Sind immer die anderen

Irgendwann Anfang 2006 ist etwas schiefgegangen bei der Programmierung des Blogs der Medienzeitschrift „Berliner Journalisten“: Man konnte keine Kommentare mehr abgeben. Man hätte sich dafür einloggen müssen, aber es gab keine Möglichkeit, sich zu registrieren, um die Daten einzugeben, mit denen man sich hätte einloggen können.

Zwei Jahre lang bloggten die „Berliner Journalisten“ vor sich hin und merkten nicht, dass etwas fehlte: Feedback. Die einzigen, denen es gelang, Kommentare abzugeben, waren der Administrator des Blogs selbst und die Spam-Bots, die gelegentlich Hinweise auf die attraktiven Möglichkeiten der Potenzsteigerung hinließen.

Die „Berliner Journalisten“ reagierten nicht, als Ronnie Grob auf medienlese.com über sie (oder genauer: einen blöden Fehler ihrer Chefredakteurin) berichtete und darauf hinwies, dass es ihm leider nicht gelungen sei, einen Kommentar zu hinterlassen. Und als eine Kollegin sich wegen einer strittigen Sache beschwerte, schrieb die Chefredakteurin vor ein paar Tagen auch noch den schönen Satz ins Blog: Warum die Kritikerin „nicht einfach von der Kommentarfunktion Gebrauch gemacht hat, werden wir wohl nie erfahren“.

Aber jetzt haben die „Berliner Journalisten“ etwas gemerkt. Und sie haben sogar reagiert. Und so bloggt Chefredakteurin Sabine Pamperrien heute:

Unser Webmaster hat heute schon mal die Kommentarfunktion überarbeitet. Da gab es wohl einige interessierte Leser, die nicht verstanden haben, wie sie in der bisherigen Ausstattungsvariante zu Login-Daten kommen können.

Mit den beiden Möglichkeiten konfrontiert, dass entweder bei ihr ein Fehler passiert ist oder alle anderen Idioten sind, fiel Frau Pamperrien die Entscheidung offenbar leicht.

Ronnie Grob hat übrigens heute Mittag um 13:12 Uhr im „Berliner Journalisten“-Blog einen Testkommentar abgegeben. Er ist bislang nicht erschienen, sondern scheint noch in der Moderationsschleife zu hängen. Jede Wette: Das ist ganz allein seine Schuld.

45 Replies to “Sind immer die anderen”

  1. Der Stefan ist doch bloss neidisch, dass die „Berliner Journalisten“ schon vor im die Kommentar-Ausblende-Funktion hatten!

  2. Dazu fällt mir nur folgendes ein:

    „Ich halte das nicht für einen Skandal. Ich finde es nur ein [weiteres] kleines, anschauliches Beispiel dafür, wie Journalisten arbeiten.“

  3. „Journalisten“? „Journalistendarsteller“? Recherche wird aus meiner bescheidenen Perspektive anscheinend mitunter hantiert, wie sie in TV-Soaps/TV-Krimis dargestellt wird: Tanja-Anja klackert beim Gockel einen Begriff ein, der erste Hit wird
    genommen – und schon hat man
    hieb- und stichfeste Fakten. Weitere Nachforschungen sind nicht notwendig, Nachdenken ist optional.
    Bildblog und 20.000 Zugriffe im Monat – ja, nee, ist klar.
    Was mich also interessiert: Solche „Journalisten“, egal ob in Zürich, in Berlin oder anderswo – holen die sich solche Fehlinformationen aus demselben Netz, dem sie anschliessend Irrelevanz oder Fehlerhaftigkeit oder Oberflächlichkeit vorwerfen? Oder lesen die dafür ausschliesslich das Papier, dass sie täglich produzieren? Oder sitzen die im Glashaus und werfen mit Steinen?

  4. @eMHa, 2: Wenn das Zitat darauf zutrifft, dann finde ich das erst recht… naja, vielleicht nicht gerade einen Skandal, aber doch sehr deprimierend.

  5. „Da gab es wohl einige interessierte Leser, die nicht verstanden haben, wie sie in der bisherigen Ausstattungsvariante zu Login-Daten kommen können“

    War das echt der O-Ton? Im Ernst? Nicht etwa: „Da ist es uns wohl nicht gelungen, verständlich zu machen, wie Leser zu Login-Daten kommen“?

    Was für eine miese, negative Sprache, die zeigt, dass die Schreiberin keine Ahnung davon hat, dass Verständlichkeit in der Verantwortung dessen/deren liegt, der/die eine Botschaft übermittelt, und nicht in der Verantwortung des Empfängers. Sorry, aber so doof kann man doch nicht sein. Manchmal denke ich, es ist schade, dass jeder qua Artikel 5 sich „Journalist“ schimpfen darf.

    Aber im Ernst, Stefan: du blöffst doch? Das hat die Gute doch niemals so geschrieben oder gesagt? Ich glaube es einfach nicht.

  6. Ich suche grade nach einer lustigen Antwort, die Thilos Ansprüche an Journalismus thematisiert und die Tatsache, dass das Zitat auch im Artikel verlinkt ist, aber mir fällt nichts ein.

  7. Ein für sich sprechendes Beispiel, wie ungelenk, um nicht zu sagen ignorant viele Journalisten aus dem Print-Off mit dem Medium Internet umgehen.
    Ihr Gehalt bekommen sie ganz eindeutig nicht auf Grund von Resonanzwerten ausgezahlt…
    Da ist ja jeder Hilfsblogger mit eigenem Antrieb zu Verbesserung höher zu achten als diese Non-Valeurs, die eine Schande für die ganze schreibende Zunft darstellen

  8. Immerhin wissen wir jetzt, dass es ein Zeitschrift „Berliner Journalisten“ gibt. So als Nichtberliner muss man das ja nicht unbedingt wissen, oder?

  9. Hmm, wenn ich das richtig sehe nutzen die ein bereits ‚vorprogrammiertes‘ Webblog von WordPress. Man muss mehr oder weniger nur die Verlinkung in die eigene Webdomain einbringen, den ganzen Rest macht dann WordPress. Wie, bitteschön, kann sich da ‚der Webmaster‘ verprogrammieren? Da gibt es nichts zu programmieren. Rätselhaft…

  10. Marcus: das ist eine einfache Einstellungsache: Man kann WP anweisen, nur Kommentare von registrierten Autoren zuzulassen – das war wohl bisher der Fall. Und nun haben sie offenbar die Option gewählt, wonach jeder Kommentar von einem Moderator freigeschaltet werden muss.

  11. „Mit den beiden Möglichkeiten konfrontiert, dass entweder bei ihr ein Fehler passiert ist oder alle anderen Idioten sind, fiel Frau Pamperrien die Entscheidung offenbar leicht.“

    Altes Phänomen. Wenn einem auf der Autobahn lauter Fahrzeuge entgegenkommen, dann sind das auch alles Geisterfahrer. Jaja.

  12. dass die kommentarfunktion der berliner journalisten jetzt funktioniert und dort moderiert wird, sieht man daran, dass die gestern gesendeten trackbacks zu niggemeier und medienlese schon wieder verschwunden sind…

  13. […] in der Neuen Zürcher Zeitung), der dann am 18.04.08 den Alpha-Blogger Niggemeier zu einer Kritik ermunterte und darauf selbst noch ergänzt wurde. Bewegt sie sich, die Blogosphäre? […]

  14. Gleich zwei Fehler im ersten Satz („dass“ und „bebastelt“, auch irgendwie geil in einem Journalistenblog.

  15. Ich begrüße die Entscheidung von Frau Pamperrien, sich erst Wichtigerem als der Kommentarfunktion zu widmen:

    Ein wenig Orthografie und etwas Ahnung davon, wie man einen Text aufbaut, wären wirklich erstmal wichtiger.

    So ist das Blog nicht nur aufgrund der nicht funktionierenden (pardon: vom Besucher nicht verstandenen) Kommentarfunktion amüsant. Mir gefällt auch die beifallheischende Beschreibung, wie schwierig journalistische Arbeit doch ist: Habe ich zuletzt so in der „Stadion“-Zeitschrift eines Eishockey-Viertligisten gelesen. In etwa dieser Klasse scheint mir Frau Pamperrien journalistisch auch zu spielen.

  16. Mal auf ihre private HP geschaut. Man hat mir irgendwann mal beigebracht, Sätze möglichst nicht mit „Ich“ zu beginnen. Das wirkt irgendwie…genau.
    Impressum anschauen lohnt sich auch: http://www.pamperrien.de/18738.html
    Aufgabe:

    Die dort stehenden Wörter
    so zu dass

    herausfinden wer daran

    nicht die Autorin

  17. Wie spricht man „Pamperrien“ eigentlich korrekt aus? Onomastisch gesehen ganz interessanter Name.

    (Und bitte nicht antworten „wie man’s schreibt“ – wenn hier eine Klugsch heisst, dann bin ich das.)

  18. Wie konnten wir es vergessen: Herr Niggemeiers Tun besteht zwar fast ausschließlich aus dem Anprangern von großen und kleinen, wichtigen und unwichtigen, institutionellen oder persönlichen Fehler.

    Seine Kommentatoren dürfen ihrerseits nicht ohne Rüffel weiter nach Fehlern suchen: Denn schließlich ist er auch noch ein Moralapostel, fast scheint er ein Heiliger, der Herr Niggemeier. Fast.

  19. Ja ja, der Kommentarbereich im Internet ist immernoch der wildeste Westen im großen Universum des Meinungsaustausches.
    Im Gegensatz zu unzähligen anderen Seiten im WWW ist der Niggemeier-Kommentar-Bereich noch recht sittsam.

    Ganz abgesehen davon, und ich weiß, dass ich selber mit der deutschen Sprache hadere, aber „Verfielfältigung“ im Impressum einer Journalistin zu lesen ist schon recht grotesk.

  20. @37 Ja, aber es wirkt! Wir werden beobachtet..@29 kann ich zurückziehen…Und Vervielfältigung stimmt auch! Fehlt nur noch ein besseres Bild, ich finde sie eigentlich recht hübsch..:)
    ———
    Alles für den Dackel! Alles für den Club!

  21. Ich rege mich gerade sehr auf. Mein Kommentar auf dem „Journalisten“-„Blog“ wurde stillschweigend nicht freigeschaltet . Die in meinem Kommentarversuch genannten Rechtschreibfehler hingegen wurden ebenso stillschweigend verbesser. Gewürm, Geschnetz!

  22. @37 „Im Gegensatz zu…anderen Seiten…ist der Niggemeier-Kommentar-Bereich noch recht sittsam.“

    Das liegt aber nicht etwa daran das hier bravere Besucher und Schreiber vorbeischauen als anderswo, keineswegs. Hier wird ebenfalls zensiert, editiert und gelöscht. In meinen Augen Unlauter wird es allerdings wenn die laufende Kommentarnummer mit gelöscht wird, so kann man nämlich nicht mal sehen das und ob überhaupt jemand zensiert wurde. So kann man natürlich auch ‚ein Niveau‘ halten, und sich dann über ein nicht funktionierendes fremdes Blog zu echaufieren ist billig, sorry Stefan.

  23. @Marcus:

    Irgendein merkwürdiger Contentdiebspammer mit einem Geschäftsmodell, das ich nicht durchschaue, hat heute Einträge hier kopiert und dabei ein halbes Dutzend oder so gleichzeitig angepingt. Ich hätte natürlich jeden einzelnen davon stehenlassen und editieren können. Dann wäre mit Sicherheit jemand angekommen und hätte gefragt, was denn da passiert sei. Dann hätte ich das entweder erklären müssen oder erklären, warum ich das nicht erklären will.

    Ein anderer Besucher hat hier gestern massenhaft unter verschiedenen Einträgen Kommentare abgegeben, die auf irgendein Witzforum verlinken. Ich habe das erst nicht als Spam erkannt, weil es sich scheinbar auf die Einträge bezog, bis er den dritten oder vierten Kommentar abgegeben hat. Ich habe sie daraufhin alle gelöscht, ich glaube, bis auf einen, wo es sonst die Kommentarzählung durcheinandergebracht hätte, da habe ich [EDIT: Spam gelöscht] hingeschrieben. Dann habe ich seine Homepage in den Filter für die Moderationsschleife gepackt.

    Manchmal ärgere ich mich so sehr über einen beleidigenden Kommentar (in der Regel nicht mich beleidigend, das ist vergleichsweise unproblematisch), dass ich ihn einfach lösche. Dann bin ich in 2 Sekunden und nach exakt zwei Klicks mit dem Thema durch. Alternativ: Einloggen, Bearbeiten, Kommentarinhalt löschen, [EDIT: irgendwas] hinschreiben, vorher noch überlegen, ob eine zusätzliche Begründung angebracht ist oder ein zusätzlicher Tritt im Sinne von: „Gehen Sie weg“. Ich habe dazu nicht immer Zeit, Lust, Energie.

    Ich erzähl das nicht, um Mitleid zu erheischen oder sowas. Sondern als Erklärung mit der Hoffnung auf Verständnis.

    Die Verwendung des Wortes „Zensur“ in diesem Zusammenhang finde ich übrigens durchaus irreführend.

  24. @ Klugsch #31:

    Ich würde annehmen, dass man das französisch ausspricht, also Pompäh-rien. Französisch pomper wie abschreiben und rien wie nichts. Einer Journalistin durchaus würdig, oder? Keine Witze über Namen!

    Alle anderen Aussprachen – finde ich – gehen gar nicht.

    @ Marcus #41:

    Schauen Sie mal nach Tibet, dann wissen Sie was Zensur ist.

    @ Stefan #42:

    Ich bewundere Deinen Langmut.

    Man wirft Dir also vor, Unlauter zu sein, weil Du im sitzen pinkelst, und wenn Besuch da war du auch mal über die Brille wischst. Deshalb darfst Du nicht sagen, dass andere ihre Klowände beschmieren lassen und das auch nicht reinigen (lassen).

    Ja, ne, is‘ klar.

    Wobei das am Thema vorbeigeht. Frau P. hatte wohl ehr den Schlüssel für ihr Klohäuschen verloren – um im Bild zu bleiben – und echauffierte sich darüber, dass alle ihre Geschäfte zu Hause verrichteten, anstatt in ihrem schönen warmen, kuscheligen Klohäuschen…

    SvenR
    Erster Claqeur ehrenhalber der Niggemeier’schen anonymen Kommentatorenarmee

  25. Zum Glück habe ich kein Weblog. Schon die Vorstellung, ich müsste mich mit Kommentaren wie #41 rumärgern, lässt mich binnen Sekunden um Jahre altern…

  26. Ja sicher waren die Leser selbst schuld. Wenn sogar dumme Spam-Bots es geschafft haben, dort ihre Duftmarken zu hinterlassen …

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