtexten:

Sie sind lange nicht mehr gemeinsam aufgetreten. Doch das heißt nicht, dass sie getrennt wären. Im Gegenteil…

Ihre Liebe ist noch gewachsen…

Woran sieht man, wie groß eine Liebe ist? Woran kann man ablesen, ob ein Paar wirklich glücklich ist? Fest steht: Es hängt nicht davon ab, wie oft man gemeinsam auftritt. (…) Bestes Beispiel: Die zu Guttenbergs. Sie sind lange nicht mehr gemeinsam aufgetreten. Doch jetzt kam heraus, dass sie ganz im verborgenen wunderbare Pläne geschrieben haben. Für ihre Zukunft. Ihre gemeinsame Zukunft. (…)

Der Plan der letzten Monate ist aufgegangen: Getrennte Auftritte? Ja. Getrennte Leben? Nein, natürlich nicht. Im Gegenteil: Er unterstützt sie, wo er kann. Und sie hat dieses innere Strahlen, das nur ein Mensch hat, der von ganzem Herzen geliebt wird. (…)

Ach so, falls Sie sich angesichts der Titelseite oben fragen, ob die schwedische Kronprinzessin Victoria nun „endlich“ schwanger ist und einen Sohn bekommt: Keine Ahnung. Das „Baby-Interview zum ersten Hochzeits-Tag!“ hat die „Aktuelle“ bloß mit Victorias Tante Birgitta geführt. Kostprobe:

Ist es nicht langsam an der Zeit, dass [Victoria und Daniel] ein Baby bekommen?

Ja, das stimmt. Das ist alles ziemlich spannend.

26 Replies to “Jaaa! Kein Kein-Trennungs-Schock!”

  1. Ich habe spaßeshalber mal die Nummern Ende Oktober 1929 von Simplicissimus und Kladderadatsch durchgeblättert und es war derselbe belanglose, öde und oberflächliche Rotz, wie wir ihn heute auf RTL 3 und oben genannten Qualitätsprintmedien vorgesetzt bekommen.

    Wieder nix gelernt.

    Aber keine Panik, 2045 wird uns die SOZ von Kanzler Sarrazin „befreien“.

    Dann gehts wieder von neuem los -,-

  2. Armer Stefan, mir bluteten die Augen, wenn ich wieder sehen muss mit welchen Dingen du dich — professionell versteht sich — auseinander setzten musst! ;o)

    Ja, ja … „die akuelle“, die existiert wahrscheinlich nur, damit Leser, denen das Niveau der „BILD“ zu hoch ist, trotzdem was zu lesen haben. Damit ist der nächste Hühnerhaufen-Abend gerettet. :oD

  3. Hört ihr die Geigen? Ich kann sie hören. Hach, schön. Egal, aber schön. Frei erfunden noch dazu, aber eben schön. Gibt es dafür ein Wort? Journalismus sicherlich nicht, oder doch?

  4. Es ist eben bedauerlich, daß es in der Verlagsindustie nicht ähnliche (nachprüfbaren) Qualitätsbestimmungen wie z.B. in der Lebensmittelindustrie gibt.
    „Die aktuelle“ und viele, viele andere Blätter müßten dann Zusätze wie „Druckerzeugnis nach Art einer Frauenzeitschrift“ o.ä. tragen…

  5. Das einzige, das mich bei der Aktuellen, der Bunten und sonstigen Blättern noch wundert ist, wie es im Kopf des Stammpublikums aussehen muss, dass es erstens sowas liest und zweitens für voll nimmt.

  6. @ Seth: Ich halte das nicht für müßig. Die Tatsache, dass es Zeitschriften gibt, die erschreckend offen mit platten Lügen aufmachen und die Gegendarstellungen frech zu neuen Geschichten umstricken, ist so empörend wie erschreckend. Da darf man ruhig immer wieder mit dem Finger drauf zeigen.

  7. Wem ist noch aufgefallen, dass Victorias Macker und Gutti sich total ähnlich sehen?

  8. @Torsten Dewi, #8: „[…] Da darf man ruhig immer wieder mit dem Finger drauf zeigen.“

    Wo bleibt derjenige, der eine Wunde in diese Postillen schlägt, um den Finger dauerhaft und öffentlich direkt hineinstecken zu können?!

    *Seufz*

  9. @ Tharben:

    Gibt es dafür ein Wort? Journalismus sicherlich nicht, oder doch?

    Erfundene Geschichten nennt man im Allgemeinen „Belletristik“. :-)

  10. Traurig
    Kinderarbeit in deutschen Verlagen
    Säugling muß Gespräch mit schwedischem Prinzenpaar führen

    Auf Seite 25: Katrin Müller-Hohenstein jubelt – Oliver Kahn endlich schwanger!

  11. In der Belletristik gibt’s (zurecht) auch immer Ärger, wenn echte Menshen und fiktionale Handlungen miteinander verknüpft werden.

  12. Im echten Journalismus scheint ja zur Zeit alles bestens zu laufen (bis auf diese Sache mit den Krankheitsfehltagen).

  13. Mady Riehl würde jetzt sagen: „Wir müssen leider zwei Punkte abziehen. Sowohl „Olli“ als auch „Baby“ wurden doppelt genannt. Allerdings wurde auch das Bild von „Gutti“ doppelt aufs Cover gehoben – aber einmal seitlich, einmal frontal. Ich denke, dass wir das deshalb gelten lassen können.“

    Für alle nach 1990 Geborenen:
    Mady Riehl, u.li: http://www.tv-nostalgie.de/Sound/Dalli%20Dalli3.jpg

  14. …dass das „Nicht“ vor dem „getrennt“ deutlich kleiner ist, und damit natürlich als erstes wieder das sensationsgeile „getrennt“ ins auge fällt, muss ja eigentlich nicht extra erwähnt werden. ich mach’s trotzdem mal.

  15. @Name (notwendig) #9

    Ach, das im Profil ist nicht Gutti? Sie zerstören jegliche Illusion. So macht das keinen Spaß. ;) Ich war überzeugt, dass Victoria auch mal ran darf. Sie sieht auch so gut aus.

  16. „die sich über Lügen auf der Titelseite verkauft“

    Man (also ich) würde ja annehmen, dass den Käuferinnen und Käufern das irgendwann auffällt. Aber entweder wachsen da monatlich so breite Käuferschichten nach, dass es der Auflage nicht schadet oder die LeserInnen wollen das einfach so.

    Ich habe hier öfter mal eine Frauenzeitschrift rumliegen und die preist auf praktisch jeder Titelseite _die_ neue Dingsbumsdiät an. Da denke ich immer, dass die Frauen doch irgendwann mal alle schlank sein müssten. Oder wenigstens fett und resigniert. (Das Pendant bei den Männerzeitschriften ist glaube ich der „Sixpack in 6 Wochen“.)

    Vielleicht verkaufen die Verlage also einfach nur, was die Kunden wollen. Quasi gezwungenermaßen.

  17. Seit ich die Beiträge über die Aktuelle hier im Blog gelesen habe, sehe ich diese Drecksblätter bei meinen Arztbesuchen plötzlich mit ganz anderen Augen. Es erheitert mich, im Wartezimmer die Dinger daraufhin zu überprüfen, ob die Artikel im Inneren halten, was die reißerischen Schlagzeilen versprechen.

  18. Ich finde das Thema wird viel zu sehr überbewertet. Früher gab es Anekdoten, Märchen und Sagen, in denen auch Prinzen, Prinzessinnen, Könige und Ritter vorkamen. Teilweise auch Märchen und Geschichten für Erwachsene. Heutzutage sind es halt zusätzlich noch Prominente deren Geschichten und Sagen (nur teilweise wahr) halt in bunten Blättern veröffentlicht werden. Genau wie damals gibt es auch heutzutage eine Minderheit die alles glaubt was erzählt oder berichtet wird. Die Meisten nehmen das sicherlich nicht ganz so ernst. Im Grunde fehlt doch nur ein Zusatz bzw. eine Art Klausel im Titel der Zeitschriften, wie z.B.: Alle Angaben ohne Gewähr, oder so ähnlich, also wie bei den Veröffentlichungen der Lottozahlen.

    Natürlich sollte es auch eine Grenze für solche Berichte geben, aber ob man sich gestritten hat, oder momentan getrennt, oder miese Stimmung hat, oder Kinder gekriegt hat, oder nicht, ist doch meiner Ansicht nach kein Grund für eine Gegendarstellung oder dgl. Man kann es ja auch so sehen, das durch diese Gegendarstellungen die Zeitschriften erst aufgewertet werden: Motto: Auch diese Prominente lesen unsere Zeitschrift… Auch Negativ-Werbung ist Werbung. Beispiele dazu gibt ja etliche.

    Ich selber lese diese Hefte zwar nicht, finde die Schlagzeilen auf den Titeln aber belustigend – wenn ich beim Vorbeigehen diese lese.

  19. @24. Der Unterschied zu Märchen ist, dass man den Märchenfiguren nicht im Alltag begegnet und auch nicht die Privatspähre dieser verletzt, auch wenn wir wissen in welchen Betten Goldlöckchen ihre Nächte verbracht hat.

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