Klare Ansage bei dpa: Lieber spät als falsch

Wolfgang Büchner, seit Jahresbeginn Chef der Nachrichtenagentur dpa, will in den Köpfen seiner Mitarbeiter einen „Check-Reflex“ aktivieren, um seltener auf Falschmeldungen hereinzufallen. „Nachdem die dpa nun zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen auf eine Fälschung hereingefallen ist, müssen wir unsere Arbeitsweise und Sicherheitssysteme noch einmal überprüfen“, schreibt er in einer internen Mitteilung.

Vor zehn Tagen hatte dpa gemeldet, dass sich der Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, von seinem Amt zurückziehe – und sich dabei auf eine gefälschte E-Mail verlassen. Zuvor war dpa bereits auf eine von Aktivisten lancierte Pressemitteilung hereingefallen, die behauptete, die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ wolle ihren Stiftungsrat um drei Personen mit aktueller Vertreibungserfahrung erweitern. Und im September berichtete dpa, dass es in einer amerikanischen Kleinstadt Bluewater ein Selbstmordanschlag von Deutschen gegeben habe — in Wahrheit eine Inszenierung von Filmemachern.

Bereits nach dem „Bluewater“-Debakel hatte Büchner intern „sechs Lehren“ daraus für den Umgang mit exklusiven Informationen und zweifelhaften Quellen verfasst. Jetzt sah er sich dazu veranlasst, neue, verschärfte Regeln zu formulieren, denn: „Bei schwerwiegenden Fehlern mit negativen Auswirkungen auf den Ruf der Agentur können wir (…) nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“ Die Anweisungen würden „zweifellos dazu führen, dass die dpa weniger Meldungen produzieren und in einzelnen Fällen später berichten wird“:

Informationen, die der dpa angeboten werden, SOLLEN immer überprüft werden.

Wenn es sich um sensible oder überraschende Informationen handelt, MÜSSEN sie ausnahmslos überprüft werden.

Büchner beschreibt in seiner internen Mail, dass der Aufwand, eine bei dpa eintreffende Information zu überprüfen, oft überschaubar sei und die Veröffentlichung nicht lange verzögern müsse. Aber er fordert:

Wenn wir ein Thema für meldungswürdig halten, müssen wir in der Regel auch die Zeit für Prüfung/Nachrecherche investieren, womit ja kein schlichtes Verifizieren der Echtheit des Absenders gemeint ist, sondern die Recherche weiterer Informationen, Details, Zitate. Wenn der Preis dafür weniger und dafür bessere Meldungen sind, sollten wir diesen Preis zahlen.

Büchners dramatisches Fazit:

Für den Erhalt unserer Glaubwürdigkeit ist kein Preis zu hoch, wir werden sie mit allen Mitteln schützen.

Wie schon bei seiner ersten Mail im vergangenen September lesen sich Büchners Anweisungen teilweise wie Selbstverständlichkeiten — insbesondere wenn man berücksichtigt, dass das, was dpa meldet, von einer Vielzahl von Medien ungeprüft und teilweise sogar automatisch weiterverbreitet wird. Andererseits macht der Text auch deutlich, wie groß der Druck in der Agentur und auf die Agentur ist, vor allem schnell zu publizieren. Mehrfach betont Büchner, dass kein dpa-Mitarbeiter mit Sanktionen rechnen müsse, wenn eine Berichterstattung dadurch verzögert wurde, dass er „im erforderlichen Umfang prüft und nachrecherchiert“. Auch im internen Protokoll dürfe er dafür nicht kritisiert werden.

Nach Ansicht Büchners gibt es zu dieser Herangehensweise für dpa keine Alternative:

Eine Agentur, die nicht viel mehr leistet, als Pressemitteilungen auszuwählen und umzuschlagen, braucht niemand. Wir wissen alle: Die dpa ist weit davon entfernt, simplen press release journalism zu betreiben. Aber ein Mehrwert (den die Kunden mit einem hohen Premium bezahlen sollen) einer Nachrichtenagentur mit Qualitätsanspruch muss genau darin bestehen, grundsätzlich mehr zu liefern als Informationen, die man auch bei OTS [Originaltextservice, der Pressemitteilungen verbreitet] bekommt. Und mit „mehr“ meine ich nicht nur „netter formuliert“.

· · ·

Im Folgenden einige Konsequenzen, die Büchner im Detail formuliert:

1. Journalistische Sorgfalt ist die Grundlage unserer Arbeit (…)

2. Richtigkeit geht IMMER vor Geschwindigkeit (…)

3. Alle Informationen, die der dpa angeboten werden, SOLLEN überprüft werden

Das Anrufen und Nachfragen bei schriftlichen Mitteilungen (Post, Fax, E-Mail) ist die Regel, nicht die Ausnahme.

Natürlich soll dabei nicht einfach die Echtheit der Absender überprüft werden. Beim Anrufen und Nachfragen sollten gute Zitate, weitere Details und zusätzliche Informationen eingeholt werden. So entsteht ein echter Mehrwert für unsere Kunden. Genau mit dieser anstrengenden und aufwändigen Arbeit bleiben wir unverzichtbar und erarbeiten uns den entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, die die dpa verzichtbar machen wollen. (…)

6. Mitteilungen zu Themen auf dieser Check-Liste MÜSSEN IMMER überprüft werden (…)

  • alle Mitteilungen, die den geringsten Zweifel an Inhalt und Authentizität aufwerfen
  • alle Meldungen, die wir mit „überraschende Wende“ oder ähnlichen Formulierungen aufmachen müssten
  • Mitteilungen zu Todesfällen (im Inland nie ohne zuständige, eigene Quelle melden, im Ausland auf seriöse Quelle und deren Formulierung achten (NYT…)!)
  • alles rund um Privates /Persönliches: Krankheit, Scheidung/Trennung
  • weitreichende Entscheidungen: Rücktritte, Entlassungen, Personalien generell
  • börsenkursrelevante Mitteilungen (z.B. Übernahmen, Gewinnwarnungen, Insolvenzanträge)
  • alle Meldungen über geschäftliche und personelle Vorgänge in Medienunternehmen (insbesondere bei unseren Medienkunden!)
  • kritische Äußerungen von Parteikollegen übereinander (z.B. Wulff fordert die Ablösung Merkels)
  • Informationen über spektakuläre Kriminalfälle (z.B. Geiselnahmen, Amokläufe und Prominente als Täter, Opfer oder Mitwisser), sofern sie nicht von offiziellen Stellen wie Polizei und Staatsanwaltschaft oder aus zuverlässigen Augenzeugenberichten stammen
  • Staatsanwaltschaft teilt Aufnahme oder Nichtaufnahme von Ermittlungen in brisanten Fällen mit
  • Mitteilungen über brisante Gerichtsurteile
  • Informationen über Terroranschläge
  • (vermeintlich) echte Terror-Drohanrufe
  • angeblich bahnbrechende neue Erkenntnisse in Forschung und Wissenschaft, sofern sie nicht aus den renommierten Fachorganen (Science, Nature etc.) stammen

7. Check-Verfahren

Die drei Grundregeln zur Überprüfung von Informationen lauten:

a) Immer den unbequemen Weg gehen!

b) Treffen Sie weniger denn je einsame Entscheidungen, diskutieren Sie mit Kollegen!

c) Je größer und unwahrscheinlicher eine Story ist, desto gründlicher müssen wir sie überprüfen. (…)

Für alle zwingend zu überprüfende Mitteilungen gilt (vor allem wenn uns der Absender nicht bekannt ist):

  • Mitteilungen mit ausreichend Zeit und Konzentration lesen
  • Plausibilität prüfen: Kann es wirklich sein, dass diese oder jene Behauptung/Aussage/Forderung von der betreffenden Organisation/Person erhoben/getätigt wird – oder liegt die Mitteilung weit neben dem Erwartbaren?
  • Gerade für potenziell sensationelle Mitteilungen gilt, was wir schon nach dem Bluewater-Debakel festgestellt haben: Eine Story, die zu gut ist, um wahr zu sein, ist vermutlich genau dies: nicht wahr.
  • Namen von unbekannten Sprechern oder handelnden Personen zur ersten Verifikation in der Doku DB, der dpa-Plattform suchen und/oder googeln – wenige Treffer bei Google oder keine Fundstellen in der dpa-Plattform sind ein Alarmsignal!
  • Beim leisesten Zweifel an der Echtheit einer Mitteilung gilt darüber hinaus: Nicht die Telefonnummer zurückrufen, die in einer (womöglich gefälschten) E-Mail angegeben ist, nicht nur die Website aufrufen, die dort angegeben wurde. Besser Telefonnummern bei www.telefonbuch.de oder über die Auskunft nachrecherchieren.
  • Bei zweifelhafter Quellenlage ist die Berichterstattung – vor allem im Ausland – über einen zusätzlichen „Ring der Überprüfung“ abzusichern. Nicht nur die lokalen Behörden, sondern mindestens eine übergeordnete Stelle muss die Information bestätigen können (z.B. in den USA: die Heimatschutzbehörde oder der jeweilige Bundesstaat). Bei Auslandsthemen sind unbedingt die großen nationalen Medien zu beobachten.
  • Absender möglichst über bekannte Ansprechpartner persönlich verifizieren. Wenn es keine bekannten Ansprechpartner gibt: Ansprechpartner über andere – mit dem Thema verknüpfte – übergeordnete Stellen erfragen (Beispiele: Bundespresseamt, Parteien, Verbände, etc.).

Bei der Überprüfung von Webseiten/Internet-Auftritten gilt insbesondere:

  • In dubiosen Pressemitteilungen angegebene Internetseiten schon auf ihren Namen hin prüfen (klingt er merkwürdig?)
  • Wie ist die angeblich offizielle Webseite aufgebaut? Fallen Ungereimtheiten auf? Gibt es Bestandteile, bei denen man stutzig werden könnte?
  • Webseiten immer mit der Netcraft Toolbar checken
  • Für einen Gegencheck Webpräsenz eines Absenders googeln und auch die so recherchierten Seiten mit der Netcraft Toolbar checken
  • Im Zweifel fachkundige Kollegen zur Überprüfung von Mailadresse und Internetadresse hinzuziehen

10. Transparenz

(…) In Fällen, in denen die dpa eigentlich sofort berichten müsste, wir aber Zweifel an Fakten oder dem Absender einer Information haben, müssen wir versuchen, diese Zweifel umgehend auszuräumen. Falls das nicht gelingt, müssen wir auf die Berichterstattung verzichten, bis bestehende Zweifel ausgeräumt sind. Dabei sollten wir verstärkt auf die Möglichkeit von Achtungsnotizen an die Kunden zurückgreifen. Beispiel: „Der dpa wurde mitgeteilt, dass … Wir konnten diese Information bisher nicht überprüfen. Eine Berichterstattung folgt, sobald …“

11. Medien-Infos

Für (Vorab-)Informationen deutscher Medien (vor allem unserer Medienkunden) gilt, dass die dpa diese Informationen bei entsprechendem Nachrichtenwert aufgreifen kann, auch wenn diese nicht bei der Erstquelle überprüft wurden. Wir unterstellen, dass seriöse Medien an uns übermittelte Fakten selbst hinreichend geprüft haben.

Diese Regel entbindet uns allerdings nicht von der Pflicht, die Authentizität einer Medien-Vorab selbst sowie die Plausibilität und Justiziabilität der darin enthaltenen Informationen noch einmal zu überprüfen.

12. Medien im Ausland

In einigen Fällen ist es notwendig, dass die dpa die Berichterstattung anderer Medien aufgreift, weil ein Thema durch die Veröffentlichung eine so große Dimension bekommen hat, dass wir es nicht ignorieren dürfen. Wenn die halbe Welt über etwas spricht, muss sich auch die dpa um dieses Thema kümmern.

Das gilt auch dann, wenn wir diese Informationen nicht selbst verifizieren können.

Voraussetzung für eine Berichterstattung der dpa ist auch in diesen Fällen, dass die Information plausibel und ihre Verbreitung nicht justiziabel ist.

Besonders wichtig ist es, dass wir in diesen Fällen die notwendige Distanz zur Quelle wahren und gegebenenfalls vorhandene Zweifel artikuliert werden. (…)

· · ·

Ich dokumentiere diese Regeln hier auch deshalb so ausführlich, weil sie sehr brauchbar und anschaulich sind und natürlich nicht nur für dpa oder Nachrichtenagenturen insgesamt gelten sollten. Ich glaube, dass solche oder ähnliche Grundsätze für jedes journalistische Qualitätsmedium unverzichtbar ist. Die Zukunft des Journalismus kann nur darin liegen, noch stärker als bisher Mechanismen zu installieren, die ihn durch Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit und Transparenz von der Flut von Schein- und Desinformationen nicht nur im Internet absetzen und unverzichtbar machen.

Frustrierend ist für mich nur Büchners elfter Punkt, durch den all die schönen Sicherheitsmechanismen außer Kraft gesetzt werden, sobald irgendein Medium eine vermeintlich exklusive Meldung vorab an dpa schickt — und sei es die „Bild“-Zeitung, die dies gern spät abends macht, wenn kein Fachredakteur mehr Dienst hat. Die Nachrichtenagentur ist hier in einem gewissen Dilemma, weil die regelmäßig unzuverlässigen Quellen ihre eigenen Kunden und teilweise sogar Gesellschafter sind. Trotzdem wird sie ganz selbstverständlich auch diese sogenannten „Medien-Infos“ vor dem Weiterverbreiten nach den sonst üblichen Kriterien prüfen müssen, wenn sie nicht im Gleichschritt mit den anderen Agenturen auf jede Scheinenthüllung von Leuten wie dem „Bild“-Chefkorrespondenten Einar Koch hereinfallen will.

54 Replies to “Klare Ansage bei dpa: Lieber spät als falsch”

  1. Mich wundert es, dass diese Regeln nur intern, nicht aber extern kommuniziert werden. Qualität hat immer Regeln und hier sind sie. Für mich ist so etwas doch ein hervorragendes Verkaufsargument. Da sollte der Herr Büchner mal nicht so schüchtern sein! Diese Regeln wären übrigens auch eine gute Grundlage für ein „Qualitätssiegel“ für Journalisten und Autoren und sind ohne Probleme auch auf Publikationen im Internet übertragbar.

    Ihre Vorbehalte gegen Punkt elf kann ich gut nachvollziehen. So würde ich ihn auch gesondert mit der Überschrift: „Eltern haften für Ihre Kinder“ aufführen.

  2. Langsam dämmert es auch einigen Entscheidungsträgern. Wer hat den Büchner ins Amt gehievt? Haben die vielen Gutmenschen eigentlich verfolgt, was in den USA zur Zeit los ist? Der Hoffnungsträger Obama hat sich gerade gegen diverse Obrigkeiten gestellt. Was hat das nur für unser demokratisches System zu bedeuten?

    Gruß

  3. @1 (jo):

    mich wundert das überhaupt nicht. eine firma, die solche regeln veröffentlicht, müsste sich wohlmöglich bei jedem ereignis, das durch ignorieren dieser regeln zustande kommt, detailliert rechtfertigen. es geht aber nicht darum, dem kunden mit der veröffentlichung der regeln die einschätzung der produkte zu ermöglichen, sondern es geht darum, weitere katastrophen zu verhindern. die kunden bekommen sicher noch eine informationskampagne verpasst, die die vorteile der produkte in einer zielgruppengemäßen art und weise herausstellt.

    wäre alles andere nicht viel zu teuer?

    .~.

  4. Ich freue mich ganz ehrlich, dass es diese Regeln gibt und das Wolfgang Büchner sich offensichtlich redlich bemüht, sie auch zu leben, bzw. leben zu lassen.

    Selbst die Regel 11 finde ich nicht abwegig. Es steht ja im Artikel, wer der Verursacher ist. Und wenn da Bild steht, sollten auch die dpa-Kunden das einordnen können.

    Leider wirkt es ganz oft so, als ob die Regeln nicht existieren.

  5. Ein gutes Zeichen, wenn Qualitätsansprüche so konkret formuliert werden. Was dpa sagt, sollte (wieder?) der Maßstab werden…

    @8 .tlde.
    Es heißt „womöglich“. Das war ihnen womöglich nicht klar (obwohl ein Vertipper hier als Ursache wohl möglich ist).

  6. Sorry, aber das sind Selbstverständlichkeiten. Die braucht man nicht schriftlich formulieren, die sollte eigentlich jeder Journalist im Blut haben. Spätestens, wenn er ein paar Mal auf Dritte reingefallen ist. Nachhaken, das lernt man (hoffentlich) schon im Volontariat.

    Aber wahrscheinlich ist uns inzwischen einfach unser Bauchgefühl abhanden gekommen. Oder wir können es uns schlicht nicht mehr leisten, weil wir ständig unter Zeitdruck stehen. Eine Pressemitteilung ins Blatt klatschen – das dauert nur ein paar Minuten. Aber sich mit irgendeinem blöden Pressesprecher herumärgern – und schon ist eine halbe Stunde flöten. Je mehr Druck auf die Redaktionen ausgebüt wird, umso häufiger werden da Fehler durch mangelhafte Recherche.

    Insofern bin ich wieder voll bei Herrn Büchner. Der sagt: Wir können es uns leisten, langsam zu sein. Nein, wir müssen es uns leisten, langsam zu sein. Und ich wünsche jedem Kollegen einen Chef, der genauso denkt! Leider sind die guten Beispiele rar gesät.

  7. Ist es wirklich Geschwindigkeit? Oder ist es eher die Arroganz der Macht, die zu den entscheidenden Fehlern führt?

    Der Regividerm-Skandal ist bekanntermaßen kein Skandal des WDR alleine, sondern ein MEDIENSKANDAL der gesamten Medienlandschaft. Wer nach eigenen Worten ein Jahr recherchiert und trotzdem hanebüchenen Unsinn schreibt, dem kann man wahrlich nicht vorwerfen, schnell zu sein.

    Auch eine Intendantin eines Senders und dessen Rundfunkrat sind keine schnellen Handler. Es ist gerade so, daß sie eben NICHT schnell sind, und genau das ist ihr Fehler. Daß sie dann auch noch falsch entscheiden, ist ein weiterer. Daß sie das alles dann auch noch aussitzen wollen, ist noch ein Fehler. Daß dann die anderen Medien das Thema fallen lassen und den Laden nicht gründlich kielholen, ist noch ein Fehler.

    Zwischen einer Agentur am einen Ende des Spektrums und einem 1-Jahr-Projekt am anderen Ende … sieht es auch nicht besser aus. Es fällt bloß weniger auf, bzw es wird niedergebügelt.

    Erscheinen denn wirklich zu jedem Unsinn die entsprechenden Korrekturen in der Zeitung? Natürlich nicht. Nein, man ist auch noch stolz und schwafelt von journalistischer Ethik. Worin, bitteschön, besteht denn die Ethik einer Falschmeldung? Warum wird von den Journalisten nicht das Angebot angenommen, daß der Fachmann, der ihnen das Material liefert, den Artikel Korrektur liest? Der Fachmann wird den Fehler im fertigen und ausgelieferten (gedruckten oder gesendeten) Text doch ebenso erkennen. Aber nicht nur er allein, sondern viele Leser auch. Und es ist zu spät. Warum den Fehler nicht vermeiden?

    Zwischen der Selbsteinschätzung der Journalisten und ihren tatsächlichen Fähigkeiten besteht ein krasser Unterschied.

    Ich habe in meinem ganzen Leben nirgendwo so viele Vollidioten erlebt wie bei den Ärzten und nirgendwo so viele Analphabeten wie bei den Journalisten.

    Aribert Deckers

  8. @12/Aribert Deckers
    Zwischen der Selbsteinschätzung der Journalisten und ihren tatsächlichen Fähigkeiten besteht ein krasser Unterschied.
    Vermutlich ein wahres Wort. Viele Journalisten sehen sich längst nicht mehr als Vermittler von Informationen, sondern sie formen diese gemäss ihrem Meinungsbild. Der Konsument kann das dann im Zweifel übernehmen oder nicht. In jedem Fall setzt es sich – nur immer wieder repetiert – irgendwann als „Faktum“ fest. Hierin liegt der Gefahr der fahrlässigen, schnellen Meldungen, die Büscher eleminieren möchte.

    Man kann natürlich sagen, dass diese „Ansagen“ Selbstverständlichkeiten sind. Aber da sie als solche nicht mehr erkannt wurden bzw. werden, ist es ein erster und guter Schritt sozusagen noch einmal von vorne zu beginnen. Warum nicht?

    Dass es immer einmal Rückschläge geben wird, denunziert in keiner Weise die Absicht. Wer da den ersten Stein wirft…

  9. kriegst du eigtl. keinen Ärger von der dpa, Stefan, wenn du solche „Betriebsinterna“ veröffentlichst ? Und wie erreichen dich solche Informationen ?

  10. […] Hinterlasse einen Kommentar » Richtigkeit vor Schnelligkeit: Nach wiederholten Falschmeldungen hat dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner seine Mannschaft erneut zu besonderer Sorgfalt beim Umgang mit Quellen und vermeintlichen Exklusiv-Informationen ermahnt. Dies könne “zweifellos dazu führen, dass die dpa weniger Meldungen produzieren und in einzelnen Fällen später berichten wird”, so Büchner in einer Rundmail, aus der Stefan Niggemeier zitiert. Insbesondere sensible oder überraschende Informationen müssten ausnahmslos überprüft werden. Trotz Konkurrenzdrucks müsse auch kein dpa-Mitarbeiter mit Sanktionen rechnen, wenn eine Berichterstattung dadurch verzögert wurde, dass er “im erforderlichen Umfang prüft und nachrecherchiert”. (…) Eine Abweichung davon gibt Büchner explizit für Vorabmeldung deutscher Medien aus, insbesondere eigener Kunden. Diese dürften bei entsprechendem Nachrichtenwert und Plausibilität aufgegriffen werden, ohne sie bei der Erstquelle zu überprüfen. Die dpa unterstelle, “dass seriöse Medien an uns übermittelte Fakten selbst hinreichend geprüft haben”. Erläuterungen und Einwände dazu: stefan-niggemeier.de […]

  11. Zu Büchners 11. Punkt: Ich denke mal, solange die dpa als Quelle eine wohlbekannte DEUTSCHE Quelle wie die Bild angibt, sollte sich ein Großteil der deutschen Öffentlichkeit tatsächlich ein Urteil über die Glaubwürdigkeit dieser Meldung machen können.

    Problematisch wird es meiner Meinung nach dann, wenn die dpa eine ausländische Quelle angibt, deren Seriösität für die deutschen Leser nicht unbedingt sofort einzuordnen ist. Spontan muss ich da wieder an die Berichterstattung zum Tod des Boyzone-Sängers Stephen Gately denken, bei dem die dpa offensichtlich einfach bei der Sun/dem Mirror und ähnlichen britschen Tabloids abschrieb (teilweise auch noch entscheidende Details falsch übersetzte!), und diese Spekulationen dann als verifizierte Fakten darstellte. Und viele Deutsche machen immer noch den Fehler, den „Mirror“ mit dem SPIEGEL gleichzusetzen/zu übersetzen…

    …Obwohl, der SPIEGEL attestierte Gately ja auch einen „Tod nach Zechgelage“…also doch SPIEGEL=dpa=Mirror…

  12. Unsere Sicherheitsmechanismen werden durch Punkt 11 keineswegs außer Kraft gesetzt. In dem Passus ist klargestellt, dass Vorabs zu jeder Zeit ebenso auf ihre Authenzität, Plausibilität und Justiziabilität geprüft werden müssen wie alle anderen Infos. Gibt es daran Zweifel, gehen sie auch nicht in den Dienst.

    Disclosure: Ich arbeite als Chef vom Dienst des dpa-Basisdienstes in Hamburg

  13. Ich mache demnächst eine Hospitanz bei einem Landesdienst der dpa und freu mich sehr darauf. Mal schauen, wie ich dort lernen kann, diese augestellten Regeln einzuhalten und wie die Umsetzung läuft.
    Eigentlich dachte ich, obwohl ich keine „offizielle“ Journalistin bin (ich stecke noch in den Anfängen und dürfte mich vielleicht deshalb nicht zu Wort melden?), dass diese Regeln, die Herr Büchner aufgestellt hat, Basis sind bzw. sein sollten für das journalistische Arbeiten. Aber gut, dass es mal jemand erneut gesagt hat, so kann auch ich meinen Schatz an Grundverständnis für diese Arbeit erweitern.

  14. Wolfgang Büchner, dpa: Leadership à la Wyatt Earp…

    Nur wenige Tage nachdem ich hier über „Leadership à la Wyatt Earp: Kontext, Geschwindigkeit, Treffgenauigkeit“ schrieb, lese ich nun bei Stefan Niggemeier, eines der neuen dpa-Mantren laute „Richtigkeit geht IMMER vor Geschwindigkeit“! Das ist di…

  15. So viel zu den hehren Vorsätzen. Nun ein Blick ins heutige dpa-An gebot:
    »Zukunft von Veh in Wolfsburg weiter offen =
    „Wolfsburg (dpa) – Die Zukunft von Armin Veh als Trainer beim deutschen Fußball-Meister VfL Wolfsburg ist weiterhin offen. Aktuell tagt der Vorstand des VfL-Eigentümers Volkswagen. Ob dabei auch über Veh gesprochen wird, konnte der Club am Montagmorgen nicht sagen.“
    Der Vorstand tagt. Nein, nicht der vom VfL Wolfsburg. Sondern der VW, dem zweitgrößten Autohersteller der Welt. Auch egal. Das sind ja alles Männer, die reden bestimmt über Fußball. Und weil sie alle Entscheider sind, entscheiden sie nebenbei auch gleich mal die Trainerfrage. So stellt dpa sich das vor und verkauft es als „Nachricht.“

  16. @ 22: So ist das aber in Wolfsburg. Das stellt sich nicht nur DPA so vor. Wenn man keine Ahnung hat,…

  17. @ 12: Ja, es ist zum ganz großen Teil die Geschwindigkeit oder auch „Der Wille zur Echtzeit“ von mir genannt; wenn man auf Schokolade Lust hat, dann will man dieses Bedürfnis doch so schnell wie möglich befriedigen… Büchner ist einer der ersten Medien-Asketen, wenn man so will….

  18. @ .~.

    Rechtfertigen für Fehler muss sich die dpa unabhängig eines öffentlichen Rechercheleitfadens wohl auch in Zukunft, denn wir sind ja Menschen und nie ganz fehlerfrei.

    Mit Hilfe der oben genannten Mail, die ja sehr kostengünstig ist, wird jedoch etwas auch etwas anderes bewirkt: Die dpa Journalisten und Redakteure werden noch einmal auf die Grundlagen ihrer Arbeit hingewiesen. Das ist extrem wichtig und sollte nach meiner persönlichen Einschätzung kontinuierlich geschehen. Denn, auch wenn es wie oben schon genannt „Selbstverständlichkeiten“ sind, so setzt früher oder später die Betriebsblindheit und die damit verbundene Nachlässigkeit ein.

    Gerade in Nachrichtenagenturen sind Fehler zu minimieren. Denn, warum soll ich viel Geld in etwas investieren, um dann hinterher festzustellen, dass die Nachricht falsch war? Dann doch lieber OTS und selber recherchieren, macht vielleicht dann doch weniger Arbeit und kostet weniger? Transparenz in den Arbeitsweisen der Nachrichtenagenturen ist daher mehr als notwendig, damit Kunden nicht abwandern und das eigene Fortbestehen gesichert ist. OK. Mit einer überprüfbaren Qualität verdient die dpa zwar direkt kein Geld, jedoch gibt es ja noch Wichtigeres im Leben, z.B. Vertrauen, Glaubwürdigkeit und das Gefühl einen guten Job gemacht zu haben. Und solche Agenturen wollen wir doch in Zukunft, oder nicht?

  19. ‚Irgendwie fehlt mir der Punkt: „Wir stellen Fakten in Ihren Kontext“.

    Zum Beispiel diese Meldung

    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Deutsche-Wikia-uebernimmt-WebsiteWiki-912441.html

    Man vergleiche sie mit der Original-Pressemeldung: http://de.wikia.com/wiki/Projekt:Presse/Gr%C3%B6%C3%9Ftes_deutschsprachiges_Wiki_wechselt_zu_Wikia

    Ich glaube, die Zahlen sind korrekt – aber wer kann denn etwas damit anfangen. Was ist das für eine komische Seite, dieses WebsiteWiki? Hätte man sich die Seite Mal genau angesehen, wäre die Meldung wohl nie über den Ticker gegangen – trotz Wikipedia-Gründer Jimmy Wales.

  20. @25, JO
    Während ich Ihren Kommentar so lese, beschleicht mich gerade ein sehr ungutes Gefühl – stimmt das denn wirklich, was Sie schreiben? Wünschen sich die meisten Kunden der dpa wirklich eine saubere und verlässliche Nachrichtenquelle? Oder sind sie eigtl ganz zufrieden mit der momentanen Situation, die es ihnen immerhin ermöglicht, in hohem Tempo immer neue Skandale, Panikmeldungen, etc. verbreiten zu können – und bei Falschmeldungen, die sie als solche zugeben müssen, den schwarzen Peter ganz bequem der dpa in die Schuhe schieben zu können?

    Ich denke da gerade an die von Herrn Niggemeier des öfteren sehr schön dokumentierten Fälle, wo sich Falschmeldungen mit einer solchen Vehemenz in den Medien gehalten haben, dass man dahinter fast schon Absicht vermuten *muss*, will man den beteiligten Redaktionen nicht größtmögliche Ignoranz und Dummheit vorwerfen.
    Eine entsprechende Horrorvision wäre, dass es sich in Wahrheit umgekehrt verhalten könnte und der dpa gerade durch das Umsetzen dieser scheinbaren Selbstverständlichkeiten einige Kunden abwandern werden, denn „die sind so langsam geworden und melden sowieso kaum noch was, was richtig Auflage bringt“… *schauder*

    Naja, ich hoffe einfach mal sehr, dass Sie im Grunde recht haben und ich nur unbewusst Einzelfälle unzulässig auf große Teile der Medienlandschaft projiziere. ;)

  21. In der Tat, das sind Selbstverständlichkeiten. Heisst im Umkehrschluss, das Qualitätsproblem der dpa ist ein Personalproblem, die Herrschaften haben zuletzt einfach schlampig gearbeitet, und brauchen offenbar eine Neujustierung ihrer journalistischen Grundeinstellung. Das ist ziemlich traurig.

    Aber doch, sehr begrüssenswert dass das so klar formuliert wird. Noch begrüssenswerter fände ich es allerdings, würde die dpa komplett auf „Bild“ als Quelle verzichten, denn zum Einen spricht Punkt 11 ja explizit von „seriösen Medien“ -also nicht von „Bild“- und zum Zweiten habe ich den subjektiven Eindruck, keine andere Medienquelle wird so oft und so prominent von der dpa zitiert wie „Bild“.

    Ebenfalls begrüssenswert fände ich eine Anhebung des Relevanzniveaus bei der Auswahl der Meldungen, die dpa so tickert. Was da gelegentlich an nachrichtenunwerten chinesischen Reissäcken durchläuft lässt einen manchmal den Kopf schütteln.

  22. Sehr löblich, dies dpa-Vorhaben. Allerdings dachte (hoffte) man etwas naiv, dass die auch ohne diese aktuellen „Regeln“ bisher genau so arbeiteten.
    Es ist vielleicht ein Anlass, eine Fundsache von meinem Schreibtisch hier unterzubringen, ein Zitat:
    „Jedes Wort, dass er (der Journalist) spricht, ist Lüge (Karl Kraus). Dergleichen ist heute, annähernd ein Jahrhundert später, fast Allgemeinplatz.“ (Eckhard Henscheid, schon vor ein paar Jahren)

  23. „Ich glaube, dass solche oder ähnliche Grundsätze für jedes journalistische Qualitätsmedium unverzichtbar ist.“

    Das klingt so, als müsste man davon ausgehen, dass die Mitarbeiter (Journalisten) diese Grundlagen noch gar nicht kennen. Sollte diese meine Ahnung etwa in weiten Teilen der empirischen Realität entsprechen gar bis hinein in die dpa?

    Realistischer ist ja wohl: zumindest bei den Qualitätsmedien kennen sie alle schon diese Grundlagen, können sich aber aus ökonomischen Gründen selten daran halten. Inwiefern die Imagewirksame Auflistung (verstärkt nochmal hier auf dem Blog) jetzt mehr tut als 5 Minuten an die Berufsehre zu appelieren, wird eigentlich nicht deutlich.

  24. @ Squeedly

    Wünschen sich die meisten Kunden der dpa wirklich eine saubere und verlässliche Nachrichtenquelle?

    Wünschen sich Supermarktkunden, dass die Lebensmittel nicht vergiftet sind? Natürlich! Die dpa stellt das Fundament, auf dass sich viele Nachrichten aufbauen. Selbst wenn die „Köche“ vorhaben, Steine in einen Kuchenteig mit einzubauen, so sollten es doch ihre eigenen und nicht die der dpa sein. Davon gehe ich fest aus.

    Was nun das Thema Geschwindigkeit angeht, so habe ich persönlich eine sehr differenzierte Sichtweise. Sicher ist das wichtig für das Radio oder das Internet, dass man immer der erste, der schnellste sein will. Aber schon selbst das Fernsehen geht wesentlich entspannter mit der Verbreitung von Informationen um. Am Ende der Geschwindigkeitskette stehen dann die Zeitungen und die Magazine, denen es eben nicht auf eine schnelle, falsche Meldung am Morgen ankommt, wenn erst in der Nacht oder in ein paar Tagen die Druckwalze anläuft.

    Ebenso sollten Sie bedenken, über welchen Zeitraum der Veröffentlichung wir hier gerade sprechen, die z.B. durch einen Anruf bei den entsprechenden Stellen verifiziert werden. Ich habe bisher nie die Erfahrung gemacht in einer Agentur zu arbeiten, da kann Herr Dudziak sicher besser Auskunft geben, trotzdem tippe ich mal für tagsüber, unterhalb der Woche auf 10-30 Minuten. Ist das wirklich so langsam? Geht deswegen die Welt unter? Irgendwie weigert sich mein kleiner Holzkopf so etwas zu verstehen. Genau so wie Quoten. Aber das ist ja noch ein anderes Thema.

  25. @32, JO
    Prinzipiell haben Sie natürlich völlig recht, aber die Frage ist, inwieweit falsche Sensationsmeldungen von den Medien wirklich als „giftig“ erachtet werden. Bei der Bildzeitung ziemlich sicher nicht (wurde hier nicht irgendwo mal erwähnt, dass sich deren Redakteure angeblich eine gute Geschichte nicht „kaputtrecherchieren“ sollen?) und auch ganz allgemein bei Boulevardmedien scheint es oft so zu sein, dass eine falsche Sensationsmeldung immer noch besser ist als gar keine Sensationsmeldung… zumal der Leser bzw. Zuschauer in vielen Fällen ohne Medienwatchblogs eh kaum eine Chance hat, den Wahrheitsgehalt ohne größeren Aufwand nachzuprüfen.

    Das Problem ist ja, dass eine Nachricht heutzutage anscheinend nicht nur möglichst schnell, sondern auch mit größtmöglicher Hysterie und viel Getöse verbreitet werden muss… gerade auch in Fernsehen und Internet. Und manchmal kommen einem dann eben zynische Gedanken wie z.B. der, dass es einigen dabei wahrscheinlich egal ist, ob eine sensationell klingende Nachricht überhaupt der Wahrheit entspricht – Hauptsache, sie erhöht die Quote/Auflage/PIs.

    Aber ich kann und will wie gesagt natürlich keinesfalls alle Medien (bzw. konkret alle Kunden der dpa) über einen Kamm scheren – es würde mich sehr freuen, wenn die Neuausrichtung der dpa ein Erfolg werden würde und wieder ein wenig mehr Ruhe, Verlässlichkeit und eben gerade auch bewusste Langsamkeit in das oftmals arg hektische Treiben der Medien hineinbrächte.

  26. Nun ja, da wird der Anforderungskatalog veröffentlicht, den Blogger in Zukunft erfüllen müssen, wollen sie von der Nachrichtenindustrie nicht verklagt werden.

    Das war Sinn und Zweck der neuen rechtlichen Eingruppierung.

  27. wenn nun für die zukunft keine sanktionen zu befürchten sind, was war denn dann bis dato? ich hoffe, man hat sich diesbezüglich nur ein gewisses arbeitsklima vorzustellen, nicht mehr.

    im grundsatz ist nachvollziehbar, dass befürchtet wird, jederzeit könnte die nächste breaking news drohen, die hier verschlafen wird, während in den internationalen medien das thema schon vor stunden eingestellt wurde.

    bis vor kurzem waren die abstände zwischen international gebrachten aktuellen news und dann national geposteten nachrichten doch selbst für den privatnutzer noch erkennbar – da länger. dies hat sich geändert. die taktung ist nun sehr schnell.
    die dpa wird jetzt ihren auftraggebern gerecht, sitzt dafür aber auch mal fabrizierten falschmeldungen auf, die schlagartig vervielfältigt werden. oder nimmt ungeprüft bild-nachrichten ins programm.

    und leider wird bei boulevardnachrichten nun auch mal der jargon der quelle übernommen – quasi mitübersetzt. es grassieren dann recht sonderbare, seltsam ausgeschmückte storys wie der des englischen toten sängers, mit höchst spekulativem inhalt. wtf?

    aber andererseits wird auch mal eine geschichte wie die vom balloon boy ganz entspannt (mein eindruck) abgehandelt.
    es gibt also noch hoffnung und jetzt auch den check-reflex!

  28. Ja, ja, als Ex-Verantwortlicher bei Spiegel-Online ist Büchner ja dermaßen glaubwürdig. Das ist Wichtigtuerei zum Amtsantritt, und sonst gar nichts.

  29. @10 (seven):

    wohl möglich. hier lernt man ja richtig was. ein zettel mit ihrem nickname liegt für eine woche neben meinem hausschrein. tiefster dank tröpfelt durch das netz von mir zu ihnen.

    .~.

  30. Oh vielen Dank, für diesen Einführungskurs ins journalistischen A – Z!

    Sehr nett! Da macht sich jemand richtig doll Mühe.

    Und wie sieht es in der Praxis aus? Vergessen Sie es, da werden sämtliche solcher Regeln über Bord geworfen. Aber man kann ja dann überall, den eisernen Regeleinpeitscher rumkaspern lassen.

    Aber wie schon gesagt, sehr hilfreich ist so eine Berufsbibel doch schon auch.

  31. @ schulbankdrückerin

    Da kommt ganz auf den Chefredakteur bzw. den CvD drauf an, ob der nur „rumkaspert“ oder geeignete Gegenmaßnahmen ergreift. Das Ergebnis liegt dann irgendwo zwischen Bild (rumkaspern) und der FAZ (ernst nehmen).

  32. @JO: In der Tat, der Spagt in Hinsicht auf qualifizierten Journalismus ,ist an den von Ihnen festgemachten Beispielen, doch eindeutig.

    So zwischen Schaltgang von der schnellen Story, die man ja immernoch dementieren kann. Die Seiten sind so schonmal voll. Oder die Abwartehaltung nach Wahrheitsgehalt,klare Hintergründe und der fortlaufenden Relevanz. Man möge letzteres ins Stammbuch, gerade den Volontären schreiben. Denn irgendwann könnten auch die mal Chefredakteur oder CvD werden. Denn auch hier gilt:

    „Was Hänschen lernt – das lernt Hans nimmer mehr ! „

  33. Tja, was ist nun von Büchners Ermahnungen zu halten? Löblich erstmal, dass er – warum eigentlich nicht öffentlich, sondern intern? – seine Mitarbeiter qua ‚ordre mufti‘ dagegen in Schutz nimmt, für sorgfältiges Handwerk abgestraft zu werden. Auch, dass seine Stellungnahme beweist, dass er als Chef das kleine Einmaleins seines Handwerks noch (aner)kennt.

    Den Rest aber finde ich beinah schon traurig – in meinen journalistischen Anfängen beim Fernsehen und insbesondere dem Radio mit seinem historischen Anspruch als schnellstem Medium galten im Nachrichtengeschäft die ‚Büchnerschen Regeln‘ schon immer – ein guter Teil von Ihnen steckt doch bereits in den ‚W-Fragen‘ (ja nun wirklich ganz kleines Einmaleins!) Aber selbst in den ö-r Radionachrichten ging nix, dass vor fast 20 Jahren – einer Zeit, in der man bei dpa von der heutigen wirtschaftlichen Situation noch weitest entfernt war – von der Agentur reinkam, nur passend umformuliert in die nächste Nachrichtensendung, ohne dass es dazu noch mehrere Telefonate gegeben hätte.

    Wenn wir heute soweit sind, dass wir über solche an sich ja wirklichen Selbstverständlichkeiten diskutieren müssen, stellt sich für mich die Frage, in wieweit die Inhalte der Diskussion um Medien und insbesondere die Situation vom pekuniären Wert journalistischer Arbeit, um die wir kreisen, für das faktische Entwerten unserer Arbeit durch die kommerziellen Verwerter (Verlage, Portale) erst die Steilvorlagen liefern. Wenn Journalismus faktisch so betrieben wird, dass branchenintern solche Dinge nötig sind – ist es dann nicht absolut legitimierbare Prämisse, dass man sich mit einer – auch pekuniären – Wertschätzung der Arbeitsergebnisse erst mal sehr zurückhaltend zeigt?

    Eigentlich hätte – und da bin ich auch mit Punkt 11 Büchners durchaus einverstanden – andersrum ein Schuh draus werden müssen: Klar, Bild verkauft die meisten Zeitungen – aber beinah noch jeder Leser, den man auf den einen oder anderen Bullshit dort anspricht, äußert sich dazu doch skeptisch – nur, weil Bild drübersteht, und mal einer hinterfragt! Klare Sache eines jahrzehntelangen ‚Brandings‘ also. Und je weiter sich eine publizistische Marke abseits dieses Anspruchs etabliert hat, umso strikter müssten die von Büchner repetierten Regeln doch eigentlich erst Voraussetzungen fürs Arbeiten (statt nur deren gelegentliche reflektive interne ‚Begleitmusik‘) sein. Offenbar ist es nicht nur anders, sondern ganz offenbar kann das auch völlig schamlos inzwischen zumindest branchenintern – sieht man mal davon ab, dass Blogs wie dieses ja sogar jedermann zugänglich sind – diskutiert werden. Womit sich für mich die Frage stellt, ob angesichts der Diskussion um ‚journalistische Geschäftsmodelle‘ in den einschlägigen Foren um Themen wie dieses hier eher unter ‚Qualitätssicherung‘ oder schlichtes ‚Harakiri‘ zu rubrizieren sind.

    Nur, um nicht falsch verstanden zu werden – natürlich befürworte ich sehr ein sich immer wieder ins Bewusstsein rufen, was die eigenen Standards ausmacht, um diese nicht schleifen zu lassen. Aber das ‚Tamtam‘ mit dem das inzwischen ja nicht von ungefähr geschieht, verweist doch allzu deutlich auf den status quo. Wenn Qualitätsmerkmale offenkundig derart massiv diskussions- oder hinweisbedürftig werden, sinken sie dabei nicht zwangsläufig von einer selbstverständlichen Prämisse zu einem gelegentlichen Idealfall herab? Es geht doch nicht täglich um die ‚große investigative Geschichte‘ – so schlecht ist wie Welt doch nicht, dass es auch im Journalismus kein ‚Tagesgeschäft‘ gäbe. Aber wenn implizit konstatiert werden muss, dass dort eben die handwerklichen Spielregeln des wertunbestrittenen investigativen Journalismus nicht ungebrochene Gültigkeit haben, lässt sich der Anspruch an einen ‚Qualitätsbeweis‘ in der ökonomischen Diskussion um unseren Beruf doch hervorragend dazu instrumentalisieren, Preisdruck auszuüben. Mein ernsthafter Einwand gegen diese ganze Diskussion – zu der das Aktuelle hier und alle Kommentare natürlich einschließlich meines eigenen nur ein Mosaiksteinchen sind – ist der, dass sie schlicht wenn auch ungewollt oder gar unbewusst einen gefährlichen Beitrag zur Banalisierung unserer alltäglichen! Leistung bringt (von der wir jeden Tag leben können wollen!) – die von dem, wie hier zu Recht konstatiert, ja nicht mehr publizistisch, sondern kaufmännisch selbst definierten ‚Verhandlungspartnern‘ bei den Verwertern unserer Arbeit doch erst die Steilvorlage für Preisdiskussionen liefert.

    Das macht mich zunächst nur ratlos – Lösungen zu haben, beansprucht es nicht. Aber es zeigt einmal mehr die Tücken des Reizes von Schnelligkeit, die gerade eine Technologie wie das Netz birgt. Und wenn das dann dazu beiträgt, dass sich solche ja berechtigten Themen derart in den öffentlichen Raum expandieren mit den entsprechenden ja schon von Büchner aufgezeigten Folgen für den Anspruch eigener Glaubhaftigkeit – müsste das nicht besondere Vorsicht lehren, gerade angesichts des Aspektes um die Finanzierung und Finanzierbarkeit von Journalismus? Irgendwie beschleicht mich deshalb inzwischen das ungute Gefühl, dass diese Diskussion auf ganz schädliche Weise aus dem Ruder läuft…

  34. Na, die hehren Vorsätze der dpa haben offensichtlich nichts gebracht. Wenn es um „Extremisten“ geht, weiß die Agentur schon nicht mehr wo links und rechts ist.
    Laut dpa demonstrieren heute also „Linksextreme“ anläßlich eines neonazistischen Brandanschlag in Zossen gegen (!) die antifaschistische Bürger-Ini „Zossen zeigt Gesicht“?!
    Wie 2 Minuten Internetrecherche zeigen:Wohl nicht ganz…

  35. Da hat die dpa wohl tatsächlich einen Gefälligkeitsartikel für die Rechten geschrieben… Hier ein Zitat des VVN-BdA Brandenburg:

    „Zossen hat sich in den letzten Jahren zu einem Zentrum des gewalttätigen Neonazismus und des organisierten Antisemitismus im Land Brandenburg entwickelt. Dies konnte u.a. deshalb geschehen, weil die Polizei – bis heute – nicht gegen rechte Straftaten einschreitet (so z.B. wenn bei einer Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar die Veranstaltung von Neonazis durch „Lüge, Lüge“-Rufe gestört wird) und einer Bürgermeisterin, die die Stadt nach Gutsherrenmentalität regiert und sich mit Erfolg bemüht, jedes Engagement gegen Neonazismus in Zossen zu torpedieren und zu kriminalisieren.

    Aus diesem Grund ist eine nach dem Anschlag für den 6. Februar geplante Antifademo abgesagt worden – in vielen anderen Städten im Land Brandenburg hätte bei so einem Anlass die Stadtverwaltung mit dazu aufgerufen. Von der Absage dieser Demonstration waren Polizei und Stadtverwaltung informiert. Es gab am 6. Februar also nichts zu verhindern. Offenbar soll hier ein „Linksextremistenproblem“ herbei geschrieben werden, um von den skandalösen Zuständen in Zossen abzulenken.“

  36. Die lernen auch nichts, oder??
    „Hannover (dpa) – Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, ist wohl betrunken Auto gefahren. Das berichtet die „Bild“-Zeitung.“

  37. […] Vor wenigen Monaten erst hat dpa-Chef Wolfgang Büchner in einer internen Mail an seine Mitarbeiter versucht neue Qualitätsstandards in der Nachrichtenagentur zu setzen. In dem Schreiben appelierte Büchner an journalistische Selbstverständlichkeiten: Wenn wir ein Thema für meldungswürdig halten, müssen wir in der Regel auch die Zeit für Prüfung/Nachrecherche investieren, womit ja kein schlichtes Verifizieren der Echtheit des Absenders gemeint ist, sondern die Recherche weiterer Informationen, Details, Zitate. (Quelle: stefan-niggemeier.de) […]

  38. […] Anfang des Jahres hat dpa-Chef Wolfgang Büchner in einer internen Mail an seine Mitarbeiter erklärt, wie man journalistisch sauber arbeitet: Wenn wir ein Thema für meldungswürdig halten, müssen wir in der Regel auch die Zeit für Prüfung/Nachrecherche investieren, womit ja kein schlichtes Verifizieren der Echtheit des Absenders gemeint ist, sondern die Recherche weiterer Informationen, Details, Zitate. (Quelle: stefan-niggemeier.de) […]

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