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Kanal Telemedial: Das ist strafrechtlich!

Heute machen wir mal etwas Besonderes: Wir gründen eine kriminelle Vereinigung.

Keine Sorge, das ist nicht mit größerem Aufwand verbunden, lässt sich problemlos von zuhause und sogar in der Kaffeepause am Arbeitsplatz erledigen, man braucht nicht einmal wasserfeste Kleidung. Wenn ich Thomas Hornauer, den Betreiber des Fernsehsenders „Kanal Telemedial“, richtig verstehe, müssen wir nur gemeinsam dazu aufrufen, seinem Sender das Licht auszumachen — und schon kommen wir in den Genuss des vollen staatlichen Mafia-Betreuungsprogramms.

Herr Hornauer hat sich freundlicherweise zur Verfügung gestellt, uns das genauer zu erklären.

(Ach so, es lassen sich übrigens ganz tolle Partyspiele mit den Ansprachen von Thomas Hornauer veranstalten. Zum Beispiel kann man in den regelmäßig auftretenden langen Pausen kurz vor Satzende gemeinsam raten, welches Verb er wählen wird. Aber Achtung: Manchmal nutzt er die Pause auch dazu, nachträglich unhörbar die Kommata im bisher Gesagten zu verrücken.)

Aber jetzt. Herr Hornauer, bitte:

Zu den angenehmen Eigenschaften Hornauers gehört es, dass man seine wörtliche Rede gut mitschreiben kann — allerdings natürlich um den Preis, dass das Mitgeschriebene keinen Sinn ergibt. Jedenfalls habe ich für alle, die beim Betrachten des Videos unter schmerzhaften Nackenhaaraufstell- oder Fußnagelaufrollungen leiden, die, äh, zentralen Aussagen des Ausschnitts zu protokollieren versucht:

Keine verzerrende Meinungmache und keine politischen Verlinkungen auf irgendwelchen Behördeen oder Hinweise auf verzerrte Sachen! Wenn ihr das alleine tut, ist das schon kriminell. (…) Kanal Telemedial ist ein immaterieller Teleshop und kein öffentlich-meinungsmachender Rundfunksender wie die anderen. Sondern wir sind ein Teleshop, und ich bin der Verkäufer. (…)
Und jeder, der mich zu unrecht in Frage stellt, verunglimpft mein Produkt zu unrecht. Und das ist strafrechtlich. Wenn das mehrere Menschen miteinander tun, dann ist das eine kriminelle Vereinigung. Und da können Euch dann auch schon die Telefone und alles abgehört werden. Für kriminelle Vereinigungen wie Terroristen oder wie kriminelle Vereinigungen wie die Mafia gibt es in Deutschland Sondergesetze. (…)

Auch der Aufruf, Kanal Telemedial das Licht auszumachen (…), sind unlauter und kriminell und ich empfehle Euch dringend, das zu lassen. Wenn ihr über Kanal Telemedial tatsächlich sachlich und in Echtzeit darüber… oder ganz genau dokumentiert, das ist in Ordnung. Aber dann müssen wir darüber reden. (…) Ihr dürft nicht mit meiner Marke und mit meinem Namen und mit meinem Fernsehsender uns die Kraft abnehmen, indem ihr Euch über Suchmaschinen bei Google positioniert und so weiter, ist auch wieder eine Schwächung unseres Senders. (…) Tut nicht ordentliche Unternehmungen in dieser Art und Weise… verunglimpfen. (…) Selbstverständlich hat jeder, der sich mit Kanal Telemedial identifiziert, jeden Abend Kanal Medial studiert, 15 Euro und die Grundgebühren auszurichten, und die müsst Ihr jetzt bezahlen. (…) Also, wer uns zu einer Studie verwendet, kostet das mindestens, wenn es in dieser Art ist, 500 Euro Grundgebühr. Und die Nutzung des Namen Telemedial erlaube ich auch nicht. Ja? So. Das muss von uns genehmigt werden, dann vergeben wir die Lizenz.

Mit der Amtsanmaßung, von der er im Video auch spricht, meint er übrigens vermutlich „The Aufsichtsbehördle“, eine ihm gewidmete Internetseite. Und mit den Grundgebühren meint er wohl das Geld, das man seiner Meinung nach über eine kostenpflichtige Nummer bezahlen muss, wenn man Kanal Medial guckt — zum Energie- oder Impulsausgleich, ist ja klar.

Nachtrag: Nilz Bokelberg hat das Grauen vor drei Monaten auch schon einmal zu dokumentieren versucht.

Österreich entzieht Hornauer die Lizenz

Die österreichische Kommunikationbehörde (KommAustria) hat dem Kanal Telemedial von Thomas Hornauer heute die Sendelizenz entzogen. Diese Lizenz war auch die rechtliche Grundlage für die Ausstrahlung des Programms in deutschen Kabelnetzen und über Satellit. Nach Recherchen der Aufsichtsbehörde sei der Kanal Telemedial nicht von Österreich aus betrieben worden, was Voraussetzung für die Lizenz war. Der „Standard“ berichtet, dass es in Wien, wohin Hornauer eigentlich mit dem Sender von Ludwigsburg aus umziehen wollte, kein technisches Personal gebe, das für den Sender arbeite. Telemedial kann gegen den Bescheid Berufung einlegen.

Im März schon hatte KommAustria festgestellt, dass Kanal Telemedial gegen das Privatfernsehgesetz verstoßen habe, weil der Sender den Eindruck erweckt habe, „dass eine telefonische Beratung und Behandlung mithilfe von ‚Engelenergien‘ eine schulmedizinische Behandlung durch einen ausgebildeten Arzt ersetzen kann, und damit Verhaltensweisen gefördert hat, die die Gesundheit gefährden.“ In einer Sendung mit Berater Walter von Berg habe der Moderator einer Anruferin erklärt, seine „Engel“ würden einen „Darmaustausch“ an ihr vornehmen. Die „Engel“ habe er mit den Worten zitiert: „Wir sind im Darm und arbeiten den neuen Darm ein.“

Die deutschen Landesmedienanstalten hatten wegen der österreichischen Lizenz keine Handhabe gegen Hornauers Kanal. Norbert Schneider, Chef der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt LfM, hatte gesagt: „Geld dafür zu nehmen, dass Energien über den Bildschirm übertragen werden, stellt alles in den Schatten, was es bisher gegeben hat.“

[via The Aufsichtsbehördle]

Thomas Hornauer

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

„Wir sind kein Fernsehsender“, sagt der Mann auf dem Bildschirm, „wir sind ein Telekolleg für das Wassermannzeitalter. Und jeder, der zuschaut, muss zugucken, kann nicht wegschalten.“

Schwer zu sagen, ob das schon ein Beweis für die tiefe spirituelle Kraft dieses Mannes ist, aber: Er hat Recht. Fassungslos sitzt man da und wartet, dass etwas passiert. Dass der Mann endlich diese lächerliche Fisselhaarperücke abnimmt, diese abwegige Brille, das ungelenk-gefährliche Grinsen, und sich als Oliver Kalkofe zu erkennen gibt. Dass die Betreuer hereinkommen, schimpfen, die Tabletten verteilen und die Patienten sachte aus dem Studio schieben. Meistens ist aber alles, was passiert, dass wieder jemand durchgestellt wird, der sich für zwei Euro die Minute die Zukunft vorhersagen oder in ein langes, sinnloses Gespräch verwickeln lässt.

Der Mann mit den Fisselhaaren ist Thomas Hornauer, und am ehesten ist er wohl vergleichbar mit den traurigen wirren Monologisierern, die entweder in der Mitte der Fußgängerzone zur Welt predigen oder am Rand der Fußgängerzone zu ihrem Bier. Nur dass Hornauer seine Thesen per Satellit millionenfach verbreitet. „Kanal Telemedial ist bewusstseinserweiternd“, sagt er und klärt in breitem schwäbischen Dialekt auf über die Gefahren der Homosexualität: „Wenn du das Ding an der falschen Stelle reinsteckt, dann isses um.“ Lesen ist nicht seine Stärke, aber Reden, Gucken, Charisma ausstrahlen auch nicht. Richtig gut ist er nur im peinliche Momente entstehen lassen und Geld verdienen. Einem Hartz-IV-Empfänger, der verzweifelt klingt, nicht zuletzt darüber, dass er das wenige Geld nun für den Anruf bei diesem Scharlatan ausgibt, sagt er kalt, man habe halt kein Helfersyndrom und wirft ihn schließlich aus der Leitung.

„Energieausgleich? Zeigen Sie uns ihre Wertschätzung“, steht auf dem Bildschirm; Energie kann man offenbar nicht zurückschicken, aber Geld, auch ganz leicht per Telefon: Ein Anruf zehn Euro oder mehr. Seit Jahren macht Hornauer ähnliche Geschäfte, fällt durch Verbindungen zu sektenähnlichen Gruppen auf oder dadurch, dass er die Mitarbeiter des baden-württembergischen Senders B.TV, der ihm eine Weile gehörte, rufen lässt: „Du bist unser Herrscher. Du bist unser Retter.“

Und nun ist möglicherweise seine Lizenz bedroht, die aus Österreich kommt, aber auch das wird er wieder überstehen. Was einem bleibt ist nur die Hoffnung, dass das Karma irgendwann mal nachschaut, wie weit dieser Mann sein Konto bei ihm überzogen hat, und mit aller Macht zurückschlägt.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

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