Nikolaus Brender und die Heuchler

Vor siebeneinhalb Jahren, im Juni 2002, haben Wolfgang Clement und Heide Simonis ihre Sitze im Verwaltungsrat des ZDF niedergelegt. Einen Platz hätten die beiden damaligen SPD-Ministerpräsidenten ohnehin räumen müssen, weil die CDU gerade die Mehrheit im Bundesrat und damit einen zusätzlichen Sitz im obersten ZDF-Gremium erobert hatte — ihn bekam ein Mann namens Roland Koch. Aber Simonis und Clement gaben einen weiteren Sitz auf, um für mehr Staatsferne des Senders zu demonstrieren. „Es kann nicht richtig sein, dass Politiker, namentlich Regierungsmitglieder, die Gegenstand kritischer Berichterstattung sind, gleichzeitig die Entscheidungsgewalt über einen Sender innehaben“, hatte Clement gesagt. Eine unabhängige, politikferne und sachkompetente Persönlichkeit solle den vakanten Platz anstelle des üblichen Ministerpräsidenten übernehmen. Es wurde der ehemalige Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm. Er lehnte es auch ab, in einem der berüchtigten „Freundeskreise“ der beiden früheren Volksparteien Mitglied zu werden.

Es war eine gute Aktion der beiden SPD-Leute, an die in diesen Tagen aus aktuellem Anlass erinnert wird. Leider wird zu selten daran erinnert, was passierte, als Grimm nach fünf Jahren wieder aus dem Verwaltungsrat ausschied: Als seinen Nachfolger bestimmte die SPD eine Person, die weder unabhängig noch politikfern noch sachkompetent war: Matthias Platzeck, den brandenburgischen Ministerpräsidenten.

Soviel zum Willen der Sozialdemokratischen Partei, das ZDF dem direkten Zugriff der Parteien zu entziehen.

Wenn die Medien also wenigstens darauf verzichten könnten, im Fall Brender den Heucheleien eines Klaus Wowereit eine Plattform zu geben — es wär‘ schon viel gewonnen.

Ich hoffe, dass Nikolaus Brender am kommenden Freitag keine Mehrheit im Verwaltungsrat bekommt. Dass die CDU-Schergen für einen Eklat sorgen und den Vorschlag von ZDF-Intendant Markus Schächter für eine weitere Amtszeit des Chefredakteurs ablehnen.

Denn wenn Roland Koch ohne gute Gründe einen Chefredakteur abwählen lässt, nur weil er es kann, ist das schlimm. Der eigentliche Skandal ist es aber, dass er es kann.

Und um daran etwas zu ändern, muss die Sache noch viel mehr eskalieren. Wenn aber durch irgendein Wunder oder späte Einsicht einiger Unionsvertreter Brender doch noch im Amt bestätigt würde, könnten alle wieder zur Tagesordnung zurückkehren. In den vergangenen Wochen und Monaten haben so viele Menschen öffentlich erklärt, dass die Nicht-Wiederwahl Brenders das Ende der Rundfunkfreiheit symbolisieren würde, dass man Brenders Bestätigung fälschlicherweise für den Beweis der Staatsferne des ZDF halten könnte.

„Welt“-Kommentator Eckhard Fuhr, dem ich in fast allen Punkten seiner Analyse dieses Falls widersprechen würde, hat Recht, wenn er darauf hinweist, dass sich die Frage, ob ein öffentlich-rechtliches Gremium in seiner Zusammensetzung verfassungsgemäß ist, nicht daran messen lässt, welche Beschlüsse es fasst. Auch wenn der ZDF-Verwaltungsrat dem angekündigten Vorschlag des Intendanten zur Besetzung der Chefredaktion folgen sollte, würde es nichts daran ändern, dass es unerträglich ist, dass Regierungsvertreter über diese Frage entscheiden.

Deshalb stimmt auch Christian Bartels ironischer Einwurf im „Altpapier“, dass man sich gut überlegen soll, ob man den offenen Brief von Juristen und Bloggern an den Verwaltungsrat unterschreiben will, der mit dem Aufruf endet, „die Unabhängigkeit des Rundfunks zu bewahren“:

Wer unterschreibt, unterschreibt also sozusagen, dass derzeit, zumindest bis zum Freitag, diese Unabhängigkeit des Rundfunks noch besteht.

All die fast ermüdenden offenen Briefe und Solidaritätsbekundungen sind trotzdem gut, denn sie tragen zu einer Eskalation bei und schneiden Intendant Schächter den Rückzug auf halbgare Kompromisse ab. Schächter ist Meister im Kungeln (oder wie man das freundlicher nennt: im Machtpoker hinter den Kulissen). Vermutlich hätte er sich längst auf einen anderen Kandidaten festgelegt, wenn die Auseinandersetzung nicht von außen zu einer solchen Grundsatzfrage hochstilisiert worden wäre. Schächter beherrscht blendend die Spielregeln solcher Auseinandersetzungen, bei denen das oberste Gebot „Gesicht wahren“ lautet. Es ist schwer zu erkennen, wie ihm das angesichts der zugespitzten Konfrontation gelingen soll, und das ist gut so.

Man darf nicht vergessen, dass Schächter heute nur deshalb Intendant des ZDF ist, weil das ZDF so im Griff der Parteien ist. Nach einem monatelangen Gezerre der Parteipolitiker stellte er sich 2002 als der einzige mehrheitsfähige Kandidat heraus. Mein Kollege Nils Minkmar schrieb damals in der „FAS“:

Es wurde der gewählt, den zwar lange Zeit alle verhindern wollten, der aber als einziger Unions-Kandidat die Stimmen der SPD-Minderheit im Fernsehrat bekommen würde, weil durch seinen Aufstieg ein Posten für einen SPD-Mann frei wird.

Das sollte sich als große Täuschung herausstellen, denn wenige Monate später wurde klar, dass auch der neue Programmdirektor ein CDU-Mann sein müsse, und das Gezerre war einem Ausmaß unwürdig, dass man denken konnte, alle Beteiligten würden aus reiner Scham schon von weiteren Wiederholungen absehen, aber damit würde man den Machthunger der Partien natürlich absurd unterschätzen.

Wenn die SPD so massiv den Chefredakteur Nikolaus Brender verteidigt, der in den vergangenen Monaten zu einem merkwürdig übersteigerten Symbol für journalistische Unabhängigkeit geworden ist, darf man das nicht mit einem Unabhängigkeitskampf verwechseln. Die SPD muss die Pläne der Union auch deshalb so massiv abwehren, weil die Besetzung des Chefredakteursposten beim ZDF traditionell den Sozialdemokraten zusteht. Die politische Geschäftsgrundlage sieht vor, dass die Union Intendant und Programmdirektor bestimmt, die SPD Verwaltungsdirektor und Chefredakteur. Deshalb konnte auch Hans Janke 2002 nicht als Nachfolger Schächters Programmdirektor werden, denn Janke galt zwar (im Gegensatz zu Thomas Bellut, der es dann wurde) als besonders kompetent, aber aus irgendwelchen Gründen auch (ebenfalls im Gegensatz zu Thomas Bellut) als SPD-nah. Wie wenig sich der hessische Ministerpräsident Roland Koch damals schon für die Besetzung nach Parteipräferenzen genierte, verdeutlichte epd-Medien damals in einem Bericht über die Sitzung des Verwaltungsrates:

Nach epd-Informationen reagierten die Unionsvertreter — namentlich der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel und dessen hessischer Amtskollege Roland Koch — ungehalten auf das Vorgehen der sozialdemokratisch orientierten Seite.

Koch kritisierte dabei u.a. auch den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden des ZDF-Verwaltungsrates, Kurt Beck, weil er öffentlich für Janke als neuen Programmdirektor eingetreten sei und damit die vorherige Vereinbarung mit Vogel, dass für diese Position der Union die Präferenz zustehe, aufgekündigt worden sei.

Das Eins-links-eins-rechts-einen-fallenlassen-Spiel wird auch in den Niederungen der Hierarchie fortgesetzt, wie ein weiterer Satz aus derselben Meldung verdeutlicht:

Unter parteipolitischen Gesichtspunkten sei bei den Personalien Ekkehardt Gahntz als neuer Leiter Wirtschaft, Soziales und Umwelt für die „rote“ Seite ein Problem gewesen, umgekehrt habe die „schwarze“ Seite Schwierigkeiten mit dem Vorschlag Bettina Schausten als neue Innenpolitik-Chefin gehabt.

Wenn die SPD so besorgt ist um das Hineinregieren der Politik in das ZDF, warum zieht sie dann nicht einseitig ihre Parteivertreter oder wenigstens die Regierungsvertreter aus den Gremien des Senders zurück — insbesondere Kurt Beck, den Vorsitzenden des Verwaltungsrates und Ministerpräsidenten des Landes, in dem das ZDF seinen Sitz hat, eine besonders enge Verbindung? Was hält sie davon ab, ihre Plätze mit unabhängigen Persönlichkeiten zu besetzen oder gar von unabhängigen Gremien bestimmen zu lassen? Die Sorge, dass die CDU dann durchregieren würde und sich einen peterhahnesken Sender ganz nach dem Geschmack von Roland Koch basteln könnte?

Aber das wäre doch wunderbar, dann wäre für jeden sichtbar, in welchem Maße das ZDF im Griff der Parteipolitik ist — und der unerträgliche Zustand wäre endlich wirklich unerträglich. Wenn hingegen Nikolaus Brender am Freitag gewählt wird, ist wieder Ruhe, und Union und SPD können weitermachen wie bisher, und bei der nächsten Wahl geht alles wieder von vorne los.

Nein, Markus Schächter muss in diese Auseinandersetzung mit den Partei- und Regierungsvertretern gezwungen werden — und zur Aufgabe des traditionellen Konsens mit diesen Leuten. NDR-Justiziar Werner Hahn hat in einem Beitrag für die FAZ mehrere Varianten erklärt, wer gegen die Zusammensetzung des Verwaltungsrates klagen könnte. Keine der Varianten ist sehr realistisch. Ein Drittel der Bundestagsabgeordneten wäre zum Beispiel ausreichend, also etwa SPD plus Grüne: „Mit Blick auf die Machtinteressen auch der SPD in Rundfunkfragen dürfte aber dieses Szenario ebenfalls äußerst unwahrscheinlich sein“, schreibt Hahn. Bliebe, unter bestimmten Voraussetzungen, der ZDF-Intendant, wenn er es wagte, sich offen mit den Politikern anzulegen, was ganz etwas Neues wäre.

Irgendjemand muss den Parteien sagen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ihnen gehört, sondern uns. Irgendjemand muss ihnen das ZDF wegnehmen. Nicht nur dem Koch, auch dem Beck.

 

121 Replies to “Nikolaus Brender und die Heuchler”

  1. Seit Nikolaus Brender im Amt ist, habe ich mich vom regelmäßigen ZDF-Zuschauer zum ZDF-Verächter gewandelt. Wenn das ZDF-Morgenmagazin läuft, schalte ich ab, das ZDF-Mittagsmagazin ist eine PR-Plattform und die Kernerisierung des Programms hat in meinen Augen die wenigen verbliebenen Informationsinseln überflutet.

    Macht Brender einen guten Job gemacht, der irgendwie an mir vorbeiging, oder soll er nur gehalten werden um Roland Koch zu ärgern?

  2. Stefan, du unterschlägst etwas den Brief der Staatsrechtler im Nebensatz, die ja eigentlich in eine ähnliche Kerbe schlagen wie du, darin heisst es:

    „Sollte sich herausstellen, dass letztlich ein Ministerpräsident als Meinungsführer stark genug ist, um einen bestimmten Chefredakteur zu verhindern, so würde dies einen praktischen Beleg dafür liefern, dass die zum Teil geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber der Zusammensetzung des Gremiums nicht unbegründet sind.“ (http://bit.ly/8cM4aS)

    Das heisst, würde Brender nicht wieder gewählt setzen auch sie auf weitere Eskalation, indem sie dann vermutlich Verfassungsbeschwerde einlegen, wie sie in dem Brief zumindest andeuten und erhoffen sich dann sogar eine größere Erfolgsaussicht.

  3. „Irgendjemand muss den Parteien sagen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ihnen gehört, sondern uns.“

    Alles richtig, nur merke ich als Gebührenzahler davon weder bei den Sendern noch bei den Politikern etwas. Genau genommen haben sich doch auch die Sender mit den Politikern arrangiert. Etwas Hofberichterstattung und dafür werden die Rundfunkstaatsverträge im Anstaltssinne verlängert.

    Wie wäre es wenn die Gremien tatsächlich mal demokratisch mit direkten Wahlen durch de gebührenzahler besetzt werden und nicht indirekt über die Landespolitiker?

  4. Sehr informative Darstellung der internen Strukturen beim Sender, der sich bekanntlich in der Werbung freiwillig ein Auge zuhält.
    Roland Koch zumindest (der im unteren Drittel einmal zu Robert geraten ist), tritt wieder sicherer auf denn je, gestern hat in in Frontal 21 noch verkündet, dass eine strafrechtliche Verfolgung der Banker kein geeignetes Mittel zur Bewältigung der Wirtschaftskrise sei; so provokativ spricht nur jemand, der Rückenwind für seine konservativ – reaktionären Anliegen verspürt.

  5. „Wer unterschreibt, unterschreibt also sozusagen, dass derzeit, zumindest bis zum Freitag, diese Unabhängigkeit des Rundfunks noch besteht.“
    Das Argument habe ich heute schon öfter gehört. Ich finde, man sollte diese Formulierung nicht überbewerten. Natürlich ist damit nicht gemeint, dass mit einer juristisch korrekten Entscheidung des Verwaltungsrates alles gut ist und der deutsche Rundfunk froh und glücklich in seiner verfassungsidealistischen Unabhängigkeit schwelgen kann. Als ich diese Zeile geschrieben habe, habe ich vielmehr daran gedacht, dass die Teilung von Fernseh- und Verwaltungsrat beim ZDF gerade das verhindern soll, was im Moment droht: Nämlich die Einmischung politischer Vertreter in die inhaltliche Ausrichtung. Diese Trennung ist Ausdruck der Unabhängigkeit der Berichterstattung und soll bewahrt werden.

    Ich finde es unerträglich, wenn sich staatliche Vertreter, die auch indirekt mich repräsentieren sollen, so offen über grundlegende Prinzipien hinwegsetzen. Ausschließlich auf diesen Vorgang bezieht sich der Brief. Nicht auf das System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks insgesamt, nicht auf den strukturellen Aufbau des ZDF und erst Recht nicht auf Brender, Koch, Schächter oder irgendjemanden persönlich.

  6. Das ZDF ist ein Relikt aus der Vor-Privatfernseh-Ära. Ich halte es für so überflüssig wie einen Kropf. Die „Grundversorgung“ wird von der ARD prima gewährleistet.

  7. Schade finde ich, dass mit den Gelder nicht sorgsam umgegangen wird. Müssen die GEZ-Zahler z.B. für künstlich aufgeblasene Internetseiten aufkommen?

  8. Das Einzige, was mich interessiert ist, ob Brender seinen Job gut macht. Darüber höre und lese ich zu wenig bis gar nichts in der ganzen Debatte. Offenbar hat sich auch niemand die Mühe gemacht, das intern mal zu recherchieren. Dass politisches Dreinregieren in die Sender von übel ist, ist so banal und offensichtlich, dass ich mich darüber schon gar nicht mehr erregen kann. Wenn ich allein an die vorher absehbare Tendenz der Polit-Magazine in der ARD denke, bin ich schon bedient. Da ist die Mischung bei „Frontal21“ übrigens gelegentlich überraschender.

  9. Grandioser Beitrag!

    In dem Offenen Brief wäre die Formulierung „Rundfunkfreiheit zu stärken“ sicher noch treffender gewesen.

    Tatsächlich ist die Frage der Freiheit und der Unabhängigkeit sehr komplex, wie auch den Kommentaren hier deutlich geworden ist:
    http://carta.info/18671/nikolaus-brender-zdf/

    Die Öffentlich-Rechtlichen sind den Interessen der Allgemeinheit verpflichtet, die in den Räten abgebildet werden. Damit ist die Rundfunkfreiheit zugleich immer auch schon eine gebundene Freiheit.

    Die Rundfunkfreiheit ist also die Freiheit von Journalisten und Intendanten, sich autonom und nach Sachgesichtspunkten an den Interessen der Allgemheit zu orientieren. Es ist aber keine Freiheit und Unabhängigkeit per se.

    So gesehen ist die Parole vom „uns“ im letzten Absatz leider auch wieder zu kurz gesprungen: Denn wer soll die Interessen des „uns“ verwalten und vermitteln? Wer legt fest, was „uns“ will?

    Und Parteien und Ministerpräsidenten gehören letztlich auch zur Masse des „uns.“

    Vielleicht bräuchten wir eine Direktwahl der Rundfunkräte, damit „uns“ die Sender endlich gehören.

  10. vielleicht klingt das ja zu blauäugig, aber wenn es sich hierbei um steuer-.. ähh.. gebührenfinanzierten ÖR-Rundfunk handelt, macht es da nicht Sinn, dass Volksvertreter Einfluss haben und ausüben ?

    Wie, wenn nicht durch eben jene Volksvertreter wäre sonst eine demokratisch legitimierte Kontrolle sicher gestellt, die doch in allen Institutionen, die – wie du so schön sagst – uns ( also dem Volk ) gehören, wünschenswert ist ?

    Wie anders sollte das Volk seine „Kontrolle“ überhaupt ausüben ?
    Ist nicht „das Hineinregieren der Politik“ überhaupt Kern des ÖR ?
    Nicht im Sinne von „Inhalte bestimmen“ natürlich, sondern im Sinne von „dafür sorgen, dass der Bedarf des Volkes nach bestmöglicher Information und Unterhaltung gedeckt wird“.

    Klar, man kann sich über die Arbeitsweise der „Volksvertreter“ streiten, und jeder von ihnen dürfte seine Aufgabe in den Gremien etwas anders interpretieren.

    Aber wenn in einem gebührenfinanzierten ÖR-Rundfunk Entscheidungen über Personal u.ä. getroffen werden, sollten da nicht Vertreter von denen mit am Tisch sitzen, die diesen ÖR-Rundfunk finanzieren ?

  11. Ich weiß nicht, ob die Vorstellung, dass die Union sich einen peterhahnesken Sender ganz nach dem Geschmack von Roland Koch basteln wird, wenn die SPD ihre Parteivertreter abziehen würde, so wunderbar ist. Es ist wohl etwas naiv, anzunehmen, das Programm wäre dann so unerträglich, dass ein Aufschrei durchs Land ginge. Ich glaube eher, es würde gar nicht auffallen.

  12. Das öffentlich-rechtliche Prinzip basiert auf Einflußnahme von Parteien (und, nebenbei, auch diversen politischen und gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen). Insofern ist der Einfluß systemimmanent, was meines Erachtens der Beitrag auch sehr schön zeigt.

    Jeder Unterschriftenaktion zur „Unabhängigkeit des Rundfunks“ verkennt das Prinzip. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk war nie in diesem Sinne „unahängig“ – er war/ist bestenfalls pluralistisch. Alles andere ist ein Mythos.

    Ich kann nicht behaupten, dass ich das ZDF unter Brenders Ägide besser finde als vorher; eher im Gegenteil. Brender überzeugt mich nicht; er wird fast ausschließlich durch das brachiale und blöde Vorgehen von Koch zur Projektionsfläche einer Rundfunkfreiheit, die es so nie gab.

    Daher finde ich auch die Eskalationslust von Stefan Niggemeier merkwürdig: Was soll damit bewiesen oder gezeigt werden? Wenn der verwaltungsrat einen Nachfolger bestimmt, wird dieser nicht den helden spielen und aus irgendwelcher Solidarität die Berufung ablehnen.

    (Nebenbei: Kann man die lächerliche Diskussion um das „gebührenfinanzierte Fernsehen“ davon bitte ausklammern bzw. können diese Kommentatoren bitte gleich RTL einschalten? Danke.)

  13. Endlich wird diese ganze Koch-vs-Brender-Thematik mal etwas näher hinterfragt!

    Interessant ist ja, daß irgendwie überhaupt nicht diskutiert wird, ob Herr Brender seinen Job eigentlich gut macht und damit für eine Verlängerung seines Vertrages nun fachlich qualifiziert ist oder nicht.

    Ist aber nun jede Kritik an Herrn Brender automatisch parteipolitisch motiviert und ein Angriff auf die Rundfunkfreiheit? Solange es nicht ums Fachliche geht, läßt sich jede Entscheidung (für oder gegen Herrn Brender) parteipolitisch interpretieren.

    Meiner Ansicht nach ist an Herrn Brender und seiner Arbeit durchaus manches zu kritisieren.

    Oft wurde er ja für die Moderation in der Berliner Runde nach der Bundestagswahl 2005 gelobt, als der damalige Bundeskanzler Schröder seinen denkwürdigen adrenalingeladenen Auftritt hatte (diesen Auftritt fand ich damals ganz interessant – endlich mal was anderes als die selben immergleichen Floskeln der Politik).

    Meinem Empfinden nach war Brender damals aber keinesfalls der superkritische Journalist, der einen übermotivierten Bundeskanzler in Schacht gehalten hätte. Stattdessen hatte ich eher den Eindruck, daß Brender von der plötzlichen Eigendynamik des Gesprächsverlaufs völlig überrascht wurde und nicht so recht wußte, wie er damit umgehen sollte.

    Ein Hauptargument von Gerhard Schröder in der Sendung für den angeblichen Wahlsieg der SPD war ja (meiner Erinnerung nach), daß man bei CDU + CSU immer die Ergebnisse zusammenzähle und daß bei einer getrennten Betrachtung der Parteien die SPD stärkste Kraft sei. Dieses Argument wurde von Brender einfach zur Seite gewischt, obwohl das ja schon ein interessantes Thema ist (bei Wahlen werden CDU/CSU zusammengezählt, aber bei Wahlsendungen sind es „natürlich“ immer zwei Parteien, die demzufolge dann auch mit zwei Vertretern vertreten sein müssen…), bei dem ARD/ZDF vielleicht auch nicht so ganz konsequent sind.

    Daß die Quoten der heute-Nachrichten bröckeln (trotz oder vielleicht auch wegen dem neuen sterilen Nachrichtenstudio aus einer kalten, virtuellen Welt), wie es von Roland Koch meiner Erinnerung nach schon als (vermeintlicher?) Grund für die Abwahl Brenders bereits angeführt wurde, kann man meiner Ansicht nach auch nicht einfach so ignorieren.

    Natürlich sollten die Quoten für einen öffentlich-rechtlichen Sender nicht der alleinige Maßstab für den Erfolg einer Sendung sein.

    Wenn aber RTL aktuell eine immer stärkere Konkurrenz bzw. Bedrohung für die heute-Nachrichten wird, das ZDF gleichzeitig bei Nachrichten, Magazinen und Boulevard-Berichterstattung den Privaten immer ähnlicher wird oder trotzdem sinkende Quoten zu verzeichnen hat und nicht so recht weiß, wie man ein junges Publikum für seine Sendungen interessieren kann, dann läuft da meiner Ansicht nach irgendwas mächtig schief.

  14. hier, ich sage das jetzt mal: das ZDF gehört nicht den parteien, sondern den rentnerInnen! #soistdasnämlich

  15. Die Einflussnahme (Einzelner) auf die Gestaltung redaktioneller Inhalte sollte zurückgewiesen werden können, so sagt es Brender selbst in der Rede zur Verleihung des Hajo – Friedrich Preises 2009 an seine Person.
    Die Frage nach der Qualität Brenders kann eigentlich kaum beantwortet werden, weil man doch gar nicht weiss, wie und ob er sich zwischen den Gremien behaupten kann mit den Inhalten, die ihm wichtig sind.
    Im Gegenteil lässt seine Deutlichkeit in diesem Punkt eher vermuten, dass es immens schwierig ist, den Einfluss von außen zu begrenzen.
    Von Fritz Pleitgen habe er bei seiner Zeit beim WDR den weiten Blick gelernt, von Stolte beim ZDF die Begrenzung. Beides habe ihn geprägt, führt er in seiner Rede aus.
    Ihm liege auch vor Augen, dass sein Vertrag im Frühjahr ´10 auslaufe, allerdings habe ihn niemand informiert, was einer Verlängerung denn im Wege stehe, so Brender im Interview mit Sandra Maischerger bei derselben Preisverleihung.
    Findet man hier: http://www.youtube.com/watch?v=OZT1FV9Ug7c

  16. Eine Frage an die mitlesender Ö-Rechts-Juristen hier: In Wikipedia heißt es „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat das Gebot der Staatsferne und der Unabhängigkeit. Deshalb werden (…) die Sender nicht durch Steuern finanziert wie bei einem echten staatlichen Rundfunk. Öffentlich-rechtliche Sender (…) finanzieren sich durch Rundfunkgebühren (…“)
    Hieße das nicht im Umkehrschluss: Wenn bewiesen wird, dass ein ÖR-Sender nicht mehr unabhängig ist, dann ist auch das Gebührenmodell nicht mehr gültig?

  17. Lieber Herr N., hier kann ich ihnen ausnahmsweise mal nicht zustimmen. Ein Rückzug der SPD aus den Gremien würde nur der SPD schaden. Der Aufmerksamkeitserfolg wäre gering, denn den Sozis gönnen die Journalisten nicht den Dreck unter den Fingernägeln, aber dafür wäre der Einfluß weg.
    Und Ja, Roland K. würde sich seinen eigenen Propagandasender basteln (wofür es allerdings nicht mehr viel Arbeit bräuchte). Und wenn irgendwann die SPD sich über die Einseitigkeit des ZDF beschwert, hieße es: Die SPD ist gegen die Pressefreiheit!

    P.S.: Wenn Kurt Beck das machen würde, was Koch macht, ob E. Fuhr dann auch zu Gelassenheit aufrufen würde?

  18. „Irgendjemand muss den Parteien sagen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ihnen gehört, sondern uns. Irgendjemand muss ihnen das ZDF wegnehmen. Nicht nur dem Koch, auch dem Beck.“

    Sehe ich genau so, jedoch habe ich z.Z. das Problem, dass ich meine Infos über den Verwaltungsrat im ZDF nicht geordnet bekomme. Ich dachte eigentlich, dass von den vierzehn Mitgliedern im Verwaltungsrat die Mehrheit von acht Mitgliedern weder einer Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft angehören dürfen (§ 24.1.b im ZDF-Staatsvertrag). Wer sind diese acht Personen? Sind sie alle aus den entsprechenden Parteikader gewählt worden, ähnlich wie bei der Bundesversammlung, oder wie kann es kommen, dass ein Roland Koch scheinbar eine solche Macht hat?

    Außerdem frage ich mich gerade, ob es bereits eine unabhängige Interessenvertretung der Zuschauer gibt bzw. wer diese Vertretung darstellen könnte. Ich habe schon oft eine Ruf nach einer unabhängigen Organisation gehört, jedoch noch nie einen Ansatz dazu wahrgenommen – könnte ja sein, dass es anders ist, ich weiß ja nicht alles.

  19. Nun, abgesehen davon, daß sich das ZDF was Qualität betrifft seit vielen Jahren -mehr noch als „die Ersten“ in Richtung Privatfernsehen entwickelt – wo bitte, sollten -wenn es diese Parkmöglichkeit nicht mehr gäbe- den die ganzen überflüssig oder unbeliebt gewordenen Politiker den noch „zwischengelagert“ oder versorgt werden, wenn nicht bei den öffentlich rechtlichen Sendern, Lottogesellschaften, Rothausbräu und ähnlichen Unternehmen? Wo sollen sie den hin?

  20. @19/Sigmund:

    Genau das macht Kurt Beck doch, er macht es nur geschickter. Erkundigen Sie sich doch mal über die wiederholte Einflussnahme der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei auf den SWR in Mainz. Auch dort wird ein öffentlich-rechtlicher Sender quasi als Eigentum der Landesregierung betrachtet.

  21. Ich weiß nicht, Herr Niggemeier, was ich als Zuschauer von einem endlich wirklich unerträglichen ZDF hätte. Das können Sie doch nicht ernst meinen. Ich schaue schon seit Jahren fast ausschließlich nur noch öffentlich-rechtliche. Sicherlich verstehe ich ihre Argumentation, aber die einzig wahre Möglichkeit, diesen Zustand zu ändern, wäre, wenn beide Parteien gleichzeitig aus dem Rat träten. Sie können doch nicht wirklich glauben, dass die CDU freiwillig irgendwann das Feld räumen würde, um der Kritik zu weichen, sie hätten das ZDF CDUisiert. Die CDU würde in diesem Fall tun, was alle Konservativen tun würden: sie würde sich freuen, dass die SPD so „blöd“ war, freiwillig abzuziehen und würde bis ans Ende der Zeit breit und fett auf den Sesseln sitzen bleiben, die sie dann für sich allein hätten.
    Nennen Sie mir nur ein Beispiel, für den Fall in der bundesrepublikanischen Geschichte, an dem ein Koch, ein Rüttgers, ein Oettinger, ein Stoiber mal etwas an seinem Verhalten geändert hätte, weil öffentlich behauptet wurde, es sei zu konservativ. Welcher Druck soll sich da aufbauen, Herr Niggemeier? Deutschland ist ein ultrakonversatives Land, schauen sie sich die schicke Wahlkarte an: da ist das meiste schwarz mit ein paar roten Punkten.
    Seit sechzig Jahren ist die CDU die beliebteste Partei Deutschlands, und wenn es mal kurzzeitig nicht so war, dann weil die SPD einen Brandt hatte, oder weil Kohl zu lange dran war. Die CDU müsste vor keinem Druck weichen, weil sie die Mehrheit der Zuschauer eh auf ihrer Seite hätte.
    Mitnichten wäre das in irgendeinem Sinn gut, wenn das ZDF ein CDU-Fernsehen würde, weil das hieße, dass sehr viele Menschen, wie ich zum Beispiel, die Hälfte der Sender, die sie normalerweiser gucken, nicht mehr gucken können.
    Na das wäre ja mal ne super Alternative!
    Trotz alledem möchte ich noch sagen, dass ich den Artikel wirklich gut fand, aber mir diesem einen Punkt kann ich mich nciht abfinden.

  22. @Thomas

    Ja, wirklich? Kann ich kaum glauben, weil: Die Möglichkeit etwas schlechtes über die spd zu schreiben lässt sich doch kein Alpha-Journalist entgehen.

  23. Hab in der Mitte einen Satz vergessen: Darüber hätte ich bestimmt schon in der Zeitung gelesen.

    Nebenberi: Ist der SWR ein „Rotfunk“? Ich kann den nicht empfangen, nur den BR, dem das keiner unterstellen würde.
    Auf den SWR hat doch auch Stuttgart Einfluß, und BW ist doch genauso schwarz wie BY.

  24. Wie wäre es, wenn man den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen oder wenigstens auf ein sinnvolles Maß (ein bis zwei Sender, ausschließlich Bildungsprogramme, für den Rest gibt es die Privaten!) zurechtstutzen würde?

    Dann bräuchte man sich auch nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, wie man den Staat aus einem de facto staatlichen Rundfunksystem heraushält (was ungefähr vergleichbar mit dem Problem sein dürfte, einem Hund beizubringen, einen Wurstvorrat anzulegen), das auf zweifelhafter rechtlicher Grundlage Zwangsgebühren – insgesamt über sieben Milliarden Euro pro Jahr – von jedem kassiert, der auch nur theoretisch in der Lage wäre, für die Volksbildung so wichtige Sendungen wie „Leute heute“ oder „Brisant“ zu empfangen.

    Ich bin mir auch nicht sicher, ob es wirklich nun gegen Herrn Koch spricht, dass er diesen normalerweise hinter verschlossenen Türen ausgetragenen Machtkampf ausnahmsweise nach außen trägt, wenn auch unabsichtlich, weil er hoch – vielleicht zu hoch – pokert. Die meisten der Politiker, die jetzt laut aufschreien, fanden das System jahrzehntelang in Ordnung, solange nur sichergestellt war, dass ihre politische Richtung das ihr vermeintlich zustehende Stück vom Kuchen der Medienmanipulation ab bekam. Und der Politikerprotest entzündet sich eben nicht daran, dass die Politik massiv Einfluss auf einen sich unabhängig gebenden, aber eben doch vom Staat am Leben gehaltenen Medienapparat nimmt, sondern daran, dass eine Partei sich mehr herausnehmen will, als ihr nach Übereinkunft der Parteien zusteht, und dabei ein ungeschriebenes Gesetz aufkündigt.

    Die Politik reißt sich um Einfluss in den ÖR, weil die ÖR sich selbst mit notgedrungener Unterstützung der Politik in beispielloser Weise zu einem Moloch aufgepumpt haben, der auf zig Kanälen den Medienkonsum der Bürger kontrollieren will – inzwischen auch im Netz. Niemand kann es sich mehr leisten, auch nur laut zu überlegen, die sicheren Jobs der zigtausend Journalisten im Sold der ÖR in Frage zu stellen. Nur wenn wir die ÖR wieder auf das reduzieren, was sie in ihrer Anfangszeit waren – Bildungsfernsehen auf ein oder zwei Kanälen, das unbestrittenes Faktenwissen statt abwechselnd in beide politische Richtungen gefärbte Magazine oder belanglose Boulevardsendungen präsentiert -, werden die Begehrlichkeiten der Politiker aufhören. Und vielleicht entsteht dann auch ein Markt für hochwertiges Bezahlfernsehen, wenn die Gebühren auf angemessene ein bis zwei Euro im Monat eingedampft werden, womit ein Programm in dem skizzierten Umfang ohne weiteres finanziert werden kann.

  25. Öffentlich-rechtliche Rundfunksender sind was die Besetzung bestimmter Posten angeht schon immer Spielball der Politik. Das ist keine Besonderheit Roland Kochs noch des ZDF. Das ist bei allen Anstalten der ARD genauso. Ich gehe sogar noch weiter und sage dass ist in gewisser Weise sogar unumgänglich.

    Denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll zwar vom Programm her staatsfern sein, aber er ist auch kein Hort der Glückseeligen für „unbefangene“ „neutrale“ Journalisten die „brutalst möglich“ aufklären. Öffentlich-rechtlicher Rundfunnk ist damit zwangsläufig immer ein Spagat zwischen grundrechtlich garantierter Unabhängigkeit und dem Einfluss durch die Politik.

    Der Fall Brender ist mittlerweile zu einem großen Politikum geworden wo es um alles geht nur nicht um die wirkliche Frage: Hat Brender einen guten Job gemacht oder nicht?

    Solange Journalisten sich allerdings lieber ausschließlich mit den Machtspielchen beschäftigten, sind sie genau solche Heuchler wie die Politiker. Denn auch hier geht es nur um Schlagzeile und Profilierung der eigenen „Kaste“. Anders als die Politiker haben Journalisten hier überhaupt keine Macht. Was besonders wurmen muss, wenn man diesen Beitrag und die vielen Artikel in den Zeitungen ließt.

  26. Einverstanden. Bis fast zu Schluss: „Irgendjemand muss den Parteien sagen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ihnen gehört, sondern uns.“ Mir nicht, meiner Gattin auch nicht. Also, wer ist „uns“?

  27. Die Wahrheit ist ganz simpel: Es geht um’s Geld.

    Warum war Michail Chodorkowsky eine Gefahr für Zar Putin und musste beseitigt werden? Weil er finanziell unabhängig vom Kreml war.

    Politik und öffentlich-rechtlicher Rundfunk leben in einer Art Symbiose: Die Politik garantiert, dass die immer größeren Budgets und die immer stärkere Aufweitung der ÖR nicht in Frage gestellt werden; sie garantiert, dass das Finanzierungsmodell für die ÖR im Großen und Ganzen selbst in Zeiten der Krise unangetastet bleibt und Jahr für Jahr Milliarden fließen, die mit einem fragwürdigen System von hart an den Grenzen der Legalität arbeitenden Geldeintreibern den Bürgern abgeknöpft werden. Nur so kann man ganz ohne Budgetsorgen, die ordinäre Privatsender, Zeitungen oder andere nicht zwangsgebührenfinanzierte Medien plagen, beispielsweise komfortabel zwei Drehteams zu essenziell wichtigen Ereignissen wie britischen Aristokratenhochzeiten entsenden und Spartenkanäle aufbauen, die keiner sieht.

    Die ÖR garantieren im Gegenzug, dass sie die Politik nach dem Gusto der Politiker präsentieren, fein austariert gemäß dem Parteienproporz.

    Solange der gesamte Haushalt der öffentlichen Rundfunkanstalten davon abhängt, dass sich die Politik darin einig ist, es sei legitim, den Menschen in Deutschland mehrere Hundert Euro im Jahr für die Finanzierung dieser Rundfunkanstalten abzunehmen, unabhängig davon, ob sie das wollen oder nicht, solange wird sich an dieser Symbiose – die von außen betrachtet eher eine parasitäre Beziehung auf Kosten der Bevölkerung darstellt – nichts Grundlegendes ändern. Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing.

    Damit die ÖR wirklich unabhängig werden können, müssen sie zuerst der Abhängigkeit vom derzeitigen Finanzierungsmodell entkommen. Und das kann nur bedeuten: Wandel zum freiwilligen Pay-TV, zu Gebühren, die es den Menschen wirklich wert sind. Natürlich wäre damit ein drastisches Abspecken verbunden. Aber Mediziner wissen: Abspecken kann sehr gesund sein. Denn nur wenn kein Politiker, keine Behörde mehr über das Budget bestimmen können, ist man frei.

  28. Wenn ich Beiträge wie diesen lese, freue ich mich doppelt, nur für das Radio GEZ zu zahlen und Anstalten wie das ZDF nicht mit zu finanzieren.

    „Irgendjemand muss den Parteien sagen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht ihnen gehört, sondern uns.“
    Nein danke, einen solchen Besitz will ich nicht!

  29. Hallo Herr Niggemeier,

    sehr guter Beitrag! In einem Punkt muss ich widersprechen:
    „Wenn die SPD so besorgt ist um das Hineinregieren der Politik in das ZDF, warum zieht sie dann nicht einseitig ihre Parteivertreter oder wenigstens die Regierungsvertreter aus den Gremien des Senders zurück — insbesondere Kurt Beck, den Vorsitzenden des Verwaltungsrates und Ministerpräsidenten des Landes, in dem das ZDF seinen Sitz hat, eine besonders enge Verbindung? Was hält sie davon ab, ihre Plätze mit unabhängigen Persönlichkeiten zu besetzen oder gar von unabhängigen Gremien bestimmen zu lassen? Die Sorge, dass die CDU dann durchregieren würde und sich einen peterhahnesken Sender ganz nach dem Geschmack von Roland Koch basteln könnte?
    Aber das wäre doch wunderbar, dann wäre für jeden sichtbar, in welchem Maße das ZDF im Griff der Parteipolitik ist — und der unerträgliche Zustand wäre endlich wirklich unerträglich.“

    Der sichtbar unerträgliche Zustand hilft aber auch keinem. Im Gegenteil, das zeigt doch das Bespiel Italien. Da gibt es für jeden sichtbar die „berlusconiesken“ Sender, aber wem hilft diese Sichtbarkeit?

  30. Wenn ich mir mal ansehe wer die nicht politischen Vertreter in den deutschen Rundfunkräten sind, fühle ich mich aber auch irgendwie nicht repräsentiert.
    Und was wäre eine sinnvolle Besetzung für so ein Kontrollgremium?

  31. danke fuer diese beitrag.
    sowas ehrliches gibts nicht auf zapp und „markt und medien“, weil die halt auch einen von parteien dominierten rundfunkrad haben.
    nur von „cdu schergen“ zu schreiben, ist dann doch gewoehnungsbeduerftig. in der fas wuerde das wohl zensiert werden.

  32. Auch wenn man das ZDF für unwichtig empfindet, ist der Kampf um seine Dominierung doch erstaunlich. Zielgruppe Ü 60. Kämpfen die Jusos auch so um die Vorherrrschaft bei VIVA? Ich bin immer erstaunt, wofür diese Politiker Zeit haben und wie enbehrlich sie doch wohl für das Tagesgeschäft „Regieren“ sind.
    Wie spaßig ist es immer wieder, wenn Machtmenschen wie Stoiber und Koch dann früher oder später ihren Zenit überschritten haben, von ihren eigenen Apparaten ausgespuckt werden und zu Fuß zum Klo gehen müssen.

  33. „Was hält sie davon ab, ihre Plätze mit unabhängigen Persönlichkeiten zu besetzen oder gar von unabhängigen Gremien bestimmen zu lassen? Die Sorge, dass die CDU dann durchregieren würde und sich einen peterhahnesken Sender ganz nach dem Geschmack von Roland Koch basteln könnte?
    Aber das wäre doch wunderbar, dann wäre für jeden sichtbar, in welchem Maße das ZDF im Griff der Parteipolitik ist — und der unerträgliche Zustand wäre endlich wirklich unerträglich“

    Ich bin mir nicht sicher, ob das für jeden sichtbar wäre. Wieviele Zuschauer bringen eine auch nur irgendwie geartete Medienkompetenz mit, wieviele hinterfragen die Berichte des Fernsehens? Hahne oder Frey würden eine derartige Regierungspropagandamaschinerie losfahren, die wohl kaum kritische Stimmen zu Wort kommen lassen würde ich möchte das Vorgehen der SPD damit nicht verteidigen, aber es ist auf jeden Fall nachvollziehbar.

  34. @ Mark S

    *Hüstel* Also wenn Sie gerade hier in das Blog vom heimischen PC mit einem USB-Anschluss schreiben, oder ein Handy mit DVB-H oder DMB Empfang haben, so sind sie leider verpflichtet die regulären GEZ-Gebühren zu zahlen.

    So, ich habe mich mal schlau gemacht und die Mitglieder im Verwaltungsrat gefunden. Nach welchen Kriterien und Qualitätsmaßstäben die 14 Personen nun am Freitag ihr Urteil fällen, steht auf der Seite natürlich nicht.

    Mir fällt zu dem Thema eigentlich ein: „Wer die Kapelle bezahlt, bestimmt auch die Musik“. Und das sind nicht die Politiker, sondern die Fernseh-, Radio- und Internetnutzer. Wenn wir alle schon die GEZ-Gebühr bezahlen müssen, warum dann nicht auch selber bestimmen wen und was wir wollen und nach welchen Kriterien wir das haben wollen?

  35. Warum sich über etwas aufregen, dass sich ohnehin nicht beeinflussen lässt? Ja, die politische Kaste und der ÖR-Rundfunk werden in der Symbiose immer fetter. Beide interessiert das Interesse der eigentlichen (Steuer- und Gebühren-)Zahler nur noch am Rande. Na und?
    Wem das ÖR Fernsehen nicht gefällt, kann seinen Fernseher entsorgen und die GEZ-Gebühr kündigen („Neues aus der Anstalt“ lässt sich beispielsweise auch über die ZDF-Mediathek anschauen).
    Das einzige, was ich mir aus ÖR Kanälen noch antue, sind bestimmte Nischensendungen in den Kulturradios, die ich per Internet-Stream höre.
    Hahne und Frey sind für mich intellektuell und charakterlich ziemliche Widerlinge, aber niemand wird doch gezwungen, sich das ZDF-Hauptstadtstudio anzuschauen, um „informiert“ zu werden.

  36. @JO

    „Also wenn Sie gerade hier in das Blog vom heimischen PC mit einem USB-Anschluss schreiben, oder ein Handy mit DVB-H oder DMB Empfang haben, so sind sie leider verpflichtet die regulären GEZ-Gebühren zu zahlen.“

    Das ist zwar juristisch korrekt, aber muss man sich mit den Willkür-Regelungen der politischen Kaste einfach abgeben?

  37. @ wilko0070

    Das ist leider ein Tragschluss, da man auch für einen internetfähigen PC heutzutage die GEZ-Berühren zu entrichten hat. Das sind 215,76 € pro Jahr die Sie bezahlen müssen. Eine Vogel-Strauss Sicht macht das ganze nun auch nicht besser, im Gegenteil. Mich persönlich ärgert das enorm.

  38. Ist diese Art der pauschalen Gebührenfinanzierung eigentlich noch zeitgemäß in einer invidualisierten Gesellschaft, in der sich jeder sein eigenes Programm selbst zusammenstellen kann?

    Ich glaube nicht, aber weder von den Politikern noch von den Rundfunkräten ist eine Reform zu erwarten.

    Das einzige, was dagegen helfen könnte, wären KOLLEKTIVER WIDERSTAND oder TOTALVERWEIGERUNG.

  39. (Rumbrüllen hilft übrigens eher nicht, Herr wilko, aber invidualisiert ist ein schönes Wort. Ist es Ihnen wirklich unmöglich, dem Wunsch aus Kommentar #14 zu entsprechen, dem ich mich gerne anschließen würde?)

  40. Das Problem heißt leider auch Kurt Beck. Der ist zuweilen arg harmoniesüchtig und läßt sich, was das ZDF betrifft, schon seit vielen Jahren in schöner Regelmäßigkeit von den Schwarzen über den Tisch ziehen. Kurt Beck mag Brender nicht, das hat vor allem persönliche Gründe. Und darauf gründet sich halt momentan die sozialdemokratische Medienpolitik.

    Nun gut, könnte man sagen, was soll auch der ganze Parteien-Einfluss. Oder, wie SN meint, soll sich doch die SPD ganz zurückziehen. Das wird die SPD natürlich nicht tun, sie hofft ja immer noch darauf, beim ZDF irgendwann einmal mehr Einfluss nehmen zu können *lol*, und so torkelt man halt auch in diesem Fall durch die politische Landschaft. Auch deswegen steht die SPD ja unter 20 Prozent – sie ist nirgends mehr präsent.

    Meine Befürchtung ist: setzt sich Koch durch, wird Schächter vermutlich nicht vors Verfassungsgericht ziehen. Und außer ihm könnten das nur die Parteien, die tun es aber auch nicht.

    Somit bliebe alles wie gehabt. Die Diskussion würde zwangsläufig mit der Zeit abflauen. Und im Sender würden die Positionen noch mehr schwarz besetzt. Man wird dann keine schwarze Politik senden. Man wird eher weniger Politik senden. Und diejenigen, die unabhängig sind und unabhängig berichten wollen, denen würde noch mehr das Maul gestopft.

  41. Der „feine Herr wilko“ bezieht das ÖR Angebot per Breitband-Anschluss eines Universitäts-PCs. Damit müsste eigentlich dann die Universität eventuell anfallende Gebühren tragen.

  42. @45: der „feine Herr“ „..bezieht das ÖR Angebot per Breitband-Anschluss eines Universitäts-PCs….“ Alma Mater. An Mutters Brust sich nähren und dann über die Speise mosern. Was würde Ina Müller dazu sagen?

    Oh geliebte Galatea, Du Milchweiße, verzeih meine Blödeleien.

  43. @ treets

    Aber was sollte dann beim Verfassungsgericht herauskommen? Wohin sollte die Reise dann gehen und vor allem: wer soll sie antreten?

    @ wilko0070

    Ich zahl nix!

  44. „An Mutters Brust sich nähren und dann über die Speise mosern.“

    Genau das mache ich ja nicht! Deshalb ist mir die (eventuelle) Vertragsverlängerung von Brender auch ziemlich egal. Ich weiß, dass ich einer Minderheit angehöre und freue mich über das Programm für Minderheiten. Ich glaube, dass sich mit den Möglichkeiten, die das Internet bietet, niemand mehr über den schlechten Massengeschmack aufregen muss. Das bringt nur unnötige Kreislaufprobleme mit sich.

    Man könnte stattdessen positiv über Angebote im Internet berichten. Ich höre z. B. gern „Der Tag“ auf hr2 und „Spaß 5“ auf WDR 5. Beides lässt sich nachträglich per podcast beziehen.

  45. Ich glaube auch, dass das Fernsehen in der heutigen Form ein aussterbendes Medium ist. Wer braucht eigentlich ein fest vorgegebenes Programm?

  46. @ wilko0070: podcast ist „for free“? Wie finanzieren hr und wdr nur diese Sendungen? Über Werbung? WDR5? Glaubs ja nicht.

    btw: Es sind etwas Radio und die Nischenprogramme arte usw, die mich die GEZ-Gebühren ertragen lassen. Das höchste für mich sind „zeitversetzte“ Verkehrsmeldungen. per podcast.

    (bevor jemand schlaumeiert: Natürlich habe ich ein Navi mit TMC)

  47. @47, JO:

    Auf hoher See und vor Gericht ist man allein in Gottes Hand. Aber vermutlich würde das Bundesverfassungsgericht dafür sorgen, dass der direkte Zugriff, der unmittelbare Einfluss der Parteienvertreter in den Gremien (nicht nur des ZDF) eingeschränkt wird.

    Ob das Programm dadurch besser wird, weiß ich nicht. Aber das würde auf lange Sicht helfen, denen in den Sendern den Rücken zu stärken, die sich als unabhängige Journalisten verstehen.

  48. @polyphem

    Podcast ist „for free”? Ich habe jedenfalls noch keinen „Bezahl“-Button entdeckt. Das Totschlagargument der Zwangsgebührenerhebung zur Finanzierung von Nischensendern hat langfristig zur völligen inneren Verfettung des ÖR Rundfunks geführt.

    Mir ist klar, dass öffentliche Kultursender immer defizitär wirtschaften werden, aber umgekehrt den ÖR Rundfunk in der Symbiose mit der politischen Kaste schalten und walten zu lassen, wie er will, führt nur zu einer weiteren Aufblähung.

  49. @ treets

    Wenn die Karriere beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk nicht mehr vom Parteibuch sondern vom Können abhängen würde, wäre das ja schon ein großer Fortschritt. Ich finde es im übrigen mehr als nur heuchlerisch, dass irgendwie jeder in einem Sender davon weiß, dass gerade in hohen Positionen nur noch geklüngelt wird, sich jedoch niemand mal aufrafft diesen Prozess zu beenden. Und um noch einmal einen platten Spruch abzugeben:“ Da werden ständig Böcke zu Gärtnern gemacht!“

    Aber noch einmal zurück zum Verwaltungsrat: Sind die acht vom Fernsehrat gewählten Mitglieder (also die Mehrzahl) denn nun alles Parteimitglieder, gibt es einen „Parteifolgezwang“ oder haben sie nicht die freie Wahl so abzustimmen wie sie wollen?

  50. @wilko0070: Zu den Fragen: „Wer bestimmt, kontrolliert und finanziert den ÖR?“ gefällt mir der Gedanke, ein System zu haben, das so organisiert sein könnte, wie eine parlamentarische Demokratie.
    „Wähler“ müssten selbstverständlich die Gebührenzahler sein. Zahlquittung als Wahlausweis. :-) SN würde ich sofort in das zuständige Parlament wählen.

  51. @wilko0070

    Aber dass die „nachträglich zu beziehenden podcasts“, die Sie so schätzen, von der „Zwangsgebührenerhebung“ bezahlt werden, und dass es Erstere ohne Letzteres nicht geben würde, streiten Sie nicht wirklich ab, oder?

    (Ach verdammt, das sollte hier ja keine „Diskussion um das gebührenfinanzierte Fernsehen“ werden, sorry, bin schon weg…)

  52. Roland Koch hat u.a. schon dafür gesorgt, dass ‚Late Lounge‘ beim HR eingestellt wurde. Bereits da hab ich den gefressen.

  53. Ohje, hab ichs jetzt überlesen? Empörung, Gewaltenteilung, Eskalation: Aber wer soll denn den Posten des Chefredakteuers bekleiden? Bzw. wer soll das bestimmen? Und auf welcher Grundlage?
    Ich ging bislang nicht von einer Unabhängigkeit von ARD/ZDF aus.

    Ich bin aber dankbar, dass überhaupt solch Kontroversen, Diskussionen über „öffentlich-rechtliche“ Medien, (deren Existenz ich begrüsse), existieren, möglich und nötig sind.

    [habe weder Fernseher, noch besuche ich die ZDF-Mediathek, etc.]

  54. Sehr geehrter Herr Niggemeier,
    sie schreiben in Ihrer Analyse, der ich in fast allen Punkten beipflichten möchte, folgendes:
    „Welt”-Kommentator Eckhard Fuhr, dem ich in fast allen Punkten seiner Analyse dieses Falls widersprechen würde, hat Recht, wenn er darauf hinweist, dass sich die Frage, ob ein öffentlich-rechtliches Gremium in seiner Zusammensetzung verfassungsgemäß ist, nicht daran messen lässt, welche Beschlüsse es fasst.
    Als gelernter Sozialwissenschaftler möchte ich da doch Widerspruch einlegen: Der (der möglichen Verfassungsnichtgemäßheit zugrundeliegende) Einfluss der Politik zeigt sich gerade in den Beschlüssen, die das Gremium, der ZDF-Verwaltungsrat tätigt. Oder um es noch verklausulierter auszudrücken: Je mehr die Beschlüsse des Gremiums mit den Wünschen einer definierten politischen Gruppe übereinstimmen, also desto größer kann der Einfluss dieser Gruppe auf die Anstalt angenommen werden. Der ZDF-Staatsvertrag ist hierbei für mich uninteressant, den mögen Juristen lesen.

    Oder um es mit zwei anschaulichen Beispielen zu untermalen: De Jure ist der Österreichische Rundfunk staatsfern; die Wahl von Politikern ins zentrale Aufsichtsgremium (hier Stiftungsrat genannt) ist sogar gesetzlich ausgeschlossen. De Facto zeigt sich aber, dass es bisher noch jeder österreichischen Bundesregierung gelungen ist, den Rundfunk an ihre Kandare zu nehmen. Umgekehrt ist die (weitgehend zurecht vielgepriesene) BBC de jure gar nicht so unabhängig. Aber in dieser Anstalt hat ein journalistisches Selbstverständnis Tradition, dass politischen Einfluss von links oder von rechts meistens zurückweisen konnte.

  55. musste gestern bei MARKUS LANZ an diesen artikel denken. die redaktion flüsterte ihrem presenter fragen von so manipulativ weltabgewandter moral ins ohr, man mochte es kaum glauben, wähnte sich in der nachkriegszeit. das kalkül hinter derlei konzepten dient alleine der bebauchpinselung der wähler/zuseher. wie es aussieht, wird sich das mit oder ohne bender auch in zukunft nicht ändern..

  56. Es gab Zeiten, da konnte das ZDF noch über sich selber lachen: Vor vielen Jahren produzierte und sendete man eine Satire namens „Der Tote im Sender oder Don Carlos im Pogl“.
    Pogl ist das „politische Gleichgewicht“ und in der ganzen Geschichte wurde der erzwungene Parteienproporz herrlich auf die Schippe genommen. Z.B. wurde die Rolle der Prinzessin Eboli in einer fiktiven Don-Carlos-Produktion aus ebendiesen Gründen mit einem (wenn ich recht erinnere) Mitglied des Fernsehrates besetzt und kurzerhand zum Prinzen Ebolus gemacht. Die Texte Schillers wurden natürlich auch heftig auf parteipolitische Relevanz abgeklopft. Unvergesslich auch Brigitte Mira als „Gesellschaftlich relevante Hausfrau“ im Fernsehrat, von den Parteikollegen nur „Das Zünglein“ (an der Waage) genannt. Sehr, sehr gut gemacht!

    Vielleicht wäre eine Wiederholung zum jetzigen Zeitpunkt angebracht ;-)

  57. Allen, die sich für diese Dinge interessieren, lege ich den heutigen Artikel von Hans Leyendecker in der Süddeutschen (Medienseite, leider derzeit nicht online) ans Herz. Er beschreibt sehr schön, wie manchmal Stimmungen entscheidend sein können. Und mit welchem Selbstverständnis Parteien in Sender hineinregieren. Und wie die Willfährigen ungter den Journalisten, die „politischen Agenten“, an denen vorbeiziehen, die noch Rückgrat haben.

    So, wie es derzeit ausschaut, wird weder Intendant Schächter noch sonstwer vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.
    Wenn die Sache so ablaufen sollte, dann aber liegt Stefan Niggemeier mit seiner These daneben, dass sich erst auf diese Weise Dinge ändern würden. Denn das wäre die Betonierung des Status quo. Der Zuschauer würde wenig davon merken.

  58. Ist Brender eigentlich auch für „Hallo Deutschland“ verantwortlich?
    Das wäre ja eher ein Grund ihn abzulösen…

  59. Gute Idee, Andreas. Lösen Sie dann bitte gleich noch dazu die Chefredakteure nahezu aller deutschen Fernsehanstalten ab. Und, wenn Sie schon dabei sind, auch noch die Chefredakteure von mindestens einem Drittel der deutschen Zeitschriften. Ach was, lösen Sie am besten gleich alles ab.

    *seufz*

  60. Kürzlich wurde ich auf einem in der Nähe befindlichen Kinderspielplatz Zeuge folgenden Vorfalls. Kind im Sandkasten: „Ummwwwääää häääää – Das ist mein Förmchen! Gib her! – Maaamaaaaa!“. Anderes Kind trifft mit Schäufelchen erstes Kind am Kopf. „Da, hihi.“. Grinsen. Gehäule. Erstes Kind steht auf und zertritt daraufhin Sandburg von zweitem Kind. „Naanaa naa naa naa. Das hast du jetzt davon!“. Daraufhin beschmeist zweites Kind erstes Kind mit Sand (ins Gesicht) und greift mit den Worten „Auch meeeinns! Dää!“ gleichzeitig auch noch nach dem Siebchen des anderen und nimmt es an sich. Das ganze Gezänk geht noch eine ganze Weile. Zeter und mordio im Sandkasten. Dann bemerken es die Mütter, es setzt zwei Ohrfeigen und es ist Ruhe. Wie komme ich jetzt darauf? Achso, wo bitte bleibt die Instanz die mal so richtig ausholt und dem infantilen Politikerpack mal richtig eine links und rechts schallert das es kracht? Wird hier niemand mehr zurecht gewiesen, darf hier jeder machen was er will? Der Verasozialisierung der Wirtschafts- und Bankenwelt und die verberlusconiisierung der Medienlandschaft in Deutschland, beides unter der kräftigen Unterstützung der Politik, kann ich nur noch mit Fassungslosigkeit zusehen. Es wird immer Argumentiert es wäre des Wählers Job hier als Korrektiv einzugreifen. Das ganze funktioniert nur leider nicht. (Oder wie Stefan N. sagen würde: nur so ungefähr mittelgut.) Den Jeder der sich als ‚Souverän‘ also Wähler an die Urne begibt unterstützt damit genau diesen Sachverhalt. Man ist Mittäter sobald man das Wahllokal verlassen hat. Und das lassen sich eben mehr und mehr Menschen einfach nicht mehr gefallen und gehen nicht mehr hin. Ein Aufbäumen und ein gefährliches Zeichen für unsere Demokratie. Die Leute wollen sich nicht an solchen Machenschaften beteiligen. „Die Leute draussen“, um mal eine Platitüde zu vermeiden, haben die Schnautze gestrichen voll. Für mich persönlich stellt sich die Frage warum die Politik so handelt wie sie es tut. Die sind doch nicht doof! Das sind doch studierte Menschen! Sehen die nicht wie kontrproduktiv sich ihr Verhalten auf ihren eigenen Berufsstand auswirkt? Wollen die sich ‚brutalst möglich‘ möglichst schnell selbst abschaffen? Ich kann dazu nur sagen: Antiautoritäre Erziehung bringt gar nichts.

  61. @ Harald Eisenmann

    Och, das mit der antiautoritären Erziehung würde ich nicht so sagen, mir hat sie gut getan, wenn man denn früh anfängt und konsequent das durchzieht.

    Wir reden hier jedoch nicht über Kinder sondern über Erwachsene, die mit der größten Macht, die wir hier in unserer Demokratie haben, ausgestattet sind. Für mich ist diese ganze Diskussion nur reine Meinungsmacherei und Machtkampf. Genau das finde ich schade, da mir selber mal wieder aufgefallen ist, wie wenig Einblick ich eigentlich in die Leitung der Öffentlich-Rechtlichen Medienanstalten habe. Es wird mal wieder nicht thematisiert, sondern nur wild spekuliert. Wo ist z.B. mal ein Beitrag, der für den normalen Fernsehzuschauer, der die Entscheidungsabläufe in solchen Gremien dokumentiert bzw. aufschlüsselt und die Auswirkungen zeigt? Genau das ist meine größte Kritik an den Medien, die sich nur auf die austauschbaren Wortführer konzentrieren, nicht jedoch den Prozess analysieren. So sind viele nur noch Sprachrohr der Mächtigen, verzerren die Realität und halten so die Bürger in dummer Stimmungsmacherei gefangen.

    Ich will mehr Fleisch!

  62. „Das sagt nicht viel über Brender, aber fast alles über den öffentlich-rechtlichen Rundfunkjournalismus: Wer einen kritischen Gedanken äußert, gilt als „unabhängig“, wer zwei riskiert, bekommt den Grimme-Preis, ab dem dritten gilt man als Querulant.“

    http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/1124/meinung/0007/index.html

    sehr schön. köstlich amüsiert.
    aber im prinzip ist es mir egal, ob dieser brender nun den job behält, wiederbekommt oder durch einen koch-zöglich ersetzt wird. an der einstellung zum zdäffchen ändert das nichts.
    und noch was: staatsfernsehen wird durch politik bestimmt. etwas anderes zu fordern, wäre …. hm, ja … unsinnig.

  63. @JO:

    „Es wird mal wieder nicht thematisiert, sondern nur wild spekuliert. Wo ist z.B. mal ein Beitrag, der für den normalen Fernsehzuschauer, der die Entscheidungsabläufe in solchen Gremien dokumentiert bzw. aufschlüsselt und die Auswirkungen zeigt?“

    Das wird aber verdammt eklig! Ich kenne die Situation in Österreich sehr gut, die der in Deutschland ähnelt, nur dass die GEZ dort GIS heißt und die monatlichen Rundfunkgebühren noch wesentlich höher liegen (z. B. 23,06 EUR / Monat in Wien).
    Ohne das „richtige Parteibuch“ kommt man überhaupt nicht in die Führungsetage!
    Und wenn du wissen willst, was die Bürger von „ihrem ORF“ halten, schau‘ dir am besten einmal diese Webseiten an:
    http://www.rettetdenorf.com/
    http://www.sos-orf.at/

    Und hier gibt es den Aufbau des ORF-Stiftungsrates (Proporz pur!):
    http://kundendienst.orf.at/unternehmen/menschen/gremien/stiftung.html

  64. Entweder C(D|S)U und SPD einigen sich, und lassen den Parteiproporz in den ÖR-Sendern beide sein, oder sie einigen sich, und versorgen weiter verdiente Parteimitglieder mit Posten und Pöstchen.

    In einem Fall hätten sie einen Vorteil gegenüber kleineren Parteien (dürfen die nicht mitspielen? was ist mit der PDS im Osten?), und den Vorteil, daß sie sich nicht überlegen müssen, wie die Macht neu verteilt wird, im anderen Fall hätten sie den Vorteil, daß das Volk kurz ‚Ah!‘ und ‚Oh!‘ sagt, und das war’s dann. Auch kein Ärger mehr – aber wozu sonst sind Parteien da, als sich organisiert zu ärgern?

    Eine Änderung des Status Quo kann ich mir nicht vorstellen.

  65. ja, anstalten sind das. aber was für welche.
    dejure mag man das so ausdeuteln, aber defacto hat sich diese unterscheidung doch wohl längst aufgehoben, weshalb das ganze tamtam darüber nur noch zum kopfschütteln veranlasst.

  66. Den Nikolaus als unabhängig zu bezeichnen, finde ich grotesk. Natürlich ist der Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens in hohem Maße abhängig.
    Es ist seine Eitelkeit in Verbindung mit einem bestimmten unangepassten Temperament, was Brender die blauen Briefe der Politiker nicht oder aber rotzfrech beantworten lässt (sofern das überhaupt stimmt – 90% von diesem Image sind doch reine Kolportage). Wenn er auch das glatte Gegenteil dieser Beschreibung (eitel, bisschen unangepasst) wäre – für den Gebührenzahler und Zuschauer hätte sich nichts, aber auch gar nichts verändert.
    Ich stimme SN in vollem Umfang zu. Wenn es am Freitag zu einer Entscheidung kommt, durch welche die Ente m.A. bloß gestellt wird und eine Debatte entsteht, ist es völlig nebensächlich, wer oder was Brender ist und ob oder wie er weiter für die Gebührenzahler (;-) arbeiten darf. Wen zur Hölle interessiert das eigentlich?
    Woran ich dagegen starke Zweifel habe ist, dass Deutschland überhaupt die Kraft hat, eine solche Debatte zu beginnen und zu Ende zu führen.

  67. @78:

    Was aber nun, wenn sich Ente durchsetzt und keine Debatte entsteht? Sie zweifeln ja selbst daran, meinen aber auch, dass es sowieso keinen interessiert.

    Was nun ihre Charakterisierung von Brender betrifft (nicht falsch, aber doch sehr einseitig) – pardon, wie soll denn ein Chefredakteur eines eigentlich als staatsfern gedachten Rundfunks auf „blaue Briefe“ der Politik reagieren? So wie beim BR und MDR? Oder so wie früher beim WDR?

    Ob sich nun etwas im Programm ändert? Meine Vorhersage: es wird eher weniger als mehr politische Sendungen geben. Es wird weniger investigativ berichtet werden. Schauen Sie sich die Entwicklung beim Hessischen Rundfunk an (Kochs Heimatsender).

    Nochmal: es geht bei der Sache nicht um die Person Brender allein. Es geht darum, ob wir als Zuschauer desinteressiert wegschauen, wenn ein Sender, für den die meisten von uns Gebühren zahlen, noch mehr als zuvor zum Spielball von einigen Politikern wird.

    Und, noch einmal: es geht auch ein wenig darum, denen im ZDF den Rücken zu stärken, die ihren Programmauftrag (unabhängig und objektive Berichterstattung) ernst nehmen. Das sind die, die sowieso selten Karriere machen und deren Job in Zukunft, wenn Ente sich durchsetzt, niccht leichter wird.

    Sie können natürlich jetzt auch sagen: ist mir alles völlig egal. Wenn die Mehrheit das auch so sieht, dann bekommt die Mehrheit das, was ihr zusteht.

  68. […] Nikolaus Brender und die Heuchler « Stefan Niggemeier Ich hoffe, dass Nikolaus Brender am kommenden Freitag keine Mehrheit im Verwaltungsrat bekommt. Dass die CDU-Schergen für einen Eklat sorgen und den Vorschlag von ZDF-Intendant Markus Schächter für eine weitere Amtszeit des Chefredakteurs ablehnen. (tags: politik spd medien journalismus koch Pressefreiheit zdf debatte Brender) […]

  69. Sehr guter Beitrag. Das öffentlich-rechtliche „Qualitätsfernsehen mit Bildungskomponente“ ist natürlich im Würgegriff der Parteiinteressen. Die Parteien wollen die Kontrolle ausüben. Normaler Machtreflex. Kennt man aus anderen Ländern. Sehr konsequent hat das ja Berlusconi vorexerziert.

    Ein Wort zu den journalistischen Qualitäten von Bender. Ich kann da das hohe Lied auf die Sternstunden ach so unabhängiger investigativer Arbeit nicht sofort einstimmen. Vielleicht fehlen mir Text und Melodie. Bei der unlängst erfolgten Auszeichnung im Rahmen des Friedrich Preises hielt Frank Schirrmacher eine Laudatio. Okay die Laudatio war gut. Mit den Worten kann der charismatische Schirrmacher richtig gut umgehen. Angesichts der gestrigen Reden zum Bambi-Verleihung u.a. bei der Hoeneß Laudatio fällt die Qualität vom FAZ Mann auf.

    Dein Gedanke mit der Eskalation und dem damit verhinderten b- Jetzt gehen wir wieder zur Tagesordnung über, Schwamm drüber- hat was.

  70. @sportinsider, #83:

    Die Parteien wollen die Kontrolle ausüben.

    Das Problem ist nicht so sehr, dass sie es wollen, sondern dass sie es können – weil die Finanzierung der ÖR vom Gusto der Politik abhängt.

    Der Gebührenbedarf wird von den Sendern bei der KEF („Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“) angemeldet. Die Mitglieder der KEF werden direkt von den Länderfürsten berufen. Obwohl die Landesparlamente den Empfehlungen der KEF bei der endgültigen Festsetzung der Gebühren nicht zwangsläufig folgen müssen, haben sie das in der Vergangenheit so gut wie immer getan. Und die KEF hat so gut wie immer die Bedarfsanmeldungen der ÖR abgesegnet.

    Man könnte auch sagen, die Ministerpräsidenten der Länder zeigen sich bei den ÖR für das Eingehen auf die ständige Kungelei und die Ausstrahlung von politischer Propaganda erkenntlich, indem sie praktisch jeder auch noch so absurden Geldforderung vermittels ihrer KEF-Büttel ihr Placet erteilen. BWLer würden das vielleicht eine „Win-Win-Situation“ nennen. Ich nenne es Ver**schung der Gebührenzahler.

    Und das wird sich auch dann nicht ändern, wenn das Finanzierungsmodell der direkten Abhängigkeit von den Länderfürsten enthoben wird, sondern erst, wenn die ÖR finanziell unabhängig sind, weil sonst immer am Ende der Kette irgendwelche Mandatsträger über die Gebührenhöhe entscheiden dürfen und damit die ÖR in der Hand haben.

    Die ÖR wollen aber gar nicht finanziell unabhängig werden, weil das bedeutet, dass sie mit viel weniger Geld auskommen müssten als bisher. Sie haben sich nämlich sehr bequem mit dem status quo arrangiert: Die Politiker sorgen dafür, dass der Geldfluss stimmt und selbst in Zeiten der Krise noch zunimmt, und die ÖR sorgen dafür, dass nichts berichtet wird, was den Politikern nicht in den Kram passt. Das ganze nennt man dann „unabhängige und kritische Berichterstattung“. Haha.

  71. Dann gibt es ab März 2010 wohl nur ein Lösung:

    ZDF-Nachrichtensendungen boykottieren, auf dass beim unionsgenehmen Nachfolger die Quoten (weiter?) purzeln. Und dann nochmal nachfragen…

  72. Diesen hessischen und bayerischen Trunkenbolden muss endlich das monarchische Handwerk gelegt werden! Ich betrauere diesen Tag, denn wir haben eine Galionsfigur des öffentlichen Rechts verloren.

  73. Nun ja, was will man erwarten von einem ZDF – Verwaltungsrat, der sich seit Audenauer beharrlich weigert, andere als die CDU Positionen wahrzunehmen.
    Ich denke, dass ich mir ebnefalls einen Hyde Park Corner in Leipzig bauen werde.

  74. 86: sehe ich auch so, Stefan Niggemeier bekam seinen Wunsch erfüllt. Und jetzt schauen wir mal, wie sich seine weiteren Wunschvorstellungen verwirklichen…

  75. […] nicht von ihrer Macht beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, insbesondere beim ZDF lassen. Der ungeheuchelte Auftrag des ZDFs lautet, einen Journalismus anzubieten, dessen staatsjournalistische Grundtendenz […]

  76. Quotenmeter titelt: „ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender wurde für eine weitere Periode nicht verlängert.“ Herrlich! Schön, dass das Internet so etwas Schönes ermöglicht.

  77. Es ist müßig, über die Pressefreiheit in Deutschland zu diskutieren. Der Fall Brender ist nur das Symptom, nicht die Ursache. Ursache ist das deutsche Parteien- und Wirtschaftssystem. Solange sich da nichts grundlegend ändert, existiert eine wahre, eine klassische Pressefreiheit nicht. Hat Ihr Chefredakteur zu Ihnen noch nie gesagt: „so können wir das nicht bringen“?

  78. @93:

    „Es ist müßig, über die Pressefreiheit in Deutschland zu diskutieren.“

    Ihr Vorschlag: wir alle sollen besser schweigen?

  79. Wer wird jetzt eigentlich Nachfolger? Peter Frey oder Peter Hahne? Dann könnte man das ZDF auch gleich in „Roland-Koch-Institut“ umbenennen.

  80. Stefan Niggemeier, was für ein Teufelskerl! Die SPD zieht ihre Leute ab und überläßt die Medien einem „unerträglichen Zustand“, der sich dann ganz von selbst so sehr ad absurdum führt, daß er sich auflöst.

    Wie einmalig diese Methode funktioniert, sieht man in Italien. Und in Deutschland würde genau das selbe passieren. Die gesamte relevante Presse ist bereits in der Hand der Konservativen und ihrer (teils naiven) Gehilfsleute. Daß die SPD sich jetzt aufregt, ist zwar tatsächlich Heuchelei, ihre Leute abzuziehen aber deshalb noch lange keine Option.

    Ganz im Gegenteil. Während CDU-Länder ihre Macht stets dafür benutzen in den Schulen massiv Parteiwerbung zu betreiben, sorgen SPD-Länder tendenziell einfach für vernünftigere Bildung und lassen den Verantwortlichen mehr Spielraum.
    Während die Konservativen jede Chance nutzen ihre Macht auszuweiten, kann man das bei der linken SPD (also den Landesparteien) nicht wirklich sagen. Männern wie Koch das Feld zu überlassen, ist die Methode Hase. Sie an die Wand zu stellen, wäre das einzige.

  81. Eine Tatsache versteh ich übrigens überhaupt nicht: Alle sprechen hier ohne mit der Wimper zu zucken von „Politik“ und meinen damit lediglich die CDU/CSU bzw. die SPD. Fehlen da nicht noch 3 Parteien?

    Zu einer Zeit, in der nur zwei große Volksparteien um die Macht kämpften, konnte man über eine solche Verteilung in einer Sendeanstalt vielleicht noch drüber hinweg blicken. Aber heutzutage, in der diese 3 Parteien nur noch etwa 57% aller Stimmen bei den Bundestagswahlen bekommen, ist die Grenze für das, was ich Pluralismus oder repräsentative Meinungsvielfalt nenne, lange überschritten.

    Könnte mir das mal bitte jemand erklären?

  82. Wenn Herr Schächter einen winzigen Knochen im Rückgrat hätte, würde er angesichts dieser Schmierenkomödie zurücktreten. (Er hat ja seinen Kandidaten nicht durchgebracht.)

  83. @100, punktwellenmännchen: und das ist aus ihrer sicht, werter? noch interessanter obenauf: wieso „endlich“? haben sie sich diese entwicklung gewünscht, aus tiefem … äh, aus den tiefen der schwarzen seele heraus? wenn ja, wieso? erfüllung polit-erotischer leidenschaft? oder, banaler: damit es einen weiteren missstand gibt, den sie bekalauern, aber nicht ändern können?

  84. @ Thom: Die Phrase heißt: „Dafür sorgen, dass Männer wie Roland Koch mit dem Rücken zur Wand stehen.“ So wie Sie es gesagt haben, naja, wie soll ichs sagen, fällt es nur auf Sie zurück; falls Sie „nur“ besoffen waren, erst recht.

    @wilko0070: Peter Limbourg.

  85. Ihr Vorschlag: wir alle sollen besser schweigen?
    — treets — 27. November 2009, 22:23 #

    quatsch, wir dürfen nicht schweigen. wir müssen genau so diskutieren, öffentlich und überall. ein bißchen fundierter wäre allerdings wünschenswert. niggemeier fährt einen guten kurs. unterstützen wir ihn weiter.

  86. Nichts ist so schlecht, dass nicht auch etwas Gutes dabei rauskommt.
    Vielleicht finden wir diese alte Weisheit in dem Hoffnungsschimmer wieder, dass Koch sich somit auf breiter Front unwählbar gemacht hat und er uns somit auf bundespolitischer Ebene erspart bleibt.

  87. Nun ja, im ersten Moment ist oberflächlich gesehen nichts schlimmes daran, dass Nikolaus Brender (Chefredakteur des ZDF) vom Aufsichtsrat des Senders regelrecht gefeuert wurde.
    (7:7 Abstimmungsergebnis, selbst zwei CDU Mitgliedern war die Presse- und Rundfunkfreiheit „Gott sei Dank“ noch etwas wert. Das Verhältnis im Aufsichtsrat des ZDF ist nämlich 9 CDU und 5 SPD) In einer offiziellen Begründung dazu von Roland Koch (Hessens CDU Ministerpräsident und Aufsichtsratmitglied des ZDF) hieß es: „Die Einschaltquoten des „Heute Journals“ und anderer Informationssendungen seien stark Rückläufig.“ Fakt ist jedoch das der CDU dominierte Aufsichtsrat keinerlei Rechte besitzt Personalentscheidungen dieser Größenordnung zu fällen.
    Es sei denn es handelt sich um schwere strafrechtliche- oder rechtswidrige Vorgänge in der Haushaltführung des Senders. Jegliche Einmischung des Aufsichtsrates in die Personalpolitik oder in inhaltliche Informationspolitik des ZDF obliegt allein dem Intendanten Markus Schächter der sich bis zum Schluss für seinen Chefredakteur eingesetzt hat. Es handelt sich also bei diesem Schritt des ZDF Aufsichtsrates um eine eindeutige Kompetenzüberschreitung,
    die vor keinem deutschen oder europäischen Gericht Bestand haben dürfte (sofern denn jemand klagt). Der halbgebildete Bildzeitungsleser würde fragen: „Aber Warum macht man denn so ein Theater um eine einfache Personalie? Es stehen doch jeden Tag Jobs zur Disposition!“ Ganz einfach!!! Das ZDF ist ein öffentlich rechtlicher Sender, das heißt: Überparteilich und unabhängig!! Jede Einmischung des Aufsichtsrates oder der Außenwelt in die Personal und Inhaltspolitik des Senders verstößt gegen die Verfassung und ist eine schallende Ohrfeige für Presse- und Rundfunkfreiheit, also gegen Bürgerrechte! Nikolaus Brender ist eine Person die sich niemals politischen Einflüssen gebeugt hat und er ist einer der wenigen kritischen weltklasse Journalisten die das deutsche Fernsehen noch zu bieten hatte.
    Das machte ihn zum unbequemen Beobachter deutscher Politik, was in einer Demokratie seine Hauptaufgabe ist und eigentlich die Hauptaufgabe eines jeden aufrichtigen Journalisten sein sollte. Es wird also von Politikern wie Roland Koch und Angela Merkel vor unseren Augen ein Mann aus seinem Amt liquidiert der nur seinen Verfassungsmäßigen Auftrag erfüllt hat!!! So etwas hat es in der Geschichte der BRD noch nicht gegeben und zeigt die wahre Fratze unserer politischen „Kultur“ in Deutschland. Um die Glaubwürdigkeit des ZDF
    zu retten gibt es nur zwei Wege. Der erste Weg, ist der Gang eines Bundeslandes vor das Verfassungsgericht. Und nun zum zweiten Weg: „Wenn es dem ZDF um ein paar Prozentpunkte bei den Einschaltquoten geht, dann sollte der Sender den ganzen Schritt gehen, den Bürgern Ihre Rundfunkgebühren zurückerstatten und den Status „öffentlich rechtlich abgeben!“ Genau dann könnten Sie so etwas tun, aber so, ohne Konsequenzen geht es in einer funktionierenden Demokratie nicht meine Damen und Herren!!!“

    Liebe Grüße

    Euer Michael vom O

  88. @109: „Der erste Weg, ist der Gang eines Bundeslandes vor das Verfassungsgericht.“

    Können Sie oder jemand sonst mir erklären, warum eigentlich Verfassungsklagen in Deutschland derart eingeschränkt sind? Warum darf ich als Gebührenzahler eigentlich nicht in der Sache klagen? Und selbst wenn ich keine Gebühren zahlen würde: wenn es ein Verstoss gegen die Verfassung wäre, dann müßte doch jeder Bürger klageberechtigt sein. Ist also nicht schon diese Form von Normenkontrollklage verfassungswidrig?

  89. @110: Ja, das kann Ihnen jemand erklären, wahrscheinlich sogar weit besser als ich. Wenn jeder mir nichts, dir nichts seine Klage beim Verfassungsgericht einreichen könnte, wäre das Gericht nicht mehr funktionabel. Es könnte schon die Zulässigkeitsprüfungen nicht mehr leisten, selbst im schnellsten Schnellverfahren.

    Auch ist ihre Auffassung, daß, wo die Verfassung verletzt sei, jeder betroffen, also klageberechtigt sei, nicht ganz zutreffend. Es gibt keine abstrakte Klagebefugnis in Deutschland.
    Für einen einzelnen ist der einzige Weg vors Verfassungsgericht zu bekommen, der in einem Fall, in dem er konkret betroffen ist, Klage zu erheben und den Instanzenzug durchzugehen. Das verspricht wenig Erfolg.
    Deswegen gibt es direkte Anrufungsmöglichkeiten durch bestimmte staatliche Organe. Aber die müssen eben auch konkret betroffen sein und vorallem: sie müssen es machen.

  90. Aus meiner reichlich unmassgeblichen französischen Sicht ist der Herr Koch weniger ein politisches als ein hygienisches Problem. Er ist in seinem kleinen Hessenland offenbar so etwas wie im grossen Frankreich unser Sarkotzi: machtbesessen, ungebildet, kleingeistig und rachsüchtig. Wer allerdings in Deutschland über die Programmqualität von ARD und ZDF meckert, hat keine Ahnung, wie tief ein durch und durch politisch verseuchtes Fernsehen sinken kann. Bei uns in Frankreich werden Schlüsselstellungen der Rundfunk- und Fernsehanstalten entweder direkt vom Élysée-Palast oder von staatlich befreundeten Waffen- und Baumilliardären besetzt, und es gibt keinen privaten oder staatlichen Kanal mehr, dem man sich ohne Waschzwang zu verspüren aussetzen könnte. Nur Arte vielleicht, aber da fällt einem vor lauter political correctness eine Hirnhälfte nach der anderen aus.

  91. Ab 01.12.2009 reichen 25% Abgeordnete für die Klage aus.

    Nach 10 Jahren sollte unabhängig vom Parteienklüngel ein neuer Chefredakteur ran. Fenster auf, alter Mief raus, neue Ideen rein.

  92. Nochmal ein Argument, das gegen die reine These der Grundsatzklärung spricht:
    Koch ist reiner Machtpolitiker, mit der Abwahl Brenders hat er nun sein Ziel durchgesetzt. Selbst wenn das BVG im Sinne der Klage entscheidet, ist der kommende Chefredakteur (nach Kochs Präferenz) doch für mindestens die nächsten zehn Jahre im Amt, wenn er nicht komplett versagt.
    Das deckt zumindest Kochs zukünftige politische Laufbahn ab.
    Damit hat er sein Ziel erreicht, und wer weiss denn schon, wie der öffentliche Rundfunk in dieser Zeitspanne sich entwickelt?
    Ich glaube, dass das Spiel mit dem Verfassungsgericht ganz auf der Linie Kochs lag, die sich einzig an akuten Machtfragen orientiert. Er hat dies betreffend (leider) sein Ziel erreicht.

  93. Wo ist denn nun eigentlich der gewünschte Skandal? Mir scheint, dass das Schiff einfach sang- und klanglos untergegangen ist.

  94. Brender hat ja mal angedroht, die Briefe von den Lobbyisten zu veröffentlichen. Ist das eigentlich geschehen. Wenn ja, wo kann ich die nachlesen, wenn nein, wie kann ich Brender kontaktieren?

    Und zu den Gremien: Ich finde diese Sitzungen sollten öffentlich sein, genau, wie jeder Brief eines Lobbyisten veröffentlicht werden sollte – ich kenne jedenfalls keinen Grund, der dagegen spricht!

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