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O2 und die 50-Autos-Lotterie

Wenn Sie gerade mal schauen möchten, dies hier ist die „Kundenerklärung“, die ich beim Abschluss meines Handy-Vertrages mit O2 vor gut zwei Jahren unterschrieben habe:

Vielleicht kann man das nicht so gut erkennen, aber die ganze Passage ist durchgestrichen. Mit anderen Worten: Ich habe der Verwendung meiner Daten zu irgendeiner Form von Kundenberatung oder Werbung ausdrücklich nicht zugestimmt.

Und dies hier ist meine „Einwilligung zur Datennutzung“ aus dem jüngsten Vertrag mit O2, der gerade einmal zwei Monate alt ist:

Vielleicht kann man das nicht so gut erkennen, aber die ganze Passage ist durchgestrichen. Mit anderen Worten: Ich habe der Verwendung meiner Daten zu irgendeiner Form von Kundenberatung oder Werbung ausdrücklich nicht zugestimmt.

Insofern kam diese SMS am vergangenen Samstag überraschend:

Und andererseits habe ich sie fast erwartet. Denn das Internet ist voll von Kunden von O2 und anderen Mobilfunkbetreibern, die ebenfalls die Werbe-SMS erhalten haben, obwohl sie überzeugt sind, einer solchen Nutzung ihrer Nummer nie zugestimmt zu haben.

Die Frau an der O2-Service-Hotline ist routiniert. „Oh“, flötet sie, „da scheint das Kreuz verschwunden zu sein“, das angibt, dass man meine Daten nicht nutzen darf. „Ich mach’s wieder hin.“ Auf meine Nachfrage, warum das anscheinend bei genau diesem Gewinnspiel häufig passiert ist, geht sie nicht ein und versucht stattdessen, mir eine zusätzliche Flatrate aufzuschwatzen.

Die Pressestelle von O2 („Experten für Kommunikation“) wirbt mit dem Versprechen, „schnell, umfassend, kompetent“ zu arbeiten. Ich kann das nicht bestätigen. Es braucht eineinhalb Tage, zwei E-Mails und ein halbes Dutzend zunehmend unfreundliche Anrufe, bis ich von Pressesprecher Albert Fetsch folgende Nachricht erhalte:

Bei der von Ihnen angesprochenen Aktion handelt es sich um ein Gewinnspiel, bei dem auch o2 Absender ist. Die SMS wird nur an die Kunden verschickt, die bei Vertragsabschluss der Kundenerklärung nicht widersprochen haben. Diese regelt, dass nur Kunden Informationen zu Neuheiten und Aktionen bei o2 erhalten, die das auch wünschen. Zu keinem Zeitpunkt werden Kundendaten an Partner des Gewinnspiels übermittelt. Diese verbleiben ausschließlich bei o2.

Dass ich schon in meiner Anfrage darauf hinwies, dass ich O2-Kunde bin, bei Vertragsabschluss der Kundenerklärung widersprochen habe und trotzdem die SMS bekommen habe, hat Herr Fetsch geflissentlich übersehen.

Interessant ist seine Formulierung, dass O2 bei dem „50 Autos“-Gewinnspiel „auch Absender“ sei. Die Werbe-SMS gibt O2 jedenfalls nicht als Absender an. Die Nummer 2009, von der sie kommt, ist auf die Firma imobic registriert, die auch für das „Gewinn“-Spiel 50autos.de verantwortlich zeichnet.

(Dass in der Werbe-SMS jeder Hinweis fehlt, dass nur die Anmeldung „gratis“ ist, die Teilnahme selbst aber je 50 Cent kostet, versteht sich von selbst.)

Weitere Fragen, in welcher Form O2 und der Firma imobic miteinander kooperieren, ließen die „Experten für Kommunikation“ von O2 unbeantwortet. Aber das kenne ich ja schon von Pro Sieben und „TV Spielfilm“ (die auch auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe wieder Schleichwerbung für das 50-Auto-Geschäft betreibt).

Ist das nicht faszinierend? Die Firma imobic, die erst vor wenigen Wochen gegründet wurde und hinter der der Handy-Abo-Fallen-Steller Bob Mobile steht, hat es geschafft, ein Geschäftsmodell um kostenpflichtige SMS zu entwickeln, mit dem sich die üblichen Vorschriften und Regeln, die das Geldverdienen sonst erschweren, umgehen lassen: Die Programmzeitschriften von Burda sagen, sie müssen die Werbung für dieses Geschäft nicht als Werbung kennzeichnen, weil sie selbst Kooperationspartner seien (wollen aber nicht erklären, was das bedeutet). Der Fernsehsender Pro Sieben stellt den guten Namen seines Magazins „Galileo“ zur Verfügung und behauptet, selbst Veranstalter des „Quiz“ zu sein (was offenkundig nicht stimmt). Und Mobilfunkbetreiber wie O2 verschicken Spam, machen sich selbst zum Absender der Werbebotschaft und ignorieren die fehlende Zustimmung ihrer Kunden.

Ich weiß immer noch nicht genau, was genau hinter diesem Geschäft steckt, bei dem es offenbar um sehr viel Geld (und gar nicht so viele Autos) geht. Aber ich hatte selten zuvor bei einer Recherche das Gefühl, so konsequent von allen Beteiligten angelogen zu werden.

„Galileo“ und die 50-Autos-Lotterie

Wenn Sie sich bitte diesen kurzen Ausschnitt aus dem Umfeld der ProSieben-Sendung „Galileo“ anschauen mögen, ich hätte danach dann zwei Fragen dazu:

Erstens, ohne zu spicken: Was kostet die Teilnahme an dem „Galileo-Wissensquiz“?

Die Antwort „nichts“ ist natürlich falsch, obwohl das Wort „gratis“ ewig im Bild ist und der Sprecher zweimal „kostenlos“ sagt. Die Information, dass die Handy-Nachrichten, mit denen man an der Verlosung der Autos teilnimmt, jeweils 50 Cent kosten, hat Pro Sieben sicherheitshalber im Kleinstgedruckten versteckt. Sie steht allerdings immerhin in den SMS mit den Fragen, die man täglich bekommt, wenn man sich für das Spiel anmeldet.

Die zweite Frage ist schwieriger: Wer veranstaltet dieses Gewinnspiel? ProSieben? „Galileo“? Muss ja, steht ja groß drauf. Und als Ort für weiterführende Informationen sind der Teletext und die Homepage von ProSieben angegeben. Andererseits findet sich in den dortigen „besonderen Teilnahmebedingungen für das Galileo-Wissens-Quiz“ folgender Hinweis:

Veranstalter:
Hauptveranstalter der Gewinnaktion ist die imobic GmbH, Malkastenstraße 3, 40211 Düsseldorf

Kein Wunder: Bei der „Gewinnaktion“ handelt es sich um dasselbe imobic-Geschäft, für das auch die Programmzeitschrift „TV Spielfilm“/“TV Today“ auf ihrem Titel wirbt, und bei den 50 Autos, die es zu gewinnen gibt, um dieselben 50 Autos.

Komischerweise ist das aber nicht die Antwort, die ich von Christoph Körfer, dem Unternehmenssprecher von ProSieben, bekommen habe. Er teilte mir mit:

„Es handelt sich um ein klassisches Gewinnspiel von ProSieben in Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner imobic GmbH. Die Abwicklung läuft über ProSieben.“

Das glaube ich nicht. Dagegen sprechen nicht nur die eigenen Teilnahmebedingungen und die Tatsache, dass dasselbe Geschäft mit denselben Autos auch mit anderen Werbepartnern und ohne den Namen „Galileo“ stattfindet. Auch die Kurzwahl für die Premium-SMS, über die die Teilnehmer mitmachern (2010), und die Gratis-SMS-Nummer zur Anmeldung (2009) sind auf die Firma imobic GmbH registriert. Als technischer Dienstleister sind ebenfalls nicht ProSieben oder die hauseigenen Spezialisten für teure Telefonspiele von 9live für die Abwicklung zuständig, sondern die Digame GmbH.

Weiterführende Fragen ließ ProSieben unbeantwortet, dabei wollte ich zum Beispiel bloß wissen, ob das, was man oben im Film sieht, nun bezahlte Werbung oder Eigenwerbung von ProSieben ist und ob ProSieben an den durch die Werbung generierten Einnahmen beteiligt wird.

Auch von Lutz Carstens, dem Chefredakteur von „TV Spielfilm“ und „TV Today“, habe ich auf ähnliche Fragen keine Antworten bekommen. Dort waren die Anzeigen von imobic sogar in den redaktionellen Programmteil integriert:


Nein, lesen kann man das auch im Original nicht vollständig, und ein Hinweis, dass es sich um Werbung handelt, fehlt natürlich. Carstens stellt sich auf meine Anfragen inzwischen tot. (Ich glaube aber, dass er noch lebt und mir nur seine komischen Schleichwerbegeschäfte nicht erklären will.)

Gemeldet hat sich dafür aber Roman Tietze, der Chef der imobic GmbH. Zu der Art, wie „TV Spielfilm“ in sein Geschäft mit den Autos und den SMS eingespannt ist, möchte er mir auch nichts sagen. Immerhin erklärt er aber, dass „die Bob Mobile AG ein Investor bei der imobic GmbH ist. Die imobic GmbH ist jedoch operativ vollständig unabhängig und veranstaltet das Gewinnspiel komplett eigenständig.“

Ausgerechnet Bob Mobile. Die Firma hat im Geschäft mit Premium-SMS einen schlechten Ruf und ist berüchtigt dafür, sehr weit zu gehen, um Ahnungslose in teure Abo-Fallen zu locken. Unter anderem wirbt Bob Mobile mit dem (falschen) Versprechen eines IQ-Tests und verwendet dabei graphische Elemente, die es wie ein Angebot des sozialen Netzwerkes MeinVZ aussehen lassen, wie hier vor wenigen Tagen auf Bild.de:

MeinVZ erklärte dazu gegenüber BlogWave.de, dass sich Bob Mobile schon einmal dazu verpflichtet habe, diese „rechtswidrige und vor allem die Verbraucher massiv irreführende Werbung“ einzustellen.

Soviel zur Seriösität von Bob Mobile, einem Investor der erst ein paar Tage alten Firma imobic, die es irgendwie geschafft hat, eine riesige Kampagne für eine Auto-Lotterie zu starten, mit Medienpartnern, die das Angebot als ihr eigenes ausgeben, um es nicht als Werbung deklarieren zu müssen, und sich weigern, ein paar einfache Fragen nach der Art der Zusammenarbeit zu beantworten.

Falls es sich um ein seriöses, alltägliches Geschäft handeln sollte, geben sich alle Beteiligten aber viel Mühe, den gegenteiligen Eindruck zu erwecken.

„TV Spielfilm“ und die 50-Autos-Lotterie

Das Titelbild der aktuellen „TV Today“ ist nicht nur wegen des angekündigten, aber nicht enthaltenen Interviews mit „Stromberg“ bemerkenswert. Es lockt zum Kauf des Fernsehzeitschriftenüberbleibsels mit der Möglichkeit, 50 VW-Polos zu gewinnen:

Weil es sich bei „TV Today“ seit einiger Zeit im Wesentlichen nur noch um eine umverpackte „TV Spielfilm“ handelt, findet sich der Hinweis auch dort auf dem Cover, diesmal praktischerweise sogar mit Seitenangabe:

Auf Seite 31 findet sich aber kein Gewinnspiel von „TV Spielfilm“ oder „TV Today“, sondern eine Anzeige:

Die Firma imobic wirbt für die kostenpflichtige Teilnahme an einer Art Quiz, bei dem unter den richtigen Antworten auf wechselnde Fragen (heute: „Was scheint meistens nachts? A) Sonne B) Mond?“) angeblich täglich ein Auto verlost wird (50autos.de). Die Anmeldung ist gratis, aber jede Teilnahme-SMS kostet 50 Cent; wer während der gesamten Dauer mitmacht, zahlt also 25 Euro für den Spaß.

In Blogs und Foren beklagen sich Handybesitzer, unaufgefordert eine SMS mit der Gewinnspieleinladung bekommen zu haben („Gewinnen Sie in Kooperation mit T-Mobile 50 Tage je 1 von 50 VW Polo! Mitspielen? Einfach Gratis-SMS mit POLO an 2009 senden. Teiln. ab 18 Jahre.“), sprechen von „Spam“ und haben insgesamt nicht das Gefühl, es mit einem seriösen Angebot zu tun zu haben.

Die gerade erst gegründete imobic GmbH selbst bietet keine direkte Kontaktmöglichkeit an; die Support-Telefonnummer führt zur Firma Digame Mobile. Deren Mitarbeiter erklärt, dass T-Mobile, Vodafone, O2 und e-Plus Partner bei diesem Gewinnspiel seien, die Daten aber nicht an imobic weitergegeben, sondern die SMS-Nachrichten selbst verschickt hätten — angeblich nur an Kunden, die einer werblichen Nutzung ihrer Nummer ausdrücklich zugestimmt hätten. Erst nach der Anmeldung beim Gewinnspiel habe imobic Zugriff auf die jeweilige Nummer, sichere aber zu, die so gesammelten Daten nicht für andere Zwecke zu verwenden. Das sei vergleichsweise seriös.

Auf eine E-Mail-Anfrage von mir hat die Firma imobic bislang nicht reagiert. Ich hatte darin auch gefragt, ob das von Roman Tietze gegründete Unternehmen Verbindungen zur Firma „Bob Mobile“ hat, die an derselben Adresse wie imobic sitzt und seit einiger Zeit durch besonders hinterhältige Abo-Fallen auffällt.

Aber zurück zu „TV Today“ und „TV Spielfilm“, die für die (möglicherweise ganz und gar seriöse, aber kostenpflichtige) Auto-Lotterie der Firma imobic auf ihren Titelbildern werben, als handle es sich um eigene (redaktionelle) Inhalte. Ich habe Chefredakteur Lutz Carstens per Mail gefragt, ob es sich bei der imobic-Werbung im Heft nicht um eine Anzeige handelt und auch die Hinweise auf dem Cover entsprechend gekennzeichnet werden müssten. Er schrieb:

Da TV SPIELFILM Kooperationspartner des Gewinnspiels und in dieses integriert ist, darf dieses unserer Meinung nach auch auf der Titelseite angekündigt werden.

Die Fragen, in welcher Form „TV Spielfilm“ und ihre Umverpackung „TV Today“ „Kooperationspartner“ sind und ob die Redaktion oder der Burda-Verlag an den Einnahmen, die sie für imobic generieren, beteiligt werden, ließ Carstens unbeantwortet.