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Martenstein lässt noch einmal die Sparschweine für den Islam sterben

Der Kolumnist Harald Martenstein hat einen uralten Klassiker wiederbelebt: den Mythos, dass Banken in Großbritannien den Kindern keine Sparschweine mehr anbieten, aus Sorge, die im Islam als unrein geltenden Tiere könnten die Gefühle muslimischer Kunden verletzen.

Die Geschichte feiert in diesem Jahr Jubiläum. Seit zehn Jahren wird sie in den Medien als Beleg für die verrückt gewordene „Political Correctness“ und die Islamisierung des Abendlandes erzählt. Sie ist damals schon von den Banken dementiert worden.

Eine von ihnen, NatWest, die in den 1980er Jahren für ihre Sparschweine berühmt war, hat vor eineinhalb Jahren die Figuren sogar neu aufgelegt und groß beworben:

Spätestens damit, sollte man denken, hätte sich das Schauermärchen erledigt. Weit gefehlt. Recherchophobiker wie Martenstein halten es am Leben.

Ihren Ursprung nahm die Sparschweinente offenbar im „Daily Express“, der im Oktober 2005 sogar damit aufmachte. Als eines der ersten deutschen Medien übernahm sie noch im selben Monat die „B.Z.“.

2006 erzählte die Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali die Geschichte in einem Interview mit der FAZ – als Beleg für die angeblich „schleichende Scharia“ in Europa:

Und in Großbritannien geht es nun so weit, daß die Sparkassen keine Sparschweine mehr aufstellen, um die Gefühle der Muslime nicht zu verletzen, für die Schweine ja unrein sind. Das ist eben die schleichende Scharia. Sie zeigt ihr vollständiges Gesicht erst in den Gesellschaften, in denen die Muslime in die Mehrheit gekommen sind.

Henryk M. Broder interpretierte die vermeintliche Sparschweinentsorgung ebenfalls als „Zeichen an der Wand“ für die fortschreitende und unaufgehaltene Islamisierung, die er Anfang 2007 auf „Spiegel Online“ beklagte:

Britische Banken wollen ihren Kunden keine „Sparschweine“ mehr anbieten, weil Schweine im Islam als unrein gelten.

Im selben Jahr verbreitete der frühere FAZ-Redakteur und heutige Pegida-Anhänger Udo Ulfkotte die Geschichte in seinem Buch „Heiliger Krieg in Europa – Wie die radikale Muslimbruderschaft unsere Gesellschaft bedroht“. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte zwar durchaus Zweifel am „missionarischen Eifer“ des Autors, fand die Geschichte aber so unwiderstehlich, dass er seine Rezension des Buches sogar damit überschrieb:

Islamisten verdrängen Sparschweine.

Acht Jahre nach Ulfkotte und Broder hat nun endlich auch ihr Kollege Martenstein von der Geschichte erfahren. Angeblich will er sie im „Handelsblatt“ gelesen haben. Jedenfalls schreibt er in seiner heutigen „Tagesspiegel“-Kolumne:

Dem „Handelsblatt“ entnehme ich die Information, dass britische Banken ihren jungen Kunden seit einiger Zeit keine Sparschweine mehr anbieten. Der Anblick der Schweine, die im Islam als unrein gelten, könne die Gefühle muslimischer Kunden verletzen. Die muslimische Gemeinde erklärte daraufhin, dass Muslime der Anblick eines Schweins keineswegs verletze, sie würden lediglich dieses Tier nicht essen. Offenbar kann man sogar bei der Sensibilität, ähnlich wie beim Austernessen und beim Weintrinken, des Guten zu viel tun.

Martenstein hat den Kampf gegen die vermeintliche „Political Correctness“ in den vergangenen Jahren zu seinem zentralen Thema gemacht, ohne dass das zu einem erkennbaren Interesse an den Fakten geführt hätte. Von Ulfkotte unterscheidet ihn immerhin, dass er im konkreten Fall das Problem nicht bei den Muslimen sieht, sondern im vorauseilenden Gehorsam der Nicht-Muslime. Aber auch er verbreitet, unredigiert vom „Tagesspiegel“, das Schauermärchen von der Abschaffung der britischen Sparschweine aus Rücksicht auf die religiösen Gefühle der Moslems, das seit Jahren ein wesentlicher Teil der antiislamischen Folklore ist.

Und da fragt man sich, wie die Pegida-Leute eigentlich auf den Gedanken kommen, dass die Islamisierung des Abendlandes drohe oder gar in vollem Gange sei.

Nachtrag, 18:30 Uhr. Der „Tagesspiegel“ hat online den Sparschwein-Absatz gelöscht und durch folgenden Hinweis ersetzt:

In einer früheren Version dieser Kolumne war mit Bezug auf das „Handelsblatt“ von Sparschweinen die Rede, die britische Banken aus Rücksicht auf muslimische Kundschaft nicht mehr anböten. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier wies uns darauf hin, dass es dazu keine Belege gebe, sondern im Gegenteil Dementis. Weil auch wir keine Belege dafür finden konnten, haben wir diesen Abschnitt herausgenommen. Wir bitten unsere Leser um Entschuldigung.

Raus aus der Komfortzone?

Rede in der Frankfurter Paulskirche am 1. Dezember 2014 auf Einladung der Aids-Hilfe.


Foto: ARD

Im vergangenen Monat veranstaltete die ARD eine „Themenwoche“ zum Thema „Toleranz“. Der Sender warb dafür mit mehreren Motiven. Eines zeigte einen Mann im Rollstuhl mit der Frage: „Außenseiter oder Freund?“ Über einem schwarzen Mann stand die Frage: „Belastung oder Bereicherung?“ Und über einem sich zärtlich zugewandten Männerpaar die Frage: „Normal oder nicht normal?“

Als das eine Welle von Widerspruch und Empörung auslöste, musste sich ARD-Koordinator Hans-Martin Schmidt rechtfertigen. Er sagte:

„Dass die Kampagne provoziert, war gewollt, wobei der Grad der Provokation sicherlich im Auge des Betrachters variiert. Wichtig ist bei dem Thema ja, dass wir unsere Komfortzone verlassen.“

Aha, habe ich gedacht. Und mich dann gefragt: Wer ist „wir“? Wessen Komfortzone ist das? Wer sind diese Leute, die beim Thema Toleranz ihre Komfortzone verlassen müssen?

Die Leute, die Homosexualität immer noch als etwas Widernatürliches empfinden, wollte die ARD mit ihren Plakatmotiven jedenfalls nicht zu sehr in ihrer „Komfortzone“ behelligen. Die beiden Männer, die Homosexualität symbolisieren sollen, küssen sich auf dem Plakatmotiv nicht einmal auf den Mund – was doch sonst eine eher klassische Form ist, zu zeigen, dass ein Paar sich nicht nur platonisch liebt. Der eine Mann küsst den anderen bloß auf die Stirn.

Wenn man schon Homosexualtität darstellen und fragen wollte, ob sowas „normal“ ist – wäre es wirklich eine zu große Provokation gewesen, wenigstens zwei Männer zu zeigen, die sich leidenschaftlich küssen? Wäre das schon zu ungemütlich gewesen für die Leute in ihrer „Komfortzone“, denen beim Gedanken an Homosexualität nicht ganz wohl ist, und bei ihrem Anblick erst recht nicht?

Der ARD-Mann sagt, die Plakate sollten provozieren, aber für Leute, die beim Anblick eines schwulen Paares fragen, ob das normal ist, für solche Leute sind diese Plakate keine Provokation. Sie bebildern einfach ihre Vorbehalte.

Oder meinte der ARD-Mann mit dem „Wir“ uns Betroffene, die Minderheiten, die Anderen. Diejenigen, die durch ihre Andersartigkeit anscheinend die Toleranz der „Normalen“ herausfordern? Müssen wir uns aus unserer Komfortzone herausbewegen, in der wir uns in das Gefühl eingekuschelt haben, dass die meisten Menschen tolerant sind, dass es Fortschritte gibt bei der rechtlichen Gleichstellung und immer weniger Diskriminierung?

Müssen wir aus unserer Komfortzone heraus und uns damit konfrontieren lassen, dass es immer noch eine beträchtliche Zahl von Menschen gibt, die tatsächlich vom Anblick zweier schwuler Männer abgestoßen sind? Ist das die Provokation, die die Werbemotive der ARD-Themenwoche „Toleranz“ darstellen wollten? Die Konfrontation der Lesben, Schwulen, Behinderten, Einwanderer mit der harten Realität, dass es mit der behaupteten Toleranz und Akzeptanz im Alltag gar nicht so weit her ist?

— Aber das wissen wir doch. Das erleben wir doch jeden Tag. Da gibt es immer noch viel zu wenige Komfortzonen, das ist doch das Problem.

Der Begriff der Komfortzone steht noch gar nicht im Duden. Er ist so eine typische amerikanische Psycho-Metapher. Der Begriff passt ganz gut zum heiklen Begriff der „Toleranz“, die ja im Gegensatz zur „Akzeptanz“ ein Gedulden und ein Ertragen von etwas beschreibt, das man eigentlich ablehnt oder einem zumindest unangenehm ist – etwas, das mindestens außerhalb der eigenen Komfortzone liegt.

Als Floskel ist das „Verlassen der Komfortzone“ positiv besetzt: Wir sollen unsere Komfortzonen verlassen, um uns neuen Aufgaben und Herausforderungen zu stellen, die uns menschlich, beruflich, wie auch immer, voranbringen.

Andererseits beschreibt der Begriff der Komfortzone, fürchte ich, auch sehr gut den Bereich, in den sich viele Menschen in ihrem Verhältnis Minderheiten gegenüber zurückgezogen haben. Sie sind bereit, das, was außerhalb passiert, zu ertragen, solange sie davon in ihrem Bereich nicht behelligt werden.

Ich weiß nicht, ob das eine schweigende Mehrheit betrifft oder nur eine beträchtliche Minderheit, aber mir scheint, als hätten diese Leute auf eine Art Deal gehofft. Er lautet auf Homosexuelle bezogen ungefähr so: Ihr habt doch in den vergangenen Jahren schon so viele eurer Forderungen erfüllt bekommen, jetzt gebt auch Ruhe, hört auf, uns mit weiteren Forderungen zu behelligen – und überhaupt: mit eurer Andersartigkeit.

Die Logik geht ungefähr: Ihr musstet auffallen, um gegen eure Diskriminierung zu protestieren. Nun gibt es keine Diskriminierung mehr, jetzt könnte ihr auch aufhören, aufzufallen.

Es ist der Wunsch, mit der weitgehenden Gleichstellung von Homosexuellen würden die Homosexuellen verschwinden. Das ist doppelt falsch. Es ist falsch, weil es so tut, als gebe es keine Diskriminierung mehr. Und es ist falsch, weil der Wille, sich nicht mehr verstecken und verstellen zu müssen, so zentral ist für den Kampf von Lesben und Schwulen – die Sichtbarkeit ist nicht nur Zweck, sondern auch Ziel.

Es gab im vergangenen Jahr viele Anlässe, darüber öffentlich zu reden. Zum Beispiel das Coming-Out von Thomas Hitzlsperger, als erstem prominenten deutschen Fußballspieler, wenn auch nach dem Ende seiner aktiven Zeit, und das von Tim Cook, dem Apple-Chef, als erstem amerikanischen Top-Manager. Aber die öffentliche Beschäftigung damit löste auch einen erheblichen Widerwillen bei einem Teil des Publikums aus. Menschen beschwerten sich über das Bohei, das um die Sache gemacht werde, die doch eine Privatsache sei, die man nicht in und mit der Öffentlichkeit verhandele. Sie haben nichts dagegen, dass Leute wie Hitzlsperger oder Cook schwul sind, wollen davon aber nichts wissen.

Sie missverstehen die Freude darüber, dass Menschen sich nicht mehr verstecken und verstellen und zu sich selbst stehen, und die Aufmerksamkeit, die damit zusammenhängt, dass sie die ersten in ihrem Bereich sind, mit einer Überhöhung von Homosexualität zu etwas Erstrebenswertem. Sie fühlen sich belästigt.

Über dem Diskurs liegt ein Gefühl von: Jetzt nehmt Euch mal nicht so wichtig. Und: Irgendwann muss auch mal gut sein.

Dahinter formuliert sich auch immer öfter, scheinbar aus der Mitte der Gesellschaft, eine erstaunlich selbstbewusst formulierte Ablehnung von Gleichstellung und Akzeptanz. Der frühere „Spiegel“-Ressortleiter und heutige „Welt“-Autor Mathias Matussek nennt sich stolz und höchstens viertelironisch „homophob“. Der Katzenkrimi-Autor Akif Pirincci wütet gegen die „Verschwulung“ der Gesellschaft.

Es formiert sich ein Widerstand, besonders massiv in der Frage, wie sexuelle Vielfalt in der Schule behandelt werden soll. Versuche, Homosexualität nicht nur als Form von Sexualität zu behandeln, sondern als ein Thema, das ganz selbstverständlich in allen Fächern eine Rolle spielt, werden als Versuche der „Sexualisierung“ diffamiert und als Umerziehungsversuch bekämpft. Medien – leider auch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, für die ich schreibe – leisten durch polemische und verfälschende Darstellungen ihren Beitrag dazu, die Diskussion zu hysterisieren und zu entsachlichen.

Der Protest kommt als Widerstand gegen vermeintliche Übertreibungen der Offenheit, Toleranz, Aufklärung daher. Aber er wirkt auch als Versuch, längst erkämpftes und sicher geglaubtes Terrain zurückzuerobern. Er nimmt mindestens fahrlässig in Kauf, dass Homosexualität wieder als etwas Anrüchiges, Gefährliches diffamiert wird. Ein anschauliches Beispiel dafür liefert die „Bild“-Zeitung, die sich – wie viele andere – an dem Pädagogik-Handbuch „Sexualpädagogik der Vielfalt“ abarbeitet, das sie „einfach widerlich und skandalös“ nennt. Sie zitiert dann die CDU-Politikerin Karin Prien: „Das ist hoch fragwürdiges, verstörendes, ideologisch verbrämtes Lehrmaterial.“ Und „Bild“ fügt hinzu:

„Was Prien, die das Ganze mit einer Anfrage aufgedeckt hat, meint: Linke Pädagogen versuchen seit geraumer Zeit, das traditionelle Familien- und Sexualbild aufzubrechen. Vielfalt steht bei ihnen dafür, dass Sexualität alle Spielarten umfasst, eben auch Homo- und Transsexualität.“

Dass Vielfalt bedeutet, dass Sexualität auch Homosexualität und Transsexualität umfasst – das ist anscheinend keine gemeinsame Grundlage der Debatte mehr. Sondern eine radikale ideologische Position linker Pädagogen.

Hier geht es nicht mehr darum, weiteren „Fortschritt“ zu stoppen. Hier geht es um Rückschritte. Plötzlich müssen sich Projekte wie SchLAu für ihre Arbeit rechtfertigen, die dem Kampf gegen Diskriminierung und Vorurteile dient – weil der Eindruck entsteht (und bewusst erweckt wird), sie machten etwas Unanständiges in den Schulen und wollten die Kinder umerziehen.

Im Frühjahr dieses Jahres eroberte Cochita Wurst die internationale Bühne, die verwirrende Persönlichkeit eines Mannes, der als Frau mit Bart auftritt. Sie gewann den Eurovision Song Contest. Es war ein Sieg der Vielfalt, der von Kommentatoren – bis hinein in den Deutschlandfunk – fassungslos als letzter noch fehlender Beweis für die völlige Degenerierung der Gesellschaft gedeutet wurde. Sie empfanden die Provokation der Figur nicht als Herausforderung von Gewohnheiten und Erwartungen, sondern als fundamentalen Angriff auf sich und auf ihre Vorstellungen von Normalität. Längst überwunden geglaubte Bekenntnisse der Scheintoleranz wurden in der Folge wieder geäußert, wie von Bela Anda, dem früheren Regierungssprecher und heutigen „Bild“-Politikchef. Er behauptete in einem Kommentar auf Bild.de: „Einige meiner besten Freunde sind homosexuell“ (und der einzige Satz, der noch trauriger ist, ist natürlich der, den seine homosexuellen Freunde sagen müssen: „Einer meiner besten Freunde ist Béla Anda.“) Und er fügte hinzu: „Ein Bart im Gesicht einer Frau, noch dazu ein Vollbart, stört mich, stört mein ästhetisches Empfinden, stört auch mein Rollenverständnis von Mann und Frau.“

Die harmlose, ganz unaggressive Figur Conchita Wurst machte deutlich, wie sehr Andersartigkeit immer noch als Bedrohung empfunden wird. Der Preis, den Lesben und Schwule nach Ansicht eines Teils der Gesellschaft dafür zahlen sollen, dass sie anerkannt werden, ist der, dass sie möglichst normal und unauffällig sein sollen. Von Trans-Menschen ganz zu schweigen.

Rational lässt sich das am Beispiel Conchita Wurst kaum fassen: Wenn ein Mann als Frau auftritt, soll er sich wenigstens den Bart abrasieren? Aber die Botschaft dahinter ist klar: Es ist eine der Pflicht zur Anpassung. Und ein – gefühlt – wachsender Unwille, sich selbst und sein Verhalten in Frage zu stellen.

Schon Ansätze, die zur Reflexion auffordern, werden als Zumutung abgetan, wie jüngst zum Beispiel ein Papier einer Gruppe, die sich die „Neuen Medienmacher“ nennen. Es soll Journalisten dazu anregen, über Sprache nachzudenken und darüber, wen sie mit bestimmten Formulierungen ausgrenzen. Das ist ausdrücklich als „Debattenbeitrag“ gekennzeichnet. Doch schon debattieren ist zuviel für Publizisten wie Henryk M. Broder, der dafür nur Häme und Verachtung hat und sich an Orwells „Neusprech“ aus 1984 erinnert fühlt.

Die vielleicht größte Zumutung zur Zeit ist eine Person namens Lann Hornscheidt, die sich nicht als Mann oder Frau definiert und entsprechend auch nicht als Professorin oder Professor angesprochen werden will, sondern als Professx. Auch über solche Sprachvorschläge kann und muss man streiten. Man darf sie selbstverständlich auch ablehnen. Aber was bestürzt, ist der Hass, der Lann Horscheidt entgegenschlägt, der Unwille, sich damit überhaupt auseinanderzusetzen, und der Reflex, auch in den Medien, zur Diffamierung. Es scheint da Leute zu geben, die die Herausforderung, dass es Menschen gibt, die anders sind als sie und als sie es für möglich gehalten hätten, einfach nicht ertragen.

Lann Horscheidt wirkt im Vergleich zu ihren Gegenspielern verblüffend wenig radikal. Vor allem, wenn er oder sie formuliert, dass es doch eine Bereicherung sei, auf andere Sichtweisen, fremde Lebenswelten, unbekannte Blicke auf die Welt zu stoßen, sich darauf einzulassen und damit auseinanderzusetzen.

Andersartigkeit zunächst einmal als Bereicherung empfinden, nicht als Zumutung. Warum sollten unsere Komfortzonen so eng zugeschnitten sein, dass wir sie verlassen müssen, um Vielfalt zu akzeptieren?

„Wichtig ist, dass wir unsere Komfortzone verlassen“, hat der ARD-Toleranz-Beauftragte gesagt. Im Rahmen dieser Themenwoche fand dann im HR-Fernsehen auch eine Diskussion mit dem selbsterklärten „homophoben“ Matthias Matussek statt. Und der Moderator und Redaktionsleiter Meinhard Schmidt-Degenhard rechtfertigte sich hinterher noch mit dem Satz: „Meines Wissens ist Homophobie nicht zwangsläufig menschenverachtend.“

Aus dieser Komfortzone werden wir gerade gründlich vertrieben: aus dem Glauben, dass wir hinter bestimmte Standards nicht mehr zurückfallen würden.


Symbolfoto: ARD

Die heimlichen Fernsehkritiker

Alle paar Jahre sorgt der Programmbeirat der ARD für Aufsehen, wenn kritische Anmerkungen von ihm an Sendungen des Ersten bekannt werden. Eigentlich tagt er im Verborgenen und will das auch so. Einblicke in die Arbeit eines Gremiums, das im Dienst der Allgemeinheit stehen soll, die Öffentlichkeit aber nicht als Verbündeten sieht.

Als der Programmbeirat der ARD am 17. Juni in Berlin zu seiner 582. Sitzung zusammentrat, stand nicht nur die Berichterstattung über die Ukraine auf der Tagesordnung. Das Gremium sorgte sich unter anderem auch um „Sherlock“, die BBC-Serie, deren dritte Staffel das Erste gerade gezeigt hatte.

Die hatte nämlich in der ARD zwar den bislang höchsten Marktanteil aller Staffeln bei den jüngeren Zuschauern erreicht, aber den niedrigsten bei den älteren, wie der stellvertretende Programmdirektor Thomas Baumann berichtete.

Das Sitzungs-Protokoll notiert dazu:

„‚Sherlock‘, wird aus dem Programmbeirat erklärt, werde zunehmend komplex in der Darstellung, die Handlung in der dritten Staffel gleite manchmal ins Abstruse, und man könne gut nachvollziehen, dass dies nicht jedermanns Geschmack sei. Dennoch sei es sehr gut, dass solche modernen, innovativen Formate ins Programm genommen würden. Würde aus der Tatsache, dass ‚Sherlock‘ beim älteren Publikum weniger gut ankomme, auch Konsequenzen gezogen?

Herr Baumann erläutert, dass Das Erste bei dieser BBC-Serie allenfalls ein kleines Wörtchen mitreden könne, aber im Wesentlichen keinen Einfluss auf die Gestaltung der Serie habe.“

Und so werden vermutlich auch zukünftige Folgen von „Sherlock“ ohne Rücksichtnahme auf die Befindlichkeiten des älteren deutschen Publikums produziert werden.

Der Programmbeirat war bis vor wenigen Wochen vermutlich das unbekannteste aller ARD-Gremien. Dann wurde öffentlich, dass die eigentlich im Verborgenen arbeitende Runde die Berichterstattung im Ersten über die Ukraine-Krise teilweise sehr kritisch beurteilt hatte – und die Aufregung war groß.

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass sowas passiert. Im Frühjahr 2008 sorgte das vernichtende Urteil des Gremiums über die damals neue Talkshow von Anne Will für Unruhe. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte ausführlich aus dem internen Papier zitiert.

Zwei Jahre später machte die „taz“ öffentlich, wie deutlich der Programmbeirat sich intern dafür ausgesprochen hatte, die Zahl der Polit-Talkshows zu reduzieren. Der öffentlichen Debatte darüber gab das erheblichen Zunder.

Was ist das für ein merkwürdiges Gremium, das sich eigentlich im Auftrag der Zuschauer kontinuierlich mit dem Programm des Ersten beschäftigt – und dabei fast ganz im Verborgenen agiert, wenn nicht seine interne Kritik gerade wieder von interessierter Seite lanciert wird und entsprechendes Aufsehen erregt?


Der ARD-Programmbeirat, oben, von links: Paul Siebertz, Geesken Wörmann, Judith von Witzleben-Sadowsky, Walter Spieß, Markus Weber; unten: Marliese Klees, Susan Ella-Mittrenga, Monsignore Stephan Wahl, Stefan Gebhardt. Foto: BR / Theresa Högner

Sie treffen sich zehnmal jährlich für ein bis zwei Tage, reihum immer bei einer anderen ARD-Anstalt. Der Rundfunkrat jedes Senders schickt einen Vertreter in den Programmbeirat, neun sind es insgesamt. Sie verteilen vorher Beobachtungslisten, welche Sendungen geguckt werden müssen und wer über was referiert, und schauen überhaupt aufmerksam Das Erste. Während die Rundfunkräte der einzelnen Anstalten nur für das jeweilige Programm ihrer Sender zuständig sind, nehmen sie das Gemeinschaftsprogramm in den Blick – haben aber nur beratende Funktion und keinerlei Sanktionsmöglichkeiten.

ARD-Programmdirektor Volker Herres oder sein Vertreter ist bei den Sitzungen immer dabei. Alle drei Monate trifft sich der Programmbeirat mit der Fernsehprogrammkonferenz, in der die Chefs der einzelnen Rundfunkanstalten das Gemeinschaftsprogramm zusammenstellen. Der Vorsitzende des Programmbeirates nimmt auch an den Sitzungen der Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD und den Hauptversammlungen der ARD teil.

„Der Programmbeirat hat eine hohe Anerkennung und Akzeptanz bei allen Programmverantwortlichen und in den Gremien“, sagt Paul Siebertz, ein österreichischer Jurist, der dem Gremium seit vergangenem Jahr vorsteht. Man würde das nicht unbedingt annehmen, wenn man den gereizten Widerspruch hört, den es gibt, sobald wieder einmal Kritik des Programmbeirates öffentlich geworden ist. Oder wenn man die genervten Gesichter der anderen Teilnehmer einer Diskussion über die Ukraine-Berichterstattung bei der Verleihung des Hanns- Joachim-Friedrichs-Preises las, in der Siebertz als Außenseiter und Fremdkörper saß. ZDF-Chefredakteur Peter Frey schien sehr froh, dass sein Sender kein solch lästiges Gremium hat.

Aber diese Diskussionen im grellen Licht der Öffentlichkeit mag der Programmbeirat ohnehin nicht. „Wir sind wenig erfreut, dass Protokolle von uns in die Öffentlichkeit kommen“, sagt Siebertz. „Vertraulichkeit ist die Grundlage für konstruktive Diskussionen mit Verantwortlichen. Eine öffentliche Diskussion ist für den ARD-Programmbeirat nicht nützlich. Die Öffentlichkeit kann zu einer Polarisierung beitragen, die nicht erwünscht ist.“

Das hat Tradition in diesem Gremium. Danny Brees, der von 1998 bis 2003 Vorsitzender des Programmbeirats war, sagte 2000 dem Bonner „General-Anzeiger“: „Wir gehen ganz bewusst mit unserer Kritik und unseren Anregungen nicht an die Öffentlichkeit. Denn wenn wir wirklich etwas bewirken wollen, ist das interne Gespräch am fruchtbarsten.“

Das ist nicht von der Hand zu weisen: In dem Moment, da Kritik aus dem Programmbeirat öffentlich wird, nehmen die Verantwortlichen reflexartig eine Abwehrposition ein – das zeigen die regelmäßigen heftigen Reaktionen. Andererseits ist das natürlich auch Folge davon, dass die Anmerkungen des Programmbeirates zum Programm nicht kontinuierlich und entsprechend vielfältig an die Öffentlichkeit gelangen, sondern fast immer nur in Form von gezielt lancierten Bruchstücken, die entsprechend Aufsehen erregen sollen.

Ist es nicht merkwürdig, dass ein Gremium, das letztlich im Auftrag der Gesellschaft einen öffentlich-rechtlichen Sender beraten und kritisch begleiten soll, fast völlig im Verborgenen tagt? Von der theoretisch in der Geschäftsordnung vorgesehenen Möglichkeit, öffentliche Stellungnahmen abzugeben, macht das Gremium fast nie Gebrauch.

Fragt man Siebertz, ob er nicht das Gefühl hat, der Öffentlichkeit, dem Publikum, verpflichtet zu sein, widerspricht er: Er sei nicht als Vertreter des Publikums im ARD-Programmbeirat, sondern des Rundfunkrates des Bayerischen Rundfunks. Er und seine Kollegen berichten an die Rundfunkräte, die sie entsandt haben.

Aber funktioniert das noch, das Prinzip der Vertraulichkeit?

“Und wie das funktioniert!“

Angesichts von zehn Sitzungen im Jahr, in denen 400 bis 500 Seiten Protokolle erstellt werden, die hinterher breit in der ARD gestreut werden, sei es eigentlich auch „erfreulich selten“, dass Teile daraus gezielt an die Presse lanciert werden. Auch die Aufregung um die Kritik an der Ukraine-Berichterstattung fand Siebertz eigentlich gar nicht so groß: Print-Medien zum Beispiel hätten nur marginal berichtet.



„Der ARD-Programmbeirat ist eines der besten Gremien, die ich kenne“, sagt Siebertz. „Aufmerksamkeit und Engagement sind Basis für extrem konstruktive Diskussionen“. In 90 Prozent aller Fälle sei das Votum der Mitglieder einhellig, und das, obwohl das Gremium außerordentlich heterogen sei: vom Vertreter der Linken aus Sachsen-Anhalt bis zum katholischen Priester aus Rheinland-Pfalz. Deren Positionen in den Diskussionen seien nicht vorhersehbar oder parteipolitisch geprägt, was Siebertz als Ausweis nimmt, dass alle „auf professioneller Basis“ arbeiten. Was sie zu sagen haben über das Programm, werde in der ARD „sehr ernst genommen“, sagt Siebertz.

Der dann, nachdem das Telefongespräch eine Weile gedauert hat, plötzlich zurückfragt: „Glauben Sie, dass das irgendjemanden interessiert?“ Eigentlich sei es ihm gar nicht recht, so lange mit mir geredet zu haben.

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55 Seiten umfasst das Protokoll von der Juni-Sitzung; das von Telepolis veröffentlichte kritische Resümee zur Ukraine-Berichterstattung macht nur knapp vier Seiten davon aus. Das Protokoll liefert einen faszinierenden Einblick in die Diskussionen in diesem Gremium, gerade im Detail.

Der Programmbeirat kritisierte unter anderem die alarmistischen Titel vieler ARD-Talksendungen zum Thema. Die „Günther Jauch“- Sendungen habe man zwar leider nicht ansehen können, weil sie schon nicht mehr in der Mediathek verfügbar waren, aber zumindest die Titel habe man durchgesehen:

„Putins Machtspiele – Gibt es jetzt Krieg?“ (2. März), „Putin, der Große – Wie gefährlich ist sein Russland?“ (23. März) und „Kriegsgefahr in Europa – Ist Putin noch zu stoppen?“ (4. Mai). Diese Titel seien reißerisch und provozierend und wohl dazu gedacht, Zuschauer zu gewinnen. Sie spielten mit den Begriffen Krieg, Macht und Gefahr – aber um welchen Preis?

In einem Fall gab Thomas Baumann, der auch ARD-Chefredakteur ist, dem Programmbeirat recht: Den Titel „Kriegsgefahr in Europa – Ist Putin noch zu stoppen“ habe auch er für nicht adäquat gehalten, „aber die Wahl der Titel liege in der Verantwortung der jeweils zuständigen Redaktion, die auch nach seiner Intervention dabei habe bleiben wollen“, notiert das Protokoll. „Wenn in Titeln der Konflikt ohne zwingende Notwendigkeit zu sehr auf eine Person – Putin – fokussiert und diese Person de facto an den Pranger gestellt werde, dann sei nach seiner, Baumanns, Messlatte die Grenze überschritten.“

Baumann versprach damals auch, mit der „Weltspiegel“-Redaktion des Bayerischen Rundfunks über die Moderationen von Bernhard Wabnitz zu reden, die auch er für ein Stück weit zu stark zugespitzt halte. Dem Programmbeirat waren dessen Anmoderationen und die „sehr aggressive, harte und in hohem Maße wertende Sprache“ aufgestoßen – „man habe sich an die Sprache des Kalten Kriegs erinnert gefühlt“.

Unzufrieden waren die Mitglieder des Programmbeirates auch mit der Zuspitzung, wie sie im „Bericht aus Berlin“ gepflegt wird. Im März habe Moderator Rainald Becker „provozierend und wertend begonnen“ und gefragt: „Putin kann vor Stolz kaum noch laufen, die Krim ist weg! Reicht ihm das?“ Seinen Interviewpartner Matthias Platzeck habe er etwa gefragt: „Verstehen Sie Putin?“ und: „Halten Sie Putin für vertrauenswürdig?“ Das Protokoll notierte: „Erfreulich sei, dass es Menschen gebe, die auf solche Fragen sachlich antworteten.“ Und weiter:

„Müssten solch provozierende Fragen, wie man sie im ‚Bericht aus Berlin‘ erlebt habe, sein? Warum gehe man nicht einmal etwas mehr in Tiefe? Die Interview-Partner dagegen hätten durchwegs sehr nachdenklich und differenziert reagiert, so sehr Becker sie auch zu scharfen Antworten zu reizen versucht habe.“

Auch die Berichterstattung zur Europawahl hat sich der Programmbeirat im Juni angesehen, mit sehr unterschiedlichen Befunden. Eine „Hart aber fair“-Sendung (12. Mai 2014) mit dem Titel „Die Euro-Klatsche: EU-Gegner vor dem Triumph?“ sei, so das Protokoll:

„untragbar gewesen, noch unter Stammtisch-Niveau. Es sei der unsagbare Henryk Broder eingeladen gewesen, der mit seinen polemischen Querschlägern jegliche Diskussion zunichte mache, sowie Hans-Olaf Henkel, der populistischen [sic!] Thesen habe behaupten dürfen, ohne dass ihm kompetent widersprochen worden wäre. (…) Allein die Gästeauswahl habe schon von vornherein nichts anderes als EU-Bashing erwarten lassen.“

Ein etwas merkwürdiges journalistisches Verständnis zeigt sich bei der Kritik des Programmbeirates an der Berichterstattung am Wahlabend:

„Als sehr problematisch habe man empfunden, dass gleich die erste Live-Schalte in die Parteizentrale der AfD gegangen sei und ausgerechnet Bernd Lucke bei einer überschwänglichen Rede und anschließendem langem Beifall erfasst habe; überhaupt sei die AfD in dieser Sendung überrepräsentiert gewesen.“

Dass die AfD (Alternative für Deutschland) aufgrund ihres Wahlergebnisses das Thema des Abends war, scheinen die Programmbeiratsmitglieder nicht nachvollziehen zu können.

Sie kümmern sich auch um vermeintliche Details, wie die Leistung der Moderatoren:



“Schönenborn habe gewohnt souverän agiert. Ehni habe ein wenig exaltiert gewirkt, und Strempel habe seine Sache nach etwas hölzernem Anfang gut gemacht.“

Bei der „Wahlarena“ mit Martin Schulz und Jean-Claude Juncker hingegen seien die Moderatoren Sonia Mikich und Andreas Cichowicz durch ihre Rolle, bloß Fragen aus dem Publikum weiterzuleiten, „unterfordert“ gewesen: „Für diese Funktion hätte es auch anderes, weniger journalistisch hochkarätiges Personal getan.“ (Namen nennt der Programmbeirat hier leider nicht.)

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Aus der Geschichte des ARD-Programmbeirates:

2011

Der Programmbeirat kritisiert Lena Meyer-Landrut, die nach ihrem Sieg beim Eurovision Song Contest erneut Deutschland bei dem Wettbewerb vertreten soll. Bei ihrem Auftritt beim Deutschen Fernsehpreis sei „deutlich geworden, dass die Sängerin mittlerweile ihre Unbefangenheit verloren“ habe, heißt es laut Sitzungsprotokoll. Die 19-Jährige spiele „nun nur noch eine Rolle“.

2009

Der Programmbeirat spricht sich dafür aus, dass Oliver Pocher bei der ARD bleibt. Das Gremium unterstützt „nachdrücklich“ Bemühungen, Pocher ans Erste zu binden. Er stehe für eine jüngere Generation, die man „nicht allein mit Artigkeiten“ erreichen könne. Mit ihm sei der Sender auch für diese Zielgruppe attraktiv.

2007

Der Programmbeirat kritisiert das „Nazometer“, mit dem die ARD- Show „Schmidt & Pocher“ nach dem Eklat um „Tagesschau“- Moderatorin Eva Herman vermeintlich nazifreundliches Vokabular testete, darunter auch Begriffe wie „Gasherd“ und „Duschen“. „Der Programmbeirat bedauert, dass Harald Schmidt, Oliver Pocher und die zuständige WDR-Redaktion es hier an der notwendigen Sensibilität haben fehlen lassen.“

2003

Der Programmbeirat kritisiert die „zunehmende Tendenz“ in der ARD, bei Gewinnspielen auf teure 0190er-Nummern zurückzugreifen. Das sei „besonders ärgerlich“ und „nicht hinnehmbar“. Programmdirektor Günter Struve wurde dringend aufgefordert, „von dieser Praxis wieder abzurücken“.

1988

Der Programmbeirat fordert die ARD auf, Mut zu zeigen und „endlich“ die „Bonner Runde“ an den Wahlabenden einzustellen.Der Bonner Studioleiter und Moderator Ernst Dieter Lueg hatte sich nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg durch „insistierende Fragen“ („Der Spiegel“) den Zorn von Helmut Kohl zugezogen. Lueg habe „zwar forsch und überlegt gefragt, jedoch auf die gezeigte Arroganz der Politiker nur unzureichend reagiert. Die journalistische Kompetenz, so wird im Beirat festgestellt, habe hier gefehlt, die Sendung sei geradezu unerträglich gewesen. Er habe sich unverständlicherweise auf eine völlig überflüssige Diskussion mit dem Bundeskanzler eingelassen.“ Die Sendung bringe für den Zuschauer „überhaupt nichts“.

1988

Der Programmbeirat kritisiert die Kommentare in den „Tagesthemen“: Oftmals seien die Kommentatoren lieblos, „üben sich in der Unverbindlichkeit der Nacherzählung oder versuchen sich gar in Weissagen“. Außerdem sei es ärgerlich, dass unter den 38 Kommentatoren nur eine Frau sei.

1974

Der Programmbeirat beklagt sich über Wolfgang Menges Serie „Ein Herz und eine Seele“ und zählt die Schimpfwörter: In vier Sendungen sei 21 Mal „Scheiße“, 17 Mal „blöde Sau“ und 15 Mal „Arschloch“ gesagt worden.

1958

Der Programmbeirat fordert, die Namen von Ansagerinnen wie Irene Koss und Ursula von Manescul nicht einzublenden – „um den Star-Kult nicht zu unterstützen“.

Das „Handelsblatt“ gegen ARD und ZDF: Wenn Ahnungslose Kampagnen machen

Dies ist das Niveau, auf dem die Kampagne des „Handelsblatts“ gegen ARD und ZDF angekommen ist:

Ein Dossier bläst auf zehn Seiten annähernd alles, was der Medienredakteur Hans-Peter Siebenhaar in den vergangenen Tagen und Jahren schon über ARD und ZDF ins „Handelsblatt“ sowie in sein Buch „Die Nimmersatten“ geschrieben hatte, noch einmal neu auf und schafft damit das Kunststück, selbst das Sommerprogramm des Hessischen Fernsehens an Wiederholungen zu übertreffen.

Es recycelt erneut eine angebliche „Studie“ für den Autovermieter Sixt, wonach die Gebühreneinnahmen von ARD und ZDF durch die neue Haushaltsabgabe um 1,6 Milliarden Euro jährlich steigen. Sixt hatte im Oktober 2010 ein zufällig vorbeikommendes Milchmädchen gebeten, das zu errechnen. Seitdem wird die Zahl vom „Handelsblatt“ und anderen Gegnern von ARD und ZDF benutzt, eine Gebetsmühle anzutreiben. Dass seriöse Schätzungen dieser Zahl widersprechen und nachvollziehbar erläutern, warum sie sich nicht so leicht errechnen lässt wie es Sixt behauptet, erwähnt das „Handelsblatt“ ebenso wenig wie die Tatsache, dass ARD und ZDF diese Einnahmen, wenn sie wider Erwarten tatsächlich realisiert würden, nicht behalten dürften.

Zur umfassenden Desinformation packt das „Handelsblatt“ die Zahl nun sogar in eine Statistik mit offiziell wirkender Quellenangabe:

Die Dossier-Artikel selbst prägt die inzwischen bekannte Denkverweigerung. Das „Handelsblatt“ wirft es ARD und ZDF ebenso vor, bloß auf die Quoten zu schauen, wie Programme zu machen, die keine großen Quoten haben. Wenn die Öffentlich-Rechtlichen den Privaten Sportrechte wegkaufen, hält das „Handelsblatt“ das für verwerflich; wenn sie im Kampf um teure Filmrechte den Privaten das Feld weitgehend überlassen, hält das „Handelsblatt“ das auch für verwerflich.

Immerhin ist mir nach dem Lesen dieser zehn Seiten klar geworden, warum das „Handelsblatt“ sich so ausdauernd an den Öffentlich-Rechtlichen und ihrer neuen Finanzierung abarbeitet: nicht nur aus ideologischen Gründen, wegen des Konkurrenzverhältnisses, aus Neid, Populismus oder weil es nichts kostet (vor allem keine Recherche). Offenkundig gehören die Leute, die im „Handelsblatt“ übers Fernsehen schreiben, zu denen, die nie Fernsehen schauen und jetzt trotzdem zahlen müssen. Anders lässt sich die Flut von sachlichen Fehlern kaum erklären:

Die ARD, die den Vorabend bis dahin [gemeint ist der Start der RTL-Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“] mit biederen Familienserien bestritten hatte, zog nach: mit dem Liebes-und Intrigenstadel „Verbotene Liebe“ rund um das Schloss der Familie von Anstetten. (…) Bald legte die ARD „Marienhof“ und „Rote Rosen“ nach.

„Verbotene Liebe“ ging erst 1995 auf Sendung, „Marienhof“ schon 1992.

An den Erfolg von Casting Shows wie „Deutschland sucht den Superstar“ (RTL) oder „Popstars“ (Sat1), versuchte das ZDF mit dem Polit-Klamauk „Ich kann Kanzler“ oder dem „Musical Show Star“ anzuknüpfen.

„Popstars“ lief auf RTL 2 und ProSieben, aber nie auf Sat.1.

Die Wirklichkeit sieht dann so aus: Der Erfolgsregisseur Bora Dagetkan etwa hat für die ARD die Vorabendserie „Türkisch für Anfänger“ entworfen. Die sorgte zwar nicht für tolle Quoten, laut Kritikern aber für Überraschung, Esprit und Witz. Dinge, die bei
ARD und ZDF nicht gerade im Überfluss vorhanden sind. Eine Zukunft hatte die Serie dennoch nicht.

Der Mann heißt Bora Dağtekin, und „Türkisch für Anfänger“ brachte es, trotz durchwachsener Quoten, immerhin auf drei Staffeln mit insgesamt 52 Folgen.

Die US-Erfolgsserien „Mad Men“ und „West Wing“ wurden gleich in den Spartenkanal ZDF neo verbannt.

„West Wing“ läuft nicht auf ZDFneo.

Als sich die Diskussion über die Haushaltsabgabe immer stärker zuspitzte, entschloss sich das ZDF zu einem in der Sendergeschichte einmaligen Experiment. Die Anstalt machte sich erstmals selbst zum Thema.

Das ZDF hat eine lange Tradition, sich selbst im Programm zum Thema zu machen. Es tat das zum Beispiel in Sendungen wie „Gespräch mit dem Intendanten“ (1963-1976) und „Wir stellen uns“ (1984-1992). Übrigens hat auch die ARD schon den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Kritik daran in einer Talkshow am Hauptabend zum Thema gemacht: Im Januar 2006 diskutierten bei „Hart aber fair“ unter anderem Privatfernsehlobbyist Jürgen Doetz und Henryk M. Broder mit Senderverantwortlichen über Kommerzialisierung, Schleichwerbung, Volksmusikwahn.

Samstag, 20.15 Uhr, beste Sendezeit im deutschen Fernsehen. Die ARD zeigt „Das Winterfest der fliegenden Stars“. Am kommenden Samstag sieht es ähnlich aus: Die ARD zeigt, wieder am Samstag, 20.15 Uhr, die Sendung „Servus, Hansi Hinterseer“. Beim ZDF heißt es am16. Februar, natürlich auch ein Samstag, 20.15 Uhr: „Willkommen bei Carmen Nebel“. Drei Sendungen, ein Programm. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen zeigt zur Primetime am Wochenende Volksmusik.

„Willkommen bei Carmen Nebel“ ist keine Volksmusiksendung. In der letzten Sendung traten auf: Eros Ramazzotti, Il Divo, Rolando Villazón, Unheilig, Pur, Andreas Gabalier, Chris de Burgh, Patricia Kaas, Peter Cornelius, Nik P., Linda Hesse, Wolfgang Trepper, Leo Rojas, Sir Roger Moore.

In der Rangliste der beliebtesten Fernsehformate kommt Volkstümliches laut Allensbach mit elf Prozent erst auf Rang 18 — noch hinter Daily Soaps und Talentshows. Nur eins boomt in dem Genre: die TV-Präsenz am Samstagabend.

Die Zahl der volkstümlichen Sendungen am Samstagabend geht zurück.

Hin und wieder zeigen sich die Sender einsichtig. Der MDR etwa hat kürzlich den Wernesgrüner Musikantenstadl eingestellt.

Die Sendung hieß „Wernesgrüner Musikantenschenke„. Ihre Einstellung hat übrigens zu zahlreichen Protesten von Politikern, Musikern und Zuschauern geführt.

Als das ZDF vor einiger Zeit moderner werden wollte, kündigte Programmdirektor Thomas Bellut an, weniger Volksmusik und stattdessen mehr Schlager zeigen zu wollen. Verbessert hat das die Lage nur unwesentlich.

Das ZDF hat in den vergangenen zehn Jahren „Weihnachten mit Marianne & Michael“ abgesetzt, „Liebesgrüße mit Marianne & Michael“, den „Grand-Prix der Volksmusik“, „Lustige Musikanten on Tour“ und „Das ZDF-Wunschkonzert der Volksmusik“. Es würde mich überraschen, wenn das „Handelsblatt“ auch nur eine Volksmusik-Sendung im ZDF benennen könnte.

Der Kabarettist Volker Pispers wagte, im öffentlich-rechtlichen WDR auszusprechen, was viele denken: „Von meinen GEZ-Gebühren dürfen keine Volksmusik-Sendungen finanziert werden.“

Ja, das wagte er. Aber vielleicht hätte die Berufsbezeichnung „Kabarettist“ den eifrigen Strohhalmklammerern des „Handelsblattes“ eine Warnung sein sollen. Der Kontext des Satzes von Pispers lautet nämlich so:

Was die unsachgemäße Verwendung Ihrer Gebühren angeht, möchte ich Sie an dieser Stelle einmal beruhigen. Ich selber lege großen Wert darauf, dass meine Honorare ausschließlich aus den Gebühren derjenigen Hörerinnen und Hörer bezahlt werden, die meine Beiträge mögen. Schließlich bin ich selber Gebührenzahler und fände es unerträglich, wenn von meinen Gebühren Sendungen oder Moderatoren bezahlt würden, die ich über Gebühr schrecklich finde. So habe ich zum Beispiel verfügt, dass von meinen GEZ-Gebühren keine Volksmusiksendungen finanziert werden dürfen. Auch die Honorare der Herren Reinhold Beckmann, Wolf-Dieter Poschmann und Peter Hahne dürfen unter gar keinen Umständen aus Geldern bestritten werden, die ich zwangsweise überwiesen habe.

Das habe ich der GEZ unmissverständlich klar gemacht. Natürlich kann die GEZ Ihre kostbaren Gebühren, liebe Hörerinnen und Hörer, nur dann korrekt verwenden, wenn in der dortigen Gebührenverteilungsstelle ihre persönlichen Vorlieben bzw. Abneigungen auch bekannt sind. Da reicht übrigens ein formloses Schreiben. Es ist zwar für die GEZ ein Riesenaufwand, die eingehenden Gebühren auf die verschiedenen Töpfe, aus denen bestimmte Sendungen nicht finanziert werden dürfen, zu verteilen. Aber das machen die da gerne. Genauso wie mein Finanzamt ohne mit der Wimper zu zucken zur Kenntnis genommen hat, dass ich nicht möchte, dass von meinen Steuergeldern die Diäten von Abgeordneten der FDP bzw. Polizeieinsätze bei Castor-Transporten oder Fußballspielen des FC Bayern München bezahlt werden.

Es immer schwierig mit der Ironie. Aber kann man wirklich so dumm sein, diese Sätze als Forderung zu verstehen, keine Volksmusik mehr mit den Rundfunkgebühren zu finanzieren, und nicht als Kritik an genau der Art von Ignoranz, wie sie das „Handelsblatt“ demonstriert?

Aber ja. Man muss nur dumm genug sein wollen.

Als sie kamen, um die Kekse zu holen…

Vielleicht überlegen Sie sich vorab schon mal, ob ihnen ein treffender Vergleich einfällt: Falls eine regionale niederländische Gebäck-Spezialität namens „Judenkuchen“ nicht mehr verkauft wird, dann ist das wie…?

Aber arbeiten wir uns zunächst an den Tatsachen ab. Der faktische Kern der Geschichte scheint der folgende zu sein: Der „Welt“-Autor Henryk M. Broder hat neulich am Amsterdamer Flughafen plötzlich keine „Jodekoeke“ (Judenkuchen) mehr bekommen. Er hat eine Verkäuferin gefragt, woran das liegt. Die konnte ihm das aber nicht sagen. Ende der Recherche.

Und Anfang einer weiteren Folge des Großen Fortsetzungsromans über den Fluch der „Political Correctness“. Denn an der, weiß Broder, muss es liegen. Die Niederländer würden nämlich gerade diskutieren, schreibt er in der „Welt“, ob sich ihre Regierung dafür entschuldigen sollte, dass die holländische Polizei den Nazis im Dritten Reich bei den Deportationen der Juden geholfen habe. Und deshalb (oder stattdessen, man weiß es nicht), wurde das Gebäck aus dem Flughafen entfernt, obwohl sich eigentlich niemand an dem merkwürdigen Namen gestört habe.

Bei den „Negerküssen“ zuvor sei es schon genauso gewesen (gut, vielleicht abgesehen davon, dass sich an dem Namen „Negerkuss“ durchaus Leute gestört haben, nicht zuletzt eben die so genannten „Neger“).

Broders Geschichte endet mit der für Judenkuchen-Freunde beruhigenden Information, dass die Judenkuchen gar nicht ganz abgeschafft oder gar verboten worden sind, sondern im normalen niederländischen Supermarkt weiter gekauft werden können. Das hat das Fachpersonal von „Welt Online“ nicht davon abgehalten, über Broders Stück zu schreiben:

POLITICAL CORRECTNESS

Erst der Negerkuss, jetzt der Judenkuchen

Jetzt also auch Holland im Griff der Political Correctness. Niemand beschwert sich drüber, aber plötzlich sind sie aus den Regalen verschwunden: die Judenkuchen.

Und damit sind wir am Ende des faktischen Teils und kehren zurück zur Eingangsfrage: Mal angenommen, die „Jodekoeke“ würden verschwinden. Was wäre dann ein guter Vergleich dafür?

Herr Broder wählte den folgenden:

Möglicherweisen erleiden die Judenkuchen nun das gleiche Schicksal wie die niederländischen Juden vor genau 70 Jahren, als etwa 110.000 der 140.000 jüdischen Einwohner des Königreichs deportiert wurden.

Ernst Elitz, ein Ausrufezeichen gegen Muslime

Ernst Elitz sieht nicht aus wie ein Hetzer, er wirkt nicht wie ein Provokateur oder ein Politclown wie Henryk M. Broder. Er kommt in der Rolle eines Elder Statesman daher. Wenn er mal wieder einen Kommentar für die „Bild“-Zeitung schreibt, macht das Blatt hinter seinen Namen ein Sternchen und erklärt: „Prof. Ernst Elitz ist Gründungsintendant des Deutschlandradios“.

Elitz schreibt ziemlich häufig Kommentare für die „Bild“-Zeitung. Manchmal wirkt es, als hätte er in seinem früheren Berufsleben, als Moderator des „heute journals“, als Chefredakteur des Süddeutschen Rundfunks, als Intendant des Deutschlandradios, nicht genügend Ausrufezeichen setzen dürfen und versuche jetzt, in Jahrzehnten Versäumtes in wenigen Monaten aufzuholen. Seine „Bild“-Kommentare tragen Überschriften wie „Helfen statt jammern!“, „Setzen, Sechs!“, „Sperren UND löschen!“, „4 deutsche Soldaten tot! Rückzug wäre Flucht!“, „Aufschwung!“, „Vom Fußball lernen!“, „Schützt die Opfer, nicht die Verbrecher!“, „Nicht am Sessel kleben!“, „Abregen, anpacken!“, „Mit Sarrazin fliegt die Wahrheit raus!“ und „Schäbig, Herr Sarkozy!“

Er hat, trotz der Jahrzehnte in öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, den „Bild“-Sound gut drauf, schafft es, dem berüchtigten Gesunden Menschenverstand und der dröhnend schweigenden Mehrheit eine Stimme zu geben und kann beim Wetteinrennen offener Türen mithalten. Er findet, „dass die Bekämpfung der Gewalt auf den Straßen“ wichtiger sein müsste als das „Abkassieren braver Bürger im Parkverbot“. Er wischt die Sorge um den Missbrauch von Zensurstrukturen, die vorgeblich dem Kampf gegen Kinderpornographie dienen sollen, mit dem Satz weg: „Wer das sagt, hat kein Herz.“ Er behauptet, es sei ein Menschenrecht, sich nicht davor fürchten zu müssen, vergewaltigt zu werden.

Elitz erledigt auch gerne Auftragsarbeiten, so dass der „Bild“-Chefredakteur nicht selbst schreiben muss, sondern es sich vom „Gündungsintendanten des Deutschlandradios“ bestätigen lassen kann: dass ein juristischer Sieg für „Bild“ nichts weniger ist als ein „Sieg für die Pressefreiheit“, dass die Griechenland-Hetze der „Bild“-Zeitung „keine Griechenland-Hetze“ ist, dass die sensationsheischende Abbildung Fotos verkohlter Opfer eines Flugzeugunglücks auf der „Bild“-Titelseite, die vom Presserat gerügt wurde, „akzeptabel“ sei. „Bild“ hat Elitz in den vergangenen Jahren sieben Mal zum „Gewinner“ des Tages gekürt.

Mir ist schon der sich als kluge Analyse tarnende biedere Populismus von Elitz suspekt. Aber dahinter steckt auch eine gefährliche Radikalität, besonders beim Thema Integration. Über die SPD schrieb er: „Wenn Sarrazin rausfliegt, fliegt die Wahrheit aus der Partei. Dann ist die SPD keine Volkspartei mehr.“ Und:

Die SPD will die Partei der kleinen Leute sein. Die leben nicht in feinen Vierteln. Die haben Angst vor kriminellen Araber-Banden, vor Pöbeleien: „Scheiß Deutscher!“ Sie wollen nicht, dass Ausländerkinder mit Drogen dealen und die Eltern Hartz IV kassieren.

Das ist womöglich alles richtig und dennoch gefährlicher Unsinn. Haben die „kleinen Leute“ weniger Angst vor kriminellen Deutschen-Banden? Wollen sie, dass die Ausländerkinder das Drogendealen und die Ausländereltern das Sozialschmarotzen den Deutschen überlassen?

Oder kann es sein, dass der „Gründungsintendant des Deutschlandradios“ tatsächlich nicht einmal sehr subtil suggeriert, dass es ohne Ausländer keine Banden-, Drogen-, Sozialmissbrauch-Probleme gebe?

(Im nächsten Absatz schreibt Elitz: „Millionen Ausländer wollen, dass ihre Kinder gutes Deutsch und kein Multikulti-Kauderwelsch in den Schulen lernen. Sie wollen einen Staat, der nicht von Frechen und Faulen ausgenutzt wird. Das hat Sarrazin ausgesprochen.“ Das hat Sarrazin ausgesprochen? Wirklich?)

Eine Woche zuvor hatte Elitz in „Bild“ über Sarrazin schon geschrieben, er sage „unverblümt viele Wahrheiten“ über Deutschland, und diese „Wahrheiten“ so zusammengefasst: „Zu viele Kopftücher, zu viel Hartz IV, zu wenig Leistung.“ Er fügte hinzu: „Wer hier lebt, muss Zwangsheiraten ächten und muslimischen Männern und Frauen in Familie und Moschee die gleichen Rechte zugestehen.“ — Katholischen Männern und Frauen in der katholischen Kirche die gleichen Rechte zuzugestehen, ist offensichtlich optional.

Heute nun betätigt er sich an gleicher Stelle noch einmal als Türsteher Deutschlands. Er schreibt:

Rund vier Millionen Muslime leben bei uns. Aber zwischen „hier sein“ und wirklich „dazugehören“ klafft ein Unterschied — himmelweit.

Nun gehören zum „Dazugehören“ eigentlich immer zwei Seiten. Jemanden, der dazugehören will, und andere, die ihn dazugehören lassen. Bei Elitz geht es aber nur um eine Seite:

Den Frieden schändet, wer Hassvideos verteilt und zum Heiligen Krieg aufruft.

Wer das tut, verletzt das Vertrauen zwischen Deutschen und ihren muslimischen Nachbarn, die das Grundgesetz achten und die dazugehören.

Das ist eine verräterische Formulierung: Dass die muslimischen Nachbarn auch Deutsche sind oder sein können, ist nicht vorgesehen. (Elitz ist damit nicht allein. Ein früherer Kollege, der MDR-Intendant Udo Reiter, hat seine eigene bestürzende Beschränktheit zu demselben Thema gerade erst eindrucksvoll demonstriert.)

Das ist aber auch eine ungewöhnliche Formulierung: Ein militanter Islamist verletzt das Vertrauen zwischen Deutschen und braven Moslems? Was bedeutet das? Dass ich mir Sorgen mache um den türkischen Gemüsehändler an der Ecke, wenn sich irgendwelche Terroristen auf den Islam berufen? Dass man es den „Deutschen“ nicht vorwerfen kann, wenn sie pauschal jedem Moslem misstrauen, auch dem scheinbar netten Nachbarn, weil es ja auch Moslems sind, die die unsere Kultur mit Gewalt vernichten wollen? Das ist ja praktisch.

Elitz fordert:

Integration braucht nicht nur feierliche, sondern auch deutliche Worte:

Wer in deutschen Moscheen betet, muss sich für den Bau christlicher Kirchen auch dort einsetzen, wo bisher nur Minarette erlaubt sind. Wer den Koran in der U-Bahn liest, muss dafür kämpfen, dass in islamischen Staaten der Verkauf von Bibeln und der Übertritt zum christlichen Glauben erlaubt wird.

Das verlangt schon die Fairness.

Das ist die Hürde, die der Gründungsintendant des Deutschlandradios aufbaut, damit ein Ausländer oder ein Moslem „bei uns dazugehören“ darf. Es reicht nicht, dass er selbst tolerant ist, er muss auch dafür sorgen, dass andere tolerant sind. Elitz gewährt das Recht, in einer deutschen Moschee zu beten, nicht einfach so. Er verbindet es mit einer Pflicht. Nicht einmal in der U-Bahn im Koran lesen darf jeder in dem Land, das Elitz als sein Land begreift, und das Ärgerlichste daran ist, dass er sich mit den Bedingungen, die er zum öffentlichen Koran-Lesern aufstellt, auch noch ausdrücklich als Verteidiger des Grundgesetzes geriert.

Es genügt Elitz nicht, wenn ein Moslem vielleicht die religiöse Freiheit, die in diesem Land herrscht und durch das Grundgesetz garantiert wird, zu schätzen lernt, gerade auch als Kontrast zum Fehlen dieser Freiheit in islamischen Ländern. Er fordert von diesem Moslem auch noch, in einem anderen Land zu kämpfen — dass dieses andere Land womöglich für ihn ein fremdes Land ist, weil er zwar Moslem ist, aber hier geboren, Deutscher gar, das kommt Elitz natürlich nicht in den Sinn. Moslems sind für ihn Ausländer.

Und das alles unter dem Banner der „Integration“: Die Menschen sollen sich hier integrieren (und das bedeutet konsequenterweise auch: sich als Deutsche fühlen), indem sie für den gesellschaftlichen Fortschritt in anderen Ländern sorgen?

„Das verlangt schon die Fairness“, schreibt Elitz. Das ist eine Variante von Broders Forderung, bestimmte Rechte für Muslime bei uns auszusetzen, bis sie in moslemischen Ländern für Nicht-Muslime gelten: Moscheen dürfen hier („bei uns“) erst dann gebaut werden, wenn in der Türkei, Ägypten und Pakistan Kirchen gebaut werden dürfen. Claudius Seidl hat das eine „Selbsterniedrigung aufs Niveau orientalischer Verhältnisse“ und einen „Rassismus, der sich seiner selbst nur nicht bewusst ist“ genannt.

Aber bei Broder ist es in seiner Plakativität wenigstens eine Pointe und im Zweifel, wer weiß es, nicht wörtlich, sondern nur als Denkanstoß gedacht. Bei Elitz, dem Gründungsintendanten des Deutschlandradios, wird daraus eine Forderung an jeden einzelnen praktizierenden Moslem in Deutschland — und eine Ausgrenzung unter dem Mantel vorgeblich angestrebter Integration.

Wie ich in den „Spiegel“ kam

Ich stand am Donnerstag voriger Woche gerade im Nieselregen in der Hamburger Fußgängerzone, als mich Martin U. Müller vom „Spiegel“ auf dem Handy erreichte. Nach ein bisschen Small Talk wechselte er den Tonfall und klang plötzlich, als müsse er etwas sehr Unangenehmes mit mir besprechen. Ihm sei da nämlich eine Information zugespielt worden.

Es stellte sich heraus, dass es nicht um die Sache mit den Schafen im Keller und den missglückten Sex-Experimenten ging, sondern bloß um einen Beitrag, den ich für das Online-Magazin screen.tv geschrieben habe, das die Sendergruppe ProSiebenSat.1 herausgibt. Müller konfrontierte mich mit der Beobachtung, dass ich da sogar im Impressum stünde und wollte wissen: Ob ich kein Problem damit hätte, für ein Unternehmen zu arbeiten, das sonst Gegenstand meiner Berichterstattung sei. Ob ich in Zukunft regelmäßig für die arbeiten würde. Ob die Bezahlung im üblichen Rahmen gewesen sei oder es sich um einen dieser sagenumwobenen Aufträge handele, für die man ein halbes Reihenhaus bekomme. Ob mir bekannt sei, dass der Berufsverband Freischreiber, bei dem ich ja Mitglied sei, eine strikte Trennung von Journalismus und PR-Arbeit fordere.

Ich versuchte, dem „Spiegel“-Redakteur zu erklären, dass es sich nicht um PR handelt, sondern einen journalistischen Artikel, den ich ohne jede Einflussnahme oder inhaltliche Vorgabe geschrieben habe. Bei screen.tv handelt es sich nicht um eine Werbebroschüre, sondern ein journalistisches Magazin, das nur insofern möglicherweise PR für ProSiebenSat.1 darstellt, als damit vielleicht die Hoffnung auf einen Imagegewinn verbunden ist: Dass ein solches Unternehmen es sich in solchen Zeiten leistet, Geld für ein solches Magazin auszugeben.

Ich versuchte den Verdacht, dass ich hier PR für ProSiebenSat.1 betreibe, noch dadurch zu entkräften, dass ich ihn darauf hinwies, dass deren Töchter in meinem Stück keineswegs gut wegkommen, woraufhin er fragte, ob ich das extra gemacht hätte, quasi als Demonstration der Unabhängigkeit, und ich erwiderte: Nein, einfach weil die Streaming-Angebote der Gruppe so schlecht sind. Es war ein anstrengendes Gespräch, was sicher auch daran lag, dass ich nicht verstand, was er mir eigentlich vorwarf, und noch weniger, was daran ein Thema für den „Spiegel“ sein könnte.

Medienjournalismus. Schon das Wort belustigt Begriffsstutze wie Henryk M. Broder, weil sie so tun, als wäre es analog zu Zeitungs-, Fernseh- und Onlinejournalismus gebildet und stelle also eigentlich einen Pleonasmus dar. Dabei steht es in einer Reihe mit Sport-, Politik- oder Wirtschaftsjournalismus; der erste Wortteil bezeichnet nicht das Medium, sondern seinen Gegenstand.

Doch die scheinbare Doppeldeutigkeit des Wortes zeigt auch das Spezielle an der Arbeit als Medienjournalist, das Dilemma beim Schreiben in den Medien über die Medien. Fast jeder Text ist zwangsläufig ein Text über ehemalige oder potentielle zukünftige Auftrag- oder Arbeitgeber, über direkte Kollegen oder Konkurrenten. Fast jeder medienjournalistische Text steht somit unter dem Generalverdacht einer Interessenskollision, eines Kalküls jenseits journalistischer Kriterien.

Ich nehme an, dass diese Situation auch den Medienjournalisten beim „Spiegel“ nicht fremd ist. Was ihnen aber offenbar fremd ist: Dass ein journalistisches Leben außerhalb der „Spiegel“-Redaktion existiert. Dass es Journalisten gibt, sogar Medienjournalisten, die nicht angestellte Redakteure sind, mit festem Gehalt und Einbindung in eine Hierarchie, sondern frei arbeiten, und das sogar freiwillig, nicht aus Not. Und dass diese Freiheit auch eine Form von Unabhängigkeit ist.

Als freier Journalist arbeite ich für verschiedene Auftraggeber. Die Auftraggeber sind Medienunternehmen. Medienunternehmen sind Gegenstand meiner Berichterstattung. Fast jeder Text ist insofern angreifbar, und dagegen hilft nur eines: der Beweis der Unabhängigkeit in der täglichen Arbeit.

Und damit sind wir wieder beim „Spiegel“, der tatsächlich Platz fand in seiner Ausgabe vom vergangenen Montag für ein Stück über mich und meinen Artikel im von ihm anonymisierten „Online-Magazin der ProSiebenSat.1 AG“. Der „Spiegel“ wirft mir nicht vor, einen bestellten PR-Text für ProSiebenSat.1 geschrieben zu haben. Er findet ausdrücklich, dass mein Text sich „nicht wie eine Eloge auf die Sendergruppe“ lese. Warum es sonst verwerflich ist, als Medienjournalist für ein journalistisches Magazin zu schreiben, wenn es nicht von einem Verlag, sondern einem Fernsehsender herausgegeben wird, lässt der „Spiegel“ offen. Martin U. Müller raunt nur, ich nähme es „offenbar nicht ganz so genau, was die Distanz zum Gegenstand [meiner] Berichterstattung betrifft“.

„Kritiker in der Kritik“ steht übrigens als Überschrift über der „Spiegel“-Meldung, und das ist einerseits natürlich ein alter Journalisten-Trick, sich quasi unsichtbar zu machen, aber die Wirkung des eigenen Tuns vorwegzunehmen. Der Kommentator dot tilde dot beschreibt den Effekt so:

interessant an dieser kritik ist, dass sie nur „ist“ und gar nicht stattfindet – außer im spiegel-artikel, der über die kritik berichtet. die aber gar nicht stattfindet, außer im spiegel-artikel, der über sie berichtet. obwohl sie nicht stattfindet.

(mir wird schwindelig. ich habe das gefühl, abschweifen zu müssen, um beim thema zu bleiben.)

Andererseits gab es die „Kritik“ aber tatsächlich schon vor dem Artikel, und das ist womöglich die interessantere Geschichte als die Frage, warum der „Spiegel“ mich kritisiert. Martin U. Müller ist nämlich nicht über die offizielle Pressemitteilung auf meine Mitwirkung an dem Magazin aufmerksam geworden, oder über Google oder Turi2, sondern über eine anonyme Mail. Der Absender hat sie in ähnlicher Form auch als Kommentar an verschiedenen Orten abgegeben, unter anderem hier im Blog unter dem Namen „finanzbeamter“:

Seit Februar2009 gab es für Herrn Niggemeier im Bereich Call TV nichts mehr über 9live zu berichten.Dafür engagiert er sich aber gerne für die Unternehmenskommunikation der Gesellschafterin, zusammen mit seinem Spezi Peer Schader. Wenn das mal kein Gschmäckle hat.

Ich kenne den Absender nicht, der allem Anschein nach auch schon unter anderem Namen hier kommentiert hat; offenkundig ist aber, dass er aus dem Umfeld der Call-TV-Branche und ihrer besonders schwarzen Schafe kommt. Dieselbe E-Mail-Adresse wurde auch schon benutzt, um als Drohungen zu verstehende Nachrichten an Kritiker des dubiosen Treibens von Call-TV-Firmen wie Primavera.TV verschickt.

Dieser Unbekannte hatte also Lust, mir ein bisschen Ärger zu machen – und fand ausgerechnet beim „Spiegel“ tatsächlich ein offenes Ohr. Die lustige Verschwörungstheorie, wonach ich (wenn ich das richtig verstehe) von ProSiebenSat.1 gekauft worden sei und deshalb nicht mehr kritisch über 9live berichte, hat zwar explizit dann doch keinen Weg in den „Spiegel“ gefunden. Aber Martin U. Müller konfrontierte mich im Telefongespräch tatsächlich auch mit diesem Vorwurf.

Und das, obwohl der nicht einmal einer schlichten Überprüfung der Fakten standhält: Ich habe noch im August 2009 über 9live berichtet. (Kann natürlich sein, dass ich erst danach gekauft wurde.)

Das ist das einzig wirklich Ärgerliche an meinem unfreiwilligen Gastauftritt im „Spiegel“: Dass das Nachrichtenmagazin sich beim Versuch, mich ein bisschen zu ärgern, zum Erfüllungsgehilfen irgendeines dubiosen Dunkelmanns gemacht hat, der gerade versucht, Call-TV-Kritiker einzuschüchtern.

Über Abmahnungen

Ich warte auf den Tag, an dem mich jemand verklagt, weil ich ihn klagefreudig genannt habe.

· · ·

Der bekannte Berliner Medienanwalt Christian Schertz möchte nicht mit dem verstorbenen Münchner Rechtsanwalt Günter Werner Freiherr von Gravenreuth verglichen werden. Er meint, dass der Vergleich mit dem als Betrüger verurteilten und für seine umstrittenen Abmahnungen berüchtigten Gravenreuth abwegig ist — das finde ich auch. Und er meint, dass dieser Vergleich deshalb unzulässig ist — das finde ich nicht.

Woher kommt der Gedanke, dass man Dinge, die einem nicht gefallen, mit der Hilfe von Anwälten und Gerichten aus der Welt schaffen lassen kann? Wenn das nicht mit Meinungsfreiheit gemeint ist: dass Leute frei finden und sagen können, an wen ich sie erinnere, egal wie ungerecht mir das erscheinen oder wie unvorteilhaft das für mich sein mag — was denn dann?

Schertz, der sich gerne als Kämpfer für das Gute stilisiert und als Rechtsberater unter anderem die Freiheit der ARD verteidigt hat, einen plumpen Anti-Scientology-Film auszustrahlen, hat in eigener Sache eine besondere Vorstellung von den Grenzen der Meinungsfreiheit. Er hat seinen Dauerfeind, den Gerichtsreporter Rolf Schälike, wegen verschiedener Kommentare hier im Blog abmahnen lassen. Es geht dabei nicht nur um (möglicherweise falsche) Tatsachenbehauptungen. Schälike hatte u.a. kommentiert:

Beide Anwälte [Schertz und Gravenreuth]- der eine post mortal, der andere heute noch – haben einen nachvollziehbaren Grund von der Rechtsprechung enttäuscht zu sein.

Schertz‘ Anwalt forderte deshalb eine Unterlassungserklärung von Schälike:

In diesem Beitrag setzen Sie unseren Mandanten und sein rechtliches Vorgehen mit den Methoden und dem Vorgehen des verstorbenen Rechtsanwalts von Gravenreuth dar [sic]. Dies muss mein Mandant nicht hinnehmen.

Schälike hat mich aufgrund des rechtlichen Vorgehens von Schertz gegen ihn gebeten, alle seine Kommentare unter den entsprechenden Einträgen zu löschen. Doch das ist nicht nur eine Privatfehde. Schertz meint es auch von anderen nicht hinnehmen zu können oder zu müssen, mit Gravenreuth verglichen zu werden.

· · ·

Ich hatte in den vergangenen Wochen mehrfach wieder Kontakt zu dem Anwalt von Stephan Mayerbacher, einem Geschäftsmann aus der Call-TV-Branche, der bereits mehrfach juristisch gegen mich vorgegangen ist. Diesmal bekam ich keine Abmahnungen, sondern wurde „im Guten“ auf Kommentare in diesem Blog hingewiesen, die Herr Mayerbacher für unzulässig hält.

Unter anderem wurde ich aufgefordert, den von einem Kommentator geäußerten Verdacht zu löschen, „Herr Mayerbacher durchsuche Internetforen und -blogs nach abmahnfähigen Beiträgen“, denn das sei unwahr.

Man kann das für eine Form von Ironie halten, wenn jemand seinen Anwalt damit beauftragt, den Betreiber eines Blogs darauf hinzuweisen, dass die Behauptung, er durchsuche Blogs nach abmahnfähigen Beiträgen, abmahnfähig ist. Es ist nur nicht so witzig, so lange man davon ausgehen muss, dass das Hamburger Landgericht darüber nicht lachen kann, sondern im Zweifel einen Beweis dafür will, dass Herr Mayerbacher tatsächlich Blogs und Foren durchsucht und sie nicht vielleicht durchsuchen lässt oder, ganz ohne Suche, zufällig immer wieder auf diese abmahnfähigen Beiträge stößt. Weil ich tatsächlich nicht weiß, was Herr Mayerbacher so in seiner Freizeit macht (aktuell weiß ich nicht einmal, was er beruflich macht), habe ich den entsprechenden Kommentar gelöscht.

Der Anwalt hatte mich auch gebeten, einen Kommentar zu löschen, in dem jemand schreibt, dass Mayerbacher seinen Sitz im Verwaltungsrat des Schweizer Fernsehsenders Star TV „abgegeben hat bzw. abgeben durfte“. Die Formulierung suggeriere, Mayerbacher habe seine Verwaltungsratstätigkeit unfreiwillig aufgegeben, was unwahr sei. Das tut sie meiner Meinung nach nicht, weshalb ich den Kommentar nicht gelöscht habe. Wenn selbst eine solche Formulierung nicht erlaubt wäre, eine bloße Umschreibung des „keine Ahnung, warum der gegangen ist, ob’s freiwillig war?“ schon unzulässig wäre, könnten wir’s wirklich gleich lassen mit der Meinungsfreiheit.

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Mayerbachers Anwalt sieht in ein paar kryptischen Beiträgen tief in den Kommentarspalten dieses Blogs ein „Kesseltreiben“ gegen seinen Mandanten, das der sich nicht gefallen lassen müsse. Und er fügte den bemerkenswerten Satz hinzu: „Ich sehe auch nicht, worin der Wert für Ihren Blog liegen soll.“

Diese Leute — nicht nur dieser Anwalt oder sein Mandant, sondern viele andere — haben das elementare Prinzip der Meinungsfreiheit nicht verstanden. Sie haben nicht verstanden, dass sie ein Wert an sich ist. Dass sie auch Beiträge schützt, die nach irgendwelchen subjektiven oder objektiven Maßstäben wertlos sind. Artikel 5, Absatz 1, Satz 1 des Grundgesetzes lautet nicht: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten, solange es sich um ein wichtiges Thema handelt und ein Interesse der Öffentlichkeit an dieser Meinung besteht.“

Man kann diesen Leuten das Missverständnis nicht einmal verübeln, denn die Hamburger und Berliner Gerichte, vor die sie in einer langen Karawane ziehen, um ihre vermeintlichen oder tatsächlichen Ansprüche durchzusetzen, sind dem gleichen Missverständnis erlegen. Seit einigen Wochen haben sie das sogar schwarz auf weiß, formuliert vom Bundesverfassungsgericht. Es erklärte den Berliner Richtern, dass das Persönlichkeitsrecht eines Menschen

seinem Träger keinen Anspruch darauf vermittelt, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es ihm selbst genehm ist (…).

Das Bundesverfassungsgericht fürchtete,

dass die Gerichte den Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG grundlegend verkannt haben. Zwar handelt es sich bei dem — hier als gering erachteten — öffentlichen Informationsinteresse um einen wesentlichen Abwägungsfaktor in Fällen einer Kollision der grundrechtlich geschützten Äußerungsinteressen einerseits und der Persönlichkeitsbelange des von der Äußerung Betroffenen andererseits. Dies bedeutet aber nicht, dass die Meinungsfreiheit nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt wäre und von dem Grundrechtsträger nur gleichsam treuhänderisch für das demokratisch verfasste Gemeinwesen ausgeübt würde.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte schließlich,

dass die Äußerung wahrer Tatsachen, zumal solcher aus dem Bereich der Sozialsphäre, regelmäßig hingenommen werden muss.

Adressat dieser Grundrechts-Nachhilfe waren formal die Berliner Gerichte, de facto aber auch Christian Schertz, der ursprünglich geklagt und zunächst gewonnen hatte. Auf der langen Liste von Dingen, die er glaubt, trotz Meinungsfreiheit nicht hinnehmen zu müssen, steht nämlich auch das wahrheitsgemäße Zitieren aus einer E-Mail, die er als Antwort auf eine bissige Presseanfrage geschrieben hatte und in der er — wie es seine Art ist — gleich wieder mit juristischen Konsequenzen drohte.

· · ·

Nun ist es eine schöne Sache, dass die obersten deutschen Gerichte der systematischen Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit durch die Hamburger und Berliner Pressekammern zunehmend widersprechen. Aber der Weg zu diesen obersten Gerichten ist weit und teuer.

Ende vergangenen Jahres hat Stephan Mayerbacher beim Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen mich erwirkt, die mir praktisch untersagt, eine Verbindung herzustellen zwischen ihm und Vorwürfen, die gegen bestimmte Firmen erhoben werden, für die er in verschiedenen Formen gearbeitet hat. Es bestand aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofes zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ich diese Auseinandersetzung in letzter Instanz gewinnen könnte. Aber in der ersten und zweiten Instanz in Hamburg waren meine Aussichten gleich null, so dass ich auf den langen, teuren Rechtsstreit (mit natürlich ungewissem Ausgang) verzichtet, den Blogeintrag gelöscht, die einstweilige Verfügung akzeptiert und die Anwalts- und Gerichtskosten von deutlich über 2000 Euro gezahlt habe.

Am ärgerlichsten daran ist, dass das jeden Kommentar zu dem Thema in meinem Blog oder jede künftige Berichterstattung von mir über Mayerbachers Geschäfte äußerst heikel macht. Nicht ohne Grund hängt sein Anwalt an die Mails, die er mir „im Guten“ schickt, immer mal wieder das PDF mit der einstweiligen Verfügung.

· · ·

Nun gibt es sicherlich schwerwiegendere Fälle als die hier genannten, in denen irgendwelche mächtigen oder jedenfalls finanzkräftigen Gruppen oder Unternehmen versuchen, Berichterstattung über sich zu verhindern. Aber gerade die Alltäglichkeit, die Abmahnungen und einstweilige Verfügungen geworden sind, finde ich beunruhigend.

Für erstaunlich viele Menschen, Gruppen und Unternehmen scheint es ganz normaler Bestandteil des Repertoires einer Auseinandersetzung zu sein, anderen ihre Äußerungen zu verbieten. Das ist nicht nur ein juristisches Problem, sondern auch ein gesellschaftliches und kulturelles.

Ein Beispiel.

Vor kurzem beklagte sich Alexander Görlach in seinem konservativen Online-Magazin „The European“, dass der neue Chefredakteur Michael Naumann das konservative Print-Magazin „Cicero“ nach links rücken wolle. Görlach war früher selbst bei „Cicero“ und schien sehr, sehr aufgeregt über das, was da bei seinem alten Blatt passierte, das offenbar — unbemerkt von der Öffentlichkeit — bislang eines der erfolgreichsten und wichtigsten Medien der Republik war. Die „Cicero“-Mitarbeiter flüchteten massenhaft vor Naumann und seinen linken Meinungsdiktaten, hyperventilierte Görlach: „Cicero ist erledigt.“ Außerdem habe Naumann einen Dienstwagen erwartet, aber keinen bekommen, was sicher irgendwas beweisen sollte.

Naumann antwortete, dass das „alles Quatsch“ sei, sponn, dass das ein „schlechtes Licht auf den Online-Journalismus“ werfe, und widersprach auch der Sache mit dem Dienstwagen. Aber er beließ es nicht dabei. Er schickte über seinen Anwalt auch eine teure Abmahnung. Der „Berliner Zeitung“ erklärte er: „Geht man gegen solche Artikel nicht juristisch vor, bleiben sie ewig an einem hängen.“

Was für ein Irrsinn. Der Artikel auf „The European“ ist zwar jetzt gelöscht. Aber die Zitate aus ihm in den Fachmedien wirken nun viel überzeugender als in ihrem ursprünglichen, von merkwürdiger persönlicher Gekränktheit durchweichten Gesamttext. Glaubt Naumann wirklich, dass die Menschen nun seiner Version der Dinge glauben, weil Görlach eine Unterlassungserklärung unterzeichnet hat? Hat Görlach das getan, weil er eingesehen hat, dass Fakten falsch waren, oder doch nur, weil er eine noch kostspieligere Auseinandersetzung vor Gericht vermeiden wollte?

Naumann glaubt womöglich, dass er den Anwalt einschalten musste, um zu beweisen, dass die Behauptungen wirklich falsch sind. Als würden Anwälte nicht gerade dann gerne eingeschaltet, wenn Behauptungen wahr sind.

Vielleicht wollte er aber auch nur das gute Gefühl haben, jemandem gezeigt zu haben, wo der Hammer hängt. Das ist als psychologisches Moment sicher nicht zu unterschätzen, diese Genugtuung, dass jemand einem schwarz auf weiß gibt, etwas nicht mehr behaupten zu wollen — und dafür sogar Geld zahlen muss.

Zu einer gerichtlichen Entscheidung kam es in diesem Fall gar nicht mehr, weil Görlach die geforderte Unterlassungserklärung abgab. Aber auch die hätte vermutlich keine Klarheit in der Sache gebracht. Natürlich lässt sich so eine einstweilige Verfügung gut verkaufen. Und womöglich gibt es sogar noch zwei, drei Ahnungslose, die glauben, einer solchen Entscheidung läge eine Art Beweisaufnahme zugrunde, in der die Richter gründlich prüfen, womöglich noch Zeugen anhören und dann quasi ein fundiertes, offizielles Urteil darüber abgeben, welche Version der Wahrheit die richtige ist. (So ist es nicht.)

Es ist traurig, das einem alternden Publizisten wie Naumann erklären zu müssen, aber es gibt etwas, das viel überzeugender ist als die (Fehl-)Urteile komischer Richter: Argumente.

Mir will nicht in den Kopf, warum ausgerechnet Journalisten und Medien, die selbst beste Möglichkeiten haben, ihre Widersprüche zur Darstellung anderer zu veröffentlichen, falsche Tatsachenbehauptungen gerade zu rücken und ungerechtfertigte Unterstellungen zu entkräften, glauben, sie müssten zu einem Gericht rennen. Selbst ein Henryk M. Broder, der ein gewaltiges Arsenal sprachlicher Waffen und Knallkörper zur Verfügung hat und auf sein Recht pocht, davon ohne Rücksicht auf Verluste Gebrauch zu machen, hat keine Hemmungen, anderen mit Hilfe von Anwälten und Richtern den Mund verbieten zu wollen.

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Angenommen, jemand schreibt, „der Niggemeier ist schlimmer als Hitler“. Bestimmt müsste ich das nicht hinnehmen. Aber warum sollte ich dagegen vorgehen? Spricht angesichts eines solchen Vergleichs nicht alles dafür, darauf zu vertrauen, dass auch andere Leute ihn für abwegig halten — und der Vergleich nicht mir schadet, sondern demjenigen, der ihn macht?

Wenn es völlig abwegig ist, die Anwälte Schertz und Gravenreuth miteinander zu vergleichen, muss Schertz nicht dagegen vorgehen. Dadurch, dass er es doch tut, demonstriert er paradoxerweise nicht nur seine Macht, sondern auch fehlendes Selbstbewusstsein. Er könnte den Vergleich sonst einfach aushalten. Oder glaubt er ernsthaft, dass er, sobald er erfolgreich jeden dieser Vergleiche aus dem Internet geklagt hat, von niemandem mehr für so ähnlich wie Gravenreuth gehalten wird? Dass sich Meinungen genauso verbieten lassen wie Meinungsäußerungen? (Ganz abgesehen natürlich von dem schönen Paradoxon, dass er mit jeder dieser Klagen dem Mann ähnlicher scheint, dem er nicht ähnlich sein will.)

Was genau hat sich jemand wie der DFB-Chef Theo Zwanziger davon erhofft, Jens Weinreich zu verklagen, weil der ihn in einem konkreten Zusammenhang als „Demagogen“ bezeichnet hat? Glaubt er, dass seine Kritiker ihn nicht mehr für einen „Demagogen“ halten würden, wenn er ihnen verbietet, ihn öffentlich so zu nennen?

Natürlich schadet es einer Debatte, wenn sie Grenzen überschreitet, wenn Beleidigungen oder Verleumdungen überhand nehmen. Aber im Moment sehe ich unser Diskussionskultur nicht von den Auswüchsen falsch verstandener Meinungsfreiheit bedroht, sondern von den Exzessen einer ausartenden Abmahnunkultur. Im Zweifel ist mir eine Welt lieber, in der zuviel herumkrakeelt wird, als eine, in der jeder damit rechnen muss, dass ihn jedes falsche Wort (und viele wahre) viel Geld kostet.

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Natürlich gibt es Fälle, in denen es legitim ist oder sogar notwendig sein kann, Veröffentlichungen verbieten zu lassen (und es haben nicht einmal alle dieser Fälle mit der „Bild“-Zeitung zu tun). Aber müsste das in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht das letzte Mittel sein? Eine drastische Maßnahme für besonders drastische Fälle — anstatt ein Routinewerkzeug in jeder Auseinandersetzung? Es ist völlig das Bewusstsein dafür abhanden gekommen, was für ein einschneidender Schritt das ist: jemandem zu verbieten, etwas zu sagen.

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Vielleicht ist das bei Leuten wie Christian Schertz auch eine berufliche Deformation. Der Anwalt käme gar nicht mehr auf den Gedanken, dass er einer falschen oder irreführenden Aussage einfach widersprechen und damit Menschen überzeugen könnte. Er lässt sie löschen. Sie muss verschwinden, als hätte es sie nie gegeben.

Es geht diesen Leuten nicht mehr darum, sich Gehör zu verschaffen. Es geht ihnen darum, die anderen zum Schweigen zu bringen.

Das ist eine nachvollziehbare Vorgehensweise bei dubiosen Geschäftemachern, deren Abzockmodelle von jeder öffentlichen Debatte über ihre Hintergründe und Funktionsweisen bedroht sind. Für alle anderen müsste sie sich verbieten.

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Durch den Gang zum Anwalt und zum Gericht wird aus einer Auseinandersetzung um Wahrheit zu einer, in der regelmäßig nicht derjenige gewinnt, der Recht hat, sondern der sich die Auseinandersetzung leisten kann. Der Mächtige gewinnt.

Mich hätte sehr interessiert, wie Springer oder die „Welt“ ihre Abmahnung gegen BILDblog neulich öffentlich begründet hätten. Der Kampf um die Wahrheit oder das Recht auf eine korrekte Darstellung kann es ja nicht sein, dafür hätte es ein Anruf oder eine E-Mail getan. Natürlich war das eine reine Machtdemonstration.

Und so wunderbar es ist, dass unsere Leser uns in einem solchen Maß unterstützt haben, dass uns auch vor weiteren Machtdemonstrationen erst einmal nicht bange sein muss, und so sehr ich mich freue, dass auch Stefan Aigner von regensburg-digital.de für seinen Kampf gegen das Bistum Regensburg viele Tausend Euro bekommen hat — das kann es doch auf Dauer nicht sein, dass die Blogger und ihre Fans und Leser diesen Wahn auch noch selbst finanzieren.

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Dieser Text hat keinen Schluss. Das liegt daran, dass er in den nächsten Tagen weiter geht.

Kurz verlinkt (40)

Julia Franck, die geschätzte Familienschriftstellerin (Buchpreis 2007), sitzt in einem anderen Clip auf einem roten Sessel in stilvoll abgedunkeltem Ambiente neben einem Blumenstrauß und hebt mit einer teedamenhaften Süße […] an: „Also, es gibt Menschen, die können etwas mit Gedichten anfangen, und es gibt Menschen, die können das nicht.“

Wobei sie Gedichte so dunkel-ernst spricht, dass es beinahe wie „Gedüchte“ klingt, wie eine Sache also, deren Nichtverstehen einen in eine niedrigere Klasse der Menschheit katapultiert.

„Herrn Steinmeier habe ich von Anfang an zu den Ersten gezählt“, fährt Frau Franck fort. „Aus einem ganz einfachen Grund, es gibt“, und hier gluckst sie zart wissend, „Menschen, die müssen in einer ungeheuren Geschwindigkeit sehr genau wahrnehmen, müssen Entscheidungen treffen, und jenseits von diesen funktionalen Entscheidungen müssen sie genießen können, sie müssen so etwas wie irrationale Welt und Sinnlichkeit begreifen können.“

Klar, dass uns da Frank-Walter Steinmeier als Erstes einfällt!

Gustav Seibt in der „Süddeutschen Zeitung“ über die Seite„Steinmeier wird Kanzler“ mit unglaublichen Auftritten von Moritz Rinke, Julia Franck und anderen. [via Altpapier]

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haben sie noch alle maultaschen in der pfanne? […] im übrigen ist es meine aufgabe, ihre absichten zu hinterfragen und nicht umgekehrt. ich nehme zu ihren gunsten an, dass sie noch nicht lange genug OB sind, um sich an diese art der arbeitsteilung gewöhnt zu haben. […] das letzte mal hab ich so ein verhalten vor über 20 jahren erlebt, anlässlich eines besuches beim schriftstellerverband der ddr, als uns hermann kant erklärte, was er gefragt werden möchte. f.j. strauss hat sich ab und zu ebenso benommen, weswegen er von ralph giordano als „zwangsdemokrat“ bezeichnet wurde. das trifft auch auf sie zu. […] sie sind nicht nur ein eingebildeter jude, sie sind auch ein ignorant, der sich von fakten nicht beirren lässt. und sie sind ein jammerlappen. […] die sache hat auch zwei schöne aspekte. der erste ist: sie haben den höhepunkt ihrer inkompetenz überschritten. von nun an geht es bergab. der zweite: sie stecken in tübingen fest, ich fahre durch vermont.

Die „Stuttgarter Nachrichten“ dokumentieren einen Mailwechsel zwischen Henryk M. Broder und dem Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer.

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Journalism at a major newspaper is different from what’s usually required in the wild and riffy world of the Internet. And that wild world is killing real reporting — the kind of work practiced not just by newspapers but by nonprofits, some blogs and other news outlets. […]

After all the reporting, it took me about a day to write the 1,500-word piece. How long did it take Gawker to rewrite and republish it, cherry-pick the funniest quotes, sell ads against it and ultimately reap 9,500 (and counting) page views?

„Washington Post“-Reporter Ian Shapira über das komplizierte und oft paradoxe Verhältnis zwischen Medien und Aggregatoren und die Gefahr, dass sich eigenes Recherchieren nicht mehr lohnt. (Und die kindisch-pampige Antwort von Gawker darauf.)

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„Geek and Poke“: Simply explained — Synergies

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The Associated Press has become so deranged, so disconnected from reality, that it will sell you a „license“ to quote words it didn’t write and doesn’t own. […]

I require no license to quote Jefferson. The AP has no right to stop me, no right to demand money from me. All their application does is count words to calculate a fee. It doesn’t even check that the words come from the story being „quoted.“

„The Laboratorium“ stellt den Copyright-Wahnsinn von AP bloß. [via Gawker]

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There was quite a buzz in the news a few years ago when a Newcastle University research team discovered that people are more honest when eyes are watching them, even if the eyes are fake. […]

This is how the AP currently formats its datelines:

NEW YORK (AP) — A judge ruled Thursday…

I propose a small change:

NEW YORK (AP) Ó›Ò — A judge ruled Thursday…

Yes, that’s right. I’m suggesting that the AP begin putting a little face in all their datelines. It’s the Smiley as copy protection.

„Ironic Sans“ hat eine Idee, wie die Nachrichtenagentur AP ihre Texte wirksam vor Content-Dieben schützen kann.

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„Wenn wir gegen das Grundgesetz verstossen, weil wir Pädophilen unmöglich machen kinderpornografische Bilder aus dem Internet herunterzuladen, dann nehme ich das in Kauf.“

Thomas Jurk, Spitzenkandidat der sächsischen Splitterpartei SPD, in einem Chat der „Freien Presse“. [via lawblog]

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[…] even a newspaper like The Times, with layers of editing to ensure accuracy, can go off the rails when communication is poor, individuals do not bear down hard enough, and they make assumptions about what others have done. Five editors read the article at different times, but none subjected it to rigorous fact-checking, even after catching two other errors in it. And three editors combined to cause one of the errors themselves.

Seemingly little mistakes, when they come in such big clusters, undermine the authority of a newspaper, and senior editors say they are determined to find fixes. The Times seems to have particular difficulty in writing about people after their deaths. In addition to the appraisal in the Arts section, a front-page Cronkite obituary had two errors of its own, and the paper has suffered through a recent string of obits with multiple errors.

Clark Hoyt, der Public Editor der „New York Times“ (eine Art Ombudsmann) erklärt in der „New York Times“, wie es zu einer Fehler-Häufung in einem Nachruf auf Walter Cronkite kommen konnte, warum das ein Problem ist und was die Zeitung dagegen tun will — ein Verständnis von Transparenz und Qualität, das von einem anderen Planeten stammt als dem, auf dem deutsche Medien leben.

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„My belief,“ says Scott Kelby, president of the Florida-based National Assn. of Photoshop Professionals, „is that every single major magazine cover is retouched. I don’t know how they couldn’t be.“ But don’t stop there. Aside from U.S. newspapers, most of which do not permit photos to be manipulated, it’s quite possible that the vast majority of images seen in the public arena have been altered.

„Los Angeles Times“: Photoshopped images: the good, the bad and the ugly [via StinkyJournalism.org]