Lena ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit

Das Nervige am Siegeszug der Lena Meyer-Landrut ist, dass er von diesen ganzen angestrengten und anstrengenden Versuchen der Medien begleitet wird, etwas Welt- oder mindestens die Nation Bewegendes in ihn hineinzuinterpretieren. Eine gute Antwort auf ein besonders beliebtes Erklärmuster — und einen der klügsten Texte zum Phänomen Lena — habe ich nicht in einer der großen Zeitungen gelesen, nicht im „Spiegel“ (der sich schon vor Wochen beim gewaltsamen Pressen von „Unser Star für Oslo“ in sein vorgegebenes Interpretationskorsett nicht von Fakten stören ließ) und schon gar nicht im „Stern“ (der vergangene Woche delirierte: „Aus Lenas schwarzen Siegerstrumpfhosen könnte der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, einen Sparstrumpf nähen, dem jeder von Vilnius bis Lissabon sofort sein Gesamtvermögen anvertrauen würde.“) — sondern ausgerechnet in einem Internetforum, auf den Seiten eines Lena-Meyer-Landrut-Fanclubs.

Der Autor D. Lauer hat mir freundlicherweise erlaubt, den Text hier zu veröffentlichen, und ihn dafür leicht überarbeitet:

I.

Die Lenamania – der Aufstieg Lena Meyer-Landruts von der anonymen Abiturientin zum derzeit größten Popstar des Landes innerhalb von nur drei Monaten – verlangt nach Deutung. „Lenamania“ bezeichnet hier das Phänomen, dass LML bei einem Großteil der Bevölkerung offenbar reflexhaft den dringenden Wunsch auslöst, sie (je nach Alter) auf der Stelle als große Schwester, beste Freundin, Traumfrau oder Wunschtochter zu adoptieren. Auf der Suche nach einer Erklärung dieses Phänomens hat sich eine Erzählung etabliert, die LML als Projektionsfläche einer Sehnsucht des Publikums nach Normalität und Anstand im TV- und Musik-Business sieht: Lena als der „Popstar fürs Bürgertum“, wie der „Stern“ titelte. Diese Erzählung entstand mit einem „Spiegel“-Beitrag, in dem „Unser Star für Oslo“ als kultiviertes Musizieren für Abiturienten und Studenten vor einer seriösen Fachjury bespöttelt und zur Antithese der Trash-Konkurrenz von „Deutschland sucht den Superstar“ stilisiert wurde, wo gescheiterte Existenzen aller Art zu den vulgären Kommentaren eines Dieter Bohlen in Gladiatorenkämpfe gehetzt werden. Zum Sinnbild dieser Gegenüberstellung wurde der typisierte Vergleich zwischen den beiden jeweiligen Show-Favoriten: Hier der Freak Menowin Fröhlich, abschluss- und arbeitsloser, mehrfach vorbestrafter Ex-Sträfling, der drei Kinder mit der eigenen Cousine hat, schrill und bedrohlich – dort die Lichtgestalt Lena Meyer-Landrut, Abiturientin aus gutem Hause, Diplomaten-Enkelin, Taizé-Begeisterte, „Sophies Welt“-Leserin, wohlerzogen und eloquent.

Nach dieser Erzählung – nennen wir sie die Höhere-Tochter-Erzählung (HTE) – ist LMLs Erfolg darauf zurückzuführen, dass sich die silent majority des bürgerlichen Mittelstandes mit ihr identifiziert und sie in erster Linie als Inkarnation des eigenen Idealbildes einer höheren Tochter liebt, als Gegenfigur zum skurrilen Comic-Proletariat, das die Nachmittagstalkshows bevölkert.

Die HTE ist seit ihrer Entstehung in medialer Dauerschleife wiederholt worden und hat sich im Diskurs über LML mehr oder weniger als die offizielle Deutung ihres Erfolgs durchgesetzt, selbst dort, wo sie (wie jüngst von Matthias Matussek) in leicht herablassendem Ton ironisiert oder kritisch gegen LML und deren angebliche Bürgerlichkeit (lies: Bravheit und Harmlosigkeit) gewendet wird.

II.

Meiner Auffassung nach ist die HTE zur Erklärung des Phänomens LML vollkommen untauglich. Darum geht es mir hier. Zunächst ist LML nicht die Figur, als die sie in der Erzählung auftaucht. Das hätte man von Anfang an wissen können, hätte man auf die Details geachtet, die sich schlecht mit ihr vertrugen. Höhere Töchter – auch exzentrische – haben keine Tattoos und keine Zahnpiercings. Sie tanzen Ballett, nicht Hip-Hop. Sie geben nicht fröhlich zu, mittelmäßige Schülerinnen zu sein, zu rauchen und sich gelegentlich zu besaufen, auch fahren sie TV-Urgesteinen nicht rotzfrech über den Mund und sagen nicht ständig „scheiße“ und „kotzen“ im Fernsehen.

Bis hierher könnte man natürlich noch argumentieren, dies sei doch bloß das Quäntchen Bohème und Unangepasstheit, das einem aufgeklärten, sozusagen post-bourgeoisen Bild der höheren Tochter erst den richtigen Schliff verleiht. Das mag sogar stimmen, taugt jedoch nicht mehr zum Kitten des fundamentalen Bruchs zwischen der HTE und der Realität, der sichtbar wurde, als durch das unappetitliche Wühlen der Boulevardmedien noch andere Details bekannt wurden, darunter ein so überhaupt nicht distinguierter untergetauchter Vater, vor allem aber natürlich LMLs Auftritte als Laiendarstellerin in genau jenen dubiosen Nachmittags-TV-Formaten, in die sie sich, ginge es nach der HTE, niemals hätte verirren dürfen. Schon gar nicht ganz und gar nackt.

Träfe die HTE zu, hätte sich zu diesem Zeitpunkt ein Großteil ihrer Bewunderer enttäuscht von LML abwenden müssen. Mit genau diesem Ziel wurden die entsprechenden Medienberichte natürlich auch lanciert. Tatsächlich aber haben all die rechten Haken gegen das Höhere-Tochter-Image der Lenamania keinen messbaren Abbruch getan. Was das bürgerliche Mittelschichtspublikum bei seinen eigenen Töchtern zweifellos stören würde, stört es bei LML offenbar kaum. Also basiert seine Liebe zu LML wohl doch nicht vorrangig auf deren „bürgerlichen“ Attributen, wie die HTE behauptet.

III.

Dabei beruht die HTE auf einer richtigen Beobachtung: LML ist eine Gegenfigur zu all den hunderten Kandidatinnen und Kandidaten, die wir im letzten Jahrzehnt in Dutzenden von Casting Shows im Fernsehen haben vorbeiziehen sehen. Das Phänomen LML ist zweifellos darin begründet, dass sie in dem Rahmen, in dem sie zur öffentlichen Person wurde, so vollständig aus dem Rahmen fiel. Aber es ist schlecht beobachtet und verkürzt gedacht, ihre Andersartigkeit schlicht darin zu sehen, dass sie, im (angeblichen) Gegensatz zum Personal einer Show wie DSDS, der bürgerlichen Mittelschicht entstammt. Dieser Unterschied hat, wenn überhaupt, mit dem eigentlichen Phänomen nur indirekt etwas zu tun. LMLs Andersartigkeit liegt vielmehr in dem, was Entdecker und Mentor Stefan Raab schon vom ersten Moment an als ihre „Haltung“ bezeichnete.

Worin besteht diese Haltung? Sie besteht darin, die Gehirnwäsche zu durchbrechen, die das Format der Casting Shows seit über einem Jahrzehnt betreibt und mit der es nicht nur unsere Wahrnehmung von Popmusik infiziert hat. Nicht umsonst spricht man inzwischen von einer Generation Casting, welche die in diesem Genre üblichen Prinzipien und Regeln längst fürs Leben akzeptiert und verinnerlicht habe. Welche Prinzipien? Das lässt sich in jeder beliebigen Casting Show – ob nun DSDS, „Popstars“ oder „Germany’s Next Topmodel“ – mühelos beobachten.

Regel Nr. 1: Der Weg zum Erfolg besteht darin, sich der Jury vollständig zu unterwerfen. Die Jury ist Gott. Sie agiert nach dem Prinzip, dass der Wille des Kandidaten zunächst gebrochen werden muss, damit er sich den Anweisungen der Experten vollständig ausliefert und sich von ihnen formen lässt. Du sollst nicht so sein, wie Du selbst Dich haben willst, sondern wie andere Dich haben wollen. Es gibt daher keinen sichereren Weg, im Casting-Universum den sozialen Tod zu erleiden, als an der Jury Kritik zu üben, ihre Anweisungen zu hinterfragen oder auf eigenen Vorstellungen zu beharren. Beleidigung, Erniedrigung und aufgezwungene Demuts-Rituale sind die unvermeidliche Folge.

Regel Nr. 2: Der Weg zum Erfolg besteht aus Blut, Schweiß und Tränen und dem bedingungslosen Willen, ihm alles andere unterzuordnen. Dies ist die wichtigste Botschaft der Casting Show. Deshalb gibt es in ihren Beurteilungsritualen keine vernichtenderen Abmahnungen als „Du arbeitest nicht hart genug an dir“ und „Wir können nicht erkennen, dass du das hier wirklich willst“. Die Kandidatin kann diesen Verurteilungen nur entkommen, indem sie sich so lange schindet, bis sie auf offener Bühne kollabiert oder wenigstens einen Weinkrampf erleidet, und außerdem in den immergleichen Floskeln gegenüber der Jury beteuert, dass sie bereit ist „alles zu geben“ für den Erfolg in der Show, dass sie „nichts anderes will als kämpfen und weiterkommen“ und überhaupt diese Sendung ihre „einzige und letzte Chance“ sei, etwas aus sich zu machen. In den Schauprozessen von DSDS und GNTM gibt es deshalb kein den Kandidaten häufiger abgepresstes Bekenntnis als dieses. Es gehört zwingend dazu. Mit selbstbewussten Kandidaten, die einfach lachend gehen, wenn sie genug davon haben, sich anpöbeln zu lassen, weil sie nämlich noch etwas anderes mit ihrem Leben anzufangen wissen, funktioniert das Konzept der Sendung nicht.

IV.

LMLs „Haltung“ ist die radikale Antithese zu den beiden genannten fundamentalen Grundregeln der Casting Show. Sie besteht in der Weigerung, sich von den Unterwerfungs-, Leistungs- und Wettkampf-Imperativen dieses Formats bestimmen zu lassen. Berühmtheit hat LML unter anderem damit erlangt, dass sie schon bei ihrem ersten Auftritt gegen Regel Nr. 1 verstieß und darauf bestand, lieber auszuscheiden statt nicht den von ihr selbst präferierten Song zu singen. Insbesondere aber verstößt LML in praktisch jedem ihrer Interviews konsequent gegen Regel Nr. 2. Unbedingter Siegeswille, so sagte sie schon zu USFO-Zeiten und wiederholte es anlässlich des Eurovision Song Contests immer wieder, sei ihr fremd, darauf habe sie keinen Bock. Jedes Ergebnis sei ihr recht, solange sie mit sich im Reinen sein. Konkurrenzdenken und Kampf um die Plätze auf dem Podest seien „nicht so ihr Ding“, ebenso wenig wie hartes Training und tägliches Üben. Sie habe, gab sie kichernd zu, keine Technik, keine Strategie und nicht die Absicht, sich eine andrehen zu lassen. Sie entwickele die Dinge lieber spontan: So tanz‘ ich.

Überhaupt habe sie nie ein Star werden wollen, und die Erfüllung ihres „großen Traums“ sei ihr überwältigender Erfolg als Sängerin schon gar nicht. Vielleicht mache sie bald etwas völlig anderes. An Ideen mangele es ihr nicht. Wichtig sei nur, dass ihr das Ganze momentan Spaß mache, eine tolle Erfahrung sei und sie als Mensch voranbringe. Jeder einzelne dieser Sätze wäre das Ende des TV-Lebens eines normalen Casting-Produktes.

V.

Ich behaupte, dass es einen Namen für diese Haltung gibt. Sie ist nämlich bei Licht betrachtet keinesfalls revolutionär oder neu. In Wahrheit ist sie bloß die fast triviale Erinnerung an die Haltung, die man noch nicht vor allzu langer Zeit grundsätzlich mit der Popmusik verbunden hat – bevor der Casting-Show-Diskurs die Kontrolle übernahm, und zwar so erfolgreich, dass man mit der bloßen Erinnerung an dieses Prinzip des Pop (dieses Wort hier im weitest denkbaren Sinne verstanden) inzwischen wie ein Wesen von einem anderen Stern erscheint.

Denn das war doch das Versprechen, das mit dieser Musik einmal einherging: Jung sein. Lässig sein. Feiern und Spaß haben. Und die Chuzpe zu sagen: Ich brauche eure Lehren nicht, weder Gesangsstudium, noch Musikschule, noch Tanzdrill. Ihr habt mir nichts beizubringen. Eine Gitarre und drei Akkorde, das reicht – sofern man jung ist, und schön, und talentiert, und ohne Angst. Und jenes Charisma besitzt, das die Zuhörer schon beim ersten Chorus auf die Knie fallen und mitsingen lässt: We learned more from a three-minute record baby than we ever learned in school.

Pop war mal das Gegenteil dessen, was die Casting-Show-Idee verkauft, nämlich das Versprechen vom Triumph der Leichtigkeit und der Mühelosigkeit. Und der entscheidende Punkt ist, dass dieses Glücksversprechen des Pop zutiefst antibürgerlich ist. „Bürgerlich“ ist nämlich nicht nur das, was sich die Vertreter der HTE gerne darunter vorstellen (etwas, das vage mit Thomas Mann, dunklen Bücherregalen, Klavierunterricht und gepflegtem Abendessen im Familienkreis zu tun hat). Die real existierende Bürgerlichkeit der Mittelschicht ist in erster Linie der praktizierte Glaube an ein ganz anderes Versprechen, nämlich jenes der disziplinierten Selbstzucht in Kombination mit dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit. Jeder ist seines Glückes Schmied, und diejenigen werden den Lohn davontragen, die sich am meisten anstrengen, am fleißigsten schuften und am eisernsten sparen – und schon ihre dreijährigen Kinder in Chinesischkurse schleifen, der späteren Chancen am Arbeitsmarkt wegen.

Das Glücksversprechen des Pop hingegen ist die Verweigerung dieses protestantischen Arbeitsethos. Pop scheißt auf Selbstdisziplin und Leistungsgerechtigkeit. Darin ist er zutiefst romantisch. Er belohnt nicht die Arbeitsbienen und die Klassensprecher, er verachtet die Philister. Er verschenkt sein Herz lieber an die arbeitsscheuen Spinner, genialen Dilettanten und verspielten Prinzessinnen. Pop kennt und will keine andere Rechtfertigung als die, dass eine wie LML schlicht ein Liebling der Götter ist, Punkt. „Du hast Star-Appeal. Menschen werden dich lieben.“ Das ist alles.

Weil man solche Gabe nicht erwerben, sondern nur geschenkt bekommen kann, können die, welche sie empfangen haben, es sich leisten, mit ihr nicht nach Art der guten Wirtschafterin sparsam zu haushalten, sondern sie in geradezu aristokratischer Verschwendung weiterzuverschenken. Und das zu ihrem bloßen Vergnügen, ohne dabei nach Tauschwerten, Regeln und Verdienst zu fragen, die eigenen Fähigkeiten nicht penibel dokumentierend, sondern mit ihnen ironisch herumspielend, scheinbar nichts ernst nehmend – während die Braven, die sich das alles eisern angeeignet haben und handwerklich viel besser sind, fassungslos über die Ungerechtigkeit der Welt daneben stehen. Bei manchen, das lässt sich im Fall LML im Netz gut beobachten, kippt diese Verständnislosigkeit in ungezügeltes Ressentiment und Hass auf das Glückskind, oder in wüste Verschwörungstheorien.

VI.

Darum komme ich zu der Schlussfolgerung: LML ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit. Sie ist die (sehn-)süchtig machende Erinnerung an das Glücksversprechen des Pop, verkörpert in dem Gesicht einer Caravaggio-Madonna mit ironischem Grinsen und frechem Mundwerk. Die Sehnsucht, die LML weckt, ist nicht die Sehnsucht nach Bürgerlichkeit, sondern das Versprechen, dass – wenigstens stellvertretend in ihrer Person – die Befreiung vom Korsett der Bürgerlichkeit möglich ist. Deshalb träumen so viele laut oder leise davon, so zu sein wie sie – und schon allein diesen Traum träumen zu können, indem man sie beobachtet, führt ein Stück des Glücks mit sich. Wenn das Mittelschichts-Bürgertum LML liebt, dann nicht deswegen, weil sie genauso ist, wie es selbst, sondern weil es sich heimlich danach sehnt, ganz anders zu sein, als es ist.

Allerdings kommt es noch schlimmer für die Anhänger der HTE, denn die ganze Überlegung zeigt noch ein Zweites: Wenn es überhaupt eine Verkörperung des Bürgerlichen im deutschen Fernsehen gibt, dann sind das ironischerweise eben die just von jenem Bürgertum so verachteten, proletigen Casting Shows. Als Dieter Bohlen verkündete, der von ihm nicht favorisierte Mehrzad Marashi habe DSDS dank „deutscher Tugenden“ (er meinte Fleiß und Disziplin) gewonnen, hätte er damit um ein Haar einmal etwas Wahres gesagt. Sicher, begriffen hat er es wahrscheinlich nicht. Das deutsche Feuilleton aber auch nicht.

[Mit Dank an Max D., der mich auf den Text aufmerksam gemacht hat.]

260 Replies to “Lena ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit”

  1. Mein Gott, sie hat den Grand Prix gewonnen und sieht ganz niedlich aus. Ihr Auftreten gab es wohl so oft auch nicht, aber warum muss man diese Person so ernst nehmen? Ich glaube, dass sie in den nächsten Jahren höchstens eine Randerscheinung sein wird.

  2. Ich bin nicht besonders Lena-interessiert, aber dieser Text ist wirklich verdammt, verdammt gut. Das (oder eher: so etwas) ist genau das, was ich gerne lesen würde, wenn ich mal doch wieder den Feuilleton aufschlage.

  3. Ich halte den Text auch eher für sehr schablonenhaft, fast schon angestrengt an eine spezielle politische Theorie und Weltsicht angelehnt. Da gehts nicht um Lena, sondern um gesellschaftliche Ressintements.
    Außerdem nerven Abkürzungen im Text. Stilistisch sollte es möglich sein, einen flüssigen Text über eine Dame mit langem Doppelnamen zu schreiben, ohne Abkürzungen zu verwenden. Stoppt den Lesefluss und zeugt von fehlender Kreativität.

  4. Ist die mediale Unterschicht die, die in Casting-Shows auftritt? Oder definieren eher die Zuschauer diesen schrecklichen Begriff?

  5. @paul: Sie haben den Text nicht gelesen, oder? Es geht in ihm um Pop, ums Fernsehen, um Kultur und Gesellschaft. Um politische Theorien geht es nicht.

    @Schlomi Arbeitmann: Wer wäre denn Ihrer Meinung nach wichtig genug, dass man sich ernsthaft mit ihm beschäftigen darf? Popstars mit ihrer unbestimmbaren Haltbarkeitsdauer scheinen ja generell auszuscheiden.

  6. Der Text erfindet dieses ganze „Bürgerlichkeits“-Geschwurbel ja nicht, er reflektiert es aus den anderene Medien. (Womöglich hilft es, dazu auch den „Spiegel“-Unsinn zu lesen. Und den „Stern“-Riesen-Unsinn.)

  7. Ich find’s gut, wäre nett gewesen, mal sowas zu gedruckt zu lesen (ob mit Abkürzungen oder ohne).

    Diese Stern-Geschichte war jedenfalls wirklich unfassbar schlecht.

  8. Was für eine großartige Analyse. Ich mache hinter jedem Absatz ein Häkchen.
    … vielleicht melde ich mich doch noch bei flattr an.

  9. Wirklich ein toller Text; eine brillante Analyse, die genau den Punkt trifft und nebenbei aufzeigt, wie unsere Medien vor lauter Denkfaulheit nicht mal mehr die minimalste Anstrengung darauf verwenden, wenigstens die Plausibilität dessen, was sie voneinander abschreiben, zu prüfen.

    @Stefan: Dafür würde ich gerne dem Autor was zukommen lassen. Wie mache ich das?

  10. Ergänzend aus dem Blickwinkel eines Hannoveraners: die Vorzeigebürgerlichkeit der mittlerweile prominentesten Tochter unser Stadt ließ sich aufgrund der vorhandenen Informationen schon immer bezweifeln. Ihr Heimat-Viertel Misburg gilt eher als Arbeiterviertel (nichts gegen Arbeiter, es entspricht eben nur nicht dem Bürgerlichkeits-Klischee) und ihre Roderbruch-Gesamtschule steht in einem der übleren Teile der Stadt, der auch als Kulisse für ein frühes Sido-Video dienen könnte. Nun soll man Menschen eigentlich nicht nach ihrem Stadtviertel beurteilen sondern nach anderen Maßstäben, für die Medien hätte das aber zumindest ein Hinweis darauf sein können, dass hier vielleicht doch nicht jene Wunschvorstellung vorliegt, die viele allzu bereitwillig auf unser aller Lena projiziert haben.

  11. Ich finde die Analyse interessant, obwohl ich mit dem Phänomen als solchem überhaupt nichts anfangen kann.

    Ich bin nie auf die Idee gekommen, dass ich Mal Dieter Bohlen oder auch Heidi Klum zusehen sollte, wie sie Kinder beleidigen und dabei mit einer fetten Wurst vor ihrer Nase herumwedeln.

    Da das Phänomen auch nach x Jahren nicht vorbei ist und auch Akademiker-Kinder auf Parties immer mehr von den Shows erzählen muss man sich schon fragen: was ist da eigentlich los?

  12. Auch wenn ich nicht jedem Detail zustimmen würde ist das insgesamt ein erstaunlich wahrer und scharfsinniger Text, den zu lesen sich lohnt, auch wenn man sich nicht ansatzweise für Frau Meyer-Landrudt interessiert. Danke!

  13. mit einem satz wie „Sie ist die (sehn-)süchtig machende Erinnerung an das Glücksversprechen des Pop“ kommt die leichtigkeit zurück, die die ganze geschichte braucht. toll!

  14. @ Stefan Niggemeier

    So sehr ich auch die Berichterstattung hier und im oslog geschätzt habe, geht mir der Lenahype zu weit. Klar, sie hat den Grand Prix gewonnen, was vielen Menschen ganz viel bedeutet. Das ist es selbstverständlich, dass man sich mit ihr auseinander setzt, besonders da sie durch ihre eigenwillige Präsentation in der Öffentlichkeit aufgefallen ist. Alles schön und gut, aber mir geht es in ihrem Fall einfach etwas zu weit. Sie ist (für mich) eine mittelmäßige Popinterpretin, aber weder ein Symbol für irgendwas noch „etwas besonderes“. Ihre Art des nonkonformistischen Konformismus ist nicht neu, sondern seit Jahrzehnten in den Medien breitgetreten. Ob das Elvis Presley, die Beatles oder Tokio Hotel waren: Sie alle waren anders, aber normal genug um von der Masse gefeiert zu werden. Ähnlich ist es bei Lena, sie ist einfach ein Medienphänomen. Sie hat das Rad nicht neu erfunden, nur weiter gedreht.

  15. Prima Analyse! Miese Kommentare! Das hier eine neunmalkluge Stock-im-Po-Fraktion sich im miesmachen übt ist mir schon öfter aufgefallen.

  16. „…protestantischen Arbeitsethos….“ „..Pop scheißt auf Selbstdisziplin ..“ Steile Thesen. Kommt Pop also doch von Pope? Oder eher von Popel? :-)

    Das Bürgertum wird immer lauer. Mag sich schon selbst nicht mehr leiden. Und traut sich nicht, seine Wünsche zu er-leben. Michel träumt lieber. Kann es sein, dass hier der Schriftführer eines LML-Fanclubs mehr Vorurteile gegen das Bürgertum hat, als dieses gegen seinen Fanclub?

  17. Zusatz zu # 18:

    Der Vergleich mit Beatles & co. ist ausdrücklich nicht auf musikalischer Ebene. Lenas musikalische Fähigkeiten sind für mich als Laie nichts mehr als Geschmackssache, weswegen sie nicht in die Diskussion einbezogen werden sollten.

  18. polyphem: auf ARTE lief eine Serie über große Alben der Rock-Geschichte o.ä.

    Es war toll zu sehen, wie damals sehr wilde Bands angesichts sich angesichts der Synthesizer von damals in die heimlichen Geeks verwandelten, die Musikstücke tatsächlich durchkomponiert haben, die wochenlang an den richtigen Effekten feilten – und statt Gitarren zu zertrümmern doch eigentlich hauptsächlich ganz zivilisiert Knöpfchen drückten… :-)

  19. @Schlomi Arbeitmann: Sie sind aber lustig, wie Sie hier überall kleine Diskussions-Verbots-Schildchen aufstellen undandererseits Lena mit Elvis und den Beatles vergleichen (nicht auf musikalischer Ebene, natürlich) — Künstler, die ja auch nach kurzer Zeit schon zu Randerscheinungen wurden.

  20. Ganz schön langer, ganz schön toller Text:

    @Schlomi: Mein Gott, das ist ein unglaublich nüchtern und ausgewogen analysierender Text und sie sprechen gleich von Hype. Wo ist denn hier in den letzten Tag bitte schön was gehypt worden. Doch nicht Lena!

  21. Ist es nicht aber gerade das Mittelschichts-Bürgertum, das sich auch mal so kleine Extravaganzen gönnt und hält, wie Lena vielleicht in ihrer vermeintlichen Andersartigkeit eine ist?
    Das hier porträtierte Bürgertum, dass sich so sehr an Tugenden wie Disziplin und eisernem Willen festhält, scheint mir eher jenes der 50er zu sein, welches sich in den Nachkriegswiruungen nach oben kämpfen wollte. Deren Kinder hingegen, die in dem geschaffenen Wohlstand und mit einer tüchtigen Portion Sicherheit im Rücken aufgewachsen sind, und die dann auch mal sowas wie Kunstgeschichte studieren konnten, ohne sich vor Mami und Papi rechtfertigen zu müssen, scheinen mir eher als jene in Frage zu kommen, die heute als außerordentliche Lena-Fans auftreten. Halt so die NDR-Talkshow-Zuschauer.
    Insofern läuft diese Analyse in Bezug auf die vermeintliche Widerlegung der Spiegel- oder was auch immer -krtiik etwas ins Leere und es scheint, als wolle man sich Lena nur nicht madig machen lassen.

  22. Naja, so super ist das nicht, eher genauso klischeehaft wie die darin kritisierten:

    das hier zum Beispiel:
    „Höhere Töchter – auch exzentrische – haben keine Tattoos und keine Zahnpiercings. Sie tanzen Ballett, nicht Hip-Hop. Sie geben nicht fröhlich zu, mittelmäßige Schülerinnen zu sein, zu rauchen und sich gelegentlich zu besaufen, auch fahren sie TV-Urgesteinen nicht rotzfrech über den Mund und sagen nicht ständig “scheiße” und “kotzen” im Fernsehen.“

    Und ja, die Schlussfolgerung ist meiner Meinung nach lächerlich: Lena verkörpere die Sehnsucht nach

    Gelinde gesagt: Ein großer Schmarrn, eindimensional und in seinem apodiktischen Ansprich nicht zu halten und fast schon ärgerlich – vor allem für höhere Töchter.

    Und leider geht es so weiter, hier zum Beispiel:
    „Pop scheißt auf Selbstdisziplin und Leistungsgerechtigkeit. Darin ist er zutiefst romantisch. Er belohnt nicht die Arbeitsbienen und die Klassensprecher, er verachtet die Philister.“
    Klingt ja ganz gut und es wäre auch toll, wenns so wäre, aber Pop ist mittlerweile so viel, dass er natürlich auch die Klassensprecher und Streber und die mit der Disziplin belohnt. Das beste Beispiel ist leider Dieter Bohlen und dessen Erfolg. Und wenn man in der Kiste Pop kramt, findet man hunderte solcher Beispiele. DJ Bobo tritt immer noch in den größten Hallen auf. In den aktuellen Charts geht das bei Unheilig los, hört bei Lena, die auf ihre Art natürlich auch eine Streberin ist, nicht auf, weiter beim DSDS-Kram, zu Shakira, sogar zu Sido und natürlich auch den Fanta 4 und Hansi Hinterseer. Den Romantikern, Spinnern usw. bleibt meist nur die Nische – und die besser Musik. Aber darum geht es ja hier nur am Rande. Gute Musik macht Lena sicher auch nicht, bei ihr geht es um tatsächlich nur um ihre grandiose Ausstrahlung.

    Und die Schlussfolgerund, tut mir leid, die ist wirklich dumm: „Das Versprechen, dass – wenigstens stellvertretend in ihrer Person – die Befreiung vom Korsett der Bürgerlichkeit möglich ist.“
    Ne oder? Das ist fast schon reaktionär und so romantisch, dass es weh tut.

  23. Toller Text! Ich finde aber, Castingregel Nr. 3 wurde vergessen: Entblöße dich vollkommen. Gib alles aus deinem Privatleben preis, erzähle möglichst oft und alles aus deiner traurigen Kindheit oder sonstige intime Probleme und wage es ja nicht, irgendwelche Geheimnisse zu haben. Mit der Teilnahme an einer Castingshow hast du jedes Recht auf Privatsphäre verwirkt. Schließlich ist das Privatleben der Kandidaten Teil der Vermarktungsstrategie.

  24. So isses! Diese Was-kümmert’s-mich-Mentalität macht das Mädchen zur Ausnahmeerscheinung unter all diesen Kandidaten, die unter der Fuchtel von Bohlen und Klum herumkriechen.

    Und Lena hat genau die Art von Spass an der Musik, die man auch Jack White in der Szene von „It Might Get Loud“ ansieht, als er den Nagel in das Brettchen schlägt, einen rostigen Draht darum wickelt und dann da drauf elendige Gitarrenriffs zu geigen beginnt.

  25. „…und es scheint, als wolle man sich Lena nur nicht madig machen lassen.“
    Und das zu Recht. Denn warum sieht sich überhaupt irgend jemand berufen, irgend jemandem irgend etwas (zum Beispiel Lena) madig machen zu müssen?

  26. @ Stefan Niggemeier

    Ich stell keine Schilder auf, sondern wollte nur deutlich machen, dass eine Diskussion über ihre musikalische Leistung mit mir keinen Sinn machen würde, weil ich das nur nach Geschmack bewerten kann.

    Ich bleib dabei: Das „Phänomen“ Lena ist keineswegs neu, es gibt zig Beispiele dafür. Beatles und Presley sind wohl die prominentesten davon, ändern aber nichts an der Tatsache. Mein Unverständnis rührt daher, dass viele, fast alle wichtigen und unwichtigen Medien es darstellen, als wäre so ein Aufstieg in dieser Art und Weise in den medialen Fokus etwas nie dagewesenes.

    Womit ist sie denn berühmt geworden? Mit der Interpretation verschiedener Songs und dem Grand-Prix-Sieg. Das ist meiner Meinung nach ein sehr wackliges Fundament, um als Künstler nachhaltig Erfolg zu haben.

  27. Wie geht doch der Standardspruch der Musiklehrer:
    „Kunst kommt von Können; wenn es von Wollen käme, würde es Wulst heißen.“ Ja, aber eine Menge Wollen (und Disziplin) gehört dazu. Stellt sich jetzt die Frage, ob Pop Kunst ist? Oder übt sich Stefan Raab möglicherweise auch in (Selbst)Disziplin?

    @Torsten: Durchkomponiert. Mit protestantischem Arbeitsethos und Disziplin zwischen den Pausen. :-)

    btw: aktuelle Modifikation des Paukerslogans:
    „Kunst kommt von Können. Wenn es von Wollen käme, würde es „Wulff“ heißen.

  28. Da hat sich mal jemand die Mühe gemacht, meine Gedanken auszuformulieren. Cool. Danke auch für die Veröffentlichung auf einer Seite, wo man’s auch mitbekommt.

  29. @Schlomi Arbeitmann

    Wenn Sie schon andere Künstler zum Vergleich heranziehen … dann doch bitte nicht im nostalgischen Rückblick. Sowohl Elvis Presley als auch die Beatles waren jahrelang vom Mainstream nur als Hype angesehen. Noch 1964 konnten sich die James-Bond-Film-Autoren leisten, eine abfällige Bemerkung über die Beatles prominent unterzubringen. Elvis war bis zu seiner Militärzeit wurde nur als laut und sich obszön bewegender Negermusik* Singender wahrgenommen – von jenen älteren Bürgerlichen: ‚Das vergeht.‘

    *Nicht mein Wort, sondern der durchaus rassistische Terminus der damaligen Lästerer.

  30. Also, die Erkenntnis, dass die Leute Lena entweder mögen, weil sie so ist wie sie oder sie mögen, weil sie NICHT so ist wie sie, die Leute aber gern wie sie wären, das hätte man ja auch irgendwie kürzer aufschreiben können.

    (Vielleicht wäre es dann halt nicht so nachvollziehbar. Kann sein.)

  31. @31: „Ich bleib dabei: Das “Phänomen” Lena ist keineswegs neu, es gibt zig Beispiele dafür. “

    Das „neue“ am „Phänomen Lena“ ist, dass hier das alte Elvis/Beatles/Stones-Gehabe wieder aufgefrischt wird. Natürlich, das gabs schon alles. Aber nicht im reichweitenstarken Pop der letzten 10, 15 Jahre.

    Von daher ist Lena insofern bemerkenswert, als dass sie mit ihrer Haltung (wie im Text beschrieben) auf die große Bühne gekommen ist, obwohl die Popkultur mittlerweile anders läuft.

    Es gibt sicher tollere ich-singe-aus-Spaß-an-der-Freud‘ Pop-Musiker mit Außenwirkung. Diese Außenwirkung beschränkt sich aber in der Regel auf 3 Clubs im Landkreis und hat keine Chance, auch nur nationales Fernsehen zu erreichen.

    Ob Lenas Karriere anhält? Man weiß es nicht. Ist auch egal.
    Wenn Lena nächste Woche auf die Idee kommt, lieber vergleichende Sinologie zu studieren als weiter zu singen, hat sich die Frage eh erledigt – wen störts? Sie hatte dann ihren Spaß, die Fans hatten ihren Spaß, alles ist gut.

  32. LML ist die neue Nora Tschirner ist die neue Heike Makatsch ist die neue Julia Roberts.

    Kurz: Der Typ junge Frau, dem die Herzen zufliegen. Gab’s schon immer, wird’s immer wieder geben. Nur halt nicht so oft, dass man das für „normal“ halten könnte.

    Ende aus Micky Maus. Keine weiteren Theorien nötig. Mich interessiert die oben genannte Theorie genauso wenig wie das grauenhafte Geschwurbel in den Zeitungen.

  33. @ 36

    Ich hab ja auch nix dagegen, dass sie Spaß und viele „Fans“ hat. Ich halte sie nur für nicht so besonders, dass es dutzende Artikel über ihre Art und ihren Aufstieg geben müsste.

    Alexander Klaws und Tokio Hotel wurden auch total gehypet, und das war innerhalb der letzten 10 Jahre. Die waren auch „neu“ und „besonders“. Ich glaube einfach, dass sich Lena nicht so stark von den anderen abhebt. Sie hat halt ihre musikalische/mediale Nische gefunden, aber das haben viele andere auch schon zuvor und generierten einen ähnlichen Hype. Dazu kommt, dass Lena den Grand Prix gewonnen hat, was ihr natürlich noch mehr Fans beschert hat.

  34. Chapeau – mehr kann ich dazu nicht sagen.

    Dieses „Wunschdenken“ des Bürgertums kann man allerdings auch in kleineren gesellschaftlichen Kreisen bzw. in Fragmenten dieser beobachten. Die kleinen Talente, Lieblinge im Verein, im Ort oder der Kleinstadt, die sportlich überragend sind oder tolle Musik machen. Oder der Leadsänger in der Schülerband, der angehimmelt wird. Menschen, denen in jenem Mikrokosmos (im Gegesatz zu LMLs) ihrer Gesellschaft, bevorzugt behandelt werden, denen vieles leichter fällt.

    Nur mit dem Unterschied zu LML, dass diese Talente direkt persönlich (und sogar körperlich) angreifbar sind und es nicht das erbärmlich selbstverliebte Feuilleton ist was „zuschlägt“, sondern die Neider aus dem direkten sozialen Umfeld. Schlimmstenfalls bekommt jene beliebte person was auf die Fresse – was LML wohl kaum passieren wird. Denn sie hat ja ständig ihren Pitbull dabei – Stefan Raab … ;-)

  35. Uhaaaaa….

    Warum muss denn immer alles jeden interessieren? Kann nicht einfach mal ein Text für sich genommen gut sein? Geht es den Nörglern dabei ums nörgeln an und für sich, oder muss man sich wirklich die Frage stellen: „Bin ich noch ganz bei Sachen, wenn ich Lena gut finde?“

    Der „Hype“ wird doch um die Tatsache gemacht, dass eine 19Jährige ein Volk bewegt(e). Ob gerechtfertigt oder nicht, ob schon dagewesen oder gänzlich neu, ist irrelevant…

    Ob ihr Talent darin besteht Musik zu machen, Authentisch zu sein oder die Medien im Griff zu haben und mit ihrer Art den Hauptstrom (aka mainstream) anzuhalten und kurzzeitig umzukrempeln wird doch die Zeit zeigen.

    Ich für meinen Teil wurde von USFO prima unterhalten, hatte bei einigen Auftritten Lenas viel Freude und hatte seit langer Zeit wieder Spaß daran auf einen Auftritt im Fernsehn zu warten und nicht enttäuscht sein zu müssen meine Zeit gänzlich verschwendet zu haben.

  36. Sehr spaßig finde ich es, wie immer wieder (auch in dieser Diskussion) sich Leute bemüßigt fühlen, darüber zu greinen, dass LML „nicht wichtig“ sei. Freunde, erinnert Ihr Euch an ABBA, eine der erfolgreichsten Pop-Bands der Musikgeschichte? Deren Karriere begann auch mit einem ESC (der damals noch anders hieß). Ich finde situationsbezogen das Phänomen LML und die Tatsache, dass Deutschland diesen Contest nach fast 30 Jahren mal wieder gewinnen konnte, von enormer kultureller Wichtigkeit. Wichtiger etwa als die Nachfolgeregelung der Wagner-Festspiele, die das deutsche Feulleton schon seit Jahrzehnten mit Inbrunst begleitet.
    Denn durch diesen Gewinn manifestiert sich offenbar eine Änderung der Rezeption deutscher Kultur im Ausland – und zwar auf einer in breiten Bevölkerungsschichten akzeptierten Art und Weise. Das ist wichtiger als der nächste Grass-Roman. Noch etwas zum Vorwurf, LML könne nicht singen. Im Studio kann sie das offenbar wirklich nicht. Die Studio-Aufnahmen, die im Moment im radio gespielt werden, sind schlecht. Aber auf der Bühne hat sie perfekt performt. Ist halt wie mit Jogis Jungs, die sind auch eine Turniermannschaft.

  37. Ich drücke jetzt den flattr-Button. Könntest du entweder dem Autor meine 10 Cent zukommen lassen, oder, falls zu aufwändig (und darauf wird’s wahrscheinlich hinauslaufen:), es als Dank für das Finden und Veröffentlichen dieser Analyse verstehen?
    Denn er ist wahrlich toll!

  38. herrlich, diese diskussion. der artikel auch, vielen dank.

    eines muss ich dem ereignis zugute halten: es hat uns (also das deutsche feuilleton) von der hegemannie über das phänomen frolleinwunder befreit. singen, tanzen, nöööt sagen und niedlich sein konnte die offensichtlich ganz alleine.

    .~.

  39. @39

    – ot: Sie meinen @37

    „Alexander Klaws und Tokio Hotel wurden auch total gehypet, und das war innerhalb der letzten 10 Jahre. Die waren auch “neu” und “besonders”.“

    Sie benutzen „besonders“ für Alexander Klaws und Tokio Hotel gleichermaßen? Sie sollten den Text, den Sie hier kommentieren, wirklich mal lesen, da auf genau die von Ihnen genannten grundverschiedenen Typen von Pop-Interpreten eingegangen wird. Sie nennen eben diese beiden Typen aber in einem Atemzug.

    Alexander Klaws ist der Casting Show – Marionettenstar Prototyp (in Deutschland). Einer, das System Casting verinnerlicht hat. Absolut Austauschbar

    Tokio Hotels sind (zum Teil) Freaks im positiven Sinne, die einen Großteil Ihrer Fans mutmaßlich der androgynen Erscheinung des Sängers verdanken.

    Wo genau sehen sie hier die Übereinstimmung?

  40. Lena ist originell, hat Charme, Humor und Arsch in der Hose. Mir hat das gereicht, um sie spontan gut zu finden. Ich muss nicht zwanghaft nach ’ner Schublade suchen, in die ich sie stecken kann. Sie kam an, weil sie Lena ist. Und ich wünsche ihr, dass sie das bleibt.

  41. Die „Höhere-Tochter-Erzählung“ ist ja mittlerweile sowieso etwas angestaubt, weil Lena immer häufiger als Stefan Raabs Sidekick fungiert. HTE zu wiederlegen war aber auch zuvor nicht schwierig, denn im USFO Kandidatenvergleich gab es einige, denen dieser Schuh besser passte.

    Auch das Gegenteil, Lena als anti- , nicht- oder postbürgerliche Identifikationsfigur hinzustellen, erscheint mir unpassend. Die hohe Identifikation mit ihr wurde ja recht eindeutig mit ganz anderen Vokabeln belegt: natürlich, authentisch, echt, spontan, überraschend, mehr Ausstrahlung als Technik, mehr Haltung als Siegeswille. Das geht zwar durchaus in die Richtung „antibürgerliches Genie“, aber auch hier funktioniert die Gegenprobe nicht: Kandidat Dursti etwa erfüllte diese Rolle sehr viel besser.

    Ich möchte mit einem konkreten Beispiel belegen, worin sich Lena deutlich von allen anderen USFO-Kandidaten unterschied. In einem der Backstage-Filme wurden die Kandidaten gefragt, mit wem sie denn abends gerne weggehen würden. Alle antworteten auf diese Frage, leicht verlegen, dass doch alle Kandidaten nett seien, dass sie mit jedem ausgehen würden. Nur Lena antwortete. „Ich verlasse abends grundsätzlich nicht das Haus!“.

    Mit einer solchen Weigerung, brav und ehrlich zu antworten, rettet sich Lena häufig aus Situationen, in denen ein Gesprächspartner versucht, sie in die Ecke zu drängen. Mit der Fähigkeit, spielerisch die Situation umzuinterpretieren, beharrt sie darauf, widersprüchlicher und komplexer zu sein, als es die Fragestellung vorsieht. Sie rebelliert damit aber nicht gegen eine „korsetthafte bürgerliche Ordnung“, sondern gegen die Schablonenhaftigkeit eines Gesprächs oder gegen die Gepflogenheiten des langweilig routinierten Medienbetriebs.

    Lenas Karriere beginnt damit, dass ein hübsches, adrettes und sehr emotionales Mädchen eine perfekte Projektionsfläche abgibt. Im Verlauf der Casting-Show verhindert sie aber erstaunlich erfolgreich, dass die Erwartungen an sie enttäuscht werden, indem sie sie selbst unterläuft. Jeder Song durchbricht die Erwartungen, die der vorhergehende Song aufgebaut hat. Sie zeigt viele verschiedene Gesichter, weigert sich aber, ihre Widersprüche aufzulösen – es sei denn, durch Komik. Den unstillbaren Wunsch des Publikums nach authentischen Gefühlen erfüllt sie, indem sie ihn eben nicht erfüllt, als wüsste sie genau, dass das im professionellen Medienbetrieb gar nicht anders möglich ist.

  42. Sehr treffende Analyse. Ich kann ihrem Lied zwar leider so gar nichts abgewinnen. Aber sie wirkt einfach sehr sympathisch, weil menschlich. Nicht wie diese Herrscharr willenloser Castingpüppchen, die sonst so in der Welt der Popmusik umherschwirren.

  43. @noribori:

    Pass auf, der Niggemeier macht aus deinem Kommentar sofort einen Artikel ;-)

    nee, echt, ich glaube dass dein Kommentar einen ganz wichtigen Aspekt von Lenas Erfolg „herausarbeitet“.

  44. Wie die Mädels von Heidi Klum bei GNTM, so hat sich Lena Meyer-Landrut bei Stefan Raab dem Casting unterworfen. Ihr Erfolg ist einfach zu erklären. Sie füllt eine bislang unbesetzte massenmediale Marktnische aus: Ob ihr Auftreten natürlich oder pseudo-natürlich ist, ist völlig egal. Das Produkt Lena Meyer-Landrut ist neu und verkauft sich gut. Über das weitere Schicksal dieses Produktes entscheidet das freie Spiel der Marktmechanismen.

  45. Für ein „Lob der Leichtigkeit“ in der Popkultur war es lange schon Zeit!

    Hinter der aktuellen Absolutsetzung von Leistung, Disziplin und Unterwerfung (die übrigens nicht nur in der Casting-Kultur geschieht) scheint mir aber noch etwas anderes zu stecken: der ebenso unheilvolle wie falsche Mythos vom leidenden Künstler, der seinen Erfolg damit zu bezahlen hat, daß es ihm auf irgendeiner Ebene seines Lebens schlechtgeht. Das geht so weit, daß der stellvertretende Direktor der Krakauer Kunstakademit öffentlich und unwidersprochen behauptet: „Je mehr der Künstler leidet, desto besser das Produkt.“ (Mehr dazu hier: http://www.troubadoura.de/index.php/kunstler-mussen-leiden/)

  46. Das ist tatsächlich sehr interessant. Ich stolpere zwischendurch über Caravaggio-Madonnen und ähnlichen Blödsinn, aber gerade in seiner Analyse des „Castingshow-Calvinismus“ sehr, sehr gelungen.
    Tokio Hotel sind übrigens ein ganz fantastisches Beispiel für eine Unterscheidung, die man nicht vergessen sollte: nämlich die zwischen dem Versprechen des Pop und seiner Realität. Der Pop feiert tatsächlich die Leichtigkeit und das Spiel, und die Castingshows haben dieses Versprechen tatsächlich pervertiert. Es ist sogar noch widersinniger: Die Arbeit, die Schinderei selbst wird auf einmal zum Pop selbst, zum Endprodukt erklärt. Das war mir vorher nicht so klar wie nach diesem Text. Hinter den Kulissen sah es allerdings schon immer so aus (natürlich nicht immer, aber es ist die Regel): Ganz viel harte Arbeit, die am besten gelungen ist, wenn sie nach gar keiner Arbeit aussieht. Nur eben keine Arbeit der Form „Bewerbungsmappe abgeben, neue Frisur, und dann die Karriereleiter hoch“. Tokio Hotel hatten wahnsinniges Glück (und fantastische „Pop-Ingenieure“ im Hintergrund), verkörperten die Jugend und das Freaksein ohne sich verstellen zu müssen, und landeten einen Volltreffer. Popstars geblieben sind sie allerdings, weil sie sich darauf nicht ausgeruht haben, sondern alles auf eine Karte setzten, sich diesem Traum hingaben und tatsächlich auch an ihren „handwerklichen“ Fähigkeiten arbeiteten, bis sie eine stattliche Band waren, die was zu sagen hatte (ganz ähnlich wie bei den Beatles, auch wenn der Vergleich mir weh tut). Die Castingshows verbannen die positive Seite der Leidenschaft und die Magie des Zufalls aus dem Pop, und das macht ihn unerträglich. Aber im Pop gilt auch: Man hat auf Dauer nur eine Chance, wenn man seine Hausaufgaben gemacht hat.
    (Ach Gott, das würde ich jetzt auch nicht alles lesen wollen. Sorry, Stefan, aber das sprudelte gerade aus mir heraus.)

  47. @menteuse: Naja, aber greift das nicht zu kurz, alles was Erfolg hat, nachträglich zum „perfekten Produkt“ zu erklären? Wird das nicht tautologisch?

  48. „Ich behaupte, dass es einen Namen für diese Haltung gibt. Sie ist nämlich bei Licht betrachtet keinesfalls revolutionär oder neu. In Wahrheit ist sie bloß die fast triviale Erinnerung an die Haltung, die man noch nicht vor allzu langer Zeit grundsätzlich mit der Popmusik verbunden hat – bevor der Casting-Show-Diskurs die Kontrolle übernahm, und zwar so erfolgreich, dass man mit der bloßen Erinnerung an dieses Prinzip des Pop (dieses Wort hier im weitest denkbaren Sinne verstanden) inzwischen wie ein Wesen von einem anderen Stern erscheint.“

    Danke, danke und … ach ja, danke!

  49. Der Text ist wirklich gut.

    Interessant wird das dann aber noch mehr, wenn man die internationale Ebene mit einbezieht (immerhin ist sie auch im Ausland derzeit sehr erfolgreich). Ticken denn alle Menschen in großen Teilen Europas gleich? Oder was empfinden die Spanier im Gegensatz zu den Schweden? Oder ist es in den anderen Ländern schlicht und einfach nur der Hype? Interessante Fragen, auf die ich allerdings auch keine erschöpfende Antwort habe. ;-)

    Lena ist aber offensichtlich nicht nur ein „deutsches“ Phänomen.

  50. # 39

    Alexander Klaws war nun mal der erste Castingstar Deutschlands. Diese Entwicklung mit hunderttausend Castingshows an jeder Ecke war damals noch nicht abzusehen. Sie meinen vielleicht, dass er austauschbar sei – glauben Sie, dass seine Fans das genauso gesehen haben? Ist Lena in Augen anderer nicht auch „absolut austauschbar“?

    Ich stimme da mit dem Text halt nicht über ein. Die genannten Künstler sind in ihrer Ausprägung und Form sehr unterschiedlich, sind aber durch die gleichen Mechanismen in die Öffentlichkeit. Was neues, was anderes, was den Nerv eines breiten Publikum getroffen hat. Wo sind da die Unterschiede?

    Lena mag viel sympathischer sein, aber sie ist genauso ein Produkt einer Castingshow. Das Ziel war von vornherein einen Gegenentwurf zu den ganzen Superstars zu finden. Ob nun Lena, Jennifer oder irgendein anderer gewonnen hätte – jede/r Einzelne wäre anders als ein Alexander Klaws gewesen.

    Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Wäre Lena durch ihren eigenen Musikblog erfolgreich gewonnen, das wäre vielleicht etwas spektakuläres; aber durch eine Castingshow, die genau diesen Typ als Gewinner produzieren wollte – ich sehe da einfach keine Besondertheit.

    (Bevor es zu sehr ausartet: Ich mag Lena, freue mich, dass sie den Grand Prix geholt hat. Ich habe nichts gegen sie.)

  51. Ein schöner Text, aber im Grunde geht es da um zwei verschiedene Definitionen von „Bürgerlichkeit“. Während das Feuilleton eher ein großbürgerliches Verständnis hat – das durchaus grundsätzlich mit der Lässigkeit des Pop vereinbar ist und eben nicht verbissen auftritt – bezieht der Autor sich auf Bürgerlichkeit als Kleinbürgerliche Miefigkeit, die tatsächlich so auftritt, wie er es beschreibt. Diese beiden Brügerlichkeiten sind Grundverschieden und haben schon immer für Spannungen gesorgt. Am besten lese man dazu „Die feinen Unterschiede“ von Bourdieu, der diese Differenzen bis in’s kleinste ausgearbeitet hat.

  52. Wo kann ich meine 10€ per Flattr in dem Forum los werden? Der Text ist genial, Lena ist genial!

  53. Starker Feuilleton-Beitrag.
    Starker Rückschlag für die deutsche Presse, dass mal eine eigenständige Analyse im Web versteckt entsteht,
    und auf den bedruckten Seiten armseliges Herden-Geblöke vorherrscht

  54. Das Satellite Lied ist eher blöd, der Text hohl, Musik naja und Lena singt, tanzt, ist mittelmäßig und hat den Sieg wirklich nicht verdient.

    Ich hab ihr die Daumen gedrückt und mich richtig gefreut.

    (Klasse Text. Flattr an Autor weiterleiten!)

  55. Es ist alles gesagt, nur nicht von jedem, deshalb: Der Text ist vor allem interessant als Medienkritik. Das mit der Bürgerlichkeit war doch arg konstruiert. Deswegen ein sehr schöner Text. Danke dafür!

    Und ein bißchen politische Theorie kann doch wirklich nicht schaden!

  56. Sehr schöner Text, trifft den Nagel wirklich auf den Kopf. Und einige der Kommentare bestätigen sehr schön die These dass einige Leute einfach nicht damit klar kommen das sie das Phänomen „Lena“ überhaupt nicht begreifen können da es sich ihren festgefahrenen Denkschablonen komplett entzieht.

  57. @ 63

    ich sage nicht, dass Alexander Klaws im Gegensatz zu Lena austauschbar war (was ich zwar denke, aber nicht belegen kann), sondern im Gegensatz zu Tokio Hotel.

    „glauben Sie, dass seine Fans das genauso gesehen haben?“
    Ja, das denke ich. Die wären auch Fan von Markus Schmidt oder Andreas Schulze geworden, solange die nur dieses Casting gewonnen hätten. Wenn seine Fans echte Fans sind, losgelöst von dem Castingshow Rummel, wieso füllt er dann nicht regelmäßig Konzertsääle?
    –> Weil die Person ohne die Sendung für die Zielgruppe irrelevant ist.

    Tokio Hotel mussten keine Castingshow mitmachen, um gross rauszukommen, ein Grund für das Prädikat „nicht austauschbar“.

    viele Grüße,
    Jan

  58. @Ommelbommel LML reiht sich schon durch das, was sie macht, als Produkt in den Medien-Supermarkt ein: Musik im 4/4-Takt mit standardisierten Synkopen. Die Pop-Musik wiederholt seit dem Ragtime von 1890 ihre regressiven und infantilen Muster immerwährender Pubertät. Hört lieber Mozart, Schönberg und Mahler.

  59. Mein Gott, welch Abhandlung über ein Popsternchen. Lena ist ganz niedlich aber teilweise schon wieder nervig (als sie während eine Pressekonferenz gefragt wurde, ob denn Freunde oder jemand aus der Familie sie nach Oslo begleitet, verweigerte sie die Antwort, weil die Frage ja soooooo privat sei). Gut, wenn sie ihr Pravatleben nicht überall ausbreitet, aber die Reaktion auf diese Frage zeigte mir, dass sie aus dem Ich-verweigere-alles-Private eine Masche zu machen versucht. Wäre doch ein Leichtes gewesen zu sagen „Na klar sind ein paar Freunde dabei und Mutti auch“.
    Abgesehen davon hasse ich Tatoos und finde sie extrem prollig und ihr Ich-greif-mal-mit-geschlossenen-Augen-in den-Kleiderschrank-Stil ist auch nicht so mein Geschmack (wobei ich ihr Bühnenoutfits sehr chic finde).
    Lena ist anders als die DSDS Clowns, ihre Musik ist anders als das Bohlengelalle – aber ob sie ein STAR wird, muss sich erst noch herausstellen. Ein Star wird man nach vielen erfolgreichen Jahren – vorher ist man ein Sternchen.

  60. Spätestens mit der Abschlussforderung von Kommentar 74 haben wir jetzt den Punkt erreicht, wo man diese Kommentarspalte nicht mehr von einer Parodie auf Kommentarspalten unterscheiden könnte.

  61. Stefan, was erwartest Du?

    Es ist ein nettes, aber nicht besonders wichtiges Thema, und da stürzen sich alle in diesem Land ja sehr zahlreichen offiziellen Spaßbremsen, Misanthrophen, Miesmacher, Kritikaster, Kulturpessimisten drauf und plärren, jetzt kommt aber doch glatt Adolf zurück, wenn wir das nicht sofort wieder in den Griff bekommen und uns aber mindestens 3 Wochen kasteien…

    http://schreibenfuergeld.wordpress.com/2010/06/08/schlechte-laune-ist-pflicht/

    Ich hab das Thema wirklich nicht sehr ernst genommen, hielt den Siegbericht auf SpOn erstmal für eine Satire, aber wie sich die sogenannten „Alpha-Journalisten“ nun teilweise darüber ergeifern, ist peinlicher als Ralf Siegel und Dieter Bohlen zusammen.

    Der Artikel übertreibts zwar in die andere Richtung, „Arbeitsbienen“ und „Streber“ runterzumachen, ist ja in diesem Land ebenso „beliebt“ wie überflüssig (da gehts ja fast mit Rötzer konform, der mehr Hartz-IV-Flair möchte), aber insgesamt ist er deutlich entspannter.

    Für sich stehend fände ich ihn übertrieben, als Gegengewicht gegen all die Bockerer und Meckerer aber zwingend notwendig.

    (Was machen eigentlich die Edelfedern, wenn mal nix passiert, über das man sich intellektuell total überlegen echauffieren kann?)

  62. Ein sehr interessanter Artikel. Dennoch wird hier nur eine vollkommen irrwitzige Schablone durch eine andere ersetzt. Die Mär von der höheren Tochter oder der neuen Identifikationsfigur des Bildungsbürgertums ist bei genauerer Betrachtung absoluter Nonsens. Das einzig wahre daran, besteht in der Tatsache das Lena eine Abiturientin ist und keine Knastkarriere vorweisen kann.

    Genährt wurde diese These unter anderem durch ihre prominente Verwandtschaft. Einem Großvater Andreas Meyer-Landrut, welcher eine lange Diplomaten-Karriere vorzuweisen hat. Vollkommen ignoriert wurde dabei aber der Umstand, dass LML zu ihrem Vater und vermutlich daher auch zur gesamten Familie der väterlichen Seite wenig Kontakt hatte.

    Bleibt also nur die Tochter einer alleinerziehenden Mutter, welche dennoch bei der Erziehung irgendetwas richtig gemacht haben muss. Herausgekommen ist dabei eine eigenständige Person, welche selbständig und fröhlich ihren individuellen Lebensweg beschreitet. Vollkommener Durchschnitt! Wie öde und langweilig die Geschichte doch auf einmal wird.

    Die Gegenthese geht von einer Reinkarnation der wahren Pop-Kultur aus. In der Tat scheint LML wenig in das klassische Marketing-Schema einer international operierenden Musikindustrie zu passen. So gar nicht dem Muster der üblichen Sternschnuppen entsprechend, welche gewöhnlich aus Casting-Shows hervorgehen und ebenso schnell wieder verglühen.

    Die Pop-Kultur hatte aber auch immer etwas mit Auflehnung zu tun. Rebellion gegenüber den verstaubten Ansichten der älteren Generationen. Natürlich hat sich dieses bei den Beatles oder Stones in den 60ern etwas anders geäußert, wie bei neueren Ausprägungen dieser Kultur. Gänzlich verschwunden ist diese Kultur jedoch nie. Protagonisten wie Tokio-Hotel dürfen durchaus diesem Kultur-Kreis zugerechnet werden. Auch wenn sich hier die Auflehnung eigentlich nur noch auf Aussehen und Klamotten reduzieren lässt.

    Genau diese Art von Auflehnung fehlt bei LML gänzlich. Sie ist kein Gegenentwurf für irgendetwas. Sie ist in ihren Ansichten und ihrer Haltung fast schon als langweilig zu bezeichnen. Privatleben tabu, Stimme mittelmäßig, Tanzstil gewöhnungsbedürftig, Kleidung schlicht, Aussehen gut, aber nicht gerade eine Sexsymbol. Bis hierher müsste man sagen: Eine solche Person hat keine der Eigenschaften, welche notwendig sind um erfolgreich zu sein. Nur hat uns eben diese LML gelehrt, dass all dieses überhaupt nicht wichtig ist.

    Wenn es all dieses nicht ist, was macht dann eine LML aus? Ein ewig unerklärliches Phänomen?

    Ich kann und will nicht für andere sprechen. Was ich hier schildern kann, sind lediglich meine ganz persönlichen Eindrücke während der USFO-Shows. Ich muss dazu sagen, viel versprochen habe ich mir damals von eben diesen Shows nicht. Der Fernseher lief eher im Hintergrund und ich habe auch mehr zugehört und eigentlich kaum hingesehen. Die Qualität der Beiträge war zwar durchaus gut, sicherlich besser wie der übliche DSDS-Müll. Vom Stuhl gerissen hat mich allerdings trotzdem nichts.

    Dann kam Lena, auch ihren Beitrag habe ich mir zunächst nur angehört und nicht angesehen. Ich muss zugeben ich war nicht sonderlich davon überzeugt. Seltsamer Sprechgesang, einige schiefe Töne! Umso mehr haben mich dann die Kritiken der Jury erstaunt. Bisher fand ich die Kritiken zwar milde, aber dennoch meist zutreffend. Die Kritik zu Lena war aber geradezu überschwänglich, was ich mir anfangs gar nicht erklären konnte. Zumindest war aber in diesem Moment meine Aufmerksamkeit geweckt.

    Einige Tage später habe ich mir die Sendung im Internet noch einmal angesehen. Danach habe ich es verstanden. Lena ist in vielen Bereichen nur Durchschnitt, aber da war was als sie die Bühne betreten hat. Eine geradezu magische Anziehungskraft, eine Lebensfreude welche ich so noch von kaum einem Künstler auf der Bühne gesehen habe. Die Fähigkeit alleine durch Körpersprache und Mimik ganze Geschichten zu erzählen. Sie hat das Publikum gepackt, für einen kurzen Augenblick verführt und einfach nur gut unterhalten.

    Aus meiner Sicht liegt hierin das eigentliche Geheimnis. Die Zurschaustellung purer Lebensfreude in Zeiten der Krise. Lena ist ansteckend und das ist auch gut so. Ich kann mittlerweile aber auch verstehen, wenn einige Leute nur noch genervt sind. Im Radio und in den Studio-Aufnahmen geht doch viel von dem eigentlichen Charme ihrer selbst verloren. Es war auch in den letzten Wochen wirklich etwas viel Lena.

  63. Ach lieber Schlomi, umso öfter man betont wie unwichtig X ist, desto öfter erwähnt man X und macht X sukzessive wichtiger. Dass Sie dann auch noch Elvis und die Beatles in einem Atemzug mit Tokia Hotel erwähnen, ist einfach widerlich, Pfui!
    Ansonsten gilt natürlich dass nichts unsympathischer ist als auf eine sachliche Untersuchung eines Sachverhalts den Gegenstand der Untersuchung für irrelevant zu erklären. Das erscheint gerade dann bescheuert wenn man den Gegenstand mag, sich über dessen Grand Prix Sieg freut und nicht gegen ihn hat.

    @menteuse: Mahler ist so mehrschichtig langweilig, ich will gar nicht erst anfangen mich darüber auszulassen. Dass rückwärtsgewandte Kulturidioten wie Sie (ja, persönlicher Angrifff) nichts mit moderner Komposition und moderner Instrumentalisierung anfangen können heißt nicht dass notwendigerweise die von Ihnen favorisierten toten Künstler besser waren als das was heute komponiert und intoniert wird.
    Also wer ist nun beschränkter, der Klassikfanatiker, der moderne Unterhaltungsmusik ablehnt, oder der offene Musikkonsument, der sowohl Bach als auch Prestley und Urlaub im CD-Schrank hat?

    So, genug gekotzt, fürs erste. Polyphem, ich biete 10 Cent für ein aufbauendes Gedicht. Danke.

  64. @Stefan Niggemeier @Alberto Green Seit wann ist Mozart regressiv? Schon mal die Don Giovanni Ouvertüre gehört? Oder den 2. Satz der Jupiter-Symphonie? – Das ist anrührende, trotzige, bittersüße, umwerfend schöne Musik – eine zutiefst menschliche Musik zudem, die hält, was sie verspricht. Lena Meyer-Landrut singt „I can’t be without your love“. Und ihre Beats sagen dazu: „Aber lass mich in Ruhe“.

  65. @Thomas L. Gustav Mahlers Musik gehört zum Größten und Wundervollsten, was ich je gehört habe.

  66. Mir gefällt der Text, vor allem Kritik an DSDS und GNTM ist immer zu begrüßen. Man hätte das Ganze aber durchaus etwas straffen können und auch teilweise überarbeiten. Der beschränkte Platz in den (auch von mir in letzter Zeit des Öfteren despektierlich so bezeichneten) Holzmedien hat eben manchmal auch sein Gutes. Da der Text aus einem Fanforum stammt, sind diese Kriterien aber wohl etwas zu hoch angesetzt. Wenn auch der Text zu deutlich lang ist, so hat der Autor wenigstens ein paar sehr interessante, eigene Gedanken entwickelt, was man von vielen Journalisten, die über das Phänomen Lena geschrieben haben, nicht sagen kann.

  67. @menteuse: Und in eine Diskussion, in der es um das Unwiderstehliche an Eis von Ben & Jerrys und die umstrittene Überlegenheit von Strawberry Cheesecake von Häagen Dasz geht, werfen Sie dann auch den Satz: „Esst Spinat!“?

  68. @menteuse: Wenn Mahler das beste ist was Sie je gehört haben, dann sind Sie eine echte Langweilerin. Die spannungsgeladene epische Erzählweise eines „Awaking the Centuries“ von Haggard erreichte Mahler mit keiner einzigen Komposition. Bei Mahler muss ich immer an Heimatfilm denken (und einschlafen).
    Wollen Sie weiter versuchen Ihre Meinung als das Maß aller Dinge darzustellen? Zumal mit dem Argument Klassik sei Intelligent im explizieten Gegensatz zu moderner Musik?

  69. … alleine Ben & Jerry’s mit Häagen Dasz gleichsetzen zu wollen … tststs (kopfschüttel) – Das zeigt doch schon wes Geistes Kind der Stefan Niggemeier ist!

    Toll, jetzt hab‘ ich einen Jieper auf B&J’s.

  70. Lena Meyer-Landrut singt “I can’t be without your love”. Und ihre Beats sagen dazu: “Aber lass mich in Ruhe”.

    Wahr. Das ursprüngliche Arrangement sagte ja auch “I can’t be without your love”, wurde aber für Lena umgeworfen, weil sie sich mit dieser weinerlichen Ergebenheitsadresse offenbar nicht identifizieren konnte, was nachvollziehbar ist und für sie spricht. Das hatte dann aber eben zur Folge, dass der Song nun, wenn man nicht so auf den Text achtet, zwar etwas besser zu Lena passt, dafür aber nicht mehr zu sich selbst, wenn man es doch tut. Ich fand es auch bemerkenswert, dass dieser unauflösliche Kontrast zwischen einer selbstbewussten Haltung (Lenas Auftreten) und einer unterwürfigen (Text) so glatt durchgeht.

    Aber wie Raab schon sagte, Lena hätte mit jedem Song gewonnen, und ich gönne es ihr und freue mich für sie, auch wenn ich ihre Auftritte mit Satellite wegen Satellite nicht so richtig feiern konnte/kann. Ihr „My Same“ aber ist unter den besten Livemusik-Momenten, die ich bisher erleben durfte, ganz weit vorne.

  71. Nur mal so, zu den Anmerkungen einiger, die diesen Blogeintrag oder Text immerhin wichtig genug finden, um in den Kommentaren zu posten, dass sie das alles und LML (warum eigentlich nicht mal abkürzen) so wahnsinnig unwichtig finden. Seit wann ist es eigentlich verboten, sich über Unwichtige zu unterhalten? Und seit wann ist es eigentlich erlaubt, Leuten, die sich über Unwichtiges unterhalten wollen dazwischen zu quatschen?
    Ich mag den Text, auch wenn nicht alles so ganz richtig ist, aber im Kern seiner Aussage ist es – so wie der Herr Niggemeier es ja auch sagt – die vernünftigste Batzen Senf der bisher zu dieser Kackwurst abgegeben wurde. Und das muss ja auch einer mal machen, wenn alle anderen sich zu Unwichtigem auch noch dämlich äußern.

  72. Die Leichtigkit des Pop? Danach hätte man mal den 5jährigen Michael Jackson fragen sollen.
    Der Text ist ganz gelungen, aber es heißt nicht umsonst Pop-Business.
    Ich glaube Talent alleine reicht nicht, um auf Dauer oben zu bleiben. Da gehört auch jede Menge „bürgerlicher“ Fleiß dazu.

  73. @menteuse: Penderecki ist modern, Lena nicht. Klar. Wenn Sie weiter innerhalb Ihrer beschränkten Welt argumentieren wollen, dann bleiben Sie doch bitte dort. Gehen Sie mit Gott, aber bitte, gehen Sie.

  74. Wie immer im Leben kommt es auf die Perspektive an. Irgendwie haben alle recht. Dennoch: Für mich hat LML einen Totalschaden. Ich frage mich, warum sie so ist, wie sie ist. Ich glaube ihr nicht. Ich habe genug Schwestern um zu beurteilen, wie Mädchen so drauf sind. Die ist total abgewichst und keiner checkt es. Und die, die es checken, kümmert es nicht. Insofern tut mir die LML-Story irgendwie leid. Es könnte so viel mehr sein…
    Fazit: LML ist und bleibt gecastet. Und das ist kein Pop.

  75. @89 Sebastian:
    Du spielst vermutlich auf die von Klaus Kauker verbreitete These an, die langsame Balladen-Version von Satellite wäre die ursprüngliche Version. Auch Peter Urban hat das in seinem Eurovision Kommentar (während der Preisverleihung) verbreitet. Mittlerweile haben die Komponisten klargestellt, dass die schnelle Version das Original ist. Die langsame Balladenform hat Julie Frost aber auch gefallen.

  76. Ich bezweifle, dass man heute mit dem Begriff ‚bürgerlich‘ noch irgendwas belangvolles zu fassen bekommt.

    Bürgerlich, in Abgrenzung zu einem Großbürgertum und Adel, oder gegen das Proletariat abgrenzend?

    Weitgehend schließe ich mich JürgenG an, und möchte auch feststellen, dass sehr viele erfolgreiche Popmusiker eine solide Grundausbildung in klassischer Musik hinter sich gebracht haben mit üben, üben, üben.

    Das Märchen vom Anfänger, der eine Gitarre zum ersten mal in die Hand nimmt, den Mund aufmacht, und die Steine schmelzen dahin ist eben das – ein Märchen.

    Die Medien halten je nach Zielgruppe die Parolen vom blutschwitzen und placken bereit, oder vom genialen Naturtalent, welches seine Arbeit leugnen und verstecken muß, um glaubwürdig ein Surrogat von Künstlichkeit inszenieren muß, das so künstlich ist, dass es selbst schon wieder natürlich wirkt. Ein so unbeholfenes Zucken kann einfach nicht einstudiert sein – juchheitrilladupoffpoff-zackitsch!

    Einerseits gefällt es mir ja, wenn man auf ein solch flüchtiges Phänomen flugs eine soziologische Analyse baut, die den neuen Menschen erkennt oder verabschiedet, oder zumindest einen Paradigmenwechsel ankündigt – Generation iPad ist ja auch schon wieder vorbei, wir wollen was neues! Mehr! Schneller! Gewagter!

    Der Gegenreflex, diese Gehype als solches sofort zu durchschauen und abzulehnen ist natürlich auch sofort da. Nein, ich möchte dieses Zahnpiercing nicht kaufen, auch nicht drüber twittern. Nur kann man aus einer gelangweilten Position, die sich bemüht nichts neues zu entdecken auch nichts vermelden, und keinen Beitrag füllen – nur diesen einen vielleicht, immer wieder.

    Aber wenn sich schon jemand bemüßigt Frau Landrut im großen Zusammenhang zu verorten, dann müssen die Fakten stimmen, die Aufbereitung des Textes sollte unterhaltsam sein – letzteres war hier gegeben – und ein neuer Aspekt wäre wünschenswert. Das sehe ich nicht.

    Wer sich wie ich von Anfang an keine Minute auf diese Castingshows eingelassen hat, weil er es immer schon besser wußte, den überrascht es jetzt auch nicht, Recht behalten zu haben.

  77. @menteuse: Und wenn ich morgen zu ner Castingshow gehe und da was im 4/4-Takt spiele (weil Stefan Raab es befiehlt??), dann hat das Erfolg? Hört sich immer noch tautologisch an, was sie da sagen. „Queen“ sind ja zum Beispiel mit „Killer Queen“ ganz groß rausgekommen, auch nicht gerade eingängiger Ramsch von der Stange.
    @Alberto: Wie wahr.
    @Stefan: Jetzt lenk doch bitte nicht davon ab, dass Mozart total gut ist! Du immer mit deinen Manövern.

  78. @Stece: Wer redet denn von „auf Dauer oben bleiben“? Das ist jetzt mal ne Aktion, da kommt vielleicht was hinterher, vielleicht auch nicht.

    @Christoph (75): Die „Masche“ mit der Privatheit hat ihr möglicherweise Raab empfohlen. Mit einer harmlosen Aussage wie „natürlich ist meine Mutter mit dabei“ wäre diese aus Sicht des Boulevards vogelfrei (und zwei Tage später auch der ganze Rest an Privatem).
    Da kann man versuchen gegen vorzugehen, aber es ist doch einfacher, man vermeidet solchen Ärger von vornherein. Und wenn man diese Leute en passant aufs Korn nehmen kann, umso besser.

    Ich habe eh den Verdacht, dass das relativ stark von Raab koordiniert wurde – er kennt das Geschäft und dessen Kurzlebigkeit und auch die lausigeren Ecken in der medialen Verwertungskette aus eigener Anschauung (durch TV Total). Scheint, als hätte er seinem Schützling einige wertvolle Tipps gegeben.

  79. konsequenterweise und in der „romantisches-pop-ideal“ argumentation weitergedacht müsste sich lena nun aber der vereinnahmung (in form der verpflichtung auf die „nationalen aufgabe“, das ganze doch bitteschön nächstes jahr zu wiederholen, achwas, zu toppen, den deutschen sieg auf unserem deutschem boden zu erringen, jawoll) entziehen, nach australien flüchten, dort unerkannt ein schönes, 19jähriges leben führen (studieren? beachgirl spielen? an der bar jobben? egal! ich bin jung, frei, reich und hübsch!) und das geld zählen, das auf ihrem konto immer mehr wird.
    würde ich jedenfalls so machen:-)

  80. @PG
    Kann sein, dass die „Privatmasche“ von Raab kommt, wobei ich vor nicht allzu langer Zeit mal über eine Homestory der auch von ihm betreuten Stefanie Heinzmann (oder wie die heißt) gestolpert bin.

    @ommelbommel
    Und Queen hatte mit Bohemian Rhapsodie ihren größten Hit, der alles andere als Massenware – und nebenbei aufregender als alles von Mahler ;-)

  81. Soviele Buchstaben und so wenig Nutzen. Wer allen Ernstes versucht, Stardom und Popstars zu erklären, hat sie nicht mehr alle. Dazu müsste man nämlich mal ernsthaft die Brücke schaffen, wie es die Flippers und Lady Gaga schaffen, ein Publikum anzusprechen und Platten zu verkaufen, und zwar auf gleicher Augenhöhe. Viel Spaß.

  82. 75, Christoph:

    (Mein Gott, welch Abhandlung über ein Popsternchen.“)

    Im Grunde geht es doch gar nicht um eine Abhandlung über Lena, sondern vielmehr um eine feinsinnige Betrachtung über Medien-Reflexe (Schablonen-Denken) und dem, was Pop ausmacht. Gerade deswegen passt das auch wunderbar in diesen Blog, Dank dafür an den Hausherrn.

    @93, Michi: Warum „gecastete“ Musiker nichts mit Pop zu tun haben, ist mir schleierhaft. Es gibt eine Fülle von Pop-Größen, die auf irgendeine Weise gecastet worden sind.

    Lena ist erst 19, man staunt manchmal, wie schnell sie sich mit all dem Gedöns um sie herum arrangiert hat. Ich bin gespannt, wie sie sich irgendwann von Raab abnabeln und eigene Wege gehen wird.

    PS: menteuse, wer sagt Ihnen eigentlich, dass ihre geschätzten Komponisten, täten sie denn heute noch leben, nicht Pop schätzen würden? Die waren damals, in ihrer Zeit, mitunter auch recht modern. Ich kenne genügend professionelle Musiker der so genannten E-Musik: die hören fast alle gerne auch mal Pop.

  83. Danke für den lesenswerten Artikel!
    @Manfred: Beide Narrative greifen natürlich zu kurz, der im Artikel beschriebene passt aber meiner Meinung nach ganz gut. Auch die „pure Lebensfreude“ würde doch zur Rahmung des „Popstars“ (als Projektionsfläche der Sehnsucht nach Freiheit etc.) passen. Die „Rebellion“ als zentraler Faktor passt da wohl eher zu Punkbands und fehlt ja auch bei LML nicht gänzlich. Die frechen Antworten (ich denke an Wetten Dass und diverse PKs) brechen schließlich mit Erwartungen (zumindest mal mit meinen). Insofern ist sie ein Gegenentwurf zum rückfälligen Straftäter, zum charmanten Aufsteiger usw. und zum erwartbaren Pophandwerker. Schade, dass es nicht gelungen ist, diese Facette in ihr öffentliches Bild zu integrieren.

  84. Viel wahr in dem Text. Aber: ein Prinzip á là „mach was du willst, sei wie du bist, pass dich nicht an“ ist Pop? Also ich weiss nicht, in meiner Welt ist das eher Punk. „Pop“ ist der schablonierte korsettierte komerzierte Schrott wie er (auch) in Casting-Shows geschmiedet wird.

  85. Ich habe den Text nicht gelesen. Meine simple Erklärung ist einfach, dass sie zuckersüß wirkt. Nicht mehr. Nicht weniger.

  86. Ich glaube, ich habe selten einen Text gelesen, bei dem ich nach fast jedem Satz nur eines dachte: „So. Gut.“

  87. Scharfe Analyse, lange nicht mehr so gut gelesen. Und dass das Thema komplett und total irrelevant ist, sieht man ja sehr deutlich an der ausufernden Diskussion da oben ;)

  88. Das klassische Feuilleton ist tot. Mausetot. Ich habe es schon länger geahnt, aber nun steht das für mich fest. Danke für’s aufzeigen, Stefan. (Flattr scheint gerade nicht zu gehen, muss ich noch mal wiederkommen)

    Dank Sebastian habe ich auch wieder den »My Same«-Live-Auftritt im Ohr. Hach!

    Was ich schon die ganze Zeit loswerden wollte: Meine Kinder und ich sind übrigens auch deshalb von Lenas Musik (insbesondere den Livauftritten, die CD dudelt den ganzen Tag bei uns) angetan, weil sie das Glockenspiel in die Popmusik wieder eingeführt hat.

  89. Gratulation! Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, zu dem Thema noch einen klugen Text zu finden. Auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin, ist es doch eine notwendige Gegenstimme gegen dieses unerträgliche „Bürgerlichkeits“-Gerede der Feuilletons. Hoffentlich findet der Text die Aufmerksamkeit und Verbreitung, die er verdient.

  90. Ist nicht alles richtig und vieles Ansichtssache was da steht, aber im Großen und Ganzen wirklich gut auf den Punkt gebracht.

  91. Ich fand den Beitrag aufschlussreich. Danke fürs Draufaufmerksammachen, Herr Niggemeier. Ganz nebenbei hat er mir eine mögliche Erklärung dafür geliefert, warum mich Popmusik heute nicht mehr so sehr wie vor zehn Jahren reizt: Sie wirkt mitunter nur noch wie am Reißbrett entworfen, ihr fehlt oft tatsächlich die hingeworfene Leichtigkeit.
    Stattdessen kommen Künstler wie, ich sach mal, Beyonce rüber, als würden sie 24 Stunden am Tag hart an sich arbeiten. Das will ich nicht sehen, ich will das Verschlurfte.
    Deshalb hat mich im vergangenen Jahr auch das Debütalbum von Miike Snow so umgehauen, da steckte alles drin, was ich lange Zeit vermisst hatte.
    Zu Lena hab ich aber gar keine Meinung.

  92. Eigentlich wollte ich nach dem Lesen des Artikels nur „WOW – schöne Analyse“ schreiben.
    Bis ich dann die anderen Kommentare überflogen habe und dachte: „mein Gott, nehmt Euch mal nicht so wichtig…“
    Schlussendlich ist mein Kommentar jetzt aber: „Toller Text für die, die es interessiert, Stephan. Mich hat’s interessiert, mit hat der Text sehr gut gefallen. Dankeschön!“

  93. Guter Text, ziemlich zutreffend in seiner Analyse.

    Alexander Klaws war übrigens nicht der erste Casting-Star in Deutschland, wenn ich mich recht erinnere waren das die No Angels

    Grundsätzlich irritiert bin ich über das undifferenzierte Casting-Show-gebashe. Nicht das es nicht genug Gründe gäbe über Dieter Bohlen herzuziehen, aber wenn man das mal komplett objektiv betrachtet, ist der Sieger bei DSDS dieses Jahr ein durchaus talentierter, sympathischer, Familienvater. Erschütternd ist eher das künstlerische Niveau der Kandidaten insgesamt,vor allem im Vergleich z.B. mit der amerikanischen Version.

    Am Ende ist es doch nur Unterhaltung, ein Thema mit dem man sich hierzulande augenscheinlich nicht ganz leicht tut.

  94. Sehr guter Text. Diese Analyse hätte dem Feuilleton unserer Qualitätspresse gut angestanden. Allerdings: [Ironie an] Blogger schreiben von dort ja eh nur ab. Gilt bestimmt auch für Fanforisten. [Ironie aus]

  95. Also den Text an sich fand ich eher scheisse. War wohl ein Soziologe auf Steroiden. Meiner Meinung nach ist das genau so wenig beachtenswert wie die Interpretationsversuche der Medien. Bei LML geht es doch im wesentlichen um eins: Entertainment.

    Wie sich diese Diskussionen hier beim Niggemeier immer wieder verselbstständigen ist übrigens ganz großes Kino. Mit der Energie die hier einige reinstecken könnte man glatt ’ne Kanne Kaffee kochen …

  96. Der Text, ich sags einfach nochmal, bezieht sich weniger auf LML direkt, als auf den Umgang mit ihr im Feuilleton. Ob man die junge Frau gut findet oder nicht ist dabei höchstens sekundär.

  97. „Die neue Naive?“

    Es fehlte nur noch der Bezug zur Schillerschen Naivität, um die unangebrachte Überhöhung perfekt zu machen und Zusammenhänge zu konstruieren, wo keine sind. Nene, da wurde die Rechnung ohne die medialen Wirte gemacht. Es gibt kein richtiges Leben im falschen, und umgekehrt. Es ist völlig irrelevant, was Lena M.-L. ist oder will oder sein möchte. Es geht auch nicht um die Fragestellung, warum sie geliebt wird oder nicht geliebt wird. Schon gar nicht um „HTE“ ja oder nein. Es geht darum, dass es in jedem Falle ausgebeutet wird, wenn es Gewinn bringt. In dem Moment, wo das Mädchen etwas noch so per se naives tut oder sagt, ist es per se schon völlig egal und medial egalisiert worden und ist sie und alles zugehörige schon im Verwurstungsmechanismus der Vermarkter gelandet.
    Der Medienmoloch nimmt, was er kriegt, und verschlingt sie wie jedes andere Leckerli vor ihr auch wie ein schwarzes Loch und schmatzt bei ihr kurz und schnell halt grade mal nur besonders laut und genüsslich. Mit einem Bein mag sie ein bisschen hüpfen, wie es ihr gefällt, scheinbar außerhalb aller Berechnung, scheinbar naiv, mit dem anderen Bein steht sie immer dort und bei denen verankert, wo und bei denen auch DSDS und ähnliches und im Grunde alles andere medial benutzte agiert. Sonst wäre sie nicht dorthin gekommen, wo sie gerade ist. Sie ist nicht als Geist oder unbemerkt oder unbeabsichtigt auf die Party geraten und nicht unversehens durchs Song-Contest-Studiodach in Oslo gekracht. (bytheway, um eine kindische Anmerkung nicht zu verkneifen: Vielleicht kommt von dieser leicht zweiweltlichen „Haltung“, um einen Begriff ihres Mentors aufzugreifen, ihre ungelenke und staksige „Performance“; kein Mensch kann bei so viel Brüchen und Widersprüchen noch anmutig agieren).
    Sie ist deshalb nicht einmal die Dauerausnahme, die die Regel bestätigt. Sie bestätigt die Regel unablässig schon selbst. Sie hat u.a. die Mediengesetze bestimmt nicht außer Kraft gesetzt. Warum auch. Wollte sie auch nie. Sie vielleicht und zufälligerweise nur einen Tick schlauer als die meisten anderen Greenhorns genutzt, mit einem anderen ganz besonderen Schlauberger hilfreich an der grünen Seite. Der im Übrigen mit ihr ja nicht seinen ersten „naiven“ Versuch gestartet hatte. Nun hat es eben mal geklappt und perfekt in die Maschinerien gepasst.
    Bitte das zu bedenken.

  98. die sehnsucht nach der leichtigkeit des pop. genau das, was die popmusik in der generation casting verloren hat.

    genial. und absolut richtig. dass man da nicht selbst drauf gekommen ist.

    tiefe verbeugung vor dem autor :-)

  99. Ich hab nach Römisch Eins aufgehört, den Quark weiterzulesen. Da hat Nettelbeck vor fünfzig Jahren die „Beatles“ besser gedeutet und da hab ich nicht mitten im Artikel aufgehört zu lesen. Aber das mag auch an der gewaltigen Fallhöhe BeatlesLena liegen.

  100. @SvenR:
    „Pa pa pa pa pa papapapapapa Papapapapapa geno.“ :-)

    Und weil es hier heiß her geht, etwas zur Abkühlung:
    (Stefan hat angefangen)

    „Es war einmal ein Schneemann, der nannte sich „Herr Weiß“
    Und seine Lieblingsspeise war Schokoladeneis.
    Dafür ging er zum Dieler und tätigt seinen Kauf:
    „Drei Kugeln. In der Waffel. Mit Sahne obendrauf.“

    Doch Mittags in der Sonne, da fing er an zu schwitzen
    Und dachte: „Es wär` besser, ich könnt im Kalten sitzen.“
    Da bot ihm an der Dieler: „Ich lege dich auf Eis.“
    „Das kommt mir grade richtig.“, bedankte sich Herr Weiß.

    Im Sommer, wenn es heiß ist, da braucht der Schneemann Ruhe.
    Am besten legt man ihn dafür in eine Tiefkühltruhe,
    Wie Pizza, Eis und Sonntagsbraten.
    Dort kann er auf den Winter warten.“

    (war ursprünglich für meine Enkel getextet. Und die Pizza ist natürlich mit Spinat)

  101. @118

    Vielleicht mal recherchieren was genau ein schwarzes Loch definiert.
    Ansonsten habe ich mich bemüht ihrem Text eine sinnvolle Aussage zu entnehmen die eine gewisse Schnittmenge mit der Realität hat und nicht nur ein zynischer Versuch ist, eine abstrakte Abrechnung mit dem (Pop-)Kulturbetrieb auf das konkrete Beispiel LML zu stülpen.

  102. Leider muss ich mich 118 anschließen. Warum ist es so extrem nötig, LML zu analysieren? Die Medien haben es nicht ordentlich hinbekommen und sind zu einem falschen Schluß gekommen, warum „das Volk“ sie mag.

    Kann man sie nicht einfach mögen ohne alles zu Tode analysieren zu müssen? Einfach mal für eine Minute Spaß haben, einfach so?

  103. @ Jeeves, #122

    Nur, dass ich Ihre ausgefeilte Argumentationskette richtig verstehe: Sie haben „nach Römisch Eins aufgehört […] weiterzulesen“, weil Sie „mitten im Artikel aufgehört [haben] zu lesen“?

  104. Mein vorheriger Kommentar war natürlich @120 gerichtet.

    @Sebastian

    Du hast völlig recht. Die richtige Frau, mit der richtigen Einstellung, zur richtigen Zeit trifft auf ein Volk das dazu neigt alles ein bisschen zu ernst zu nehmen und zeigt das es auch anders geht und verpasst ihm gleichzeitig noch etwas dringend benötigte Bestätigung, weiß nich wie man das Scheisse finden kann,.

  105. gerade überhaupt erst die kommentare bisschen überflogen. wahrscheinlich wars ein fehler das ganze mit LML zu betiteln, denn tatsächlich geht es ja in dem text schlussendlich um etwas ganz anderes.

    so hätte man sich das ganze indie-snob-gehabe von leuten sparen können die den text nicht zuende gelesen haben und meinen, hier mit vergleichen wie – sagenwirmal, die beatles – gegen einen text wettern zu können, der sich eigentlich ja nur mit einer verschiebung der paradigmen in der welt der popmusik beschäftigt.

    darauf mit „ja, aber die BEATLES…!“ zu antworten ist herrlich absurd und sinnlos. auch das beste totschlagargument (und mit den beatles herumzuwedeln ist eins der populärsten totschlagargumente überhaupt) ist manchmal einfach nur ganz normalsterblich am thema vorbei :-)

  106. Ich fürchte leider, dass der gute Herr Niggemeier bei Lena Meyer-Landrut (oder neudeutsch: LML) die Distanz zu den Medienhypes vermissen lässt, die er sonst nur zu gerne kritisiert und durch den Kakao zieht. Er scheint sich fast verliebt zu haben… :)

    Aber Lena hat ihre Natürlichkeit und alles, wofür sie bei USFO gelobt wurde, irgendwo verloren. Die Natürlichkeit ist mittlerweile nur noch gespielt. So vorlaut, wie sie in den letzten TV-Total-Sendungen auftrat, verschmähen alle Großeltern, die keine Regeln zu kennen scheint und zu allem ungefragt ihren Senf dazugeben muss. So sehr ich mich für sie, für meine Heimat Hannover und für Deutschland an dem Abend freute, so sehr muss ich mittlerweile sagen, dass sie nervt!

  107. Den Text an sich finde ich gut. Die romantische Sicht auf Popmusik ist aber seit über 40 Jahren obsolet. Dass Pop „so und so“ zu sein habe, ist nichts weiter als Projektion. Die gesamte Popindustrie (der Name spricht Bände), auch abseits von irgendwelchen Casting-Kurzzeithelden zielt auf die Verwirkluchung eines Imperativs ab: Spaß. Aber eben nicht diese Art von Spaß, die der Autor zu sehen glaubt, sondern der biedere Spaß der sicheren Akkorde. Eine Popmusik, die sogar Brüche zulässt (nicht umsonst heißt es „Breaks“), aber nur deswegen, weil es dem Kurzweil – = Pop – in jeder Hinsicht dienlich ist.

    Die Popmusik der 60er Jahre hingegen feiert ihren Erfolg nicht auf dieser unverfänglich postpolitischen Ebene. Im Gegenteil, da sie als eine schlichte Reinterpretation des schwarzen Blues ihren Weg in den Mainstream gebahnt hat, konnte sie sich nie mit der Kurzweiligkeit anfreunden.

    Und deswegen ist der obige Pop-Begriff so obsolet.

  108. @128

    Die mangelnde Distanz zeigt sich dann im veröffentlichen eines kritischen Beitrags zu dem Thema?

  109. Auf jeden Fall ein interessanter Text. Alleine schon um zu sehen, über was man sich alles so Gedanken machen kann. Und wie Geisteswissenschaftler so ticken.

    Meine Kritik wäre die gleiche, die hier schon ein paar Mal angeklungen ist: Das Text ersetzt die Überhöhung „HTE“ durch eine andere Überhöhung.

    Wenn man es mal zwei Nummern kleiner macht: LML ist jung, frech, charmant, und kann etwas bieten, was eine typische Popsängerin aus der Kategorie „Sarah Conner & Co“ nicht liefern kann.

    Schwer zu beschreiben, was das ist. Aber es fühlt sich gut an. Irgendwie normal. Oder natürlich. Unbeschwert.

    Also ich find die gut. Wobei nochmal sollte sie nicht antreten. Wunder sollte man nicht wiederholen, das geht schief. Ich hoffe Stefan Raab merkt das noch rechtzeitig.

  110. @Sebastian:
    „Kann man sie nicht einfach mögen ohne alles zu Tode analysieren zu müssen? Einfach mal für eine Minute Spaß haben, einfach so?“

    Und wenn andere es mögen, zu analysieren, kann man sie dann nicht einfach ihren Spaß haben lassen, ohne sie zu Tode kommentieren zu müssen? Einfach so?

  111. Lena ist toll. Sie hat Star-Appeal, viele Menschen werden sie lieben. Ich denke, sie hat gute Chancen in Oslo zu gewinnen.

  112. Das „Einfach nur eine Minute Spaß haben“ ist von Lena. Es spiegelt auch ihre Einstellung insgesamt wieder.

    Ich find’s einfach hochgradig ironisch (man könnte auch: „doof“ sagen) dass wir über jemanden, der alles ganz locker angeht so bierernst diskutieren, und die Sache nicht einfach genießen. Wenn die Zeitungen sie in eine Schublade stecken und damit Lena nicht als das erkennen, was sie ist, wieso ist es dann besser dass hier ein mehrseitiger Exkurs darüber betrieben wird, was sie denn „wirklich“ ist?

    Das ist mindestens genau so am Thema vorbei.

    Aber nee. Lass uns mal „Spaß“ analysieren. Danach geht’s uns sicher besser. Und wir haben über die Medien gemeckert.

  113. @RobBen89: „Die Natürlichkeit ist mittlerweile nur noch gespielt.“
    Das wissen Sie jetzt weil:
    a) Sie auf Ihre Lebenserfahrung zurückgreifen (89 = Geburtsjahr?)
    b) Sie überaus hervorragende psychoanalytische Fähigkeiten besitzen (2 Semester Psychologie?)
    c) Sie stehen Lena nahe
    d) Sie sind Lena persönlich

    Lustig wie immer wieder Leute in den Kommentaren aufpoppen, die ganz genau wissen wie Lena denkt/fühlt und das als Fakt in ihre Argumentation einbauen. Köstlich.

  114. @niggemeier

    Mist, jetzt ist es wohl schon passiert. Ich wollte eigentlich eine Wette anbieten: Falls es nicht mehr passiert, dass einer in den Kommentaren auf die Idee kommt Ihnen an den Kopf zu werfen, Sie seien doch in Lena verknallt, weil Sie überhaupt darüber schreiben, hätte ich anbieten wollen, dass ich zum U-Banhof Osloer Straße fahre und dort „Satellite of Love“ von Lou Reed singe. Aber das ist ja nun durch…

    Der Lou (für alle, die sich mit Rock nicht so auskennen: Das ist nicht der von Ralph Siegel) hat übrigens damals gesungen:

    Satellite’s gone up to the skies
    Thing like that drive me out of my mind

    I watched it for a little while
    I like to watch things on TV

    Satellite of love…..

    Ist übrigens auch ein schönes Lied und Lou Reed ist auch immer sehr natürlich.

    Eins noch: Ist jemand schonmal aufgefallen, das das Wort „Natürlichkeit“ schon längst völliig kaputt ist. Schließlich sagt man doch auch immer Heidi Klum sei so wunderbar natürlich. Aber natürlich!

  115. Das Problem bei langen Texten scheint zu sein, dass die meisten Leser, endlich am Textende angekommen, schon vergessen haben, worum es eigentlich geht. Lest doch die Einleitung von Stefan nochmal, warum er den Text überhaupt in seinem Blog zitiert. Danach könnten dann 90% der Kommentare gelöscht werden.

    @Stefan: danke für das Zitieren, da im nicht im Fan-Forum stöbere, hätte ich ihn dort nicht entdeckt. Aber die Überschrift…? Naja, schafft die nötige Aufmerksamkeit ;-)

  116. Der Fehler den der Text macht, ist die Verwechselung von Pop und Rock. Denn es gab immer schon jene vollständig durchkonzipierte, sich auf harte Arbeit gründende, perfektionsistische Produktion von Pop-Schlagern einerseits (Beispiele lassen sich zu hunderttausenden anführen, beginnend in den 50ern) — und jenes junge Rebellentum, von dem der Text spricht, andererseits.
    Was der Autor sich vielleicht klar machen sollte: Dieses junge Rebellentum war immer schon ein nur verschwindend geringer Anteil.

  117. @Thomas L. Von wegen „beschränkt“: ich höre das unterhaltsame Jahrmarktsbummbumm von Lena genauso gerne wie den ebenfalls unterhaltsamen Tristan. Selbstverständlich höre ich LMLs Album rauf und runter und habe mir die DVD angeschaut. Ein riesiges, von mir nachbearbeitetes LML-Foto hängt bei mir an der Wand – neben Bildern von Mozart, Mahler, Thomas von Aquin, Avril Lavigne sowie den 4 Original-Fotos der Beatles aus dem White Album. Dass LML erfolgreich ist, heißt doch, dass sie den Nerv der Zeit getroffen hat (inklusive verblödendem Wir-Gefühl und verdummendem Patriotismus, von dem man bei LML genauso abstrahieren kann wie bei Wagner von dessen Antisemitismus).

  118. @menteuse Danke für Ihre widerspenstigen Kommentare – hier sind leider mehr Füll-die-Tonn-isten am Werke, als ihnen selber lieb sein dürfte. Es ist schon eine reichlich arge Beschränktheit in puncto „Bürgertum“ und „Bürgerlichkeit“ in Artikel und Kommentaren zu finden. Könnte es sein, daß hier ein Popanz „Bürger und ihr (Un-)Wesen“ aufgebaut wird, der dann um so leichter (und durchaus elegant und scharfsinnig) abgeschlachtet werden kann?! Zur Abwechslung werfe ich mal jetzt in die Debatte um LML den Begriff „Charisma“ („Mein Gott, sie hat es“).

  119. Die Schlussfolgerung von D. Lauer würde ich teilen, das ist sicher eine gute Beobachtung. Mir fehlt nur ein ausführlicher Hinweis auf das extreme mediale Dauerfeuer von Raab/Brainpool/Sat1/Pro7/ARD. Dazu die Verstärker im Internet. Gab es solch eine mediale Präsenz eines völlig unbekannten Menschen über mehrere Wochen hinweg schon einmal? Ich glaube nicht.

    Und ohne das wäre aus Lena nix geworden. Mir fällt gerade die letzte Handball-WM ein, die ja als Fortführung des Sommermärchens inszeniert wurde. Und es funktionierte teilweise: eine kleine Hysterie, obwohl sich eigentlich keine Sau für Handball interessiert.

    Lena musste schon so sein wie sie ist, sicher. Aber diese Form der Bedürfnisweckung ist nur möglich mit einer medialen Aufbereitung, von der man vor 20 Jahren nicht einmal träumen konnte.

  120. @Kampfstrampler: Joke with name. Ausnahmsweise.
    Willkommen im Blog von Professor „Higgimeier.“

  121. Ein lesenswerter Beitrag! Wenn ich mir nochmal alles von Lena Revue passieren lasse, komme ich für mich (abgesehen von „Höheren – Töchtern – Theorien“ u.ä. zu folgendem Fazit:

    — Sie ist keine Spitzensängerin
    — Sie hatte ein mässiges Lied
    (man vergleiche „Satellite“ mit Lou Reeds „Satellite of Love“ )
    +++ Aber: sie hat umwerfendes Charisma!

    Und warum hat sie dieses Charisma? Nicht weil sie hübsch ist, nicht weil sie jung ist, nicht weil sie lustig ist, nicht weil sie frech ist – Nein, ihre Hauptrwaffe ist ihre Unbekümmertheit! Und die Sehnsucht nach dieser frischen Unbekümmertheit war es, die viele von uns zu Lena-Fans gemacht hat (mich persönlich zwar nicht, aber ich habe Verständnis… ), Und diese Sehnsucht, diese Stimmung war nicht nur deutschlandweit, sondern europaweit!

    Im nächsten Jahr (und da versagt Raabens Spürnase) wird sich das nicht wiederholen lassen, Unbekümmertheit als Permanenthaltung über ein Jahr wird wohl nicht aufrechterhalten werden können. Dies ist nicht auf Lena bezogen, die wird wohl in einem Jahr immer noch unbekümmert sein; aber die Leute werden es ihr angesichts des Elends in der Welt nicht mehr abnehmen…

  122. Der Artikel lässt sich nicht „flattrn“. Ich würde den Button freischalten und Einnahmen dem Autor zukommen lassen

  123. So leid es mir tut. Doch ich kann (in Punkt zwei ‚/konnte‘) weder Lena, noch Stefan Raab, noch dem reanimierten Pathos einer nonkonformen Pop-Ikone irgendetwas abgewinnen. Traurig genug, dass sich das altbewährte Muster Motown (The Funk Brothers) noch immer bewährt und – für die Allgemeinheit ungehört – das Herzblut und jahrelange Arbeit vieler, wahrhaft begnadeter Musiker im Halo eines Castingrésumés untergehen. Den eventuellen Neidaspekt meiner Darstellung entkräfte ich mal dahingehend, dass meiner Meinung nach sowohl Lena interpretationstechnisch als auch ihr Debut aus musikalischer Sicht nicht Hauptgrund für ihren Sieg war.
    Dennoch gönne ich ihr von Herzen all die dadurch eröffneten Chancen und Perspektiven für eine erfüllte Zukunft.

  124. Lena ist einfach nur unreif, sonst nix. Glückwunsch, Neid und Anerkennung ihren Machern!

    Jetzt ist eine 11jährige ‚Vorbild‘ .. Das MUSS man ernsthaft diskutieren.

    Und: hatte Pop nicht auch mal ‚was mit Revolte zu tun …?

  125. Lena kokettiert mittlerweile mit ihrer Natürlichkeit und hat sie deswegen verloren. Schade.

  126. Die Argumentation ist inkonsistent! Und Herr Niggemeier erscheint mir an dieser Stelle etwas verblendet. Da es sich aber offensichtlich um sein Hobby handelt, habe ich Verständnis dafür.

    Wenn der Autor behauptet, eine „Erzählung“ hätte sich medial etabliert (wobei ihm gar nicht zu widersprechen ist), dann heißt es doch, der durchschnittliche („bürgerliche“) Medienkonsument erhält eben nicht die zahlreichen Zusatzinformationen, für die sich ein Fan-Nerd gerne durchs Internet wühlt. Daher ist es natürlich wie folgt: nicht Lena wird geliebt (man kennt sie ja gar nicht), sondern ihr öffentliches Bild. Und somit sind auch die Thesen zur Rolle und Funktion der Figur „Lena“, gegen die hier verzweifelt in die Bresche gesprungen wird, in ihrem Fundament nie tangiert gewesen.

    Das Stefan Raab vielleicht eine angenehmere Wettbewerbssituation in seinen TV-Shows herstellt und ein anderes Verhältnis zur Privatsphäre hat als ein Dieter Bohlen mag als „Haltung“ zu beschreiben sein. Diese würde ich aber in erster Linie dem Verantwortlichen und Nutznießer, also Stefan Raab, anrechnen.

    Der Begriff der „Generation Casting“ ist Nonsens, da es sicherlich keine Generationenfrage ist, sondern eine Schichtenproblematik, welche Art von Menschen sich den gut beschriebenen Bedingungen der aufgezählten Casting-Shows aussetzen. Hierbei ist es aber nicht so, dass die [Zitat] „in diesem Genre üblichen Prinzipien und Regeln längst fürs Leben akzeptiert und verinnerlicht“ wurden. Vielmehr ist es doch (zumindest) für die Abgehängten unserer Gesellschaft, dem Prekariat, genau umgekehrt. Das, was wir in den Casting-Shows sehen, ist lediglich schonungslos offen gelegte, nur in Teilen zusätzlich pervertierte, für voyeuristische Gelüste aufbereitete Lebens- und Arbeitswirklichkeit vieler Menschen.

    Warum Lenas gelassene Haltung zum Thema „Konkurrenz“ als Beleg gegen ihre kolportierte „Bürgerlichkeit“ genannt wird, erschließt sich mir nicht. Ich kann mir kaum etwas „bürgerlicheres“ Vorstellen, als ein „gesundes Wettbewerbsbewusstsein“ gepaart mit einer vorgetragenen Selbstgewissheit. Ein unbedingter „Siegeswille“ in unserer angeblichen Leistungsgesellschaft für Kinder aus gut situierten Akademikerfamilien nicht zwingend notwendig. Mit eigener Kraft durchsetzen müssen und können sich höchstens „Begabungsreserven in bildungsfernen Schichten“ (Zitat: Bruno Preisendörfer, http://www.fackelkopf.de/).

    Zudem begründet der Autor seine Definition des Begriffes „Pop“ ungenügend. Nur weil Elvis Presley und die Beatles gegen Ende des letzten Jahrtausends mal als „Bürgerschreck“ galten, ist „Pop“ antibürgerlich? Die restlichen inhaltlichen Bezüge beschreiben nicht mehr und nicht weniger als die sich immer und überall wiederholende Adoleszenz mit all ihren Blüten und Dornen, die offen ist für etwas Neues ist und besonders gerne das aufgreift, was die Autoritäten nicht verstehen können oder wollen. In etwas Derartiges eine (möglicherweise sogar bewusste?!) politische „Haltung“ zu interpretieren ist pseudo.
    Auch schimmert hier das entscheidende Missverständis durch, dem der Autor unterliegt: sein Verständnis von Bürgerlicheit ist antiquiert, anachronistisch und vor allem unreflektiert. Was [Zitat] „Pop mal war“ mag ja ganz interessant sein, aber wir leben im Jahre 2010 und entscheidend für unseren kleinen Lena-Diskurs muss sein, was Pop ist!

    Ich will aber sicher nicht bestreiten, dass Lena in ihrer Lebenswirklichkeit, die eben eine ganz bestimmte Wirklichkeit ist und eine ganz andere als diejenige der DSDS-Kandidaten, ein beneidenswertes Glückskind ist – eine Lotto-Jackpot-Gewinnerin quasi, eine zufällige Chance unter Millionen. Aber es kann sich eben auch nicht jeder, auf Grund fehlender Mittel und Möglichkeiten (im übertragenen Sinne also „bourdieusches Kapital“), das Lotto-Spielen leisten (um im Bild zu bleiben…).

    Mich würde es nicht wundern, wenn diejenigen, die derzeit überall Lena umjubeln und dazu ihre billigen schwarz-rot-gelben Plastikfähnchen aus China wedeln (wie Hunde, mit einem Stück Pansen vor der Nase, ihren Schwanz), die gleichen sind, die den steten „Erfolg“ von DSDS erzeugen. Mit dem Unterschied, dass man in Lena etwas ebenbürtiges zu erkennen glaubt, während man auf die KandidatInnen von DSDS eher amüsiert herab blicken kann.

    Lena ist die Ikone des neuen, modernisierten, flexibilisierten, pseudo-libertären Bürgertums – ob nun zu Recht oder nicht ist wie bereits einführend erläutert egal, da es nur um ihr medial geformtes Bild geht.
    Der letzte Absatz des Autors, der versucht DSDS unter der falschen Prämisse von Bürgerlichkeit irgendwie einzuordnen versucht, ist eine notwendige, notdürftige Schutzbehauptung, welche die dialektischen Prozesse unserer ausdifferenzierten Gesellschaft ausklammert.

    Wir sind Deutschland. Wir sind Lena. Wir sind wir…

    Persönliche Anmerkung:
    Ich hatte mich bisher nicht zur „Lena-Manie“ geäußert, obwohl ich die im ESC (letztendlich wohl immer) immanente Vereinnahmung für bestimmte Interessen und Strömungen (siehe: http://www.heise.de/tp/blogs/6/147721) bedauere. Im Blog von Herrn Niggemeier aber einen unkritischen und vor allem unreflektierten Artikel vorzufinden, konnte ich einfach nicht ertragen.
    Ich weise darauf hin: Es geht nicht um die sympathische Lena, sondern es geht um Medien-, Kultur- und Gesellschaftskritik. Vielleicht öffnet das einigen die Augen.

  127. @146 polyphem. Hey, geschätzter Kyklop, jetzt beschwören Sie aber wirkmächtige Bilder herauf. Ich stelle mir gerade den werten Gastgeber als Mischung von „SexyRexy“ Harrison und Paul Hubschmid vor, wie er sein „Geschöpf“ Oslog (o. ähnlich) besingt: „Könnte es nicht so sein wie ich?“

  128. @lieber Gott
    Danke, jetzt hab ich wieder den ganzen Tag „Satellite of Love“ im Ohr …

  129. Korsett der Bürgerlichkeit? Meiner Erfahrung nach ist das die freieste Lebensform, die man seit 1945 genießen kann. Bürgerlich ist weder eingeengt durch mangelnde Bildung oder gar leidenschaftliche Bildungsfeindlichkeit, wie sie das Proletariat und ihre Kinderpfleger gern vortragen. Bürgerlichkeit ist auch nicht das Korsett der höheren Kreise oder die sich durch zeitlichen Tand wie viel Geld dafür halten: Was man tut, was man sagt, trägt, kauft und vor allem nicht sagt. Wenn da eine verdammte Axt dazwischenhaut, dann ist das genau die Stimme des intelligenten und witzigen Bürgertums, das andererseits die Absicherung hat, seine Kinder so lange Kinder sein zu lassen, wie sie es brauchen, damit sie solche spontanen, selbstbewußten und fröhlichen Menschen werden wie Lena. Es lebe das Bürgertum!

  130. Ein schöner Artikel, der offenbar auch zu einer regen Diskussion mit teils durchaus bedenkenswerten Einwänden beiträgt.
    Sowas wünscht man sich auch in Printmedien, während bisherige Versuche dort, sich am Phänomen Lena Meyer-Landrut abzuarbeiten, so kläglich gescheitert sind, dass eine Antwort sich nicht lohnte.
    Bei diesem Artikel ist es anders. Vielen Dank dem Autor und vielen Dank Stefan fürs Veröffentlichen.

  131. Ich warte auf den entsprechenden Eintrag im „Stützen der Gesellschaft“-Blog, bevor ich mir überhaupt anmaße, mir eine Meinung betreffend Bürgerlichkeit und LML zu bilden. Als Angehöriger des Proletariats sollte man wissen, wo sein Platz ist.

  132. Sich im ersten Satz über angestrengte und anstrengende Versuche der Medien aufregen, etwas Welt- oder mindestens die Nation Bewegendes in LML hineinzuinterpretieren und dann selbst eine ausgewalzte, verquaste Analyse vom Feinsten liefern. Wie geht das denn? zusammen?
    Irgendwas habe ich im Text von Charisma gelesen. Würde ich zustimmen. Und mit diesem Charisma kann sie sich ihre recht eigenwilligen, individuellen Interpretationen und ihre vergleichsweise eigenwillige Individualität leisten. Beziehungsweise beides – Charisma und Individualität – bedingen einander. Das Charisma kömmt auch von der Individualität. LML ist in Oslo als besonderer, eigenwilliger Typ in der Masse der Musikklone aufgefallen.

  133. Ein großer Dank an Stefan Niggemeier, dass er den Artikel aus dem Fanforum ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hat. Es ist übrigens nicht die einzige Perle, die man in diesem Forum finden kann, in dem ich auch angemeldet bin und als Signatur ein Zitat von – ja, von Stefan Niggemeier benutze: „Was Menschen für Lena einnahm, war einfach ihre Lenahaftigkeit.“ Diese einfache Formel fasst das „Phänomen LML“ meiner Ansicht nach besser zusammen als alle noch so scharfsinnigen Deutungsversuche, von denen der obenstehende Artikel allerdings einer der besten ist.

    Erklärungsversuche wie der von genova (#145) „diese Form der Bedürfnisweckung ist nur möglich mit einer medialen Aufbereitung…“ sind naheliegend, aber in diesem Fall falsch, denn fast ausnahmslos jeder, der von dieser Lena-Fröhlichkeit erfasst wurde (und ich kenne deren viele) berichtet von derselben Erfahrung: der WOW-Effekt stellte sich bereits nach den ersten 20 Sekunden des ersten Auftritts von Lena ein, kann also schwerlich ein Resultat des Medienhypes sein, der zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht existierte. Ich weiß nicht, wie sie es macht, aber Lena zaubert einem auf Anhieb ein Grinsen ins Gesicht, das noch breiter wäre, wenn nicht die Ohren im Wege wären.

    Manfred (#79) beschreibt es am treffendsten: „…da war was als sie die Bühne betreten hat. Eine geradezu magische Anziehungskraft, eine Lebensfreude welche ich so noch von kaum einem Künstler auf der Bühne gesehen habe. Die Fähigkeit alleine durch Körpersprache und Mimik ganze Geschichten zu erzählen. Sie hat das Publikum gepackt, für einen kurzen Augenblick verführt und einfach nur gut unterhalten. Aus meiner Sicht liegt hierin das eigentliche Geheimnis.“

    So ist es. Verdammte Axt! Wow, ist das geil! Dankeschönst!
    Stefan (nicht der Raab und nicht der Niggemeier)

  134. „Wenn das Mittelschichts-Bürgertum LML liebt, dann nicht deswegen, weil sie genauso ist, wie es selbst, sondern weil es sich heimlich danach sehnt, ganz anders zu sein, als es ist.“

    Hmmm, eine interessante These. Die ist mir bislang so noch nicht in den Sinn gekommen, da Lena für mich eigentlich genau das darstellt, was das moderne Bürgertum ausmacht. Den selbstbewussten und selbstverständlichen Umgang mit der eigenen Angepasstheit, die gerne auchmal Unangepasstheit simulieren kann, zum Zwecke der Vermirklichung eigener Ziele außerhalb des Mainstream.

    Gleichwohl: Überhaupt die Idee, Lena würde Projektionsfläche für Wünsche sein, die gefällt mir sehr gut. Da sie genau das Gegenteil dessen ist, was die bislang vom Privatfernsehen in Deutschland hergestellten neueren TV Formate wie Casting-Shows bewirken (wollen). Da nämlich geht es ja schlicht darum sich durch Abgrenzung gegenüber dem Asi-Personal von RTL besser zu fühlen. Insofern verachtet das Bürgertum nicht DSDS und andere Formate, sondern höchstens deren Protagonisten. Vielleicht muss es ja diese beiden Seiten der Medaille geben, damit es ein stimmiges Bild wird.

  135. Tief in den Hundertsechzigern komme ich dann mal auf (1) und (8) zurück:

    Es ist eine Hausarbeit – wenn nicht für Politik, dann vielleicht für Soziologie oder Kulturwissenschaft?

    „Höhere Töchter“, „Gehirnwäsche der Castingshows“, „Die real existierende Bürgerlichkeit der Mittelschicht“, „Glücksversprechen des Pop zutiefst antibürgerlich“, „das Mittelschichts-Bürgertum … sich heimlich danach sehnt, ganz anders zu sein, als es ist“

    Gottchen, ja. Könnte in seiner Schablonensprache alles direkt aus den Siebzigern stammen, oder aus den Fünfzigern, oder den Zwanzigern.

    Ich setze mal zu einer gewagten Vermutung über die Mainstreammedien an: vielleicht hat dort der (oder die) ein oder andere verstanden, dass es sich bei der ganzen Sache um schönen Quatsch handelt und behandelt es auch so? Haltlose These, zugegeben.

    Und meine persönliche Platitüde noch zum Abschluss: Leute, die da oben auf einer Bühne stehen, haben stets Ehrgeiz und/oder Eitelkeit, und davon nicht wenig. Sonst stünden sie nicht da. Und damit will ich nichts gegen diese Antriebe gesagt haben.

  136. »der WOW-Effekt stellte sich bereits nach den ersten 20 Sekunden des ersten Auftritts von Lena ein, kann also schwerlich ein Resultat des Medienhypes sein, der zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht existierte« (#161)

    Genau so habe ich es auch erlebt. Charisma?, Magie?, Hexerei?, Voodoo?? ;-) – was auch immer! – aber der Knalleffekt war zuerst da, dann erst kam der Hype.

    Die gleiche Medienmaschine auf eine Jennifer, Dursti, Sharyhan oder Cyrill wäre niemals so abgegangen wie bei Lena. (Und das, obwohl sie alle vermutlich objektiv gesehen bessere Singstimmen haben, als eben Lena.)

    Bei mir war es auch wie beim Manfred (#79). Ich habe mehr zugehört als aufmerksam zugeschaut. War in der Küche, hab abgespült. Fand ganz nett, was ich da so hörte, hab ab und zu mal rübergeschaut, war aber nicht wirklich bewegt. Aber als Lena dann in der ersten Show als letzte Interpretin das aller erste mal „Hallo, ich bin Lena, ich bin 18 und ich komme aus Hannover“ trällerte, da kam ich neugierig geworden aus der Küche. Ich hatte sie noch nicht einmal gesehen, geschweigedenn auftreten sehen, da spürte ich schon, da kommt etwas Besonderes.

    Schließlich fand ich mich mit meinem Trockentuch und einem Teller im Wohnzimmer auf der Couch sitzend wieder und wie gebannt auf die Glotze starrend. Wie der Raab, war ich einfach nur „geflasht“ und ich fragte mich danach auch, warum ich das nun soo geil fand, wie ich das gerade geil fand. Und ich weiß es bis heute nicht wirklich!

    Ich kann mich nicht daran erinnern, wie lange das her ist oder welche TV-Veranstaltung das gewesen sein könnte, wo ich das letzte Mal so mitgefiebert habe. Ich habe mich richtig auf den kommenden Dienstag – auf Lenatag – gefreut. Die anderen Interpreten habe ich wie ein buntes Beiwerk zum eigentlichen Hauptact empfunden. Das ging bei Diamond Dave weiter und hielt sich bis zum Finale. (Wie ist der Ted eigentlich ausgefallen? Zahlen wurden glaube ich bislang nicht veröffentlicht, aber ich schätze Lena wird Jennifer hochhaushoch geschlagen haben. Weiß da einer was?)

    Dann kam die Zeit in der wir Lena durch weitere Auftritte besser kennenlernten und in der man das noch getrost für ein deutsches Phänomen halten konnte. Danach sehnt sich wohl der Michel, hab auch ich gedacht, aber beim Grand Prix wird das wohl eher nix – aber auch egal. Doch auch beim ESC passierte es! (Hier war zwar im Vorfeld schon ein gewisser Fokus der Presseleute auf sie gerichtet, aber wer hat sich schon großartig damit beschäftigt? Die weitaus größte Anzahl der Leute, die an dem Abend für Lena angerufen haben, wird sie just bei ihrem Auftritt erstmals gesehen haben und vermutlich ebenfalls so unfassbar geflasht worden sein, wie die Televoter hier in Deutschland bei USFO.)

    Die Diskussion hier dreht sich tatsächlich eher um die Medienverarbeitung, Casting-Formate und wegen meiner auch um die Frage was Pop eigentlich ist und was gute Musik ausmacht. Das „Phänomen Lena“ hat damit aber nichts zu tun. Sie ist kein klassisches Casting-Produkt, welches in der Show zu etwas gemacht wurde, was sie vorher nicht schon längst war. Sie ist so wie sie ist ein fertiges Produkt. (So, wie sie sich gibt, ob gestellt oder authentisch, sei mal dahin gestellt.) USFO war eher zufällig ihr Weg an die Öffentlichkeit. Ich schließe mich dem Raab auch hier an: es war egal, was sie singen würde. Sie hätte auch Allemeineentchen trällern können…

    Ich finde schon, dass man sich dazu mal austauschen dürfen und können sollte, selbst dann, wenn man selbst nicht von der Person Lena geflasht worden ist. Ich finde das Phänomen wirklich faszinierend und würde gerne verstehen, welche besondere Magie hier wirkt. Umso mehr eigentlich noch bei einer Protagonistin, die ja scheinbar nix können soll. Elvis ist ein Vergleich der auch mir schwer fällt, denn Elvis hatte stimmlich wirklich was vorzuweisen. Lena zappelt, trällert, kann kein Instrument, aber dennoch löst sie so viel aus.

  137. Ich wollte unter diesem Artikel eigentlich nichts schreiben, aber eine Sache finde ich bei mehr als 150 Kommentaren zu einigen Blogposts angebracht:

    Wie wäre es, die Kommentarspalte durch eine Art Mini-Forum zu ersetzen, in dem Antworten in Form einer Baumstruktur an den jeweiligen Kommentar gehängt werden, auf den sie sich beziehen? Dann kann man nämlich ganze Äste, in denen nur Nonsens steht, einfach zuklappen. ;)

  138. Nach der Bestätigung durch mabo #166 möchte ich noch einen draufsetzen: das beschriebene Phänomen wurde bei Menschen beiderlei Geschlechts und jeglichen Alters beobachtet. Damit scheidet Erotik als Erklärung wahrscheinlich aus.

  139. Ich stimme nicht allem der Analyse zu und finde sie sprachlich teilweise etwas bemüht – dennoch schließe ich mich an: Einer der besseren Texte, wenn nicht einer der besten zum Thema (und ich habe sehr viele dazu gelesen….). Beachtenswert vor allem deshalb (meine ich zumindest), weil der Autor aus einer ganz anderen Pop-Sozialisation zu stammen scheint. Passen Menschen, die Bruce Springsteen frei zitieren mit Lena-Maniacs zusammen? Offenbar schon.

    Schön übrigens auch die Diskussion. Zustiimens- und lesenswert vor allem #50, #157 und #166.

  140. @171, der liebe gott: Eine Antwort von einem kleinen Erdenwürmchen zum allerletzten Schluss. Punk lebt noch, und das ganz gut. Schließlich treten Bonaparte nächsten Monat beim Melt-Festival auf.

  141. Ich möchte übrigens nochmal die Eltern D. Lauers tadeln. Mit dem Nachnamen Lauer geht man eine heilige Verpflichtung ein, seinem Kind einen Namen zu geben, der mit K anfängt.

  142. @172(Chinamann)
    Ich bin mir nicht sicher, inwiefern das Marionettentheater eine Verständnishilfe sein könnte, wenngleich ich die Gedanken interessant finde, die dort Thema sind. Was bei Lena sicher eine Rolle spielt ist die Unbekümmertheit. Ja, auch dieses „sich nicht zieren“, „sich nicht blamieren können“. Auf die Frage in einem Interview, was ihr denn schon peinliches passiert sei, hatte sie ausnahmsweise mal nicht geantwortet, dass ihr das zu privat sei und keinen etwas anginge, sondern, dass sie das nicht wüsste, und sie sagte dann auch noch etwa: „mir ist nichts peinlich“. Das hat dann schon was von der Marionette, der auch keine Verrenkung peinlich ist, die jeder Bewegung folgt, ohne den Eingriff eines Bewusstseins, welches etwas bestimmtes darzustellen sucht und somit auf natürliche Abläufe künstlich einwirkt und diese zwanghaft erscheinen lässt. Da wir Lena aber nicht ihr Bewusstsein absprechen können, damit sie der Gliederpuppe gleich derart frei agieren könne, bleibt aufgrund der Schlussfolgerung im Text wohl nur das unendliche Bewusstsein. ;-) Aber es kann gut sein, dass ich mich jetzt irgendwie vergaloppiere… hihi – Erklären würde das allerdings in der Tat einges!!

  143. Vielen Dank für diesen tollen und sehr überzeugenden Essay über unsere lovely Lena. Stimme dem Autor voll und ganz zu. Ich hatte diesen Gedanken auch schon einmal so ähnlich, aber natürlich nicht so schön hergeleitet und ausformuliert.

  144. 175, mabo:

    Ich weiß nicht, wie Sie alt Sie sind, und ob Sie noch wissen, wie Sie selbst mit 19 waren. Man muss nicht jeden Wimpernschlag von LML analysieren.

    Für mich ist die vielfache Möchtegern-Tiefenpsychologie das Schlimmste am LML-Hype überhaupt.
    Lena ist keine Marke, sie hat niemals eine Unbekümmertheit als Markenzeichen erwählt. Warum nun so etwas wie den Wahrheitsgehalt einer Unbekümmertheit diskutieren?
    Oder steckt dahinter der Wunsch, eine passende Schablone zu finden?

  145. Ohne jeden der letzten 50 – 60 Einträge genau gelesen zu haben:
    So langsam beschleicht mich der Gedanke, dass manche sich hier einen darauf pellen beim Niggemeier in den Kommentaren aufzutauchen. Je Schachtelungssatz, desto …

  146. @178(Theo) Nö, ich suche keine Schablone. :-)
    Ich habe mich in #175 eigentlich nur auf den Hinweis von Chinamann bezogen, den er zur besseren Verständlichkeit gesetzt hatte.

    Jene Unbekümmertheit ist jedoch weniger dem Alter als eher besonderer Reife oder besonderer Unreife zuzuordnen. So unbekümmert sind für gewöhnlich vielleicht eher unbedarfte Kinder oder aber altersweise Menschen, die schließlich gelernt haben, sich selbst nicht (mehr) zu ernst zu nehmen. (Lustig, auch hier schließt sich jener Kreis, aus dem Texthinweis von Chinamann.) Bei einer 19jährigen, die ja noch was erreichen will, ist es eher untypisch und vielleicht genau deswegen so bemerkenswert.

    „Tiefenpsychologisch“ – ja, ich möchte-gern verstehen – interessieren mich die Massen eigentlich mehr als Lena. Sie ist – wie man so schön sagt – ein Spiegelbild der Gesellschaft. Jedoch spiegelt sie eben nicht wie wir sind, sie spiegelt unsere Sehnsucht, also wie wir gern sein möchten. (Und wir wollen uns scheinbar lieber an Wahrhaftigem, Unperfekten und lebendig Improvisiertem erfreuen, statt weiter nur diese political correct durchnormierte Kacke zu konsumieren, die uns zunehmend zwischen den Werbeblocks um die Ohren und aufs Auge gehauen wird… oder so ähnlich, möchtegern tiefenpsychopathisch, irgendwie.;-)

  147. Der Text ansich ist OK, aber ich hätte dafür nicht den Flattr Button gedrückt.
    Aber die anschliessende Diskussion ist ganz großes Kino.

    Vielen Dank für das Lächeln das ihr hier auf mein Gesicht gezaubert habt!

  148. Leider ist der Artikel aus dem Forum etwas zu lang, um elegant die Höhrere Tochter-These aus dem Feld zu schlagen. Auf mich wirken solche langen Ergüsse eher wie Eifer anstelle sachlich.

  149. @168, Sheldon Cooper: Bei so vielen „Beiträgen“, wie sie hier in den nach „unten offenen Kommentarspalten“ vorkommen, wäre das in der Tat eine gute Idee. ^^

  150. Liebe Leute, als großer Lena Fan muss ich mich fragen, warum mich diese ganze Diskussion völlig kalt lässt. Dieser wunderbare und unerwartete Oslo-Moment ist doch längst vorbei. Haben wir in Deutschland und Europa nicht andere, wirklich streitbare Momente zu klären. Ich kann nicht glauben, wie engagiert sich so intelligente Blogger samt Mitstreiter und Diskutanten sich hier abarbeiten.

    Es ist ein Rätsel, warum in diesem hervorragenden Blog stets nur auf sehr hohem “ Bunte“ Niveau diskutiert wird.

  151. @Chris 188: Wenn Sie das „Phänomen LML“ auf den Oslo-Moment am 29. Mai reduzieren, kann ich Ihr Unverständnis nachvollziehen. Für viele fing der Lena-Moment aber bereits am 2. Februar an, fand im Oslo-Moment seinen vorläufigen Höhepunkt und weigert sich aufzuhören.

  152. ..entschuldigung, ist das hier die Diskussion zum Thema „Was ist das Gegenteil von Doc Martin’s?“ Oder bin ich hier falsch? Falls das das Thema ist undirgendwie scheint es ja um Rock und Pop und so zu gehen: Ich glaube, ich weiss die Antwort: Cat Stevens.

    Lena ist nicht Rock. Das jedenfalls bleibt festzuhalten.

  153. In der Überschrift zum Lauer-Artikel hat Stefan Niggemeier schon sehr gut resümiert. Das hat er ja gelernt. Ich gehe etwas weiter. Lena ist Niemands Ikone. Sie ist mehr. Es ist nicht Identifikation, nicht Projektion, was wir erleben. Es ist – Anbetung. Egal, welcher (An)Trieb oder welche Trieb-Sublimierung dahinter steckt. Bei denen, die sie „vergöttern“, ist es Anbetung.

    Wie kam ich drauf? In seinem Buch „Du musst dein Leben ändern“ schreibt Peter Sloterdijk unter anderen am Beispiel der olympischen Spiele der Neuzeit, dass religionsartige Phänomene ständig entstehen.

    [Zitat]: „… Eine bis dahin unbekannte Kategorie von Augenblicksgöttern stellte sich damals dem modernen Publikum vor – das sind die Götter, die keinen Beweis nötig haben, weil sie nur für die Dauer ihrer Manifestation existieren und nicht geglaubt, sondern erlebt werden. In dieser Stunde wurde ein neues Kapitel der Enthusiasmusgeschichte aufgeschlagen…“ [Zitatende]

    So werden aus Helden Götter für kurze Zeit. Und in der Zeit der griechischen Antike wurde ja auch Helden, die zu Göttern überhöht wurden, gern unterstellt, sie seien von Göttern gezeugt worden. (Ich höre jetzt Theologen fluchen und erklären: „Das sind aber nur Götzen.“).

    Vielleicht ist ja der Hang, etwas anzubeten, tief im Menschen angelegt? Vielleicht war dieses Verhalten in der Entwicklung hilfreich bis notwendig für eine soziale Top-Down- Struktur, welche die Mitglieder von Gruppen (und Staaten) (An)führeren folgen lässt? Die Ergründung meiner Annahmen überlasse ich gern echten Soziologen, falls diese das Thema nicht bereits behandelt haben.

    Unter der Überschrift „Prüfung von Thesen“ möchte ich mich noch einmal dem Text von Herrn Lauer widmen. Verfasser von Essays, Glossen oder Pamphleten wollen üblicherweise unterhalten oder eine Meinung kund tun. Wissenschaftliche Methoden, die z.B. von einer Arbeitshypothese ausgehen und dann durch Prüfung und Gegenprüfung die Haltbarkeit der eigenen These testen, sind hier nicht unbedingt gefragt. Der gewöhnliche Wissenschaftler hat ja ein Problem, wenn er bei der „Falzifizierung“ seiner Annahmen feststellt: „Das kannste knicken.“ Dem Schreiber einer Meinung ist es erlaubt, zu denken „Stört mich bitte nicht mit Fakten.“

    Meine persönliche Meinung ist übrigens, dass „Anbetung“ nirgendwo weniger statt findet als im „aufgeklärten Bürgertum“.

    P.S.: Ich hoffe, dass ich zu Sloterdijk keine Zitierregeln verletzt habe. Eine ausführliche Beurteilung seines Buches findet sich übrigens bei Gregor Keuschnig (sic), http://begleitschreiben.twoday.net/stories/5668125/

  154. „… während die Braven, die sich das alles eisern angeeignet haben und handwerklich viel besser sind, fassungslos über die Ungerechtigkeit der Welt daneben stehen.“ (Abschnitt V)

    Sieht man ja auch in einigen Kommentaren hier. Offensichtlich gibt es Leute, die Lena Betrug in irgendeiner Form nachweisen wollen, sei es, dass ihre „Natürlichkeit“ gespielt oder dass ihr englischer Akzent nicht „authentisch“ sei.
    Die Frage, die sich aufdrängt: Und wenn?

  155. Ein wirklich schöner Text. Dagegen wirkt das Herumgeschwurbel so mancher Journalisten in den etablierten Medien als wirklich nur hingerotzt und nicht zu Ende gedacht.

    Ich finde das vom ehemaligen DSDS-Juror T. M. Stein ständig hervorgebrachte Argument, dass die in den meisten Castingshows vertretene Meinung in der Wirtschaft ja auch so vorkomme und sich keiner daran stört, ein bißchen gerechtfertigt. Mit anderen Worten: Die Bewerbung um einen Job ist ja ähnlich. Wer schon mal ein „Assessment Center“ bei einem großen Unternehmen durchlaufen hat um einen Job zu bekommen, der kann davon ein Lied singen. Natürlich schauen dabei nicht Millionen von Fernsehzuschauern zu und man läuft auch nicht Gefahr vor Millionen von Menschen gedemütigt bzw. erniedrigt zu werden, aber die Grundphilosophie, dass man nicht einfach irgendwo hineinspazieren kann, nach dem Motto: „Ich heiße Christian Müller, hier ist mein Uni-Abschluss, wo ist mein Büro, meine Sekretärin und mein Dienstwagen“, stimmt ja, trotz aller berechtigter Kritik an Castingsshows à la DSDS & GNTM. Ob solch ein Auswahlverfahren im Bereich der Kunst, also wie z.B. im Falle der Musik, sinnvoll ist, ist natürlich fragwürdig.
    Die Grundthese, dass man sich anstrengen muss, wenn man es zu etwas bringen will (nein, jetzt nicht auf das Musikgeschäft bezogen, sondern allgemein) stimmt dennoch. Und auch das oft hervorgebrachte Argument des „Verbiegens“ trifft man bei der Jobsuche. Wenn man unbedingt einen bestimmten Job bei einem bestimmten Unternehmen haben will, dann wird man sich selbst so darstellen, dass man möglichst gut auf die vom Unternehmen gesuchte Person(Persönlichkeitsprofil) passt. Ob das auch im Musikgeschäft der Fall ist, wie es DSDS suggeriert, ist natürlich zu hinterfragen (Der Grundtenor des obigen Textes ist ja, dass das im Falle der Popmusik eben – bis zum Aufkommen der Castingshows – nicht der Fall war bzw. genauer: Das Popmusik eben nicht „sich verbiegen“ und „Anstrengung und Diszplin“ bedeutet(e).)
    Wenn man nun die bei DSDS & Co. vermittelte Bild vom „Man-muss-sich-anstrengen-wenn-man-was-erreichen-will“ im Hinterkopf behält, dann frage ich mich warum sich ständig darüber beschwert wird, dass in den letzten Jahren so viele Kandidaten mit Migrationshintergrund dabei waren. Denn einerseits wird in der Integrationsdebatte/Diskussion um erfolgreiche Integration in Deutschland betont, dass sich die Migranten verdammt noch mal „anstrengen“ sollen. Ja, es wird verlangt, dass die Migranten deutsche Tugenden (Disziplin etc.) aufweisen und diese deutscher sein soll als die Deutschen. Und andererseits wird sich über den Eifer von so manchem Castingkandidaten mit Migationshintergrund beschwert. Ja, was denn nun ? Natürlich könnte man einwenden: Es wäre besser, wenn so mancher Kandidat bei DSDS & Co. statt an solchen Castingshows teilzunehmen sich eher um einen besseren Schulabschluss (oder überhaupt einen Schulabschluss) bemühen würde, vielleicht auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur absolvieren und dann studieren würde um dann einer sinnvollen (u. U. gut bezahlten) Tätigkeit nachgehen zu können. Man muss dabei auch bedenken, dass man das auch „wollen“ muss und dazu in der Lage sein muss (Na ja, eine vernünftige betriebliche Ausbildung ist ja auch in Ordnung, auch wenn das in einigen deutschen Elternhäusern verschmäht wird und der Sohn/die Tochter unbedingt studieren muss.) Es gibt in Deutschland genug Menschen ohne Migrationshintergrund, die auch weder Willens noch fähig sind das Abitur zu absolvieren und schon gar nicht studieren wollen.
    Vielleicht ist es wirklich der Fall, dass für einige Kandidaten DSDS & Co. die einzige Chance sind ihre Situation zu verbessern. Ich will das nicht allgemein beurteilen.
    Der Treppenwitz ist ja: Es gibt Akademiker mit
    Migrationshintergrund in Deutschland, die nach ein- oder zweijähriger Jobsuche feststellen müsssen, dass sie trotz Studienabschluss und guten Noten aufgrund ihres Migrationshintergrundes keinen Job bekommen. Das ist nun mal die Realität. Ich kenne viele türkischstämmige Akademiker, die die Jobsuche in Deutschland entnervt aufgegeben haben, in die Türkei gegangen sind und dort relativ schnell einen Job gefunden haben. (Ich rede hier über Informatiker,Ingenieure etc. und nicht Kunsthistoriker, Kulturwissenschaftler oder dergleichen.) Natürlich ist es seit Jahren auch für Akademiker ohne Migrationshintergrund nicht einfach einen festen Job zu finden („Generation Praktikum“), aber es ist verständlich, wenn man sich als jemand mit Migrationshintergrund dennoch verarscht fühlt, weil trotz aller Anstrengung der Migrationshintergrund einen behindert bzw. dieser immer noch das ausschlagenbendste Kriterium im Lebenslauf zu sein scheint.

  156. @polyphem
    Lieben, anbeten, vergöttern… Gut, aber darin liegt ja das Phänomen. Eines, welches eben nicht so häufig in Erscheinung tritt. Deswegen muss man schon bis zu Elvis und Beatles zurückgreifen. Und normalerweise findet man dieses Fansein (diesen Fan-atismus) eher bei Jugendlichen, die Leitfiguren suchen, weswegen ein Hype um Tokio Hotel etwas ganz anderes ist und nur zu verständlich. Hier aber sind Kinder wie Greise und alles dazwischen sowie beide Geschlechter ergriffen bzw. der Anbetung verfallen oder von dem Bedürfnis besselt, etwas Anbetungswürdiges zu verehren. (Und das eben nicht seit Oslo, sondern seit dem ersten Auftritt! Es ist weder der Song „Satellite“ noch die Tatsache, dass sie Oslo gewonnen hat.)
    Auf der Suche nach Helden? Ja, vielleicht. Diese Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit in einer als verlogen wahrgenommenen Welt. Im Land der Blinden ist der Einäugige nun mal König. Plötzlich gelangt ein ganz normaler Mensch auf die Bühne zwischen all die künstlichen und gekünstelten Figuren und erscheint allein deswegen schon als Lichtgestalt… oder so…
    Das sagt eben weniger über Lena selbst aus, als vielmehr über uns, das Kollektiv. Und wer das alles so unglaublich unwichtig findet, der soll sich mal fragen, warum er dann solche Artikel und noch knapp 200 Beiträge von Lesern durchliest und dann auch noch allen mitteilen muss, wie unwichtig das alles ist. Auch die Zehntausende von Hatern z.B. bei facebook sprechen Bände. Von den einen vergöttert, von anderen verteufelt und gehasst…

  157. Ehrlich Leute ist das hier alles nötig?

    Ich möchte gar nicht daran denken, was hier mancher auf die Frage „Warum magst Du Schokolade“ antwortet… ich les mir aber schonmal den Link zu Sacchariden in der Wikipedia durch…

  158. @mabo 198 „Plötzlich gelangt ein ganz normaler Mensch auf die Bühne zwischen all die künstlichen und gekünstelten Figuren“. Nein, eben nicht ganz normal, wie Sie selbst ja in Ihren Postings sehr gut beschreiben. Alle anderen USFO-Kandidaten waren „normal“, während Lena binnen Sekunden ihre Einzigartigkeit rübergebracht hat. (Einzigartig war ja auch dann eine der Vokabeln, die Stefan Raab in seiner ersten Bewertung von Lenas erstem Auftritt gebraucht hat). Lena polarisiert, wie sich richtig festgestellt haben, in einem Ausmaß, wie ich es selten gesehen habe. Das tun „normale“ Menschen nicht.

    @polyphem 194: „Anbetung“ ist nicht sehr weit hergeholt. Schließlich ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Idol“ ja „Abgott“. In dem höchst interessanten Fanclub-Forum, dem der Artikel von D. Lauder entnommen wurde, gibt es einen Thread mit dem Titel „Die anbetungswürdige LML“. Teils philosophisch, teils lyrisch, manchmal auch einfach Blödelei. Natürlich alles nicht so ernst gemeint. Oder etwa doch? Für mich als Christenmenschen ist da ein Punkt erreicht, wo der Spaß aufhört. Um Spaß geht es mir aber in erster Linie. Lena macht einfach happy. Sie charakterisiert sich auch selbst so, dass es ihr darum geht, überall, wo sie hinkommt, etwas Freude zu verbreiten. Und das schafft sie! Alter Finne!

  159. Das ist in der Tat sehr interessant. Ich wuselte zwischendurch über Caravaggio-Madonnen und ähnlichen Tuttelu, aber gerade in seiner Analyse des “DSDS-Tatatismus” sehr gelungen.
    Justin Bieber ist btw ein total großartiges Beispiel für eine Differenzierung, die man unter gar keinen Umständen vergessen sollte: der Unterschied zwischen Pop und seiner Realität. Justin Bieber hatte viel Glück, verkörpert die Jugend und das Biebersein ohne sich verstellen zu müssen, und landete einen Volltreffer.
    (Ach Göttchen, das würde ich jetzt auch nicht lesen wollen. Sorry, Stefan, aber das sprudelte gerade aus mir heraus.)

  160. Ganz schön viele Kommentare hier bei einem so irrelevanten Thema wie Lena. ;-)

    Den Text fand ich übrigens prima. Hut ab. Würde man nicht in einem Fanclub-Forum erwarten. Können sich die Profis ja noch ein paar Tips abholen.

  161. @Stefan
    Es ist halt immer eine Frage, was man als „normal“ bezeichnet. Wie gesagt, in einer Welt der Blinden… Die anderen waren sicherlich sozusagen normal, so wie wir es kennen. Ganz normal gekünstelt. Das hat man vor allem in den Interviews gesehen. Sie haben die ganz normalen Antworten gegeben, die ganz normalen Erwartungen erfüllt. So wie es auch ganz normal ist, sich für den Job zu verbiegen (s.o.@Erich von Halacz), etwas darzustellen, was man nicht ist. Oder so, wie ein PR Mensch von irgendeiner Firma etwas daher schwadroniert, wie toll das alles sei, was die Firma so macht, abends beim Bier dann aber unter vorgehaltener Hand zugibt, dass das alles Schwachsinn sei. Und genauso normal wie es in der Politik ist, dass Wahlversprechen natürlich ganz normal nicht eingehalten werden müssen… etc. pp. Das meine ich mit einer verlogenen Welt. Wenn alle Lügen und einen Schein bewahren, dann sind Lüge und Schein „normal“.
    Und dann kommt eine daher, die anders ist, also im Kontext zu dem als normal Akzeptierten sozusagen „unnormal“, und schon wird sie als „durchgeknallt“ bezeichnet. Meine These ist eher die, dass unser Zeitgeist ziemlich durchgeknallt ist und dass in solch einem Umfeld dann etwas, was eigentlich ganz normal sein müsste, wie z.B. jemand zu sein, der authentisch, ehrlich, selbstbewusst, open minded etc. ist, als etwas „unnormales“ erscheint.

  162. Tja, was soll man sagen? Der Artikel ist wunderbar (und das sagt ein Geisteswissenschaftler, dem geisteswissenschaftliches Geseier manchmal gehörig auf den Sack geht), aber die Kommentardiskussion hier ist geradezu göttlich!
    Dass die Deutung der LML als Rache des Bürgertums am Prekariatsfernsehen nicht aufgeht, konnte man ja schon vermuten, als Begriffe wie „Waldorfschule“ und „Diplomatenenkelin“ durch den vermeintlich seriösen Blätterwald schwirrten. Da wurden Vorurteile breitgetreten, und nur wenig trennte die Feuilletonisten von den Verschwörungstheoretikern, die auch jetzt noch davon faseln, dass die Karriere der höheren Tochter mit dem Geld des Vaters (?!?) gekauft wurde. Einmal Doppelname, immer die Obere Zehntausend..?
    Natürlich möchte man das Phänomen LML gern erklären, denn für sowas sind sie ja da, die Geisteswissenschaftler. Aber was soll man da erklären? Die eine hat’s, der andere eben nicht. Sabine Heinrich hat es so schön gesagt: Lena betritt die Bühne, und keine dreissig Sekunden später steigen überall kleine Herzchen auf. Wenn das kein Charisma ist, dann weiss ich auch nicht.
    Am ehesten könnte man doch sagen: Hier erlebt jemand einen Traum, den im Stillen viele andere auch träumen, geträumt haben oder nicht zu träumen wagen. Die Blitzkarriere der LML als Sinnbild der unerfüllten Sehnsüchte ihrer – Fans? Bewunderer? Follower? Ja was denn eigentlich? Ich würde mich nicht als Fan bezeichnen, aber diese märchenhafte Geschichte hat auch mich gepackt, und nach dem Osloabend konnte ich nur debil grinsend immer wiederholen: Lena macht mich glücklich, trotz des bescheuerten Liedes.
    Sie kann nicht gut singen? Sie ist unreif? Sie tanzt komisch? Mag alles stimmen. Aber egal – sie macht glücklich, den einen für ein paar Minuten, die andere für Tage oder Wochen.
    (Seit wann muss man überhaupt für eine glanzvolle Karriere singen können!? Kann Mick Jagger singen? oder Mark Knopfler? – jetzt mal ohne Lena mit diesen beiden vergleichen zu wollen. :-) )
    Na klar: man kann vermuten, dass das alles ohne die Raabsche Vermarktungsmaschine (und mit tatkräftiger Unterstützung der ARD) nicht so explosionsartig funktioniert hätte. Aber vor der Vermarktung steht das „Produkt“, und wenn das nicht stimmt, hilft alles Marketing nichts (von Microsoft Windows einmal abgesehen). Wenn also Lena nicht so lenaesk wäre, würde ihr die ganze Vermarktung auch nichts nützen, sie wäre genauso untergegangen wie manch anderes Casting-Kunstprodukt.
    Ist es nicht schön, wenn Märchen auch mal wahr werden?

  163. @Erich (#197)
    Bei den castingshows geht’s weniger um Anstrengung als um Unterwerfung. Man unterwirft sich für einen sehr begrenzten Zeitraum vollständig der Jury wegen der Chance, so auf möglichst einfache Art im Showbiz karriere zu machen.

    Während nicht-gecastete Bands und Künstler idR klein anfangen müssen, durch die provinz tingeln, für Auftritte Klinken putzen, etc. spart sich der auf eine Castingshowkarriere hoffende diese ganze Arbeit. Ein paar Wochen rumschleimen, demutsgesten, rituelle „ich gebe alles“-Beteuerungen und im Tanzbootcamp Deeeetlef ertragen ist dagegen doch ein Kinderspiel.

    Stefanie Kloß von Silbermond das mal so ausgedrückt: Diese Leute sind ganz schön faul.

  164. @Günni (#204) Ein weiteres Highlight in dieser an Highlights reichen Diskussion! Ich habe für Lena den Titel „Lady Happiness“ geprägt. Passt?

  165. @Augusten(# 205): Ich habe nicht behauptet, dass es bei Castingsshows um „Anstrengung“ ginge, sondern, dass bei diesen
    Sendungen propagiert/suggeriert wird, dass man es mit Anstrengung und Diszplin schaffen könne das Ziel zu erreichen (in dem Fall: „Superduperstar“ werden und belanglose Liedchen trällern.) Auch in dem oben aufgeführten Text wird ja betont, dass die Juroren bei DSDS nicht müde werden von „Anstrengung“ zu sprechen bzw. diese von dem jeweiligen Kandidaten zu verlangen. Ich habe hier nicht versucht Castingsshows zu verteidigen oder schönzureden.
    Seit es diese Castingsshows gibt, hat das Wort „Casting“ eine negative Konnotation, dabei ist es das normalste der Welt. Jeder der einen Job sucht, sich für einen bewirbt, durchläuft auch ein Casting. Personalauswahlverfahren sind nichts anderes als „Castings“. Auch „sich unterwerfen“ geht einher mit „sich verbiegen“ und das macht man bei der Bewerbung um einen Job und im Job selbst auch. Wenn man von seinem Vorgesetzten gesagt bekommt, dass man gefälligst seinen Bart rasieren solle und zum Friseur gehen solle, weil er einen sonst nicht auf die Kunden loslassen möchte und man sich ansonsten einen neuen Job suchen könne, wenn man dies nicht tue, dann unterwirft man sich, vor allem, wenn man keine andere Wahl/berufliche Alternative hat. Die meisten Erwerbstätigen in Deutschland haben keine „Führungsposition“ inne, sondern sind einfache Arbeiter/Angestellte und damit dem unterworfen was der jeweilige Vorgesetzte von einem verlangt.

  166. @Günni + Stefan
    „Lena macht mich glücklich, trotz des bescheuerten Liedes.“ (Günni) – das geht mir ganz genau so. Lena ist einfach toll, sie bräuchte auch gar nicht singen. Einfach nur da stehen und Lena sein.
    Aber außer „Vergötterung“ bleibt uns da ja dann nicht viel. Und so entsteht dann ein Hype, den Lena selbst übrigens ganz schön krank findet. Und damit hat sie druchaus recht. Statt „vergöttern“ also lieber mal Selbstreflektion.
    Wir alle könnten mehr Lena sein, mehr authentisch, ehrlicher, ungekünstelter, selbstbewusster, unvoreingenommener, weltoffener etc. pp. nur wir trauen es uns nicht!
    „Hier erlebt jemand einen Traum, den im Stillen viele andere auch träumen, geträumt haben oder nicht zu träumen wagen.“ (Günni)
    Ja, wir haben Ängste und lassen uns von diesen leiten. Fürchten den Job zu verlieren, uns vor anderen zu blamieren, als unnormal zu erscheinen, zu kindisch zu sein, … Und hier liegt ein vielleicht wesentlicher Schlüssel zur ungeheuren Ausstrahlung von Lena. Solche Ängste scheint sie nicht zu kennen. (Aufregung, freudige Erregtheit schon, die Kackwurst eben, aber doch mit Courrage, den eigenen Weg zu gehen, egal was andere über sie denken mögen. Aber lieber ausscheiden als sich verbiegen müssen – Haltung eben!)

    Dafür können wir jetzt die Lena besonders bewundern, oder aber wir können daraus lernen, wie wir unsere Einstellungen und Werte (uaahh, ein Wort, eine Sache, welche aus der Mode gekommen scheint, aber in unserem Innersten eben wohl doch eine große Rolle spielt) verändern können.

    @Stefan: Jetzt weiß ich auch welcher Stefan du bist. Lady Happiness! Ja, sehr schön! Hat mich sehr berührt und gerührt. Überhaupt, welche Dynamik entstanden war, wie die Supportseite entstand, wieviel Arbeit da reingesteckt wurde. Und das alles einfach aus Liebe.

  167. @Erich:
    Die Kernkompetenz eines Superstars ist allerdings nicht Unterwerfung, deswegen sind diese Castingshows so verlogen. Wenn man jemanden sucht, der das Potential hat, ein großes Publikum zu begeistern, dann sortiert man doch nicht alle aus, die nicht so gut Schleimen und Arschkriechen können. Die Casting“show“ Assessmentcenter hat ja wenigstens noch das Ziel, den Bewerber zu finden, von dem man glaubt, dass er den zu besetzenden Job am besten macht und am besten ins Unternehmen passt, meistens mit dem Ziel einer langandauernden vertraglichen Bindung zum beiderseitigen Nutzen.

    Bei Castingshows ala Popstars und DSDS geht es jedoch lediglich darum, eine Sendung zu produzieren, mit der man neben den Werbeeinnahmen noch eine Menge Kohle aus Publikumsanrufen machen kann, und als Nebenprodukt noch Kohle aus ein bis zwei LPs, bis das Wegwerfprodukt „Superstar“ verbraucht ist und die nächste Staffel losgeht. Das Ziel ist nicht jemanden zu finden, mit dem man eine langfristige Geschäftsbeziehung eingeht, sondern Kohle zu machen mit den Leuten, die das noch nicht kapiert haben, und immer noch glauben, die paar Demütigungen würden sich am Ende auszahlen.

    Wobei die Gewinner ja wenigstens noch ein bisschen was rausziehen, aber der Rest wird doch mittels eines völlig verlogenen Versprechens ausgebeutet.

  168. „Ich weiß, meine Lieder, die ändern nicht viel, ich bin nur ein Mädchen, das sagt, was es fühlt. Allein bin ich hilflos, ein Vogel im Wind, der spürt, daß der Sturm beginnt.“
    Soviel zum Thema „Fallhöhe“…
    Wollen wir nicht mal über Nicole schreiben? Die war auch Abiturientin, sogar erst 17 und hatte doch dieses tolle Nachthemd an und war wochenlang in den UK auf Platz 1! Hätte es damals doch schon diese nach unten offenen Kommentarspalten gegeben, was hätte aus der werden können!

  169. @Augusten (205)

    Ein wichtiger Punkt, und in schönem Gegensatz zu der albernen Popmystik, die der Artikel aufbaut.

    Vor allem Musiker verbringen nun mal in aller Regel tausende von Stunden in irgendwelchen Probenkellern und holen sich ihren Frust statt von Bohlen bei irgendwelchen Konzerten vor fünf Zuschauern ab. Tingeln durch die Gegend, übernachten bei irgendwelchen Bekannten. Und ein paar davon schaffen es weiter – das steht in semikausaler Beziehung zu Faktoren wie harter Arbeit, echtem Talent und Glück. (Ok, ich weiss nicht, wie eine semikausale Beziehung zum Glück aussieht.)

    Diese Härten gehörten von Beginn an zur Poesie der ganzen Sache dazu.

  170. Keine Editiermöglichkeit … ich streiche „albernen“ in meinem Kommentar (212). War meinserseits albern.

  171. @mabo: Wenn ich das jetzt nochmal lese, hätte ich vielleicht besser schreiben sollen: „Hier scheint jemand einen Traum zu erleben…“, denn ob der ganze Traum sich von innen genauso traumhaft und leicht anfühlt wie er von aussen aussieht, kann man nicht wissen; man kann es bezweifeln.
    Wir alle könnten mehr Lena sein, authentischer, ehrlicher, ungekünstelter usw.?
    Ja, wir alle hoffen, dass das der Ausgangspunkt war, dieser fast schon mythische erste USFO-Abend, an dem es die ersten gepackt hat, mich auch. Seitdem sind einige Monate vergangen, in denen der Bühnenzauber immer wieder gewirkt hat, die aber sicherlich ein Schnellkurs in Showgeschäft für die Hauptfigur waren. Nicht nur Stefan Raab wird gemerkt haben, dass diese Leichtigkeit der „unique selling point“ der LML ist, und ich glaube immer noch, dass das unbeschwerte Image, das Lena in der Öffentlichkeit pflegt, ihr tatsächlich sehr entspricht; aber es ist eben auch die Seite, die wir sehen sollen, die öffentliche Seite. Der Rest geht uns nichts an. Wer genau zuhört und bemerkt, wie unterschiedlich ihre Antworten ausfallen, je nachdem ob sie von einem Privatsender, einer Jugendwelle oder dem ehrwürdigen öffentlich-rechtlichen Fernsehen interviewt wird, der ahnt die Zielgruppenorientierung und Reflexion, mit der LML (wohl nicht zuletzt auf Anraten ihrer Umgebung) ihr Image befördert. Das alles wäre nichts wert, wenn sie „es“ nicht „hätte“ – das Charisma, das Vermögen, unseren Traum vermeintlich zu verwirklichen. Aber es ist eben auch Marketing und Showbiz.
    Deswegen: Nein, vergöttern sollte man sie doch wohl eher nicht. Verzaubern lassen, ja, jedes Mal wenn sie auf einer Bühne steht. Denn das glaube ich wohl: dass es für den „Lena-Zauber“ die Bühne braucht und die Geschichte, die erzählt werden muss, sei es als Lied oder als Pressekonferenz-Performance. Deswegen funktioniert der Zauber jedenfalls bei mir eher nicht, wenn Lena interviewt wird oder bei Stefan Raab auf dem Sessel sitzt.
    Wie sagte Peter Urban? „Licht an, Mädchen da“. LML als Rampensau, die zu höchster Form aufläuft, wenn sie mit dem Publikum in Austausch tritt – das reicht mir völlig. Vergöttern? Nein. Immer wieder verzaubern lassen? Gern!

  172. @ polyphem
    …Vielleicht ist ja der Hang, etwas anzubeten, tief im Menschen angelegt?…

    Ich kann zwar keine soziologische, dafür aber eine biologische Antwort geben. Wenn das Zentrum, dass für Skepsis und Kontrolle zuständig ist nicht aktiviert wird, empfinden wir so. Kurzfristig nennt man das wohl verzaubert sein, langfristig vergötter, anhimmeln, Liebe. Auch andere Primaten sind ja dazu in der Lage – siehe der letzte Flausch am Sonntag.

    Was nun das Vergöttern angeht, möchte ich noch anmerken, dass in schlechten, unsicheren Zeiten sich Menschen stärker nach Idolen sehnen als in guten. Daher ist Lena durch ihre Persönlichkeit und ihrem märchenhaften Aufstieg auch Balsam für viele Seelen. In einigen Jahren, wenn die wirtschaftslage wieder besser ist, wird sich das warscheinlich wieder umkehren und andere „Typen“ werden wieder in den Fokus der Menschen rücken. Lenas Glück ist jedoch, dass das Team um Stefan Raab sich auch dann noch um sie kümmern wird, so dass sie nicht wie andere Casting-Promis wie ein Satelit beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglüht und sich hinterher gezwungen fühlt Insekten und andere ekligen Dinge im Dschungel tun zu müssen, die Dschungelbewohner selbst nie tuen würden.

    @ Erich von Halacz
    Ich gehe davon aus, dass man sich nie für einen Job verbiegen sollte. Und ob kurze, lange oder über haupt keine Haare, ob Bart oder nicht Bart, das hat nun wirklich niemanden zu interessieren! Jemanden anderes darzustellen, etwas was und wer man nicht ist kann in den meisten Fällen nur ein kurzfristiger Zustand sein. Ich finde so etwas Schitzophre und würde das nie tun. Aber selbstverständlich darf das jeder für sich ja selber bestimmen. Die Pharma- und Alkoholindustrie muss ja auch von irgendwas leben.

  173. Und ich würde doppelflattern, wenn SN endlich wieder etwas andres einfallen würde als diese ewigen Lena-Artikel, die dann völlig veraltet eine Woche lang als neuester Artikel stehen. Bitte keine Lena-Artikel mehr.

  174. guten tag stefan niggemeier,

    vielen dank für den interessanten text. unabhängig davon, wie man selber zum thema „lena“ steht, war er jedenfalls lesenswert und wäre mir garantiert entgangen, wenn es sie nicht gäbe.

    und das ich hier auch mal einen artikel finde, in dem der große zeitgenössische denker Bruce Springsteen zitiert wird, hätte ich tatsächlich nicht erwartet.

    bis die tage

  175. Was mir übel aufstösst ist wie der Author die Künstler abqualifiziert, die die Ochsentour durch Gesangsschule, Tanzschule, Schauspielschule, Schulen überhaupt, machen um Ihrer angestrebten Karriere ein ordentliches Fundament zu geben. Im Subtext werden diese Menschen hier doch im besten Falle als spiessbürgerlich, arrogant und dumm dargestellt und am besten sollen diese es doch gleich drangeben. Wenn man dieser Argumentation des Authors folgt könnte man gleich alle Schulen schliessen. Und ich meine alle. Bildung? Das ist doch etwas für das proletarische Spiessbürgertum! Soetwas brauche ich nicht! – Hallo? Wieviele (total überhypte) Lenas gibt es denn? Und ich bin mir sicher das nahezu der identische pseudojournalistische Auftrieb entstanden wäre, wenn IRGENDEINER der anderen Kandidaten aus Raabs Show gewonnen hätte. Dann wäre eben der andere Kandidat ‚von unfassbarer Leichtigkeit‘ und was weiss ich noch gewesen. Die Austauschbarkeit des Künstlers würde der gleichen Argumentationskette des Authors gegenüberstehen. Dieses elende, abgedroschene, sich immer wiederholende Ritual des hochschreibens, der achsotiefen Analyse vemengt mit Küchenpsychologie und abgesonderten Pseudoweissheiten geht mir gelinde gesagt ziemlich auf den Sack! Zudem ist dieser Hype im wesentlichen einer der nur in den Medien stattfindet. Die meisten Menschen wissen ‚das Phenomen Lena‘ sehr viel besser einzuschätzen als diese allwissenden Authoren solcher Artikel wie diesen.

  176. @Harald Eisenmann: Sie haben die Sendung „Unser Star für Oslo“ nicht gesehen, oder? Sie haben die Reaktionen im Studio auf den allerersten Auftritt von Lena nicht mitbekommen, oder? Sie haben hinterher nicht ins Internet geguckt, wie die Menschen dort reagierten, bevor noch irgendein Medium überhaupt die Zeit hatte, irgendjemanden hochzuschreiben, oder?

  177. Guter Beitrag!
    Insgesamt hat ja Lenas Erfolg in der Journaille für einige überraschende Reaktionen gesorgt. Die Tendenz, Lena zu einer Ikone der Bürgerlichkeit machen zu wollen, ist die eine. Da fragt man sich heute schon mal, was Bürgerlichkeit im Jahre 2010 überhaupt ist und sein soll.

    Eine andere interessante Tendenz ist, den ersten Grand-Prix-Erfolg von Nicole und Ralph Siegel aus dem Jahr 1982 möglichst kleinreden und marginalisieren zu wollen. So schrieb zum Beispiel Hajo Schumacher in der „Welt“: „Anders als ihre schmerzend naive Vorgängerin Nicole hat Lena das ganze Land für sich gewonnen. Mehr als 14 Millionen Landsleute klebten an den Fernsehern…“

    Diese Unterscheidung ist, bei allem Respekt, Nonsens. 1982 schalteten laut Jan Feddersens unbestechlicher Grand Prix-Chronik „Ein Lied kann eine Brücke sein“ 13,81 Millionen Bundesdeutsche dem Sieg von Nicole ein, und der Autor weist noch extra darauf hin, dass die DDR-Deutschen nicht mitgezählt werden konnten, denn damals war Deutschland ja noch geteilt. Also dürfte zumindest in dieser Beziehung Gleichstand zwischen 2010 und 1982 herrschen. (OK, 1982 gab es keine Privatsender. Aber der Medienhype um Nicole erreichte damals nicht annähernd Lena-Dimensionen. Man ging nach dem Sieg von Harrogate einfach recht schnell zur Tagesordnung über).

    Auch die Unterstellung, Nicole sei „schmerzend naiv“ gewesen, zeugt von einem eher schlechten Gedächtnis. In einem Interview mit Jan Feddersen in dem sehr empfehlenswerten oben erwähnten Buch erzählt die Saarländerin, dass sie sich völlig darüber im Klaren war, dass jedes Detail ihres Auftritts inszeniert war: „Es musste weich wirken, nicht bieder, es sollte ‚katholisch‘ aussehen, brav und unschuldig, doch nicht naiv.“ Offenbar hat diese Inszenierung über 28 Jahre lang stark nachgewirkt. So stark, dass Leute, die sich zur intellektuellen Elite des Landes zählen, die damals zur Schau gestellte Bravheit Nicoles immer noch für echt halten. Zumal Nicole im selben Interview andeutete, dass sie sich auch gelegentlich ohne Wissen des behütenden Ralph Siegel in die Partys stürzte, die nun einmal zu einer Song-Contest-Woche gehören.

    Die angebliche Naivität, die Nicole unterstellt wird, ist nämlich vom Ende her gedacht und der Tatsache geschuldet, dass die Saarländerin halt dem deutschsprachigen Schlagerfach treu geblieben ist. So, what?

    Und anders gefragt: Könnte ein dummes Naivchen, wie unterstellt, ihr Siegerlied so souverän in vier Sprachen vortragen, wie Nicole es 1982 in Harrogate getan hat? Um es mit einem anderen Grand-Prix-Song zu sagen: No, no, never. Und immerhin erzielte Nicole im Mutterland des Pop, in Großbritannien, sogar einen Nummer-1-Hit (den 500. seit Beginn der Aufzeichnungen). Heute ist es schon eine Meldung wert, wenn Lena in UK auf Platz 30 einsteigt.

    Und, liebe Teilzeit-Grand-Prix-Experten: Wie behämmert ist es denn, zu sagen: „Mensch, geil, jetzt hat die LML gewonnen, jetzt brauchen wir uns nicht mehr für Nicole und Ralph Siegel zu schämen.“ Das ist genauso, wie wenn sich jemand den Ehrenstern für die 1990er-Fußball-WM von der Brust reißt, nur weil wir Lothar Matthäus heute vielleicht etwas peinlich finden, der aber damals aus deutscher Sicht der Spieler des Turniers war. Einem Fußballfan würde so etwas nie einfallen.

  178. @KurtPalfi

    Sie bringen da was durcheinander: Niemand reisst sich den WM-Stern von der Brust. Schon gar nicht, weil Loddar heute peinlich ist. Das ändert aber nichts daran, dass er heute peinlich ist.

    Ich war 82 erst sieben, glaube aber, dass sowohl das weichgespülte Schlagerliedchen als auch die aufgelockte Nicole schon damals völlig aus der Zeit gefallen waren. War halt n Schlagerwettbewerb. Is ja auch ok so. Und der Erfolg ist auch was schönes. Aber bitte nicht so tun, als müßte man darüber ewig in Ehrfurcht erstarren.

    Dieses weitgehend leidenschaftslose Geträller aus der angestrengten und anstrengenden Siegelschen Musikfabrik spielt nicht nur in einer anderen Liga als Lena, die erstmal alle verzaubert, bevor sie auch nur eine Note gesungen hat, das ist auch gleich eine ganz andere Sportart.

  179. @polyphem: Der Begriff „Augenblicksgott“ von Sloterdijk gefällt mir in diesem Zusammenhang sehr gut. Die beinahe religiös zu nennende Verehrung Lenas zeigt sich ja unter anderem darin, dass jeder in ihr das zu sehen glaubt, was er sehen will. Was nicht passt, wird (unbewusst) ausgeblendet. So sieht das Bürgertum in ihr eine Ikone der Bürgerlichkeit, die Punker (oder nach D. Lauer die Vertreter des „echten Pop“) hingegen sehen in Lenas Unangepasstheit die Repräsentation einer Schwester im Geiste. Vielleicht ist das ihr wirkliches Geheimnis: Sie bietet für jeden etwas. Nonkonformität ebenso wie „bürgerliche“ Attribute, bis hin zu (das sollte man auch nicht vernachlässigen) Erotik (Lolita-Charme). Dazu kommt ein erstaunliches Charisma, das einen (auf einer nichtsexuellen Ebene) sofort in ihren Bann zieht.

  180. @222 Harald Eisenmann:
    Der Beitrag beschäftigt sich weder mit LML noch mit werdenden Künstlern, die die „Ochsentour“ machen, sondern damit, wie beides wahrgenommen und interpretiert wird. Deswegen findet sich dort auch keine Abqualifizierung von Menschen, die eine künstlerische oder andere Ausbildung machen.

    Und noch weniger behauptet der Beitrag, dass sich Bildung nicht lohnt. Er formuliert eher das Gegenteil. Da sich das Startum durch Bildung nicht erzwingen lässt, sondern eher eine „Gabe Gottes“ ist, lässt es sich weder vorhersehen noch planen. Deswegen wäre es ziemlich dumm, von Geburt an darauf zu wetten, dass man ein Star wird und auf Bildung zu verzichten.

    Es sind eher die anderen Formate wie DSDS, die einem vorgaukeln, Bildung würde zum Erfolg als Star führen. Die Geschichte von Rock, Pop, Literatur und Kunst widerlegen das eindrücklich. Daraus lässt sich dann aber nicht der Umkehrschuss ziehen, Bildung sei dann sinnlos. Es gibt und gab viele gebildete Stars, aber sehr viel mehr gebildete Menschen, die nie Stars wurden und werden. Das liegt einfach daran, dass der Begriff des Stars immer eine Minderheit definiert. In einem Land wie Deutschland kann es nicht 80 Mio. Stars geben. Was einen Star von anderen unterscheidet hat aber nicht primär mit Bildung zu tun.

    Und es ist definitiv nicht so, dass LWL hier durch eine der anderen Kandidatinnen aus USFO austauschbar gewesen wäre, denn sonst hätte sie die nationale Vorausscheidung nicht gewonnen. Und es gibt sicher Gründe dafür, mit denen man sich beschäftigen kann, warum sie USFO und den ESC gewonnen hat. Gerade letztes wurde in den letzten Jahrzehnten zig-mal versucht und es ist dennoch nur zwei mal gelungen. Das widerspricht der von Ihnen angedeuteten Beliebigkeit sehr deutlich.

    Und was bitte ist ein proletarisches Spießbürgertum? Proletariat und Bürgertum sind Gegensätze.

  181. @Augusten (#210): Hören Sie bitte auf irgendwas in meine Kommentare hineinzulesen. Da steht nichts zwischen den Zeilen. Ich habe nirgends behauptet, dass „Unterwerfung“ zu den „Hauptkompetenzen“ von Künstlern gehören würde. Ich hab gar nicht von irgendwelchen „Hauptkompetenzen“ gesprochen, schon gar nicht von irgendwelchen Kompetenzen, die ein Künstler besitzen muss/sollte. Und – hier wiederhole ich mich – es geht mir nicht um DSDS & Co. und verteidige diese auch nicht. Noch weniger geht es mir um die Castingshows allgemein. Die gehen mir nämlich am Arsch vorbei. Ebenso interessiert es mich einen Dreck, ob, wer und warum irgendwelche „Künstler“ bei solchen Castingshows ausgewählt werden. Verdammt, es geht mir nicht mal um „Künstler“. Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber Deutschlands Erwerbstätige arbeiten nicht alle als „freischaffende Künstler“ und noch weniger handelt sich bei diesen überwiegend um Musiker oder Künstler allgemein. Also hören Sie auf ständig mit dem Begriff „Künstler“ vor meiner Nase herumzufuchteln.
    Es ging mir schlicht und ergreifend darum, dass jeder von „Ausleseprozessen“ betroffen ist. So ist z.B. das ganze Schulwesen auf „Auslese“ ausgelegt. Bitte jetzt nicht kommen mit: „Schule sollte ein Ort sein, am Kinder lernen können und sich entfalten können…blabla…Geseier…Geseier…“ Auch im Schulwesen gilt der schlichte Spruch von Helmut Kohl: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“, sprich, ob und welchen Schulabschluss man erreicht hat und welche Noten man vorzuweisen hat. Es interessiert keine Sau, sprich, weder die jeweilige Hochschule (im Falle des Studiums) noch den Arbeitgeber (wenn man eine betriebliche Ausbildungsstelle sucht), ob die Schule, die man besucht hat, in einem schönen Gebäude untergebracht war/ist, wie gut oder wie schlecht die Lehrer an dieser Schule waren/sind und ob man sich als Schüler dort „entfalten“ konnte.
    Wie ich bereits im Eingangskommentar schrieb, ist man auch und vor allem in der Berufswelt von Ausleseprozessen betroffen. Wenn man hierbei nicht „aussortiert“ werden will, nicht auf dem Abstellgleis landen will, dann muss man sich anstrengen, u. U. sich gewissen Dingen unterwerfen und sich dabei auch selbst verbiegen. Sehr viele Unternehmen wollen sich ihre Führungskräfte „formen“. Die seit vielen Jahren angebotenen Traineeprogramme bei Unternehmen laufen weitgehend drauf aus, dass das Unternehmen sich aus jungen und kompetenten Leuten seine eigenen Führungskräfte „backt“. Man muss zwar gewisse Voraussetzungen erfüllen, um an solchen Programmen teilnehmen zu können, aber das ist ja bei jeder anderen Tätigkeit ja auch der Fall. Wenn man das Traineeprogramm erfolgreich absolviert hat, wobei mit „erfolgreich“ gemeint ist, dass das Unternehmen mit dem Trainee zufrieden ist (sprich: die Führungskraft, die sich das Unternehmen in den 24 Monaten „gebacken“/geformt hat, gefällt dem Unternehmen), dann hat man Aussicht darauf eine feste Stelle bei dem Unternehmen zu bekommen. (Ich kenne genug Leute, die solche Traineeprogramme durchlaufen haben, um darüber ein Urteil zu fällen bzw. eine Meinung zu haben. Bevor das falsch verstanden wird: Ich habe nichts gegen Traineeprogramme. Im Gegenteil, sie sind oft ein guter beruflicher Einstieg. Wie schwer der berufliche Einstieg sein kann… na ja, davon kann ich ein Lied singen.)
    Der einzige Bezug zu Castingshows war: Dort findet auch „Auslese“ statt. Die dort propagierte Auslese ist nicht anders (wenn man vielen fragwürdigen Dingen bei Castingshows mal absieht) als auch in der Berufswelt. Nirgends habe ich behauptet, dass eine sinnvolle Art und Weise ist nach „Künstlern“ zu suchen. Es geht nur um das dort vermittelte Bild, dass man sich „anstrengen“ müsse, um es zu schaffen, was immer das in dem Kontext auch heißen mag. Und das man sich hierbei u.U. auch „verbiegen“ und gewissen Dingen „unterwerfen“ muss. Ich habe im Studium Leute kennen gelernt, die durchweg sehr gute Noten hatten, aber keine Lust auf einen längeren Auslandsaufenthalt hatten. Nur dummerweise wird das in einigen Branchen bzw. von vielen Unternehmen seit vielen Jahren vorausgesetzt/erwartet. Die beschriebenen Leute haben das ziemlich weit hinausgezögert und dann fast gegen Ende des Studiums einen längeren Auslandsaufenthalt eingelegt, nur um es als weiteren Punkt auf ihrem Lebenslauf stehen zu haben. Diese Leute haben gar keine Lust im Ausland zu arbeiten und werden es wahrscheinlich auch nicht tun. Dennoch haben diese sich den Regeln des Arbeitsmarktes „unterworfen“ und einen Auslandsaufenthalt absolviert/eingelegt.
    So abgedroschen das auch klingen mag: Das Leben ist kein Wunschkonzert. Es sind überwiegend jene Leute die sich gewissen Dingen „unterwerfen“ oder, um einen vielleicht weniger negativ behafteten Begriff zu nehmen: es sind überwiegend „Leute, die sich anpassen“, die „weiterkommen“. Das ist im Leben oft der Fall und auch bei so mancher unsäglichen Castingshow, die den nächsten „Superduperstar“ sucht. Ich finde das bedauerlich, aber so es nun mal.

  182. Grand Prix hat mich nie interessiert.Die sachen von früher vielleicht,Sandy Shaw,Udo Jürgens,Vicky Leandros.Danach nicht mehr.
    Ein „event“ für schwule halt,und damit okay.
    Dann hab´ich bei dieser Raab-Geschichte Frau LML per zufall eine minute gesehen,und es war klar:Sie hat´s,das gewisse etwas.Kann man nicht lernen,und kann man auch nicht kaufen,und hat auch nichts mit den titeln zu tun,die sie singt.
    Es ist auch sinnlos,vergleiche mit Nicole anzustellen.Nicole ist Juliane Werding ist Wencke Myhre.Die haben´s halt nicht.
    Ob Frau LML „es“ behalten wird?Ich glaube nicht,spielt aber auch keine rolle.
    Ikone der Bürgerlichkeit?Ach was.Andere baustelle,und ausserdem unsinn.

  183. @225 Linus:

    Der Sieg von Nicole und der internationale Erfolg des Liedes belegen eindeutig, dass der Song eben nicht aus der Zeit gefallen war. Das bedeutet nicht, das es nicht Leute gab, die ob des Liedes lautstark die Nase gerümpft haben.

    Vielleicht waren sie 1982 wirklich noch zu jung. 1979 gab es mit dem Natodoppelbeschluss das letzte große Aufflackern des kalten Krieges. Dieser Beschluss ließ in den Jahren zwischen 1979-1983 europaweit eine breite Friedensbewegung anwachsen. In Deutschland gab es damals die bis heute größten Demos in der Geschichte der Bundesrepublik. Kriegsdienstverweigerung, die vorher gesellschaftlich sehr anrüchig war, wurde damals zur breit akzeptierten Normalität.

    Das Bedürfnis nach Frieden und der Überwindung des Kalten Krieges war damals nämlich sehr viel breiter in den Gesellschaften vorhanden als die Zahl der Aktivisten vermuten lässt. „Ein bisschen Frieden“, in seinem Minimalismus und gesungen in mehreren Sprachen artikulierte dieses länderübergreifende Bedürfnis als minimalen Konsens.

    Das Lied war nicht aus der Zeit gefallen, sondern traf perfekt den Zeitgeist dieser Jahre, auch wenn man das in Studentenkneipen und Redaktionsstuben sicher anders gesehen hat.

  184. @Erich:
    Das hatte ich alles schon beim ersten Mal kapiert und deswegen auf die Unterschiede zwischen Assessmentcenter und Castingshow hingewiesen. Wenn Sie darauf nicht eingehen wollen, lassen Sie es von mir aus, aber hören Sie doch auf, mich anzublaffen und ihren Sermon zum dritten mal herunterzubeten.

  185. @JO: „..andere ekligen Dinge im Dschungel tun zu müssen, die Dschungelbewohner selbst nie tuen würden…“ Ist nicht soziologisch auch immer etwas biologisch? :-)

    Ja, das wollen wir doch nicht hoffen, dass Lena so den „Bach“ runter geht. Obwohl… dann hätten wir halt das folgende Szenario:

    „Heut erklärt uns JO
    mal die Dschungelshow.
    Lena mockt
    und „Nigge“ bloggt.“

  186. @Thomas

    Gut, dann müßten wie uns jetzt darüber unterhalten, wer den Zeitgeist wann wie definiert.

    Ich sprach auch weniger über den Text (den ich aber auch hochnotpeinlich finde), sondern über die Musik. Schlager mit großem Chor und großem Gefiedel im Hintergrund, Plastikbeat und Weichspüler-Gesamtsound entsprachen 1982 ganz bestimmt nicht mehr dem Zeitgeist (wenn sie es denn je getan haben).

    Aber Mainstream und Zeitgeist müssen auch nicht unbedingt was miteinander zu tun haben. Die Friedensbewegung wird auch sicherlich was besseres zu tun gehabt haben, als sich von Siegel vereinahmen lassen zu wollen.

    Aber gut: persönlicher Geschmack. Ich finde das Lied (mal abgesehen von Frisur und Kleid) eklig und unangenehm ranschmeißerisch, produziert ohne Herz und aus der Retorte. Das alles trifft auf Lena nicht zu.

  187. Notiz: Es gibt einen Unterschied zwischen Bildung und Ausbildung! Wenn von Politikern und Fernsehen von Bildung gesprochen wird, meint man zumeist die (schulische) Ausbildung, sei es Grundschule oder in einer Ausbildungsstelle in einem Betrieb. Humboldt ist tot.

  188. Ja, das wollen wir doch nicht hoffen, dass Lena so den “Bach” runter geht. Obwohl… dann hätten wir halt das folgende Szenario:

  189. 230, Thomas:
    („Das Lied war nicht aus der Zeit gefallen, sondern traf perfekt den Zeitgeist dieser Jahre, auch wenn man das in Studentenkneipen und Redaktionsstuben sicher anders gesehen hat.“)

    Man könnte auch sagen: nahezu alle, die sich in der Friedensbewegung engagiert haben, mochten das Lied damals nicht. Weil sie das Gefühl hatten, dieser Komponist habe ihr Engagement auf ausschließlich merkantile Weise ausnutzen wollen.

    Der Gedanke war wohl nicht ganz falsch.

  190. […] Lena ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit Pop war mal das Gegenteil dessen, was die Casting-Show-Idee verkauft, nämlich das Versprechen vom Triumph der Leichtigkeit und der Mühelosigkeit. Und der entscheidende Punkt ist, dass dieses Glücksversprechen des Pop zutiefst antibürgerlich ist. “Bürgerlich” ist nämlich nicht nur das, was sich die Vertreter der HTE gerne darunter vorstellen (etwas, das vage mit Thomas Mann, dunklen Bücherregalen, Klavierunterricht und gepflegtem Abendessen im Familienkreis zu tun hat). Die real existierende Bürgerlichkeit der Mittelschicht ist in erster Linie der praktizierte Glaube an ein ganz anderes Versprechen, nämlich jenes der disziplinierten Selbstzucht in Kombination mit dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit. Jeder ist seines Glückes Schmied, und diejenigen werden den Lohn davontragen, die sich am meisten anstrengen, am fleißigsten schuften und am eisernsten sparen – und schon ihre dreijährigen Kinder in Chinesischkurse schleifen, der späteren Chancen am Arbeitsmarkt wegen. […]

  191. @Mikel:
    Na, ob das eine funktionierende Schublade ist …?
    Mit Kuttner zum Beispiel kannst Du mich jagen. (Mit Hagen auch, aber die hat ein paar Bonuspunkte.)

  192. lol . . . .243 kommentare. mir deucht der artikel – autor hat voll ins schwarze getroffen . . .:)

  193. So ein Käse… da wurde ein vermutlich linker Schubladendenker übel aufgeschreckt, weil er mit „bürgerlich“ wohl nur negatives verbindet. Die Klischees über höhere Töchter, die angeblich keine Tattoos haben (wer ist in der Generation eigentlich nicht tätowiert?) und alle Ballett tanzen, sind zum gähnen. Der arme Autor hatte wohl schon länger nicht mehr mit jungen Frauen zu tun.
    Ich gehöre nicht zu denen, die darüber mosern, dass sich Niggemeyer mit Trivialkultur beschäftigt. Aber der krampfhafte Versuch, der Lena-Nummer eine soziologische Bedeutsamkeit aufzudrücken, enttäuscht mich maßlos.

  194. Dabei wollte ich doch endlich nichts mehr über Lena lesen – es ist genug. Gut, dass ich es dennoch getan habe. Nimm das, LeistungmussichwiederlohnenSpringerMerkelWesterwelle-Haufen! :)

  195. Also ich fand ja Raabs lächerliche Gutmenschen-Version von DSDS sowas von unerträglich, ebenso wie die Gewinnerin des albernen Zirkus.
    Dieser peinliche, aufgesetzte pseudobritische Akzent, der häßliche Sophie-Scholl-Gedächtnis-Scheitel, dieses verlogene „Ich bin authentisch und das macht mir alles so wunderbar viel Spaß“-Getue.
    Ja toll, ihr Urgroßonkel dritten Grades war irgendwann im vorletzen Jahrhundert Aushilfsbotschafter in Hinterpfuideifi, das ist ja in etwa genauso interessant wie dass Me No Win, Now Me Sad, Fröhlich irgenwie seine halbe Familie geschwängert hat.
    Brrrr, Grauenhaft!
    Es mag ja für einige hier ein innerer Reichsparteitag sein, dass sie es ohne die pöhse Bild und das fast genauso pöhse RTL geschafft hat, dafür hatte sie halt stattdessen den Intellektuellensender Pro 7 und die Gebühren-Zecke ARD an ihrer Seite.
    Die These des Autors Lena verkörpere das Versprechen der Leichtigkeit des Erfolges im Pop-Business, mag ja teilweise nicht falsch sein.
    Nur ist diese Versprechen an sich eben einfach eine Lüge.
    Die Formel für den Erfolg im Pop-Geschäft ist wie in jedem anderen auch: 5% Talent, 5% Glück, 90% harte Arbeit.
    Und das war hinter der „Piep,piep,piep wir ham uns alle lieb“-Kulisse der Raab-Show mit Sicherheit auch nicht anders.
    Da empfinde ich DSDS als die deutlich ehrlichere Show, dort wird die ganze Gnadenlosigkeit des Pop-Business wenigstens deutlich gezeigt.

  196. Ein toller Text, der trotz seiner Länge mit beinahe jedem Satz auf den Punkt trifft. Danke!

  197. Der Text ist ja schonmal großartig und sowas von treffsicher geschrieben, Respekt.

    Aber die nötige Würze kommt erst mit der wahrlich meisterlich gelungenen Karrikatur in Kommentar #249.

  198. Ein wirklich gelungener Artikel, vielen Dank dafür.
    Das Problem ist ja nicht nur, dass das Fernsehen lügt, sondern vor allem, dass es das so schlecht macht. Ich bin wohl nicht der einzige, der so viel bittere Galle über hohle Phrasen und glitterbeklebte Pappkameraden angestaut hat, dass jedes Quäntchen (vermeintliche?) Authentizität eine Wohltat zu sein scheint.

    Ich habe nur ein Problem mit dem Pop-Begriff, der hier verwendet wird. Meiner Meinung nach ist Pop der Versuch eines massenkompatiblen Destillats von Subkulturen. Hier wird nach dem Prinzip Schwan gearbeitet: Über der Wasseroberfläche wird elegant geglitten, darunter heftig gerudert. Alles, was davon abweicht, ist ein Rückstand der Originaleinfllüsse. Deswegen sehe ich Lenas ideologische Wurzeln eher im Punk und im Hip-Hop.

    Abschließend bleibt noch einmal zu unterstreichen, dass Medien virtuelle Räume sind, die keine Verbindung zur fundamentalen Realität haben. Das wird durch den Begriff der „Höheren-Töchter-Erzählung“ treffend erfasst, die Konsequenzen bleiben aber etwas schleierhaft. Effektiv geht es bei Lena nur um den TRAUM vom Nonkonformismus im autoritären System, vom richtigen Leben im falschen. Eine Bedrohung realer Strukturen findet nicht statt.
    Aber das wäre auch viel zu unentspannt ;)

  199. […] Lena ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit « Stefan Niggemeier. var a2a_config = a2a_config || {}; a2a_localize = { Share: "Share", Save: "Save", Subscribe: "Subscribe", Email: "E-mail", Bookmark: "Bookmark", ShowAll: "Show all", ShowLess: "Show less", FindServices: "Find service(s)", FindAnyServiceToAddTo: "Instantly find any service to add to", PoweredBy: "Powered by", ShareViaEmail: "Share via e-mail", SubscribeViaEmail: "Subscribe via e-mail", BookmarkInYourBrowser: "Bookmark in your browser", BookmarkInstructions: "Press Ctrl+D or ⌘+D to bookmark this page", AddToYourFavorites: "Add to your favorites", SendFromWebOrProgram: "Send from any e-mail address or e-mail program", EmailProgram: "E-mail program" }; a2a_config.linkname="Lena ist nicht die Ikone der Bürgerlichkeit « Stefan Niggemeier"; a2a_config.linkurl="http://www.Stefan-Laszczyk.de/lena-ist-nicht-die-ikone-der-buergerlichkeit-stefan-niggemeier"; […]

  200. Diese Analyse finde ich gelungen. Nicht, dass ich zu sehr zustimmen würde, aber hier stecken mehr Denkanstöße über unsere aktuelle Gesellschaft drin als in vielem anderen.

    Wo ich zustimmen möchte und was mich oft aufregt, das ist die Sache mit der „Generation Casting“. Dazu kommt ja generelles Versagerfernsehen (Versagern wird erst gezeigt, dass sie solche sind, dann werden die kaputt gemachten Hunde/Kinder/Geschäftspläne/Kontostände vom Profi repariert). Ich befürchte wirklich, dass daraus ein Klima des Aufeinander-Herumhackens entstehen kann, dass wir uns nicht nur von einem sozialeren Staat sondern auch von einer sozialen Gesellschaft verabschieden werden müssen. Denn die Essenz von Casting- und Versagerfernsehen ist doch: Wer es nicht schafft genau so zu sein, wie ein System ihn braucht, ist selber schuld und verdient keine Hilfe. „Du bist raus!“

  201. Ich befürchte wirklich, dass daraus ein Klima des Aufeinander-Herumhackens entstehen kann, dass wir uns nicht nur von einem sozialeren Staat sondern auch von einer sozialen Gesellschaft verabschieden werden müssen.

    Ist es nicht schon längst so? M.E. funktionieren solche Sendungen doch nur in einem bereits vergifteten Klima. Und auch vorher galt doch die «Erkenntnis», diese Arbeitslosen sind doch eh selbst schuld. Wer Arbeit finden will, der findet auch welche.

  202. […] Lesbares: »„Danke, Lena!“, „Unsere Lena hat gesiegt!“, „Lena, unsere Erlösung!“ Die Kanzlerin gratuliert, ARD und PRO Sieben ändern das Programm, die Einschaltquoten liegen weit über dem Fussballländerspiel, das zur gleichen Zeit läuft, und in Hannover fährt am nächsten Tag ein Autokorso mit der schwarz-rot-gold geschmückten Schülerin durch die Masse ausgerasteter Fans, die die Nacht durch gefeiert haben. Das Bundesverdienstkreuz soll sie erhalten und beim nächsten Eurovision Song Contest wieder antreten…..Spinnt das ganze Land? Einerseits schon, anderseits kein bisschen! Diese Sorte Spinnerei ist die Sonntagsform des stinknormalen deutschen Nationalismus. Mit Lena kann man ohne Wenn und Aber Deutschland und seine eigene Zugehörigkeit zu diesem Nationalstaat ganz einfach gut finden und feiern. Und das wird ausgekostet, wo es sonst im privaten Alltag recht wenig zu feiern gibt. Begonnen hat das mit der Fussballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Seit dem ist all das, was vor kurzem noch als rechtsextrem galt, als fröhlicher, „unverkrampfter Patriotismus“ (Ex-Bundespräsident Köhler) salonfähig geworden und darf in Schwarz-rot-gold durch die Straßen toben oder in Public-Viewing- Zonen mit „Deutsch-ist-geil-Partys“ auf den Putz hauen. So unpolitisch dieser Sonntagspatriotismus auch ist, harmlos ist auch er deswegen noch lange nicht.« (Quelle: Freek Huisken | PDF-Datei | Ergänzung: Niggemeier) […]

  203. @74.:
    Auch Mozart, Schönberg und Mahler waren schon ein musikalischer Holzweg: alles nichts als kommerzielle Schablone und ewige Kopie des Vorherigen.
    Seitdem die ersten Frühmenschen in ihren Höhlen auf Tierfelle getrommelt haben, hätte man nichts mehr verändern dürfen, ohne sich dem Vorwurf des Plagiats zurecht(!) auszusetzen.

  204. […] 31.05.2010 – Ein Solo für zwei 31.05.2010 – Lena – ein Konsensmädel sondergleichen 09.06.2010 – Lena ist nicht die Krone der Bürgerlichkeit 18.07.2010 – “Wie geil ist das denn?” (Von Jan Böhmermann) 27.10.2010 – […]

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