Spökes, Späßchen, Spiegel Online

Neulich erschien auf „Spiegel Online“ ein Artikel über die Spieler-Transfers in der Bundesliga. Es ging, wenn ich es richtig verstanden habe, darum, dass die Vereine irgendwie bislang gespart haben, was aber nicht unbedingt etwas zu sagen hat; dass noch Geld da ist, das irgendwann weg sein könnte, aber noch nicht so bald; und um den Trend, dass daraus kein Trend abzulesen sei.

Es muss die Hölle gewesen sein, dafür eine Überschrift zu finden. Man kann ja nicht „Irgendwas mit Geld“ oder etwas ähnlich Sinnloses über den Text schreiben.

Natürlich kann man. Es müssen nur genügend Silben mit demselben Buchstaben anfangen. Bitte schön:

Bundesliga-Transfers / Magie des Pinkepinke-Plans

Bei „Spiegel Online“ wird sie noch gepflegt, die alte journalistische Untugend des Überschriften-Stabreims. Mit diesem Eintrag möchte ich dem unbekannten Alliteraten in der Redaktion ein Denkmal setzen.

Die einfachste Form der Überschriften-Alliteration ist die Aufzählung. Man reihe mindestens zwei, besser drei Begriffe aneinander. Die einzelnen Wörter können etwas miteinander zu tun haben, müssen es aber nicht. Auch schmucklosesten Wortkombinationen verleiht der gemeinsame Anfangsbuchstabe billigen Glanz:

Reaktionen auf Volksentscheid / Begeistert, beflügelt, bedröppelt

Geht auch bei ernsten Themen:

Taliban-Offensive nahe Kabul / Herausfordern, hinrichten, herrschen

Schön ist, wenn nicht nur die Anfangslaute stimmen, sondern auch die Zahl der Silben harmoniert und einen schönen Rhythmus ergibt:

Namibia-Fotoblog / Flieger, Forscher und Flamingos

Das ist weniger wichtig, je ungewöhnlicher die verwendeten Wörter sind:

Punks im Comic / Siff, Suff und Selbstauflösung

Ein fehlendes drittes Wort derselben Gattung ist kein Grund zur Verzweiflung:

San Fermin in Pamplona / Wein, Weib und wilde Stiere

Je mehr Wörter mit dem selben Anfangsbuchstaben aneinander gereiht werden können, umso geringer sind die Ansprüche an irgendeinen Sinn der Kombination:

Englands 1:4-Pleite / Rage, Rooney und die Radikal-Rasur

Bonuspunkte gibt es für aufwändige Alliterationsarrangements, die die Dachzeile einbeziehen:

Kriselnde Kanzlerin / Angezählt, allein, aufrecht

Im folgenden Beispiel darf man deshalb davon ausgehen, dass der Stabreimer vom Dienst es verfluchte, dass Frau Cole mit Vornamen nicht Caroline, Christine oder wenigstens Karla heißt:

Cheryl Coles Kollaps / Reiselust, Romantik, Riesenaufregung

Winiwalistisch wirkt hingegen dieses Kleinod:

Weltnaturerbe Wattenmeer / Wiege des Wurms

Wenn ein Geräusch „rätselhaft“ ist, kann es kein Knall sein:

Alarm auf Supertanker / Rätselhafter Rumms auf hoher See

Und wenn es Streit um einen „Hitzestau“ gibt, kann das kein Durcheinander sein:

Bahn-Streit mit ZDF / Hickhack im Hitzestau

Als Alternative zum klassischen Dreiklang bietet sich das Doppelpaar an:

Mexikos Drogenkrieg / Tödlicher Terror im Reich des Rauschs
DVD-Filmbeileger / Scharfe Schwerter, windige Weihnachtsmänner
Gerüchte über Sarkozys Ehekrise / Power-Paar im Tratsch-Tsunami
FDP-Generalsekretär Lindner / Diener, Denker, Liberalen-Lenker
WM-Bilanz / Rasen auf dem Rasen, Pfeifen an den Pfeifen

Das Wort „Stabreim“ geht übrigens auf Snorri Sturluson (1178-1241), den Verfasser der Snorra-Edda (Prosa-Edda oder auch Jüngere Edda) zurück, aber das wussten Sie sicher.

Neonazi-Schutz für Kitas / Bastion gegen braune Brut
Trainer in der Bundesliga / Dominanz der Dauerdirigenten
Zeitlupen-Diskussion / Fandels Fabel-Forderungen
Videogame-Pianist Nuss /
'Final Fantasy' für Feingeister

Sie merken schon, mir fällt dazu nichts mehr ein. Dafür habe ich die Alliterationen hier unten wenigstens alphabetisch sortiert.

Familie und Beruf / Karrierekiller Kind
Comics aus China / Knallbunter Kitsch gegen Kadertreue
EM-Bilanz von Barcelona / Leichtathleten lieben den Löw-Effekt

Kennen Sie die Sendungsreihe „Mumien, Monstren, Mutationen“, die früher im Nord-Dritten lief?

Von der Leyens Hartz-IV-Reform / Meisterprüfung für Merkels Musterministerin
Neuer Truppenchef in Afghanistan / Petraeus predigt permanenten Kampf
Taschenbuch-Bestseller / Preußen, Prunk und Prostitution
Küstenlandschaft in Brasilien / Wind, Wasser, Wunderwelt

Das selbsterklärte Standardwerk „Stilistik für Journalisten“ nennt die Alliteration „eines der reizvollsten Stilmittel“, warnt aber auch (konkret im Zusammenhang mit einer Fünffach-Alliteration), dass ein „Zuviel nicht nur gewollt oder verkrampft, sondern eher parodistisch“ wirkt — schon anhand der Kolumnentitel lässt sich erkennen, dass „Spiegel Online“ gerne bereit ist, diese Risiko in Kauf zu nehmen (falls man nicht realistischerweise bereits vom Verlust von Hopfen und Malz ausgeht):

Achilles' Verse / Rechnen am Riegel-Regal

(Hajo Schumacher nennt sich für seine Lauf-Kolumne Achim Achilles. Sie können sich selbst einen Reim drauf machen, müssen es aber nicht.)

Ganz unumstritten scheint die Alliteratitis auch redaktionsintern allerdings nicht zu sein. In mehreren Fällen ist die Überschrift nachträglich geändert und der Stabreim entfernt worden. Dieses Stück, das jetzt den Titel „Apollo Edgar“ trägt, hatte ursprünglich die Überschrift:

Tante, Transrapid, Transferleistungsempfänger

Wolf Schneider sagt: Wer reimt, opfert fast immer Sinn und stellt die Form über den Inhalt. Und irgendeine Frau hat in irgendeiner Studienarbeit über Überschriften in deutschen und italienischen Zeitungen geschrieben: „Fast scheint die Alliteration als die einfachste kreative Variante und immer einsetzbare Titel-Idee, um noch schnell ein bisschen Witz in den Text zu bringen.“ (Leider disqualifiziert sie sich als Sprach-Expertin mit dem Unfall im nächsten Satz: „Als ob dem stressgeplagten Journalisten, selbst wenn ihm kurz vor Redaktionsschluss gar nichts mehr einfällt, er diese Art von spielerischer Kreativität immer noch aus dem Ärmel zaubern kann.“)

All denen, die im Alliterationswahn von „Spiegel Online“ keinen Beweis von Kreativität, sondern von Schmerzfreiheit sehen, wird es die Redaktion noch zeigen. Spätestens, wenn es eine ihrer Überschriften geschafft hat, ins Allgemeingut überzugehen und eine zeitgemäße Alternative zu Brautkleid, Blaukraut und Fischers Fritz zu werden:

Belastungsprobe für Europas Institute / Stresstest stresst spanische Sparkassen

Nachtrag, 11. August. Zwei tapfere Menschen haben hier schon länger die Gaga-Gags aus den „Spiegel Online“-Überschriften gesammelt — ich habe daraus noch ein paar schöne Stabreimbeispiele oben ergänzt.

170 Replies to “Spökes, Späßchen, Spiegel Online”

  1. Manchmal rutscht mir auch solch ein Überschriften-Stabreim durch. Und, auch wenn die SpOn-Beispiele hier ein wenig lächerlich klingen: Ich stehe dazu. Vorausgesetzt, der Stabreim ist a) inhaltlich nicht völlig daneben und b) sprachlich origineller als es jede andere Überschriften-Alternative wäre – dann ist ein Stabreim ganz wunderbar. Was mir sehr gefiel, anlässlich Sven Regeners zweitem Roman: „Bier, Bund, Bremen“.

  2. Früher stand RTL2 mit seinen Qualitäts-Reportagen ja für anspruchsvolle Alliterionen à la „Busen, Biker, Büchsenbier“ oder „Sonne, Suff und Single-Clubs“…
    Tja, nun ist es halt SpOn…

  3. Das erklärt die aktuelle Überschriften „Google überrumpelt urlaubende Ministerinnen“ (zum angekündigten Google Street View-Start) und auch „Vergnügungsfahrt einer Verlegenheitself“ (zum Länderspiel gegen Dänemark). Ich hatte mich schon gefragt, was die Überschriften mir sagen sollen, vor allem die erste. Jetzt weiß ich: nichts.

  4. Toller Artikel, vielen Dank! Besonders für die alphabetische Sortierung, als nichts mehr einfiel. Hey! Das wäre doch eine Variante, die Wörter in der Überschrift alphabetisch zu sortieren. („Affen, Bananen, Choleriker“ oder „Mit Nudeln ohne passendem Quark ritten sie talwärts“)

  5. Hilfe, ich oute mich! Ich bin ein absoluter Alliteraten-Abhängiger! Wer hilft einem hoffnungslosen Hirnkranken wie mir? Irgendwo in der weiten Welt der Wissenschaft muss es doch ein Ri-Ra-Rezept für diese K-K-Krankheit geben? :-(

  6. Okay, für diese schonungslose Darstellung der Spiegel-Onlineschen Schmerzfreiheit muss ich dem Autor dann wiederum doch ein Kränzchen kränzen!

  7. naja, ich habe vor wenigen Stunden einen jungen Mann getroffen der ein Pratikum bei Spiegel online macht > Schlussredaktion.

  8. Finde frische Formulierungen für fiele Frohnaturen
    durchaus direkt deutlich dichterischer
    als alles andere auf all
    solchen Seiten.
    Gell.

  9. Also, dafür hat sich das tagelange Warten aber wirklich gelohnt. Man, muss das ne harte Recherche gewesen sein. :-)

  10. Diener, Denker, Liberalen-Lenker
    hahaha :D
    (Mist! Müsli im Mund!)

    Danke für die Unterhaltung am frühen Morgen!

  11. Beliebter Blogger beleidigt!

    Niggemeier nölt neidig!

    Spiegel schreibt schön!

    Alle Alliterationen als Augenschmaus!

    Kritische Kommentare kindisch!

    Der Dank der Denkenden darf deutlich dasein.

    Ein Ende erwartet Euch!

  12. „Und irgendeine Frau hat in irgendeiner Studienarbeit über Überschriften“ – schön gesagt.

    dieses überschriften-dada-gaga ist mir letztens im oben erwähnten „Tödlicher Terror im Reich des Rausches“ so richtig gewahr geworden. im prinzip überfliege ich eigentlich nur noch die titelseite des spiegel online, da ich schon lange nichts mehr erwarte (und ich damit wohl auch nicht ganz so alleine bin, wie ich immer häufiger im netz mitbekomme).

    gestern abend habe ich dann doch mal wieder angefangen einen artikel zu lesen. die ersten 4 sätze gelesen, dann nach unten gescrollt und ein paar wörter aufgeschnappt. am ende noch eben die beiden letzten seiten im spiegel-forum zu dem artikel überflogen (auch ein ort des grauens – wer bitte schön glaubt denn wirklich, dass eine spon-foren diskussion irgendetwas bringt?).

    so stellt sich im großen und ganzen mittlerweile mein spiegelkonsum dar.

    der erwähnte artikel ist übrigens wirklich ganz und gar fürchterlich:
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,710859,00.html

    „Ich bin dann auch mal weg

    Die Kanzlerin erholt sich vom Regieren – an ihre Abwesenheit sollten sich die Deutschen langsam gewöhnen. Denn in Berlin beginnt das Nachdenken über die Zeit nach Merkel. Eine mögliche Nachfolgerin steht bereit: Ursula von der Leyen.“

    brrrrr, schüttel.

  13. Lieber Kollege, ich zitiere nicht ungern aus Ihrem Lebenslauf hier: „… Kaninchenzüchter, Karneval, Kommunalpolitik – das volle Programm …“

  14. Was soll ich dazu sagen:

    Kremer und Konsorten
    beraten, bewerben, begeistern

    So firmieren wir und positionieren uns. Man mag es eventuell nicht mögen, aber es findet den Weg zum Hirn und wird gut auffindbar dort abgelegt.

    Wie bei allem im Leben und Arbeiten, ist es so, dass Gutes, wenn es zu viel wird, zu viel ist.

    Selbst Kamillentee wird irgendwann mal toxisch.

  15. Ein paar überflüssige Alliterationen sind wesentlich besser, als immer suchmaschinengerechte Inhaltszusammenfassungen als Überschrift zu verwenden.

  16. Herr Niggemeier, mir gefällt besonders das kleine „quod erat demonstrandum“-Kästchen zuunterst der letzten Alliteration.

  17. Eine Alliteration in der Überschrift ist völlig in Ordnung. Mit seiner Kritik irrt Herr Niggemeier. Es gibt allerdings ein Argument gegen Alliterationen und das zeigt Niggemeiers Artikel sehr schön, auch wenn er es selbst vielleicht nicht bemerkt hat: Eine Häufung von Alliterationen wirkt lächerlich. Die Wirkung eines Stilmittels wird zerstört, wenn es zu häufig angewendet wird. Das zu vermeiden ist die Aufgabe der Schlussredaktion, die ja den Überblick haben sollte. Hier müsste die Kritik ansetzen. Dem würde auch Wolf Schneider zustimmen.

  18. Wundervoll. Vielen Dank für diesen Eintrag. Die Kollegen von FOCUS Online halten sich übrigens mit diesem Stilmittel weitesgehend zurück, aber WENN sie es mal einsetzen, dann so richtig billig:
    Bei Bedarf böse

  19. Das scheint aber besonders im Sportteil gepflegt zu werden, wie ich neulich erst alas. Mich nervt es kolossal und ich bin schon ganz darauf fixiert, d.h. selbst wenn der Spiegel mal was Vernünftiges schreiben würde, bekäme ich es aufgrund dieser dämlichen Überschriften schon gar nicht mehr mit.

  20. @ 32:

    „Es gibt allerdings ein Argument gegen Alliterationen und das zeigt Niggemeiers Artikel sehr schön, auch wenn er es selbst vielleicht nicht bemerkt hat: Eine Häufung von Alliterationen wirkt lächerlich. “

    Nee, das hat er sicher nicht bemerkt…

  21. Mir stößt vor allem auf, dass es sich in der überwiegenden Zahl der Fälle um ‚falsche Alliterationen‘ handelt: Es geht ja gar nicht um den gleichen Anfangsbuchstaben, sondern um den gleichen Laut. Ein K mit einem darauf folgenden N wird ganz anders gebildet als ein K mit einem anschließenden L, wie es jeder an seiner Lippenstellung leicht selbst überprüfen kann. Die meisten dieser Headline-Virtuosen sind also „Knödler, Klöppler, Krachmacher“ …

  22. Viel unangenehmer, weil wenn einmal bemerkt nicht mehr ausblendbar, stößt mir bei SPON die Eigenart auf, den Teaser-Absatz immer mit einem vermeintlichen Twist abschließen zu müssen. Dabei wird das letzte bisschen Information immer mit dem schriftsprachlichen Äquivalent der dramatischen Sprechpause eingeleitet: „– und…“

    Gerade gibt es auf der Startseite sogar nur ein Beispiel: „Sie prügelten und witzelten, jetteten in Hubschraubern oder jagten Drogendealer im Designerfummel: Die Achtziger waren das Jahrzehnt der Serien-Superhelden. einestages erinnert an die Straßenfeger von damals – und zeigt, was aus den TV-Stars geworden ist.

    Wenn man mal angefangen hat darauf zu achten, fällt das ständig auf.

  23. Dasch ist ja lustig! Der Besserwisser schlägt wieder mal zu. Ich sehe es auch so, bei den sogenannten literarisch wertvollen Überschriften gibt es gute und schlechte, nervige und witzige, plumpe und gelungene, manche sind auch unfreiwillig komisch und gute Realsatire – weitgehend Geschmackssache. Wo gehobelt wird fallen Späne – und nur wer was macht, macht auch Fehler. Ich halte die gelungene Überschrift für eine regelrechte Kunstform, die viel Originalität und Einfallsreichtum benötigt. Übertreiben sollte man es mit ihr freilich nicht. Die originelle Form sollte hinter dem Inhalt und der Aussage zurückstehen und sie nur treffend illustrieren und unterstreichen.

    http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,711117,00.html

  24. „..Wolf Schneider sagt: Wer reimt, opfert fast immer Sinn und stellt die Form über den Inhalt…“ Wolf Schneider hat fast immer Recht.
    („Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern.“)

    Die Stabgereimte Edda. Natürlich wussten wir das. Besonders gern wurde diese in Stabkirchen vorgetragen.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Stabkirche

    (Man macht mir meine Muse madig. – „Määäh“)

  25. Ist mir grad noch eingefallen: Titten, Thesen, Temperamente – gut, wa? (geeignet z.B. für Theaterkritiken)

  26. Darf ich in diesem Zusammenhang auf eine andere verbreitete Unart einiger Journalisten hinweisen? Ich weiß nicht genau, warum man heutzutage Gruppen von Personen oder Dingen immer und immer wieder mit „… und Co.“ umschreiben muss. Eine (ganz) kleine Auswahl, die sich ohne weitere Recherche, nur beim normalen Konsumieren innerhalb einiger weniger Tage ergeben hat:

    Audi A7, BMW X3 & Co.
    Drängler, Blockierer & Co.
    Bangkok, Barcelona & Co. (alle auf fr-online.de am 2.8.)
    lahm, van bommel und co.
    robben und co. (beide gehört beim Deutschlandfunk am 3.8.)
    Sicherheitslücken bei Smartphone und Co. (tagesspiegel.de am 4.8.)
    Buffett, Gates und Co. (spiegel.de am 5.8.)
    Verwirrung um die Sicherheit von Blackberry, iPhone & Co. (tagesspiegel.de am 6.8.)

    Bitte, liebe Journalisten, falls Ihr das lest: Bitte, bitte hört damit auf! Danke!

  27. Und was ist mit „Super-Symbolfotos“, „Chronisch krank“, „Hirschhausens Hybris“… ;-)

    Nicht dass wir uns falsch verstehen, ich mag Alliterationen. Sie sind mir jedenfalls lieber als diese belanglosen Überschriften in vielen Blogs und Online-Medien, deren einziger Zweck darin besteht, Google zu gefallen.

  28. Falls das noch nicht herausgearbeitet wurde: Interessante, zuspitzende bis spektakuläre Überschriften sollen Texte spannend und spektakulär machen und zum Lesen und Anklicken von Artikeln animieren. Journalisten kommen mit guten Überschriften also ihrem Grundauftrag nach.
    Bei Onlinemedien hinkt die interessante Komposition der Überschrift aber leider in der Regel der Komposition der Texte hinterher. Ich würde mir wünschen, dass auch die Texte ähnlich zugespitzt und fokussiert werden würden wie die Überschriften – damit man sich nicht ständig nur durch gleichförmige Massen von hart angerührtem Textbeton kämpfen muß (auch ein gutes Bild, nä?).

  29. An den Hausherrn: hier „(Hajo Schumacher nennt sich für seine Lauf-Kolumne Achim Achillles. Sie können sich selbst einen Reim drauf machen, müssen es aber nicht.)“ hat sich bei „Achilles“ ein l zuviel eingeschlichen.

  30. Ich finde diesen Eintrag interessant, aber etwas albern. In der Aufzählung wirken doch alle Stilmittel lächerlich.

  31. @59: Das stimmt zwar, aber diese Beispiele sind ja nicht über Jahre gesammelt – beim Spiegel häuft es sich wirklich so extrem.

  32. Sehr amüsant und so treffend. Herzlichen Dank dafür.

    Die SpOn-Redaktion freut sich und legt sich heute besonders ins zeug:

    „Thor Steinar“-Prozess: Sieg für den Satire-Storch
    (…)
    „Storch Heinar“ hat einen Sieg im „Nürnberger
    Modeverbrecherprozess“ errungen (…)“

    Für viele Preise vorgeschlagen wird sicherlich auch die Abhandlung:

    „Kommunikationshilfe – Orang-Utans nutzen gezielte Gesten“

    Das Leben ist schön!

    Viele Grüße
    Mike

  33. Habe das gerade Mal zum Anlass genommen und gestöbert und bin darauf gestoßen (sehr schön, weil beide Zeilen den gleichen Buchstaben nutzen):

    Premierenfieber in der Pubertät
    Panik nach dem Pannen-Sex

  34. Nun ja, zugegeben, dass die Verwendung von Stabreimen in dieser geballten Häufigkeit etwas ermüdend wirkt. Aber es gibt Dutzende schlimmere Dinge, die man einer Überschrift antun kann, und manchmal sind Alliterationen auch nicht wirklich schlecht. Ich muss sagen, dass ich das Thema hier ein klein wenig aufgeblasen finde – auch wenn die Lächerlichkeit allzu offensichtlich bemühter Stabreimfindung à la „Pinkepinke-Plan“ außer Frage steht.

  35. Ich finde das sehr mutig von den Spiegel-Online-Autoren. Mir wurde noch beigebracht, dass meine Hände abfallen (oder schlimmeres), sollte ich jemals Alliterationen verwenden – selbst Doppelkonsonanten treiben mir noch immer Angstschweiß auf die Stirn. Aber diese jungen Dinger von heute im Internet sind ja wirklich … radikal!

  36. Noch ein Vorschlag: Die Alliterationen nicht auf die Überschriften beschränken. Dann lesen wieder mehr Leute die Artikel, und wenn es nur ist, um die Alliterationen hier einzustellen.

  37. Als Nichtbetroffener muss ich einmal eine Lanze für die wohl bekanntesten Alliterationen brechen, welche die geniale Dr. Erika Fuchs der deutschen Sprache beschert hat, nämlich viele Namen von Bewohnern der bekannten Stadt Entenhausen. Was mit Donald und Daisy Duck noch vom US-Original determiniert war, setzte sich über Dagobert Duck und Daniel Düsentrieb fort bis hin zu ephemeren Schöpfungen wie Gundel Gaukelei, Eitel Gustav Eidergans und – IMHO unübertroffen – Schwindolar Schwan. Danke, Dr. Fuchs!

  38. @Stefan Niggemeier
    Zitat „Sie meinen, „Pinkepinke-Plan” alleine wär’ noch nicht lächerlich?“
    Nee, Pinkepinke-Plan finde ich gut. Alleine Pinkepinke ist doch schön, noch dazu in einer Überschrift. Kennt jeder, ist altmodisch und daher originell.
    Die besten Grüße an Sie

  39. Da sich auch nach 73 Kommentaren noch niemand ein Lob für deine Überschrift abringen konnte: Danke für das schöne Wort „Spökes“. Gehört ins Lexikon der bedrohten Wörter (oder Worte?).

  40. Haha. Schöner Artikel.

    Als ich mit 16 Jahren (als Schülerin) im Wochenendjob noch Texte für die WAZ geschrieben habe, fand ich Alliterationen auch toll. War total froh, als man mich endlich selbst titeln ließ… ;-)

    Wer das absolut alberne alliterieren auch bestens beherrscht: „mobil“- das Kundenmagizin der Bahn.

  41. @Nele:
    Alliterationen *sind* auch toll. Jedenfalls in Maßen eingesetzt, genauso wie Salz oder Pfeffer.

  42. Ich bleibe dabei: Stabreime sind keine richtigen Reime. Denn: sie reimen sich nicht!
    Naja, aber wenigstens wird man von den Überschriften dann schon derart abgeschreckt, dass man das darunter stehende, das inhaltlich bei Spiegel online oft auch nicht viel mehr zu bieten hat, gar nicht lesen will.

  43. „Und irgendeine Frau hat in irgendeiner Studienarbeit über Überschriften in deutschen und italienischen Zeitungen geschrieben“

    Wie nett!
    Wenn man sie schon zitiert, kann man dann nicht wenigstens den Namen und den Titel der Arbeit nennen?
    Oder ist das auch irgendein Stilmittel, dass wir nur nicht kennen?

  44. @ Stefan Niggemeier:

    Klar, das hab ich gesehen, dass es verlinkt ist.
    Aber die Forrmulierung
    „Und irgendeine Frau hat in irgendeiner Studienarbeit über Überschriften in deutschen und italienischen Zeitungen geschrieben“
    klingt doch zunächst eher so, als erachte man das dann Folgende als nicht wirklich relavant, als wolle man sich davon distanzieren.

  45. Es stand zwar schon gleich im 4. Kommentar, aber auch ich musste sofort an die Pseudo-Reportagen auf RTL2 denken, die dort nächtens das sensationslüsterne Publikum zu befriedigen versuchen….
    Kleine Titelauswahl gefällig?

    Sonne, Spass und schräge Typen
    Futtern, fernsehen, faulenzen
    Chaos, Kisten, Katastrophen
    Verpfuscht, verformt, verzweifelt!
    Rotlicht, Rubel und Randale!

    Auch schön deren Bereitschaft, hübsche Reime zu erstellen:
    Alte Wohnung ade! Neue Bude olé!
    Aus mit Haus!
    Slips und Strips!

    Aber zugegebenermassen liest es sich recht flott, und eine gewisse Lust am Fabulieren ist nicht das Allerschlimmste, wenn der folgende Inhalt nicht auf ähnlichem Niveau verharrt.

  46. @Guardian of the Blind: Und das geht natürlich überhaupt nicht, dass man mal irgendwas als möglicherweise etwas irrelevant darstellt oder sich gar distanziert, gell? Das wäre doch unschön!

  47. #24 #79,81,82,84

    Auf der verlinkten Seite ist der Name nicht direkt ersichtlich, man muss noch zweimal klicken, um zu erfahren, dass es sich um Stefanie Gentners „Paralleltextanalyse in der Presse“ handelt.

    Warum Sie, Herr Niggemeier, wenn Sie doch den Namen kannten, Frau Gentner als „irgendeine Frau“, die in „irgendeiner Studienarbeit“ etwas schrieb, herabwürdigen, ist aber eine genauso gute Frage wie jene, was wohl jene Arbeit damit zu tun hat, dass Sie keine Alliterationen in Überschriften mögen. Die Polemik sollte schon noch die Richtigen treffen.

    Was anderes: Das Wattenmeer als die „Wiege des Wurms“ sticht m.M.n. doch aus den anderen plumpen Überschriften heraus. Allein das Bild im Kopf ist ein Kompliment an Timo Lindemann wert (sollte auch die Überschrift von ihm stammen).

  48. @Thomas #88: An dem von dir genannten Beispiel ist es ja auch nicht unbedingt die Alliteration, die den Würgereiz hervorruft… ;-)

  49. Ach Herr Niggemeier ist immerhin so ehrlich und gesteht sich sein persönliches Sommerloch mit diesem Beitrag ein. Immerhin lustiger als ein Blumentopf.

  50. @ Guardian of the Blind #82: Das ist mit Abstand der lustigste Kommentar, den ich in diesem Thread bis jetzt gelesen habe.

  51. Hier regen sich so viele darüber auf, dass Herr Niggemeier Alliterationen grundsätzlich ablehne.

    Ich für meinen Teil habe die Quintessenz des Artikels so verstanden, dass Alliterationen zwar per se kein schlechtes Stilmittel sind, jedoch (wie alles) im Überfluss an Qualität, an Besonderheit verlieren.
    Insbesondere dann, wenn eine Überschrift dadurch zu konstruiert und damit albern wirkt.

  52. Fast schöner als den Alliterationswahn empfinde ich den Zwang mit ständig neuen Wortkombinationen aufwarten zu müssen. Und dann immer schön mit Bindestrich – obwohl, der ist ja eigentlich out, vielleicht ist es auch nur ein „Minus“.
    Da fordern Datenschützer die „Info-Offensive“ – oh, entschuldigung – natürlich die Info-Offensive, denn Anführungszeichen sind im Gegensatz zum Bindestrich dann wirklich total out. Es gibt Anfass-Rechner, das Killer-Gen, den Nacktscanner-Deal, die Gardinen-Warnung, Serien-Superhelden, ein Fluchthelfer-Schicksal, eine Renn-Pappe, das Sieben-Sterne-Dorf, den Satire-Storch und die Pleite-Banker, und weil man bei den Anzeigen die Nähe zum redaktionellen Inhalt sucht, gibt es dort auch Mozzarella-Nudeln und Küchen-Irrtümer. Und das alles auf nur einer Startseite. Das Comeback des Binde-Strichs sollte man also feiern. Wobei ich mich da frage: Ist ein Spiegel-Redakteur dann auch ein Binde-Stricher?

  53. Oh – nicht zu vergessen, die Rotlicht-Radler. Gemeint sind übrigens nicht, wie man vermuten könnte, Bordsteinschwalben-Bikerinnen.

  54. @VonFernSeher: Wie jetzt, erst „würdigt“ Niggemeier jemanden „herab“ und dann muss der Leser auch noch 17mal klicken, bis er herausfindet, wer da eigentlich „herabgewürdigt“ wurde? Skandal!

  55. Wenn wir jetzt schon allgemein bei Dingen sind, die uns in der Presse ärgern, dann nominiere ich jetzt Satzkonstruktionen mit „neu erfinden“ zu den nervigsten Phrasen in der Medienlandschaft (auch wenn das nicht unbedingt in der Überschrift vorkommen muss). Ihr wisst schon: „XY hat auf seiner neuen CD den Jazz ganz neu erfunden“ oder, die Krönung: „XY erfindet sich selbst immer wieder neu“. WAS soll das bitte aussagen?

  56. SPONs Überschriftenwahn ist wirklich kaum auszuhalten, ich frage mich ob die das ehrlich echt ernst meinen. Die ZEIT will da aber scheinbar nicht nachstehen. So ein Blödsinn kommt dann dabei raus:

    „Das doppelte Löhrchen“
    http://www.zeit.de/2010/28/Kraft-Loehrmann

    ARGL! Für wie dämlich halten die eigentlich ihre Leser?

  57. Wie lesen Sie eine Zeitung, von oben nach unten, oder Wort für Wort? Lesen Sie nicht auch nur die Artikel, dessen Überschrift Sie lockt? Anscheinend haben die Autoren das erreicht, was sie wollten, Ihre Aufmerksamkeit! Somit hat die Überschrift ihr Ziel erreicht;-)

  58. das zdf ist ja vorreiter gewesen mit klaus kleber und gundula gause, was von switch reloaded ähnlich schön gewürdigt wird wie die SPON-überschriften von ihnen. merci!

  59. @ Thomas Hochgeschurtz
    Naja, das mit der Aufmerksamkeit ist zwar ein treffendes Argument – für die PR-Branche. Nach der Aufmerksamkeit setzt bei einem normalen Leser die Bewertungsphase ein. Und drei mal dürfen Sie raten was dieser mit einem journalistischen Produkt macht, das er dämlich findet?

  60. „Anscheinend haben die Autoren das erreicht, was sie wollten, Ihre Aufmerksamkeit!“
    Nö, das ist sogar doppelt falsch. Bloße Aufmerksamkeits-Erregung(wobei fraglich ist, ob die überhaupt erzeugt wird) durch die Überschrift wäre wohl selbst der „BILD“ nicht genug, sofern kein Interesse beim Leser generiert wird, den darunter stehenden Artikel zu lesen, oder zumindest die Zeitung zu kaufen. Bewirkt die Überschrift aber genau das Gegenteil, wurde ihr Ziel eben nicht erreicht, sondern krass verfehlt.

  61. Ach, und da hatte ich doch zu den Reglementierungstiraden des schneidigen Sprach-Rittmeisters Wolf Schneider („Schwadron still gesessen!“) mir mal die Mutter aller Homoioprophora notiert: „O Tite, tute, Tati, tibi tanta, tyranne, tulisti“, Ennius, frührömischer Historiker). Jetzt muß ich wohl meine Asservatenkammer ergänzen um eine Nörgeli-Novität: „O Nigge, namque novi nihil nulla, nugator, notasti“.

  62. Falls das noch nicht herausgearbeitet wurde: Interessante Überschriften sollen Texte nicht nur spannend und spektakulär machen, sondern dies insbesondere auch in der Hinsicht tun, die Quintessenz eines Artikels, sein Wesentliches auf den Punkt zu bringen. Ich halte das Überschriftenwesen in Deutschland trotz gelegentlicher Übertreibungen eigentlich für sehr gut entwickelt. Viele Überschriften kommen gut, originell nicht selten sogar originell witzig auf den Punkt – leider oftmals besser als die dann folgenden recht zähen Artikel selbst. Die Würze der Kürze (sic!) der Überschriften sollte genauso auch für deren Hauptfracht, die Artikel gelten.

  63. Auch ich finde, dass „Wiege des Wurms“ heraussticht.

    Dort liegt poetische Kraft. Rhythmus.

    Und dann noch zusammen mit „Weltnaturerbe Wattenmeer“!

    Man beachte, wie das „u“ aus „natur“ im Wurme wieder aufgenommen wird, ja, jetzt in all seiner schlammigen (ich meide das Adjektiv „wattigen“) Wucht zur vollen Geltung kommt.

    Zu würdigen auch die Evokation des Wellenganges durch das Wort Wiege.

    Und all das kommt unangestrengt daher, nachgerade beiläufig.

    Das ist eine, tja: poetische Perle, die in dieser Aufzählung nicht ihren Platz finden sollte.

  64. @jt 110

    Herzlichen Dank für den Gebrauch des Wortes „nachgerade“. Es wird viel zu selten benutzt. ;)))

  65. Herr Niggenmeier, wie wär’s mit einem Bericht mit dem Titel: „Medien, Macher und Moneten“? Da gäbe es doch sicher einges mehr aufzudecken als bei ein paar lahmen Überschriften :-)

  66. Na gut, wenn hier gesammelt wird, darf auch folgender interessanter Titel aus dem Spiegel-Forum nicht fehlen:
    Dumm, dick, unglücklich – sind an allem die Gene Schuld?
    http://forum.spiegel.de/showthread.php?t=19037

    Den Hinweis von jt auf die Beiläufigkeit von Überschriften finde ich auch sehr wichtig. Überschriften sind zwar für Artikel im speziellen und ganz allgemein nicht unbedingt unwichtig – aber auch nicht nachgerade wichtig. Wer sich daran aufg°^Wdarüber aufregt, kann sich auch schnell dem Verdacht aussetzen, dass er sonst nichts besseres und wichtigeres zu tun hat.

  67. @ jt
    Gut, Sie haben mich überzeugt. Ich werde mein nächstes Buch einfach „Wiege des Wurms“ nennen – oder vielleicht doch „Ziege des Zorns“? Mal gucken.

  68. @ JO
    Einworttitel sind besser.
    Ich übergebe Ihnen hiermit: Wogenwiege.
    Brentano, so will es scheinen, hat es schon einmal benutzt, aber sonst ist es rein wie Schnee.

    @
    Lena Maldeites
    Sie halten wirklich
    „das Überschriftenwesen in Deutschland trotz gelegentlicher Übertreibungen eigentlich für sehr gut entwickelt.“
    ?

    Das finde ich … nein, ich glaube, ich mache besser weiter mit Brentano:

    „Romanzen vom Rosenkranz“

    Und jetzt? Die deutsche Romantik, eine einzige Titelversaubeutelungsmaschine?

  69. Klasse Artikel – oder vielmehr „toller Text, alle Achtung“ ;)

    Da ich auch „Götter, Gräber und Gelehrte“ im Bücherregal hatte als Kind, bin ich vermutlich unbewußt positiv vorgeprägt und finde Alliterationen sparsam eingesetzt sehr angenehm. Erst diese RTL2-Titel in den 90ern (Sonne, Saufen, Sackhüpfen – Mallorca massiv“ haben mir das etwas verleidet und klar gezeigt wo es peinlich wird.

    Dass SpOn da so oft überzieht – der Pinkepinke-Plan ist ja nun wirklich schon eine Frechheit – ist erstaunlich – kann ich mir nur durch Personalkürzungen in der Schlussredaktion erklären.

    Apropos Pinkepinke-Plan: Zustimmung zu Larry #94, dieser Wahn ständig neue zusammengesetzte Worte zu erfinden („Info-Offensive“) ist eine mindestens genauso häufig anzutreffende Marotte der s.g. Qualitätsmedien. @Stefan: dazu würde ich gerne auch mal einen satirischen Artikel lesen.

  70. Poetische Perlen im Blasentang,
    Wiegende Würmer im Wellengang,
    Einsiedlerkrebse im Rückwärtsgang,
    Es wartet das Watt stets sechs Stunden lang.
    Und dafür gebührt im gehöriger Dank.
    Die Seehunde bellen Sirenengesang.

  71. […] das meistbesuchte deutsche Nachrichtenportal bewegt, kann man ganz gut nachvollziehen, wenn man Niggemeiers Headline-Sammlung liest. Wäre alles doppelt so lustig, wenn wir es hier nicht mit einem deutschen Leitmedium zu tun […]

  72. @ jt

    Hat Brentano nicht auch den Artikel „Entweder wunderbare Geschichte von Bogs dem Uhrmacher, wie er zwar das menschliche Leben längst verlassen, nun aber doch, nach vielen musikalischen Leiden zu Wasser und zu Lande, in die bürgerliche Schützengesellschaft aufgenommen zu werden Hoffnung hat, oder die über die Ufer der Badischen Wochenschrift als Beilage ausgetretene Conzert-Anzeige“ verfasst? Pointierte, romantische Überschriften – eine Mär! „Wogenwiege“ ist dafür wirklich rund.

  73. Auch verblüffend: „Guttenberg zweifelt an freiwilliger Wehrpflicht“ (DPA-Meldung v. 29.07.2010)

  74. @jt
    Dass ich das Überschriftenwesen in Deutschland trotz gelegentlicher Übertreibungen eigentlich für sehr gut entwickelt, nun, relativieren wir mal auf recht gut entwickelt herunter, halte – kann natürlich nur ein ungefährer (ephemerer) Gesamteindruck sein. Ich finde die Überschriften im Leitmedium SPON, aber auch in anderen Titeln (etwa der frechen taz ) jedenfalls oft ganz originell. Heutiges aktuelles originelles Beispiel in SPON : Schwarz-Gelb vergoogelt sich.

    Da Überschriften selbst oft witzig sind bzw. sein sollen, sollte man das Thema auch nicht zu ernst und wichtig nehmen. Auch im Witze- und Spaßmachen bei Überschriften gelingt halt nicht alles, aber nichtsdestotrotz einiges bis vieles. Witzige Überschriften und Alliterationen sind doch längst ein journalistischer Volkssport, den man mit solch kritischen Artikeln vorerst wahrscheinlich eher weiter anheizt als eindämmt.
    Wie im gestrigen Perlentaucher zu besichtigen: Ach, und übrigens: Bei Dumont-Schauberg herrscht interne Pressevielfalt. Die „FR“-Überschrift zum Geburtstagsartikel über Iris Berben (sie wird sechzig!) heißt „Hirn statt Hintern“. Die „Berliner Zeitung“ gibt dem identischen Artikel eine berlinerischere Überschrift: „Knackhirn statt Knackarsch.“
    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,711441,00.html

  75. Ich habe iÜ den Verdacht, dass wir es mit einer

    atavistischen Abwehrhaltung angesichts alberner Alliterationen

    zu tun haben, die auf einen Dr.-Erika-Fuchs Kindheitstrauma beruht, weil uns derartige Wortgespiele aus Disney-Comics bekannt sind, die (damals) nicht als Qualitätsmedien galten.

    S. auch Eintrag 70.

  76. Das ist sozusagen nur die Spitze des Eisberges. Die Überschriften bei SPON sind immer sehr „gehauen“. Oft meint man zu sehen, dass in die Überschrift mehr Denkerschweiss geflossen ist, als in den Artikel.

  77. Bei der hiesigen geballten Aufzählung von Alliterationen und anderer literarisch und witzig wertvoller Überschriften in SPON und anderswo könnte man leicht den Eindruck bekommen, dass sie die überwiegende Regel sind. Bei einem kurzen Blick auf Spiegel Online und sämtliche andere Medien kann man aber schnell feststellen, dass sie vielmehr die absolute Ausnahme sind. Die Regel sind sachlich völlig nüchterne Überschriften zum betreffenden Thema. Aliterationen u.ä. sind quasi nur stark meinungsgetönte I-Tüpfelchen, Aufheller und Auflockerer in einem sonst völlig normalen Überschriftenmeer – wie etwa heute „A Guide for Guido“ auf ZEIT Online. Damit der Nachrichtenquark nicht ganz so eintönig daher kommt. Das hat meine vollste Unterstützung. Medienkritik ist gut, wenn sie wenigstens halbwegs objektiv und gerecht bleibt.

  78. Peer Schader hat sich heute die Überschrift „Teenies, Tiere und Tattoos“ verkniffen, dabei kommt im Text ein wunderbares „adipösen Adoleszenzanwärter“.

  79. Ich weiß nicht, ob ich diese Aufzählung zweifellos nicht immer glücklicher Überschriften bewundernswert (Fleiß!) oder lächerlich und traurig (auch:Fleiß!) finden soll. Wieviel Zeit haben Sie damit verbracht? Und was bringt es, auf die armen Praktikanten und Volos bei Spiegel Online einzudreschen, die wahrscheinlich die meisten der kritisierten Überschriften verfasst haben?! Wird unser aller Leben besser, wenn die nicht mehr alliterieren? Oder wenigstens Ihres? Und, mal ehrlich: Ist das alles nicht schnurzpiepegal? Da hatten Sie in der Vergangenheit schon relevantere Themen. Also: Das Pinkepinke-Ding wäre was Kurzes wert gewesen, aber in dieser vebissenen Ausführlichkeit kommt’s irgendwie, na ja, verbiestert daher.

  80. Überschriften im allgemeinen und Alliterationen im speziellen sind durchaus ein würdiges und beachtenswertes Thema für Medienkritik. Nur sollten im Sinne solcher Medienkritik dabei die Relationen nicht aus dem Ruder laufen. Solch geballte Aneinanderreihung von Alliterationen gewürzt mit Wertungen wie Alliteratitis und Alliterationswahn erweckt leider den unzutreffenden Eindruck, dass Medien-Deutschland quasi unter der Last einer Alliterations-Lawine leiden würde. Davon kann ja nun gewiss keine Rede sein. Alliterationen sind allenfalls eine manchmal originelle, manchmal nervige Randerscheinung – und als solche sollte man sie dann auch einordnen und darstellen. Die besonders gepfefferten Überschriften in SPON und anderswo finde ich in der Regel ganz originell – damit kriegen Medien eine gewisse Würze. „IBAN, die Schreckliche“ trifft das Thema ja z.B. bestens und originell, finde ich. Über sonstige merkwürdige bis schwulstige Wortdrittelungen gucke ich gelassen hinweg bei den kaum auffälligen Spurenmengen, in denen sie vorkommen. Etwas nerviger sind solche Wortspiele schon an etwas herausgehobenerer Position bei Themenansagen in Fernsehmagazin-Vorschauen, bis in Tagesthemen und heute journal hinein. Wenn dann in der Vorschau Beiträge vermeintlich fetzig an einer Wortkette aufgehangen werden wie: Aufgehängt Doppelpunkt Thema – Aufgespießt Doppelpunkt Thema – Aufgefunden doppelpunkt Thema. Das soll originell wirken, wirkt an solcher Position dann aber wirklich nur noch überbemüht nervig und aus den Fingern gesogen.

  81. Ich glaube, hinsichtlich Überschriften besteht das Mißverständnis, dass sie immer nur klug oder gar besonders klug sein sollen. Überschriften sollen mitunter auch einfach nur auf gewollt plumpe Weise originell sein. Zumal ja auch nicht sämtlicher Spaß unbedingt sonderlich intelligent ist. Wenn „Nokia macht Münze mit Milch” tatsächlich eine Anlehnung an “Milch macht müde Männer Munter?” sein soll, halte ich das zumindest für eine ausgesprochen gelungen dumme Anlehnung, quasi für nicht unbedingt dumm im dummen Sinne oder für dumm dumm. Noch besser wäre vielleicht gewesen “Nokia macht Münze mit Mülch”, im Sinne des Umlautreims. Wenn schon reimen, dann rüschtisch.

  82. Ach, wie schön – ein Muntermacher aus der Altsteinzeit der Alliteration, in persona Paulchen Kuhn. Dann aber auch richtig: „Milch macht müde Männer munter, Milch macht Männern Mut – und misch ich noch ’nen kleinen Klaren drunter, dann schmeckt das Zeug noch mal so gut“. Wohl bekomm’s.

  83. Muntermacher – das erinnert mich gleich an die subtilen Schenkelklopfer von Fips Asmussen, der in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben darf.

  84. Auf der Seite 3 in der Süddeutschen ist heute über einem Artikel über Steinmeier und seine Frau zu lesen: „Ein Herz und eine Niere“. Auch ohne Alliteration können Überschriften also peinlich sein.

  85. Oder: …
    Nein, das naheliegendste aller Wortspiele mit „Nieren“ mache ich jetzt aus Pietätsgründen nicht.

  86. Lustig, wenn man sich bei SpOn über Plasbergs Alliterationen echauffiert:
    „…um ihn dann doch lieber zu fragen: „Können Sie Kanzler?“
    Darauf erwartet Plasberg dann zwar selbst keine vernünftige Antwort, aber immerhin ist es eine schöne Alliteration gewesen. Klingt knackig, Kanzler und Können.“

  87. Die deutschen Flattr-Charts im August…

    Die Liste der 25 meist-geflatterten deutschsprachigen Textbeiträge im August: Spreeblicks Spreeblasenlampe, Streetview-Argumente, Sauerland vs. Loveparade-Aufklärung, GVU…….

  88. Herrlich amüsante Sammlung.

    Erschreckend jedoch ist, dass sehr viele Leute Seiten wie SPON oder BILD als Journalismus interpretieren und nicht sehen, dass sie ausschließlich der Unterhaltung dienen. Der informative Charakter dieser Portale liegt schließlich ganz unten im Keller.

Comments are closed.