Medizin-Nobelpreisträger-Memory

Die Sache mit den drei Medizin-Nobelpreisträgern ist unübersichtlich:

Oliver Smithies lehrt und forscht an der Universität von North Carolina at Chapel Hill in den USA, Mario Capecchi an der Universität von Utah in den USA und Martin J. Evans an der Universität Cardiff in Großbritannien. Der 70-jährige Capecchi stammt aus Italien und ließ sich in den USA einbürgern. Smithies, 82 Jahre alt, hat ebenfalls einen US-Pass, stammt aber aus Großbritannien. Der Brite Evans ist 66 Jahre alt.

So, und wenn Sie jetzt einmal versuchen, auswendig aufzusagen: Welche Nationalität haben die Preisträger? Aus welchen Ländern stammen sie ursprünglich? Und in welchen Staaten lehren und forschen sie?

Agenturen und Online-Medien haben eine Weile gebraucht, um die Antworten korrekt zu sortieren. Nehmen wir tagesschau.de. Erster Versuch:

Das mit der Nationalität ist natürlich falsch. Zweiter Versuch:

Öhm, nein. Dritter Versuch, immer noch bei tagesschau.de:

Nein, tun sie nicht nicht.

Lustig ist, dass die verschiedenen Agenturen sich aus der Fülle möglicher falscher Kombinationen von Nationalität, Herkunft und Namen jeweils eigene Fehler-Varianten herausgepickt haben. dpa meldet um 11.37 Uhr:

Stockholm (dpa) – Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an den US-Bürger Mario Cappecchi, sowie die Briten Martin Evans and Oliver Smithies.

Und berichtigt um 11:57 Uhr:

Stockholm (dpa) – Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an die US-Bürger Mario Capecchi und Oliver Smithies sowie den Briten Martin Evans.

AP nähert sich der Sache um 11:38 Uhr so:

Stockholm (AP) Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an den Italiener Mario R. Capecchi, den Briten Martin J. Evans und den Amerikaner Oliver Smithies.

Das ist in der Mischung aus Herkunftsländern und Nationalitäten Quatsch, geht aber noch schlimmer. Um 12:19 Uhr schafft es AP, sich in einer Meldung selbst zu widersprechen:

Stockholm (AP) Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an die beiden Amerikaner Mario R. Capecchi und Oliver Smithies sowie an den Briten Martin J. Evans. (…)

Der 66 Jahre alte Amerikaner Evans habe Modelle entwickelt, um das das Gen-Targeting bei Mäusen einzusetzen (…). Der 82-jährige Brite Smithies wendete die Technik vor allem auf die Untersuchung erblicher Krankheiten an.

Um 13:02 Uhr wiederholt AP dieselben Fehler einfach noch einmal. Erst um 13:17 hat AP die Nationalitäten und Herkunftsländer richtig sortiert.

Und bei Reuters setzt man konsequent auf die (korrekte) Angabe der Herkunftsländer anstelle der Nationalitäten (wobei es geholfen hätte, das auch dazu zu schreiben):

Stockholm, 08. Okt (Reuters) – Der aus Italien stammende Wissenschaftler Mario Capecchi sowie seine britischen Kollegen Oliver Smithies und Martin Evans werden mit dem diesjährigen Nobelpreis für Medizin ausgzeichnet.

Ich wüsste gerne, wieviele Online- und Agenturjournalisten heute wegen der Medizin-Nobelpreise Schreikrämpfe bekommen haben.

21 Replies to “Medizin-Nobelpreisträger-Memory”

  1. Mich würde interessieren, ob ddp seine Schnitzter ausbügelt (Metaphernmaschine momentan kaputt!). Allerdings zu wenig, um selbst nachzuschauen…

  2. @1, Jörg: Allerdings war zum Zeitpunkt der Eilmeldungen nobelprize.org nicht zu erreichen. (Oder jedenfalls nicht von dem Rechner, an dem ich gesessen habe.) Da blieb also nur das Vertrauen auf die Agenturen, die wahrlich ein tolles Verwirrspiel abgeliefert haben.

  3. Ist das wirklich so wichtig, wo die geboren wurden? Und wie alt die sind? Und warum muss man sowas immer ausformulieren? Und wenn man’s schon ausformuliert, dann auch noch die Reihenfolge im zweiten Teil anders machen, als im ersten…?

  4. Man koennte das ganze sogar noch komplizierter haben:

    Sir Martin Evans ist gebuertiger Englaender (zumindest vom Geburtsort, ob er eventuell Walisische, Schottische oder andere Eltern hat habe ich auf die Schnelle nicht herausfinden koennen), der jetzt in Wales forscht und lehrt.

    Nur der Vollstaendigkeit halber ;-)

  5. Oder sagen wir es so:

    Der Nobelpreis geht an einen Italiener und zwei Briten. Zwei von Ihnen sind in die USA gegangen, weil es dort so schön zu forschen ist (Geld… Geld… und natürlich Geld). Alle drei wurden nicht im selben Jahrzehnt geboren. Der Brite isst gerne Käse. Der Italiener raucht nicht, arbeitet aber im Mormonenstaat.

    ;-)

  6. Ich glaube, die haben alle keine Schreikrämpfe bekommen, sondern einfach irgendwie gemacht. Das würde jedenfalls zu den Ergebnissen passen.

  7. Viel interessanter ist _wofür_ diese Herren den Nobelpreis bekommen haben. Nämlich dafür das sie Gene z.B. bei Mäusen so verändert haben, das deren Nachkommen dann bestimmte körperliche Missbildungen aufweisen an denen man dann herumforschen kann. Eine basisdemokratische Veranstalltung war das wohl ehr nicht, die Mäuse wird man kaum gefragt haben. Einen Nobelpreis ist das meineserachtens _nicht_ wert. Einen Nobelpreis hätte vielmehr der verdient, der techniken entwickelte, die Tierversuche überflüssig machen würden.

  8. Da kann man doch noch zurfrieden sein, dass die Kollegen/Kolleginnen in den Agenturen und Newsredaktionen die Meldung nicht in der Rubrik Sportnews gebracht haben (Knock-Out-Mäuse – Sparringspartner für Halmich, Klitchko und Co entdeckt)

  9. „Und wenn man’s schon ausformuliert, dann auch noch die Reihenfolge im zweiten Teil anders machen, als im ersten…?“ (zitat svenR)
    das hat mich auch ziemlich verwirrt -also wenn das keine absicht war…

  10. @18: Toll!!! 20 Jahre alt, bekommt ne Entdeckung in dem Jahr den Nobelpreis, in dem sie obsolet wird! Danke, Flashspeicher!

  11. @6: Ist das wirklich so wichtig, wo die geboren wurden? Und wie alt die sind? Und warum muss man …

    Nee, man muss nicht.
    Aber: Wenn man’s freiwillig tut, sollte man es nicht so doof machen.

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