Stephen Frys Plädoyer für die BBC

ARD und ZDF sind nicht die einzigen Sender, die sich kniffligen Fragen stellen müssen nach dem Selbstverständnis öffentlich-rechtlichen und gebührenfinanzierten Rundfunks in der neuen Medienwelt. Die BBC ist in einer ähnlichen Situation — die britische Medienaufsicht Ofcom untersucht gerade, in welcher Form Public Service Broadcasting (PSB) in Zukunft organisiert und finanziert werden kann und soll.

Als Beitrag zur öffentlichen Debatte hat die BBC eine Vorlesungsreihe ins Leben gerufen. Zum Auftakt sprach die Fernsehlegende Sir David Attenborough, am vergangenen Woche der große Stephen Fry.

Sein 40-minütiger Vortrag ist außerordentlich sehenswert — nicht nur, weil ungefähr alles, was Fry macht, klug und unterhaltsam und außerordentlich sehenswert ist.

Manche seiner Gedanken sind vielleicht nur vor dem besonderen Hintergrund der (von mir heißgeliebten) britischen Kultur verständlich. Etwa wenn er über den Wert von Comedy für die Gesellschaft spricht:

Comedy had been my rock and roll as a child and now I was allowed to do it for a living. There is an argument that comedy is a greater public service than any other genre of art or culture: it heals divisions, it is a balm for hurt minds, it binds social wounds, exposes real truths about how life is really led. Comedy connects. The history of BBC comedy in particular is almost a register of character types, a social history of the country. Hancock, Steptoe, Mainwaring, Alf Garnett, Basil Fawlty, Baldrick, Victor Meldrew, Alan Partridge, Ali G, David Brent, the matchlessly great General Melchett — it is much harder to list character types from serious drama who have so penetrated the consciousness of the nation and so closely defined the aspirations and failures of successive generations. A public service broadcasting without comedy is in danger of being regarded as no more than a dumping ground for worthiness. Seriousness is no more a guarantee of truth, insight, authenticity or probity than humour is a guarantee of superficiality and stupidity. Angels can fly because they take themselves lightly.

Aber Frys Vortrag hat auch für die deutsche Debatte Relevanz.

Nun sind ARD und ZDF nicht ganz vergleichbar mit der BBC. Sie ist einerseits in einem viel stärkeren Maße eine nationale Institution Großbritanniens, die eine gemeinsame kulturelle Identität stiftet, und strahlt andererseits aufgrund der englischen Sprache (und der britischen Geschichte) viel mehr in die Welt aus. Die Kreativität dieser Organisation in den vergangenen Jahrzehnten ist einzigartig.

Aber eine Kernfrage der aktuellen Debatte ist dieselbe: Wollen uns wir in Zeiten, da es keine Knappheit mehr an Frequenzen und Kanälen mehr gibt, noch einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk leisten, der alles produziert: banale Unterhaltung ebenso wie seriöse Informationen, Gameshows ebenso wie Auslands-Reportagen? Ist es richtig, dass die BBC auch die englischen Versionen von „Let’s Dance“ und „Big Boss“ zeigt? Oder sollte sich die Gebührenfinanzierung beschränken auf jene Programme, die der Markt nicht hervorbringt? Es geht, anders gesagt, um den in Deutschland systematisch missverstandenen Begriff der „Grundversorgung“. Gemeint hat das Bundesverfassungsgericht, das ihn geprägt hat, damit alles: Das komplette Fernsehprogramm, das die Menschen sehen wollen und sollen, quer über alle Genres und Ansprüche. Benutzt wird er meist im Sinne einer Mindestversorgung: nur die Programme, die das Privatfernsehen nicht zeigt, weil sie zu teuer sind oder zu wenige Zuschauer haben, die aber irgendwie hochwertig oder wichtig oder wenigstens erwünscht sind.

Stephen Frys Antwort ist eindeutig:

(…) Even the most immoderately free market media analyst or commentator I have heard or read would concede that there is a need for good impartial news coverage; that a nation deserves access to programmes that reveal truths about themselves and the world. But mostly they would argue too that if that is what the BBC is to provide, it can be slimmed down, the corporation can lose the need to make its Doctor Who and Strictly Come Dancing, its populist forays can be taken care of by ITV, whose audience share would concomitantly rise, narrowing its dreaded gap, while money would be freed from retrenching the BBC’s ambitions in the digital world, in film‐making, in popular TV, in sporting occasions, money that could create better PSB programming and allow Channel 4 access to money that would spare us more The Boy Whose Testicles Play The Harpsichord. (…)

But what would that BBC then be? Who would watch it? How could an audience be brought to a channel that showed nothing but worthy programming, no matter how excellently produced? Isn’t the whole point of the BBC as a major channel, a real player in TV production across the spectrum of genres and demographics, isn’t the whole point of that BBC its ability to draw audiences into PSB programming by virtue of their loyalty and trust in a brand that provides entertainment, pure and simple? (…) In a sense the nature of the BBC as it is, ‚gives permission‘ to all kinds of people to watch
programmes they otherwise might not. What is the alternative, a ghettoised, balkanised electronic bookshop of the home, no stations, no network, just a narrowcast provider spitting out content on channels that fulfil some ghastly and wholly insulting demographic profile: soccer mum, trailer trash, teenager, gay, black music lover, Essex girl, sports fan, bored housewife, all watching programmes made specifically for them with ads targeting them. Is that what we mean by inclusivity? Is that what we mean by plurality? God help us, I do hope not. (…)

Do we have to make a distinction [between entertainment and public service broadcasting]? That’s the point surely. (…) I have to be personal again. I wanted to make a pair of films about bipolar disorder, did I have to believe that I was making a public service series? Could I not believe as I did, that I was making two television programmes that I hoped as many people as possible might watch, just as I would hope if I was making a drama or a comedy? Yes, those couple of films on manic depression may well have fulfilled a public service, one that could be uniquely followed up via the BBC’s resources on radio, on websites and on help‐lines, but the gratifying large audience that tuned in, did they do so because it was public service broadcasting? How insulting to everyone concerned is that? (…)

You know when you visit another country and you see that it spends more money on flowers for its roundabouts than we do, and you think … coo, why don’t we do that? How pretty. How pleasing. What a difference it makes. To spend money for the public good in a way that enriches, gives pleasure, improves the quality of life, that is something. That is a real achievement. It’s only flowers in a roundabout, but how wonderful. Well, we have the equivalent of flowers in the roundabout times a million: the BBC enriches the country in ways we will only discover when it has gone and it is too late to build it up again. We actually can afford the BBC, because we can’t afford not to.

Stephen Frys Vortrag: als Video, als Audio, als Transkript.

58 Replies to “Stephen Frys Plädoyer für die BBC”

  1. Endlich mal Videos von der BBC im Internet, welche nicht nur „avaidable in the UK“ sind. ;)
    Aber interessant, dass mit eigener Kritik so offen umgegeangen wird. Wenn in Deutschland „das Fernsehen“ eine Diskussion über sich selbst startet geht da ja öfter, wenn nicht immer die Objektivität baden und es bleibt einzigst der emotionale Faktor.

  2. Den Artikel sollten sich mal Herr Knüwer und Herr Hanfeld durchlesen, die ja permanent Propaganda für den BDZV machen. Das Rumgeheule der Verleger nervt unglaublich, vielleicht sollten die sich auch im Netz einfach dem Qualitätswettbewerb stellen.
    Natürlich muss man den die ÖR standig für Sachen wie Bruce, Brisant und Hallo Deutschland ohrfeigen, aber Fry hat schon recht, wenn die nur noch anspruchsvolle Sachen machen würden, würden 60% der Bevölkerung fragen, warum sie Gebühren zahlen.

  3. Fry ist Gott. So einfach kann das sein. Man kann viele exzellente Sachen von ihm bei den einschlägigen Videoseiten finden. Und als Bettlektüre „The Hippopotamus“ – der kann nämlich auch noch schreiben, dass die deutschen Literatenelite blass wird…

  4. Es ist schon lustig, wenn man in britischen Foren liest, wie sich die Leute über die Beep aufregen. Man möchte diese Leute gerne auf das europäische Festland verbannen und ihnen bsp. zeigen, was in Deutschland unter Comedy verstanden wird.
    Natürlich ist auch bei der BBC nicht alles Gold was glänzt. Trotzdem hat die BBC mit ihren beiden Vollprogrammen glänzende Einschaltquoten.
    Mit Torchwood und Dr Who hat man Serien im Programm, über die ganz Britanien spricht. Eine Serie wie „The Street“, die gerade mal wieder einen BAFTA-Award abgeräumt hat, zeigt sozialkritisch das Leben auf der Insel. Und gerade vor kurzem bekam „Kombat Opera presents“ völlig verdient eine Rose d’or.
    Schließlich halte ich sowohl Jonathan Ross als auch Graham Norton für vorzügliche Moderatoren.
    Außerdem danke ich der Beep für die zweiteilige Doku von Herrn Fry über AIDS die um 21 Uhr für jeweils eine Stunde ausgestrahlt wurde.
    Jede Sendung im britischen Radio kann man mit dem iPlayer jeweils eine Woche lang anhören. Die Mediathek der ARD ist dagegen eine Katastrophe.

  5. Danke für den kleinen Einschub zum Thema „Grundversorgung“. Ich verfolge schon eine Weile eine Theorie, dass dieses Wort bei einer Rankingshow der am häufigsten falsch verwendeten Rechtsbegriffe ziemlich weit vorne landen würde. Und das obwohl das Bundesverfassungsgericht den Begriff ziemlich klar erläutert hat.

  6. Stefan, danke für den Hinweis auf diese tolle Rede von Stephen Fry. Es ist wirklich ein Vergnügen ihm zuzuhören. Fry ist umgänglich und so unglaublich einfach im Miteinander – faszinierend. Ich hatte das Vergnügen ihn im vergangenen November in New York bei den International Emmys zu interviewen und war überrascht, dass er – wie jetzt in dem Beitrag auch wieder – wirklich bei allen technischen und medialen Entwicklungen ganz vorne mit dabei ist. Kein Vergleich zu den peinlichen Situationen, wenn man selbst manchen Senderverantwortlichen in Deutschland zu Zattoo oder iTunes befragt und nur peinlich berührte Standardantworten hört, weil man nicht im Thema ist. Vor dem Hintergrund sind seine Worte noch glaubwürdiger, weil er wirklich weiß wovon er redet. Das wäre ohnehin ein Segen im Mediengeschäft. Man sollte z.B. nie einen ARD-Verantwortlichen in der PM zur Mediathek sagen lassen, dass die Mediathek zeige, was die ARD-Anstalten leisten könnten. Wer nur einen Blick auf die Mediathek geworfen hat, würde es mit den Worten „Nicht viel“ kommentieren.

  7. Teil des Problem an der Debatte über ARD & ZDF ist leider dass die deutschen ÖRs selber diverse Flanken offen lassen, sich nicht reformieren und damit angreifbar machen.

    Die BBC entblößt mit ihrer Vorlesungsreihe nicht nur die Kritiker dieser speziellen Ausprägung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunksystems, sondern auch ARD & ZDF selber. Man ist in Deutschland leider nicht in der Lage von innen heraus eine gleiche qualitative und strukturelle Debatte zu führen, wie es die BBC seit Jahren und auf diversen Feldern tut: Webauftritt, iPlayer, Einsatz der Digitalkanäle, bewusste Dezentralisierung etc… sind keine Schnellschüße, sondern teils jahrelang vorbereitete Strategien.

    Strategie der deutschen ÖRs scheint sich auf das bloße Abstecken und Verwalten von Claims zu beschränken. Insofern wäre ich für gezielte Tritte in Öffentlich-Rechtliche Weichteile zu haben, aber nicht für Pawlow’sche Reflexe der Hanfeld-Knüwer-Meyer-Luchts.

    Deswegen greift es zu kurz wenn man das Thema „Grundversorgung“ nur als eine Art Checkliste versteht, bei der bestimmte Inhalte abgehakt werden können. Die Diskussion sollte sich nicht nur darum drehen, ob ARD & ZDF Sportveranstaltungen, Comedy und Volksmusik zeigen dürfen, sondern wie sie es machen.

    Die Diskussion sollte sich nicht darum drehen, ob ARD & ZDF Jugendwellen im Radio besitzen dürfen, sondern ob es notwendig ist, dass mehr als ein halbes Dutzend Landesrundfunkanstalten ihre eigene 24h-Jugendwelle haben, deren regionaler Bezug stark limitiert ist. Etc pp. Einer der Kernfragen ist es, ob die ARD nicht zuviel Föderalismus betreibt.

  8. Frys Argumente klingt für mich aus seinem Mund genauso hohl, wie es aus den Mündern der ÖR-Anstaltschefs auch klingt: Um relevant (am Markt) zu bleiben, muss man Zuschauer mit Irrelevantem (Stuss) binden.

    Das stimmt sogar (in einem Markt). macht aber das System, dass den ÖR die Pflicht auferlegt, mit den privaten Anbietern immer weiter mitzuwachsen, nicht weniger absurd und schon gar nicht billiger.

    Ich finde, ein ÖR Mindestversorger – oder sagen wir Restversorger, denn dynamisch das liefern zu können, was der Markt nicht hergibt, ist sicherlich besser, als auf ein einmal festgelegtes Portfolio beschränkt zu sein – wäre einen Versuch wert.

    Es wäre ein vierter Weg zwischem ÖR-Moloch, Staatsfernsehen und finanziell dauerkastrierten Non-Profit Systemen. Vermutlich werden die Briten ihn aber als erstes ausprobieren.

  9. […] Via Stefan Niggemeier: Der großartige Stephen Fry über die Vergangenheit und Zukunft der BBC, über die erste und zweite Folge von Doctor Who und über den Zeitpunkt, an dem seine Mutter den DRM-Schutz von iPlayer-Videos umgehen kann. […]

  10. @9: interessant, aber auch stimmig, dass dogfood über Pawlow’sche Reflexe schreibt…

  11. @9/Kai: Beim prinzipiellen Bewundern der BBC kann ich jederzeit mithalten, daher muss jetzt mal ein bisschen Salz in die Suppe. Die „teils jahrelang vorbereiteten Strategien“ sind beim näheren Hinsehen natürlich nicht unumschränkt wunderbar. Der iPlayer hat mehrere Jahre Entwicklungszeit gekostet (und auch der Public-Value-Test hat dabei seine Zeit gebraucht), die Dezentralisierung ist nicht ganz freiwillig passiert, sondern auch auf politischen Druck zurückzuführen (und sie spiegelt natürlich eine politisch-gesellschaftliche Entwicklung Großbritanniens wider), und im Netz hat die BBC schließlich viele merkwürdige Dinge gemacht (zum Beispiel als ISP aufzutreten: beeb.net). Zur Weichteildiskussion schweige ich als Betroffener, aber häufiger nach dem Wie zu fragen halte ich für eine exzellente Idee.

  12. „Den Artikel sollten sich mal Herr Knüwer und Herr Hanfeld durchlesen, die ja permanent Propaganda für den BDZV machen. Das Rumgeheule der Verleger nervt unglaublich, vielleicht sollten die sich auch im Netz einfach dem Qualitätswettbewerb stellen.
    Sorry, aber ich kann in diese ÖR Bejubelung nicht einstimmen.“

    Das Problem an den ÖR
    ist, dass niemand die Möglichkeit zur Beeinflussung hat. Man hat das ja an dem
    Killerspielebeiträgen der ÖR-Propagandamagazine gesehen. Wurde da von Seiten der ÖR
    Gremien irgendwie auf die sachlich und ausführlich vorgetragene Kritik eingegangen? Nein,
    die ÖR haben die Kritiker spüren lassen, dass diese für sie ein Fliegenschiss sind, weil die ÖR
    gegenüber solchen Leuten die uneingeschränkte Macht besitzen, zu berichten, was sie
    wollen. Und es gibt keine Möglichkeit sich dem zu verweigern. Man muss diese Leute
    finanzieren, ob man will oder nicht. Die Privatsender sind hingegen, wahrscheinlich um die Werbekunden nicht
    zu verschrecken, zu positiver Berichterstattung über Computerspiele verpflichtet. Also
    entsteht erst durch den Dualismus von Privaten und ÖR eine in der Gesamtheit objektive
    Berichterstattung.

    Das zeigt IMO auch das Problem, was viele ÖR-Fans meinem Eindruck nach nicht begriffen
    haben:
    Die ganze Idee, dass es objektive, unabhängige Medien gibt, ist doch nur ein
    Hirngespinst. Pressefreiheit erzeugt nicht dadurch Objektivität, dass es EIN unabhängiges
    Presseorgan gibt, sondern dadurch, dass es viele verschiedene Veröffentlichungen gibt, die
    unterschiedliche Meinungen vertreten, und die Gesamtheit dieser Berichte dem Rezipient die
    Möglichkeit gibt, sich eine Bild der Lage zu verschaffen, das dann auch hoffentlich der Realität
    nahe kommt.

    Aus diesem Grund muss der unkontrollierten Expansion der ÖR Einhalt geboten werden! Was
    passiert, wenn die ÖR auch eine elektronische Presse kreieren? Der seriöse
    privatwirtschaftliche Zeitungsmarkt geht kaputt. Und dabei ist es auch irrelevant, ob die
    ÖR eine Zeitung verlegen, es reicht eine zeitungsäquivalente Veröffentlichung im
    Internet, wie es sie ja heute schon teilweise gibt, weil die Zukunft der Zeitung in
    elektronischen Veröffentlichungen liegt. Warum gehen die anderen kaputt? Ja, weil es ja
    schon einen zwangsfinanzierten seriösen Anbieter gibt. Es gibt also keinen Grund mehr, für
    den Käufer irgendeine andere seriöse Zeitung zu konsumieren, denn er hat eine ja schon
    bezahlt.

    Deshalb ist der Widerstand der Verleger gegen die ÖR-Pläne meiner Meinung nach berechtigt.

    „Well, we have the equivalent of flowers in the roundabout times a million: the BBC enriches the country in ways we will only discover when it has gone and it is too late to build it up again. We actually can afford the BBC, because we can’t afford not to.“

    Blumen sind Blumen, aber bei Medien geht es um Macht. Ich finde es extrem erschreckend, dass so eine Gleichsetzung hier kritiklos geschluckt wird.

  13. Wenn ich mir anschaue, was für tolle Sendungen die BBC macht (Top Gear, Dr. Who, Charlie Brooker’s Screenwipe) und dass sie sich sogar ernsthaft Mühe gibt, „The Apprentice“ einigermaßen niveauvoll zu halten, muss ich immer feststellen, dass sich das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen schämen sollte. Die ARD will doch gar kein „Entertainment“ machen. Was sich die ARD unter Unterhaltung vorstellt, ist vertrocknet, bemüht, unkreativ und darf möglichst niemanden aufregen. Würde eine Sendung wie Top Gear, in der es eindeutig darum geht, Spaß zu haben und auch mal böse Witze zu machen, bei ARD oder ZDF möglich sein? Nein, weil das wieder viel zu schlimm wäre, man ist ja schon höchst empört über Schmidt & Pocher und duldet die Sendung gerade so, weil Harald Schmidt ein Aushängeschild ist. Oder Screenwipe, die britische Fernsehkritiksendung, deren deutsches Äquivalent wohl am ehesten Kalkofes Mattscheibe wäre. Kalkofe war sogar mal bei der ARD, aber sein Vertrag wurde nicht verlängert, weil sich irgendwelche Greise in der ARD beleidigt gefühlt haben. Würde eine Serie wie „Ein Herz und eine Seele“ heute produziert werden? Nein, um Himmels Willen, nur nichts inhaltlich Kontroverses machen oder Neuland betreten. Lieber noch eine Seifenoper. Oder irgendeine lahme Selbsthilfesendung mit einem Typen, den man den Privaten abgekauft hat. Was Fremdmaterial angeht, ist man bei den Öffentlich-Rechtlichen total merkbefreit. Da werden Comedyserien wie Harry und die Hendersons um vier Uhr nachts gezeigt, richtig große Kinofilme werden um 19.15 Uhr begonnen (wo jeder den Anfang verpasst, weil man 20.15 Uhr gewohnt ist) oder erst um 23 Uhr gesendet (wie letztens Notting Hill im Ersten), zu Weihnachten wird das gerne auch mal kombiniert. Das ZDF sendete am 28. Dezember 06 ab 19.15 Uhr hintereinander Men in Black, 3 Engel für Charlie und Austin Powers Goldständer, danach noch die Wiederholung von James Bond Goldeneye. Jeder Sonderschüler könnte das Programm besser planen.

  14. @ Peter Fischbach:

    „Die Privatsender sind hingegen, wahrscheinlich um die Werbekunden nicht
    zu verschrecken, zu positiver Berichterstattung über Computerspiele verpflichtet.“
    Ich glaube kaum, dass die Privatsender von den Werbegeldern der Computerspielfirmen abhängig sind, auch bei den Privaten sieht man durchaus Beiträge, die kritisch gegenüber Ballerspielen sind.

    „Was passiert, wenn die ÖR auch eine elektronische Presse kreieren? Der seriöse privatwirtschaftliche Zeitungsmarkt geht kaputt.“
    Das ist ja nun wirklich Käse, es gibt eine blühende private Radio- und Fernsehlandschaft, obwohl es den ÖR-Rundfunk gibt. Warum sollte das gerade in den Weiten des Internets anders sein? Da überschätzt man die ÖR aber gewaltig.

  15. Ich warte auf den Tag, ab dem ARD & ZDF auch Bäckereien und Tankstellen betreiben. Irgendwann wird das BVerfG den Begriff der Grundversorgung sicher auch darauf ausweiten.

  16. Ich vermute hinter den Versuchen der ÖR ins Internet oder aufs Handy zu kommen eher die Absicht, von jedem Rundfunkgebühren zu bekommen. Denn was zählt ist der Empfänger und nicht ob man guckt. Am liebsten wäre es denen doch, wenn in jeden Kühlschrank in D ein TV-Empfänger eingebaut wäre. Dann kommt keiner mehr an der GEZ vorbei.

    @Pjotr: Dann frage ich mich aber, warum wir nicht einfach ÖR Zeitungen machen? Die können das schon sehr gut, da brauchen wir nicht noch ARD und ZDF, die das im Internet nachmachen.

    Das GEZ-Konstrukt stammt zudem aus einer Zeit in der an Fernseh- und Radioverschlüsselung nicht zu denken war. Warum machen die ÖR nicht verschlüsseltes Programm, wer GEZ zahlt, bekommt Code und Empfängerbox?

  17. Privaten Rundfunk/Fernsehen als 2. Pol der Meinungsfreiheit vorzustellen empfinde ich als grotesk.
    Private Sender tragen doch überhaupt nicht zur politischen Bildung bei.
    Wenn es von dieser Seite Kokurrenz gäbe, so würde sie womöglich das Geschäft beleben – womöglich.

    Ich kenne die BBC nicht, um Vergleiche anstellen zu können.
    Womöglich beruht deren Reputation auch darauf, daß es international mehr Zuschauer gibt, die des Englischen mächtig sind, als des Deutschen.

    Es gibt bei den deutschen öffentlich-rechtlichen einiges, auf das man stolz sein kann, den Samstag abend und die Volksmusik zähle ich nicht dazu.

  18. Was bei den ÖR und der elektronischen Presse eher stört ist, dass sie den Eindruck vermitteln wollen, dass nur die ÖR unabhängig sind und Qualität liefern können.

    Und das ist einfach mal Unsinn.

  19. @Marc:

    Warum machen die ÖR nicht verschlüsseltes Programm, wer GEZ zahlt, bekommt Code und Empfängerbox?

    Weil der Gedanke hinter den Rundfunkgebühren nicht der ist, dass Leute gutes Fernsehen bekommen sollen, die es sich leisten können. Sondern, im Gegenteil: Dass eine Gesellschaft ohne gutes Fernsehen nicht auskommt und deshalb alle dafür zahlen sollen, auch die, die es dann gar nicht gucken.

    Ähnlich wie zum Beispiel praktisch jeder über Steuern öffentliche Büchereien mitfinanziert, auch dann, wenn er nie ein Buch ausleiht.

  20. Warum wird dann der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht über Steuern finanziert? Das wäre sozialer. So zahlen der Chefredakteur der Bildzeitung und der Bildblogger, der Porsche-Chef und der VW-Arbeiter das Gleiche an ARD und ZDF, egal, ob sie die Programme gucken oder nicht.

  21. @Pengyou: Weil er dann eine Art Staatsfernsehen wäre, jedenfalls abhängig vom Wohlwollen der Regierung, ihm entsprechend Mittel aus den Steuereinnahmen zuzuweisen. Die Einflussmöglichkeiten der Politik auf das Fernsehen (oder: der vorauseilende Gehorsam des Fernsehens) wären noch größer als ohnehin.

  22. @23:
    Dieser Aspekt überzeugt mich. Aber was ist mit der sozialen Komponente? Für die öffentliche Bücherei zahlt der Reiche mehr als der Arme. Warum nicht beim öffentlich-rechtlichem Rundfunk?

  23. [QUOTE]Für die öffentliche Bücherei zahlt der Reiche mehr als der Arme[/QUOTE]

    Ich lach mich schlapp. Erstens wird niemand dadurch reich, dass er Steuern zahlt. Mit der Umsatzsteuer führt „der Arme“ prozentual mehr an Vater Staat ab als „der Reiche“.

    Zweitens nutzen „Arme“ häufiger als Reiche ÖB. Und diese Nutzung sorgt für Gebühren, damit zahlt der Arme nochmal mehr.

  24. @ gerrit #26:

    Der größte Kostenfaktor für „Arme“ ist in der Regel Wohnen, also Miete zahlen. Miete ist in der Regel MWSt.-frei. Der zweitgröte Kostenfaktor ist Essen und Trinken. Dabei haben die meisten Produkte den verminderten MWSt.-Satz von 7 %. Wieso sollen jetzt Arme prozentual mehr MWSt. zahlen?

    Ihr zweites Argument kann ich noch weniger nachvollziehen. Nicht die Nutzung der ÖR sorgt für Gebühren, sondern die Bereithaltung zum Empfang (oder so ähnlich). Erstens kenne ich keinen „Reichen“, der keinen Fernseher hat und zweitens können ganz „Arme“ sich von der GEZ befreien lassen.

    Richtig „Reiche“ zahlen auch nicht nur einmal GEZ, sondern für ihren Fernseher zu Hause, den im Dienst-Porsche und den im Ferienhäuschen auf Sylt.

    Aber zurück zum Thema: ich bin ein Verfechter der ÖR im Grundsatz. Die BBC spielt zwar in einer anderen Liga, als ARD und ZDF – ich glaube das Beurteilen zu könne, weil ich mittlerweile seit 8 Jahren beruflich andauernd nach London muss – aber sie sind trotzdem notwendig. Ich mag Peter Klöppel, ich halte ihn für einen guten Journalisten, aber sein wir mal ehrlich – wer würde sich durch RTL aktuell tatsächlich informiert fühlen? Bei allen Problemen, die tagesschau, tagesthemen, etwas weniger heute und heute journal haben sind sie selbst an den schlechtesten Tagen von allem anderen boch weit entfernt.

    Aber auch frage mich immer wieder, ob wir 3sat, Phoenix, Arte, KiKa, dokukanal, theaterkanal, B5 alpha, gefühlt 37 dritte Programme und genauso gefühlt 200 Rundfunkprogramme in dieser Form brauchen?

    Wäre es nicht viel besser, wenn eine Operninszenierung, ein Theaterstück, kulturzeit oder Foyer in ARD oder ZDF gezeigt würden, als in 3sat?

    Sollte in den dritten Programmen nicht viel mehr lokales rlevantes gezeigt werden, statt bilige Propaganda (mein Heimatsender ist der Hessliche Rotfunk)?

    Man muss sicherlich das ÖR Sytem verändern, aber ihm Arme und Beine abschneiden, Augen und Ohren zukleben, damit es keine Gefahr mehr für die Privaten ist, ist defintiv der falsche Weg.

  25. Ich muss mal grade Sprach-Meckerer spielen. Das stimmt natürlich nicht: ich muss nicht – aber mir ist aber grade danach.

    „Nun sind ARD und ZDF nicht ganz vergleichbar mit der BBC.“

    Natürlich sind sie vergleichbar. Sie sind lediglich nicht glei ch.

  26. Ich werde halt – seitdem Internet-PCs zu Rundfunkempfängern wurden – das Gefühl nicht los ARD und ZDF könnte man auch mit FOB abkürzen – Fass ohne Boden.

    Denn die verfassungrechtlich garantierte Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Da kann der Staat wenig gegen tun, wie das letzte BVerfG-Urteil zu den Rundfunkgebühren zeigte.

    (Die Privatwirtschaft kann die Pressefreiheit wirtschaftlich schwacher Publizisten durch Abmahnungen weitaus leichter einschränken und untergraben als der Staat, aber das nur am Rande.)

    Verlage werden in ihren Expansionplänen (die sie ja auch im Namen der Pressefreiheit führen könnten) durch ein sehr effektives Instrument gebremst: Geld. Das ist immer knapp, also beschränkt man sich.

    Die Länder können die Vorschläge der KEF nur abnicken, das war es. Ich habe die Sorge, dass unter dem Vorwand der Pressefreiheit ARD und ZDF alles mögliche veranstalten, veranstalten können, weil es ja durch die Gebühren bezahlt werden muss. Denn wer will es wagen sich der Pressefreiheit entgegenzustellen?

    Und die Intendantenlogik geht ja so weit, dass sie die Unterhaltung als notwendig für die Pressefreiheit sehen, weil sie mit den – teilweise leichten und seichten – Formaten Audience-Flow generieren wollen. Wer „Tatort“ guckt, guckt danach auch „Anne Will“ weil er erstmal nicht umschaltet.

  27. Dass hierzulande „Grundversorgung“ gerne als „Mindestversorgung“ interpretiert wird, liegt wohl auch daran, dass bei ARD und ZDF trotz gigantischer Ausgaben meilenweit an diesem Ziel vorbei schießen.

    Wer sozial „grundversorgt“ sein will (also bei Mitschülern/Kollegen mitreden will), „braucht“ wohl eher die Privatsender. Bestenfalls Schmidt&Pocher, Tatort, Wetten, dass.. und die eine oder andere Seifenoper haben es geschafft, im Unterhaltungsbereich halbwegs relevant zu sein.

    Bei Nachrichten und Reportagen ist sowohl der Bedarf (Neutralität) eher ersichtlich als auch die reale Umsetzung besser gelungen. (Wenn man mal von billigen Boulevart-Magazinen absieht, die auch nicht deutlich besser sind als die privaten Varianten.)
    Deshalb wohl auch der Wunsch, das Geld lieber nur dort anzulegen, wo es auch etwas bringt.
    Den meisten Gebührenzahlern dürfte die von der EU kritisierte Konkurrenz zu Zeitschriften und anderen Internet-Angeboten wohl auch herzlich egal sein. Es geht ihnen nur darum, dass mit der Ausrede der „Grundversorgung“ das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus geworfen wird.
    Ich persönlich hätte für die Gebühren z.B. lieber eine gute „Tagesthemen-Seite“, die SpOn, FAZ & Co. Konkurrenz macht, als eine lieblose „Mediathek“, Partnerbörsen, und was sich die Leute dort noch alles einfallen lassen. Und ich denke mal, so ganz allein werde ich damit nicht stehen…

    Zur Grundversorgung brauche ich auch keine 50 Sender, von denen die meisten auch noch dieselben Wiederholungen bringen, und auch keine „Unterhaltung“, die keiner sehen will, weil sie nur ein erbärmlicher Abklatsch der ohnehin schon schlechten Original auf den Privatsendern ist.

    Bei der BBC sieht das offenbar ganz anders aus. Dort bekommt der Gebührenzahler auch gute Unterhaltung geboten, auf die er natürlich nur ungern verzichten würde.

    Aber wie will man die deutschen ÖRs dazu zwingen, sich hier zu bessern? Die nächste Gebührenerhöhung käme scheinbar auch durch, wenn sie auf 500 Kanälen ein Testbild senden würden und dafür 500.000 Mitarbeiter bräuchten…
    Mal ganz abgesehen davon, dass sich die ÖRs hierzulande schon ein derart mieses Image „erarbeitet“ haben, dass auch die besseren Sendungen Probleme hätten, ihr Publikum zu finden…


  28. Ich glaube kaum, dass die Privatsender von den Werbegeldern der Computerspielfirmen abhängig sind“

    Wie ist das mit Pro7Sat1DingensAG? Werden die nicht ungefähr jedes Jahr an einen neuen Fonds verkauft und müssen dann mehr Gewinn machen? Ich glaube nicht, dass die auf Werbekunden verzichten können.


    Das ist ja nun wirklich Käse, es gibt eine blühende private Radio- und Fernsehlandschaft, obwohl es den ÖR-Rundfunk gibt. Warum sollte das gerade in den Weiten des Internets anders sein? Da überschätzt man die ÖR aber gewaltig.“

    Was blüht denn da im Bereich, des seriösen, (auch) investigativen Journalismus, wie sie die ÖR bieten? Ich sehe da nichts bei den privaten Fernsehsendern. Es gibt Nachrichtenkanäle, aber die leisten bei weitem nicht das, was die ÖR im Fernsehen und die seriösen Zeitungen auf dem Printmarkt leisten.

    Natürlich blüht der von den ÖR nicht oder nur unzureichend abgedeckte Boulevard à la DSDS und „Bauer sucht Frau“.

    Und genauso wird das auch sein, wenn die ÖR einmal den seriösen Zeitungsmarkt kaputt gemacht haben. Wer würde denn noch die SZ oder die FAZ kaufen, wenn daneben eine gleichwertige, kostenlose ÖR-Zeitung liegt?

  29. Fry weist zurecht auf das Dilemma hin, daß man kaum unterschieden kann, was in ein öffentliches und was in ein privates Programm gehört. Das Problem an der Sache ist das Selbstverständnis der Macher von Qualität und dem Notwendigkeit einer gewissen Haltung gegenüber den Inhalten. Wenn wir Qualität wollen, müssen wir das sicherlich von allen, den Privaten wie Öffentlichen, verlangen. Nur wird der Wettbewerb durch immer mehr Sendemöglichkeiten immer weiter ausufern und die Anteile der Spartensender immer weiter zunehmen. Das Radio hat es vorgemacht, das Fernsehen wird dem Trend folgen. Da stellt sich tatsächlich die Frage, ob es sinnvoll ist und ob wir das finanzieren wollen, daß die Öffentlichen jeden auch nur aufkommenden Trend mitmachen, bloß um im Programm Vollständigkeit abzubilden. Ich denke, daß das nicht der Sinn des Ganzen sein kann. Ich bin nicht gegen die Abschaffung der Öffentlichen aber dagegen, daß öffentlich alles durchfinanziert wird. Vielleicht kommt es eines Tages zu dem Kompromiß. daß staatlich die Kernaufgaben der Sender finanziert werden, der Rest muß frei finanziert werden. Warum sollte nicht eine Nachmittagsshow eindeutig durch Werbung finanziert sein, ein Film oder eine Informationssendung dagegen aus dem GEZ-Topf? Das macht doch der Thomas Gottschalk schon immer so ;-)

  30. In einer Demokratie entscheiden die Wähler. Also fordere ich eine Volksabstimmung über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
    Wollen wir ihn?
    Mit welchen Inhalten?
    Zu welchem Preis?

  31. Erst diese Woche habe ich im ZDF in der sonst von mir meistens ignorierten Reihe 37 Grad einen wunderbaren Reisebericht eines Rollstuhlfahrers durch China gesehen. Der hat gleich zwei (Bildungs-)Aufträge in einem erfüllt und war trotzdem interessant. Allein für so etwas zahle ich gerne mal wieder die Gebühren für einen Monat. Und dank der Mediathek kann ihn jetzt jeder der ihn verpasst hat auch nachträglich sehen, ohne zusätzliche Kosten.

    http://37grad.zdf.de/ZDFde/inhalt/14/0,1872,1020910,00.html?dr=1

    Natürlich gibt es vor allem in der Unterhaltungssparte reichlich Programme vor denen es mir graust. Aber insgesamt erfüllen ARD, ZDF und die vielleicht zu vielen dritten Programme und digitalen Zusatzsender ihren Zweck genauso wie die BBC in Großbritannien den ihren. Und ich freue mich schon jetzt dass es große Sportereignisse wie Fußball EM und die Olympischen Spiele dieses Jahr bei den ÖR Sendern zu sehen gibt.

  32. @SvenR: meistens bin ich mit Ihnen so sehr einer Meinung, dass ich fürchte, schizo zu sein, und nun können mein Argument nicht nachvollziehen. Ich schrub [QUOTE]Zweitens nutzen „Arme” häufiger als Reiche ÖB. Und diese Nutzung sorgt für Gebühren, damit zahlt der Arme nochmal mehr.[/QUOTE] über Öffentliche Bibliotheken, eine Argumentation des Hausherrn aufgreifend. Sie missverstanden „ÖB“ offensichtlich als Öffentlich-Rechtlich. Wenn man das verwechselt, wird was ich schrieb, in der Tat Quatsch.

    Schönen Tag noch

  33. Das Prinzip hinter dem oeffentlich-rechtlichen Rundfunk ist einfach unfair. (Fast) alle zahlen fuer ein Produkt, dass viele gar nicht brauchen/nutzen.

    Kein Mensch wuerde heutzutage auf die Idee kommen, eine Zwangsgebuehr für zwei ueberregionale und zig regionale Tageszeitungen einzufuehren, um eine „Grundversorgung“ fuer alle sicherzustellen. Warum ist das beim Rundfunk anders? Nur weil es schon immer so war? Sehe ich nicht ein.

    Auch qualitativ bieten ARD und ZDF wahrlich nichts Berauschendes. Vereinzelte Perlen wie „KDD“ finde ich bei den Privaten auch. Ueber das „Aushaengeschild“ der ARD, die „Tagesschau“, moechte ich lieber gar nicht erst schreiben, sonst wird das hier noch zum seitenlangen Rant.

  34. @ 27 Es trifft grundsätzlich nicht zu, daß sich „Arme“ von der Rundfunkgebühr befreien lassen können. Nur wer Leistungen vom Staat erhält, hat überhaupt die Möglichkeit der Befreiung (über die die GEZ selbstherrlich bestimmt). Wer ein jährliches „Einkommen“ von 0 Euro 0 Cent hat, für den ist eine Befreiung NICHT möglich.
    Beim Besitz von Fernsehern kann man sich doch sehr irren. Es gibt nicht wenige Haushalte ohne TV-Gerät, nur reden die meisten nicht darüber. Was Sie unter „reich“ verstehen, weiß ich nicht. Ich bin weder reich noch wohlhabend, habe aber keinerlei (und hatte nie) finanzielle Probleme. Ich habe in meiner Wohnung noch nie einen Fernseher gehabt. Wozu auch?

  35. @ gerrit #38:

    Ich hatte das mit ÖB tatsächlich für einen Tippfehler gehalten und bin sehr froh, dass ich so freundlich und bestimmt wie immer geblieben bin, anstatt selbst „Quatsch“ zu schreiben. Puh, noch mal Glück gehabt.

    Habe ich wenigstens bei der MWSt. recht – Ihrer Meinung nach?

    @ anonym #38:

    „Arme“ und „Reiche“ hatte gerrit in #26 eingeführt. Das ist sehr abstrakt und dabei würde ich es gerne auch belassen. Nur der guten Ordnung halber: Ich würde mich selbts, wenn ich mir eines der beiden Prädikate zuordnen müsste, als „Reich“ bezeichnen.

    Sie würden mir aber sicherlich doch recht geben, dass diejenigen, die sich – wie selbstherrlich die GEZ auch immer sein mag – befreien lasen können eher zu den „Armen“ zählen?

    Ich bin mir nicht bewußt, unterstellt zu haben, dass jeder einen Fernseher haben muss, oder dass der, der keinen hat, „Arm“ sei.

  36. Hallo nochmal. @SvenR: zu MWSt. Nein, haben Sie nicht. Da sind wir einfach unterschiedlicher Meinung, find ich jetzt aber nicht schlimm. Liegt möglicherweise daran, dass ich mich unklar ausdrückte.

    Im Übrigen hatte mit den Begriffen „Der Arme“ und „Der Reiche“ pengyou angefangen, in 24, ich griff das bloss auf.

    Jetzt aber wech, ich muss zur Stadtbibliothek, sonst werde ich arm. ;)

  37. @ gerrit #40:

    Wenn Sie denn von der Stadtbiblothek zurück sind, könnten Sie mir Ihren Standpunkt bzgl. der MWSt. vielleicht ja noch mal erläutern, ich sehe nämlich keinen Argumentationsfehler bei mir. Und schlimm ist was anderes.

  38. @Peter:
    „Wer würde denn noch die SZ oder die FAZ kaufen, wenn daneben eine gleichwertige, kostenlose ÖR-Zeitung liegt?“
    Ist mir neu, dass die ÖR eine Zeitung planen. Wenn sie damit elektronische Presse meinen, die kostet auch bei FAZ.de und Sueddeutsche.de nichts, jeder Nutzer kann also frei wählen, auf welchen Seiten er sich informiert. Hier setzt der Qualitätswettbewerb ein, den ich schon in meinem ersten Posting erwähnte.
    Wie sie darauf kommen, dass „die ÖR einmal den seriösen Zeitungsmarkt kaputt“ machen könnten, ist mir ein Rätsel. Das kann vielleicht das Internet -mit oder ohne ÖR.

  39. @ Mirko:
    „Auch qualitativ bieten ARD und ZDF wahrlich nichts Berauschendes. Vereinzelte Perlen wie „KDD” finde ich bei den Privaten auch.“
    Bei den Privaten findet man aber so gut wie nie kritischen Journalismus, den es bei den ÖR in Magazinen wie Report Mainz, Zapp, Monitor, Plusminus und in zahlreichen anderen Formaten durchaus gibt.
    Und wer das private Formatradio kennt, der ist für Radio Eins sehr dankbar.

  40. Abgesehen von inhaltlichen Fehlern wie z.B. dass die ÖRs alles von der KEK abgenickt bekommen, würde mich interessieren wo denn „Qualitätsfernsehen“/“Grundversorgung“ abseits von ÖR-Strukturen herkommen soll?

    Wo sind privatwirtschaftlich geführte TV-Sender in der Lage sind, einen ähnlichen Themenkanon anzubieten, wie die ÖRs? Hier und da gelingen Kleinode, aber in der Breite und Gänze?

    Das passiert nicht Großbritannien. Das passiert nicht in Frankreich. Das passiert nicht in den USA. Es passiert nicht in Deutschland. Vier Länder mit vier unterschiedlichen Ausprägungen Öffentlich-Rechtlicher Medienkultur. Man kann nicht gerade behaupten dass das schwache ÖR-System in den USA zu qualitativ höherwertigen Privatfernsehen im Vergleich zu Deutschland geführt hat.

    Schaut man sich das aktuelle Wirken der Pro7Sat.1 Media AG an oder von RTL unter Frau Schäferkordt… spricht man mal mit Mitarbeitern von N24 oder schaut man sich an wie sich das Programm von n-tv seit der Übernahme von RTL in den letzten Jahren verwandelt hat, frage ich mich wie Leute wie Peter Fischbach ernsthaft implizieren können, dass die finanzielle Ausstattung der ÖRs für die inhaltlichen Vollwracks bei Bertelsmann und Permira/KKR verantwortlich sind (P.F.: „Und genauso wird das auch sein, wenn die ÖR einmal den seriösen Zeitungsmarkt kaputt gemacht haben.“)

    Noch ein Wort zu der Sondersituation im TV. Es fällt schon auf, dass das Fernsehen das Medium ist, wo sich Privatsender am schwersten tun, Qualität auf die Rampe bringen, vorallem wenn es jenseits einer Sparte sein soll. Das fällt Privaten im Radio etwas leichter (ich denke z.B. an die recht starke, ausgeglichene Rundfunklandschaft in Frankreich) und auf dem neuen Spielfeld „Web“ sieht man das auch einigermaßen anständig alimentierte ÖRs wie die BBC zwar eine führende Position einnehmen können, aber nicht die Konkurrenz platt gemacht haben (von Ausnahmen abgesehen, wie z.B. Bildungsinstitute die entsprechende Konkurrenzangebote der BBC scharf angegriffen und geschlossen haben).

    Die Gleichung die hier daher einige aufstellen: starke Webangebote der ÖRs = Niedergang der privatwirtschaftlichen Angebote, stimmt so nicht. Es scheint sich eher um eine Ausrede von privatwirtschaftlichen Unternehmen zu handeln, die derzeit jeden Euro lieber der kurzfristigen Rendite statt der langfristigen Investition zuführen wollen.

  41. @Pjotr: Der Unterschied zwischen ÖR Websites und Verleger-Websites ist das was ich oben angesprochen hatte: Der Verleger muss Prioritäten setzen, weil er nicht beliebig Geld hat. Die ÖR können theoretisch alles machen – weil sie die Pressefreiheit auf ihrer Seite haben – und wenn es zu teuer wird, dann werden halt für alle die Gebühren erhöht. Etwas was der Verleger so nicht machen kann, der muss die Kohle erwirtschaften und Kunden von höheren Preisen überzeugen.

    Der Markt ist (leider) eine der besten Kontrollen, damit keiner Wolkenkuckuckusheime baut. Und die funktioniert nicht zusammen mit einem Presseorgan, das seinen Bedarf – nahezu frei von jeglicher Kontrolle durch den Bürger – anmelden darf.

  42. Und dann auch noch seine Verbreitungswege (Internet, Handy-TV) so ausweitet, damit man ihm eigentlich nicht mehr entkommen kann.

    Was die ÖR im Internet da machen zur GEZ-Rechtfertigung, wäre so, als wenn jeder der einen Briefkasten hat automatisch Abonnent der lokalen Tageszeitung wird. Weil er sie ja empfangen kann. Ob er sie will oder nicht. Dass der Briefkasten primär für die Post da ist, wäre nach Rundfunkgebührenlogik egal.

  43. @Marc 46: Ich verstehe nicht ganz wie Sie darauf kommen, die ÖR könnten nach belieben die Gebühren selber erhöhen. Die Anstalten müssen ihren Bedarf nach wie vor bei der KEF anmelden. Und im letzten Bericht hat die KEF doch den Anstalten nicht alles durchgehen lassen, zu Sparmaßnahmen bei Personal und Onlineauftritten aufgerufen und eine geringere Gebührenempfehlung ausgesprochen, als von den ÖR erhofft.
    An all diesen Punkten kann man selbstverständlich einiges kritisieren, aber ganz so einfach schwarz/weiß ist die Geschichte dann doch nicht.


  44. Ist mir neu, dass die ÖR eine Zeitung planen. Wenn sie damit elektronische Presse meinen, die kostet auch bei FAZ.de und Sueddeutsche.de nichts, jeder Nutzer kann also frei wählen, auf welchen Seiten er sich informiert. Hier setzt der Qualitätswettbewerb ein, den ich schon in meinem ersten Posting erwähnte.
    Wie sie darauf kommen, dass ?die ÖR einmal den seriösen Zeitungsmarkt kaputt? machen könnten, ist mir ein Rätsel. Das kann vielleicht das Internet -mit oder ohne ÖR.“

    Ja, noch gibt es einen funktionierenden Printmarkt, mit Hilfe dessen die Zeitungen ihre Angebote quersubventionieren können. Es ist aber absehbar, dass sich dieser Markt in den Bereich der elektronischen Veröffentlichungen verlagert.

    Klar, man kann jetzt sagen ist doch noch lange hin, erst mal abwarten, vielleicht überleben die Zeitungen ja doch. Aber wenn es dann organische Displays, qualitativ hochwertige E-Books verfügbar sind, wie will man die elektronische Zeitung der ÖR dann jemals wieder wegbekommen?

    Nein, es muss jetzt eine klare Grenze gezogen werden. Die Länder sind da mit Vorschlägen schon auf dem richtigen Weg und das Geschrei der ÖR-Propagandisten hat ja auch schon die entsprechende Lautstärke angenommen.

  45. Ok, ich habe das zugespitzt. Aber dass die Ministerpräsidenten die KEF-Zahlen nur noch abnicken können, macht mir das System nicht sympathischer.

  46. Re: „Aber dass die Ministerpräsidenten die KEF-Zahlen nur noch abnicken können“

    Und wie ist die KEF zusammengestellt? Wer beruft die Mitglieder? Können KEF-Mitglieder wieder berufen werden? Wenn ja, durch wen?

  47. Mag ja sein, dass die ÖR die komplette Programmbreite für alle nur denkbaren Zielgruppen zeigen sollen. Meine Kritik ist aber, zu welchem Preis soll man all das zeigen? Warum werden Milliarden Euro für Bundesligarechte ausgegeben? Hier werden einfach mit Zwangsabgaben Zuschauer gekauft, für die man sonst kein Programm hat und am Ende des Jahres hauen sich die Leute auf die Schulter, weil sogar unter 65jährige eingeschaltet haben.

  48. @Stefan/23: Dieses Argument hat mich noch nie überzeugt. Wissenschaft und Forschung sind verfassungsrechtlich ebenso staatsfern wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk, und dort hat sich noch niemand über die Steuerfinanzierung beschwert.

    Die heutigen Öffis sind nicht nur staatsfern, sondern geradezu abgekoppelt von gesellschaftlicher Kontrolle. Der Zustand ist unhaltbar.

  49. #54:
    Mit derselben Begründung könnte man auch Kindergärten, Bibliotheken und viele andere Dinge abschaffen. Und auch die Polizei braucht man ja nicht immer.
    Die Argumentation über „deren Berichterstattung passt mir nicht“ ist sinnlos, weil das nicht relevant für die Finanzierung ist. Die Lösung wäre hier eine Verbesserung der Struktur hinsichtlich der Rundfunkräte – Besetzung und Einflussmöglichkeiten, mehr Verantwortlichkeit der Journalisten für ihre Berichterstattung.
    Wie man weltweit beobachten kann hat sich das System nicht im geringsten überlebt. Und das Internet wird wohl der Hauptverbreitungsweg des „Rundfunks“ werden. Rechtlich gesehen ist der ör Rundfunk die Voraussetzung für die Verbreitung des privaten.
    Im Prinzip glaube ich auch, dass die Koppelung der Gebührenzahlung an ein Empfangsgerät falsch ist. Eine auf Haushalten basierende Gebühr wäre sinnvoller. Da würde das Prinzip „alle zahlen“ etwas plastischer und die GEZ könnte abgeschafft werden, man bekommt ja Verfolgungswahn mit denen.
    Auch eine inhaltlich belastbare Definition von Grundversorgung wäre erstrebenswert, auch ich halte die derzeitige Konstruktion für Selbstbedienung. Aber das wäre auch nach meinem Verständnis keine Minimalversorgung. Denn einige private Sender haben durchaus schon versucht, ihr Programm mit Gebühren zu versehen und die Heuschreckenplage in den privaten Medien wird noch viel mehr (Qualitäts)Opfer fordern.

  50. @ 55 Bei aller Zustimmung, daß die GEZ eine unakzeptable Landplage darstellt, ist es m. E. aber doch nicht weit her mit der Behauptung, daß eine Haushaltsabgabe „gerechter“ sei. Je nach Standpunkt kann man auch zum gegenteiligen Schluß kommen; denn jetzt habe ich (gerade als Einzelperson) noch die Möglichkeit, nicht zu zahlen, wenn ich die Leistung nicht in Anspruch nehme. Eine Haushaltsabgabe läßt keine Wahl mehr. Da wäre die steuerfinanzierte Lösung eigentlich vorzuziehen, auch wenn immer behauptet wird, daß sie verfassungswidrig sei, was aber noch zu beweisen wäre.

  51. Von „gerechter“ hab ich nichts geschrieben. Nur dass das Prinzip stärker sichtbar wäre. Schließlich würde bei Steuermitteln auch jeder zahlen.

Comments are closed.